L 2 AS 175/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 19 AS 1469/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 175/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 5. Mai 2011 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen die vom Sozialgericht Halle (SG) ausgesprochene Verpflichtung, den Antragstellern und Beschwerdegegnern zu 1. und 2. vorläufig unter dem Vorbehalt einer Rückforderung einen Betrag in Höhe von 3.337,15 EUR zur Begleichung ihrer Mietschulden für die Wohnung in der St ...straße, ... L. E. zu gewähren.

Die Antragsteller zu 1. und 2. sind miteinander verheiratet. Sie haben zwei in den Jahren 1992 und 1995 geborene Söhne. Seit Oktober 2010 lebt der Antragsteller zu 1. allein in der Wohnung in der St ...straße in E. (im folgenden als Wohnung in der St ...straße bezeichnet), die vorher von den Antragstellern zu 1. bis 4. zusammen bewohnt wurde. Die Wohnung in der St ...straße in E. hat eine Wohnfläche von 67,25 m²; sie besteht aus 4 Räumen nebst Küche und Bad. Die monatlichen Gesamtbelastungen für die Unterkunft und Heizung betragen 455,00 EUR, dabei entfallen 99,95 EUR auf die Betriebskostenvorauszahlung und 80,00 EUR auf die Heizkostenvorauszahlung. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind aber beide noch Parteien des Mietvertrags der Wohnung in der St ...straße. Nach den vom Antragsteller zu 1. gegenüber dem Antragsgegner gemachten Angaben hat die Antragstellerin zu 2. ihn "verlassen". Die Söhne leben bei der Antragstellerin zu 2. Diese hat nun in E. eine 3-Raum-Wohnung angemietet. Der Antragsteller zu 1. bezieht von dem Antragsgegner laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die monatliche Leistungshöhe des Arbeitslosengelds II (Alg II) beträgt seit dem 1. Dezember 2010 und auch derzeit noch 234,68 EUR. Daneben bezieht der Antragsteller zu 1. noch eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die "auf Zeit" bis zum 31. Juli 2010 bewilligt worden ist. Der monatliche Rentenzahlbetrag beträgt 594,32 EUR. Die Rentenleistungen werden von dem Antragsgegner bei der Feststellung der Bedürftigkeit des Antragstellers zu 1. als Einkommen berücksichtigt. Das dem Antragsteller zu 1. bewilligte Arbeitslosengeld II wird in voller Höhe vom Antragsgegner direkt an den Vermieter der Wohnung in der St ...straße überwiesen. Die Antragstellerin zu 2. und ihre beiden Söhne erhalten ebenfalls Alg II von dem Antragsgegner. Bei ihnen wird neben der Zahlung des Regelbedarfs der Bedarf für Unterkunft und Heizung in voller Höhe übernommen. Es bestehen keine Mietschulden.

Mit einem Schreiben vom 17. Januar 2011 sprach der Vermieter der Wohnung in der St ...strasse mit einem an diese Anschrift gerichteten Schreiben vom 17. Januar 2011 gegenüber den Antragstellern zu 1. und 2. die fristlose außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen rückständigen Mietzinses in Höhe von 2.427,13 EUR aus. Hilfsweise erklärte er zudem eine fristgemäße Kündigung wegen einer erheblichen Verletzung mietvertraglicher Pflichten. Der Antragsteller zu 1. stellte am 2. März 2011 beim Antragsgegner den Antrag, die Mietschulden zu übernehmen. Mit einem Schreiben vom 14. März 2011 an den Antragsgegner teilte der Vermieter u. a. mit, er weise aber darauf hin, dass die Kündigung durch die Übernahme der Mietschulden nicht unwirksam gemacht werden könne. Er bitte über die Genehmigung eines Umzuges der Familie zu entscheiden. Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 17. März 2011 eine Übernahme der Mietschulden bzw. die Gewährung eines Darlehens zum Ausgleich der Mietschulden ab.

Der Antragsteller zu 1. hat anwaltlich vertreten zunächst alleine am 17. März 2011 beim Sozialgericht Halle einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner gestellt. Er hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, Mietrückstände in Höhe von 2.427,13 EUR zu übernehmen. Dies entsprach dem damaligen Stand der offenen Forderungen aus dem Mietverhältnis. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er habe in der jüngsten Zeit große private und finanzielle Schwierigkeiten gehabt, weil es ihm nicht gelungen sei, die Anforderung des Alltages "in den Griff" zu bekommen, sodass die Mietverbindlichkeiten zustande gekommen seien. Eine Schuldenübernahme sei erforderlich, um seine Obdachlosigkeit abzuwenden. In dem Antragsschriftsatz wird der Bescheid vom 17. März 2011 nicht erwähnt. Den Akten lässt sich kein Widerspruch gegen diesen Bescheid entnehmen.

Im Laufe des Antragsverfahren hat der Antragsgegner mitgeteilt, dass sein Vermieter im Hinblick auf die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen des Zahlungsverzuges eine Räumungsklage gegen ihn anhängig gemacht hat, die ihm am 9. März 2011 zugestellt worden sei. Weiter hat er mitgeteilt, die Mietrückstände hätten sich auf 3.337,15 EUR erhöht. Mit Schriftsatz vom 29. März 2011 hat der bisher nur den Antragsteller zu 1. vertretende Verfahrensbevollmächtigte unter Vorlage einer Vollmacht mitgeteilt, in dem Verfahren nunmehr auch die Antragsteller zu 1., 2. und die beiden Söhne zu vertreten. Weiter hat der Verfahrensbevollmächtigte eine Erklärung der Antragstellerin zu 2. vom 29. März 2011 vorgelegt, in der diese an Eides statt versichert, sie sei bereit, die eheliche Gemeinschaft mit dem Antragsteller zu 1. wieder aufzunehmen. Sie werde die von ihr für sich und die Söhne angemietete Wohnung wieder kündigen, sobald die anhängige Räumungsklage bezüglich der vom Antragsteller zu 1. bewohnten Wohnung nach einer Übernahme von Mietschulden abgewiesen sei.

In einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 18. April 2011 hat der Antragsteller zu 1. erklärt: Seine Frau und er suchten eigentlich eine neue gemeinsame Wohnung. Weil dies aber schwierig sei, wollten sie wieder in der Wohnung in der St ...straße zusammen leben. Die jetzt von der Ehefrau und den beiden Söhnen bewohnte 3-Raum-Wohnung sei aufgrund des Raummangels nicht für die Familie geeignet. Sein Verhältnis zu seinem jetzigen Vermieter sei "ganz schlecht". In dem Erörterungstermin hat die beim Antragsgegner als Sachbearbeiterin tätige Zeugin Z. erklärt: Sie habe die Antragstellerin zu 2. befragt, ob sie wieder mit dem Antragsteller zu 1. zusammen ziehen wolle. Dabei habe diese erklärt, in ihrer eigenen Wohnung wohnen bleiben zu wollen. Die ebenfalls zum Erörterungstermin geladene Antragstellerin zu 2. ist nicht erschienen.

Der Antragsgegner hat in Kopie ein weiteres Schreiben des Vermieters der Wohnung in der St ...straße vom 24. März 2011 vorgelegt in dem ausgeführt wird, der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses lägen nicht nur die Mietrückstände zugrunde. Es seien auch andere Gründe zur Kündigung vorhanden. Daher würde eine Übernahme der Mietrückstände nicht zum Wohnungserhalt führen.

Mit Beschluss vom 5. Mai 2011 hat das Sozialgericht Halle den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern zu 1. und 2. vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung einen Betrag in Höhe von 3.337,15 EUR zur Begleichung ihrer Mietschulden für die Wohnung in der Steigerstraße 16, 06295 L. E., zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Bezogen auf die Antragsteller zu 1. und 2, die Parteien des Mietvertrages für diese Wohnung seien, seien sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zwar wohne die Antragstellerin zu 2. mit ihren beiden Söhnen in einer mietschuldenfreien 3-Raum-Wohnung, die annähernd die gleiche Quadratmeterzahl aufweise, wie die vom Antragsteller zu 1. bewohnte Wohnung. Jedoch stehe dort ein Zimmer weniger zur Verfügung. Der Antragsteller zu 1. könne mit der Antragstellerin zu 2. und den beiden Söhnen dort nur für eine Übergangszeit zusammen wohnen. Würden die Mietschulden für die alte Wohnung nicht beglichen, könnten der Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. ihre eheliche Gemeinschaft nicht wieder aufnehmen und fortführen. Die Söhne der Antragssteller zu 1. und 21. seinen nicht Parteien des Mietverhältnisses, so dass deren Anträge abzulehnen seien.

Gegen den ihm am 5. Mai 2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 6. Mai 2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Übernahme der Mietschulden könne nicht zum dauerhaften Erhalt der vom Antragsteller zu 1. alleine bewohnten Wohnung führen. Auch durch eine direkte Zahlung des dem Antragsteller zu 1. bewilligten Alg II an den Vermieter könne nur ein Teil der Miete abgesichert werden, weil auf das Alg II die Rente des Antragstellers zu 1. angerechnet werde. Es sei damit zu rechnen, dass binnen kürzester Zeit erneut Mietschulden auflaufen würden, die dann wieder zu einer neuen fristlosen Kündigung führen würden. Der Rückzugswunsch der Antragstellerin zu 2. sei nicht sicher festgestellt worden. Zudem seien auch die Kündigungsfristen für die von ihr derzeit bewohnte Wohnung mit drei Monaten zu beachten. Bis dahin könnten schon wieder Mietschulden für die vom Antragsteller zu 1. bewohnte Wohnung aufgelaufen sein. Zudem hätten der Antragsteller zu 1. und auch die Antragstellerin zu 2. sinngemäß erklärt, eigentlich nicht in der Wohnung in der St ... straße weiter wohnen zu wollen. Es bestehe auch die Möglichkeit, wie vom Sozialgericht festgestellt, dass der Antragsteller zu 1. zumindestens übergangsweise mit in der Wohnung lebe, die derzeit von der Antragstellerin zu 2. und den beiden Söhnen bewohnt werde.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Der Antragsteller zu 1 und die Antragstellerin zu 2 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meinen: Die von dem Antragsgegner vorgenommene Prognose, dass in der Zukunft wieder erhebliche Mietschulden auflaufen könnten, sei nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin zu 2. habe an Eides statt erklärt, dass sie wieder mit den beiden Söhnen in die Wohnung in die St ...straße zurückziehen wolle. Von diesem Zeitpunkt ab würde die Bedarfsgemeinschaft Leistungen erhalten, aus denen der volle Mietzins bezahlt werden könne. Es sei auch zu beachten, dass der Antragsteller zu 1. ab Dezember 2009 eine Mietminderung in Höhe von 30 Prozent der Grundmiete vornehme.

Der Berichterstatter hat den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller darauf hingewiesen, dass sich Probleme im Hinblick auf die am 9. Mai 2011 abgelaufene Schutzfrist nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch ergeben könnten. In einem solchen Falle würde ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis voraussetzen, dass glaubhaft gemacht werde, dass der Vermieter bereit sei, auch nach Ablauf dieser Frist, die fristlose Kündigung zurückzunehmen.

Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt: Durch die gerichtliche Entscheidung (gemeint ist wohl die Entscheidung des Sozialgerichts im Antragsverfahren) sei eine Erklärung des Antragsgegners, die Mietverbindlichkeiten zu übernehmen, ersetzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde (§ 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist begründet.

Die beiden Söhne der Antragsteller zu 1. und 2. sind nicht am Beschwerdeverfahren beteilig, denn Beschwerde hat nur der Antragsgegner erhoben, der sich nur gegen den für die Antragsteller zu 1. und 2. günstigen Teil der Entscheidung wendet.

Das Sozialgericht hat zu Unrecht eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Schulden aus dem Mietverhältnis der Antragsteller zu 1. und 2. ausgesprochen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG durch das Gericht kann erfolgen, wenn die Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erforderlich ist, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller bzw. die Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung für den Erlass ist die Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Regelung, und eines Anordnungsanspruches. Für den Anordnungsanspruch muss die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache durchzusetzenden materiellen Leistungsanspruches vorliegen. Für die Beurteilung des Anordnungsanspruches ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das Beschwerdegericht abzustellen.

Hier spricht gegen die Regelung eines vorläufigen Zustands schon, dass der Bescheid über die Ablehnung einer darlehensweisen Übernahme von Mietschulden durch den Antragsgegner vom 17. März 2003 nach Lage der Akten wohl bestandskräftig geworden ist. Die Antragsschrift im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann nicht als Widerspruch gewertet werden, weil der Bescheid nicht erwähnt und wohl auch noch nicht zugegangen war. In der Folge scheint der Widerspruch gegen den mit einer Rechtmittelbelehrung versehenen Bescheid vergessen worden zu. Es wird allgemein angenommen, dass eine vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz ausscheidet, wenn die Streitfrage bestandskräftig geregelt ist. Nur ausnahmsweise kann eine einstweilige Regelung auch auf einen Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ergehen. Ein solcher Antrag liegt auch nicht vor.

Im Übrigen liegt auch kein Anordnungsanspruch vor. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 22 Abs. 8 SGB II (vorher inhaltsgleich in § 22 Abs. 5 SGB II geregelt) in Betracht. Danach können, wenn Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (Satz 1 der Vorschrift). Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2 der Vorschrift).

Die Reglung dient dem Erhalt der Unterkunft als Lebensmittelpunkt der betroffenen Leistungsberechtigten. Normzweck ist nicht die Schuldenübernahme, um die Chancen auf dem Wohnungsmarkt oder sonst die Aussichten zu verbessern, eine geeignete Unterkunft zu erlangen. Deshalb scheidet ein Anspruch der Antragstellerin zu 2. auf die Übernahme der Schulden aus dem Mietverhältnis für die Wohnung in der St ...strasse aus, denn sie bewohnt zusammen mit ihren Söhnen derzeit eine andere, angemessene Wohnung. Für den Antragsteller zu 1. kann sich ein Anspruch auf Schuldenübernahme nicht daraus ergeben, dass er im Hinblick auf die zukünftige Suche nach einer für ihn angemessenen Wohnung Interesse daran hat, eine "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" vorlegen zu können. Der Anspruch ist hier auch ausdrücklich im Hinblick darauf geltend gemacht worden, dass der Antragsteller zu 1. die von ihm derzeit bewohnte Wohnung weiter inne haben will.

Bezogen auf den Antragsteller zu 1. kommt nur ein Anspruch nach § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II in Betracht. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm bei Verlust der Wohnung in der St ...straße Wohnungslosigkeit drohen würde. Dies wäre nur der Fall, wenn zum Beispiel besondere Hemmnisse auch bezogen auf das Erlangen einer für eine Person angemessenen Wohnung vorliegen würden. Dies ist hier nicht glaubhaft gemacht worden.

Ob eine Schuldenübernahme zur Sicherung der Wohnung in der St ...straße gerechtfertigt sein könnte, ist zumindest recht zweifelhaft. Wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat, ist die derzeit vom Antragsteller zu 1 bewohnte Wohnung für diesen zu groß und auch auf die Dauer zu teuer, dass er sie alleine unterhalten kann. Ob die Antragstellerin zu 2. wirklich wieder mit dem Antragsteller zu 1. ziehen will, ist zumindest zweifelhaft. Die Antragstellerin zu 2. hat sich einer weiteren Sachaufklärung dadurch entzogen, dass sie ihrer Ladung zum sozialgerichtlichen Erörterungstermin nicht gefolgt ist. Es sind deshalb zumindestens ernsthafte Zweifel daran angebracht, dass sie ihren erklärten Willen, mit dem Antragsteller zu 1. zusammen ziehen zu wollen, auch wirklich in die Tat umsetzen will. Ob die beiden Söhne ggf. mit der Mutter mit zu ihrem Vater zurückziehen wollen, ist nicht bekannt.

Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn eine Schuldenübernahme wäre hier nicht bzw. nicht mehr geeignet, den Erhalt der Unterkunft in der St ...strasse zu sichern. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine außerordentliche Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Räumungsklage hinsichtlich der fälligen Miete befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedung verpflichtet. Dies betrifft aber nur die Fälle, in denen eine Räumungsklage wegen Mietrückständen anhängig gemacht worden ist, die auf Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit beruhten. Daran bestehen hier bezogen auf die vom Vermieter der Wohnung in der St ...straße anhängig gemachte Räumungsklage Zweifel. Wenn der erstmalig im Beschwerdeverfahren erfolgte Vortrag richtig ist, dass der Antragsteller zu 1. ab Dezember 2009 eine Mietminderung in Höhe von 30 Prozent der Grundmiete vornimmt und die Berechtigung dieser Mietminderung vom Vermieter bestritten wird, könnte der eingeklagte Mietrückstand auf der Minderung beruhen. Dann wäre im zivilgerichtlichen Verfahren zu klären, ob die Mietminderung berechtigt ist. Auch wenn dies der Fall wäre, läge aber kein Grund für eine fristlose Kündigung wegen Nichtzahlung der Miete vor. Denn die Zurückbehaltung der Miete wegen eines angenommenen Mietmangels berechtigt normalerweise nicht zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses, sofern die Behauptung des Mangels der Mietsache nicht offensichtlich unzutreffend ist. Auch dies kann aber offen bleiben. Denn spätestens nach Ablauf des 9. Mai 2011 wäre eine Schuldenübernahme nicht mehr geeignet, um die Rechtswirkung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB herbeizuführen. Die Rechtshängigkeit der Räumungsklage ist mit der Zustellung an den Antragsteller zu 1. am 9. März 2011 eingetreten, so dass die Zweimonatsfrist am gleichen Kalendertag des Monats Mai abgelaufen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt und auch danach ist kein Ausgleich der eingeklagten Mietschulden erfolgt. Der Antragsgegner hat auch als öffentliche Stelle keine Erklärung abgegeben, dass er die Schulden übernehmen wolle. Eine solche Erklärung wurde auch nicht durch die vom SG im Beschluss vom 5. Mai 2011 gegenüber dem Antragsgegner ausgesprochene Verpflichtung ersetzt. Bei der von einer öffentlichen Stelle abzugebenden Erklärung handelt es sich um eine solche zivilrechtlicher Natur. Voraussetzung ist, dass diese innerhalb der Frist dem Vermieter zugegangen ist. Die Entscheidung des SG hat nicht im Sinne eines rechtsgestaltenden Ausspruches die Erklärung ersetzt, sondern eine Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen. Diese hat keine unmittelbaren Wirkungen im Verhältnis zum Vermieter.

Im vorliegenden Fall ist der Senat auch davon überzeugt, dass die Zahlung der entsprechenden Schuldsumme vom Vermieter nicht außerhalb der Schutzfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB im dem Sinne akzeptiert wird, dass er dann die Räumungsklage für erledigt erklärt. Der Vermieter hat mehrfach ausdrücklich erklärt, die Zahlung der Mietschulden könne hier nicht zum Wohnungserhalt führen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG. Zwar ist zu berücksichtigten, dass während des Antragsverfahrens und auch noch kurze Zeit nach Erhebung der Beschwerde durch den Antragsgegner ein Ausgleich der Mietschulden oder die Abgabe einer darauf gerichteten Erklärung mit der Wirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB möglich gewesen wäre. Dies fällt aber bei der Kostenentscheidung deshalb nicht ins Gewicht, weil der Anordnungsgrund auch aus anderen Gründen mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit zu verneinen gewesen wäre.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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