Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3643/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4536/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei einer Aussparungsentscheidung ist es nicht erforderlich, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Vormerkungsbescheids bereits vor Erlass des Rentenbescheids erfolgt sein muss.
Eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 SGB X ist aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht begründbar.
Eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 SGB X ist aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht begründbar.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Aussparung einer dem Kläger durch die Beklagte gewährten Regelaltersrente nach § 48 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Streit.
Der Kläger wurde am 1941 in P. (Kreis Zittau) in der ehemaligen DDR geboren. Ausweislich des Aufnahmescheins der Bundesaufnahmestelle in G. verließ er am 06. November 1989 die DDR und traf im Bundesgebiet am 07. November 1989 ein, wo er im Folgenden seinen Wohnsitz nahm.
Am 20. April 1999 stellte der Kläger bei der Beklagten (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) Antrag auf Kontenklärung. In diesem Antrag gab er an, am 18. Mai 1990 seinen Wohnsitz in Karlsruhe gehabt zu haben. Seinem Antrag fügte er Unterlagen über in der DDR zurückgelegte Beitragszeiten bei. Mit Bescheid vom 24. August 1999 stellte die Beklagte Zeiten des Klägers vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten, jedoch ohne Berücksichtigung der Sonderversorgung, fest. Mit Schreiben vom 09. Oktober 1999 beantragte der Kläger daher Überprüfung des Feststellungsbescheids mit Blick auf mögliche Pflichtbeitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die Beklagte schaltete ihren Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme ein, der mit Bescheid vom 08. August 2001 die Zeiten des Klägers vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG feststellte. Auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 16. Februar 2004 erteilte die Beklagte den weiteren Feststellungsbescheid vom 22. März 2004, mit welchem sie weitere Rentenzeiten, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren, feststellte. Dem entsprechend waren im Versicherungsverlauf die Zeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG aufgeführt. Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingelegte Widerspruch betraf nur die Zeit vom 08. November 1989 bis zum 30. Dezember 1989 und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2004 als unzulässig zurückgewiesen.
Am 16. Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres, die dem Kläger mit Bescheid vom 27. Juni 2006 beginnend zum 01. Oktober 2006 in Höhe von monatlich EUR 1.744,78 brutto bewilligt wurde.
Aufgrund einer Überprüfung von Amts wegen stellte der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten mit Bescheid vom 09. Januar 2009 die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08. August 2001 fest. Mit vorgenanntem Bescheid seien für die Zeiten vom 01. April 1968 bis 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis 04. November 1989 Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt worden. Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage habe sich herausgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Anerkennung dieser Zeiten tatsächlich nicht erfüllt seien. Nach § 5 AAÜG komme die Anerkennung nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1 AAÜG gegeben seien und das AAÜG damit eröffnet sei. § 1 Abs. 1 AAÜG setze eine Versorgungsanwartschaft am 01. August 1991 aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage voraus. Der Kläger habe jedoch bei Inkrafttreten des AAÜG am 01. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Weder sei er am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch sei eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach dem Einigungsvertrag erfolgt, und er hätte auch aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es für den Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem darauf an, dass der Betreffende am Stichtag des 30. Juni 1990 die erforderliche Qualifikation erworben habe, im Wesentlichen entsprechend dieser Qualifikation beschäftigt gewesen sei und die Beschäftigung für einen von der Versorgungsordnung erfassten Arbeitgeber verrichtet habe. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger jedoch keine abhängige Beschäftigung im Beitragsgebiet mehr ausgeübt. Da die Voraussetzungen des § 1 AAÜG mithin nicht vorlägen, seien auch die weiteren Regelungen dieses Gesetzes und folglich auch § 5 AAÜG nicht anzuwenden. Aus diesem Grund sei der Bescheid vom 08. August 2001 fehlerhaft begünstigend und folglich rechtswidrig. Eine teilweise oder vollständige Rücknahme des Bescheids vom 08. August 2001 sei jedoch nicht zulässig, weil den Kläger keinerlei Verschulden treffe, er vielmehr auf den Bestand des Bescheids habe vertrauen können und die für die Rücknahme von rechtswidrigen Bescheiden in solchen Fällen vorgesehene Frist des § 45 Abs. 3 SGB X bereits abgelaufen sei. Es verbleibe deshalb bei den im Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Bestandskraft dieses Bescheids erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten daraus nicht mehr abgeleitet werden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 14. Januar 2009 Widerspruch ein, den er jedoch am 27. Februar 2009 wieder zurücknahm. Seinen mit Datum vom 20. April 2009 gestellten Überprüfungsantrag nahm der Kläger später wieder zurück.
Mit Schreiben vom 25. März 2009 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aussparung nach § 48 Abs. 3 SGB X an. Nachdem sich der Kläger darauf nicht geäußert hatte, stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 22. April 2009 den Anspruch auf Regelaltersrente des Klägers beginnend am 01. Juni 2009 neu fest, ohne jedoch den Zahlbetrag zu verändern. Die Beitragszeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 hätten sich geändert. Da die bislang bezahlte monatliche Rente aber höher sei, werde sie in bisheriger Höhe weiter bezahlt, bis sich durch Rentenanpassungen ein höherer Zahlbetrag ergebe. Ausweislich des dem Bescheid in Anlage 2 beigefügten Versicherungsverlaufs wurden diese Zeiten nunmehr nicht mehr als Zeiten der Zusatzversorgung anerkannt. Nach Anlage 1 zum Bescheid errechnete die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente in Höhe von monatlich EUR 1.359,03 brutto anstelle des bisher errechneten Betrags von monatlich EUR 1.773,49 brutto. Zur Begründung führte die Beklagte ausweislich Anlage 10 des Bescheids aus, der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme habe am 09. Januar 2009 festgestellt, dass der Bescheid vom 08. August 2001 fehlerhaft sei, aber nicht mehr zurückgenommen werden könne. Die mit dem genannten Bescheid festgestellten rentenrechtlichen Zeiten seien daher der Berechnung der Rente weiterhin zugrundezulegen. § 48 Abs. 3 SGB X schreibe jedoch zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Die sich aus den rechtswidrig anerkannten Zeiten ergebende höhere Rente werde so lange unverändert gezahlt, bis die aus den rechtmäßigen Zeiten/Arbeitsverdiensten berechnete niedrigere Rente in Folge von Rentenanpassungen diesen Betrag erreiche.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 SGB X lägen nicht vor. Voraussetzung für die Aussparung sei, dass bei der Erteilung des an sich rechtmäßigen Rentenbescheids diesem ein rechtswidriger, nicht rücknehmbarer Feststellungsbescheid zugrunde gelegen habe. Dies treffe in seinem Fall jedoch nicht zu, da zum Zeitpunkt der Erteilung des damaligen Rentenbescheids die Rechtswidrigkeit des Bescheids des Zusatzversorgungsträgers noch nicht festgestellt gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Zusatzversorgungsträger habe mit Bescheid vom 09. Januar 2009 die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 08. August 2001 festgestellt. Der gegen den Bescheid vom 09. Januar 2009 erhobene Widerspruch sei zurückgenommen worden, sodass der Bescheid des Zusatzversorgungsträgers vom 09. Januar 2009 in Bestandskraft erwachsen sei. Ob der Kläger eine Aufhebung des bestandskräftigen Bescheids des Zusatzversorgungsträgers erreichen könne, sei aufgrund des in § 8 AAÜG zum Ausdruck gebrachten Trennungsprinzips nicht Gegenstand des Rechtsstreits gegen den Rentenbescheid vom 22. April 2009. Ausgehend von der jetzigen Rechtslage sei die Altersrente des Klägers im Nachhinein betrachtet auf der Grundlage eines rechtswidrigen Nichtleistungsbescheids berechnet worden. In diesen Fällen sehe § 48 Abs. 3 SGB X zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Hierdurch werde verhindert, dass eine zu hohe Zahlung durch Veränderungen zugunsten des Betroffenen immer noch höher werde. Die Rente des Klägers sei deshalb mit Wirkung für die Zukunft unter Berücksichtigung der Aussparung nur noch auf Grundlage der tatsächlich zurückgelegten Zeiten festgestellt worden. Die bisherigen, infolge des rechtswidrigen Nichtleistungsbescheids zu hohen Entgeltpunkte (Ost) könnten nicht weiterhin zugrundegelegt werden, da dies Sinn und Zweck der Aussparung zuwider liefe. Der Rentenbescheid vom 22. April 2009 habe die zwingend vorgeschriebene Aussparung umgesetzt.
Am 19. August 2009 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte er seine Widerspruchsbegründung. Ergänzend trug er vor, er habe bei Rentenfeststellung davon ausgehen können, dass ihm die festgestellte Rente entsprechend der Anpassung zum 01. Juli eines jeden Jahres ausgezahlt werde und ihm die finanziellen Mittel zum Leben zur Verfügung stünden, sodass er seine Lebensumstände an die zu erwartende Rente angepasst habe. Es bestehe für ihn Vertrauensschutz auch hinsichtlich der zu erwartenden Rentenanpassungen. Bei Anwendung der Korrekturregelungen nach § 45 iVm § 48 Abs. 3 SGB X könne der subjektive Wille des Zusatzversorgungsträgers bei Erlass des Feststellungsbescheids vom 08. August 2001 nicht außer Acht bleiben. Der Zusatzversorgungsträger habe zu diesem Zeitpunkt den Bescheid genau mit dem Inhalt erlassen, mit dem er diesen auch habe erlassen wollen. Erst nach der BSG-Rechtsprechung vom 09. bzw. 10. April 2002 habe er seine Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis geändert mit der Folge, dass § 1 Abs. 1 AAÜG auf ihn (den Kläger) nicht mehr anwendbar sei. Bei Anwendung der Korrekturregelungen nach § 45 i. V. mit § 48 Abs. 3 SGB X liege jedoch typischerweise der Fall vor, dass der betroffene Bescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses eben gerade nicht dem subjektiven Willen des Versorgungsträgers entsprochen habe, der Wille der den Verwaltungsakt erlassenen Behörde und der Inhalt des Verwaltungsakts also nicht übereinstimmten. Sowohl er selbst als auch der Zusatzversorgungsträger hätten den Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 bei seinem Erlass als rechtmäßig betrachtet. In einem solchen Fall habe er einen besonders hohen Anspruch auf Vertrauensschutz. Das Risiko der Änderung der Rechtsauffassung des Versorgungsträgers könne nicht auf ihn abgewälzt werden. Er müsse sich darauf verlassen können, dass die aus dem Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 resultierende Höhe seiner Altersrente seinen Lebensstandard dauerhaft gewährleiste. Es stehe ihm folglich Besitzschutz nicht nur hinsichtlich des bisherigen Zahlbetrags, sondern auch in Gestalt eines dynamischen Besitzschutzes zu.
Die Beklagte trat dem Vorbringen entgegengetreten. Die Argumentation des Klägers treffe nicht zu. Weder der Wortlaut des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X noch dessen gesetzgeberische Intention ließen die vom Kläger vorgeschlagene einschränkende Auslegung der Aussparungsregelung zu. Der Tatbestand des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X sei nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden. Sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach der genannten Gesetzesbegründung sei es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit und Nichtrücknehmbarkeit des Grundlagenbescheides festgestellt werde. Hierfür spreche auch der Anlass, der zur Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X durch seinen Satz 2 geführt habe. Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass die Ergänzung eine Reaktion auf das Urteil des BSG vom 16. März 1989, Az.: B 4/11a RA 70/87, gewesen sei. Im dortigen Fall sei erst mehrere Jahre nach der Erteilung des ursprünglichen Rentenbescheides die Rechtswidrigkeit eines Bescheids über die Herstellung bzw. Vormerkung von Versicherungszeiten und dessen Nichtrücknehmbarkeit festgestellt worden. Infolgedessen solle der daraufhin geschaffene § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X auch eine derartige Situation erfassen. Auf Vertrauensschutz könne der Kläger sich nicht berufen. Mit der Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X werde der in § 45 SGB X enthaltene umfangreiche Bestandsschutz für rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte gerade eingeschränkt. Durch die Abschmelzungsregelung werde dem Kläger im Übrigen nichts genommen, worauf er einen Anspruch gehabt hätte.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. August 2010 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 SGB X lägen vor. Die Beklagte habe die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 08. August 2001 durch bestandskräftigen Bescheid vom 09. Januar 2009 festgestellt. Es sei nicht erforderlich, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Rentenbescheids vorgelegen habe. Diese könne auch zeitlich vor dem Ausspruch der Abschmelzung ergehen, mit dem Abschmelzungsbescheid verbunden werden oder sogar noch im Widerspruchsverfahren erfolgen. Der Kläger könne sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in die Dynamisierung der ihm gewährten Regelaltersrente berufen, da seine Dynamisierungserwartung gerade nicht von § 48 Abs. 3 SGB X geschützt werde. Dies sei auch mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) vereinbar. Die Eigentumsgarantie gewährleiste allein den konkret vorhandenen Bestand, also den bisherigen Rentenzahlbetrag, nicht jedoch den Erhalt des Lebensstandards, den die Dynamisierung sichern solle.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 30. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. September 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen, das er dahin ergänzt, dass der Besitzschutz insbesondere für ihn als zum Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung rentennaher Jahrgang gelte. Es werde gebeten zu prüfen, ob nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zuzulassen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 2010 sowie den Bescheid vom 22. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 hat der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 09. Januar 2009 zurückzunehmen, abgelehnt.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die entsprechend den Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger wendet sich gegen die durch die Beklagte in ihrem Bescheid vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 ausgesprochene Aussparungsentscheidung. Das SG hat zutreffend entschieden, dass diese Entscheidung dem geltenden Recht entspricht und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte allein die Aussparung geregelt. Grundlage für die Zahlung der Altersrente ist weiterhin der Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2006. Mit der Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 würde die verfügte Aussparung entfallen und dem Kläger kämen Rentenanpassungen zugute.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid des Versorgungsträgers für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten vom 19. Juli 2011, mit welchen dieser einen Antrag des Klägers, den Bescheid vom 09. Januar 2009 zurückzunehmen, abgelehnt hat. Dieser Bescheid ist nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs.1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 weder ersetzt noch abändert.
In formeller Hinsicht bestehen gegen den angefochtenen Bescheid keine Bedenken. Insbesondere ist eine Anhörung nach § 24 SGB X durchgeführt worden.
In materieller Hinsicht richtet sich die Rechtmäßigkeit der Aussparungsentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X. Nach dessen Satz 1 darf dann, wenn eine wesentliche Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen gem. § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist und ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X gilt dies auch, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im konkreten Fall erfüllt. Die Beklagte hat daher ihre Aussparungsentscheidung in nicht zu beanstandender Weise getroffen. Der Vormerkungsbescheid der Beklagten vom 08. August 2001 stellt einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X dar, auf dessen Grundlage der Bescheid vom 27. Juni 2006 über die Bewilligung von Regelaltersrente zugunsten des Klägers erlassen wurde (dazu 1). Die Rechtswidrigkeit dieses Vormerkungsbescheides steht aufgrund der Feststellungsentscheidung vom 9. Januar 2009 fest; der Wirksamkeit dieser Entscheidung steht insbesondere weder der weitere Vormerkungsbescheid vom 30. März 2004 noch der Bescheid des Versorgungsträgers für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten vom 19. Juli 2011 entgegen. Eine besondere Qualifizierung der Rechtswidrigkeit in dem Sinne, dass diese sich auch aufgrund der von der Beklagten bei Erlass des Grundlagenbescheids vertretenen Rechtsauffassung ergeben musste, ist nicht Inhalt des § 48 Abs. 3 SGB X (dazu insgesamt 2). Der Vormerkungsbescheid konnte auch nicht mehr gem. § 45 SGB X aufgehoben werden (dazu 3.). Weitere Voraussetzungen waren durch die Beklagte nicht zu erfüllen. Weder verfängt der Einwand des Klägers, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits vor Erlass des Rentenbescheids erfolgt sein muss; noch steht der Rechtmäßigkeit der Aussparungsentscheidung entgegen, dass sie nicht aufgrund einer Änderung zugunsten des Versicherten nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB X veranlasst wurde, sondern die Beklagte lediglich eine Aussparungsgrundentscheidung getroffen hat (dazu insgesamt 4.). Schließlich war auch eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 SGB X aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht begründbar (dazu 5.).
1. Die vorliegende Fallkonstellation beurteilt sich nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X. Die Bewilligung der Regelaltersrente zugunsten des Klägers mit Bescheid vom 27. Juni 2006 stellt eine rechtmäßige, den Kläger begünstigende Entscheidung dar, der mit dem Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X "zugrunde liegt". Das Vorliegen einer rechtswidrigen Vormerkungsentscheidung stellt nämlich gerade denjenigen Fall einer Grundlagenentscheidung dar, den der Gesetzgeber durch Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X um Satz 2 regeln wollte. Nachdem das BSG zuvor entschieden hatte, dass Abs. 3 nicht anzuwenden war, wenn die Rentenbewilligung auf einem nicht rücknehmbaren Vormerkungsbescheid beruhte (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 1989 - 4/11a RA 70/87, BSGE 65, 8, 12 f), hat der Gesetzgeber durch Einführung des Satzes 2 klargestellt, dass eine Leistung auch dann eingefroren werden kann, wenn ihre Bewilligung zwar rechtmäßig ist, weil sie auf einem bindenden Grundlagenbescheid beruht, dieser aber seinerseits rechtswidrig und nicht nach § 45 SGB X rücknehmbar war (vgl. Bundestags-Drucksache 12/4810 S. 36; vgl. hierzu auch Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Erg.Lfg. 50, § 48 SGB X Rn. 71 ff.).
2. Der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 war auch im Sinne des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X rechtswidrig. Dies steht ohne Weiteres aufgrund des bestandskräftigen Bescheids des Zusatzversorgungsträgers bei der Beklagten vom 09. Januar 2009 bindend fest.
Regelungsgehalt des Bescheides vom 09. Januar 2009 war gerade die Feststellung, dass der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 bei seinem Erlass insoweit im Sinne des § 45 SGB X rechtswidrig war, als hierin die vom Kläger zurückgelegten Rentenzeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 zu Unrecht auch als Zeiten der Zusatzversorgung nach dem AAÜG festgestellt worden sind. Diese Entscheidung ist bestandskräftig geworden. Den gegen diesen Bescheid am 14. Januar 2009 eingelegten Widerspruch hat der Kläger am 27. Februar 2009 wieder zurückgenommen. Auch einen im Folgenden gestellten Überprüfungsantrag nahm der Kläger nach seiner Behauptung wieder zurück. Dass der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten nunmehr mit Bescheid vom 19. Juli 2011 einen Überprüfungsantrag abgelehnt hat, berührt die Wirksamkeit des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 09. Januar 2009 nicht. Der Senat hatte die Rechtmäßigkeit dieses Feststellungsbescheides daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu überprüfen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann der die Rechtswidrigkeit feststellende Verwaltungsakt der Entscheidung über die Aussparung vorausgehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juni - 9/9a RV 41/86 - SozR 1300 § 48 Nr. 49; Urteil vom 16. Dezember 2004 - B 9 VS 1/04 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 2 Rn. 7). Davon wurde im konkreten Fall Gebrauch gemacht; der Zusatzversorgungsträger bei der Beklagten hat die Feststellung der Rechtswidrigkeit isoliert vor der Aussparungsentscheidung getroffen.
Der Wirksamkeit der Feststellungsentscheidung vom 09. Januar 2009, welche Feststellungen nur zum Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 trifft, nach Maßgabe des § 39 SGB X steht der spätere weitere Vormerkungsbescheid vom 22. März 2004 nicht entgegen. Hinsichtlich der hier maßgeblichen Rentenzeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 traf dieser weitere Vormerkungsbescheid nämlich ausweislich seines Verfügungssatzes für schon festgestellten Rentenzeiten keine Regelung mehr. Rentenzeiten wurden durch diesen weiteren Bescheid nur verbindlich festgestellt, "soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind". Mit dieser (auch im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmten, da anhand des Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 ohne weiteres verständlich auslegbaren, vgl. dazu z.B. Engelmann, in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 33 Rn. 4) Begrenzung seines Verfügungssatzes kommt dem Bescheid vom 22. März 2004 insbesondere keine Regelungswirkung mehr zu, soweit die Zeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 betroffen sind. Diese waren nämlich bereits verbindlich mit Bescheid vom 08. August 2001 festgestellt worden.
Mit der bestandskräftigen Feststellung, dass der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 nach Maßgabe des § 45 SGB X rechtswidrig sei, ist ohne Weiteres auch die Voraussetzung des Vorliegens eines rechtswidrigen Vormerkungsbescheids im von § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X verstandenen Sinne gegeben. Das vom Kläger insoweit vorgebrachte Erfordernis einer besondere Qualifizierung dieser Rechtswidrigkeit dahingehend, dass diese sich auch aufgrund der von der Beklagten bei Erlass des Grundlagenbescheids vertretenen Rechtsauffassung ergeben musste, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. § 48 Abs. 3 SGB X knüpft sowohl in seinem Satz 1 als auch in seinem Satz 2 für das Vorliegen eines rechtswidrigen Bescheides an den Begriff der Rechtswidrigkeit nach Maßgabe des § 45 SGB X an. Er regelt denjenigen Fall eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und macht damit deutlich, dass Rechtswidrigkeit im Sinne der Vorschrift keinen anderen Inhalt haben kann als der Rechtswidrigkeitsbegriff, der dem gesamten Regelwerk über die Aufhebung oder Rücknahme von Verwaltungsakten nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X zugrunde liegt.
3. Der Vormerkungsbescheid vom 08. August konnte auch nicht mehr nach Maßgabe des § 45 SGB X wirksam zurückgenommen werden, weil das Vertrauen des Klägers in den Bestand dieses Bescheides gem. § 45 Abs. 2 SGB X schutzwürdig und auch die Rücknahmefrist von zwei Jahren nach der Bekanntgabe des Bescheides gem. § 45 Abs. 3 SGB X zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 09. Januar 2009 längst verstrichen war.
4. Damit lagen die Voraussetzungen für die von der Beklagten getroffene Aussparungsentscheidung ohne Weiteres vor. Der Einwand des Klägers, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids bereits vor Erlass des Rentenbescheids erfolgt sein muss, verfängt nicht. Er ist schon nicht mit dem Wortlaut, insbesondere aber auch nicht mit der Entstehungsgeschichte und schließlich auch mit Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht vereinbar. § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X erfasst den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (hier: der Vormerkungsbescheid) einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt (hier: dem Regelaltersrentenbescheid) zugrunde liegt. Schon der Wortlaut der Regelung setzt daher denknotwendig das Bestehen zweier Bescheide, nämlich einen früheren rechtswidrigen Grundlagenbescheid und einen - schon erlassenen - Rentenbescheid voraus. Nur mit diesem Inhalt entspricht die Regelung auch dem sich anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebenden Willen des Gesetzgebers. Wie schon ausgeführt, lässt sich der Gesetzesbegründung klar entnehmen, dass Anlass zur Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X um seinen Satz 2 das Urteil des BSG vom 16. März 1989 (4/11a RA 70/97) war. Die dort entschiedene Situation war eine solche wie die vorliegende gewesen, in welcher erst mehrere Jahre nach Erteilung eines Rente bewilligenden Bescheides die Rechtswidrigkeit des Versicherungszeiten feststellenden Vormerkungsbescheids und dessen Nichtrücknehmbarkeit festgestellt worden war. Damals hatte das BSG entschieden, dass dieser Fall nicht von § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X erfasst sei. Um auch solche Fallkonstellationen von der Aussparungsregelung zu erfassen, wurde Satz 2 eingefügt, der folglich nach dem Willen des Gesetzgebers gerade den Fall zweier schon vorhandener Bescheide wie den Vormerkungsbescheid und den auf dessen Grundlage ergangenen Leistungsbescheid erfassen soll. Schließlich ergibt sich auch nach Sinn und Zweck der Regelung nichts anderes. Die Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X soll den Vertrauens- und Bestandsschutz auf den Zahlbetrag wahren, andererseits aber auch verhindern, dass Unrecht weiter anwächst (vgl. BSG, Urteile vom 15. September 1988 - 9/4b RV 15/87 - SozR 1300 § 48 Nr. 51 und 02. Dezember 2010 - B 9 V 1/10 R -. in juris). Es widerspräche der Zielrichtung des § 48 Abs. 3 SGB X, diesen Gerechtigkeitsgedanken nur in denjenigen Fällen zur Anwendung kommen zu lassen, in welchen die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids schon vor Erlass des Rentenbescheid festgestellt wurde. Der Grundlagenbescheid soll Rentenzeiten schon vor Erlass des Rentenbescheids derart feststellen, dass diese im Rahmen der Leistungserteilung nicht mehr zu überprüfen sind. Die Rechtswidrigkeit der festgestellten Zeiten tritt daher nicht typischerweise im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung, sondern vielmehr anhand anderer äußerer Faktoren (wie hier einer geläuterten Rechtsauffassung der Beklagten aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung) zu Tage. Es wäre daher letztlich dem Zufall überlassen, ob eine Durchsetzung des in § 48 Abs. 3 SGB X zum Ausdruck kommenden Gerechtigkeitsgedanken Geltung verschafft werden könnte, weil die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids (zufällig) schon vor der Leistungsgewährung offenbar wird oder nicht. Dieses Ergebnis ließe sich mit Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB X nicht vereinbaren.
Nach Auffassung des Senats war schließlich für die Aussparungsentscheidung nach Maßgabe des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht erforderlich, dass diese anhand eines konkreten Aussparungsanlasses (etwa einer anstehenden Rentenanpassung) erfolgt ist. Zwar knüpft § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X, der nach Satz 2 insoweit entsprechend anwendbar ist, die Aussparung an die beiden Voraussetzungen, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und zudem eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten ist. Jedoch zeigt diese Formulierung nur denjenigen Fall auf, in welchem zwingend - im Sinne von spätestens - eine Aussparungsentscheidung zu treffen ist, nämlich dann, wenn der Leistungsträger eigentlich eine Leistungserhöhung zu erwarten hätte (so die Formulierung "darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen "). Sie verbietet umgekehrt jedoch nicht, - wie vorliegend geschehen - schon vor dem Eintritt einer Änderung nach § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Versicherten eine Aussparungsentscheidung in Form einer Grundentscheidung des Inhalts zu treffen, dass künftig anstehende Rentenerhöhungen ausgespart würden. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit als konstitutiver Verwaltungsakt der Aussparung im konkreten Einzelfall vorausgehen kann (vgl. dazu schon oben BSG SozR 1300 § 48 Nr. 51 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 - 9/9a RV 46/86 - SozR 3642 § 9 Nr. 3). Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass in Fällen, in welchen wie hier der Grundlagenbescheid vom Zusatzversorgungsträger, der Leistungsbescheid dagegen vom Rentenversicherungsträger zu treffen war, der Rentenversicherungsträger eine eigene die Leistungsgewährung betreffende Grundentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X trifft. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die gegenteilige Verfahrensweise in Fällen, in welchen Änderungen nach § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Versicherten auf sich warten lassen, etwa weil Rentenanpassungen ausgesetzt wurden, eine erhebliche Rechtsunsicherheit auch für den Versicherten mit sich bringt. Die Auswirkungen der Feststellungsentscheidung des Zusatzversorgungsträgers blieben für ihn möglicherweise längerfristig unabsehbar. Ein Sozialrechtsverhältnis, das laufende Leistungen zum Gegenstand hat, erfordert daher - gerade im Interesse des Leistungsberechtigten - möglichst bald Klarheit darüber, ob der Berechtigte mit weiteren Leistungserhöhungen rechnen kann oder nicht. Es widerspricht dem existenzsichernden Zweck laufender Sozialleistungen und des ihnen zugrunde liegenden Dauerrechtsverhältnisses, die alsbaldige verbindliche Klärung dieser Grundfrage einer vom Berechtigten möglicherweise nicht oder zu spät erhobenen vorbeugenden Feststellungsklage zu überlassen (vgl. BSG Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 9 V 26/98 R -, Rn. 13, in juris; vgl. entspr. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08. Juli 2009 - L 2 U 1556/07- in juris). Mit Blick darauf war das Vorliegen einer entsprechenden Änderung zugunsten des Versicherten nicht zwingende Voraussetzung für die Beklagte als Rentenversicherungsträgerin zur Vornahme einer Entscheidung über die Aussparung nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X dem Grunde nach. In nicht zu beanstandender Weise hat sie dem Kläger mitgeteilt, in welcher Höhe ihm eigentlich Regelaltersrente zustünde, und dass ausgehend davon anstehende Rentenerhöhungen solange ausgespart würden, bis die eigentlich zustehende niedrigere Rente infolge von Rentenanpassungen den tatsächlich ausbezahlten Betrag erreicht habe. Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit dieser Entscheidung ergeben sich nicht.
5. Schließlich stehen der Rechtmäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 auch keine verfassungsrechtlichen Erwägungen entgegen. Anders als vom Kläger geltend gemacht, unterstehen insbesondere seine Dynamisierungserwartungen keinerlei verfassungsrechtlichem Schutz. Weder sind sie Bestandteil der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG; noch kann der Kläger sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen.
a) Zwar genießen die Versichertenrenten und Anwartschaften auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung den Schutz der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG (st.Rspr. des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], vgl. zuletzt BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juni 2006 1 BvL 9/00 u.a. - BVerfGE 116, 96, 121; vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272, 292 f; vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 u.a. -, NZS 2008, 254; vgl. auch BSG vom 20. Dezember 2007 - B 4 RA 9/05 R -, Juris Rn. 25). Das BVerfG begründet die Einbeziehung der Rentenansprüche in den Geltungsbereich des Art. 14 GG mit der Aufgabe der Eigentumsgarantie, die dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen soll (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 u.a. - BVerfGE 100, 1, 32). In der modernen Gesellschaft erlangt der Großteil der Bevölkerung seine wirtschaftliche Existenzsicherung weniger durch privates Sachvermögen als durch den Arbeitsertrag und daran anknüpfende, solidarisch getragene Altersversorgung. Die Anrechte des Einzelnen auf die Leistungen der Rentenversicherung sind an die Stelle privater Vorsorge und Sicherung getreten und verlangen denselben Grundrechtsschutz, der dieser zukommt (BVerfGE aaO). Die Rentenansprüche stehen im Zusammenhang mit einer eigenen Leistung, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentumsposition anerkannt ist. Dabei hängt die Intensität des Schutzes davon ab, wie hoch die Eigenleistung ist. Allerdings gilt auch für rentenrechtliche Anwartschaften, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE aaO, S. 37).
Ausgehend von dieser verfassungsrechtlichen Begründung des Eigentumsschutzes von Rentenansprüchen unterstehen diese nur insoweit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, als sie sich nach den gesetzlichen Regelungen in rechtmäßiger Weise ergeben. Nur insoweit wird nach Maßgabe des Gesetzes der Inhalt des Eigentumsschutzes definiert. Rechtswidrig erfolgte Rentenzahlungen nehmen daher nur in der Höhe am Eigentumsschutz teil, in der sie sich auch tatsächlich als gesetzlich begründetes Anrecht des Einzelnen an der solidarisch getragenen Altersversorgung darstellen, nicht jedoch darüber hinaus. Selbst wenn man also davon ausginge, dass eine Rentenanpassung überhaupt in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fällt und nicht nur eine nicht eigentumsgeschützte bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden Einkünften der Rentenbeitragszahler darstellt (was das BVerfG bislang nicht abschließend entschieden hat, vgl. BVerfG vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 u.a. -, NZS 2008, 254), wäre die Teilnahme des Klägers an den Rentendynamisierungen erst dann vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG wieder umfasst, wenn damit die ausbezahlte Rente wieder geltendem Recht entspräche, also erst nach vollständiger Abschmelzung der unrechtmäßigen Rentenhöhe.
b) Die getroffene Aussparungsentscheidung der Beklagten verstößt weiter auch nicht gegen ein schützenswertes Vertrauen des Klägers. § 48 Abs. 3 SGB X verschafft dem Vertrauensschutz vielmehr gerade Geltung, indem er lediglich Leistungserhöhungen ausspart, nicht jedoch bestandskräftig bewilligte Leistungen herabsetzt. Mit dieser Rechtsfolge greift § 48 Abs. 3 SGB X also gerade nicht in den geschützten Bestand einer Leistung ein, sondern beschränkt nur als Regelung des materiellen Leistungsrechts die an sich dem Betroffenen aufgrund der wesentlichen Änderung zustehenden Leistungserhöhungen (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 48 Rn. 32). Ein darüber hinausgehendes Vertrauen in die weitere Dynamisierung seiner Rente kann der Kläger solange nicht beanspruchen, wie ihm Rente in durch das Gesetz nicht gedeckter Höhe ausbezahlt wird. Aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip und der daraus abgeleiteten Kontinuitätsverpflichtung und dem Vertrauensschutz des Rentenempfängers lässt sich kein gegenüber Art. 14 GG höheres Schutzniveau begründen (vgl. das BSG zur Verfassungsmäßigkeit der ausgesetzten Rentenanpassung im Jahr 2005, Urteil vom 13. November 2008, B 13 R 13/08 R, juris). Im Übrigen geht nach ständiger Rechtsprechung der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66 u.a. -, BVerfGE 30, 367 (389); Beschluss vom 28. November 1984 - 1 BvR 1157/82 -, BVerfGE 68, 287 (307); Urteil vom 05. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 (180)). Schon die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfGE 68, 193 (222); Beschluss vom 05. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 -, BVerfGE 105, 17 (40); 109, 133 (180 f.)). Erst Recht ist das Vertrauen in das regelmäßige Anwachsen einer teilweise zu Unrecht erworbenen Rechtsposition kein Bestandteil der Gewährleistungen des Vertrauensschutzprinzips (so auch Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, ErgLfg 50, § 48 SGB X Rn. 74).
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die vom Zusatzversorgungsträger bei der Beklagten am 08. August 2001 getroffene Entscheidung in Übereinstimmung mit ihrer damaligen Rechtsauffassung stand. Höherer Vertrauensschutz ist daraus nicht ableitbar. Der Kläger beruft sich inhaltlich auf eine "Änderung der Rechtslage durch geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung". Verfolgte man diese Argumentation anhand der Systematik der §§ 45 ff. SGB X konsequent weiter, ergäbe sich vielmehr sogar ein niedrigeres Vertrauensschutzniveau, als dem Kläger derzeit zuteil wird. Der Fall einer "geänderten Rechtsprechung" wäre nach Maßgabe von § 48 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB X zu beurteilen und erlaubte ggf. sogar eine Korrektur der derzeit rechtswidrigen Rentengewährung für die Zukunft. Auf die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X verweist § 48 Abs. 4 SGB X nämlich gerade nicht. Jedoch liegt - für den Kläger günstig - eine geänderte Rechtsprechung im Sinne dieser Regelung gar nicht vor. Von ihr kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine Änderung in einer bislang als gesichert zu bezeichnenden Rechtsprechung erfolgt (vgl. dazu Schütze, in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 48 Rn. 14). Gesicherte Rechtsprechung zur richtigen Anwendung von § 1 Abs. 1 AAÜG gab es bis zur Entscheidung des BSG vom 09. April 2002 (B 4 RA 36/01 R) jedoch nicht. Das BSG hat dort erstmalig über eine bislang getätigte Verwaltungspraxis eines Rentenversicherungsträgers entschieden. Das der Möglichkeit der Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen durch die Judikative innewohnende "Risiko", dass eine durch die Verwaltung vertretene Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand hält, ist gerade kein Fall im Sinne des § 48 Abs. 2 SGB X, sondern wird nach dem in § 48 Abs. 2 SGB X zutage getretenen Willen des Gesetzgebers nach Maßgabe des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X behandelt. Dem darin normierten Vertrauensschutz wird § 48 Abs. 3 SGB X jedoch gerade gerecht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision ergeben sich nicht.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Aussparung einer dem Kläger durch die Beklagte gewährten Regelaltersrente nach § 48 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Streit.
Der Kläger wurde am 1941 in P. (Kreis Zittau) in der ehemaligen DDR geboren. Ausweislich des Aufnahmescheins der Bundesaufnahmestelle in G. verließ er am 06. November 1989 die DDR und traf im Bundesgebiet am 07. November 1989 ein, wo er im Folgenden seinen Wohnsitz nahm.
Am 20. April 1999 stellte der Kläger bei der Beklagten (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) Antrag auf Kontenklärung. In diesem Antrag gab er an, am 18. Mai 1990 seinen Wohnsitz in Karlsruhe gehabt zu haben. Seinem Antrag fügte er Unterlagen über in der DDR zurückgelegte Beitragszeiten bei. Mit Bescheid vom 24. August 1999 stellte die Beklagte Zeiten des Klägers vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten, jedoch ohne Berücksichtigung der Sonderversorgung, fest. Mit Schreiben vom 09. Oktober 1999 beantragte der Kläger daher Überprüfung des Feststellungsbescheids mit Blick auf mögliche Pflichtbeitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die Beklagte schaltete ihren Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme ein, der mit Bescheid vom 08. August 2001 die Zeiten des Klägers vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG feststellte. Auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 16. Februar 2004 erteilte die Beklagte den weiteren Feststellungsbescheid vom 22. März 2004, mit welchem sie weitere Rentenzeiten, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren, feststellte. Dem entsprechend waren im Versicherungsverlauf die Zeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG aufgeführt. Der gegen diesen Bescheid vom Kläger eingelegte Widerspruch betraf nur die Zeit vom 08. November 1989 bis zum 30. Dezember 1989 und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2004 als unzulässig zurückgewiesen.
Am 16. Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres, die dem Kläger mit Bescheid vom 27. Juni 2006 beginnend zum 01. Oktober 2006 in Höhe von monatlich EUR 1.744,78 brutto bewilligt wurde.
Aufgrund einer Überprüfung von Amts wegen stellte der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten mit Bescheid vom 09. Januar 2009 die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08. August 2001 fest. Mit vorgenanntem Bescheid seien für die Zeiten vom 01. April 1968 bis 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis 04. November 1989 Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt worden. Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage habe sich herausgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Anerkennung dieser Zeiten tatsächlich nicht erfüllt seien. Nach § 5 AAÜG komme die Anerkennung nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1 AAÜG gegeben seien und das AAÜG damit eröffnet sei. § 1 Abs. 1 AAÜG setze eine Versorgungsanwartschaft am 01. August 1991 aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage voraus. Der Kläger habe jedoch bei Inkrafttreten des AAÜG am 01. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Weder sei er am 30. Juni 1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch sei eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach dem Einigungsvertrag erfolgt, und er hätte auch aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es für den Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem darauf an, dass der Betreffende am Stichtag des 30. Juni 1990 die erforderliche Qualifikation erworben habe, im Wesentlichen entsprechend dieser Qualifikation beschäftigt gewesen sei und die Beschäftigung für einen von der Versorgungsordnung erfassten Arbeitgeber verrichtet habe. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger jedoch keine abhängige Beschäftigung im Beitragsgebiet mehr ausgeübt. Da die Voraussetzungen des § 1 AAÜG mithin nicht vorlägen, seien auch die weiteren Regelungen dieses Gesetzes und folglich auch § 5 AAÜG nicht anzuwenden. Aus diesem Grund sei der Bescheid vom 08. August 2001 fehlerhaft begünstigend und folglich rechtswidrig. Eine teilweise oder vollständige Rücknahme des Bescheids vom 08. August 2001 sei jedoch nicht zulässig, weil den Kläger keinerlei Verschulden treffe, er vielmehr auf den Bestand des Bescheids habe vertrauen können und die für die Rücknahme von rechtswidrigen Bescheiden in solchen Fällen vorgesehene Frist des § 45 Abs. 3 SGB X bereits abgelaufen sei. Es verbleibe deshalb bei den im Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG. Die Bestandskraft dieses Bescheids erstrecke sich jedoch nur auf die bereits festgestellten Tatsachen. Weitere Rechte könnten daraus nicht mehr abgeleitet werden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 14. Januar 2009 Widerspruch ein, den er jedoch am 27. Februar 2009 wieder zurücknahm. Seinen mit Datum vom 20. April 2009 gestellten Überprüfungsantrag nahm der Kläger später wieder zurück.
Mit Schreiben vom 25. März 2009 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aussparung nach § 48 Abs. 3 SGB X an. Nachdem sich der Kläger darauf nicht geäußert hatte, stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 22. April 2009 den Anspruch auf Regelaltersrente des Klägers beginnend am 01. Juni 2009 neu fest, ohne jedoch den Zahlbetrag zu verändern. Die Beitragszeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 hätten sich geändert. Da die bislang bezahlte monatliche Rente aber höher sei, werde sie in bisheriger Höhe weiter bezahlt, bis sich durch Rentenanpassungen ein höherer Zahlbetrag ergebe. Ausweislich des dem Bescheid in Anlage 2 beigefügten Versicherungsverlaufs wurden diese Zeiten nunmehr nicht mehr als Zeiten der Zusatzversorgung anerkannt. Nach Anlage 1 zum Bescheid errechnete die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente in Höhe von monatlich EUR 1.359,03 brutto anstelle des bisher errechneten Betrags von monatlich EUR 1.773,49 brutto. Zur Begründung führte die Beklagte ausweislich Anlage 10 des Bescheids aus, der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme habe am 09. Januar 2009 festgestellt, dass der Bescheid vom 08. August 2001 fehlerhaft sei, aber nicht mehr zurückgenommen werden könne. Die mit dem genannten Bescheid festgestellten rentenrechtlichen Zeiten seien daher der Berechnung der Rente weiterhin zugrundezulegen. § 48 Abs. 3 SGB X schreibe jedoch zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Die sich aus den rechtswidrig anerkannten Zeiten ergebende höhere Rente werde so lange unverändert gezahlt, bis die aus den rechtmäßigen Zeiten/Arbeitsverdiensten berechnete niedrigere Rente in Folge von Rentenanpassungen diesen Betrag erreiche.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 SGB X lägen nicht vor. Voraussetzung für die Aussparung sei, dass bei der Erteilung des an sich rechtmäßigen Rentenbescheids diesem ein rechtswidriger, nicht rücknehmbarer Feststellungsbescheid zugrunde gelegen habe. Dies treffe in seinem Fall jedoch nicht zu, da zum Zeitpunkt der Erteilung des damaligen Rentenbescheids die Rechtswidrigkeit des Bescheids des Zusatzversorgungsträgers noch nicht festgestellt gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Zusatzversorgungsträger habe mit Bescheid vom 09. Januar 2009 die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 08. August 2001 festgestellt. Der gegen den Bescheid vom 09. Januar 2009 erhobene Widerspruch sei zurückgenommen worden, sodass der Bescheid des Zusatzversorgungsträgers vom 09. Januar 2009 in Bestandskraft erwachsen sei. Ob der Kläger eine Aufhebung des bestandskräftigen Bescheids des Zusatzversorgungsträgers erreichen könne, sei aufgrund des in § 8 AAÜG zum Ausdruck gebrachten Trennungsprinzips nicht Gegenstand des Rechtsstreits gegen den Rentenbescheid vom 22. April 2009. Ausgehend von der jetzigen Rechtslage sei die Altersrente des Klägers im Nachhinein betrachtet auf der Grundlage eines rechtswidrigen Nichtleistungsbescheids berechnet worden. In diesen Fällen sehe § 48 Abs. 3 SGB X zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Hierdurch werde verhindert, dass eine zu hohe Zahlung durch Veränderungen zugunsten des Betroffenen immer noch höher werde. Die Rente des Klägers sei deshalb mit Wirkung für die Zukunft unter Berücksichtigung der Aussparung nur noch auf Grundlage der tatsächlich zurückgelegten Zeiten festgestellt worden. Die bisherigen, infolge des rechtswidrigen Nichtleistungsbescheids zu hohen Entgeltpunkte (Ost) könnten nicht weiterhin zugrundegelegt werden, da dies Sinn und Zweck der Aussparung zuwider liefe. Der Rentenbescheid vom 22. April 2009 habe die zwingend vorgeschriebene Aussparung umgesetzt.
Am 19. August 2009 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte er seine Widerspruchsbegründung. Ergänzend trug er vor, er habe bei Rentenfeststellung davon ausgehen können, dass ihm die festgestellte Rente entsprechend der Anpassung zum 01. Juli eines jeden Jahres ausgezahlt werde und ihm die finanziellen Mittel zum Leben zur Verfügung stünden, sodass er seine Lebensumstände an die zu erwartende Rente angepasst habe. Es bestehe für ihn Vertrauensschutz auch hinsichtlich der zu erwartenden Rentenanpassungen. Bei Anwendung der Korrekturregelungen nach § 45 iVm § 48 Abs. 3 SGB X könne der subjektive Wille des Zusatzversorgungsträgers bei Erlass des Feststellungsbescheids vom 08. August 2001 nicht außer Acht bleiben. Der Zusatzversorgungsträger habe zu diesem Zeitpunkt den Bescheid genau mit dem Inhalt erlassen, mit dem er diesen auch habe erlassen wollen. Erst nach der BSG-Rechtsprechung vom 09. bzw. 10. April 2002 habe er seine Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis geändert mit der Folge, dass § 1 Abs. 1 AAÜG auf ihn (den Kläger) nicht mehr anwendbar sei. Bei Anwendung der Korrekturregelungen nach § 45 i. V. mit § 48 Abs. 3 SGB X liege jedoch typischerweise der Fall vor, dass der betroffene Bescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses eben gerade nicht dem subjektiven Willen des Versorgungsträgers entsprochen habe, der Wille der den Verwaltungsakt erlassenen Behörde und der Inhalt des Verwaltungsakts also nicht übereinstimmten. Sowohl er selbst als auch der Zusatzversorgungsträger hätten den Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 bei seinem Erlass als rechtmäßig betrachtet. In einem solchen Fall habe er einen besonders hohen Anspruch auf Vertrauensschutz. Das Risiko der Änderung der Rechtsauffassung des Versorgungsträgers könne nicht auf ihn abgewälzt werden. Er müsse sich darauf verlassen können, dass die aus dem Feststellungsbescheid vom 08. August 2001 resultierende Höhe seiner Altersrente seinen Lebensstandard dauerhaft gewährleiste. Es stehe ihm folglich Besitzschutz nicht nur hinsichtlich des bisherigen Zahlbetrags, sondern auch in Gestalt eines dynamischen Besitzschutzes zu.
Die Beklagte trat dem Vorbringen entgegengetreten. Die Argumentation des Klägers treffe nicht zu. Weder der Wortlaut des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X noch dessen gesetzgeberische Intention ließen die vom Kläger vorgeschlagene einschränkende Auslegung der Aussparungsregelung zu. Der Tatbestand des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X sei nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden. Sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach der genannten Gesetzesbegründung sei es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit und Nichtrücknehmbarkeit des Grundlagenbescheides festgestellt werde. Hierfür spreche auch der Anlass, der zur Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X durch seinen Satz 2 geführt habe. Der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass die Ergänzung eine Reaktion auf das Urteil des BSG vom 16. März 1989, Az.: B 4/11a RA 70/87, gewesen sei. Im dortigen Fall sei erst mehrere Jahre nach der Erteilung des ursprünglichen Rentenbescheides die Rechtswidrigkeit eines Bescheids über die Herstellung bzw. Vormerkung von Versicherungszeiten und dessen Nichtrücknehmbarkeit festgestellt worden. Infolgedessen solle der daraufhin geschaffene § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X auch eine derartige Situation erfassen. Auf Vertrauensschutz könne der Kläger sich nicht berufen. Mit der Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X werde der in § 45 SGB X enthaltene umfangreiche Bestandsschutz für rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte gerade eingeschränkt. Durch die Abschmelzungsregelung werde dem Kläger im Übrigen nichts genommen, worauf er einen Anspruch gehabt hätte.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. August 2010 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 SGB X lägen vor. Die Beklagte habe die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 08. August 2001 durch bestandskräftigen Bescheid vom 09. Januar 2009 festgestellt. Es sei nicht erforderlich, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Rentenbescheids vorgelegen habe. Diese könne auch zeitlich vor dem Ausspruch der Abschmelzung ergehen, mit dem Abschmelzungsbescheid verbunden werden oder sogar noch im Widerspruchsverfahren erfolgen. Der Kläger könne sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in die Dynamisierung der ihm gewährten Regelaltersrente berufen, da seine Dynamisierungserwartung gerade nicht von § 48 Abs. 3 SGB X geschützt werde. Dies sei auch mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) vereinbar. Die Eigentumsgarantie gewährleiste allein den konkret vorhandenen Bestand, also den bisherigen Rentenzahlbetrag, nicht jedoch den Erhalt des Lebensstandards, den die Dynamisierung sichern solle.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 30. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. September 2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen, das er dahin ergänzt, dass der Besitzschutz insbesondere für ihn als zum Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung rentennaher Jahrgang gelte. Es werde gebeten zu prüfen, ob nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zuzulassen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 2010 sowie den Bescheid vom 22. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 hat der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 09. Januar 2009 zurückzunehmen, abgelehnt.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die entsprechend den Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger wendet sich gegen die durch die Beklagte in ihrem Bescheid vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 ausgesprochene Aussparungsentscheidung. Das SG hat zutreffend entschieden, dass diese Entscheidung dem geltenden Recht entspricht und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte allein die Aussparung geregelt. Grundlage für die Zahlung der Altersrente ist weiterhin der Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2006. Mit der Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 würde die verfügte Aussparung entfallen und dem Kläger kämen Rentenanpassungen zugute.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid des Versorgungsträgers für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten vom 19. Juli 2011, mit welchen dieser einen Antrag des Klägers, den Bescheid vom 09. Januar 2009 zurückzunehmen, abgelehnt hat. Dieser Bescheid ist nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs.1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 weder ersetzt noch abändert.
In formeller Hinsicht bestehen gegen den angefochtenen Bescheid keine Bedenken. Insbesondere ist eine Anhörung nach § 24 SGB X durchgeführt worden.
In materieller Hinsicht richtet sich die Rechtmäßigkeit der Aussparungsentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X. Nach dessen Satz 1 darf dann, wenn eine wesentliche Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen gem. § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist und ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X gilt dies auch, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im konkreten Fall erfüllt. Die Beklagte hat daher ihre Aussparungsentscheidung in nicht zu beanstandender Weise getroffen. Der Vormerkungsbescheid der Beklagten vom 08. August 2001 stellt einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X dar, auf dessen Grundlage der Bescheid vom 27. Juni 2006 über die Bewilligung von Regelaltersrente zugunsten des Klägers erlassen wurde (dazu 1). Die Rechtswidrigkeit dieses Vormerkungsbescheides steht aufgrund der Feststellungsentscheidung vom 9. Januar 2009 fest; der Wirksamkeit dieser Entscheidung steht insbesondere weder der weitere Vormerkungsbescheid vom 30. März 2004 noch der Bescheid des Versorgungsträgers für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten vom 19. Juli 2011 entgegen. Eine besondere Qualifizierung der Rechtswidrigkeit in dem Sinne, dass diese sich auch aufgrund der von der Beklagten bei Erlass des Grundlagenbescheids vertretenen Rechtsauffassung ergeben musste, ist nicht Inhalt des § 48 Abs. 3 SGB X (dazu insgesamt 2). Der Vormerkungsbescheid konnte auch nicht mehr gem. § 45 SGB X aufgehoben werden (dazu 3.). Weitere Voraussetzungen waren durch die Beklagte nicht zu erfüllen. Weder verfängt der Einwand des Klägers, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits vor Erlass des Rentenbescheids erfolgt sein muss; noch steht der Rechtmäßigkeit der Aussparungsentscheidung entgegen, dass sie nicht aufgrund einer Änderung zugunsten des Versicherten nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB X veranlasst wurde, sondern die Beklagte lediglich eine Aussparungsgrundentscheidung getroffen hat (dazu insgesamt 4.). Schließlich war auch eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 SGB X aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht begründbar (dazu 5.).
1. Die vorliegende Fallkonstellation beurteilt sich nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X. Die Bewilligung der Regelaltersrente zugunsten des Klägers mit Bescheid vom 27. Juni 2006 stellt eine rechtmäßige, den Kläger begünstigende Entscheidung dar, der mit dem Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X "zugrunde liegt". Das Vorliegen einer rechtswidrigen Vormerkungsentscheidung stellt nämlich gerade denjenigen Fall einer Grundlagenentscheidung dar, den der Gesetzgeber durch Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X um Satz 2 regeln wollte. Nachdem das BSG zuvor entschieden hatte, dass Abs. 3 nicht anzuwenden war, wenn die Rentenbewilligung auf einem nicht rücknehmbaren Vormerkungsbescheid beruhte (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 1989 - 4/11a RA 70/87, BSGE 65, 8, 12 f), hat der Gesetzgeber durch Einführung des Satzes 2 klargestellt, dass eine Leistung auch dann eingefroren werden kann, wenn ihre Bewilligung zwar rechtmäßig ist, weil sie auf einem bindenden Grundlagenbescheid beruht, dieser aber seinerseits rechtswidrig und nicht nach § 45 SGB X rücknehmbar war (vgl. Bundestags-Drucksache 12/4810 S. 36; vgl. hierzu auch Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Erg.Lfg. 50, § 48 SGB X Rn. 71 ff.).
2. Der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 war auch im Sinne des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X rechtswidrig. Dies steht ohne Weiteres aufgrund des bestandskräftigen Bescheids des Zusatzversorgungsträgers bei der Beklagten vom 09. Januar 2009 bindend fest.
Regelungsgehalt des Bescheides vom 09. Januar 2009 war gerade die Feststellung, dass der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 bei seinem Erlass insoweit im Sinne des § 45 SGB X rechtswidrig war, als hierin die vom Kläger zurückgelegten Rentenzeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 zu Unrecht auch als Zeiten der Zusatzversorgung nach dem AAÜG festgestellt worden sind. Diese Entscheidung ist bestandskräftig geworden. Den gegen diesen Bescheid am 14. Januar 2009 eingelegten Widerspruch hat der Kläger am 27. Februar 2009 wieder zurückgenommen. Auch einen im Folgenden gestellten Überprüfungsantrag nahm der Kläger nach seiner Behauptung wieder zurück. Dass der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme bei der Beklagten nunmehr mit Bescheid vom 19. Juli 2011 einen Überprüfungsantrag abgelehnt hat, berührt die Wirksamkeit des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 09. Januar 2009 nicht. Der Senat hatte die Rechtmäßigkeit dieses Feststellungsbescheides daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu überprüfen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann der die Rechtswidrigkeit feststellende Verwaltungsakt der Entscheidung über die Aussparung vorausgehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juni - 9/9a RV 41/86 - SozR 1300 § 48 Nr. 49; Urteil vom 16. Dezember 2004 - B 9 VS 1/04 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 2 Rn. 7). Davon wurde im konkreten Fall Gebrauch gemacht; der Zusatzversorgungsträger bei der Beklagten hat die Feststellung der Rechtswidrigkeit isoliert vor der Aussparungsentscheidung getroffen.
Der Wirksamkeit der Feststellungsentscheidung vom 09. Januar 2009, welche Feststellungen nur zum Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 trifft, nach Maßgabe des § 39 SGB X steht der spätere weitere Vormerkungsbescheid vom 22. März 2004 nicht entgegen. Hinsichtlich der hier maßgeblichen Rentenzeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 traf dieser weitere Vormerkungsbescheid nämlich ausweislich seines Verfügungssatzes für schon festgestellten Rentenzeiten keine Regelung mehr. Rentenzeiten wurden durch diesen weiteren Bescheid nur verbindlich festgestellt, "soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind". Mit dieser (auch im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmten, da anhand des Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 ohne weiteres verständlich auslegbaren, vgl. dazu z.B. Engelmann, in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 33 Rn. 4) Begrenzung seines Verfügungssatzes kommt dem Bescheid vom 22. März 2004 insbesondere keine Regelungswirkung mehr zu, soweit die Zeiten vom 01. April 1968 bis zum 04. Juni 1974 und vom 05. Juni 1974 bis zum 04. November 1989 betroffen sind. Diese waren nämlich bereits verbindlich mit Bescheid vom 08. August 2001 festgestellt worden.
Mit der bestandskräftigen Feststellung, dass der Vormerkungsbescheid vom 08. August 2001 nach Maßgabe des § 45 SGB X rechtswidrig sei, ist ohne Weiteres auch die Voraussetzung des Vorliegens eines rechtswidrigen Vormerkungsbescheids im von § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X verstandenen Sinne gegeben. Das vom Kläger insoweit vorgebrachte Erfordernis einer besondere Qualifizierung dieser Rechtswidrigkeit dahingehend, dass diese sich auch aufgrund der von der Beklagten bei Erlass des Grundlagenbescheids vertretenen Rechtsauffassung ergeben musste, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. § 48 Abs. 3 SGB X knüpft sowohl in seinem Satz 1 als auch in seinem Satz 2 für das Vorliegen eines rechtswidrigen Bescheides an den Begriff der Rechtswidrigkeit nach Maßgabe des § 45 SGB X an. Er regelt denjenigen Fall eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes, der nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und macht damit deutlich, dass Rechtswidrigkeit im Sinne der Vorschrift keinen anderen Inhalt haben kann als der Rechtswidrigkeitsbegriff, der dem gesamten Regelwerk über die Aufhebung oder Rücknahme von Verwaltungsakten nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X zugrunde liegt.
3. Der Vormerkungsbescheid vom 08. August konnte auch nicht mehr nach Maßgabe des § 45 SGB X wirksam zurückgenommen werden, weil das Vertrauen des Klägers in den Bestand dieses Bescheides gem. § 45 Abs. 2 SGB X schutzwürdig und auch die Rücknahmefrist von zwei Jahren nach der Bekanntgabe des Bescheides gem. § 45 Abs. 3 SGB X zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 09. Januar 2009 längst verstrichen war.
4. Damit lagen die Voraussetzungen für die von der Beklagten getroffene Aussparungsentscheidung ohne Weiteres vor. Der Einwand des Klägers, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids bereits vor Erlass des Rentenbescheids erfolgt sein muss, verfängt nicht. Er ist schon nicht mit dem Wortlaut, insbesondere aber auch nicht mit der Entstehungsgeschichte und schließlich auch mit Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht vereinbar. § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X erfasst den Fall, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (hier: der Vormerkungsbescheid) einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt (hier: dem Regelaltersrentenbescheid) zugrunde liegt. Schon der Wortlaut der Regelung setzt daher denknotwendig das Bestehen zweier Bescheide, nämlich einen früheren rechtswidrigen Grundlagenbescheid und einen - schon erlassenen - Rentenbescheid voraus. Nur mit diesem Inhalt entspricht die Regelung auch dem sich anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebenden Willen des Gesetzgebers. Wie schon ausgeführt, lässt sich der Gesetzesbegründung klar entnehmen, dass Anlass zur Ergänzung des § 48 Abs. 3 SGB X um seinen Satz 2 das Urteil des BSG vom 16. März 1989 (4/11a RA 70/97) war. Die dort entschiedene Situation war eine solche wie die vorliegende gewesen, in welcher erst mehrere Jahre nach Erteilung eines Rente bewilligenden Bescheides die Rechtswidrigkeit des Versicherungszeiten feststellenden Vormerkungsbescheids und dessen Nichtrücknehmbarkeit festgestellt worden war. Damals hatte das BSG entschieden, dass dieser Fall nicht von § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X erfasst sei. Um auch solche Fallkonstellationen von der Aussparungsregelung zu erfassen, wurde Satz 2 eingefügt, der folglich nach dem Willen des Gesetzgebers gerade den Fall zweier schon vorhandener Bescheide wie den Vormerkungsbescheid und den auf dessen Grundlage ergangenen Leistungsbescheid erfassen soll. Schließlich ergibt sich auch nach Sinn und Zweck der Regelung nichts anderes. Die Regelung des § 48 Abs. 3 SGB X soll den Vertrauens- und Bestandsschutz auf den Zahlbetrag wahren, andererseits aber auch verhindern, dass Unrecht weiter anwächst (vgl. BSG, Urteile vom 15. September 1988 - 9/4b RV 15/87 - SozR 1300 § 48 Nr. 51 und 02. Dezember 2010 - B 9 V 1/10 R -. in juris). Es widerspräche der Zielrichtung des § 48 Abs. 3 SGB X, diesen Gerechtigkeitsgedanken nur in denjenigen Fällen zur Anwendung kommen zu lassen, in welchen die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids schon vor Erlass des Rentenbescheid festgestellt wurde. Der Grundlagenbescheid soll Rentenzeiten schon vor Erlass des Rentenbescheids derart feststellen, dass diese im Rahmen der Leistungserteilung nicht mehr zu überprüfen sind. Die Rechtswidrigkeit der festgestellten Zeiten tritt daher nicht typischerweise im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung, sondern vielmehr anhand anderer äußerer Faktoren (wie hier einer geläuterten Rechtsauffassung der Beklagten aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung) zu Tage. Es wäre daher letztlich dem Zufall überlassen, ob eine Durchsetzung des in § 48 Abs. 3 SGB X zum Ausdruck kommenden Gerechtigkeitsgedanken Geltung verschafft werden könnte, weil die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids (zufällig) schon vor der Leistungsgewährung offenbar wird oder nicht. Dieses Ergebnis ließe sich mit Sinn und Zweck des § 48 Abs. 3 SGB X nicht vereinbaren.
Nach Auffassung des Senats war schließlich für die Aussparungsentscheidung nach Maßgabe des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht erforderlich, dass diese anhand eines konkreten Aussparungsanlasses (etwa einer anstehenden Rentenanpassung) erfolgt ist. Zwar knüpft § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X, der nach Satz 2 insoweit entsprechend anwendbar ist, die Aussparung an die beiden Voraussetzungen, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und zudem eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten ist. Jedoch zeigt diese Formulierung nur denjenigen Fall auf, in welchem zwingend - im Sinne von spätestens - eine Aussparungsentscheidung zu treffen ist, nämlich dann, wenn der Leistungsträger eigentlich eine Leistungserhöhung zu erwarten hätte (so die Formulierung "darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen "). Sie verbietet umgekehrt jedoch nicht, - wie vorliegend geschehen - schon vor dem Eintritt einer Änderung nach § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Versicherten eine Aussparungsentscheidung in Form einer Grundentscheidung des Inhalts zu treffen, dass künftig anstehende Rentenerhöhungen ausgespart würden. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit als konstitutiver Verwaltungsakt der Aussparung im konkreten Einzelfall vorausgehen kann (vgl. dazu schon oben BSG SozR 1300 § 48 Nr. 51 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 - 9/9a RV 46/86 - SozR 3642 § 9 Nr. 3). Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass in Fällen, in welchen wie hier der Grundlagenbescheid vom Zusatzversorgungsträger, der Leistungsbescheid dagegen vom Rentenversicherungsträger zu treffen war, der Rentenversicherungsträger eine eigene die Leistungsgewährung betreffende Grundentscheidung nach § 48 Abs. 3 SGB X trifft. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die gegenteilige Verfahrensweise in Fällen, in welchen Änderungen nach § 48 Abs. 1 oder 2 SGB X zugunsten des Versicherten auf sich warten lassen, etwa weil Rentenanpassungen ausgesetzt wurden, eine erhebliche Rechtsunsicherheit auch für den Versicherten mit sich bringt. Die Auswirkungen der Feststellungsentscheidung des Zusatzversorgungsträgers blieben für ihn möglicherweise längerfristig unabsehbar. Ein Sozialrechtsverhältnis, das laufende Leistungen zum Gegenstand hat, erfordert daher - gerade im Interesse des Leistungsberechtigten - möglichst bald Klarheit darüber, ob der Berechtigte mit weiteren Leistungserhöhungen rechnen kann oder nicht. Es widerspricht dem existenzsichernden Zweck laufender Sozialleistungen und des ihnen zugrunde liegenden Dauerrechtsverhältnisses, die alsbaldige verbindliche Klärung dieser Grundfrage einer vom Berechtigten möglicherweise nicht oder zu spät erhobenen vorbeugenden Feststellungsklage zu überlassen (vgl. BSG Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 9 V 26/98 R -, Rn. 13, in juris; vgl. entspr. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08. Juli 2009 - L 2 U 1556/07- in juris). Mit Blick darauf war das Vorliegen einer entsprechenden Änderung zugunsten des Versicherten nicht zwingende Voraussetzung für die Beklagte als Rentenversicherungsträgerin zur Vornahme einer Entscheidung über die Aussparung nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB X dem Grunde nach. In nicht zu beanstandender Weise hat sie dem Kläger mitgeteilt, in welcher Höhe ihm eigentlich Regelaltersrente zustünde, und dass ausgehend davon anstehende Rentenerhöhungen solange ausgespart würden, bis die eigentlich zustehende niedrigere Rente infolge von Rentenanpassungen den tatsächlich ausbezahlten Betrag erreicht habe. Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit dieser Entscheidung ergeben sich nicht.
5. Schließlich stehen der Rechtmäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2009 auch keine verfassungsrechtlichen Erwägungen entgegen. Anders als vom Kläger geltend gemacht, unterstehen insbesondere seine Dynamisierungserwartungen keinerlei verfassungsrechtlichem Schutz. Weder sind sie Bestandteil der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG; noch kann der Kläger sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen.
a) Zwar genießen die Versichertenrenten und Anwartschaften auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung den Schutz der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG (st.Rspr. des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], vgl. zuletzt BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juni 2006 1 BvL 9/00 u.a. - BVerfGE 116, 96, 121; vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272, 292 f; vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 u.a. -, NZS 2008, 254; vgl. auch BSG vom 20. Dezember 2007 - B 4 RA 9/05 R -, Juris Rn. 25). Das BVerfG begründet die Einbeziehung der Rentenansprüche in den Geltungsbereich des Art. 14 GG mit der Aufgabe der Eigentumsgarantie, die dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen soll (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 u.a. - BVerfGE 100, 1, 32). In der modernen Gesellschaft erlangt der Großteil der Bevölkerung seine wirtschaftliche Existenzsicherung weniger durch privates Sachvermögen als durch den Arbeitsertrag und daran anknüpfende, solidarisch getragene Altersversorgung. Die Anrechte des Einzelnen auf die Leistungen der Rentenversicherung sind an die Stelle privater Vorsorge und Sicherung getreten und verlangen denselben Grundrechtsschutz, der dieser zukommt (BVerfGE aaO). Die Rentenansprüche stehen im Zusammenhang mit einer eigenen Leistung, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentumsposition anerkannt ist. Dabei hängt die Intensität des Schutzes davon ab, wie hoch die Eigenleistung ist. Allerdings gilt auch für rentenrechtliche Anwartschaften, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE aaO, S. 37).
Ausgehend von dieser verfassungsrechtlichen Begründung des Eigentumsschutzes von Rentenansprüchen unterstehen diese nur insoweit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, als sie sich nach den gesetzlichen Regelungen in rechtmäßiger Weise ergeben. Nur insoweit wird nach Maßgabe des Gesetzes der Inhalt des Eigentumsschutzes definiert. Rechtswidrig erfolgte Rentenzahlungen nehmen daher nur in der Höhe am Eigentumsschutz teil, in der sie sich auch tatsächlich als gesetzlich begründetes Anrecht des Einzelnen an der solidarisch getragenen Altersversorgung darstellen, nicht jedoch darüber hinaus. Selbst wenn man also davon ausginge, dass eine Rentenanpassung überhaupt in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fällt und nicht nur eine nicht eigentumsgeschützte bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden Einkünften der Rentenbeitragszahler darstellt (was das BVerfG bislang nicht abschließend entschieden hat, vgl. BVerfG vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 u.a. -, NZS 2008, 254), wäre die Teilnahme des Klägers an den Rentendynamisierungen erst dann vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG wieder umfasst, wenn damit die ausbezahlte Rente wieder geltendem Recht entspräche, also erst nach vollständiger Abschmelzung der unrechtmäßigen Rentenhöhe.
b) Die getroffene Aussparungsentscheidung der Beklagten verstößt weiter auch nicht gegen ein schützenswertes Vertrauen des Klägers. § 48 Abs. 3 SGB X verschafft dem Vertrauensschutz vielmehr gerade Geltung, indem er lediglich Leistungserhöhungen ausspart, nicht jedoch bestandskräftig bewilligte Leistungen herabsetzt. Mit dieser Rechtsfolge greift § 48 Abs. 3 SGB X also gerade nicht in den geschützten Bestand einer Leistung ein, sondern beschränkt nur als Regelung des materiellen Leistungsrechts die an sich dem Betroffenen aufgrund der wesentlichen Änderung zustehenden Leistungserhöhungen (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 48 Rn. 32). Ein darüber hinausgehendes Vertrauen in die weitere Dynamisierung seiner Rente kann der Kläger solange nicht beanspruchen, wie ihm Rente in durch das Gesetz nicht gedeckter Höhe ausbezahlt wird. Aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip und der daraus abgeleiteten Kontinuitätsverpflichtung und dem Vertrauensschutz des Rentenempfängers lässt sich kein gegenüber Art. 14 GG höheres Schutzniveau begründen (vgl. das BSG zur Verfassungsmäßigkeit der ausgesetzten Rentenanpassung im Jahr 2005, Urteil vom 13. November 2008, B 13 R 13/08 R, juris). Im Übrigen geht nach ständiger Rechtsprechung der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66 u.a. -, BVerfGE 30, 367 (389); Beschluss vom 28. November 1984 - 1 BvR 1157/82 -, BVerfGE 68, 287 (307); Urteil vom 05. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 (180)). Schon die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfGE 68, 193 (222); Beschluss vom 05. Februar 2002 - 2 BvR 305/93 -, BVerfGE 105, 17 (40); 109, 133 (180 f.)). Erst Recht ist das Vertrauen in das regelmäßige Anwachsen einer teilweise zu Unrecht erworbenen Rechtsposition kein Bestandteil der Gewährleistungen des Vertrauensschutzprinzips (so auch Steinwedel, in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, ErgLfg 50, § 48 SGB X Rn. 74).
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die vom Zusatzversorgungsträger bei der Beklagten am 08. August 2001 getroffene Entscheidung in Übereinstimmung mit ihrer damaligen Rechtsauffassung stand. Höherer Vertrauensschutz ist daraus nicht ableitbar. Der Kläger beruft sich inhaltlich auf eine "Änderung der Rechtslage durch geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung". Verfolgte man diese Argumentation anhand der Systematik der §§ 45 ff. SGB X konsequent weiter, ergäbe sich vielmehr sogar ein niedrigeres Vertrauensschutzniveau, als dem Kläger derzeit zuteil wird. Der Fall einer "geänderten Rechtsprechung" wäre nach Maßgabe von § 48 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB X zu beurteilen und erlaubte ggf. sogar eine Korrektur der derzeit rechtswidrigen Rentengewährung für die Zukunft. Auf die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X verweist § 48 Abs. 4 SGB X nämlich gerade nicht. Jedoch liegt - für den Kläger günstig - eine geänderte Rechtsprechung im Sinne dieser Regelung gar nicht vor. Von ihr kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine Änderung in einer bislang als gesichert zu bezeichnenden Rechtsprechung erfolgt (vgl. dazu Schütze, in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 48 Rn. 14). Gesicherte Rechtsprechung zur richtigen Anwendung von § 1 Abs. 1 AAÜG gab es bis zur Entscheidung des BSG vom 09. April 2002 (B 4 RA 36/01 R) jedoch nicht. Das BSG hat dort erstmalig über eine bislang getätigte Verwaltungspraxis eines Rentenversicherungsträgers entschieden. Das der Möglichkeit der Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen durch die Judikative innewohnende "Risiko", dass eine durch die Verwaltung vertretene Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand hält, ist gerade kein Fall im Sinne des § 48 Abs. 2 SGB X, sondern wird nach dem in § 48 Abs. 2 SGB X zutage getretenen Willen des Gesetzgebers nach Maßgabe des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X behandelt. Dem darin normierten Vertrauensschutz wird § 48 Abs. 3 SGB X jedoch gerade gerecht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision ergeben sich nicht.
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