L 7 AS 3343/11 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3343/11 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2011 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden abgelehnt.

Gründe:

Nach Abtrennung der Verfahrensteile, die das mit Telefaxschreiben der Antragsteller vom 2. August 2011 beantragte Eilverfahren betreffen, ist vorliegend nur noch über die bereits erstinstanzlich beim Sozialgericht Reutlingen (SG) im Verfahren S 14 AS 1200/11 ER gestellten und im Beschwerdeverfahren wiederholten Anträge zu 1 bis 6 (vgl. die der Beschwerdeschrift vom 10. Juni 2011 beigefügte, am 19. April 2011 beim SG eingegangene Antragsschrift) zu befinden.

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des SG vom 10. Mai 2011 sind zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG).

Vorliegend kommt, wie vom SG zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164); eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn - bei Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags - sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und 2. September 2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B- (beide juris)). Die Anordnungsvoraussetzungen, d.h. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und 17. August 2005 a.a.O.; Beschluss vom 13. Juni 2006 - L 7 AS 2050/07 ER-B - (juris)).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Mit im Ergebnis zutreffender Begründung hat das SG im angefochtenen Beschluss sowohl den Anordnungsanspruch als auch den Anordnungsgrund verneint.

1.) Zunächst ist bezüglich der Wohnung in Herrenberg (Landkreis Böblingen), die Gegenstand der von den Antragstellern beanstandeten Zusicherungen in den Bescheiden vom 17. und 18. März 2011 ist, nach wie vor unklar, ob diese überhaupt Interesse an der behaupteten Wohnung hatten und weiterhin haben und ob die besagte Wohnung tatsächlich zur Anmietung für ernsthafte Interessenten zur Verfügung stand und steht; zu dieser Wohnung sind außer den Mitteilungen der Antragsteller zu Kaltmiete, Nebenkosten, Wohnfläche, Zahl der Räume und Baujahr sowie der anscheinend verlangten Provision keine weiteren Einzelheiten - nicht einmal die genaue Anschrift - bekannt und auch nicht belegt. Zudem haben die Antragsteller beim Antragsgegner zwischenzeitlich mit E-Mail vom 15. Juni 2011 eine weitere Zusicherung, dieses Mal für eine Wohnung in Weil im Schönbuch (Landkreis Böblingen), verlangt, wobei die diesbezügliche Zusicherung vom selben Tage (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2011) nunmehr mit der Klage vor dem SG (S 14 AS 2172/11) angefochten ist. All das könnte dafür sprechen, dass die Antragsteller an der vorgeblichen Wohnung in Herrenberg überhaupt nicht mehr festhalten möchten, zumal sie im Telefaxschreiben vom 25. Juli 2011 angegeben haben, noch keine andere Wohnung gefunden zu haben. Damit bestehen bereits Zweifel, ob für die im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von den Antragstellern mit Blick auf die vom Antragsgegner erteilten Zusicherungen vom 17. und 18. März 2011 erstrebten Änderungswünsche (Antrag zu 1) überhaupt (noch) ein Rechtsschutzbedürfnis als Zulässigkeitsvoraussetzung für die gerichtliche Rechtsverfolgung gegeben ist. Denn eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 und 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - SGB II - (in der Fassung bis 31. März 2011 (a.F.); ab 1. April 2011 § 22 Abs. 4 und 6 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011, BGBl. I S. 850) (n.F.)) darf nur abgegeben werden, wenn ein bestimmtes, nach Lage der Wohnung sowie den aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Wohnungsangebot tatsächlich vorhanden ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R - (juris; Rdnrn. 16 und 17); ferner schon Senatsbeschluss vom 30. Juli 2008 - L 7 AS 28/08 ER-B - (juris)). Jedenfalls ist bezüglich des Antrags zu 1 weder ein Anordnungsgrund, nämlich die besondere Dringlichkeit der Sache, noch ein Anordnungsanspruch ersichtlich und erst recht nicht glaubhaft gemacht. Durch die Regelungen in § 22 Abs. 2 und 3 a.F. (§ 22 Abs. 4 und 6 SGB II n.F.) ist im Übrigen genau bestimmt, welcher Träger für die entsprechenden Zusicherungen zuständig ist. Hieraus ergibt sich, dass der bisher örtlich zuständige kommunale Träger nur Zusicherungen zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft sowie zu den Wohnbeschaffungskosten und Umzugskosten erteilen darf, während mit Bezug auf die Übernahme einer Mietkaution die Zusicherung des am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Trägers erforderlich ist. Dessen Zuständigkeit für die Übernahme der angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die (neue) Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 SGB II) wiederum ist der Zuständigkeitsregelung in § 36 SGB II zu entnehmen.

2.) Da die Zusicherung stets einer konkreten Prüfung des Einzelfalls bedarf (vgl. nochmals BSG a.a.O.) - hierauf dürften die Antragsteller auch im Erörterungstermin vor dem Landesozialgericht vom 23. Februar 2010 (L 3 AS 5253/09 ER-B) deutlich hingewiesen worden sein - vermögen sie auch mit Blick auf Ihre Anträge zu 2 bis 4 hier nicht durchzudringen. Für die abstrakte Prüfung von Fragen ohne Bezug zu einem bestimmten Sachverhalt besteht kein Regelungsbedürfnis im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Für die Auferlegung einer "angemessenen Ordnungsgebühr" an den Antragsgegner, wie sie von den Antragstellern außerdem verlangt, gibt es im vorliegenden Verfahren keine Rechtsgrundlage.

Aus den oben genannten Gründen haben auch die Prozesskostenhilfegesuche der Antragsteller keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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