Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KA 202/09 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KA 1/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin
Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin sind bei der vertragsärztlichen Erbringung und Abrechnung von
Akupunkturleistungen (Nr. 30790 und 30791 EBM-Ä) an die Grenzen ihres Fachgebietes gebunden. Sie sind
deshalb nicht berechtigt, solche Leistungen gegenüber Erwachsenen vertragsärztlich zu erbringen und
abzurechnen.
Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin sind bei der vertragsärztlichen Erbringung und Abrechnung von
Akupunkturleistungen (Nr. 30790 und 30791 EBM-Ä) an die Grenzen ihres Fachgebietes gebunden. Sie sind
deshalb nicht berechtigt, solche Leistungen gegenüber Erwachsenen vertragsärztlich zu erbringen und
abzurechnen.
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.778,10 EUR festgesetzt.
Gründe:
I
Die Antragstellerin nimmt als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 15.11.2006 erwarb sie die Anerkennung zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur. Mit Bescheid vom 11.07.2007 erteilte ihr die Antragsgegnerin im Anschluss an die bis zum 31.12.2007 befristete Genehmigung ab 01.01.2008 die unbefristete Genehmigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).
Der Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.10.2009 mit, ihr Vorstand habe am 15.07.2009 beschlossen, dass Akupunkturleistungen durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin bei Patienten, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, ab dem 01.01.2010 nicht mehr berechnungsfähig seien, da es sich hierbei um fachfremde Leistungen handele. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolge in den Abrechnungshinweisen. Mit diesem Vorstandsbeschluss werde die Abrechnungsgenehmigung "per se" eingeschränkt. Bereits begonnene Akupunkturserien seien bis Ende 2009 abzuschließen. Sofern eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung zur Behandlung von Patienten nach Vollendung des 18. Lebensjahres erteilt worden sei, werde diese ab 01.01.2010 ebenfalls eingeschränkt.
Gegen dieses Schreiben legte die Antragstellerin am 26.10.2010 Widerspruch ein. Weder ihre Weiterbildung in der Akupunktur noch ihre dort erworbene Zusatzbezeichnung hätten sich auf das Fachgebiet der Kinder- und Jugendmedizin beschränkt. Nicht nachvollziehbar sei, dass Ärzte anderer Fachgruppen, z. B. HNO-Heilkunde, Augenheilkunde, Dermatologie, ihre Abrechnungsgenehmigung behalten sollten, obwohl chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule bzw. Gonarthrose nicht näher an deren Fachgebiet angesiedelt seien als in der Kinder- und Jugendmedizin.
Am 21.12.2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dresden (SG) die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, hilfsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, weiter hilfsweise die vorläufige Aufhebung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 beantragt. Durch diesen Bescheid werde ihr die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten entzogen. Die Einschränkung des Genehmigungsbescheides vom 11.07.2007 sei rechtswidrig. Sie erfülle sämtliche Voraussetzungen zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Abrechnung von Akupunkturleistungen sei auch für Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin zugelassen. Darüber hinaus genieße sie nach erteilter Genehmigung und beanstandungsfreier Abrechnung seit dem 11.07.2007 Vertrauensschutz. Mit der Einschränkung gingen erhebliche finanzielle Einbußen einher.
Mit Beschluss vom 22.12.2009 hat das SG den Eilantrag als unzulässig abgelehnt. Soweit der Bescheid vom 07.10.2009 Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten ausdrücklich von der mit Bescheid vom 11.07.2007 erteilten Abrechnungsgenehmigung ausnehme, sei die Antragstellerin dadurch nicht beschwert. Denn der Bescheid schränke das zulässige Abrechnungsspektrum der Antragstellerin nicht ein, sondern habe lediglich klarstellende Wirkung. Aufgrund der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu beachtenden Fachgebietsgrenzen gelte die Kinderärzten in der Präambel Nr. 7 zu Kapitel 30.7 EBM-Ä eingeräumte Möglichkeit zur Abrechnung der Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä von vornherein nur für Akupunkturleistungen bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Eine Befugnis zur Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen ergebe sich nicht aus dem Bescheid vom 11.07.2007. Dieser Bescheid enthebe nicht von der Bindung an die Fachgebietsgrenzen. Ebenso wenig würden die Gebietsgrenzen durch die Zusatzweiterbildung ausgedehnt. Schließlich werde auch nicht geschütztes Vertrauen verletzt. Ein irrtümliches Missverständnis der Präambel Nr. 7 zu Kapitel 30.7 EBM-Ä erzeuge kein schützenswertes Vertrauen. Auf die Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin könne die Antragstellerin nicht vertrauen, seitdem sie auf deren Änderung hingewiesen worden sei. Zudem habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin ausreichend Zeit eingeräumt, bereits begonnene Akupunkturserien abzuschließen. Der Antragstellerin bleibe es unbenommen, Akupunkturleistungen bei minderjährigen Patienten zu erbringen, selbst wenn hierfür nur wenige Fälle in Betracht kommen sollten. Klammere die Abgrenzung des Fachgebiets Leistungen bei Erwachsenen aus dem abrechenbaren Leistungsumfang der Kinder- und Jugendmediziner aus, könne kein Dispens im Wege einer Abrechnungsgenehmigung erteilt werden.
Mit ihrer am 22.01.2010 eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Ihr sei am 11.07.2007 eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ohne Befristung und ohne weitere Einschränkungen erteilt worden. Insbesondere finde sich dort keinerlei Hinweis darauf, dass sich die Genehmigung nur auf die Fachgebietsgrenzen beziehe. Durch die seit dem 11.07.2007 erfolgte Vergütung der erbrachten und abgerechneten Akupunkturleistungen sei zudem ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Sie erfülle nach wie vor sämtliche Voraussetzungen zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Abrechnung von Akupunkturleistungen sei für Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin ausdrücklich zugelassen. Die Argumentation zur Fachfremdheit gehe an der Sache vorbei. Im Übrigen möge begründet werden, wie für Fachärzte für Chirurgie, Neurologie, Nervenheilkunde oder Anästhesiologie die Erbringung von Akupunkturleistungen bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder Kniegelenke mit dem jeweiligen Fachgebiet zu vereinbaren sei. Durch die Entscheidung der Antragsgegnerin werde sie – die Antragstellerin – in ihrer Berufsfreiheit unzulässig eingeschränkt. Darüber hinaus werde sie diskriminiert, was auch mit europarechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren sei.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 festzustellen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weiter hilfsweise den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 vorläufig aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen
Die Antragstellerin sei als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowohl berufs- als auch vertragsarztrechtlich gehindert, Akupunkturleistungen bei Erwachsenen zu erbringen. Der Bescheid vom 07.10.2009 habe mithin nur klarstellende Funktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG ihren Eilantrag abgelehnt. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel – die vorläufige Berechtigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä bei volljährigen Patienten – weder über die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 erlangen (1.) noch über eine mit ihrem zweiten Hilfsantrag sinngemäß begehrte einstweilige Anordnung (2.).
1. Der auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 gerichtete Hauptantrag und der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs gerichtete erste Hilfsantrag haben keinen Erfolg. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht erreichen, weil ihr mit dem Schreiben vom 07.10.2009 weder eine aufgrund einer Rechtsnorm noch eine aufgrund eines Vollzugsakts der Verwaltung bestehende Berechtigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen entzogen worden ist.
Nach § 86a Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die grundsätzlich jedem Widerspruch und jeder Anfechtungsklage zukommende aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 86a Abs. 2 SGG unter Umständen entfallen. Für diesen Fall ermöglicht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht. In entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist auch die gerichtliche Feststellung des Bestehens der aufschiebenden Wirkung möglich (siehe nur Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Rn. 178).
Vorläufiger Rechtsschutz nach § 86a Abs. 1 SGG kommt nur in Anfechtungssachen in Betracht, d.h. in Verfahren, in denen es um die Verhinderung der Vollziehung eines belastenden Verwaltungsakts geht. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Selbst wenn es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 überhaupt um einen Verwaltungsakt handeln sollte (a), entzieht er der Antragstellerin nicht eine vorher bestehende Berechtigung (b), sondern stellt allenfalls die Rechtslage fest (c), was ebenso wenig zu einer reinen Anfechtungssituation führte, wie wenn das Schreiben allein der Beseitigung schutzwürdigen Vertrauens diente (d).
a) Es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob das Schreiben vom 07.10.2009 eine Regelung enthält, wie sie nach § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Wesensmerkmal eines Verwaltungsakts ist. Die Antragsgegnerin hat mit diesem Schreiben die Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2007 nicht ganz oder teilweise aufgehoben und auch keine andere, die Rechtslage gestaltende Erklärung abgegeben. In dem Schreiben vom 07.10.2009 heißt es vielmehr: Der Vorstand der Antragsgegnerin habe am 15.07.2009 einen Beschluss gefasst, wonach Akupunkturleistungen bei Volljährigen durch Kinder- und Jugendärzte ab dem 01.01.2010 nicht mehr berechnungsfähig seien; eine entsprechende Veröffentlichung sei in den Abrechnungshinweisen der Antragsgegnerin erfolgt; mit diesem Vorstandsbeschluss werde die Abrechnungsgenehmigung der Antragstellerin "per se" eingeschränkt. Dass das Schreiben vom 07.10.2009 nicht selbst der Gestaltung der Rechtslage dient, kommt auch in dem nachfolgenden Satz zum Ausdruck, der mit den Worten beginnt: "Wir möchten diese Information dazu nutzen, Sie nochmals rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass ..." Auf eine rechtsgestaltende Wirkung des Schreibens vom 07.10.2009 könnte allein sein Schlusssatz hindeuten, wonach eine etwa erteilte zeitlich befristete Ausnahmeregelung zur Behandlung volljähriger Patienten ebenfalls ab 01.01.2010 bezogen auf Akupunkturleistungen eingeschränkt werde. Eine derartige Ausnahmeregelung enthielt aber die Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2007 nicht; in dieser Genehmigung fehlen sämtliche Ausführungen zum Alter der Patienten. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin die Behandlung Erwachsener durch eine andernorts erteilte Ausnahmeregelung gestattet worden ist, gibt es nicht.
b) Der Antragstellerin ist mit dem Schreiben vom 07.10.2009 – selbst wenn es einen Verwaltungsakt darstellen sollte – auch nicht sinngemäß die Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen entzogen worden. Denn eine solche Berechtigung hatte weder aufgrund der Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2009 (1) noch auf anderer Grundlage (2) bestanden.
(1) Mit Bescheid vom 11.07.2009 ("Genehmigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung") hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass die Antragstellerin die Qualifikationsvoraussetzungen gemäß Nr. 12 § 2 der Anlage 1 zur Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung erfüllt und damit die Leistungen nach Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä erbringen kann. Dass diese Leistungen auch bei volljährigen Patienten erbracht und abgerechnet werden dürfen, ist in dem Bescheid vom 11.07.2009 nicht ausdrücklich bestimmt. Dies ergibt sich aber auch nicht daraus, dass in diesem Bescheid eine entsprechende Beschränkung nicht enthalten ist. Denn eine derartige Beschränkung war aufgrund der Bindung der Antragstellerin an die Grenzen ihres Fachgebiets entbehrlich.
Die Erteilung von Genehmigungen zur Durchführung und Abrechnung qualifikationsgebundener Leistungen berechtigen den Vertragsarzt nicht dazu, für ihn als fachfremd einzustufende Leistungen zu erbringen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 8 f.; s.a. BSG, Beschluss vom 08.09.2004 - B 6 KA 39/04 B - juris Rn. 8). Dies hat nicht nur zur Folge, dass eine solche Genehmigung mit dem Wechsel des Zulassungsgebiets hinfällig wird. Vielmehr ist dies auch bei der Auslegung einer solchen Genehmigung zu beachten. Ihr kann im Zweifel nicht entnommen werden, dass der Vertragsarzt damit von den Grenzen seines Fachgebiets befreit wird.
Ein Vertragsarzt ist an die Grenzen des Fachgebiets, für das er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, gebunden. Berufsrechtlich normiert § 21 Abs. 1 Satz 2 Sächsisches Heilberufekammergesetz die Verpflichtung derjenigen Ärzte, die – wie die Antragstellerin – eine Gebietsbezeichnung führen, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken. Die Bindung an die Grenzen seines Fachgebietes gilt für den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 12; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 6; Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 8; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21; Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 34 ff.). Die Regelungen des Vertragsarztrechts zur Zulassung, zur Bedarfsplanung und zu Zulassungsbeschränkungen verdeutlichen in ihrer Zusammenschau, dass der Gesetzgeber von einer nach einzelnen ärztlichen Fachgebieten gegliederten ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeht. Dies ergibt sich nunmehr auch ausdrücklich aus dem Auftrag an den Bewertungsausschuss zur Gliederung der in der fachärztlichen Versorgung abrechenbaren Leistungen nach den einzelnen Facharztgruppen (§ 87 Abs. 2a Satz 1 Halbs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]).
Welche ärztlichen Leistungen zu einem bestimmten Fachgebiet gehören oder aber außerhalb dieses Gebiets liegen und deshalb als fachfremd zu behandeln sind, beurteilt sich in erster Linie nach der jeweiligen Gebietsdefinition in der Weiterbildungsordnung (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 12; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 27/03 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 7 Rn. 6; Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 10). Nach Abschnitt B Nr. 13 der Weiterbildungsordnung der Sächsischen Landesärztekammer (WBO) umfasst das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen vom Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen, Neonatologie, Sozialpädiatrie und der Schutzimpfungen. Die Definition des Gebietes enthält eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung, nämlich den Abschluss der somatischen Entwicklung eines Jugendlichen. Diese Entwicklung ist im Regelfall im Laufe des zweiten Lebensjahrzehntes eines Menschen abgeschlossen. Mit den Begriffen Säugling, Kleinkind, Kind und Jugendlicher werden bestimmte Entwicklungsphasen des Menschen beschrieben. Dabei dient der Begriff des Jugendlichen zur Abgrenzung von dem Begriff des Erwachsenen. Daher enden die so umschriebenen Altersstufen im Allgemeinen mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Folglich ist die regelmäßige und damit systematische Behandlung von Erwachsenen durch Kinder- und Jugendmediziner aufgrund der Grenzen ihres Fachgebietes nicht zulässig (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.2001 - L 5 KA 4347/00 - juris Rn. 21).
Hieran ändert die Berechtigung der Antragstellerin zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur nichts. Für die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen kommt es auf die persönliche Qualifikation des Arztes nicht an. Dem steht die Notwendigkeit einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen entgegen. Deshalb ist aus vertragsarztrechtlicher Sicht die berufsrechtliche Berechtigung zur Führung einer Zusatzbezeichnung für die Fachgebietskonformität oder Fachfremdheit einer Leistung ohne Belang (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 16; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 27/03 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 7 Rn. 11; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 295 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21). Nichts anderes gilt im Berufsrecht. Dort bestimmt § 2 Abs. 4 Satz 4 WBO, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch Zusatz-Weiterbildungen nicht erweitert werden.
Vor diesem Hintergrund kann aus dem Bescheid vom 11.07.2009 nicht die Berechtigung der Antragstellerin zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten abgeleitet werden.
(2) Eine solche Berechtigung ergibt sich auch nicht aus Nr. 4 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä. Danach sind die Akupunktur-Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä nur von • Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Innere und Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, • Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin, • Fachärzten für Kinderchirurgie, • Fachärzten für Innere Medizin, • Fachärzten für Chirurgie, • Fachärzten für Orthopädie bzw. Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie, • Fachärzten für Neurologie, Fachärzten für Nervenheilkunde sowie Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, • Fachärzten für Neurochirurgie, • Fachärzten für Anästhesiologie, • Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit einer Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur nach § 135 Abs. 2 SGB V berechnungsfähig.
In dieser Vereinbarung ist bestimmt, dass die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung durch die daran teilnehmenden Ärzte erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KÄV zulässig ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur). Genehmigungsvoraussetzung ist die fachliche Befähigung, die als nachgewiesen gilt, wenn folgende Anforderungen erfüllt und durch Zeugnisse und Bescheinigungen nachgewiesen werden (§ 3 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur; wortgleich mit Anlage I § 2 Abs. 1 Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung): 1. Kenntnisse der allgemeinen Grundlagen der Akupunktur, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Zusatz-Weiterbildung "Akupunktur" gemäß den Vorgaben im Abschnitt C: Zusatz-Weiterbildungen der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom Mai 2005 beziehungsweise Nachweis einer in Struktur und zeitlichem Umfang der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gleichwertigen Qualifikation in den Bundesländern, in denen dieser Teil der (Muster-) Weiterbildungsordnung nicht umgesetzt ist, und 2. Kenntnisse in der psychosomatischen Grundversorgung, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildung gemäß den Vorgaben des Curriculums Psychosomatische Grundversorgung der Bundesärztekammer (80 Stunden-Curriculum "Kern-[Basis] Veranstaltung") und 3. Teilnahme an einem von der Ärztekammer anerkannten interdisziplinären Kurs über Schmerztherapie von 80 Stunden Dauer.
Aus Nr. 7 (ursprünglich Nr. 4) der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä folgt nicht, dass alle darin genannten Arztgruppen ohne Beachtung der Grenzen ihres Fachgebietes Akupunkturleistungen erbringen dürften. Dem steht bereits die Regelungsgeschichte entgegen. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss 2006 beschlossen hatte, die Akupunktur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und bei chronischen Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (Anlage I Nr. 12 Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) aufzunehmen (Bundesanzeiger Nr. 214 vom 14.11.2006, S. 6952), führte der Bewertungsausschuss zum 01.01.2007 für die Vergütung von Akupunkturleistungen die Nrn. 30790 und 30791 in den EBM-Ä ein (Deutsches Ärzteblatt [DÄ] 2006, A-3141 f.). Die Präambel zum Kapitel 30.7 EBM-Ä (Schmerztherapie) blieb dabei unverändert. In diese Präambel wurde erst zum 01.07.2007 die bereits erwähnte Nr. 4 (jetzt Nr. 7) eingefügt (DÄ 2007, A-900). Damit wurde nicht nur klargestellt, dass die Akupunkturleistungen nicht von allen Facharztgruppen erbracht werden können, sondern auch, dass es sich bei ihnen nicht um fachübergreifende Leistungen handelt, die unabhängig vom Fachgebiet nur beim Vorliegen der entsprechenden Zusatzqualifikation erbracht werden dürfen. Der EBM-Ä ordnet die Akupunktur zwar den arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen zu, verfolgt aber keinen ganzheitlichen Ansatz, sondern beschränkt aufgrund der engen körperbezogenen Indikationsstellung die Erbringung von Akupunkturleistungen auf Arztgruppen, zu deren Fachgebiet die Behandlung von chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule bzw. eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose gehört. Die diesbezüglich von der Antragstellerin hinsichtlich der in Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä erwähnten Chirurgen, Neurologen, Nervenärzten und Anästhesisten geäußerten Zweifel, vermag der Senat angesichts der Definition dieser Fachgebiete im Weiterbildungsrecht nicht zu folgen.
Zu keinem anderen Ergebnis führt die Bezugnahme in Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä auf die Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur und die darin geregelten Anforderungen an die fachliche Befähigung. Zwar ist in § 3 Nr. 1 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur für alle Facharztgruppen einheitlich eine Zusatz-Weiterbildung "Akupunktur" vorgesehen. Doch bestimmt die dabei in Bezug genommene Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer in § 2 Abs. 4 Satz 4, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch Zusatz-Weiterbildungen nicht erweitert werden.
Befreit mithin Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä nicht die darin genannten Arztgruppen von der Beachtung der Fachgebietsgrenzen, können daraus die Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin auch nicht ihre Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten herleiten.
c) Gestaltet also das Schreiben vom 07.10.2009 die Rechtslage nicht, indem es der Antragstellerin eine vorher bestehende Berechtigung ausdrücklich oder sinngemäß entzieht, könnte es allenfalls dann einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X darstellen, wenn es die Rechtslage verbindlich feststellte. Dem steht freilich die oben (unter 1a) geschilderte Formulierung des Schreibens entgegen. Doch selbst wenn es sich anders verhielte und es sich bei dem Schreiben vom 07.10.2009 um einen feststellenden Verwaltungsakt handelte, könnte die Antragstellerin über dessen bloße Anfechtung ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen. Zwar haben auch bei feststellenden Verwaltungsakten Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies hat zur Folge, dass bei ihnen während des durch die aufschiebende Wirkung bedingten Schwebezustandes keine Folgerungen aus den Feststellungen im angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen. Damit steht aber nicht zugleich eine andere als die in dem Verwaltungsakt ausgesprochene Feststellung – hier die von der Antragstellerin begehrte Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten – fest. Eine verbindliche Feststellung dieser Berechtigung kann die Antragstellerin nicht über eine Anfechtungsklage allein erreichen. Vielmehr müsste sie dazu auch eine Feststellungs- oder eine Verpflichtungsklage erheben. Dabei handelte es sich um eine Vornahmesache, bei der vorläufiger Rechtsschutz nicht bereits über die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage bewirkt würde, sondern erst über eine einstweilige Anordnung des Gerichts der Hauptsache zu erreichen wäre.
d) Zu einer reinen Anfechtungssituation führt schließlich auch nicht die rechtliche Bedeutung, die dem Schreiben vom 07.10.2009 allenfalls zuzusprechen ist: die Beseitigung von Vertrauensschutz. Hat nämlich eine KÄV für einen längeren Zeitraum die systematisch fachfremde Tätigkeit eines Vertragsarztes wissentlich geduldet, kann dadurch ein Vertrauen darin begründet worden sein, die entsprechenden Leistungen solange erbringen und abrechnen zu dürfen, bis die KÄV den Vertragsarzt darauf hingewiesen hat, dass sie für die Zukunft ihre Verwaltungspraxis ändern wird (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37 ff.; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 296 f. = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21; Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, jeweils Rn. 17; Urteil vom 08.02.2006 - B 6 KA 12/05 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 1 Rn. 16 – siehe aber auch BSG, Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 17, wonach die KÄV durch die bloße Duldung einer objektiv fehlerhaften Abrechnungspraxis keinen Vertrauenstatbestand setzt). Allerdings haben die Hinweise, durch die schutzwürdiges Vertrauen in die vermeintliche Berechtigung, fachfremde Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen, beseitigt werden kann, keinen Regelungscharakter im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Vielmehr kann ihr Rechtscharakter kein anderer sein als derjenige des Tatbestandes, der den Vertrauensschutz begründet hat. Wie die Verwaltung durch rein tatsächliches Verhalten einen Vertrauenstatbestand setzen und damit rechtliche Wirkungen hervorrufen kann, kann sie diesen Tatbestand auch wieder durch einen Realakt zerstören und damit die rechtlichen Wirkungen beseitigen, die sie mit ihrem Realhandeln bewirkt hat.
2. Der sinngemäß auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete zweite Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar kann die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel – vorläufige Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen – nur über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erreichen. Doch liegen – ungeachtet dessen, dass die Antragstellerin dieses Ziel mit einer Anordnung des von ihr formulierten Inhalts nicht erreichen kann – die Voraussetzungen dafür nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Antragstellerin ihr Begehren auf keinen Anordnungsanspruch stützen, da sie offensichtlich nicht zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen berechtigt ist. Wie bereits ausgeführt wurde, ergibt sich eine solche Berechtigung weder aus der Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2009 noch aus der Anerkennung zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur oder aus Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä (s.o. 1b). Vielmehr ist die Antragstellerin als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin an die Grenzen ihres Fachgebiets gebunden, das sich regelmäßig auf die Behandlung von Patienten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beschränkt (s.o. 1b).
Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die Bewertung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen als für einen Kinder- und Jugendmediziner fachfremd und die Versagung einer fachgebietsübergreifenden Behandlung ist mit dem Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar. Hierin liegt lediglich eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung. Sie betrifft nur Leistungen, die nicht in den Kernbereich dieses Fachgebiets fallen und die weder wesentlich noch prägend für dieses Fachgebiet sind (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 14). Zudem stellen das Ziel einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen sowie das mit der vertragsärztlichen Bedarfsplanung verfolgte Ziel der Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung hinreichende Gemeinwohlbelange dar, die den mit der Fachgebietsabgrenzung verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr. 2 Rn. 26).
Soweit die Antragstellerin eine Diskriminierung rügt, die auch mit europarechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren sei, vermag der Senat nicht zu erkennen, worin dieser pauschal behauptete Verstoß bestehen soll.
Schließlich folgt ein Anordnungsanspruch auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst dem betroffenen Vertragsarzt kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37). Etwas anderes kann sich aus Gründen des Vertrauensschutzes nur dann ergeben, wenn eine KÄV für einen längeren Zeitraum die systematisch fachfremde Tätigkeit eines Vertragsarztes wissentlich geduldet hat. Ein solcher Vertrauenstatbestand kann aber durch den Hinweis der KÄV beseitigt werden, dass sie für die Zukunft ihre Verwaltungspraxis ändern wird (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37). Dies ist hier durch das Schreiben vom 07.10.2009 mit einer ausreichend langen Auslauffrist geschehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht den von der Antragstellerin geschätzten Honorareinnahmen aus den streitigen Leistungen für die Dauer eines Jahres, womit es einerseits dem grundsätzlich dreijährigen Bemessungszeitraum (vgl. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG) und andererseits der Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes Rechnung trägt.
Diese Entscheidungen sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
II. Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.778,10 EUR festgesetzt.
Gründe:
I
Die Antragstellerin nimmt als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 15.11.2006 erwarb sie die Anerkennung zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur. Mit Bescheid vom 11.07.2007 erteilte ihr die Antragsgegnerin im Anschluss an die bis zum 31.12.2007 befristete Genehmigung ab 01.01.2008 die unbefristete Genehmigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).
Der Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.10.2009 mit, ihr Vorstand habe am 15.07.2009 beschlossen, dass Akupunkturleistungen durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin bei Patienten, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, ab dem 01.01.2010 nicht mehr berechnungsfähig seien, da es sich hierbei um fachfremde Leistungen handele. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolge in den Abrechnungshinweisen. Mit diesem Vorstandsbeschluss werde die Abrechnungsgenehmigung "per se" eingeschränkt. Bereits begonnene Akupunkturserien seien bis Ende 2009 abzuschließen. Sofern eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung zur Behandlung von Patienten nach Vollendung des 18. Lebensjahres erteilt worden sei, werde diese ab 01.01.2010 ebenfalls eingeschränkt.
Gegen dieses Schreiben legte die Antragstellerin am 26.10.2010 Widerspruch ein. Weder ihre Weiterbildung in der Akupunktur noch ihre dort erworbene Zusatzbezeichnung hätten sich auf das Fachgebiet der Kinder- und Jugendmedizin beschränkt. Nicht nachvollziehbar sei, dass Ärzte anderer Fachgruppen, z. B. HNO-Heilkunde, Augenheilkunde, Dermatologie, ihre Abrechnungsgenehmigung behalten sollten, obwohl chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule bzw. Gonarthrose nicht näher an deren Fachgebiet angesiedelt seien als in der Kinder- und Jugendmedizin.
Am 21.12.2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dresden (SG) die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, hilfsweise die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, weiter hilfsweise die vorläufige Aufhebung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 beantragt. Durch diesen Bescheid werde ihr die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten entzogen. Die Einschränkung des Genehmigungsbescheides vom 11.07.2007 sei rechtswidrig. Sie erfülle sämtliche Voraussetzungen zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Abrechnung von Akupunkturleistungen sei auch für Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin zugelassen. Darüber hinaus genieße sie nach erteilter Genehmigung und beanstandungsfreier Abrechnung seit dem 11.07.2007 Vertrauensschutz. Mit der Einschränkung gingen erhebliche finanzielle Einbußen einher.
Mit Beschluss vom 22.12.2009 hat das SG den Eilantrag als unzulässig abgelehnt. Soweit der Bescheid vom 07.10.2009 Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten ausdrücklich von der mit Bescheid vom 11.07.2007 erteilten Abrechnungsgenehmigung ausnehme, sei die Antragstellerin dadurch nicht beschwert. Denn der Bescheid schränke das zulässige Abrechnungsspektrum der Antragstellerin nicht ein, sondern habe lediglich klarstellende Wirkung. Aufgrund der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu beachtenden Fachgebietsgrenzen gelte die Kinderärzten in der Präambel Nr. 7 zu Kapitel 30.7 EBM-Ä eingeräumte Möglichkeit zur Abrechnung der Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä von vornherein nur für Akupunkturleistungen bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Eine Befugnis zur Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen ergebe sich nicht aus dem Bescheid vom 11.07.2007. Dieser Bescheid enthebe nicht von der Bindung an die Fachgebietsgrenzen. Ebenso wenig würden die Gebietsgrenzen durch die Zusatzweiterbildung ausgedehnt. Schließlich werde auch nicht geschütztes Vertrauen verletzt. Ein irrtümliches Missverständnis der Präambel Nr. 7 zu Kapitel 30.7 EBM-Ä erzeuge kein schützenswertes Vertrauen. Auf die Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin könne die Antragstellerin nicht vertrauen, seitdem sie auf deren Änderung hingewiesen worden sei. Zudem habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin ausreichend Zeit eingeräumt, bereits begonnene Akupunkturserien abzuschließen. Der Antragstellerin bleibe es unbenommen, Akupunkturleistungen bei minderjährigen Patienten zu erbringen, selbst wenn hierfür nur wenige Fälle in Betracht kommen sollten. Klammere die Abgrenzung des Fachgebiets Leistungen bei Erwachsenen aus dem abrechenbaren Leistungsumfang der Kinder- und Jugendmediziner aus, könne kein Dispens im Wege einer Abrechnungsgenehmigung erteilt werden.
Mit ihrer am 22.01.2010 eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Ihr sei am 11.07.2007 eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ohne Befristung und ohne weitere Einschränkungen erteilt worden. Insbesondere finde sich dort keinerlei Hinweis darauf, dass sich die Genehmigung nur auf die Fachgebietsgrenzen beziehe. Durch die seit dem 11.07.2007 erfolgte Vergütung der erbrachten und abgerechneten Akupunkturleistungen sei zudem ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Sie erfülle nach wie vor sämtliche Voraussetzungen zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Abrechnung von Akupunkturleistungen sei für Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin ausdrücklich zugelassen. Die Argumentation zur Fachfremdheit gehe an der Sache vorbei. Im Übrigen möge begründet werden, wie für Fachärzte für Chirurgie, Neurologie, Nervenheilkunde oder Anästhesiologie die Erbringung von Akupunkturleistungen bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder Kniegelenke mit dem jeweiligen Fachgebiet zu vereinbaren sei. Durch die Entscheidung der Antragsgegnerin werde sie – die Antragstellerin – in ihrer Berufsfreiheit unzulässig eingeschränkt. Darüber hinaus werde sie diskriminiert, was auch mit europarechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren sei.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 festzustellen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weiter hilfsweise den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 vorläufig aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen
Die Antragstellerin sei als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowohl berufs- als auch vertragsarztrechtlich gehindert, Akupunkturleistungen bei Erwachsenen zu erbringen. Der Bescheid vom 07.10.2009 habe mithin nur klarstellende Funktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG ihren Eilantrag abgelehnt. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel – die vorläufige Berechtigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä bei volljährigen Patienten – weder über die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 erlangen (1.) noch über eine mit ihrem zweiten Hilfsantrag sinngemäß begehrte einstweilige Anordnung (2.).
1. Der auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 gerichtete Hauptantrag und der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs gerichtete erste Hilfsantrag haben keinen Erfolg. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht erreichen, weil ihr mit dem Schreiben vom 07.10.2009 weder eine aufgrund einer Rechtsnorm noch eine aufgrund eines Vollzugsakts der Verwaltung bestehende Berechtigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen entzogen worden ist.
Nach § 86a Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die grundsätzlich jedem Widerspruch und jeder Anfechtungsklage zukommende aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 86a Abs. 2 SGG unter Umständen entfallen. Für diesen Fall ermöglicht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht. In entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist auch die gerichtliche Feststellung des Bestehens der aufschiebenden Wirkung möglich (siehe nur Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Rn. 178).
Vorläufiger Rechtsschutz nach § 86a Abs. 1 SGG kommt nur in Anfechtungssachen in Betracht, d.h. in Verfahren, in denen es um die Verhinderung der Vollziehung eines belastenden Verwaltungsakts geht. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Selbst wenn es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.10.2009 überhaupt um einen Verwaltungsakt handeln sollte (a), entzieht er der Antragstellerin nicht eine vorher bestehende Berechtigung (b), sondern stellt allenfalls die Rechtslage fest (c), was ebenso wenig zu einer reinen Anfechtungssituation führte, wie wenn das Schreiben allein der Beseitigung schutzwürdigen Vertrauens diente (d).
a) Es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob das Schreiben vom 07.10.2009 eine Regelung enthält, wie sie nach § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Wesensmerkmal eines Verwaltungsakts ist. Die Antragsgegnerin hat mit diesem Schreiben die Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2007 nicht ganz oder teilweise aufgehoben und auch keine andere, die Rechtslage gestaltende Erklärung abgegeben. In dem Schreiben vom 07.10.2009 heißt es vielmehr: Der Vorstand der Antragsgegnerin habe am 15.07.2009 einen Beschluss gefasst, wonach Akupunkturleistungen bei Volljährigen durch Kinder- und Jugendärzte ab dem 01.01.2010 nicht mehr berechnungsfähig seien; eine entsprechende Veröffentlichung sei in den Abrechnungshinweisen der Antragsgegnerin erfolgt; mit diesem Vorstandsbeschluss werde die Abrechnungsgenehmigung der Antragstellerin "per se" eingeschränkt. Dass das Schreiben vom 07.10.2009 nicht selbst der Gestaltung der Rechtslage dient, kommt auch in dem nachfolgenden Satz zum Ausdruck, der mit den Worten beginnt: "Wir möchten diese Information dazu nutzen, Sie nochmals rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass ..." Auf eine rechtsgestaltende Wirkung des Schreibens vom 07.10.2009 könnte allein sein Schlusssatz hindeuten, wonach eine etwa erteilte zeitlich befristete Ausnahmeregelung zur Behandlung volljähriger Patienten ebenfalls ab 01.01.2010 bezogen auf Akupunkturleistungen eingeschränkt werde. Eine derartige Ausnahmeregelung enthielt aber die Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2007 nicht; in dieser Genehmigung fehlen sämtliche Ausführungen zum Alter der Patienten. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragstellerin die Behandlung Erwachsener durch eine andernorts erteilte Ausnahmeregelung gestattet worden ist, gibt es nicht.
b) Der Antragstellerin ist mit dem Schreiben vom 07.10.2009 – selbst wenn es einen Verwaltungsakt darstellen sollte – auch nicht sinngemäß die Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen entzogen worden. Denn eine solche Berechtigung hatte weder aufgrund der Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2009 (1) noch auf anderer Grundlage (2) bestanden.
(1) Mit Bescheid vom 11.07.2009 ("Genehmigung zur Abrechnung von Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung") hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass die Antragstellerin die Qualifikationsvoraussetzungen gemäß Nr. 12 § 2 der Anlage 1 zur Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung erfüllt und damit die Leistungen nach Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä erbringen kann. Dass diese Leistungen auch bei volljährigen Patienten erbracht und abgerechnet werden dürfen, ist in dem Bescheid vom 11.07.2009 nicht ausdrücklich bestimmt. Dies ergibt sich aber auch nicht daraus, dass in diesem Bescheid eine entsprechende Beschränkung nicht enthalten ist. Denn eine derartige Beschränkung war aufgrund der Bindung der Antragstellerin an die Grenzen ihres Fachgebiets entbehrlich.
Die Erteilung von Genehmigungen zur Durchführung und Abrechnung qualifikationsgebundener Leistungen berechtigen den Vertragsarzt nicht dazu, für ihn als fachfremd einzustufende Leistungen zu erbringen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 8 f.; s.a. BSG, Beschluss vom 08.09.2004 - B 6 KA 39/04 B - juris Rn. 8). Dies hat nicht nur zur Folge, dass eine solche Genehmigung mit dem Wechsel des Zulassungsgebiets hinfällig wird. Vielmehr ist dies auch bei der Auslegung einer solchen Genehmigung zu beachten. Ihr kann im Zweifel nicht entnommen werden, dass der Vertragsarzt damit von den Grenzen seines Fachgebiets befreit wird.
Ein Vertragsarzt ist an die Grenzen des Fachgebiets, für das er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, gebunden. Berufsrechtlich normiert § 21 Abs. 1 Satz 2 Sächsisches Heilberufekammergesetz die Verpflichtung derjenigen Ärzte, die – wie die Antragstellerin – eine Gebietsbezeichnung führen, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken. Die Bindung an die Grenzen seines Fachgebietes gilt für den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 12; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 6; Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 8; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21; Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 34 ff.). Die Regelungen des Vertragsarztrechts zur Zulassung, zur Bedarfsplanung und zu Zulassungsbeschränkungen verdeutlichen in ihrer Zusammenschau, dass der Gesetzgeber von einer nach einzelnen ärztlichen Fachgebieten gegliederten ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeht. Dies ergibt sich nunmehr auch ausdrücklich aus dem Auftrag an den Bewertungsausschuss zur Gliederung der in der fachärztlichen Versorgung abrechenbaren Leistungen nach den einzelnen Facharztgruppen (§ 87 Abs. 2a Satz 1 Halbs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]).
Welche ärztlichen Leistungen zu einem bestimmten Fachgebiet gehören oder aber außerhalb dieses Gebiets liegen und deshalb als fachfremd zu behandeln sind, beurteilt sich in erster Linie nach der jeweiligen Gebietsdefinition in der Weiterbildungsordnung (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 12; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 27/03 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 7 Rn. 6; Urteil vom 02.04.2003 - B 6 KA 30/02 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 10). Nach Abschnitt B Nr. 13 der Weiterbildungsordnung der Sächsischen Landesärztekammer (WBO) umfasst das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen vom Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen, Neonatologie, Sozialpädiatrie und der Schutzimpfungen. Die Definition des Gebietes enthält eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung, nämlich den Abschluss der somatischen Entwicklung eines Jugendlichen. Diese Entwicklung ist im Regelfall im Laufe des zweiten Lebensjahrzehntes eines Menschen abgeschlossen. Mit den Begriffen Säugling, Kleinkind, Kind und Jugendlicher werden bestimmte Entwicklungsphasen des Menschen beschrieben. Dabei dient der Begriff des Jugendlichen zur Abgrenzung von dem Begriff des Erwachsenen. Daher enden die so umschriebenen Altersstufen im Allgemeinen mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Folglich ist die regelmäßige und damit systematische Behandlung von Erwachsenen durch Kinder- und Jugendmediziner aufgrund der Grenzen ihres Fachgebietes nicht zulässig (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.2001 - L 5 KA 4347/00 - juris Rn. 21).
Hieran ändert die Berechtigung der Antragstellerin zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur nichts. Für die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen kommt es auf die persönliche Qualifikation des Arztes nicht an. Dem steht die Notwendigkeit einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen entgegen. Deshalb ist aus vertragsarztrechtlicher Sicht die berufsrechtliche Berechtigung zur Führung einer Zusatzbezeichnung für die Fachgebietskonformität oder Fachfremdheit einer Leistung ohne Belang (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 75/04 R - juris Rn. 16; Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 27/03 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 7 Rn. 11; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 295 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21). Nichts anderes gilt im Berufsrecht. Dort bestimmt § 2 Abs. 4 Satz 4 WBO, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch Zusatz-Weiterbildungen nicht erweitert werden.
Vor diesem Hintergrund kann aus dem Bescheid vom 11.07.2009 nicht die Berechtigung der Antragstellerin zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten abgeleitet werden.
(2) Eine solche Berechtigung ergibt sich auch nicht aus Nr. 4 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä. Danach sind die Akupunktur-Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä nur von • Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Innere und Allgemeinmedizin, Praktischen Ärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, • Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin, • Fachärzten für Kinderchirurgie, • Fachärzten für Innere Medizin, • Fachärzten für Chirurgie, • Fachärzten für Orthopädie bzw. Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie, • Fachärzten für Neurologie, Fachärzten für Nervenheilkunde sowie Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, • Fachärzten für Neurochirurgie, • Fachärzten für Anästhesiologie, • Fachärzten für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit einer Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur nach § 135 Abs. 2 SGB V berechnungsfähig.
In dieser Vereinbarung ist bestimmt, dass die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung durch die daran teilnehmenden Ärzte erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KÄV zulässig ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur). Genehmigungsvoraussetzung ist die fachliche Befähigung, die als nachgewiesen gilt, wenn folgende Anforderungen erfüllt und durch Zeugnisse und Bescheinigungen nachgewiesen werden (§ 3 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur; wortgleich mit Anlage I § 2 Abs. 1 Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung): 1. Kenntnisse der allgemeinen Grundlagen der Akupunktur, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Zusatz-Weiterbildung "Akupunktur" gemäß den Vorgaben im Abschnitt C: Zusatz-Weiterbildungen der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom Mai 2005 beziehungsweise Nachweis einer in Struktur und zeitlichem Umfang der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gleichwertigen Qualifikation in den Bundesländern, in denen dieser Teil der (Muster-) Weiterbildungsordnung nicht umgesetzt ist, und 2. Kenntnisse in der psychosomatischen Grundversorgung, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildung gemäß den Vorgaben des Curriculums Psychosomatische Grundversorgung der Bundesärztekammer (80 Stunden-Curriculum "Kern-[Basis] Veranstaltung") und 3. Teilnahme an einem von der Ärztekammer anerkannten interdisziplinären Kurs über Schmerztherapie von 80 Stunden Dauer.
Aus Nr. 7 (ursprünglich Nr. 4) der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä folgt nicht, dass alle darin genannten Arztgruppen ohne Beachtung der Grenzen ihres Fachgebietes Akupunkturleistungen erbringen dürften. Dem steht bereits die Regelungsgeschichte entgegen. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss 2006 beschlossen hatte, die Akupunktur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und bei chronischen Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (Anlage I Nr. 12 Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) aufzunehmen (Bundesanzeiger Nr. 214 vom 14.11.2006, S. 6952), führte der Bewertungsausschuss zum 01.01.2007 für die Vergütung von Akupunkturleistungen die Nrn. 30790 und 30791 in den EBM-Ä ein (Deutsches Ärzteblatt [DÄ] 2006, A-3141 f.). Die Präambel zum Kapitel 30.7 EBM-Ä (Schmerztherapie) blieb dabei unverändert. In diese Präambel wurde erst zum 01.07.2007 die bereits erwähnte Nr. 4 (jetzt Nr. 7) eingefügt (DÄ 2007, A-900). Damit wurde nicht nur klargestellt, dass die Akupunkturleistungen nicht von allen Facharztgruppen erbracht werden können, sondern auch, dass es sich bei ihnen nicht um fachübergreifende Leistungen handelt, die unabhängig vom Fachgebiet nur beim Vorliegen der entsprechenden Zusatzqualifikation erbracht werden dürfen. Der EBM-Ä ordnet die Akupunktur zwar den arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen zu, verfolgt aber keinen ganzheitlichen Ansatz, sondern beschränkt aufgrund der engen körperbezogenen Indikationsstellung die Erbringung von Akupunkturleistungen auf Arztgruppen, zu deren Fachgebiet die Behandlung von chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule bzw. eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose gehört. Die diesbezüglich von der Antragstellerin hinsichtlich der in Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä erwähnten Chirurgen, Neurologen, Nervenärzten und Anästhesisten geäußerten Zweifel, vermag der Senat angesichts der Definition dieser Fachgebiete im Weiterbildungsrecht nicht zu folgen.
Zu keinem anderen Ergebnis führt die Bezugnahme in Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä auf die Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur und die darin geregelten Anforderungen an die fachliche Befähigung. Zwar ist in § 3 Nr. 1 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur für alle Facharztgruppen einheitlich eine Zusatz-Weiterbildung "Akupunktur" vorgesehen. Doch bestimmt die dabei in Bezug genommene Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer in § 2 Abs. 4 Satz 4, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch Zusatz-Weiterbildungen nicht erweitert werden.
Befreit mithin Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä nicht die darin genannten Arztgruppen von der Beachtung der Fachgebietsgrenzen, können daraus die Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin auch nicht ihre Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten herleiten.
c) Gestaltet also das Schreiben vom 07.10.2009 die Rechtslage nicht, indem es der Antragstellerin eine vorher bestehende Berechtigung ausdrücklich oder sinngemäß entzieht, könnte es allenfalls dann einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X darstellen, wenn es die Rechtslage verbindlich feststellte. Dem steht freilich die oben (unter 1a) geschilderte Formulierung des Schreibens entgegen. Doch selbst wenn es sich anders verhielte und es sich bei dem Schreiben vom 07.10.2009 um einen feststellenden Verwaltungsakt handelte, könnte die Antragstellerin über dessen bloße Anfechtung ihr Rechtsschutzziel nicht erreichen. Zwar haben auch bei feststellenden Verwaltungsakten Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies hat zur Folge, dass bei ihnen während des durch die aufschiebende Wirkung bedingten Schwebezustandes keine Folgerungen aus den Feststellungen im angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen. Damit steht aber nicht zugleich eine andere als die in dem Verwaltungsakt ausgesprochene Feststellung – hier die von der Antragstellerin begehrte Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei volljährigen Patienten – fest. Eine verbindliche Feststellung dieser Berechtigung kann die Antragstellerin nicht über eine Anfechtungsklage allein erreichen. Vielmehr müsste sie dazu auch eine Feststellungs- oder eine Verpflichtungsklage erheben. Dabei handelte es sich um eine Vornahmesache, bei der vorläufiger Rechtsschutz nicht bereits über die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage bewirkt würde, sondern erst über eine einstweilige Anordnung des Gerichts der Hauptsache zu erreichen wäre.
d) Zu einer reinen Anfechtungssituation führt schließlich auch nicht die rechtliche Bedeutung, die dem Schreiben vom 07.10.2009 allenfalls zuzusprechen ist: die Beseitigung von Vertrauensschutz. Hat nämlich eine KÄV für einen längeren Zeitraum die systematisch fachfremde Tätigkeit eines Vertragsarztes wissentlich geduldet, kann dadurch ein Vertrauen darin begründet worden sein, die entsprechenden Leistungen solange erbringen und abrechnen zu dürfen, bis die KÄV den Vertragsarzt darauf hingewiesen hat, dass sie für die Zukunft ihre Verwaltungspraxis ändern wird (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37 ff.; Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 38/98 R - BSGE 84, 290, 296 f. = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21; Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, jeweils Rn. 17; Urteil vom 08.02.2006 - B 6 KA 12/05 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 1 Rn. 16 – siehe aber auch BSG, Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 17, wonach die KÄV durch die bloße Duldung einer objektiv fehlerhaften Abrechnungspraxis keinen Vertrauenstatbestand setzt). Allerdings haben die Hinweise, durch die schutzwürdiges Vertrauen in die vermeintliche Berechtigung, fachfremde Leistungen erbringen und abrechnen zu dürfen, beseitigt werden kann, keinen Regelungscharakter im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Vielmehr kann ihr Rechtscharakter kein anderer sein als derjenige des Tatbestandes, der den Vertrauensschutz begründet hat. Wie die Verwaltung durch rein tatsächliches Verhalten einen Vertrauenstatbestand setzen und damit rechtliche Wirkungen hervorrufen kann, kann sie diesen Tatbestand auch wieder durch einen Realakt zerstören und damit die rechtlichen Wirkungen beseitigen, die sie mit ihrem Realhandeln bewirkt hat.
2. Der sinngemäß auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete zweite Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar kann die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel – vorläufige Berechtigung zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen – nur über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erreichen. Doch liegen – ungeachtet dessen, dass die Antragstellerin dieses Ziel mit einer Anordnung des von ihr formulierten Inhalts nicht erreichen kann – die Voraussetzungen dafür nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Antragstellerin ihr Begehren auf keinen Anordnungsanspruch stützen, da sie offensichtlich nicht zur Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen bei Volljährigen berechtigt ist. Wie bereits ausgeführt wurde, ergibt sich eine solche Berechtigung weder aus der Abrechnungsgenehmigung vom 11.07.2009 noch aus der Anerkennung zum Führen der Zusatzbezeichnung Akupunktur oder aus Nr. 7 der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM-Ä (s.o. 1b). Vielmehr ist die Antragstellerin als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin an die Grenzen ihres Fachgebiets gebunden, das sich regelmäßig auf die Behandlung von Patienten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beschränkt (s.o. 1b).
Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die Bewertung von Akupunkturleistungen bei Erwachsenen als für einen Kinder- und Jugendmediziner fachfremd und die Versagung einer fachgebietsübergreifenden Behandlung ist mit dem Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar. Hierin liegt lediglich eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung. Sie betrifft nur Leistungen, die nicht in den Kernbereich dieses Fachgebiets fallen und die weder wesentlich noch prägend für dieses Fachgebiet sind (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 32/03 R - BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 14). Zudem stellen das Ziel einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen sowie das mit der vertragsärztlichen Bedarfsplanung verfolgte Ziel der Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung hinreichende Gemeinwohlbelange dar, die den mit der Fachgebietsabgrenzung verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 - SozR 4-2500 § 135 Nr. 2 Rn. 26).
Soweit die Antragstellerin eine Diskriminierung rügt, die auch mit europarechtlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren sei, vermag der Senat nicht zu erkennen, worin dieser pauschal behauptete Verstoß bestehen soll.
Schließlich folgt ein Anordnungsanspruch auch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten. Aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst dem betroffenen Vertragsarzt kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37). Etwas anderes kann sich aus Gründen des Vertrauensschutzes nur dann ergeben, wenn eine KÄV für einen längeren Zeitraum die systematisch fachfremde Tätigkeit eines Vertragsarztes wissentlich geduldet hat. Ein solcher Vertrauenstatbestand kann aber durch den Hinweis der KÄV beseitigt werden, dass sie für die Zukunft ihre Verwaltungspraxis ändern wird (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 37). Dies ist hier durch das Schreiben vom 07.10.2009 mit einer ausreichend langen Auslauffrist geschehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht den von der Antragstellerin geschätzten Honorareinnahmen aus den streitigen Leistungen für die Dauer eines Jahres, womit es einerseits dem grundsätzlich dreijährigen Bemessungszeitraum (vgl. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG) und andererseits der Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes Rechnung trägt.
Diese Entscheidungen sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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