L 6 VS 907/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VS 4450/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 907/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für eine vorzeitige Reha-Maßnahme sind dringende medizinische Gründe darzulegen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer vorzeitigen stationären Behandlung in einer Kureinrichtung (Badekur) im Rahmen der Soldatenversorgung streitig.

Bei dem 1958 geborenen Kläger sind als Schädigungsfolgen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG)

"1. chronische Kieferhöhlenentzündung beidseits (rechts mehr als links), 2. Fissur des 1. LWK, 3. chronische Lumbago bei medialen Bandscheibenvorfällen auf Höhe LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1, 4. Spannungskopfschmerz im Hinterhaupt-HWS-Bereich, 5. Bewegungs- und Gefühlsstörungen des linken Zeigefingers"

anerkannt und mit einer MdE von unter 25 vom Hundert (v.H.) bewertet (Bescheid vom 10. Oktober 1997). Ziffer 2, 4 und 5 sind durch Wehrdienstbeschädigung hervorgerufen, Ziffer 1 und 3 sind durch Wehrdienstbeschädigung lediglich verschlimmert worden.

Am 23. November 2005 beantragte der Kläger, der zuletzt von 6. November bis 4. Dezember 2002 eine Kurmaßnahme in W. auf Föhr durchgeführt hatte, erneut die Gewährung einer Badekur. Er legte hierzu einen Befundschein des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. R. vor, wonach er im Oktober 2004 wegen einer Pneumonie stationär behandelt worden sei. Derzeit erhalte er keine Medikamente, sowohl Lunge wie auch Herz seien ohne krankhaften Befund. Auf Nachfrage seitens des Beklagten gab Dr. R. an, ambulant seien im Jahr 2005 Fango und Massage durchgeführt worden. Zusätzlich mache der Kläger selbstständig zu Hause Bewegungsübungen und regelmäßige heiße Bäder mit Rheumasanbad sowie Saunaanwendungen. Bezüglich der chronischen Kieferhöhlenentzündung sei eine ambulante Maßnahme nicht erfolgsversprechend. Hier sei ein Reizklima notwendig, wie es zum Beispiel auf der Insel Föhr am besten gegeben sei.

Die Beklagte zog ferner ein chirurgisches Fachgutachten aus dem Schwerbehindertenverfahren S 2 SB 2900/04 von Dr. P. vom 31. Oktober 2005 bei. Dieser beschrieb eine therapieresistente Lumboischialgie mit Nervenwurzelreizung S1 bei kernspintomographisch gesichertem Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1. Die von dem Kläger in Anspruch genommenen Massagen und Fangopackungen stünden nicht mit Wahrscheinlichkeit mit den anerkannten Schädigungsfolgen in Zusammenhang, sodass eine Erstattungspflicht für die aufgetretenen Beschwerden nicht bestehe.

In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 3. Mai 2006 führte der Amtsarzt B. aus, gerade chronische Erkrankungen wie die der Kieferhöhlenentzündung erforderten regelmäßige ärztliche Kontrollen wie kontinuierliche präventive und therapeutische Maßnahmen, sodass die Aussage von Dr. R. nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger habe offensichtlich auch keine hno-ärztliche Untersuchung durchgeführt. Die Anschaffung eines Inhaliergeräts, einer Sauna, eines Wirlpools und eines Infrarotgeräts sage noch nichts darüber aus, ob dies überhaupt für medizinische Anwendungen geeignet seien und wie oft sie angewendet würden. Die Selbstbehandlung ersetze keine spezifische ärztliche Therapie. Eine Selbstmedikation mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten sei bei andauernden starken Schmerzen nicht angezeigt. Das Rheumasan-Moorbad sei keine spezifische Therapieform, sondern diene der allgemeinen Gesunderhaltung. Somit sei die Diagnostik, Therapie, Verordnung oder Überwachung von therapeutischen Maßnahmen nicht durch Ärzte bestätigt und erfolgt. Zusammenfassend könne die Durchführung von ambulanten Behandlungsmaßnahmen der Schädigungsfolgen im Jahre 2005 nicht objektiviert werden. Die vom Kläger beschriebenen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien keine Schädigungsfolgen mehr, was durch das fachchirurgische Gutachten vom 31. Oktober 2005 bestätigt werde. Auch die Beschwerden und Verschlechterungen seitens der Kieferhöhlen- und Stirnhöhlenvereiterungen stünden in keinem kausalen Zusammenhang mit der Schädigung mehr. Mit Bescheid vom 26. Juli 2006 lehnte die Beklagte gestützt hierauf daraufhin den Badekurantrag ab.

Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger eine weitere ärztliche Bescheinigung von Dr. R. vor, der eine neuerliche Rehamaßnahme als äußerst sinnvoll und empfehlenswert erachtete. Der Kläger leide an einer chronischen Kieferhöhlenerkrankung mit rezidivierenden akuten Sinusitiden sowie einer Lumboischialgie bei Prolaps L5/S1 und L4/L5. Die ambulante Therapie sei ausgereizt. Nach bisheriger Erfahrung helfe nur ein Reizklima.

Nachdem Dr. W. in seiner weiteren Stellungnahme vom 2. Oktober 2006 ausführte, dass der schädigungsunabhängige Anteil der Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Kurbehandlungsbedarf im Vordergrund stehe, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2006 den Widerspruch mit der Begründung zurück, sowohl die chronische Kieferhöhlenentzündung als auch die chronische Lumbago seien als Verschlimmerung anerkannt. Das bedeute, dass die schädigungsunabhängigen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und die vereiterten Kiefer- und Stirnhöhlen in keinem Zusammenhang mehr mit wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen stünden. Deswegen könne eine Badekur nicht bewilligt werden.

Mit seiner dagegen am 15. November 2006 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, seit seinem im Jahre 1984 bei der Bundeswehr erlittenen Wirbelbruch leide er unter dessen Folgen. 2002 sei ihm zuletzt eine Rehamaßnahme bewilligt worden. Er leide unter starken Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in den Beinen und sei deswegen in seiner Leistungsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt.

Er hat hierzu das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg vom 9. November 2006 vorgelegt (keine Ausschöpfung der ambulant möglichen Maßnahmen, insbesondere keine suffiziente Schmerztherapie bei persistierend bestehenden Schmerzen).

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört und den Kläger anschließend zweimalig auf eigenes Kostenrisiko auf orthopädischem und hno-ärztlichem Fachgebiet nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.

Der Internist Dr. R., der den Kläger seit 1988 behandelt hat, hat ausgeführt, dass er dem Kläger wegen akuter Kieferhöhlenentzündungen immer wieder Antibiotika verordnet habe, zusätzlich Reumasanbad sowie Solum Badezusatz. Ansonsten führe der Kläger in Eigenregie Inhalationen durch, mache regelmäßige Rheumasan-Bäder und gehe regelmäßig in die eigene Sauna. Hinsichtlich der chronischen Lumbago seien dem Kläger 2006 zweimal jeweils sechs Einheiten Krankengymnastik verordnet worden. In Eigenregie führe er Gesundheitsbäder durch, gehe in ein Thermalbad und benutze den eigenen Whirlpool. Eine Schmerztherapie werde bislang nicht durchgeführt. Er habe lediglich gelegentlich Analgetika verordnet, die der Kläger bei Bedarf einnehme. Der Chirurg Dr. L., der den Kläger seit 1996 wegen der chronischen Lumboischialgie behandelt, hat über die regelmäßige Verordnung von Fango und Massagen berichtet.

Der Chirurg Dr. N. hat in seinem orthopädischen Gutachten vom 9. Februar 2008 ausgeführt, bei dem Unfall vom 19. September 1984 sei eine wie auch immer geartete Prellung im Wirbelsäulenbereich erfolgt. Die damals angefertigten Röntgenaufnahmen widerlegten eine vorhandene wesentliche Funktionsstörung bzw. Symptomatik, da die Reklination und Inklination normal weit gezeigt worden sei, was bei einem akuten oder perakuten lokalen Schmerzsyndrom so nicht wahrscheinlich sei. Gegen die Annahme einer am Unfalltag eingetretenen und dann allenfalls sehr, sehr, sehr geringen Formveränderung des vorderen/oberen WK-Deckplattenanteils von LWK1 spreche die im Verlauf selbst bis 2005 völlig unauffällig zur Darstellung gekommene Bandscheibe BWK12/L1 bei ansonsten in Höhe L4/5-L5/S1 bereits fortgeschrittenen Veränderungen. Der Unfall habe daher zu einer unkomplizierten Rückenprellung geführt, die nach sechs Monaten als ausgeheilt anzusehen sei. Der Kläger habe lediglich vorübergehend mit Gipsanlage ruhiggestellt werden müssen und dies habe möglicherweise vorübergehend eine muskuläre Dekompensationssymptomatik bewirkt. Gegen die vom Kläger geschilderten Schmerzen spreche außerdem, dass er keine Schmerzmittel einnehme, noch bis vor vier Jahren regelmäßig geritten sei und im Winter 2003 eine Flugreise nach Australien unternommen habe, die bei nicht abstellbarer relevanter Wirbelsäulenzwangshaltung im Sitzen nicht vorstellbar sei. Auffällig seien auch die eindeutigen beidhändigen Verarbeitungsspuren mit Schwielenbildungen über dem Mittelhandköpfchen gewesen, die auf einen anhaltenden Gebrauchseinsatz zurückzuführen seien. Die Oberschenkel seien außergewöhnlich gut trainiert, was auf einen anhaltenden entsprechenden Gebrauchseinsatz hinweise. Deswegen könne eine maßgebliche Wirbelsäulen-Funktionslimitierung nicht vorliegen, zumal der Kläger eine athletische Erscheinung zeige, was die vorgetragene Belastungslimitierung und Symptomatik nicht stütze. Es bestehe daher ein Verdacht auf eine Anpassungsstörung und vorgestellte subjektive Symptomatik unter nicht auszuschließendem Hintergrund diverser anhängiger Klagebegehren vor dem Hintergrund mitgeteilter und folgenlos ausgeheilter Rückenprellung 1984 ohne nachgewiesene knöcherne Beteiligung der BWK1 oder anderer Wirbelsäulensegmente. Eine spezifische, auch somatische Belange abzielende Therapieform sei bislang nicht durchgeführt worden, zumal eine Schmerzerkrankung im engeren Sinne auch nicht vorliege. Der Kläger sei auf die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln nicht angewiesen. Für gezielte ambulante Behandlungsansätze gebe es noch intensive Möglichkeiten, wobei eine stationäre Kur angesichts der fortgeschrittenen Veränderungen der unteren LWS-Segmente eher abträglich sei.

Der HNO-Arzt Dr. Sch. hat in seinem Gutachten vom 4. Dezember 2008 ausgeführt, dass eine stationäre Behandlung im Sinne einer Badekur in reizklimatischer Umgebung sinnvoll sei, falls weitere schulmedizinische Maßnahmen, d. h. eine fachärztliche Behandlung beim HNO-Arzt am Wohnort mit lokaler Cortison-Therapie und gegebenenfalls gezielter antibiotischer Behandlung nach Abstrich keinen ausreichenden therapeutischen Erfolg zeigen sollten.

Hierauf unterzog sich der Kläger der von Dr. Sch. angeratenen Behandlung. Daraufhin befragte das SG den Facharzt für HNO Dr. F ... Dieser beschrieb einen Zustand nach Nasenhöhlenoperation beidseits mit diskreter Schleimhautschwellung in den Nebenhöhlen bei behinderter Nasenatmung und Oberkieferschmerzen. Bei der ergänzenden CT-Untersuchung hätten sich freie Stirnhöhlen gezeigt. Seit Januar 2009 sei der Gesundheitszustand gleich geblieben. Er empfehle dringend eine stationäre Behandlung.

Vom 18. August bis 11. September 2009 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der T. Bad K. durch, aus der er als arbeitsunfähig mit den Diagnosen einer chronischen Schmerzkrankheit sowie einem chronischen dysfunktionellen Lumbalsyndrom entlassen wurde.

Der Beklagte legte noch eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vor, wonach sich von Seiten der Nebenhöhlenentzündung kein so ausgeprägter Befund ableiten lasse, dass deswegen eine stationäre Badekurbehandlung als einzige Therapieoption gesehen werden müsse. Überdies sei als Schädigungsfolge allenfalls eine chronische Kieferhöhlenentzündung beidseits anerkannt, nicht aber eine solche aller übrigen Nasennebenhöhlen.

Mit Urteil vom 11. Januar 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 4. Februar 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dringende gesundheitliche Gründe, die eine vorzeitige Gewährung einer Badekur nahelegten, seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe nämlich bereits 2009 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung ein stationäres Rehabilitationsverfahren durchgeführt. Überdies seien die vom Kläger geschilderten Beschwerden überwiegend schädigungsunabhängiger Ursache und stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang zu den im Sinne der nicht richtungsgebenden Verschlimmerung anerkannten Schädigungsfolgen. Hinsichtlich der Kieferhöhlenentzündung seien nämlich keine Beschwerden angegeben worden. Auch die eingeholten Gutachten stützten das Klagebegehren nicht. Denn der Sachverständige Dr. N. habe hinsichtlich der Rückenbeschwerden darauf hingewiesen, dass ambulante und auch stationäre Maßnahmen keinen bleibenden und auch keinen hinlänglich anhaltenden Therapieerfolg nach sich gezogen hätten. Auch Dr. Sch. habe allenfalls eine Badekur für sinnvoll erachtet, hieraus ergebe sich aber keine Notwendigkeit für die Durchführung einer solchen. Die Auskunft des HNO-Arztes Dr. F. helfe insoweit nicht weiter. Er habe, worauf Dr. W. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme zutreffend hingewiesen habe, keinen so ausgeprägten Befund geschildert, dass deshalb eine stationäre Badekurbehandlung notwendig erscheine.

Mit seiner dagegen am 24. Februar 2010 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, nach dem Gutachten von Dr. Sch. bestehe immer noch die Wahrscheinlichkeit, dass eine spezifische Behandlung zu einer Besserung des gesundheitlichen Schadens führen könne. Ein Anspruch auf eine stationäre Rehamaßnahme mit dem Schwerpunkt Orthopädie werde nicht mehr weiter verfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. Januar 2010 sowie den Bescheid vom 26. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und den Beklagten zur Gewährung einer Badekur zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend vorgetragen, dass die auf hno-ärztlichem Fachgebiet anerkannten Schädigungsfolgen nach dem Gutachten von Dr. Sch. durchaus therapierbar seien und nach dem Attest des behandelnden HNO-Arztes Dr. F. durch eine stationäre Behandlung eine Verbesserung der Nasendurchgängigkeit eine Minderung der Sekretbildung zu erwarten sei, sodass die Voraussetzungen zur Gewährung einer Badekur grundsätzlich erfüllt wären. Bei dem Kläger seien indessen keine Wehrdienstbeschädigungsfolgen mit einem Grad der Schädigung (GdS) von wenigstens 50 anerkannt, sodass ein Anspruch auf die Behandlung von Nichtschädigungsleiden nicht bestehe. Im Wege der Verschlimmerung sei auch nur die chronische Kieferhöhlenentzündung anerkannt worden, deren anerkannter Verschlimmerungsteil einen GdS von 10 bedinge. Somit könne dem Verschlimmerungsanteil die wesentliche Bedingung für die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in einer Kureinrichtung nicht beigemessen werden. Der Beklagte hat hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vorgelegt.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat den HNO-Arzt Dr. F. als sachverständigen Zeugen gehört und anschließend den Sachverständigen Dr. Sch. erneut nach § 109 SGG befragt.

Dr. F., bei dem der Kläger seit 8. Dezember 2008 regelmäßig einmal pro Monat wegen rezidivierender Kopfschmerzen, Nasensekret und Nasenatmungsbehinderung linksbetont in Behandlung steht, hat über den Einsatz von topischen Corticoiden sowie Antibiotika berichtet. Dadurch hätte teilweise eine Linderung der Beschwerden, aber niemals eine deutliche Besserung der Symptomatologie erreicht werden können. Durch ergänzende Kurmaßnahmen in reizklimatischer Umgebung könne eine Verbesserung der Nasendurchgänglichkeit und wahrscheinlich eine Minderung der Sekretbildung erreicht werden.

Dr. Sch. hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 18. Oktober 2010 ausgeführt, dass die nachweisbare Sekretabsonderung im Nasen-Rachenraum typisches makroskopisches Korrelat für die chronische Nebenhöhlenentzündung sei. Der HNO-Arzt Dr. F. beschreibe auch eine Schleimhautschwellung. Warum der anerkannte Verschlimmerungsanteil der vorbestehenden chronischen Nebenhöhlenentzündung nicht für die Notwendigkeit einer reizklimatischen Kurmaßnahme verantwortlich sein solle, sei der Argumentation des versorgungsärztlichen Dienstes nicht zu entnehmen. Durch eine solche Maßnahme werde es zu einer vorübergehenden, mehr oder weniger langen Besserung des Beschwerdebildes und zu einer Besserung des Allgemeinzustands kommen. Eine vorzeitige Gewährung aus dringenden gesundheitlichen Gründen sei nicht erforderlich, als Kompromisslösung könne man dem Kläger eine ambulante Badekur bewilligen.

Die Beteiligten sind nach Durchführung des Erörterungstermins vom 29. Juni 2011 darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten hierzu gehört worden sind.

Die nach den §§ 143, Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer vorzeitigen Badekur.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger erstrebte Leistung ist § 80 SVG i.V.m. § 10 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit in diesem Gesetz nichts abweichendes bestimmt ist. Die Versorgung umfasst u. a. nach § 9 BVG Heilbehandlung (Ziffer 1). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BVG wird Beschädigten Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, gewährt, um die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben und die Folgen der Schädigung zu erleichtern oder um dem Beschädigten entsprechend den in § 4 Abs. 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch genannten Zielen eine möglichst umfassende Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.

Stationäre Behandlungen in einer Kureinrichtung (Badekur) kann Beschädigten unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1, 2, 7 und 8 BVG gewährt werden, wenn sie notwendig sind, um den Heilerfolg zu sichern oder um einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustands, einer Pflegebedürftigkeit oder eine Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift soll eine Badekur nicht vor Ablauf von 3 Jahren nach Durchführung einer solchen Maßnahme oder einer Kurmaßnahme, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, gewährt werden, es sei denn, dass eine vorzeitige Gewährung aus dringenden gesundheitlichen Gründen erforderlich ist.

Dass diese Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht vorliegen, hat das SG in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. R. und Dr. L. sowie den nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des HNO-Arztes Dr. Sch. und des Chirurgen Dr. N. ausführlich begründet ebenso dargelegt, wie das dringende gesundheitliche Gründe, die eine vorzeitige Gewährung nahelegen könnten, nicht ersichtlich sind. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG ab.

Ergänzend ist im Hinblick auf die Ermittlungen im Berufungsverfahren auszuführen, dass sich hieraus keine andere Beurteilung ergibt. Das Wiederholungsintervall für eine erneute Badekur ist, nachdem die letzte anrechenbare Reha-Maßnahme vom 18. August bis 11. September 2009 durchgeführt wurde, nicht ausgeschöpft. Die Frist beginnt am Tag nach Beendigung der vorausgegangenen Maßnahme und endet mit Ablauf des Tages vor demjenigen, der nach seiner Benennung dem Anfangstag der Frist entspricht (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - in Verbindung mit den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 3 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Gründe für eine vorzeitige Leistungsgewährung liegen in Auswertung der Ermittlungen des Senats nicht vor.

Dr. F. hat nur darauf abgestellt, dass die ambulante Behandlung bislang nicht positiv gewesen ist, deswegen Kurmaßnahmen in reizklimatischen Umgebungen generell zu empfehlen sind und bei dem Kläger auch mit einer Verbesserung der Nasendurchgängigkeit und wahrscheinlich einer Minderung der Sekretbildung zu rechnen ist. Dadurch wird aber keine dringende medizinische Erforderlichkeit einer stationären Maßnahme, wie sie für eine vorzeitige Rehabilitationsleistung notwendig ist, im Fall des Klägers dargelegt. Diese wird auch nicht durch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. begründet. Denn er hat ausdrücklich bestätigt, dass eine vorzeitige Gewährung aus dringenden gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich ist und deswegen als Kompromisslösung die Bewilligung einer ambulanten Badekur angeraten. Diese Einschätzung ist auch für den Senat angesichts des Krankheitsbildes des Klägers überzeugend. Denn dem Kläger gelingt es, durch die ambulanten Behandlungsmaßnahmen die chronische Nasennebenhöhlenentzündung so zu behandeln, dass er weitgehend beschwerdefrei ist. Dafür spricht auch, dass der Kläger, was sein athletischer Körperbau zeigt und insbesondere von dem Sachverständigen Dr. N. beschrieben wird, sportlichen Betätigungen nachgehen kann, also durch die Atemwegsproblematik nicht nennenswert beeinträchtigt ist. Wenn Vereiterungen auftreten, können diese mit Antibiotika gut zur Abheilung gebracht werden. Ohnehin kommt eine vorzeitige Leistungsgewährung nur ausnahmsweise und insbesondere bei schweren Erkrankungen in Betracht, deren Nachwirkungen behandlungsbedürftig sind, etwa bei Anschlussrehabilitationsmaßnahmen (vgl. hierzu Wiemers in: jurisPK-SGB V, § 40 Rdnr. 33.). An einer solchen Erkrankung leidet der Kläger aber nicht.

Der Umstand, dass die Durchführung einer reizklimatischen Kurmaßnahme zu einer mehr oder weniger langen Besserung des Beschwerdebildes und einer Verbesserung des Allgemeinzustandes führen wird, erfüllt ebenfalls nicht die Voraussetzungen eines Anspruches auf Durchführung einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme. Der Senat kann daher ebenso dahingestellt sein lassen, ob die chronische Nebenhöhlenentzündung des Klägers überhaupt Anspruch auf Heilbehandlungen auslöst und ob der vom Kläger letztlich begehrte Klimawechsel, d. h. ein längerer Aufenthalt in einem Reizklima, überhaupt die Voraussetzungen für eine stationäre Rehabilitationsleistung erfüllt (vgl. hierzu insbesondere BSG, Urteil vom 27.11.1990 - 3 RK 17/89 - SozR 3-2200 § 184 Nr. 1).

Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved