S 10 (45) AS 114/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 10 (45) AS 114/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Verpflichtung zur Verwertung der Lebensversicherung bei der "B M" im Rahmen der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch).

Die Kläger beantragten bei dem Beklagten erstmalig im Februar 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Rahmen dieser Antragstellung gaben die Kläger an, dass diese u.a. Inhaber einer Lebensversicherung bei der "B M" seien. Diese Lebensversicherung besaß zum Zeitpunkt der Antragstellung (Versicherungsbescheinigung vom 22.02.2007, Bl. 207 d. VA) einen Rückkaufswert i.H.v. insgesamt 22.919,06 Euro.

Den Antrag lehnte der Beklagte sodann mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27.02.2007 (Bl. 219 d. VA) ab. Zur Begründung führte der Beklagte u. a. aus, dass die Lebensversicherung bei der "B M" als Vermögen der Kläger zu berücksichtigen sei. Insgesamt ergebe sich sodann – unter Berücksichtigung der anderweitigen – im vorliegenden Verfahren unstreitigen – Versicherungen und Kontenguthaben (vgl. Bl. 219 der VA) – ein verwertbares Gesamtvermögen i.H.v. 39.043, 67 Euro (Bl. 209 d. VA), welches die Freibeträge i.H.v. 16.200 Euro der Kläger übersteige. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere ausgeführt, dass die Lebensversicherung bei der "B M" zur Deckung des Lebensunterhalts eingesetzt werden müsse. Dagegen legten die Kläger sodann Widerspruch ein, welchen sie zunächst damit begründeten, dass der Vermögensfreibetrag tatsächlich bei 28.300 Euro liege, da die Kinder der Kläger nicht berücksichtigt worden seien. Desweiteren führten die Kläger aus, dass es sich bei der Versicherung der "B M" um eine Lebensversicherung handele, welche dem Zweck einer Rentenversicherung gleichkomme. Die Verwertung sei vor Erreichen der Ruhestandsgrenze nicht beabsichtigt. Unter dem 08.05.2007 vereinbarten die Kläger zudem noch einen vertraglichen Verwertungsausschluss im Hinblick auf die Lebensversicherung "B M".

Der Widerspruch wurde sodann seitens des Beklagten mit streitgegenständlichem Widerspruchsbescheid vom 27.06.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Insoweit führte der Beklagte aus, dass der Verwertungsausschluss erst ab dem 08.05.2007 zum Tragen komme. Zuvor handele es sich bei der Versicherung um berücksichtigungsfähiges Vermögen.

Sodann haben die Kläger vor dem erkennenden Gericht um Rechtsschutz nachgesucht. Sie tragen nunmehr nur noch vor, dass die Versicherung zumindest unter den besonderen Härtetatbestand des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II falle, womit den Klägern eine Verwertung der Versicherung nicht zugemutet werden könne.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 27.02.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2007 zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der besondere Härtetatbestand nicht eingreife, da dies nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lediglich dann der Fall sei, wenn bei langjährigen Selbständigen die Verwertung der Lebensversicherung zu einer unzumutbaren Versorgungslücke im Alter führe. Zudem müsse kumulativ dazu der Eintritt in das Rentenalter des Versicherungsnehmers kurz bevor stehen. Diese Voraussetzung sei bei dem Kläger zu 1) jedoch nicht gegeben, da dieser mit 46 Jahren nicht kurz vor dem Rentenalter stehe. Mithin bestehe noch ausreichend Zeit um zusätzliche Rentenanwartschaften zu erwerben.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, welche Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Zunächst ist der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens zu ermitteln. Dieser wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das von den Klägern aufgrund eines konkreten Sachverhalts an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie den Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll. Bei einem Streit um Leistungen nach dem SGB II sind daher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Rahmen der von der Klägerin erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage ihre Leistungsansprüche nach dem SGB II unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006, Az.: B 11b AS 9/06 R; Urteil vom 16. Mai 2007, Az.: B 11b AS 29/06 R). Jedoch ist eine Begrenzung des Streitgegenstandes grds. möglich, wenn ein Bescheid im Einzelfall abtrennbare Verfügungssätze beinhaltet (vgl. u.a BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007, Az.: B 14/11b AS 59/06 R; Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 8/06 R). Der Verfügungssatz eines Leistungsbescheides regelt die Entscheidung über die Art, die Dauer und die Höhe der Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juni 1984, Az.: 7 RAr 91/83). Zwar hat der Beklagte vorliegend in dem streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 27.02.2007 keine zeitliche Begrenzung der Ablehnungsentscheidung vorgenommen. Allerdings hat der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 27.06.2007 den Hinweis aufgenommen, dass ab dem 08.05.2007 seitens der Kläger ein Verwertungsausschluss im Hinblick auf die Lebensversicherung bei der "B M" vereinbart worden sei. Ab diesem Zeitraum könne die Lebensversicherung mithin als geschütztes Altersvorsorgevermögen i:S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II angesehen werden, womit – vorbehaltlich der anderweitigen Leistungsvoraussetzungen – ab dem 08.05.2007 grundsätzlich ein Leistungsanspruch bestehe. Der Beklagte hat in seinem Widerspruchsbescheid den Zeitraum der Ablehnung der Leistungen nach dem SGB II ausdrücklich auf den Zeitraum vom 12.02.2007 (Antragstellung) bis zum 07.05.2007 beschränkt (vgl. Bl. 292 d. VA). Mithin ist auch nur dieser Regelungszeitraum Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens geworden, zumal die Kläger danach erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt haben, welcher separat beschieden worden ist.

Insoweit ist die Klage unbegründet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I 2954) erhalten Leistungen Personen nach dem SGB II, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4) (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Diese Voraussetzungen erfüllen die beiden Kläger.

Die Kläger waren jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen und den Lebensunterhalt, der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insb. von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Die bedarfsorientierte Sozialleistung Arbeitslosengeld II wird nicht geleistet, wenn und soweit der Bedarf durch zu berücksichtigendes Vermögen bestritten werden kann. Der Hilfebedürftige ist in diesem Fall nach dem Grundsatz der Subsidiarität auf das Vermögen zu verweisen, bis dieses verbraucht ist. Bis zum vollständigen Verbrauch besteht keine Hilfebedürftigkeit (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 9, RdNr. 20).

Insoweit besteht für die Zeit vom 12.02.2007 bis zum 07.05.2007 kein Leistungsanspruch der Kläger, da diese in der Lage gewesen sind, ihren Bedarf mit dem vorhandenen Vermögen zu decken. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I 2954) sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände als Vermögen zu berücksichtigen.

Unter dem Begriff des Vermögens fällt der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten. Hierunter zählen auch subjektive Rechte, absolute, wie das Eigentum, und relative, wie Forderungen gegen Dritte (z.B. Bankguthaben in Form von Girokonten oder Sparbücher oder Auszahlungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen aus bestehenden Versicherungsverhältnissen). Hiernach unterfällt auch die für den Kläger bei der "B M Versicherung" bestehende Lebensversicherung dem Vermögensbegriff und ist hiernach als Vermögen zu berücksichtigen. Sie ist hierbei mit ihrem Verkehrswert einzustellen (§ 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Dies ist der im Geschäftsverkehr erzielbare Erlös. In Falle einer Lebensversicherung ist dies deren Rückkaufswert (vgl. Mecke, a.a.O., § 12, RdNr. 93). Ausweislich der von den Klägern zuletzt vorgelegten Bestätigung belief sich der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 01.03.2007 auf 22.919,06 EUR.

Von diesem Vermögenswert sind gemäß § 12 Abs. 2 SGB II Freibeträge in Abzug zu bringen. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der ab dem 1. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I 1706) ist ein Grundfreibetrag i.H.v. 150,- EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen zu berücksichtigen. Bei einem Lebensalter von 52 (Klägerin) und 46 (Kläger) Jahren im streitbefangenen Zeitraum errechnet sich hieraus ein Grundfreibetrag i.H.v. 7.800,00 EUR (Klägerin) und 6.900 EUR (Kläger). Zudem ist der Sohn der Kläger mit einem Alter von 23 Jahren im Zeitpunkt der Antragstellung mit einem Grundfreibetrag i.H.v. 3450,00 EUR berücksichtigungsfähig. Dies gilt auch für die – im Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige (16) – Tochter der Kläger, welche mit einem Grundfreibetrag i.H.v. 3.100,00 EUR zu berücksichtigen ist.

Ferner ist gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II ein Freibetrag für notwendige Anschaffung i.H.v. 750,- EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen abzusetzen. Hieraus addiert sich ein Freibetrag von insg. 3.000,- EUR. Daraus ergibt sich ein Gesamtfreibetrag i.H.v. 17.700,00 EUR.

Ein weiterer Freibetrag zugunsten der Kläger ist nicht zu berücksichtigen, insb. hat der Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass sich die Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht auf die Freibetragsregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II berufen konnten. Nach dieser Bestimmung sind geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 250,- EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch 16.250,- EUR nicht übersteigt, vom Vermögen abzusetzen. Altersvorsorgevermögen in diesem Sinne setzt nach der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung eine vertragliche Vereinbarung voraus, nach der dem Begünstigten eine Verwertung des Altersvorsorgevermögens vor dem Eintritt in das Rentenbezugsalter, ausgeschlossen ist. Ein entsprechender Verwertungsausschluss, wie er seit dem 1. Januar 2005 aufgrund der Regelung des § 165 Abs. 3 VVG vereinbart werden konnte, wurde von den Klägern im Hinblick auf die Lebensversicherung bei der "B M" jedoch erst ab dem 08.05.2007 vereinbart, d.h. bis zu diesem Zeitpunkt konnten die Kläger die Lebensversicherung noch verwerten. Eine zeitlich vorgelagerte Berücksichtigung ist nicht möglich (insbesondere keine Ersetzung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs – vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 – Az.: B 14/11b AS 63/06 R), weswegen die Berücksichtigung eines Freibetrages nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II ausscheidet.

Den obengenannten Freibetrag überschreiten die Vermögenswerte der Kläger, da – und nur dies ist relevant – die Lebensversicherung bei der "B M" als Vermögen i.S.d. § 12 SGB II zu berücksichtigen ist. Die übrigen Vermögenswerte unterschreiten hingegen die Freibetragsgrenze, womit diese unstreitig im Rahmen der Beurteilung des Leistungsanspruchs keine Berücksichtigung finden.

Die Lebensversicherung fällt nicht unter den Katalog des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, insbesondere nicht unter die dortige Nr. 6, nach der Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist.

Die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II stellt zusammen mit der besonderen Härte im Sinne der Alt. 2 einen allgemeinen Auffangtatbestand im Hinblick auf sich nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB II nicht von der Berücksichtigung ausgenommenen Sachen oder Rechte dar. Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstandes ist ausschließlich nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Dabei ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nach der Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu bewertenden Vermögensgegenstandes steht (BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990, Az.: B 11 RAr 133/88). Mithin erfordert die Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einen Vergleich zwischen dem aus der Verwertung nach Abzug aller Kosten zur erzielenden Erlös und dem Substanzwert. Im Falle der Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung ist hierbei anhand eines Abgleichs zwischen dem Rückkaufswert der Lebensversicherung und der Summe der eingezahlten Beiträge zu ermitteln, ob eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit besteht. Bei einem Rückkaufswert der kapitalbildenden Lebensversicherung i.H.v. 22.919,06 EUR ist zur Überzeugung des Gerichts eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nicht gegeben. Ausweislich der von den Kläger vorgelegten Versicherungsbescheinigung (Bl. 61 d. GA) wurden im Zeitraum vom 01.09.1990 bis zum 31.03.2007 insgesamt Beiträge i.H.v. 25.199,90 EUR eingezahlt. Hieraus errechnet sich wiederum eine prozessuale Differenz zwischen dem Rückkaufswert und den erbrachten Beiträgen i.H.v. ca. 9,05 %. In Übertragung der Maßstäbe, die für die bis zum 31. Dezember 2005 zu gewährende Arbeitslosenhilfe gegolten haben, auf das Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist ein Verlust von weniger als 10 % der eingezahlten Beiträge ohne weiteres hinzunehmen (Brühl, in:: LPK-SGB II, 3. Auflage, § 12,Rn. 56; mit Verweis auf: BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az.: B 14/7b AS 66/06 R). Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit zu Lasten der Kläger liegt nicht vor.

Auch stellt die Verwertung der Lebensversicherung für die Klägerin keine besondere Härte dar. Durch die Härtefallregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II soll eine Möglichkeit geschaffen werden, besondere Härtefälle angemessen zu lösen (BT-Drucksache 15/1749, S. 32). Die Prüfung des Vorliegens einer besonderen Härte ist unter besondere Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (st. Rspr. des BSG, u.a. Urteile vom 15. April 2008, Az.: B 14 AS 27/07 R und B 14/7b AS 56/06 R). Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs 1 Alg II VO) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II setzt daher solche Umstände voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. In den Gesetzesmaterialien wird für das Vorliegen eines Härtefalles i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt. SGB II als Beispielsfall ausgeführt, dass eine solche Härte dann vorliege, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweise (BT-Drucks 15/1749 S 32). Es kommt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers somit nicht allein auf den Verlust der Altersvorsorge durch Verwertung und dessen Zeitpunkt an, hinzutreten muss auch eine Versorgungslücke (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az.: B 14 AS 35/08 R).

Demnach sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen. Gerade die Kumulation von Faktoren wie bspw. der Herkunft des Vermögensgegenstandes, der vom Hilfebedürftigen vorgenommene Zweckbestimmung, dessen Alter und die voraussichtliche Dauer der Arbeitslosigkeit, die in ihrem Zusammenspiel eine Versorgungslücke entstehen lassen (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az.: B 14 AS 35/08 R), vermögen eine besondere Härte zu begründen.

In Anlegung dieser Maßstäbe ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Verwertung der Lebensversicherung bei der "B M Versicherung" eine besondere Härte darstellt. Vor dem Hintergrund, dass der "Schutz" der Vermögenswerte dem Grunde nach, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gewährleistet ist, und vorliegend nur deswegen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Gunsten der Kläger zu berücksichtigen ist, weil sie erst nach Ende des streitgegenständlichen Zeitraums einen Verwertungsausschluss nach § 165 VVG vereinbart haben, sieht das Gericht bei Berücksichtigung der oben angeführten Faktoren keine besondere Härte begründet. Dies gründet insbesondere darin, dass die Kläger bzw. insbesondere der Kläger zu 1) – welcher unstreitig Lücken in seinem Rentenversicherungsverlauf aufweist (vgl. Bl. 84 d. GA, wonach die zu erwartende Altersrente des Kläger zu 1) für den Berechnungszeitraum vom 01.08.1977 bis 31.05.2009 lediglich 463,43 EUR mtl. beträgt) – im streitbefangenen Zeitraum noch deutlich mehr als zehn Jahre vom regulären Rentenbezugsalter (Erreichen der Regelaltersrente des Klägers zu 1) im Jahr 2027) entfernt waren. Schließlich ist eine Wiedereingliederung der Kläger bzw. insbesondere des Klägers zu 1) in den Arbeitsmarkt in Anbetracht des beruflichen Werdegangs nicht ausgeschlossen. Die letzte Erwerbstätigkeit des Klägers zu 1) liegt zeitlich auch nicht derart weit zurück, dass von einer vollständigen Loslösung vom Arbeitsprozess auszugehen ist. Mithin besteht nach Auffassung des Gerichts durchaus noch die Möglichkeit weitere Rentenanwartschaften zu erwerben, welche ein Bestreiten des Lebensunterhalts ermöglichen.

Die Lebensversicherung bei der "B M" war mithin kein geschütztes Vermögen und demzufolge zur Bestreitung des Lebensunterhalts für den streitgegenständlichen Zeitraum einzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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