L 16 LW 14/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 LW 21/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 14/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 4/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterssicherung wegen Abschlusses eines privaten Lebensversicherungsvertrags im Sinn des § 85 Abs. 3 S 1 Nr. ALG titt nicht auf Dauer ein, wenn ein solcher Vertrag geschlossen wird, sondern nur solange dieser Vertrag wirksam besteht.
Der Normzweck der genannten Vorschrift, die keine Stichtagsregelung darstellt, verbietet eine dauerhafte Befreiung unabhängig vom Fortbestand der befreienden Lebensverswicherung. Die ergibt sich nciht aus dem insoweit zweideutigen VWortlaut der Vorschrift, sondern mittels teleologischer Auslegung dieser Bestimmung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der Klägerin in der Zeit vom 01.04.1997 bis 31.03.1998, dabei insbesondere um die Frage der Notwendigkeit des Fortbestehens einer befreienden Lebensversicherung nach § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Die am ...1966 geborene Klägerin ist Ehefrau eines Landwirts.

Aufgrund der Mitteilung vom 13.04.1995 über die Versicherungspflicht als Landwirtsehegattin ab 01.01.1995 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen der Geburt des Kindes L ... am 21.09.1993. Mit Bescheid vom 24.05.1995 hat die Beklagte die Befreiung ab 01.01.1995 ausgesprochen, solange die Klägerin wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versichungspflichtig sei.

Am 03.11.1995 beantragte die Klägerin die Befreiung aus der Pflichtversicherung aufgrund des Abschlusses einer Lebensversicherung nach § 85 ALG. Mit Bescheid vom 01.03.1996 wurde die Klägerin mit Wirkung ab 01.01.1995 nach § 85 Abs.3 ALG wegen des Abschlusses einer befreienden Lebensversicherung von der Versicherungspflicht befreit. Es wurde im Bescheid darauf hin- gewiesen, dass die Befreiung nur solange wirke, wie die private Versicherung unverändert fortbestehen bleibe. Andernfalls würde eine Beitragspflicht zur LAK, gegebenenfalls auch rückwirkend, wieder aufleben. Dies gelte auch, falls Beiträge zur Lebensversicherung nicht mehr entrichtet würden. Die Beklagte wies auch darauf hin, dass eine Erhöhung der Lebensversicherungsbeiträge jeweils zum gleichen Zeitpunkt und in mindestens der gleichen Höhe wie zur LAK erfolgen müsse. Die Klägerin wurde auch auf Mitwirkungspflichten hingewiesen, u.a. darauf, dass sie unverzüglich den Wegfall des befreienden Versicherungvertrages mitzuteilen habe. Im November 1998 wurde bekannt, dass der Vertrag mit der ...-Lebensversicherung zum 01.04.1997 aufgelöst wurde, da die Klägerin die Beitragszahlung eingestellt hat.

Mit Schreiben vom 24.11.1998 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung des Befreiungsbescheides an. Die Klägerin wurde aufgefordert mitzuteilen, ob eventuell andere Befreiungsgründe vorliegen. Die Klägerin gab daraufhin die Geburt des Kindes M ... am 28.03.1998 bekannt. In der Zeit vom 01.04.1997 bis 31.03.1998 lägen aber keine Befreiungsvoraussetzungen vor. Für die Zeit der Kindererziehung beantragte die Klägerin erneut die Befreiung.

Mit Bescheid vom 20.04.1999 hob die Beklagte die Befreiung ab 01.04.1997 auf und stellte die Versicherungspflicht ab diesem Zeitpunkt bis zum 31.03.1998 fest, ab 01.04.1998 befreite sie die Klägerin wegen Kindererziehung. Die Beklagte machte Beiträge von April 1997 bis März 1998 in Höhe von 3.957,00 DM geltend. Erneut wurde die Klägerin auf diverse Mitwirkungspflichten im Bescheid hingewiesen.

In ihrem Widerspruch vertrat die Klägerin die Meinung, sie sei entgültig befreit worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht endete mit dem 31.03.1997, da der Befreiungsgrund, nämlich das Bestehen eines sogenannten befreienden Lebensversicherungsvertrages, nicht mehr gegeben war. Deshalb sei in der Zeit vom 01.04.1997 bis 31.03.1998 wieder Versicherungs- und Beitragspflicht eingetreten. Der Verwaltungsakt vom 01.03.1996 sei nach § 48 SGB X für die Zeit ab 01.04.1997 aufzuheben gewesen, da die Befreiung nur solange Wirkung entfalte, wie der befreiende Versicherungsvertrag bestehe. Kraft Gesetzes trete mit der Auflösung des Versicherungsvertrages wieder Versicherungspflicht bei der LAK ein. Die Klägerin habe trotz des Hinweises im Bescheid nicht unverzüglich der Beklagten Mitteilung von der Aufhebung des Versicherungsvertrages gemacht, so dass sie grobfahrlässig ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. Deshalb sei der Bescheid vom 01.03.1996 rückwirkend ab Ende des Versicherungsvertrages aufzuheben gewesen.

Mit der Klage vom 11.05.1999 macht die Klägerin geltend, auch über den 31.03.1997 hinaus von der Versicherungspflicht frei zu sein. Die Beklagte habe deshalb zu Unrecht den Bescheid vom 01.03.1996 ab 01.04.1997 aufgehoben. Soweit die Beklagte die Rechtsauffassung vertrete, dass die Befreiung nach § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG nur gelte, solange die Voraussetzungen hierfür, nämlich der private Versicherungsvertrag, vorliegen, sei diese Gesetzesauslegung nicht zutreffend, denn im Gesetz heiße es nicht "solange"; der Gesetzgeber verwende vielmehr das Wort "wenn". Entgegen dieser Auffassung sei § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG vielmehr eine Befreiungsmöglichkeit mit Dauerwirkung, wie sie ähnlich § 85 Abs.3a ALG darstelle. Es komme also bei dieser Vorschrift allein auf das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen zum Stichtag 01.01.1995 an. Bei § 85 Abs.3a ALG seien z.B. spätere Änderungen der Einkommensverhältnisse ohne Belang auf die ausgesprochene Befreiung. Das BSG habe im Urteil vom 08.10.1998 bereits festgestellt, dass das ALG vorübergehende Befreiungstatbestände wie insbesondere § 3 ALG und Befreiungsmöglichkeiten mit Dauerwirkung enthalte und dabei habe das BSG ausdrücklich § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG mit § 85 Abs.3a ALG gleichgestellt.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass eine Gleichstellung von § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG und § 85 Abs.3a ALG nur insoweit vorliege, als es sich bei beiden Befreiungsmöglichkeiten um Befreiungen mit Dauerwirkung handelt. Es sei jedoch zu beachten, dass dies im Falle der Befreiung nach § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3a ALG nur dann gelte, wenn der sogenannte befreiende Lebensversicherungsvertrag bestehe. Insoweit verweist die Beklagte auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid. Darüber hinaus könnten die beiden Bestimmungen nicht miteinander verglichen werden. Von besonderer Bedeutung sei auch, dass § 85 Abs.3a ALG als weiteres Befreiungsrecht erst durch das ASRG-Änderungsgesetz rückwirkend eingefügt worden sei, so dass schon wegen des Zeitablaufs in diesem Fall Manipulation nicht mehr möglich gewesen sein. Die vom Kläger- bevollmächtigten dagegen vorgeschlagene Auslegung öffne Missbrauch Tür und Tor. Dies entspreche sicherlich nicht dem Willen des Gesetzgebers, der durch die Einführung des ALG u.a. eine eigenständige Sicherung der Landwirtsehegattinnen erreichen wollte. Das BSG habe sich im Übrigen im genannten Urteil einer Wertung dazu enthalten, ob der Fortbestand einer Lebensversicherung erforderlich sei oder nicht.

Mit Urteil vom 28.02.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es war der Meinung, Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, auch Landwirtsehegattinnen eine eigenständige soziale Versicherungsmöglichkeit zu eröffnen. Befreiungen seien als Ausnahmevorschriften restriktiv auszulegen. Durch die Möglichkeit einer befreienden Lebensversicherung sollte eine Alternative zu der grundsätzlich vorgesehenen Pflichtversicherung angeboten werden, allerdings sollte ein vergleichbarer Schutz erreicht werden. Diese Zielsetzung könne nur erreicht werden, wenn die befreiende Lebensversicherung auf Dauer angelegt sei. Auch die Parallelen zu § 85 Abs.3a ALG seien nicht stichhaltig, da diese Bestimmung rückwirkend eingeführt wurde und als weitere Sonderregelung nicht zur Interpretation des § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG angezogen werden könne. Der Hinweis auf das Urteil des BSG stütze das Klagebegehren nicht, da das BSG ausdrücklich die hier streitgegenständliche Frage offen gelassen habe.

Die mit Schriftsatz vom 20.03.2000 eingelegte Berufung wurde mit dem Vorbringen in erster Instanz begründet. Insbesondere sei das Wort "wenn" im § 85 Abs.3 ALG nicht im Sinne von "solange" zu interpretieren wie dies die Beklagte tue. In § 85 Abs.3 ALG seien nämlich lediglich Befreiungstatbestände geregelt, die auch in einem beschränkten Übergangszeitraum, nämlich vom 01.01.1995 bis 31.03.1996 an vorliegende Tatbestände anknüpfen. Diese Befreiungen seien jeweils endgültig. Auch das Missbrauchsargument überzeuge nicht. Im Übrigen sei diese Art der Befreiung bereits in § 231 Abs.5 Satz 1 Nrn.2 und 3 SGB VI geregelt worden und von Seiten der Versicherungsträger der gesetzlichen Rentenversicherung werde eine entsprechende Kontrolle nicht mehr durchgeführt (Hinweis auf einen Beschluss des Fachausschusses für Versicherung und Rente). Die Klägerbevollmächtigten argumentieren weiter, dass die Regelungen des § 231 Abs.5 Satz 1 Nrn.2 und 3 SGB VI mit denen des § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG vergleichbar seien, jeweils handle es sich um ein zugrundeliegendes soziales Schutzbedürfnis. Unterschiede bei der Handhabung im Bereich der befreienden Lebensversicherungen seien daher weder sachgerecht noch nachvollziehbar. Nach den Gesetzesmaterialien sei die Auslegung des § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 AlG nicht zweifelsfrei. Es müsse unterstellt werden, dass der Gesetzgeber, hätte er die von der Beklagten vorgenommene Auslegung gewünscht, auch das Wort "solange" verwendet hätte.

Die Beklagte beantragte die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber bezüglich der Aufwendungen für eine abgeschlossene Versicherung in der Höhe den Aufwendungen des Beitrags zur Alterssicherung entsprechen müsste, lasse sich folgern, dass der Gesetzgeber hier nicht nur eine einmalige, sondern eine laufende Aufwandsentsprechung beabsichtigt habe. Der Gesetzgeber verwende im Übrigen auch in anderen Bereichen das Wort "wenn", wo es eindeutig auch im Sinne von "solange" zu interpretieren sei, so z.B. in § 6 Abs.1 SGB VI. Es sei zwar zutreffend, dass eine Handhabung wie durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Verwaltungsvereinfachung führe, da dann die jährlichen Fortbestandkontrollen entfielen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei aber eine diesbezügliche Verwaltungspraxis der gesetzlichen Rentenversicherungsträgers nicht gedeckt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.02.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.04.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.04.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin gemäß § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG über den 31.03.1997 hinaus von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg sowie des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. In der Zeit vom 01.04.1997 bis 31.03.1998 erfüllt die Klägerin nicht die Voraussetzungen der Befreiung nach § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG, so dass die Beklagte berechtigt war, den Befreiungsbescheid vom 01.03.1996 für den genannten Zeitraum aufzuheben und die Mitgliedschaft der Klägerin zur Landwirtschaftlichen Alterkasse festzustellen.

Nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X bestimmt: Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Än derungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkom men oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erfor derliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise wegge fallen ist. Zu Recht stützt die Beklagte die Aufhebung des ursprünglich befreienden Verwaltungsakts vom 01.03.1996 für den streitigen Zeitraum auf § 48 Abs.1 Satz 2 Ziffer 2 SGB X. Die Klägerin wurde im Bescheid vom 01.03.1996 ausdrücklich und ausführlich auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen; insbesondere heißt es im Bescheid, dass die Befreiung wegen Lebensversicherung nur solange wirke, wie die private Versicherung unverändert bestehen bleibe. Die Klägerin wurde auch darauf hingewiesen, dass die Pflicht zur Beitragszahlung an die LAK gegebenfalls auch rückwirkend wieder auflebe, sobald der Versicherungsvertrag die Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht mehr erfülle. Dies gelte auch, sobald die Beiträge zur Lebensversicherung nicht mehr entrichtet werden. Aus dem Schriftwechsel vor der von der Beklagten ausgesprochenen Befreiung war der Klägerin darüber hinaus auch bekannt, dass der Lebensversicherungsvertrag bestimmte Bedingungen hinsichtlich höheren Beitrags wie sonstiger Ausgestaltungen erfüllen musste, um als sogenannte befreiende Lebensversicherung gelten zu können. Durch die ausdrückliche und unmissverständliche Aufklärung durch die Beklagte im Befreiungsbescheid war der Klägerin somit bekannt, dass sie maßgebliche Änderungen betreffend den privaten Lebensversicherungsvertrag der Beklagten mitzuteilen habe. Die Klägerin hat es somit zumindest grob fahrlässig unterlassen, der Beklagten die Kündigung des Vertrages zum 31.03.1997 und die Einstellung der Beitragszahlung mitzuteilen. Damit sind die Voraussetzung des § 48 Abs.1 Satz 2 Ziffer 2 SGB VI erfüllt, so dass die Beklagte mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse den Befreiungsbescheid aufheben durfte. Wie bereits das Sozialgericht im Urteil vom 28.02.2000 festgestellt hat, liegen entgegen der Auffassung der Klägerin vom 01.04.1997 bis 31.03.1998 die Voraussetzung für die Befreiung des § 85 Abs.3 Satz 2 Ziffer 3 ALG nicht mehr vor.

Nach § 85 Abs.3 sind Versicherte nach § 1 Abs.3 ab 01.01.1995 von der Versicherungspflicht befreit, wenn sie 1. vor dem 02.01.1945 geboren sind, 2. bis zum 31.12.1995 für 216 Kalendermonate a) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt ha ben oder b) in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs.1 SGB VI oder den vor dem 01.01.1992 geltenden entsprechenden rentenrechtlichen Vorschriften versicherungsfrei waren, nach § 6 Abs.1 Nr.1 bis 3 SGB VI oder den vor dem 01.01.1992 geltenden entsprechenden rentenrechtlichen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit waren oder die Vorausset zungen für eine Befreiung von der Versicherungpflicht nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI erfüllt hätten, wenn sie nach den Vor schriften der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs pflichtig gewesen wären oder 3. vor dem 01.04.1996 mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall der Invalidität, des Todes und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjah res abgeschlossen haben und die Aufwendungen für diese Ver sicherung der Höhe des Beitrags zur Alterssicherung der Landwirte ohne Berücksichtigung von Zuschüssen zum Beitrag entsprechen. Satz 1 gilt nur, wenn Versicherte nach § 1 Abs.3 1. am 31.12.1994 nicht beitragspflichtig waren, 2. am 31.12.1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt in der Alters hilfe der Landwirte beitragspflichtigen oder einem vor dem 01.01.1995 von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet sind und 3. die Befreiung bis zum 31.03.1996 bei der landwirtschaftli chen Alterskasse beantragen.

Maßgeblich für die Entscheidung zur streitgegenständlichen Frage ist allein, wie § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG auszulegen ist und ob die im Eingangssatz verwendete Formulierung "wenn" nur so zu interpretieren ist, wie die Beklagte es tut, nämlich im Sinne von "solange", oder ob es sich auch hier um eine sogenannte Stichtagsregelung handelt und es also genügt, dass zum Stichtag die Voraussetzungen dieser befreienden Lebensversicherung vorgelegen haben. Für die Interpretation der Klägerseite spricht, dass der Gesetzgeber in § 1 Satz 3 ALG das Wort "solange" verwendet und damit deutlich macht, dass die dortigen Befreiungsvoraussetzungen nur während des Bezugs von Arbeitsentgelt ect. gelten und bei Wegfall der Voraussetzungen ebenfalls wegfallen. Diese wörtliche Auslegung kann bei der Bestimmung des § 85 Abs.3 Satz 1 Ziffer 3 ALG jedoch nicht weiterhelfen, denn es ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber hier drei mögliche Befreiungstatbestände in diesem vorangegangenen Einleitungssatz zusammenfasst und für die ersten beiden die Formulierung "solange" sprachlich widersinnig wäre, denn es handelt sich dabei um abgeschlossene Fakten, so dass hier eine sprachliche in die Zukunft reichende Wortwahl grammatikalisch falsch ist. Es ist daher bei der Auslegung der Regelung auf den Sinn und Zweck der Bestimmung und zwar sowohl bei der Versicherungspflicht der Ehegatten nach § 1 Abs.3 ALG abzustellen als auch auf den Sinn und Zweck der Ausnahme- sprich Befreiungstatbestände. Aus der Geseztessysthematik kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass in § 85 ALG die Befreiungstatbestände normiert sind, die innerhalb der Frist bis 31.03.1996 beantragt werden konnten und dann eine Befreiung auf Dauer nach sich ziehen. Damit ist aber noch nicht eindeutig festgelegt, dass diese dauerhafte Befreiung nicht das Weiterbestehen des befreienden Lebensversicherungsvertrages voraussetzt, denn grundsätzlich ist ohne Änderung der Verhältnisse, also ohne Kündigung des Lebensversicherungsvertrages eine dauernde Befreiung ausgesprochen. Nach Auffassung des Senats führt somit die grammatikalische Interpretation der maßgeblichen Bestimmung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, so dass auf eine teleologische Auslegung der Bestimmung zurückzugreifen ist. Der Gesetzgeber hat die Pflichtversicherung der Landswirtsgattinnen nach § 1 Abs.3 ALG ausdrücklich geschaffen, um eine eigenständige soziale Sicherung der Bäuerin zu erreichen. Dabei hat er nicht auf die tatsächliche Mitarbeit oder den Willen der Parteien abgestellt, sondern bereits die Eheschließung mit einem Landwirt als Fiktion für das Versicherungsverhältnis ausreichen lassen. Der Sinn und Zweck einer umfassenden sozialen Sicherung der Landwirtsehefrauen kann aber nur erreicht werden, wenn die Befreiungen nur in den begründeten Ausnahmefällen, wo bereits entweder eine eigenständige Sicherung erreicht ist oder aufgrund der derzeitigen Arbeitstätigkeit geschaffen wird, gewährt werden. Nach der Wahl des Gesetzgebers werden darüber hinaus befreit Landwirtsgatten, die entweder aufgrund ihres Alters für den Aufbau einer eigenständigen Versicherung nicht mehr in Betracht kommen oder bei denen aufgrund des hohen Gesamteinkommens der Ehegatten eine besondere Schutzwürdigkeit besteht oder die wegen des besonders geringen Einkommens beider Ehegatten nicht in der Lage sind, Aufwendungen für eine eigenständige Alterssicherung zu tragen. Für Personen, die nicht diesen Personenkreisen zuzuordnen sind, erfolgt eine Befreiung also nur dann, wenn auf Dauer eine anderweitige soziale Absicherung erzielt wird. Dieses Ziel kann jedoch nicht erreicht werden, wenn beim Abschluss einer befreiten Lebensversicherung lediglich auf den Stichtag des Abschlusses abgestellt wird und nicht weiter überprüft wird, ob durch das Fortbestehen des Lebensversicherungsvertrages die erstrebte dauerhafte Alterssicherung auch erreicht wird. Das heißt, Sinn und Zweck der sozialen Absicherung der Bäuerin ließen sich nicht realisieren, wenn der Abschluss der befreienden Lebensversicherung ohne Rücksicht auf ihr weiteres Schicksal ausreicht um eine dauerhafte Befreiung zu erreichen. Es ist somit der Auffassung der Beklagten zuzustimmen, dass nur beim Fortbestehen der privaten Versicherung ein vergleichbarer Schutz erreicht wird. Dies wird auch dadurch deutlich, dass ja die Landwirte, die eine Befreiung aufgrund erzielten Arbeits- oder Erwerbsersatzeinkommens erhalten, diesen Befreiungsgrund verlieren, sobald diese Einkünfte wegfallen, d.h. derzeit versicherungpflichtige Landwirtsehegatten werden, sobald sie keine Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen mehr haben, versicherungspflichtig nach dem ALG, so dass es im Gesamtzusammenhang als absolut stimmig geltend muss, wenn dies auch bei Wegfall der privaten Lebensversicherung eintritt. Weiter sind Befreiungsvoraussetzungen als Ausnahmeregelungen, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, eng, d.h. restrikitiv auszulegen. Zu einem anderen Ergebnis kann man auch nicht in Kenntnis des Beschlusses der Rentenversicherungsträger, das Weiterbestehen der Lebensversicherungen nicht überprüfen zu wollen, kommen. Grundsätzlich ist der Klägerseite zwar zuzustimmen, dass die Bestimmung von § 231 Abs.5 SGB VI und § 85 Abs.3 Satz 1 Ziffer 3 ALG ähnliche Regelungen enthalten und dass es für den Beschluss der Rentenversicherungsträger auch im SGB VI keine Norm gibt, die die Überprüfung der Lebensversicherung ausschließt. In der Kommentierung zum SGB VI (z.B. Gürtner in Kasseler Kommentar § 231 SGB VI Anm.17 bzw. § 6 SGB VI Rdnr.26, 32) wird außerdem ebenfalls vertreten, dass die Voraussetzungen der Befreiung entfallen, wenn die erforderliche Vorsorge nicht mehr die entsprechend geforderte Absicherung erfüllt. Auch wenn die Rentenversicherungsträger nach dem SGB VI das Fortbestehen des privaten Lebensversicherungsvertrages von sich aus nicht mehr überprüfen, ist nicht ausgeschlossen, dass trotzdem Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung eintreten könnte. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Klägerinseite, das BSG habe durch seine Aussage, § 85 Abs.3 Satz 1 Nr.3 ALG und § 85 Abs.3a Satz 1 Nr.3 ALG seien beides Befreiungen mit Dauerwirkung, bereits entschieden, dass somit die Befreiung nach Abs.3 auch eine Stichtagsregelung darstelle. Das BSG hat im genannten Urteil vom 08.10.1998 (Az.: B 10 LW 9/97 R) es ausdrücklich unentschieden gelassen, ob es der Auffassung der Beklagten zustimmt, dass der Fortbestand des Versicherungsvertrages erforderlich ist. Desgleichen kann der von der Klägerseite zitierte Beschluss des SG Ulm argumentativ ebenfall nicht herangezogen werden, da eine Vielzahl von Umständen vorliegen, die eine Aufhebung nach § 48 SGB X zumindest für die Vergangenheit bzw. wegen des Fehlens der Aufklärung über die Mitteilungspflicht fraglich erscheinen ließen. Die Frage des Fortbestehens des Lebensversicherungsvertrages war daher dort zumindest im vorläufigen Rechtsschutz nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Da die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, war gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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