L 31 R 241/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 R 1673/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 R 241/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 101/11 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Die Rentenversicherungsträger haben bei der Berechnung des maßgeblichen Hinzuverdienstes das im Einkommenssteuerbescheid ausgewiesene Einkommen zu berücksichtigen.
2.) Die Ansparrücklage/Ansparabschreibung ist daher in dem Jahr als Einkommen zu berücksichtigen, in dem sie aufgelöst und damit steuerrechtlich als Einkommen berücksichtigt wird. Auf den Zeitpunkt bzw. das Jahr, in dem sie erarbeitet und zurückgestellt wird, kommt es dagegen nicht an.
3.) Die vom BSG zu § 141 SGB 3 entwickelten Grundsätze (B 7a AL 38/05 R) sind im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht maßgeblich.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersrente des Klägers für das Jahr 2007 und eine Rückforderung der Beklagten für dieses Jahr wegen der Anrechnung von Einkommen.

Dem 1944 geborenen Kläger war von der Beklagten durch Bescheid vom 20. Juni 2005 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01. Mai 2005 bewilligt worden. Im zugrunde liegenden Antrag vom 16. März 2005 hatte der Kläger angegeben, zuletzt als Hausverwalter, Maler/Grafiker tätig gewesen zu sein. Mit Schreiben vom 18. April 2005 hatte er ergänzt, dass sein voraussichtlicher Hinzuverdienst 345,00 Euro nicht übersteigen werde. Der Zahlbetrag der bewilligten Rente belief sich zunächst auf 503,70 Euro. Der von der Beklagten in der Folgezeit angeforderte Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2005 wies für den Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 3 187,00 Euro und aus selbständiger Arbeit von - 281,00 Euro, insgesamt 2 906,00 Euro aus. Die Überprüfung der Beklagten ergab in der Folgezeit, dass die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten sei. Dasselbe ergab sich nach Überreichung des Einkommenssteuerbescheides für 2006.

Im streitgegenständlichen Zeitraum 2007 übte der Kläger seine selbständige Tätigkeit weiter aus; auch für das Folgejahr 2008 übermittelte er noch eine Aufstellung der B SmbH über die Gewinnermittlung. Im Februar 2009 überreichte der Kläger den an ihn ergangenen Einkommenssteuerbescheid für 2007 vom 13. Februar 2009, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 17 561,00 Euro, Einkünfte aus selbständiger Arbeit/freiberuflicher Tätigkeit von - 654,00 Euro, einen steuerpflichtigen Teil der Rente von 3 372,00 Euro und einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 20 177,00 Euro auswies.

Mit Anhörungsschreiben von 24. Juni 2009 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass sein Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen aufgrund der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2007 von monatlich 1 408,92 Euro (16 907,00 Euro geteilt durch 12) vom 01. Januar bis 28. Februar 2007 zu kürzen und vom 01. März bis 31. Dezember 2007 weggefallen sei.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er ausführte, dass sich sein Gewinn im Wesentlichen, nämlich in Höhe von 16 000,00 Euro, aus der Auflösung von Ansparrücklagen sowie in Höhe von 1920,- Euro aus dem Gewinnzuschlag ergebe. Diese Positionen seien ihm nicht zugeflossen, da es sich um rein steuerlich zu berücksichtigende Gewinnhinzurechnungen im Rahmen der Abschlussbuchungen gehandelt habe. Aus später im gerichtlichen Verfahren eingereichten Unterlagen (Berechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkommenssteuer 2007) vom 28. September 2010 ergibt sich, dass es sich bei den genannten 16 000,00 Euro um die "Korrekturauflösung der Rücklage 2005" gehandelt hat.

Mit Bescheid vom 18. August 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dieser seine Altersrente für die Zeit vom 01. Januar 2007 bis 28. Februar 2007 als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente erhalte, woraus für diesen Zeitraum eine Überzahlung von 503,78 Euro folge. In Anlage 10 des Bescheides ist weiter ausgeführt, dass der Rentenbescheid vom 20. Juni "2007" (richtig: vom 20. Juni 2005) hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01. Januar 2007 nach § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), aufgehoben werde. Die Überzahlung aufgrund des vollständigen Wegfalls des Anspruches für die Zeit vom 01. März bis 31. Dezember 2007 berechne sich zuzüglich der bereits genannten hälftigen Überzahlung für Januar und Februar 2007 auf insgesamt 5 527,19 Euro. Einkommen sei immer dann als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten sei. Die Auflösung einer Ansparabschreibung (Ansparrücklage) gemäß der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschrift des § 7 g Einkommenssteuergesetz (EStG) wirke sich auf die Höhe des Arbeitseinkommens gemäß § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV), aus. Die im Einkommenssteuerbescheid vom 13. Februar 2009 ausgewiesenen Gewinneinkünfte seien daher unverändert aus der Position "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" in Höhe von 17 561,16 Euro für die Prüfung des Hinzuverdienstes zu übernehmen und nicht zu mindern. Ebenso sei der Gewinnzuschlag in voller Höhe zu berücksichtigen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2010 zurück.

Das Sozialgericht Berlin hat die hiergegen erhobene Klage am 20. Januar 2011 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen der rückwirkenden Teilaufhebung des Rentenbescheides vom 20. Juni 2005 vorgelegen hätten. Denn ab 01. Januar 2007 sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Rentenbescheides vorgelegen hätten, eingetreten. Der Kläger habe ein Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt, welches die in § 34 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), normierten Hinzuverdienstgrenzen überschritten habe. Damit habe er zugleich den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X erfüllt, so dass die teilweise Aufhebung auch rückwirkend zulässig sei. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines "atypischen Falles", der die Ausübung von Ermessen erfordern würde, seien nicht ersichtlich. Die Beklagte habe zu Recht zur Ermittlung des vom Kläger im Jahre 2007 erzielten Arbeitseinkommens ausschließlich auf die Festsetzungen des Einkommenssteuerbescheides für 2007 zurückgegriffen. Der sozialrechtliche Begriff des Arbeitseinkommens sei in § 15 Abs. 1 SGB IV definiert. Danach sei Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es nach dem Einkommenssteuerrecht als solches zu bewerten sei. Im Einkommenssteuerrecht werde der Gewinn jährlich ermittelt. Unter Berücksichtigung dessen, dass eine Parallelität zum Einkommenssteuerrecht angestrebt werde, werde im Bereich der Prüfung des Hinzuverdienstes auch von dem jährlich im Rahmen des Einkommenssteuerrechts ermittelten Jahresbetrag ausgegangen, der im Wege einer Durchschnittsbetrachtung durch zwölf Kalendermonate geteilt werde; dieses Ergebnis werde im Rahmen der Prüfung des Hinzuverdienstes der monatlichen Rentenleistung gegenübergestellt. Dieses auch von der Beklagten angewandte Verfahren sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei insbesondere keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die es der Beklagten ermöglichen würde, als Einkünfte ausgewiesene Beträge anders zu bewerten, weil sie (nur) Auszahlungen aus zuvor angesparten Rücklagen darstellten. Schließlich seien seinerzeit bei der Bildung der Rücklagen ebenfalls nur um diese Rücklagen verminderte Einkünfte der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Es könne nicht Aufgabe der Beklagten sein, über die Angaben im Steuerbescheid hinausgehend Ermittlungen zur Zusammensetzung der dort ausgeworfenen Beträge vorzunehmen. Auch in diesem Zusammenhang sei auf die angestrebte Parallelität zum Einkommenssteuerrecht hinzuweisen. Die konkreten Berechnungen, die die Beklagte bei der Prüfung des Hinzuverdienstes vorgenommen habe, seien vom Kläger nicht gerügt worden, eine Fehlerhaftigkeit sei ebenfalls nicht ersichtlich. Schließlich sei auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt.

Gegen dieses ihm am 04. Februar 2011 zugegangene Urteil richtet sich die am 03. März 2011 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger verweist insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05. September 2006 (Az.: B 7a AL 38/05 R, zitiert nach juris.de), wonach allein die Verwaltungspraktikabilität es nicht rechtfertige, dem Steuerrecht auch dann zu folgen, wenn es am Merkmal des Erarbeitens während des Leistungsbezuges fehle. Auch im Fall der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 SGB VI gehe es darum, dass dem Frührentner durch die Zulassung von Erwerbsmöglichkeiten der Zugang zum Arbeitsmarkt in gewissem Umfang offen gehalten werden solle und durch Freistellung eines Teilbetrages des Erwerbseinkommens ein finanzieller Anreiz geboten werden solle, die Arbeitskraft in einem gewissen Umfang neben dem Bezug der Lohnersatzleistung einzusetzen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Das Gericht hat am 04. August 2011 einen Erörterungstermin durchgeführt, in welchem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 18. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 34 Abs. 2 SGB VI besteht Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe des Hinzuverdienstes nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Nach Abs. 3 der Vorschrift in der hier maßgebenden vom 01. August 2004 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung der Vorschrift vom 21. Juni 2004 betrug die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, also wie bereits erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt 350,00 Euro.

Diese Hinzuverdienstgrenze wurde im Jahre 2007 mit dem vom Kläger erzielten Arbeitseinkommen, wie es sich aus dem Einkommenssteuerbescheid für 2007 ergibt, überschritten. Diesbezüglich und im Hinblick auf die Höhe der Rückforderung im angefochtenen Bescheid besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit über die Richtigkeit der Berechnungen, auch ansonsten sind diesbezüglich Fehler nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat auch zu Recht ihrer Berechnung das im Einkommenssteuerbescheid ausgewiesene Einkommen des Klägers zugrunde gelegt und insbesondere nicht die hier als Einkommen berücksichtigte Ansparrücklage aus 2005 in Abzug gebracht. Zur Begründung wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen wird.

Die Ermittlung des Arbeitseinkommens erfolgt gemäß § 15 Abs. 1 SGB IV nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechtes. Einkommen ist danach als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten ist. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts sind die §§ 4 bis 7 k EStG (BSG, Urteil vom 21. Juni 2011, Az. B 4 AS 21/10 R, m. w. N., zitiert nach juris.de). Durch Art. 3 Nr. 2 Agrarsozialreformgesetz 1995 vom 29. Juli 1994 (BGBl. I 1890) wurde durch Streichung eines zuvor enthaltenen Zusatzes im § 15 SGB IV, nach dem bei der Ermittlung des Gewinns steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen waren, durch den Gesetzgeber gezielt eine volle Parallelität von Einkommenssteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens herbeigeführt bzw. beabsichtigt (Gesetzesbegründung in Gesetzentwurf, Bundstagsdrucksache 12/5700, Seite 92, und Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundesratsdrucksache 508/93, Seite 92). Dies sollte zu einer Verwaltungserleichterung bei den Sozialversicherungsträgern führen, so dass eigene Nachprüfungen dieser Träger in diesem Bereich entfallen. Dem folgend hat die Beklagte zu Recht der Berechnung des maßgebenden Hinzuverdienstes das im Einkommenssteuerbescheid als solches ausgewiesene Einkommen für 2007 zugrundegelegt. Hinzuweisen ist im Hinblick auf den Zweck der Verwaltungserleichterung dabei auch darauf, dass die Bildung der Ansparrücklage dem Einkommenssteuerbescheid für 2005 gar nicht entnommen werden konnte.

Eine andere Betrachtung ist auch nicht unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 34 Abs. 2 SGB VI geboten. Die vom Kläger gebildete Ansparrücklage wirkte sich im Jahr 2007 gewinnerhöhend aus. Nach § 7 g Abs. 4 Satz 2 EStG in der bis 17. August 2007 geltenden Fassung musste eine Ansparrücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden, wenn die Rücklage am Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden war. Ansparrücklagen stellten demnach eine Rücklage für künftige Investitionen dar. Ihre Bildung verhinderte, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert wurden, und führte zu einem Steuervorteil unter der Bedingung, dass spätestens zwei Jahre nach der Rücklagenbildung investiert wurde. Mit dem Ersparten sollte und konnte der Steuerpflichtige investieren. Die Ansparrücklage wurde damit durch finanzielle Mittel gebildet, die dem Selbständigen nach seiner eigenen unternehmerischen Entscheidung im Jahre der Ansparung gerade nicht für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehen sollten (BSG, Urteil vom 06. November 2008, Az.: B 1 KR 28/07 R, zitiert nach juris.de, Rdnr. 25). Diese Entscheidung konnte der Selbständige durch Auflösung der Rücklage ändern, die dann sein Arbeitseinkommen erhöhen würde. Vor- und Nachteile glichen sich demnach auf längere Sicht aus. Bei wirtschaftlicher Betrachtung stand dem Kläger damit die Ansparrücklage erst 2007, nämlich bei Aufgabe seiner ursprünglichen Investitionsabsicht, wirtschaftlich zur Verfügung. Insgesamt besteht damit kein Grund, von der durch § 15 Abs. 1 SGB IV vorgesehenen Anbindung an die Feststellungen im Einkommenssteuerbescheid abzuweichen.

Die vom Bundessozialgericht zu § 141 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch, Arbeitsförderung (SGB III), entschiedenen Grundsätze sind auf die Berechnung des Hinzuverdienstes nach § 34 Abs. 2 SGB VI nicht übertragbar. Das BSG hatte im oben zitierten Urteil (B 7a AL 38/05 R, a. a. O.) entschieden, dass nicht maßgeblich sei, wann die Ansparrücklage eines selbständig Tätigen steuerlich gewinnerhöhend berücksichtigt wurde; entscheidend sei vielmehr, wann das dieser Rücklage zugrunde liegende Einkommen erarbeitet worden sei. Begründet wurde dies mit Sinn und Zweck der Verweisungsnorm des § 141 Abs. 1 SGB III. Hier ist in Satz 1 geregelt: "Übt der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 119 Abs. 3 aus, ist das daraus erzielte Einkommen nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165,00 Euro in dem Kalendermonat der Ausübung anzurechnen." Diesem Wortlaut entnahm das BSG, dass im Rahmen des § 141 SGB III entscheidend ist, wann das Einkommen erarbeitet worden ist. Diese Auslegung ist angesichts des Wortlautes der Vorschrift des § 141 SGB III nachvollziehbar. Hierdurch ist jedoch lediglich die Verweisungsnorm des § 141 Abs. 3 SGB III teleologisch ausgelegt worden, während etwa der Begriff der selbständigen Tätigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unberührt geblieben ist (BSG, Urteil vom 23. Januar 2008, Az.: B 10 KR 1/07 R, zitiert nach juris.de). Eine vergleichsweise teleologische Auslegung des § 34 Abs. 2 SGB VI ist zur Überzeugung des Gerichtes jedoch, jedenfalls soweit es die vorliegend allein streitige Berücksichtigung der Ansparrücklage betrifft, nicht geboten. Denn wie bereits dargelegt, stand die Ansparrücklage dem Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise tatsächlich auch zu dem Zeitraum zur Verfügung, zu welchem sie durch den Einkommenssteuerbescheid 2007 gewinnerhöhend berücksichtigt worden ist.

Etwas anderes ist auch nicht der Entscheidung des BSG vom 27. Januar 1999 (Az.: B 4 RA 17/98 R, zitiert nach juris.de) zu entnehmen, wonach § 15 SGB IV nicht zu entnehmen sei, dass die steuerrechtliche Qualifizierung bestimmter Einkünfte als eine der sieben Einkunftsarten des § 2 EStG auch darüber entscheide, ob im Sinne von § 15 SGB IV von einer selbständigen Tätigkeit und damit hieraus resultierenden Einkünften als Arbeitseinkommen auszugehen sei. Auch der 13. Senat des BSG hat im Anschluss an diese Entscheidung klar gestellt, dass die Parallelität zum Einkommenssteuerrecht dort ihre Grenzen findet, wo auch steuerrechtlich keine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG mehr zugrunde liegt, etwa bei nachträglichen Einkünften aus einer bereits aufgegebenen selbständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 17. Februar 2005, Az.: B 13 RJ 43/03 R, zitiert nach juris.de). Die Beschränkung der Rechtsprechung auf diese bestimmten Ausnahmefälle zeigt jedoch, dass die Rechtsprechung, wonach bei der Auslegung des § 15 SGB IV grundsätzlich an die Begriffe des Steuerrechts anzuknüpfen ist, gerade nicht aufgegeben worden ist (BSG, Urteil vom 23. Januar 2008, Az.: B 10 KR 1/07 R, zitiert nach juris.de). Abgesehen davon ist bereits in der genannten Entscheidung des 4. Senates jedenfalls ausgeführt, dass § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV in der hier maßgebenden neuen Fassung die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts in Bezug nimmt, sofern – wie dies vorliegend gegeben ist - dem Grunde nach Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, also Arbeitseinkommen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne erzielt werden bzw. im streitigen Jahr erzielt wurden. Der Kläger war im streitigen Zeitraum des Jahres 2007 nach wie vor selbständig erwerbstätig. Dies folgt unter anderem daraus, dass er der Beklagten auch für das Folgejahr 2008 noch eine Aufstellung der B SmbH über die Gewinnermittlung übermittelt hat. Streitig ist vorliegend allein die Höhe des für diese Erwerbstätigkeit zugrunde zu legenden Gewinns. Im Hinblick auf die Höhe und zeitliche Zuordnung der Einkünfte gilt jedoch die durch § 15 Abs. 1 SGB IV angeordnete Parallelität zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht (Klattenhoff in Hauck/Haines, K § 15 Rdnr. 7 m. w. N.).

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 21. Juni 2011 (B 4 AS 21/10 R, zitiert nach juris.de). Hier ist ausgeführt, dass aufgrund des Verweises durch § 2 a ALG II-Verordnung (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) auf § 15 SGB IV und damit auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts normativ bestimmt ist, dass die aufgelöste Ansparrücklage Einkommen ist und dass grundsätzliche Bedenken gegen diese Zuordnung auf der Grundlage der wesentlichen Funktion der Ansparrücklage als Steuerstundung nicht bestehen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Frage, ob § 34 Abs. 2 SGB VI im Hinblick auf Sinn und Zweck der Vorschrift eine andere als die vorliegend zugrunde gelegte Bewertung gebietet, grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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