L 1 R 239/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 R 720/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 239/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich auch im Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am ... 1952 geborene Antragsteller beantragte am 11. September 2007 formlos eine "Grundsicherungsrente" sowie am 11. Oktober 2007 eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er habe sein "SV-Buch" nicht gefunden. Er habe im Jahr 1996 selbständig ohne Beitragszahlung gearbeitet und von 1997 bis März 2006 seine Ehefrau mit Rentenanwartschaften gepflegt. Ab April 2006 habe er Arbeitslosengeld II bezogen. Mit Schreiben vom 14. November 2007 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, den Fragebogen zur Prüfung und Klärung von Zeiten im Beitrittsgebiet sowie den Sozialversicherungsausweis und einen Nachweis über die Pflegezeiten von 1997 bis 2006 einzureichen. Sie wies ihn darauf hin, dass sie den Rentenantrag ablehnen werde, falls sie von ihm innerhalb der nächsten vier Wochen keine Nachricht erhalte. Denn der Anspruch könne ohne Vorlage der vollständig ausgefüllten Antragsformulare nicht anerkannt werden. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2007 lehnte die Antragsgegnerin den Rentenantrag ab, da der Antragsteller die notwendigen Unterlagen nicht eingereicht habe.

Unter dem 17. Juli 2008 teilte die Pflegekasse bei der AOK Niedersachsen mit, dass eine Versicherungspflicht als Pflegeperson in dem Zeitraum vom 1. Januar 1987 bis zum 31. März 2006 nicht bestanden habe, da die Pflegezeit unter 14 Stunden wöchentlich gelegen habe. Mit Schreiben vom 29. Juli 2008 bat das Amtsgericht W. – Familiengericht – die Antragsgegnerin um weitere Auskünfte und teilte mit, dass das Versicherungskonto der Ehefrau des Antragstellers bereits geklärt sei, er selbst aber keine Auskünfte erteile und sich komplett verweigere.

Am 12. Juni 2009 beantragte der Eigenbetrieb Kommunale Beschäftigungsagentur des Landkreises H. (KoBa W.) gemäß § 5 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für den Antragsteller. Auf die erneute Aufforderung, der Antragsteller möge die nötigen Formanträge und Unterlagen einreichen, reagierte dieser wiederum nicht. Mit Bescheid vom 18. September 2009 lehnte die Antragsgegnerin den Rentenantrag der KoBa W. ab, da der Antragsteller die notwendigen Unterlagen nicht eingereicht habe.

Am 30. November 2010 beschwerte sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin und verlangte, dass sein Rentenantrag weiter bearbeitet werde. Die Antragsgegnerin teilte ihm daraufhin mit, dass die Bearbeitung der bisherigen Rentenanträge wegen fehlender Formulare und Unterlagen nicht möglich gewesen sei, und übersandte ihm erneut die notwendigen Unterlagen. Daraufhin teilte der Antragsteller mit, dass er nicht bereit sei, weitere Anträge zu stellen.

Am 19. April 2011 beantragte die KoBa W. erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für den Antragsteller. Mit Bescheid vom 24. Mai 2011 lehnte die Antragsgegnerin diesen Rentenantrag ab, da der Antragsteller weiterhin nicht die notwendigen Unterlagen eingereicht habe.

Am 13. April 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und eine Entscheidung im Eilverfahren beantragt. Er habe einen Rentenantrag gestellt und sei erwerbsunfähig. Die Antragsgegnerin habe ihm daher unverzüglich Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen. Das SG hat mit Beschluss vom 20. Juni 2011 den Eilantrag abgelehnt. Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die begehrte Rente vorliegen würden, könne nicht festgestellt werden, da er nichts unternehme, um seinen Versicherungsverlauf klären zu lassen. Ausgehend von einem Leistungsfall bei erstmaliger Antragstellung im Oktober 2007 sei auch nicht ersichtlich, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein könnten. Denn seit 1995 sei offenbar keine Beitragszahlung des Antragstellers erfolgt. Zum einen sei er nach seinen eigenen Angaben selbständig ohne Beitragszahlung tätig gewesen. Zum anderen habe die AOK mitgeteilt, dass er eine Pflegeleistung von unter 14 Stunden pro Woche erbracht habe und damit insoweit keine Beiträge gezahlt worden seien. Anderweitige Beitragszahlungen seien nicht ersichtlich.

Der Antragsteller hat gegen den ihm am 29. Juni 2011 zugestellten Beschluss am 18. Juli 2011 beim SG Beschwerde eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet hat. Durch drei ärztliche Gutachten sei belegt, dass er voll erwerbsunfähig sei. Er habe nachgewiesen, dass er von Mai 1973 bis zur Wende gearbeitet habe. Desweiteren habe er der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass er bis März 2006 über zehn Jahre lang seine damalige Frau gepflegt habe. Sämtliche Unterlagen habe das Amtsgericht W. beschlagnahmt, was auch der Antragsgegnerin bekannt sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2011 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2011 zurückzuweisen.

Sie erwidert, zum 17. September 2006 sei weder die erforderliche allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt noch das Erfordernis von 36 Kalendermonaten in den letzten fünf Jahren vor der Leistungsminderung. Vor dem 13. April 2006 enthalte das Versicherungskonto keine Beiträge. Selbst wenn man anhand des Rehabilitationsentlassungsberichts der O. Rehaklinik in B. O. vom 27. Juli 2009 auf einen Leistungsfall erstmals am 25. Juni 2009 abstellen würde, wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Zum Zeitpunkt der Leistungsminderung müsse die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten mit Beiträgen erfüllt sein. Dies sei am 25. Juni 2009 allein mit den Beiträgen aus dem Bezug der Sozialleistung ab 13. April 2006 nicht der Fall. Ermittlungen zu weiteren Beiträgen vor 1991 hätten bis jetzt mangels Mitwirkung nicht geführt werden können. Ein späterer Leistungsfall scheide anhand des Vortrags des Antragstellers und den Feststellungen im genannten Entlassungsbericht aus.

Nach dem von der Antragsgegnerin eingereichten Rehabilitationsentlassungsberichts der O. Rehaklinik in B. O ... , in der der Antragsteller sich vom 25. Juni 2009 bis zum 23. Juli 2009 einer stationären Rehabilitationsmaßnahme unterzogen hat, besteht kein positives Leistungsbild auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet. Das SG hat ihn daher zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.

Einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen des SG in dem Beschluss vom 20. Juni 2011 und macht sie sich zu Eigen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren zutreffend darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach derzeitiger Sachlage auch dann nicht erfüllt wären, wenn man anhand des Rehabilitationsentlassungsberichts der O. R. in B. O. vom 27. Juli 2009 auf einen Leistungsfall erstmals am 25. Juni 2009 abstellen würde.

Auch einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, da er von der KoBa W. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des SGB II bezieht. Eine Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile, hier insbesondere existenzieller Not, ist daher nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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