Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 2270/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2124/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2010 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld streitig.
Der 1969 geborene Kläger nahm zum 1. März 2008 ein Arbeitsverhältnis bei der Firma M.A.G. B. GmbH (M.A.G. B.) als Bauleiter auf. Für beide Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses wurde eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum 30. Juni bzw. 31. Dezember vereinbart.
Vereinbart wurde ein monatlicher Bruttolohn von 4.469,31 EUR, der vermögenswirksame Leistungen (VWL) des Arbeitgebers in Höhe von 26,59 EUR monatlich sowie einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstkraftwagens in Höhe von 342,72 EUR monatlich umfasste.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2008 kündigte der Geschäftsführer der M.A.G. B. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 15. Juni 2008. Mit Klage vom 2. Juni 2008, erhoben zum Arbeitsgericht F., Kammern V.-Sch., machte der Kläger den Restlohnanspruch für Monat April 2008 sowie den Lohn für Mai 2008 geltend. Er beantragte zugleich die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der M.A.G. B. nicht zum 15. Juni 2008 aufgelöst wurde, sondern fortbestehe. Daneben begehrte er Urlaubsgeld in Höhe von 2.234,65 EUR brutto sowie mit einer Klageerweiterung weitere 398,85 EUR (VWL für eine frühere sowie die jetzige Beschäftigung im Zeitraum März 2007 bis einschließlich Mai 2008).
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 27. Juni 2008 gab der Bevollmächtigte der M.A.G. B. ein Anerkenntnis bezüglich der Kündigungsschutzanträge ab. Bezüglich der auf Lohnaußenstände gerichteten Anträge erklärte er, diese seien zwar dem Grunde nach berechtigt, könnten aber im Hinblick auf fehlende liquide Mittel nicht bedient werden, weshalb ein Anerkenntnis nicht abgegeben werden könne.
Im Kammertermin am 28. Juli 2008 schlossen der Kläger und die M.A.G. B. einen Vergleich, in dem sich die M.A.G. B. verpflichtete, dem Kläger den ausstehenden Lohn für April und Mai 2008 sowie das Urlaubsgeld und die VWL im geltend gemachten Umfang zu zahlen. Die Parteien einigten sich über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008. Der Bevollmächtigte der M.A.G. B. wies dabei ausweislich der Niederschrift neuerlich darauf hin, dass die Erfüllung von Zahlungsansprüchen angesichts der Vermögenssituation der M.A.G. B. unsicher sei.
Am 18. Mai 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld für die Monate April bis Juni 2008. Im Antragsformular gab er an, er habe letztmalig Anfang Juni 2008 für seinen Arbeitgeber gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung des Arbeitgebers zum 15. Juni 2008 beendet worden. Er habe gegen die Kündigung Klage zum Arbeitsgericht Fr. erhoben. Seinerseits habe er zum 25. Oktober 2008 gekündigt. Aus dem Antrag geht weiter hervor, dass im April 2008 noch 1500,- EUR bezahlt worden seien, während in den Monaten Mai und Juni 2008 keine Geldzahlungen mehr seitens des Arbeitgebers geflossen seien.
Als Insolvenzereignis nannte er im Antragsvordruck den 19. März 2009; an diesem Tag sei die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse erfolgt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Mai 2009 ab. Das maßgebliche Insolvenzereignis sei am 26. Februar 2009 eingetreten. Ausgehend hiervon habe der Kläger die Ausschlussfrist für die Antragstellung von zwei Monaten versäumt. Hiergegen richtete sich der am 29. Mai 2009 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch vom 28. Mai 2009. Der Kläger trug durch seinen Bevollmächtigten zur Begründung vor, dass Insolvenzereignis sei mit der Veröffentlichung des Beschlusses des Amtsgerichts R. vom 19. März 2009 eingetreten. Auf Nachfrage teilte er mit, er habe sich in der Vergangenheit durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im August und Dezember 2008 um die Durchsetzung seiner Entgeltansprüche bemüht. Ferner habe auf seinen Antrag hin sein ehemaliger Arbeitgeber die eidesstattliche Versicherung vom 27. Januar 2009 abgegeben. Das diesbezügliche Protokoll habe er über seinen Bevollmächtigten am 5. Februar 2009 erhalten. Mit Schreiben vom 13. Februar 2009 sowie 9. März 2009 sei ein Bevollmächtigter der M.A.G. B. an den Bevollmächtigten des Klägers herangetreten und habe jeweils um Unterbreitung eines Ratenzahlungsangebots zur Zurückführung der Verbindlichkeiten der ehemaligen Arbeitgeberin gegenüber dem Kläger gebeten. Mit Veröffentlichung des Beschlusses des Insolvenzgerichts R. vom 19. März 2009 habe der Kläger dann Kenntnis über das Insolvenzereignis erlangt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei bereits mit Beschluss vom 26. Februar 2009 abgelehnt worden. Die zweimonatige Ausschlussfrist habe am 27. April 2009 geendet. Der Antrag vom 18. Mai 2009 sei damit außerhalb der Anschlussfrist gestellt worden. Eine Nachfrist könne nicht eingeräumt werden, da der Kläger am 19. März 2009 Kenntnis vom Insolvenzereignis erlangt habe und das Antragshindernis mithin während der eigentlichen Frist weggefallen sei. Bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt wäre es dem Kläger möglich gewesen, die Frist noch einzuhalten.
Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid am 13. Juli 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger habe erstmalig am 19. März 2009 Kenntnis über die endgültige Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse erhalten. Der Kläger habe keine Verpflichtung, sozusagen stündlich oder täglich beim zuständigen Insolvenzgericht sich nach dem Stand des Insolvenzverfahrens zu erkundigen. Von früheren Anträgen auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, insbesondere von dem Beschluss vom 26. Februar 2009 habe der Kläger keine Kenntnis gehabt. Aus vorher eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hätten entsprechende Kenntnisse nicht gezogen werden können. Die eingeholte eidesstattliche Versicherung der M.A.G. B. vom 27. Januar 2009 habe keinen Hinweis auf einen schon gestellten Insolvenzantrag enthalten. Die Frage danach sei vielmehr ausdrücklich verneint worden. Somit habe sich der Kläger auf die zweimonatige Frist nach dem letzten Beschluss vom 19. März 2008 verlassen dürfen. Der Beschluss vom 19. März 2008 stelle auch ein isoliertes Insolvenzereignis dar. Die Beklagte hat im Wesentlichen auf ihre bisherigen Ausführungen verwiesen.
Auf Anfrage des SG hat das Amtsgericht R. - Insolvenzgericht - unter dem 12. November 2009 mitgeteilt, dass im Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der M.A.G. B. neben dem mit Beschluss vom 19. März 2009 beschiedenen Antrags der Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers noch zwei weitere Gläubigeranträge vom 03. und 17. Dezember 2008 anhängig gewesen seien, welche bereits zuvor mit Beschlüssen vom 26. Februar 2009 abschlägig beschieden worden seien.
Das SG hat durch Urteil vom 30. März 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2009 verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld zu zahlen. Dem Kläger stehe zur Überzeugung der Kammer ein Anspruch auf Insolvenzgeld dem Grunde nach zu, was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten sei. Der Anspruch scheitere aber entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht an der Versäumung der in § 324 Abs. 3 SGB III vorgesehen Antragsfrist. Zwar habe der Kläger vorliegend die Ausschlussfrist von 2 Monaten tatsächlich versäumt; als maßgebliches Insolvenzereignis müsse auf die beiden ersten Beschlüsse vom 26. Februar 2009 abgestellt werden. Dem Kläger sei aber eine Nachfrist einzuräumen. Das SG sei der Überzeugung, dass sich der Kläger mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Bemerkenswert sei, dass der Kläger noch im Jahr 2008 zweimal Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt und sogar dafür Sorge getragen habe, dass der Gesellschafter der ehemaligen Arbeitgeberin die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Wegen der darin formularmäßig mit "Nein" beantworteten Frage nach einem bereits gestellten Insolvenzantrag könne dem Kläger seine Unkenntnis hinsichtlich der bereits im Dezember gestellten Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, über die dann am 26. Februar 2009 entschieden worden sei, nicht als fahrlässig zur Last gelegt werden. Vielmehr folge aus dem Umstand, dass er jedenfalls vom dritten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis erlangt und den Beschluss auch beachtet habe, dass er nach wie vor bemüht gewesen sei, sich um seine Entgeltangelegenheiten zu kümmern. Er sei auch ohne anderweitige Anhaltspunkte nicht veranlasst gewesen, bei Kenntnisnahme eines Beschlusses über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nachzuhaken, ob nicht bereits früher ein ähnlicher Beschluss ergangen sei.
Gegen dieses, ihr am 16. April 2010 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 3. Mai 2010 eingelegten Berufung. Zur Begründung wird vorgetragen: Der Kläger habe sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche gekümmert. Nachdem die ehemalige Arbeitgeberin am 27. Januar 2009 gegenüber der Gerichtsvollzieherin die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und aus dem Vermögensverzeichnis keinerlei Vermögen ersichtlich gewesen sei, hätte der rechtskundige Bevollmächtigte des Klägers mit einer Insolvenz bzw. mit einer Betriebseinstellung rechnen müssen. Nach zwei vorangegangenen erfolglosen Vollstreckungsversuchen hätte es nahegelegen, sich beim Insolvenzgericht zu erkundigen und einen vorsorglichen Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen. Der Kläger müsse sich die Versäumnisse seines Bevollmächtigten entgegenhalten lassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, bis zum Eingang des vom Kläger unter dem 8. Mai 2009 persönlich ausgefüllten Antrags auf Insolvenzgeld in der Kanzlei hätten die Bevollmächtigten des Klägers kein Mandat zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Insolvenzgeld gehabt. Der Kläger sei von seinem Bevollmächtigten unter dem 30. März 2009 über den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 19. März 2009 und über die Notwendigkeit eines kurzfristigen Insolvenzgeldantrags informiert worden. Unter dem 5. Mai 2009 habe man den Kläger fürsorglich darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Insolvenzgeld bis spätestens 19. Mai 2009 zu stellen sei.
Am 18. Februar 2011 hat eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Streitgegenstands stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 18. Februar 2011 verwiesen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren vor dem Arbeitsgericht F., Kammern V.-Sch. (Az. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg; dem Kläger kommt kein Anspruch auf Insolvenzgeld zu.
Anspruch auf Insolvenzgeld haben gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III Arbeitnehmer, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Abweichend hiervon ist Insolvenzgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (Abs. 3 Satz 1). Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird (Satz 2). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (Satz 3).
Entgegen der Auffassung des SG und des Klägers ist der erkennende Senat überzeugt, dass der Kläger Insolvenzgeld nach diesen Maßgaben nicht rechtzeitig beantragt hat:
1. Der Kläger hat mit seinem Antrag vom 18. Mai 2009 zum einen die Ausschlussfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III verfehlt: Zwischen den in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III genannten drei Insolvenzereignissen besteht kein Rangverhältnis, vielmehr ist maßgeblich dasjenige Ereignis, durch das die Zahlungsunfähigkeit erstmals zu Tage getreten ist; dieses früheste Ereignis schafft für die später eintretenden Insolvenzereignisse eine Sperrwirkung (BSG vom 08.02.2001 - B 11 AL 27/00 R - juris Rdnr. 16). In Betracht kommt als maßgebliches Insolvenzereignis - wie von der Beklagten angenommen - die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschlüssen des Amtsgerichts R. - Insolvenzgericht - vom 26. Februar 2009, mit denen das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der M.A.G. B. mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen wurde. Die zweimonatige Ausschlussfrist hätte dann spätestens mit dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 26. Februar 2009 zu laufen begonnen. Für den Beginn der Frist ist dabei unerheblich, dass der Kläger vom Insolvenzereignis keine Kenntnis hatte (BSG vom 10.04.1985 - 10 RAr 11/84 = SozR 4100 § 141e Nr. 8 - juris Orientierungssatz). Gemäß §§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB hätte die Frist demnach am 26. April 2009 geendet. Nachdem dies ein Sonntag war, wäre die Frist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X aber erst am 27. April 2009 abgelaufen. Innerhalb dieser Ausschlussfrist wurde der Antrag auf Insolvenzgeld unstreitig nicht gestellt.
Einige Punkte sprechen sogar dafür, dass bereits vor diesen Beschlüssen ein Insolvenzereignis gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III eingetreten war: So war die M.A.G. B. bereits ab April 2008 außerstande, ihre Arbeitnehmer zu bezahlen. Ihr Bevollmächtigter im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat im Güte- wie auch im Kammertermin jeweils auf die schlechte Vermögenslage der M.A.G. B. hingewiesen. Das Insolvenzgericht wiederum hat für die Abweisung der Insolvenzanträge mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse in den Beschlüssen vom 26. Februar 2009 insbesondere auf die Offenlegung des Vermögens in einer vom Geschäftsführer der M.A.G. B. abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 21. Oktober 2008 abgestellt. Diesen beachtlichen Indizien für eine Beendigung der Betriebstätigkeit steht allerdings die Aussage des Geschäftsführers der M.A.G. B. in der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009 gegenüber, die Betriebstätigkeit sei noch nicht eingestellt worden. Letztendlich kann diese Frage aber auf sich beruhen; denn im Falle eines Insolvenzereignisses vor dem 26. Februar 2009 hätte der Kläger die zweimonatige Ausschlussfrist erst recht versäumt.
2. Zum anderen liegen die Voraussetzungen für eine Nachfrist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB III zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht vor. a) Dies gilt einmal, wenn man als Insolvenzereignis den 26. Februar 2009 zugrunde legt: Die weitere Frist hätte dem Kläger nur zur Verfügung gestanden, wenn er die erste Frist aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten sind, versäumt hätte. Zu vertreten hat er auch leichte Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Regelung über die Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III stellt eine spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X; § 67 SGG) dar (BSG vom 29.10.1992 - 10 RAr 14/91 = SozR 3-4100 § 141e - juris Rdnr. 15), so dass die zu §§ 27 SGB X, 67 SGG erarbeiteten Maßstäbe in gleicher Weise anzuwenden sind. Danach gilt ein objektiver Sorgfaltsmaßstab, der sich allerdings an den Erkenntnisfähigkeiten und den nach seiner Persönlichkeit zu beurteilenden Handlungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers orientiert (Peters-Lange, info also 2007, 51, 57). Zu vertreten hat der Arbeitnehmer demnach die Nichtbeachtung einer ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (Striebinger, in Gagel, SGB II/SGB III, § 324 Rdnr. 31).
Demzufolge ist hier die Prüfung geboten, ob der Arbeitnehmer hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Insolvenzereignisses erhielt und dennoch in Richtung einer Insolvenzgeldantragstellung untätig blieb. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer nach den Gesamtumständen nicht mehr auf Zahlungen seitens seines Arbeitgebers vertrauen durfte, und das Untätigbleiben, also insbesondere das weitere Hinausschieben eines Antrags auf Insolvenzgeld bzw. dahingehender Erkundigungen bei der Arbeitsagentur mit vernünftigen Gründen bei der Verfolgung der eigenen Rechte und Interessen nicht mehr erklärbar ist, ist es ihm zuzumuten, dann aber auch zu verlangen, sich sachkundig zu machen, Rechtsrat einzuholen und ggfs. vorsorglich Insolvenzgeld zu beantragen (HessLSG vom 26.10.2007 - L 7 AL 185/05, info also 2008, 17 - juris Rdnr. 28; Peters-Lange, a.a.O., S. 58).
Vorliegend musste sich dem Kläger eine drohende Insolvenz der M.A.G. B. geradezu aufdrängen: Die frühere Arbeitgeberin blieb dem Kläger bereits das zweite Monatsgehalt nach Anstellung im März 2008 zu einem großen Teil und sämtliche weiteren Monatsgehälter vollständig schuldig. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im August und Dezember 2008 zur Durchsetzung der Arbeitsentgeltansprüche blieben erfolglos. Im Gütetermin wie auch Kammertermin vor dem Arbeitsgericht hat der Bevollmächtigte der beklagten ehemaligen Arbeitsgeberin ausweislich der Niederschrift jeweils explizit darauf hingewiesen, dass eine Erfüllung von Zahlungsansprüchen im Hinblick auf die Vermögenssituation der M.A.G. B. derzeit unsicher sei. Die Aussichtslosigkeit weiterer Bemühungen um eine Befriedigung seiner Ansprüche musste dem Kläger dann spätestens mit der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009, die ihm von seinem Bevollmächtigten am 5. Februar 2009 zugeleitet wurde, offenbar werden. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherung war die M.A.G. B. zu diesem Zeitpunkt nämlich vollständig vermögenslos.
Dies hätte für den Kläger Anlass sein müssen, sich entweder beim Amtsgericht oder bei der Agentur für Arbeit hinsichtlich eines ggf. anhängigen Insolvenzverfahrens über seine damalige Arbeitgeberin zu erkundigen (vgl. LSG Brandenburg vom 28.01.2004 - L 8 AL 47/02 - juris Rdnr. 33; LSG Baden-Württemberg vom 14.12.2007 - L 8 AL 2214/06 - sozialgerichtsbarkeit.de). Bereits eine formlose Anfrage des Klägers beim zuständigen Amtsgericht hätte in diesem Fall zu Tage gefördert, dass schon mit Datum vom 3. Dezember 2008 sowie 17. Dezember 2008 Gläubigeranträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M.A.G. B. beim Amtsgericht R. - Insolvenzgericht - eingegangen waren. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht damit exkulpieren, dass der Geschäftsführer der M.A.G. B. in der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009 fehlerhaft die Stellung von Insolvenzanträgen verneint hatte. Angesichts der katastrophalen Finanzlage der M.A.G. B., die sich dem Kläger auch unter Berücksichtigung seines individuellen Erkenntnisvermögens aufdrängen musste, war die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest in Bälde Insolvenzanträge gestellt würden, geradezu mit den Händen zu greifen. Der Kläger hätte somit bei Anwendung der notwendigen und von ihm zu erwartenden Sorgfalt zeitnah von den Beschlüssen des Insolvenzgerichts vom 26. Februar 2009 Kenntnis erlangt. Bei einem angenommenen Insolvenzereignis am 26. Februar 2009 wäre der Kläger demnach ohne weiteres im Stande gewesen, die Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III einzuhalten.
Ein Vertretenmüssen der unterbliebenen Antragstellung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger von seinem Bevollmächtigten - nach einem ersten Hinweis darauf, dass das Amtsgericht R. mit Beschluss vom 19. März 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt hat und damit kurzfristig ein Insolvenzgeldantrag zu stellen sei (Schriftsatz vom 30. März 2009) - unter dem 5. Mai 2009 darauf hingewiesen worden ist, dass der Antrag bis spätestens 19. Mai 2009 zu stellen sei. Indes ist für die Zurechnung einer Sorgfaltspflichtverletzung eines Vertreter im Rahmen der Regelung über die Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III als spezialgesetzlicher Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die Grundsätze in §§ 27 SGB X, 67 SGG zurückzugreifen. Danach ist regelmäßig Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Betroffene von einer Person eine falsche Auskunft erhalten hat, auf deren Sachkunde er einerseits vertrauen durfte, die er anderseits jedoch nicht mit der Wahrnehmung seiner Interessen betraut hat (BSG vom 29.10.1992, a.a.O., juris Rdnr. 16; LSG Sachsen-Anhalt vom 23.02.2005 - L 2 AL 55/03 - juris Rdnr. 27 und Leitsatz).
Es kann aber dahingestellt bleiben, ob es vorliegend zum Pflichtenkreis des Bevollmächtigten gehört hat, den Kläger über das Insolvenzgeld und die ablaufenden Fristen zu informieren, so dass sich der Kläger die mitgeteilte fehlerhafte Frist hätte zurechnen lassen müssen. Denn die fehlerhafte Auskunft des Bevollmächtigten konnte sich schon gar nicht mehr ursächlich auf die Versäumnis der Ausschlussfrist auswirken, da im Zeitpunkt der Auskunftserteilung die Ausschlussfrist (am 27. April 2009) bereits verstrichen war.
b) Unter Zugrundelegung eines "früheren" Insolvenzereignisses nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III auf Basis einer vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit vor dem 26. Dezember 2008 wäre die Ausschlussfrist am 26. Februar 2009 bereits verstrichen gewesen. Spätestens mit der Abweisung der Insolvenzanträge durch die Beschlüsse vom 26. Februar 2009 konnte sich der Kläger aber auch insoweit nicht mehr auf eine unverschuldete Unkenntnis berufen; ab diesem Zeitpunkt wäre ein Hinderungsgrund entfallen gewesen und hätte die zweimonatige Nachfrist gem. § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III zu laufen begonnen. Diese Frist hätte der Kläger aber gleichfalls versäumt. Damit wirkt sich die Annahme eines früheren Insolvenzereignisses nicht zum Vorteil des Klägers aus.
Hat der Kläger in vorwerfbarer Weise die Ausschluss- bzw. Nachfrist versäumt, so entfällt der Vorwurf der sorgfaltswidrigen Unkenntnis nicht etwa im Hinblick darauf, dass der Kläger - wie das SG in seinem Urteil vom 30. März 2010 annimmt - sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Mit diesem Vorbringen kann er sich nicht auf § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III stützen. Dort ist nur geregelt, dass der Arbeitnehmer die Versäumung der Ausschlussfrist stets zu vertreten hat, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Forderung gegenüber dem Arbeitgeber bemüht hat. Hieraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass er die Versäumung der Ausschlussfrist nicht zu vertreten hat, wenn und solange er sich in diesem Sinne bemüht hat. Wenn der Gesetzgeber an das von ihm erwartete "Bemühen" die Rechtsfolge hätte knüpfen wollen, dass die Antragsfrist so lange gehemmt oder unterbrochen sein soll, wie das Bemühen anhält, so hätte er das positiv ausgedrückt. Die tatsächlich gewählte Fassung enthält aber ausweislich ihres unmissverständlichen Wortlauts nur eine "Sanktion" für den Fall des "Nichtbemühens" (BSG vom 10.04.1985, a.a.O., juris Rdnr. 15).
Nach alledem war der Berufung statt zu geben.
Nachdem der Insolvenzgeldanspruch bereits infolge verspäteter Geltendmachung untergegangen ist, kann dahingestellt bleiben, ob sich der maßgebliche Insolvenzgeldzeitraum - wie die Beteiligten und wohl auch das SG übereinstimmend angenommen haben - auf die Monate April bis Juni 2008 erstreckt hätte. Zweifel bestehen daran deshalb, weil das Arbeitsverhältnis laut dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich bis 31. Dezember 2008 fortdauern sollte. Abgesichert werden Arbeitsentgeltansprüche für die letzten, dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses und nicht des Beschäftigungsverhältnisses; der Arbeitsentgeltausfall nach dem Ende der Beschäftigung wird daher mit einbezogen, wenn das Arbeitsverhältnis andauert (Niesel/Brand, SGB III, § 183 Rdnr. 50). Waren maßgebliches Insolvenzereignis hier die beiden Beschlüsse vom 26. Februar 2009 des Amtsgerichts R. - Insolvenzgericht, so wäre Insolvenzgeld demnach für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis einschließlich 31. Dezember 2008 zu zahlen gewesen. Bei einer - vom Kläger im Insolvenzantrag behaupteten - früheren Kündigung zum 25. Oktober sowie bei einem früheren Insolvenzereignis wäre der Zeitraum entsprechend vorzuverlegen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat.
Nachdem aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung Kriterien und Grundsätze zur Auslegung zu entnehmen sind, die für die Entscheidung im vorliegenden Einzelfall genügen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch beruht die Entscheidung auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Sonstige Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision sind für den Senat nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld streitig.
Der 1969 geborene Kläger nahm zum 1. März 2008 ein Arbeitsverhältnis bei der Firma M.A.G. B. GmbH (M.A.G. B.) als Bauleiter auf. Für beide Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses wurde eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum 30. Juni bzw. 31. Dezember vereinbart.
Vereinbart wurde ein monatlicher Bruttolohn von 4.469,31 EUR, der vermögenswirksame Leistungen (VWL) des Arbeitgebers in Höhe von 26,59 EUR monatlich sowie einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstkraftwagens in Höhe von 342,72 EUR monatlich umfasste.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2008 kündigte der Geschäftsführer der M.A.G. B. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 15. Juni 2008. Mit Klage vom 2. Juni 2008, erhoben zum Arbeitsgericht F., Kammern V.-Sch., machte der Kläger den Restlohnanspruch für Monat April 2008 sowie den Lohn für Mai 2008 geltend. Er beantragte zugleich die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der M.A.G. B. nicht zum 15. Juni 2008 aufgelöst wurde, sondern fortbestehe. Daneben begehrte er Urlaubsgeld in Höhe von 2.234,65 EUR brutto sowie mit einer Klageerweiterung weitere 398,85 EUR (VWL für eine frühere sowie die jetzige Beschäftigung im Zeitraum März 2007 bis einschließlich Mai 2008).
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 27. Juni 2008 gab der Bevollmächtigte der M.A.G. B. ein Anerkenntnis bezüglich der Kündigungsschutzanträge ab. Bezüglich der auf Lohnaußenstände gerichteten Anträge erklärte er, diese seien zwar dem Grunde nach berechtigt, könnten aber im Hinblick auf fehlende liquide Mittel nicht bedient werden, weshalb ein Anerkenntnis nicht abgegeben werden könne.
Im Kammertermin am 28. Juli 2008 schlossen der Kläger und die M.A.G. B. einen Vergleich, in dem sich die M.A.G. B. verpflichtete, dem Kläger den ausstehenden Lohn für April und Mai 2008 sowie das Urlaubsgeld und die VWL im geltend gemachten Umfang zu zahlen. Die Parteien einigten sich über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008. Der Bevollmächtigte der M.A.G. B. wies dabei ausweislich der Niederschrift neuerlich darauf hin, dass die Erfüllung von Zahlungsansprüchen angesichts der Vermögenssituation der M.A.G. B. unsicher sei.
Am 18. Mai 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld für die Monate April bis Juni 2008. Im Antragsformular gab er an, er habe letztmalig Anfang Juni 2008 für seinen Arbeitgeber gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung des Arbeitgebers zum 15. Juni 2008 beendet worden. Er habe gegen die Kündigung Klage zum Arbeitsgericht Fr. erhoben. Seinerseits habe er zum 25. Oktober 2008 gekündigt. Aus dem Antrag geht weiter hervor, dass im April 2008 noch 1500,- EUR bezahlt worden seien, während in den Monaten Mai und Juni 2008 keine Geldzahlungen mehr seitens des Arbeitgebers geflossen seien.
Als Insolvenzereignis nannte er im Antragsvordruck den 19. März 2009; an diesem Tag sei die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse erfolgt. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Mai 2009 ab. Das maßgebliche Insolvenzereignis sei am 26. Februar 2009 eingetreten. Ausgehend hiervon habe der Kläger die Ausschlussfrist für die Antragstellung von zwei Monaten versäumt. Hiergegen richtete sich der am 29. Mai 2009 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch vom 28. Mai 2009. Der Kläger trug durch seinen Bevollmächtigten zur Begründung vor, dass Insolvenzereignis sei mit der Veröffentlichung des Beschlusses des Amtsgerichts R. vom 19. März 2009 eingetreten. Auf Nachfrage teilte er mit, er habe sich in der Vergangenheit durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im August und Dezember 2008 um die Durchsetzung seiner Entgeltansprüche bemüht. Ferner habe auf seinen Antrag hin sein ehemaliger Arbeitgeber die eidesstattliche Versicherung vom 27. Januar 2009 abgegeben. Das diesbezügliche Protokoll habe er über seinen Bevollmächtigten am 5. Februar 2009 erhalten. Mit Schreiben vom 13. Februar 2009 sowie 9. März 2009 sei ein Bevollmächtigter der M.A.G. B. an den Bevollmächtigten des Klägers herangetreten und habe jeweils um Unterbreitung eines Ratenzahlungsangebots zur Zurückführung der Verbindlichkeiten der ehemaligen Arbeitgeberin gegenüber dem Kläger gebeten. Mit Veröffentlichung des Beschlusses des Insolvenzgerichts R. vom 19. März 2009 habe der Kläger dann Kenntnis über das Insolvenzereignis erlangt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei bereits mit Beschluss vom 26. Februar 2009 abgelehnt worden. Die zweimonatige Ausschlussfrist habe am 27. April 2009 geendet. Der Antrag vom 18. Mai 2009 sei damit außerhalb der Anschlussfrist gestellt worden. Eine Nachfrist könne nicht eingeräumt werden, da der Kläger am 19. März 2009 Kenntnis vom Insolvenzereignis erlangt habe und das Antragshindernis mithin während der eigentlichen Frist weggefallen sei. Bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt wäre es dem Kläger möglich gewesen, die Frist noch einzuhalten.
Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid am 13. Juli 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger habe erstmalig am 19. März 2009 Kenntnis über die endgültige Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse erhalten. Der Kläger habe keine Verpflichtung, sozusagen stündlich oder täglich beim zuständigen Insolvenzgericht sich nach dem Stand des Insolvenzverfahrens zu erkundigen. Von früheren Anträgen auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, insbesondere von dem Beschluss vom 26. Februar 2009 habe der Kläger keine Kenntnis gehabt. Aus vorher eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hätten entsprechende Kenntnisse nicht gezogen werden können. Die eingeholte eidesstattliche Versicherung der M.A.G. B. vom 27. Januar 2009 habe keinen Hinweis auf einen schon gestellten Insolvenzantrag enthalten. Die Frage danach sei vielmehr ausdrücklich verneint worden. Somit habe sich der Kläger auf die zweimonatige Frist nach dem letzten Beschluss vom 19. März 2008 verlassen dürfen. Der Beschluss vom 19. März 2008 stelle auch ein isoliertes Insolvenzereignis dar. Die Beklagte hat im Wesentlichen auf ihre bisherigen Ausführungen verwiesen.
Auf Anfrage des SG hat das Amtsgericht R. - Insolvenzgericht - unter dem 12. November 2009 mitgeteilt, dass im Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der M.A.G. B. neben dem mit Beschluss vom 19. März 2009 beschiedenen Antrags der Kanzlei des Bevollmächtigten des Klägers noch zwei weitere Gläubigeranträge vom 03. und 17. Dezember 2008 anhängig gewesen seien, welche bereits zuvor mit Beschlüssen vom 26. Februar 2009 abschlägig beschieden worden seien.
Das SG hat durch Urteil vom 30. März 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2009 verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld zu zahlen. Dem Kläger stehe zur Überzeugung der Kammer ein Anspruch auf Insolvenzgeld dem Grunde nach zu, was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten sei. Der Anspruch scheitere aber entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht an der Versäumung der in § 324 Abs. 3 SGB III vorgesehen Antragsfrist. Zwar habe der Kläger vorliegend die Ausschlussfrist von 2 Monaten tatsächlich versäumt; als maßgebliches Insolvenzereignis müsse auf die beiden ersten Beschlüsse vom 26. Februar 2009 abgestellt werden. Dem Kläger sei aber eine Nachfrist einzuräumen. Das SG sei der Überzeugung, dass sich der Kläger mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Bemerkenswert sei, dass der Kläger noch im Jahr 2008 zweimal Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt und sogar dafür Sorge getragen habe, dass der Gesellschafter der ehemaligen Arbeitgeberin die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Wegen der darin formularmäßig mit "Nein" beantworteten Frage nach einem bereits gestellten Insolvenzantrag könne dem Kläger seine Unkenntnis hinsichtlich der bereits im Dezember gestellten Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, über die dann am 26. Februar 2009 entschieden worden sei, nicht als fahrlässig zur Last gelegt werden. Vielmehr folge aus dem Umstand, dass er jedenfalls vom dritten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis erlangt und den Beschluss auch beachtet habe, dass er nach wie vor bemüht gewesen sei, sich um seine Entgeltangelegenheiten zu kümmern. Er sei auch ohne anderweitige Anhaltspunkte nicht veranlasst gewesen, bei Kenntnisnahme eines Beschlusses über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nachzuhaken, ob nicht bereits früher ein ähnlicher Beschluss ergangen sei.
Gegen dieses, ihr am 16. April 2010 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 3. Mai 2010 eingelegten Berufung. Zur Begründung wird vorgetragen: Der Kläger habe sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche gekümmert. Nachdem die ehemalige Arbeitgeberin am 27. Januar 2009 gegenüber der Gerichtsvollzieherin die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und aus dem Vermögensverzeichnis keinerlei Vermögen ersichtlich gewesen sei, hätte der rechtskundige Bevollmächtigte des Klägers mit einer Insolvenz bzw. mit einer Betriebseinstellung rechnen müssen. Nach zwei vorangegangenen erfolglosen Vollstreckungsversuchen hätte es nahegelegen, sich beim Insolvenzgericht zu erkundigen und einen vorsorglichen Antrag auf Insolvenzgeld zu stellen. Der Kläger müsse sich die Versäumnisse seines Bevollmächtigten entgegenhalten lassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, bis zum Eingang des vom Kläger unter dem 8. Mai 2009 persönlich ausgefüllten Antrags auf Insolvenzgeld in der Kanzlei hätten die Bevollmächtigten des Klägers kein Mandat zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Insolvenzgeld gehabt. Der Kläger sei von seinem Bevollmächtigten unter dem 30. März 2009 über den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 19. März 2009 und über die Notwendigkeit eines kurzfristigen Insolvenzgeldantrags informiert worden. Unter dem 5. Mai 2009 habe man den Kläger fürsorglich darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Insolvenzgeld bis spätestens 19. Mai 2009 zu stellen sei.
Am 18. Februar 2011 hat eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Streitgegenstands stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 18. Februar 2011 verwiesen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Gerichtsakte im Verfahren vor dem Arbeitsgericht F., Kammern V.-Sch. (Az. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg; dem Kläger kommt kein Anspruch auf Insolvenzgeld zu.
Anspruch auf Insolvenzgeld haben gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III Arbeitnehmer, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Abweichend hiervon ist Insolvenzgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen (Abs. 3 Satz 1). Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird (Satz 2). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (Satz 3).
Entgegen der Auffassung des SG und des Klägers ist der erkennende Senat überzeugt, dass der Kläger Insolvenzgeld nach diesen Maßgaben nicht rechtzeitig beantragt hat:
1. Der Kläger hat mit seinem Antrag vom 18. Mai 2009 zum einen die Ausschlussfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III verfehlt: Zwischen den in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III genannten drei Insolvenzereignissen besteht kein Rangverhältnis, vielmehr ist maßgeblich dasjenige Ereignis, durch das die Zahlungsunfähigkeit erstmals zu Tage getreten ist; dieses früheste Ereignis schafft für die später eintretenden Insolvenzereignisse eine Sperrwirkung (BSG vom 08.02.2001 - B 11 AL 27/00 R - juris Rdnr. 16). In Betracht kommt als maßgebliches Insolvenzereignis - wie von der Beklagten angenommen - die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschlüssen des Amtsgerichts R. - Insolvenzgericht - vom 26. Februar 2009, mit denen das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der M.A.G. B. mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen wurde. Die zweimonatige Ausschlussfrist hätte dann spätestens mit dem Eintritt des Insolvenzereignisses am 26. Februar 2009 zu laufen begonnen. Für den Beginn der Frist ist dabei unerheblich, dass der Kläger vom Insolvenzereignis keine Kenntnis hatte (BSG vom 10.04.1985 - 10 RAr 11/84 = SozR 4100 § 141e Nr. 8 - juris Orientierungssatz). Gemäß §§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB hätte die Frist demnach am 26. April 2009 geendet. Nachdem dies ein Sonntag war, wäre die Frist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X aber erst am 27. April 2009 abgelaufen. Innerhalb dieser Ausschlussfrist wurde der Antrag auf Insolvenzgeld unstreitig nicht gestellt.
Einige Punkte sprechen sogar dafür, dass bereits vor diesen Beschlüssen ein Insolvenzereignis gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III eingetreten war: So war die M.A.G. B. bereits ab April 2008 außerstande, ihre Arbeitnehmer zu bezahlen. Ihr Bevollmächtigter im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat im Güte- wie auch im Kammertermin jeweils auf die schlechte Vermögenslage der M.A.G. B. hingewiesen. Das Insolvenzgericht wiederum hat für die Abweisung der Insolvenzanträge mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse in den Beschlüssen vom 26. Februar 2009 insbesondere auf die Offenlegung des Vermögens in einer vom Geschäftsführer der M.A.G. B. abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 21. Oktober 2008 abgestellt. Diesen beachtlichen Indizien für eine Beendigung der Betriebstätigkeit steht allerdings die Aussage des Geschäftsführers der M.A.G. B. in der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009 gegenüber, die Betriebstätigkeit sei noch nicht eingestellt worden. Letztendlich kann diese Frage aber auf sich beruhen; denn im Falle eines Insolvenzereignisses vor dem 26. Februar 2009 hätte der Kläger die zweimonatige Ausschlussfrist erst recht versäumt.
2. Zum anderen liegen die Voraussetzungen für eine Nachfrist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB III zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht vor. a) Dies gilt einmal, wenn man als Insolvenzereignis den 26. Februar 2009 zugrunde legt: Die weitere Frist hätte dem Kläger nur zur Verfügung gestanden, wenn er die erste Frist aus Gründen, die von ihm nicht zu vertreten sind, versäumt hätte. Zu vertreten hat er auch leichte Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Regelung über die Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III stellt eine spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X; § 67 SGG) dar (BSG vom 29.10.1992 - 10 RAr 14/91 = SozR 3-4100 § 141e - juris Rdnr. 15), so dass die zu §§ 27 SGB X, 67 SGG erarbeiteten Maßstäbe in gleicher Weise anzuwenden sind. Danach gilt ein objektiver Sorgfaltsmaßstab, der sich allerdings an den Erkenntnisfähigkeiten und den nach seiner Persönlichkeit zu beurteilenden Handlungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers orientiert (Peters-Lange, info also 2007, 51, 57). Zu vertreten hat der Arbeitnehmer demnach die Nichtbeachtung einer ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (Striebinger, in Gagel, SGB II/SGB III, § 324 Rdnr. 31).
Demzufolge ist hier die Prüfung geboten, ob der Arbeitnehmer hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Insolvenzereignisses erhielt und dennoch in Richtung einer Insolvenzgeldantragstellung untätig blieb. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer nach den Gesamtumständen nicht mehr auf Zahlungen seitens seines Arbeitgebers vertrauen durfte, und das Untätigbleiben, also insbesondere das weitere Hinausschieben eines Antrags auf Insolvenzgeld bzw. dahingehender Erkundigungen bei der Arbeitsagentur mit vernünftigen Gründen bei der Verfolgung der eigenen Rechte und Interessen nicht mehr erklärbar ist, ist es ihm zuzumuten, dann aber auch zu verlangen, sich sachkundig zu machen, Rechtsrat einzuholen und ggfs. vorsorglich Insolvenzgeld zu beantragen (HessLSG vom 26.10.2007 - L 7 AL 185/05, info also 2008, 17 - juris Rdnr. 28; Peters-Lange, a.a.O., S. 58).
Vorliegend musste sich dem Kläger eine drohende Insolvenz der M.A.G. B. geradezu aufdrängen: Die frühere Arbeitgeberin blieb dem Kläger bereits das zweite Monatsgehalt nach Anstellung im März 2008 zu einem großen Teil und sämtliche weiteren Monatsgehälter vollständig schuldig. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im August und Dezember 2008 zur Durchsetzung der Arbeitsentgeltansprüche blieben erfolglos. Im Gütetermin wie auch Kammertermin vor dem Arbeitsgericht hat der Bevollmächtigte der beklagten ehemaligen Arbeitsgeberin ausweislich der Niederschrift jeweils explizit darauf hingewiesen, dass eine Erfüllung von Zahlungsansprüchen im Hinblick auf die Vermögenssituation der M.A.G. B. derzeit unsicher sei. Die Aussichtslosigkeit weiterer Bemühungen um eine Befriedigung seiner Ansprüche musste dem Kläger dann spätestens mit der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009, die ihm von seinem Bevollmächtigten am 5. Februar 2009 zugeleitet wurde, offenbar werden. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherung war die M.A.G. B. zu diesem Zeitpunkt nämlich vollständig vermögenslos.
Dies hätte für den Kläger Anlass sein müssen, sich entweder beim Amtsgericht oder bei der Agentur für Arbeit hinsichtlich eines ggf. anhängigen Insolvenzverfahrens über seine damalige Arbeitgeberin zu erkundigen (vgl. LSG Brandenburg vom 28.01.2004 - L 8 AL 47/02 - juris Rdnr. 33; LSG Baden-Württemberg vom 14.12.2007 - L 8 AL 2214/06 - sozialgerichtsbarkeit.de). Bereits eine formlose Anfrage des Klägers beim zuständigen Amtsgericht hätte in diesem Fall zu Tage gefördert, dass schon mit Datum vom 3. Dezember 2008 sowie 17. Dezember 2008 Gläubigeranträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M.A.G. B. beim Amtsgericht R. - Insolvenzgericht - eingegangen waren. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht damit exkulpieren, dass der Geschäftsführer der M.A.G. B. in der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2009 fehlerhaft die Stellung von Insolvenzanträgen verneint hatte. Angesichts der katastrophalen Finanzlage der M.A.G. B., die sich dem Kläger auch unter Berücksichtigung seines individuellen Erkenntnisvermögens aufdrängen musste, war die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest in Bälde Insolvenzanträge gestellt würden, geradezu mit den Händen zu greifen. Der Kläger hätte somit bei Anwendung der notwendigen und von ihm zu erwartenden Sorgfalt zeitnah von den Beschlüssen des Insolvenzgerichts vom 26. Februar 2009 Kenntnis erlangt. Bei einem angenommenen Insolvenzereignis am 26. Februar 2009 wäre der Kläger demnach ohne weiteres im Stande gewesen, die Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III einzuhalten.
Ein Vertretenmüssen der unterbliebenen Antragstellung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger von seinem Bevollmächtigten - nach einem ersten Hinweis darauf, dass das Amtsgericht R. mit Beschluss vom 19. März 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt hat und damit kurzfristig ein Insolvenzgeldantrag zu stellen sei (Schriftsatz vom 30. März 2009) - unter dem 5. Mai 2009 darauf hingewiesen worden ist, dass der Antrag bis spätestens 19. Mai 2009 zu stellen sei. Indes ist für die Zurechnung einer Sorgfaltspflichtverletzung eines Vertreter im Rahmen der Regelung über die Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III als spezialgesetzlicher Ausprägung des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die Grundsätze in §§ 27 SGB X, 67 SGG zurückzugreifen. Danach ist regelmäßig Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Betroffene von einer Person eine falsche Auskunft erhalten hat, auf deren Sachkunde er einerseits vertrauen durfte, die er anderseits jedoch nicht mit der Wahrnehmung seiner Interessen betraut hat (BSG vom 29.10.1992, a.a.O., juris Rdnr. 16; LSG Sachsen-Anhalt vom 23.02.2005 - L 2 AL 55/03 - juris Rdnr. 27 und Leitsatz).
Es kann aber dahingestellt bleiben, ob es vorliegend zum Pflichtenkreis des Bevollmächtigten gehört hat, den Kläger über das Insolvenzgeld und die ablaufenden Fristen zu informieren, so dass sich der Kläger die mitgeteilte fehlerhafte Frist hätte zurechnen lassen müssen. Denn die fehlerhafte Auskunft des Bevollmächtigten konnte sich schon gar nicht mehr ursächlich auf die Versäumnis der Ausschlussfrist auswirken, da im Zeitpunkt der Auskunftserteilung die Ausschlussfrist (am 27. April 2009) bereits verstrichen war.
b) Unter Zugrundelegung eines "früheren" Insolvenzereignisses nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III auf Basis einer vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit vor dem 26. Dezember 2008 wäre die Ausschlussfrist am 26. Februar 2009 bereits verstrichen gewesen. Spätestens mit der Abweisung der Insolvenzanträge durch die Beschlüsse vom 26. Februar 2009 konnte sich der Kläger aber auch insoweit nicht mehr auf eine unverschuldete Unkenntnis berufen; ab diesem Zeitpunkt wäre ein Hinderungsgrund entfallen gewesen und hätte die zweimonatige Nachfrist gem. § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III zu laufen begonnen. Diese Frist hätte der Kläger aber gleichfalls versäumt. Damit wirkt sich die Annahme eines früheren Insolvenzereignisses nicht zum Vorteil des Klägers aus.
Hat der Kläger in vorwerfbarer Weise die Ausschluss- bzw. Nachfrist versäumt, so entfällt der Vorwurf der sorgfaltswidrigen Unkenntnis nicht etwa im Hinblick darauf, dass der Kläger - wie das SG in seinem Urteil vom 30. März 2010 annimmt - sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Mit diesem Vorbringen kann er sich nicht auf § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III stützen. Dort ist nur geregelt, dass der Arbeitnehmer die Versäumung der Ausschlussfrist stets zu vertreten hat, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Forderung gegenüber dem Arbeitgeber bemüht hat. Hieraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass er die Versäumung der Ausschlussfrist nicht zu vertreten hat, wenn und solange er sich in diesem Sinne bemüht hat. Wenn der Gesetzgeber an das von ihm erwartete "Bemühen" die Rechtsfolge hätte knüpfen wollen, dass die Antragsfrist so lange gehemmt oder unterbrochen sein soll, wie das Bemühen anhält, so hätte er das positiv ausgedrückt. Die tatsächlich gewählte Fassung enthält aber ausweislich ihres unmissverständlichen Wortlauts nur eine "Sanktion" für den Fall des "Nichtbemühens" (BSG vom 10.04.1985, a.a.O., juris Rdnr. 15).
Nach alledem war der Berufung statt zu geben.
Nachdem der Insolvenzgeldanspruch bereits infolge verspäteter Geltendmachung untergegangen ist, kann dahingestellt bleiben, ob sich der maßgebliche Insolvenzgeldzeitraum - wie die Beteiligten und wohl auch das SG übereinstimmend angenommen haben - auf die Monate April bis Juni 2008 erstreckt hätte. Zweifel bestehen daran deshalb, weil das Arbeitsverhältnis laut dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich bis 31. Dezember 2008 fortdauern sollte. Abgesichert werden Arbeitsentgeltansprüche für die letzten, dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses und nicht des Beschäftigungsverhältnisses; der Arbeitsentgeltausfall nach dem Ende der Beschäftigung wird daher mit einbezogen, wenn das Arbeitsverhältnis andauert (Niesel/Brand, SGB III, § 183 Rdnr. 50). Waren maßgebliches Insolvenzereignis hier die beiden Beschlüsse vom 26. Februar 2009 des Amtsgerichts R. - Insolvenzgericht, so wäre Insolvenzgeld demnach für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis einschließlich 31. Dezember 2008 zu zahlen gewesen. Bei einer - vom Kläger im Insolvenzantrag behaupteten - früheren Kündigung zum 25. Oktober sowie bei einem früheren Insolvenzereignis wäre der Zeitraum entsprechend vorzuverlegen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat.
Nachdem aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung Kriterien und Grundsätze zur Auslegung zu entnehmen sind, die für die Entscheidung im vorliegenden Einzelfall genügen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch beruht die Entscheidung auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Sonstige Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision sind für den Senat nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved