Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1584/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2436/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03.05.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darüber, ob die Beschäftigungszeiten der Klägerin in P. vom 05.09.1961 bis 13.03.1990 der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind und deswegen höhere Rente zu gewähren ist.
Die am 1941 in K. geborene Klägerin siedelte am 14.03.1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises "B". In P. arbeitete sie ab dem 05.09.1961 bei dem "Unternehmen für Bergbauarbeiten in M. " (nachfolgend: PRG - siehe Übersetzung Blatt 35 Rs. VA und Aufstellung der Klägerin Blatt 51d VA), und vom 01.01.1970 bis 13.03.1990 - nach Umstrukturierung des eben genannten Unternehmens - im "Zentralen Reparaturbetrieb des Bergbau-Bauwesens in M. " (nachfolgend: CZNBG - siehe wie eben Blatt 35 Rs, 51d VA). Wegen weiterer Einzelheiten und den weiteren rentenrechtlichen Zeiten der Klägerin wird auf den Versicherungsverlauf vom 17.01.2008 Bezug genommen (Bl. 264 VA).
Die Klägerin war bei der PRG und der CZNBG als Lagerausgeberin, Oberlagerverwalterin bzw. Ober-Ökonomistin und zuletzt als Inspektorin für Angelegenheiten der Informatik tätig. Nach ihren eigenen Angaben bestand der Hauptteil ihrer Tätigkeiten in der Entgegennahme und Ausgabe von Materialien, daneben fielen auch Buchhaltungstätigkeiten, Transporte und Besuche bei Herstellern an. Die beiden Unternehmen bauten Schächte für verschiedene Gruben in ganz Schlesien und führten auch deren ständige Wartung durch (so u.a. zuletzt die Angaben der Klägerin und ihres Neffen im Erörterungstermin vom September 2011, Blatt 70/71 LSG-Akte).
Mit Rentenbescheid vom 06.05.1998 (Bl. 173 VA) bewilligte die Beklagte - nach Abgabe des Verfahrens durch die Beigeladene, bei der die Klägerin einen Rentenantrag gestellt hatte - eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.02.1996 (Bruttorente anfangs 1.597,65 DM). Der Rentenberechnung lagen u.a. alle in P. zurückgelegten Beitragszeiten entsprechend dem deutsch-polnischen Rentenabkommen vom 09.10.1975 und dem Fremdrentengesetz (FRG) zu Grunde, allerdings nicht als knappschaftliche Zeiten, sondern als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter bzw. - Zeiten ab 05.08.1961 - Angestellten. Auf dieser Grundlage wurde der Klägerin ab Mai 2006 Altersrente bewilligt (Bescheid vom 17.01.2006, anfangs brutto 903,02 EUR, Bl. 237 VA).
Am 04.01.2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung der Rentenbewilligungen und machte geltend, die Arbeit sei in bergbaulichen Betrieben ausgeübt worden und folglich müsse die Einstufung als knappschaftliche Beschäftigung erfolgen.
Mit Bescheid vom 16.01.2008 (Bl. 255 VA) gab die Beklagte dem Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X hinsichtlich der teilweisen Zuordnung ihrer Tätigkeit zum Wirtschaftsbereich Bergbau und Energie anstatt bislang Bauwirtschaft sowie hinsichtlich einer teilweisen Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 statt bislang 5 bzw. 4 statt. Hinsichtlich der Zuordnung zur knappschaftlichen Rentenversicherung lehnte die Beklagte den Antrag nach § 44 SGB X ab, da die Klägerin in P. nicht der dort bereits im Jahr 1954 geschlossenen knappschaftlichen Rentenversicherung angehört habe und die Beschäftigungsbetriebe auch nach deutschem Recht keine knappschaftlichen Betriebe gewesen seien. Die Klägerin habe auch keine Arbeiten im Bergbau im Sinne des § 134 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verrichtet. Entsprechend stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.01.2008 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 01.01.2004 und mit Bescheid vom 24.01.2008 die Altersrente von Anfang an neu und höher fest (Nachzahlung 6.521,76 EUR bzw. 5.664,08 EUR). Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.01.2008, den sie insbesondere mit dem Verweis auf drei Kollegen, die im gleichen Betrieb gearbeitet hätten und nun eine Rente von der Knappschaft bezögen, begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008,).
Deswegen hat die Klägerin am 05.05.2008 beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Mit Beschluss vom 08.06.2009 hat das Sozialgericht die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat auf das von ihr erstellte Werksverzeichnis (Bl. 31 ff. SG-Akte) verwiesen. Danach seien die Betriebe PRG und CZNBG nicht knappschaftlich gewesen. Die Klägerin habe in keinen Betrieben gearbeitet, die nach bundesdeutschem Recht zwingend dem Bergbau zuzuordnen gewesen wären. Es habe auch keine zwingende Organisationseinheit mit einem solchen Betrieb bestanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.05.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine Anerkennung knappschaftlicher Zeiten nach § 20 Abs. 2 FRG käme nicht in Betracht, da ab dem Jahr 1954 in P. keine knappschaftliche Versicherung mehr bestanden habe. Auch eine Anerkennung knappschaftlicher Zeiten nach § 20 Abs. 3 FRG i.V.m. § 134 SGB VI scheide aus. Im Betrieb der Klägerin habe keine bergmännische Gewinnung von Mineralien stattgefunden. Auch das Werksverzeichnis der Beigeladenen bestätige, dass es sich um keinen knappschaftlichen Betrieb gehandelt habe. Es liege auch kein enger Zusammenhang mit einem knappschaftlichen Betrieb und damit kein Nebenbetrieb eines solchen vor. Vielmehr seien Arbeiten für mehrere Betriebe verrichtet worden, so dass sich ein besonderes betriebliches Bedürfnis für eine einheitliche Versicherung nicht erkennen lasse. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin spezifische Tätigkeiten verrichtet habe, die im Zusammenhang mit den schwierigen Verhältnissen und Gefahren des Bergbaus gestanden hätten. Auf die Zuordnung von Versicherungsverhältnissen anderer Personen komme es, selbst wenn diese falsch sein sollten, nicht an.
Gegen den ihr am 06.05.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21.05.2010 Berufung eingelegt.
Der Senat hat das für einen Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen von Dr.-Ing. H. erstellte Gutachten zur knappschaftlichen Zuordnung von Tätigkeiten in den Bereichen Berge- und Materialwirtschaften in anonymisierter Form beigezogen. Dr.-Ing. H. bewertete darin u.a. einen polnischen Betrieb, in dem in zentralisierter Form Material für mehrere Bergbauunternehmen bewirtschaftet wurde, eher als knappschaftlichen Betrieb. Auf den weiteren Inhalt dieses Gutachtens wird Bezug genommen (Blatt 28/54 LSG-Akte).
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor, es sei nicht dargelegt worden, warum sie in keinem knappschaftlichen Betrieb gearbeitet haben solle. Das Sozialgericht habe den Sachverhalt nur unvollständig geprüft. Der dem vom Senat beigezogenen Gutachten zu Grunde liegende Sachverhalt sei in vielen Punkten anders. Die Klägerin betont zuletzt noch im Erörterungstermin (s.o.), sie sei in einer knappschaftlichen Versicherung gewesen, habe Kohle bekommen, ihr Unternehmen habe nicht nur Stollen und Schächte gebaut, sondern diese im Rahmen einer typisch knappschaftlichen Tätigkeit auch gewartet.
Die Klägerin beantragt - zum Teil sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03.05.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 zu verurteilen, unter (weiterer) teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006 und Zuordnung der polnischen Beschäftigungszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung eine höhere Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen der Beigeladenen.
Die Beigeladene hat (zuletzt im Erörterungstermin vom 27.09.2011) dargestellt, dass zwischen den eigentlichen Bergbaubetrieben und selbstständigen Bergbauspezialgesellschaften zu unterscheiden sei. Sinn der Bergbauspezialgesellschaften sei, für den Bergbau bestimmte Arbeiten zu verrichten. Beispielsweise sei hier an Schachtbetriebe zu denken. Hinsichtlich dieser Betriebe (in Deutschland u.a. die Firmen D.-H. Shaft Sinking und T. Schachtbau GmbH, s. Bl. 64/65 LSG-Akte) sei bezüglich der Mitarbeiter zu unterscheiden: die Monteure unter Tage könnten knappschaftlich versichert sein, die dahinter stehende Verwaltung jedoch nicht. Die Betriebe, in denen die Klägerin gearbeitet habe, seien keine knappschaftlichen Betriebe gewesen, sondern "Unternehmen für Bergbauarbeiten". Es habe sich um selbstständige Betriebe gehandelt. Ferner sei zwischen der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Bergbaubetrieb (so auch die Ausführungen im beigezogenen Gutachten), die knappschaftlich sein könne, und der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Schachtbaubetrieb, die nicht knappschaftlich einzuordnen sei, zu unterscheiden. Soweit die Klägerin behaupte, zu einer knappschaftlichen Versicherung Beiträge gezahlt zu haben, könne es nur eine freiwillige Versicherung gewesen sein, da es in P. zum Zeitpunkt ihrer Beschäftigung keine knappschaftliche Pflichtversicherung mehr gegeben habe. Da in P. viele Betriebe dem Bergbau zugeordnet worden seien, hätten die Mitarbeiter dieser Betriebe Bergmannskarten bekommen, auf die sie auch Kohle erhalten hätten.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2008, soweit die Beklagte darin im Hinblick auf die bislang nicht erfolgte Anerkennung der polnischen Beschäftigungszeiten als knappschaftliche Zeiten die (weitere) teilweise Rücknahme der zuvor ergangenen Rentenbescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006 ablehnte und deswegen keine über die mit den Bescheiden vom 17.01.2008 und 24.01.2008 erfolgte Neufeststellung hinausgehende - noch höhere - Rente leistete.
Die Bescheide vom 17.01.2008 und vom 24.01.2008 über die Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und der Altersrente sind dagegen von der Klägerin nicht angefochten worden und damit auch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Im Übrigen setzte die Beklagte mit diesen Bescheiden lediglich die mit Bescheid vom 16.01.2008 erfolgte - insoweit bestandskräftige - teilweise Stattgabe des Antrages nach § 44 SGB X um und entscheid damit nicht (nochmals) über eine Zuordnung zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Grunde handelt es sich bei den Rentenneufeststellungen somit lediglich um Ausführungsbescheide zum Bescheid vom 16.01.2008, soweit dieser dem Antrag nach § 44 SGB X stattgab. Ob dieses Vorgehen der Beklagten - positive "Vorabentscheidung" über die Berechnungsgrundlagen der Rente mit nachfolgenden Ausführungsbescheiden - einer rechtlichen Prüfung Stand hielte braucht der Senat somit nicht zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die polnischen Beschäftigungszeiten der Klägerin sind keine knappschaftlichen Zeiten. Damit scheiden eine (weitere) teilweise Rücknahme der Rentenbescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006, die Gewährung einer noch höheren Rente einschließlich einer weiteren Rentennachzahlung und - da der Versicherungsverlauf der Klägerin auch sonst keine knappschaftlichen Zeiten aufweist - eine Sonderzuständigkeit der Beigeladenen nach § 136 SGB VI aus. Es verbleibt bei der Zuständigkeit der Beklagten (§ 274c SGB VI).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Einen noch höheren Rentenanspruch hat die Klägerin nicht.
Nach den §§ 63 ff. SGB VI richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Nach § 82 SGB VI beträgt der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte in der knappschaftlichen Rentenversicherung bei Renten wegen Alters (Satz 1 Nr. 1 ) und Renten wegen voller Erwerbsminderung (Satz 1 Nr. 3) 1,3333 statt - wie in der allgemeinen Rentenversicherung - 1,0 (vgl. § 67 SGB VI).
Die Beklagte hat die in P. zurückgelegten Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 05.09.1961 bis 13.03.1990 zu Recht nicht der knappschaftlichen sondern der allgemeinen Rentenversicherung - Rentenversicherung der Angestellten - zugeordnet.
Nach 20 Abs. 2 FRG werden Beitragszeiten bei nicht deutschen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet, wenn sie auf Grund einer Pflichtversicherung in einer der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechenden Berufsversicherung zurückgelegt sind. Diese Voraussetzung liegt bereits deshalb nicht vor, weil die hier streitigen Beschäftigungszeiten nach Auflösung der Bergbauversicherung in der Volksrepublik P. am 30.06.1954 zurückgelegt wurden (ausführlich hierzu Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.12.2003, L 8 KN 372/03, juris Rdnr. 41). Soweit die Klägerin bis zuletzt behauptet hat, an eine knappschaftliche Versicherung Beiträge gezahlt zu haben, ist dies nicht nachgewiesen. Im Übrigen könnte es sich angesichts der Schließung der knappschaftlichen Rentenversicherung im Jahr 1954 - so die überzeugenden Ausführungen des Bevollmächtigten der Beigeladenen im Erörterungstermin allenfalls um eine freiwillige Versicherung gehandelt haben.
Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin Kohle als Naturalleistung erhielt, kann kein knappschaftlicher Rentenversicherungsschutz hergeleitet werden. Denn eine solche Naturalleistung ist kein Kriterium für die Zuordnung. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen im Erörterungstermin auf der Grundlage seiner umfassenden Sachkenntnis nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass viele Betriebe in P. dem Bergbau zugeordnet wurden, der ein großes Politikum darstellte. Auf die an die Mitarbeiter dieser Unternehmen ausgestellten Bergmannskarten wurde auch Kohle ausgegeben. Diese Mitarbeiter durften auch Bergmannsuniformen tragen. Eine solche politisch motivierte Privilegierung dem Bergbau nahestehender Unternehmen rechtfertigt es aber nicht, losgelöst von den im Nachfolgenden noch näher dargestellten Kriterien vom Vorliegen eines knappschaftlichen Betriebs oder der Durchführung knappschaftlicher Arbeiten auszugehen.
Eine Zuordnung der streitbefangenen Beschäftigungszeiten gemäß § 20 Abs. 3 FRG zur knappschaftlichen Rentenversicherung kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die in einem knappschaftlichen Betrieb im Sinne des § 134 SGB VI zurückgelegt wurden, ohne dass Beiträge zu einer der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechenden Berufsversicherung entrichtet wurden, der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen, wenn die Beschäftigung, wäre sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden, nach den bundesrechtlichen Vorschriften der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung unterlegen hätte.
Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert daran, dass die Klägerin weder in einem knappschaftlichen Betrieb (§ 134 Abs. 1 SGB VI) noch in einem Nebenbetrieb eines solchen (§ 134 Abs. 3 SGB VI) Zeiten zurücklegte und auch keine knappschaftliche Arbeiten in einem für einen Bergwerksbetrieb arbeitenden anderen Unternehmen ausführte (§ 134 Abs. 4 SGB VI).
Bei den Unternehmen PRG und CZNBG handelte es sich um keine knappschaftlichen Betriebe im Sinne § 134 Abs. 1 SGB VI. Denn in diesen Unternehmen wurden keine Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen. Es handelte sich vielmehr, nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin um reine Schachtbaubetriebe, die für verschiedene Bergbaubetriebe die Schächte erstellten und warteten. Der Senat verkennt nicht den engen sachlichen Zusammenhang mit den Bergbaubetrieben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Schachtbaubetrieb nicht die Gewinnung von Mineralien und ähnlichen Stoffen zum Betriebsgegenstand hat. Überzeugend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass zwischen den eigentlichen Bergbaubetrieben und selbstständigen Bergbauspezialgesellschaften zu unterscheiden ist. Sinn der Bergbauspezialgesellschaften ist, für die Bergbaubetriebe bestimmte Arbeiten - u.a. den Schachtbau - auszuführen. Der Schachtbau wird in Deutschland gegenwärtig beispielsweise durch die Unternehmen D.-H. Shaft Sinking und T. Schachtbau GmbH durchgeführt. Der besonderen Nähe dieser Betriebe zum Bergbau, insbesondere zu dessen Gefahren - auch bei den zuletzt von der Klägerin betonten Wartungsarbeiten - wird durch die Einbeziehung knappschaftlicher Arbeiten in die knappschaftliche Versicherung nach § 134 Abs. 4, 5 SGB VI Rechnung getragen. Doch auch davon profitiert die Klägerin nicht (s.u.). Soweit die Klägerin zuletzt die Vergleichbarkeit ihrer Beschäftigungsbetriebe mit den beiden eben genannten deutschen Schachtbaubetrieben unter Hinweis auf die hohe Kompetenz und extreme Spezialisierung der deutschen Unternehmen in Zweifel gezogen hat, überzeugt dies nicht. Maßgeblich ist hier der Unternehmensgegenstand "Schachtbau" und nicht die jeweils konkret vorhandene Kompetenz und Spezialisierung, die im Übrigen angesichts der von der Klägerin angesprochenen Techniken (z.B. Gefrierschachtverfahren) vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts im Vergleich zum hier streitigen Zeitraum zu sehen ist.
Bei den Unternehmen PRG und CZNBG handelte es sich auch nicht um knappschaftliche Nebenbetriebe im Sinne des § 134 Abs. 3 SGB VI. Die Klägerin selbst hat im Erörterungstermin betont, dass sich ihr Betrieb zwar in der Nähe des Ostschachtes der Grube in M. befand, aber sie gerade mit dieser Grube nichts zu tun gehabt hätten, da der dortige Schacht schon gebaut war. Vielmehr arbeitete ihr Betrieb für Gruben in ganz Schlesien. Es handelte sich somit nicht um einen Nebenbetrieb eines Bergbauunternehmens.
Nach alledem erweist sich auch das Werksverzeichnis der Beigeladenen, das die Beschäftigungsbetriebe der Klägerin nicht als knappschaftliche Betriebe führt, als inhaltlich zutreffend.
Die Klägerin verrichtete keine knappschaftlichen Arbeiten im Sinne des § 134 Abs. 4 SGB VI. Zwar kommt bei Anwendung dieser Vorschrift für Mitarbeiter eines Schachtbaubetriebs wie der PRG bzw. CZNBG eine Einbeziehung in die knappschaftliche Versicherung durchaus in Betracht - jedoch nur bei Arbeiten unter Tage mit Ausnahme von vorübergehenden, drei Monate nicht überschreitenden Montagearbeiten (Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6), bei Arbeiten in den zur Zeche gehörenden Reparaturwerkstätten (Abs. 4 Nr. 7) und bei Sanierungsarbeiten wie beispielsweise Aufräumungsarbeiten und Ebnungsarbeiten sowie dem Laden von Schutt und dergleichen, wenn diese Arbeiten regelmäßig innerhalb des Zechengeländes ausgeführt wurden (Abs. 4 Nr. 11). Die Klägerin verrichtete keine derartigen Tätigkeiten. Sie behauptet dies auch gar nicht. Ihre Tätigkeit bestand in der Entgegennahme und Ausgabe von Materialien, daneben fielen auch Buchhaltungstätigkeiten, Transporte und Besuche bei Herstellern an. Damit liegt, auch wenn die Klägerin körperlich schwer arbeitete, keine der in § 134 Abs. 4 SGB VI gelisteten Tätigkeiten, insbesondere keine Tätigkeit unter Tage vor. Soweit die Klägerin zuletzt betont hat, dass ihr Betrieb auch laufende Wartungsarbeiten an den Schächten vornahm, könnte für diese Tätigkeiten nach dem eben dargestellten Verrichtungskatalog des § 134 Abs. 4 SGB VI tatsächlich an eine Einbeziehung in den knappschaftlichen Rentenversicherungsschutz gedacht werden. Doch die Klägerin selbst führte solche Arbeiten gerade nicht aus.
Zutreffend hat die Klägerin im Übrigen darauf hingewiesen, dass das vom Senat beigezogene Gutachten, das sich u.a. mit der Zuordnung einer in einem rechtlich selbstständigen Betrieb vorgenommenen Betriebsmittelbewirtschaftung für Bergbauunternehmen befasste, nicht den hier vorliegenden Sachverhalt betrifft. Bei einem Unternehmen, das Gegenstand des Gutachtens war, lag eine zentralisierte Materialwirtschaft für zehn große Bergwerke vor. Wie die Beigeladene im Erörterungstermin richtig bemerkt hat, ist aber zwischen der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Bergbaubetrieb - Gegenstand des Gutachtens -, die knappschaftlich sein kann, und der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Schachtbaubetrieb - nicht Gegenstand des Gutachtens - zu unterscheiden. Letztere ist, wie sich aus den dargelegten Regelungen ergibt, so lange nicht die Voraussetzungen des § 134 Abs. 4 SGB VI erfüllt sind, generell nicht knappschaftlich.
Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, dass es auf die Zuordnung von Versicherungsverhältnissen anderer Personen, selbst wenn diese falsch sein sollten, nicht ankommt. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin ist daher auch nicht weiter nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darüber, ob die Beschäftigungszeiten der Klägerin in P. vom 05.09.1961 bis 13.03.1990 der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind und deswegen höhere Rente zu gewähren ist.
Die am 1941 in K. geborene Klägerin siedelte am 14.03.1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises "B". In P. arbeitete sie ab dem 05.09.1961 bei dem "Unternehmen für Bergbauarbeiten in M. " (nachfolgend: PRG - siehe Übersetzung Blatt 35 Rs. VA und Aufstellung der Klägerin Blatt 51d VA), und vom 01.01.1970 bis 13.03.1990 - nach Umstrukturierung des eben genannten Unternehmens - im "Zentralen Reparaturbetrieb des Bergbau-Bauwesens in M. " (nachfolgend: CZNBG - siehe wie eben Blatt 35 Rs, 51d VA). Wegen weiterer Einzelheiten und den weiteren rentenrechtlichen Zeiten der Klägerin wird auf den Versicherungsverlauf vom 17.01.2008 Bezug genommen (Bl. 264 VA).
Die Klägerin war bei der PRG und der CZNBG als Lagerausgeberin, Oberlagerverwalterin bzw. Ober-Ökonomistin und zuletzt als Inspektorin für Angelegenheiten der Informatik tätig. Nach ihren eigenen Angaben bestand der Hauptteil ihrer Tätigkeiten in der Entgegennahme und Ausgabe von Materialien, daneben fielen auch Buchhaltungstätigkeiten, Transporte und Besuche bei Herstellern an. Die beiden Unternehmen bauten Schächte für verschiedene Gruben in ganz Schlesien und führten auch deren ständige Wartung durch (so u.a. zuletzt die Angaben der Klägerin und ihres Neffen im Erörterungstermin vom September 2011, Blatt 70/71 LSG-Akte).
Mit Rentenbescheid vom 06.05.1998 (Bl. 173 VA) bewilligte die Beklagte - nach Abgabe des Verfahrens durch die Beigeladene, bei der die Klägerin einen Rentenantrag gestellt hatte - eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.02.1996 (Bruttorente anfangs 1.597,65 DM). Der Rentenberechnung lagen u.a. alle in P. zurückgelegten Beitragszeiten entsprechend dem deutsch-polnischen Rentenabkommen vom 09.10.1975 und dem Fremdrentengesetz (FRG) zu Grunde, allerdings nicht als knappschaftliche Zeiten, sondern als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter bzw. - Zeiten ab 05.08.1961 - Angestellten. Auf dieser Grundlage wurde der Klägerin ab Mai 2006 Altersrente bewilligt (Bescheid vom 17.01.2006, anfangs brutto 903,02 EUR, Bl. 237 VA).
Am 04.01.2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung der Rentenbewilligungen und machte geltend, die Arbeit sei in bergbaulichen Betrieben ausgeübt worden und folglich müsse die Einstufung als knappschaftliche Beschäftigung erfolgen.
Mit Bescheid vom 16.01.2008 (Bl. 255 VA) gab die Beklagte dem Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X hinsichtlich der teilweisen Zuordnung ihrer Tätigkeit zum Wirtschaftsbereich Bergbau und Energie anstatt bislang Bauwirtschaft sowie hinsichtlich einer teilweisen Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 statt bislang 5 bzw. 4 statt. Hinsichtlich der Zuordnung zur knappschaftlichen Rentenversicherung lehnte die Beklagte den Antrag nach § 44 SGB X ab, da die Klägerin in P. nicht der dort bereits im Jahr 1954 geschlossenen knappschaftlichen Rentenversicherung angehört habe und die Beschäftigungsbetriebe auch nach deutschem Recht keine knappschaftlichen Betriebe gewesen seien. Die Klägerin habe auch keine Arbeiten im Bergbau im Sinne des § 134 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verrichtet. Entsprechend stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.01.2008 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 01.01.2004 und mit Bescheid vom 24.01.2008 die Altersrente von Anfang an neu und höher fest (Nachzahlung 6.521,76 EUR bzw. 5.664,08 EUR). Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.01.2008, den sie insbesondere mit dem Verweis auf drei Kollegen, die im gleichen Betrieb gearbeitet hätten und nun eine Rente von der Knappschaft bezögen, begründete, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008,).
Deswegen hat die Klägerin am 05.05.2008 beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Mit Beschluss vom 08.06.2009 hat das Sozialgericht die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat auf das von ihr erstellte Werksverzeichnis (Bl. 31 ff. SG-Akte) verwiesen. Danach seien die Betriebe PRG und CZNBG nicht knappschaftlich gewesen. Die Klägerin habe in keinen Betrieben gearbeitet, die nach bundesdeutschem Recht zwingend dem Bergbau zuzuordnen gewesen wären. Es habe auch keine zwingende Organisationseinheit mit einem solchen Betrieb bestanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.05.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine Anerkennung knappschaftlicher Zeiten nach § 20 Abs. 2 FRG käme nicht in Betracht, da ab dem Jahr 1954 in P. keine knappschaftliche Versicherung mehr bestanden habe. Auch eine Anerkennung knappschaftlicher Zeiten nach § 20 Abs. 3 FRG i.V.m. § 134 SGB VI scheide aus. Im Betrieb der Klägerin habe keine bergmännische Gewinnung von Mineralien stattgefunden. Auch das Werksverzeichnis der Beigeladenen bestätige, dass es sich um keinen knappschaftlichen Betrieb gehandelt habe. Es liege auch kein enger Zusammenhang mit einem knappschaftlichen Betrieb und damit kein Nebenbetrieb eines solchen vor. Vielmehr seien Arbeiten für mehrere Betriebe verrichtet worden, so dass sich ein besonderes betriebliches Bedürfnis für eine einheitliche Versicherung nicht erkennen lasse. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin spezifische Tätigkeiten verrichtet habe, die im Zusammenhang mit den schwierigen Verhältnissen und Gefahren des Bergbaus gestanden hätten. Auf die Zuordnung von Versicherungsverhältnissen anderer Personen komme es, selbst wenn diese falsch sein sollten, nicht an.
Gegen den ihr am 06.05.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21.05.2010 Berufung eingelegt.
Der Senat hat das für einen Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen von Dr.-Ing. H. erstellte Gutachten zur knappschaftlichen Zuordnung von Tätigkeiten in den Bereichen Berge- und Materialwirtschaften in anonymisierter Form beigezogen. Dr.-Ing. H. bewertete darin u.a. einen polnischen Betrieb, in dem in zentralisierter Form Material für mehrere Bergbauunternehmen bewirtschaftet wurde, eher als knappschaftlichen Betrieb. Auf den weiteren Inhalt dieses Gutachtens wird Bezug genommen (Blatt 28/54 LSG-Akte).
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor, es sei nicht dargelegt worden, warum sie in keinem knappschaftlichen Betrieb gearbeitet haben solle. Das Sozialgericht habe den Sachverhalt nur unvollständig geprüft. Der dem vom Senat beigezogenen Gutachten zu Grunde liegende Sachverhalt sei in vielen Punkten anders. Die Klägerin betont zuletzt noch im Erörterungstermin (s.o.), sie sei in einer knappschaftlichen Versicherung gewesen, habe Kohle bekommen, ihr Unternehmen habe nicht nur Stollen und Schächte gebaut, sondern diese im Rahmen einer typisch knappschaftlichen Tätigkeit auch gewartet.
Die Klägerin beantragt - zum Teil sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03.05.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2008 zu verurteilen, unter (weiterer) teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006 und Zuordnung der polnischen Beschäftigungszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung eine höhere Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen der Beigeladenen.
Die Beigeladene hat (zuletzt im Erörterungstermin vom 27.09.2011) dargestellt, dass zwischen den eigentlichen Bergbaubetrieben und selbstständigen Bergbauspezialgesellschaften zu unterscheiden sei. Sinn der Bergbauspezialgesellschaften sei, für den Bergbau bestimmte Arbeiten zu verrichten. Beispielsweise sei hier an Schachtbetriebe zu denken. Hinsichtlich dieser Betriebe (in Deutschland u.a. die Firmen D.-H. Shaft Sinking und T. Schachtbau GmbH, s. Bl. 64/65 LSG-Akte) sei bezüglich der Mitarbeiter zu unterscheiden: die Monteure unter Tage könnten knappschaftlich versichert sein, die dahinter stehende Verwaltung jedoch nicht. Die Betriebe, in denen die Klägerin gearbeitet habe, seien keine knappschaftlichen Betriebe gewesen, sondern "Unternehmen für Bergbauarbeiten". Es habe sich um selbstständige Betriebe gehandelt. Ferner sei zwischen der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Bergbaubetrieb (so auch die Ausführungen im beigezogenen Gutachten), die knappschaftlich sein könne, und der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Schachtbaubetrieb, die nicht knappschaftlich einzuordnen sei, zu unterscheiden. Soweit die Klägerin behaupte, zu einer knappschaftlichen Versicherung Beiträge gezahlt zu haben, könne es nur eine freiwillige Versicherung gewesen sein, da es in P. zum Zeitpunkt ihrer Beschäftigung keine knappschaftliche Pflichtversicherung mehr gegeben habe. Da in P. viele Betriebe dem Bergbau zugeordnet worden seien, hätten die Mitarbeiter dieser Betriebe Bergmannskarten bekommen, auf die sie auch Kohle erhalten hätten.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 16.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2008, soweit die Beklagte darin im Hinblick auf die bislang nicht erfolgte Anerkennung der polnischen Beschäftigungszeiten als knappschaftliche Zeiten die (weitere) teilweise Rücknahme der zuvor ergangenen Rentenbescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006 ablehnte und deswegen keine über die mit den Bescheiden vom 17.01.2008 und 24.01.2008 erfolgte Neufeststellung hinausgehende - noch höhere - Rente leistete.
Die Bescheide vom 17.01.2008 und vom 24.01.2008 über die Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und der Altersrente sind dagegen von der Klägerin nicht angefochten worden und damit auch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Im Übrigen setzte die Beklagte mit diesen Bescheiden lediglich die mit Bescheid vom 16.01.2008 erfolgte - insoweit bestandskräftige - teilweise Stattgabe des Antrages nach § 44 SGB X um und entscheid damit nicht (nochmals) über eine Zuordnung zur knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Grunde handelt es sich bei den Rentenneufeststellungen somit lediglich um Ausführungsbescheide zum Bescheid vom 16.01.2008, soweit dieser dem Antrag nach § 44 SGB X stattgab. Ob dieses Vorgehen der Beklagten - positive "Vorabentscheidung" über die Berechnungsgrundlagen der Rente mit nachfolgenden Ausführungsbescheiden - einer rechtlichen Prüfung Stand hielte braucht der Senat somit nicht zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die polnischen Beschäftigungszeiten der Klägerin sind keine knappschaftlichen Zeiten. Damit scheiden eine (weitere) teilweise Rücknahme der Rentenbescheide vom 06.05.1998 und 17.01.2006, die Gewährung einer noch höheren Rente einschließlich einer weiteren Rentennachzahlung und - da der Versicherungsverlauf der Klägerin auch sonst keine knappschaftlichen Zeiten aufweist - eine Sonderzuständigkeit der Beigeladenen nach § 136 SGB VI aus. Es verbleibt bei der Zuständigkeit der Beklagten (§ 274c SGB VI).
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Einen noch höheren Rentenanspruch hat die Klägerin nicht.
Nach den §§ 63 ff. SGB VI richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Nach § 82 SGB VI beträgt der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte in der knappschaftlichen Rentenversicherung bei Renten wegen Alters (Satz 1 Nr. 1 ) und Renten wegen voller Erwerbsminderung (Satz 1 Nr. 3) 1,3333 statt - wie in der allgemeinen Rentenversicherung - 1,0 (vgl. § 67 SGB VI).
Die Beklagte hat die in P. zurückgelegten Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 05.09.1961 bis 13.03.1990 zu Recht nicht der knappschaftlichen sondern der allgemeinen Rentenversicherung - Rentenversicherung der Angestellten - zugeordnet.
Nach 20 Abs. 2 FRG werden Beitragszeiten bei nicht deutschen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet, wenn sie auf Grund einer Pflichtversicherung in einer der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechenden Berufsversicherung zurückgelegt sind. Diese Voraussetzung liegt bereits deshalb nicht vor, weil die hier streitigen Beschäftigungszeiten nach Auflösung der Bergbauversicherung in der Volksrepublik P. am 30.06.1954 zurückgelegt wurden (ausführlich hierzu Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.12.2003, L 8 KN 372/03, juris Rdnr. 41). Soweit die Klägerin bis zuletzt behauptet hat, an eine knappschaftliche Versicherung Beiträge gezahlt zu haben, ist dies nicht nachgewiesen. Im Übrigen könnte es sich angesichts der Schließung der knappschaftlichen Rentenversicherung im Jahr 1954 - so die überzeugenden Ausführungen des Bevollmächtigten der Beigeladenen im Erörterungstermin allenfalls um eine freiwillige Versicherung gehandelt haben.
Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin Kohle als Naturalleistung erhielt, kann kein knappschaftlicher Rentenversicherungsschutz hergeleitet werden. Denn eine solche Naturalleistung ist kein Kriterium für die Zuordnung. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Beigeladenen im Erörterungstermin auf der Grundlage seiner umfassenden Sachkenntnis nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass viele Betriebe in P. dem Bergbau zugeordnet wurden, der ein großes Politikum darstellte. Auf die an die Mitarbeiter dieser Unternehmen ausgestellten Bergmannskarten wurde auch Kohle ausgegeben. Diese Mitarbeiter durften auch Bergmannsuniformen tragen. Eine solche politisch motivierte Privilegierung dem Bergbau nahestehender Unternehmen rechtfertigt es aber nicht, losgelöst von den im Nachfolgenden noch näher dargestellten Kriterien vom Vorliegen eines knappschaftlichen Betriebs oder der Durchführung knappschaftlicher Arbeiten auszugehen.
Eine Zuordnung der streitbefangenen Beschäftigungszeiten gemäß § 20 Abs. 3 FRG zur knappschaftlichen Rentenversicherung kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die in einem knappschaftlichen Betrieb im Sinne des § 134 SGB VI zurückgelegt wurden, ohne dass Beiträge zu einer der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechenden Berufsversicherung entrichtet wurden, der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen, wenn die Beschäftigung, wäre sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden, nach den bundesrechtlichen Vorschriften der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung unterlegen hätte.
Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert daran, dass die Klägerin weder in einem knappschaftlichen Betrieb (§ 134 Abs. 1 SGB VI) noch in einem Nebenbetrieb eines solchen (§ 134 Abs. 3 SGB VI) Zeiten zurücklegte und auch keine knappschaftliche Arbeiten in einem für einen Bergwerksbetrieb arbeitenden anderen Unternehmen ausführte (§ 134 Abs. 4 SGB VI).
Bei den Unternehmen PRG und CZNBG handelte es sich um keine knappschaftlichen Betriebe im Sinne § 134 Abs. 1 SGB VI. Denn in diesen Unternehmen wurden keine Mineralien oder ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen. Es handelte sich vielmehr, nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin um reine Schachtbaubetriebe, die für verschiedene Bergbaubetriebe die Schächte erstellten und warteten. Der Senat verkennt nicht den engen sachlichen Zusammenhang mit den Bergbaubetrieben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Schachtbaubetrieb nicht die Gewinnung von Mineralien und ähnlichen Stoffen zum Betriebsgegenstand hat. Überzeugend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass zwischen den eigentlichen Bergbaubetrieben und selbstständigen Bergbauspezialgesellschaften zu unterscheiden ist. Sinn der Bergbauspezialgesellschaften ist, für die Bergbaubetriebe bestimmte Arbeiten - u.a. den Schachtbau - auszuführen. Der Schachtbau wird in Deutschland gegenwärtig beispielsweise durch die Unternehmen D.-H. Shaft Sinking und T. Schachtbau GmbH durchgeführt. Der besonderen Nähe dieser Betriebe zum Bergbau, insbesondere zu dessen Gefahren - auch bei den zuletzt von der Klägerin betonten Wartungsarbeiten - wird durch die Einbeziehung knappschaftlicher Arbeiten in die knappschaftliche Versicherung nach § 134 Abs. 4, 5 SGB VI Rechnung getragen. Doch auch davon profitiert die Klägerin nicht (s.u.). Soweit die Klägerin zuletzt die Vergleichbarkeit ihrer Beschäftigungsbetriebe mit den beiden eben genannten deutschen Schachtbaubetrieben unter Hinweis auf die hohe Kompetenz und extreme Spezialisierung der deutschen Unternehmen in Zweifel gezogen hat, überzeugt dies nicht. Maßgeblich ist hier der Unternehmensgegenstand "Schachtbau" und nicht die jeweils konkret vorhandene Kompetenz und Spezialisierung, die im Übrigen angesichts der von der Klägerin angesprochenen Techniken (z.B. Gefrierschachtverfahren) vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts im Vergleich zum hier streitigen Zeitraum zu sehen ist.
Bei den Unternehmen PRG und CZNBG handelte es sich auch nicht um knappschaftliche Nebenbetriebe im Sinne des § 134 Abs. 3 SGB VI. Die Klägerin selbst hat im Erörterungstermin betont, dass sich ihr Betrieb zwar in der Nähe des Ostschachtes der Grube in M. befand, aber sie gerade mit dieser Grube nichts zu tun gehabt hätten, da der dortige Schacht schon gebaut war. Vielmehr arbeitete ihr Betrieb für Gruben in ganz Schlesien. Es handelte sich somit nicht um einen Nebenbetrieb eines Bergbauunternehmens.
Nach alledem erweist sich auch das Werksverzeichnis der Beigeladenen, das die Beschäftigungsbetriebe der Klägerin nicht als knappschaftliche Betriebe führt, als inhaltlich zutreffend.
Die Klägerin verrichtete keine knappschaftlichen Arbeiten im Sinne des § 134 Abs. 4 SGB VI. Zwar kommt bei Anwendung dieser Vorschrift für Mitarbeiter eines Schachtbaubetriebs wie der PRG bzw. CZNBG eine Einbeziehung in die knappschaftliche Versicherung durchaus in Betracht - jedoch nur bei Arbeiten unter Tage mit Ausnahme von vorübergehenden, drei Monate nicht überschreitenden Montagearbeiten (Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6), bei Arbeiten in den zur Zeche gehörenden Reparaturwerkstätten (Abs. 4 Nr. 7) und bei Sanierungsarbeiten wie beispielsweise Aufräumungsarbeiten und Ebnungsarbeiten sowie dem Laden von Schutt und dergleichen, wenn diese Arbeiten regelmäßig innerhalb des Zechengeländes ausgeführt wurden (Abs. 4 Nr. 11). Die Klägerin verrichtete keine derartigen Tätigkeiten. Sie behauptet dies auch gar nicht. Ihre Tätigkeit bestand in der Entgegennahme und Ausgabe von Materialien, daneben fielen auch Buchhaltungstätigkeiten, Transporte und Besuche bei Herstellern an. Damit liegt, auch wenn die Klägerin körperlich schwer arbeitete, keine der in § 134 Abs. 4 SGB VI gelisteten Tätigkeiten, insbesondere keine Tätigkeit unter Tage vor. Soweit die Klägerin zuletzt betont hat, dass ihr Betrieb auch laufende Wartungsarbeiten an den Schächten vornahm, könnte für diese Tätigkeiten nach dem eben dargestellten Verrichtungskatalog des § 134 Abs. 4 SGB VI tatsächlich an eine Einbeziehung in den knappschaftlichen Rentenversicherungsschutz gedacht werden. Doch die Klägerin selbst führte solche Arbeiten gerade nicht aus.
Zutreffend hat die Klägerin im Übrigen darauf hingewiesen, dass das vom Senat beigezogene Gutachten, das sich u.a. mit der Zuordnung einer in einem rechtlich selbstständigen Betrieb vorgenommenen Betriebsmittelbewirtschaftung für Bergbauunternehmen befasste, nicht den hier vorliegenden Sachverhalt betrifft. Bei einem Unternehmen, das Gegenstand des Gutachtens war, lag eine zentralisierte Materialwirtschaft für zehn große Bergwerke vor. Wie die Beigeladene im Erörterungstermin richtig bemerkt hat, ist aber zwischen der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Bergbaubetrieb - Gegenstand des Gutachtens -, die knappschaftlich sein kann, und der Betriebsmittelbewirtschaftung für einen Schachtbaubetrieb - nicht Gegenstand des Gutachtens - zu unterscheiden. Letztere ist, wie sich aus den dargelegten Regelungen ergibt, so lange nicht die Voraussetzungen des § 134 Abs. 4 SGB VI erfüllt sind, generell nicht knappschaftlich.
Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, dass es auf die Zuordnung von Versicherungsverhältnissen anderer Personen, selbst wenn diese falsch sein sollten, nicht ankommt. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin ist daher auch nicht weiter nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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