S 15 AS 749/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 749/11
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Neuberechnung der Regelsätze nach dem SGB II aufgrund des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 -- 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -- durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwöllften Buchs Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt ausdrücklich auch für die Bemessung der Regelsätze für Kinder.
2. Schülerbeförderungskosten im Zusammenhang mit dem Besuch einer Gastschule, für den nach Landesrecht keine Beförderungspflicht besteht, sind weder nach § 21 Abs. 2 SGB II noch nach § 28 Abs. 4 SGB II zu übernehmen.
I. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 5. Januar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011 und 13. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Tatbestand:


Die Parteien streiten vorliegend über die Höhe der den Klägern ab 01.01.2011 bis 30.06.2011 zustehenden Leistungen. Im Einzelnen geht es dabei um die Höhe der Regelsätze, die Höhe der Unterkunftskosten und Schulbeförderungskosten des Klägers zu 1.

Der am 2000 geborene Kläger zu 1 steht mit seiner Mutter, der Klägerin zu 2, seit Jahren im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Er wohnt in A-Stadt und besuchte bis einschließlich des Schuljahres 2008/2009 die dortige Volksschule. Die 4. Klasse absolvierte er im Schuljahr 2009/2010 an der J-Volksschule in M ... Seit September 2010 besuchte er im Rahmen eines Gastschulverhältnisses die G.-Mittelschule in R ...

Mit Schreiben vom 21.10.2010 beantragte der Kläger beim Beigeladenen die Übernahme von Schulbeförderungskosten aus medizinischen Gründen. Er legte ein undatiertes Attest der behandelnden Ergotherapeutin vor, wonach sich der Schulwechsel günstig ausgewirkt habe und ein Rückwechsel eher negativ sei, sowie zwei Bescheide der Gemeinde A-Stadt über den des Gastschulverhältnisses für das Schuljahr 2010/2011 ohne Übernahme von Beförderungskosten vom 23.08.2010 und vom 07.10.2010 über die Ablehnung der Beförderungskosten aus Gleichbehandlungsgründen. Der Anspruch wird unter Berufung auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.08.2010 (B 14 AS 13/10 R) auf § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gestützt.

Mit Schreiben vom 29.10.2010 teilte der Beigeladene mit, dass keine Anspruchsgrundlage gesehen werde und verwies seinerseits auf das Urteil des BSG vom 25.06.2008 (B 11b AS 19/09 R) und die zu beachtenden Vorschriften des Schülerbeförderungsrechts. Mit

Bescheid vom 15.11.2010 lehnte er die Übernahme der Fahrtkosten für den Gastschulbesuch ab.

Mit Schreiben vom 04.11.2010 beantragte der Kläger auch bei der Beklagten einen Mehrbedarf in Höhe der Fahrtkosten zu Gastschule in ein in Höhe von 56,10 EUR. Es handle sich um einen unabwendbaren Bedarf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), der unter Abwägung der körperlichen Integrität und Entwicklung des Klägers zu übernehmen sei. Mit Bescheid vom 17.11.2010 lehnte auch die Beklagte den Antrag ab. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid vom 22.11.2010 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2011 zurück.

Diese Bescheide sind Gegenstand der weiteren Klage S 15 AS 291/11, zu deren Begründung er weitere Unterlagen vorlegte, aus denen sich ergebe, dass die Schulwahrnehmung in R. erheblich zur Sozialkompetenz des Klägers und zu seiner sprachlichen und schulischen Entwicklung beigetragen habe. Im Einzelnen handelt es sich dabei um eine Stellungnahme der Klassleiterin über die Entwicklung des Klägers vom 22.03.2011, die Zeugnisse seit der 1. Klasse sowie einen ergotherapeutischen Verlaufsbericht vom 16.11.2010. Das Gericht hat in diesem Verfahren den Landkreis Donau-Ries zum Verfahren beigeladen, der sich mit Schreiben vom 29.09.2011 zum Verfahren äußerte. Das vom Kläger vorgelegte Urteil des BSG vom 19.08.2010 betreffe den atypischen Bedarf eines HIV-infizierten Leistungsempfängers, es sei im vorliegenden Fall also nicht einschlägig. Das Recht der kostenfreien Schülerbeförderung sei in Bayern in § 2 Abs. 1 S. 7 Schulbeförderungsverordnung geregelt, wobei bei Gastschulverhältnissen nach Art. 43 Abs. 1 S. 1 bei ihm keine Beförderungspflicht bestehe. Allerdings könne nach § 2 Abs. 4 Schulbeförderungsverordnung auch in diesem Fall die Schülerbeförderung zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule übernommen werden, wenn die betroffenen Aufwandsträger und Schulen zustimmten. Insoweit enthalte das Schreiben der Gemeinde A-Stadt vom 07.10.2010 bereits keinerlei Ermessenserwägungen. Bezüglich der gegenüber dem Beigeladenen einschlägigen Anspruchsgrundlage des § 73 SGB XII stehe damit bereits landesrechtlich die abschließende Regelung des Schulwegekostenfreiheitsgesetzes und der Schülerbeförderungsverordnung entgegen. Im Übrigen fehle es auch an einer besonderen, atypischen Lebenslage, die eine Nähe zu den anderen im 5. bis 9. Kapitel des SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Der Kläger habe aber auch ab dem 01.01.2011 keinen Anspruch aus § 34 SGB XII. Nachdem die Mutter des Klägers den Bescheid der Gemeinde A-Stadt vom 23.08.2010 habe bestandskräftig werden lassen, könne ihr auch zugemutet werden, die Beförderungskosten aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Er legte weiter eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen vor, wonach der Beigeladene seit 01.04.2011 die Leistungen für Bildung und Teilhabe nach §§ 28,29 SGB II n.F. auch für die Beklagte erbringe.

Bezüglich der Unterkunftskosten besteht ein Mietvertrag vom 01.03.2004, mit dem zwischen der Klägerin zu 2 und ihrem Vermieter, der Immedia GmbH, vertreten durch Herrn R., eine Miete in Höhe von 325 EUR einschließlich der Nebenkosten und Betriebskosten vereinbart worden ist. Die Heizkosten werden gesondert abgerechnet.

Anfang 2009 sprachen im Zusammenhang mit einer Tätigkeit der Klägerin zu 2 bei ihrem Vermieter sowohl die Klägerin als auch Herr R. mehrfach vor. Dabei ging es auch um das Mietverhältnis. Es wurden mehrere Schreiben vorgelegt, in denen es teilweise um deren persönliche Beziehung, teilweise um die Miete und die Bezahlung der Nebenkosten geht. In einem Schreiben vom 10.01.2009 wies Herr R. für die Vermieterin darauf hin, dass die Miete 400 EUR zusätzlich 100 EUR Nebenkosten betrage. In einem weiteren Schreiben vom 11.01.2009 verwies Herr R. neben der aktuellen Miete auf die bisher vereinbarte Miete von 325 EUR plus 100 EUR Nebenkosten. Die Klägerin zu 2 wies in einem Schreiben vom 10.01.2009 darauf hin, dass die Nebenkosten, wie vereinbart von Herrn R. getragen worden seien, der im Gegenzug zeitweise bei ihr gelebt habe. Zugleich widersprach sie einer Kündigung ihrer Vermieterin. Mit weiterem Schreiben vom 17.01.2009 hob diese die Kündigung wieder auf.

Im Zusammenhang mit einem Weiterbewilligungsantrag vom November 2009 legte die Klägerin zu 2 Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 vor.

Die Beklagte bewilligte die Leistungen weiterhin auf der Grundlage einer Miete von 325 EUR zuzüglich der angefallenen Heizkosten.

Mit Weiterbewilligungsantrag vom 25.05.2010 legte die Klägerin zu 2 eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 vor, aus der sich bei geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 1.420,01 EUR Guthaben in Höhe von 124 EUR ergaben.

Mit Schreiben vom 26.05.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, etwaige Änderungen des Mietverhältnisses nachzuweisen.

Die Klägerin übersandte daraufhin ein Schreiben der Vermieterin vom 29.05.2010, mit der auf ausstehende Nebenkosten verwiesen wird. In diesem Schreiben wird auf eine Vereinbarung vom 28.12.2005 verwiesen, wonach ab 01.01.2006 die Miete für die Wohnung 325 EUR zuzüglich Nebenkosten in Höhe von ca. 90 EUR betragen solle. Zwar habe die Klägerin dieses Schreiben nicht unterzeichnet. Nachdem sie jedoch nachträglich die höheren Kosten bezahlt habe, sei die Vereinbarung trotzdem wirksam geworden.

Mit Bescheid vom 04.06.2010 bewilligte die Beklagte die Leistungen weiterhin unter Berücksichtigung der bisherigen Mietkosten.

Am 11.10.2010 sprach die Klägerin vor und machte Aufwendungen für eine von der Krankenkasse abgelehnte medizinische Behandlung geltend. Sie wurde aufgefordert, Nachweise über deren Notwendigkeit vorzulegen.

Mit Schreiben vom 04.01.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Mieterhöhung sowohl in materieller als auch in formeller Hinsicht offensichtlich nicht den mietrechtlichen Vorschriften der §§ 558 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspreche.

Mit Bescheid vom 05.01.2011 bewilligte die Beklagte Leistungen ab 01.01.2011 bis 30.06.2011 weiterhin unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 325 EUR zuzüglich Heizkosten. Die Mieterhöhung könne, da sie offensichtlich rechtswidrig gewesen sei, nicht als notwendiger unabweisbarer Bedarf berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom 07.01.2011 erklärten die Kläger, dass es sich auf jeden Fall um rechtmäßige Mieterhöhungen in den gesetzlichen Grenzen gehandelt habe und beantragte mit Schreiben vom 10.01.2011 die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 04.06.2010 sowie Folgebescheide im Hinblick auf die Frage der Berücksichtigung von Mieterhöhungen.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.01.2011 ab.

Mit Schreiben vom 19.01.2011 legten die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.01.2011 ein. Die Kosten der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der Klägerin zu 2 sei wegen ihrer Krankheit ein ernährungsbedingter Mehraufwandzuschlag zu gewähren. Die berechneten Regelleistungen seien verfassungswidrig. Auch seien die Fahrtkosten des Klägers zu 1 in Höhe von inzwischen 60 EUR zu übernehmen.

Es folgte Korrespondenz wegen der Übernahme der Kosten einer Zahnbehandlung der Klägerin zu 2 und der Übernahme einer Stromrechnung.

Am 21.02.2011 gab die Klägerin eine Abrechnung von Erdgas Schwaben ab, wonach sich ein neuer Heizkostenabschlag in Höhe von 121 EUR errechnete.

Die Beklagte übersandte der Klägerin zu 1 bezüglich des geltend gemachten Mehraufwands wegen kostenaufwändiger Ernährung einen Fragebogen und forderte die Kläger mit Schreiben vom 17.03.2011 auf, den Schriftverkehr mit dem Vermieter, insbesondere bezüglich vom Mietvertrag abweichender Regelungen bis 10.04.2011 vorzulegen.

Mit Bescheid vom 26.03.2011 bewilligte sie die Leistungen unter Berücksichtigung der erhöhten Regelsätze und der aktuellen Gasabschläge und mit weiterem Bescheid vom 13.05.2011 ohne Abzug von Warmwasserkosten neu.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2011 wies sie den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 05.01.2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26.03.2011 zurück.

Dagegen erhoben die Kläger am 30.05.2011 eine Klage zum Sozialgericht, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 9 AS 636/11 geführt wurde.

Mit Schreiben vom 16.06.2011 begründeten sie die Klage mit der nach wie vor nicht verfassungsgemäßen Bemessung der Regelsätze. So fehle es weiter an einer am Kindesbedarf orientierten Einzelfallberechnung. Daneben enthielten die neuen Regelsätze unzulässige Kürzungen, insbesondere durch die Streichung des Alkohols, dessen Nährwert anderweitig aufgefangen werden müsste. Gleiches gelte für den Entzug von Schnittblumen und die Kürzung jeglicher Prozesskosten.

Das Gericht hat die Klage unter dem Aktenzeichen S 15 AS 749/11 weitergeführt.

Mit Schreiben vom 05.09.2011 übersandten die Kläger bezüglich der Höhe der Regelsätze die Zusammenfassung des Gutachtens von Johannes Münder für die Hans-Böckler-Stiftung im Auftrag des DGB zur Frage der Verfassungswidrigkeit.

Mit Beschluss vom 11.10.2011 hat das Gericht auch in diesem Verfahren den Landkreis Donau-Ries beigeladen.

Mit Schreiben vom 24.10.2011 erwiderte die Beklagte unter Hinweis auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 28 Abs. 4 SGB II, wonach lediglich Fahrtkosten für die von der Wohnung nächstgelegene Schule des maßgeblichen Schultyps berücksichtigt werden könnten.

Mit Schreiben vom 25.10.2011 ergänzte der Beigeladene, dass tatsächlich die Aufgaben nach §§ 28 und 29 SGB II bereits seit 01.01.2011 durch ihn wahrgenommen würden. Allerdings habe der Kläger auch nach dieser Rechtsgrundlage keinen Anspruch, da er nicht die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs besuche, dies wäre nämlich die Volksschule A-Stadt. Gründe dafür, dass er die Schule aus rechtlichen Gründen nicht besuchen könne, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. In diesem Fall wäre aufgrund der Entfernung überhaupt keine Schulbeförderung erforderlich gewesen. Schließlich werde auch darauf hingewiesen, dass die Regelsätze seit 01.01.2011 eine Verbrauchsausgabe in Höhe von 14 EUR monatlich für die Bezahlung von Verkehrsdienstleistungen enthielten.

Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 09.11.2011 Fahrscheine des Klägers.

Das Gericht hat die Streitsache am 10.11.2011 mündlich verhandelt und den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. bewilligt.

In der mündlichen Verhandlung beantragen die Kläger,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.01.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 13.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.04.2011 zu verpflichten, Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2011 bis 30.06.2011 in gesetz- und verfassungsgemäßer Höhe zu erbringen.

2. Hilfsweise: Der Beigeladene wird verpflichtet, die Kosten der Schülerbeförderung ab 01.01.2011 bis 30.06.2011 in nachgewiesener Höhe zu bezahlen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten auch im Verfahren S 15 AS 291/11, sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Die Kläger haben im streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.01.2011 bis 30.06.2011 keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Insbesondere ist die Berechnung der Regelleistungen, der Unterkunftskosten und die Versagung der Übernahme von Kosten der Schulbeförderung durch die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden vom 05.01.2011, vom 26.03.2011 und 13.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.04.2011 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Der Kläger zu 2 hat auch gegen den Beigeladenen keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung.

Die Höhe der Regelleistungen ist für beide Kläger rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat den Klägern den ihnen jeweils gesetzlich zustehenden Betrag (§§ 19 Abs. 1 S. 1, 20 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1 SGB II in der mit Wirkung zum 01.01.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderungen des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 [BGBl. I, S. 453 ff.] eingeführten Fassung; im Folgenden n.F.) gewährt. Durch diese gesetzliche Regelung sind die Gerichte gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz - GG - gebunden. Nur wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist, ist das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dann dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) durch den Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2011 vorgenommene Neuregelung der existenzsichernden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist aber nach Überzeugung der Kammer auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Bundesverfassungsgericht hat aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das dem Grunde nach unverfügbar ist, aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedarf, abgeleitet (a.a.O. Rn. 133). Der unmittelbare verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind, weil zwar der Leistungsanspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG dem Grunde nach von der Verfassung vorgegeben, jedoch nicht auch der Umfang dieses Anspruchs unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann. Er hängt von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen. Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG hält den Gesetzgeber an, die soziale Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht im Hinblick auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums zu erfassen. Die hierbei erforderlichen Wertungen kommen dem parlamentarischen Gesetzgeber zu. Ihm obliegt es, den Leistungsanspruch in Tatbestand und Rechtsfolge zu konkretisieren. Ob er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert, bleibt grundsätzlich ihm überlassen. Ihm kommt zudem Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung des Umfangs der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu. Dieser umfasst die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs und ist zudem von unterschiedlicher Weite: Er ist enger, soweit der Gesetzgeber das zur Sicherung der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (a.a.O. Rn. 138). Zur Konkretisierung des Anspruchs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf, also realitätsgerecht, zu bemessen. Hierzu hat er zunächst die Bedarfsarten sowie die dafür aufzuwendenden Kosten zu ermitteln und auf dieser Basis die Höhe des Gesamtbedarfs zu bestimmen. Das Grundgesetz schreibt ihm dafür keine bestimmte Methode vor; er darf sie vielmehr im Rahmen der Tauglichkeit und Sachgerechtigkeit selbst auswählen. Abweichungen von der gewählten Methode bedürfen allerdings der sachlichen Rechtfertigung (a.a.O. Rn. 139). Das gefundene Ergebnis hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Er hat Vorkehrungen zu treffen, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Preissteigerungen oder Erhöhungen von Verbrauchsteuern, zeitnah zu reagieren, um zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen, insbesondere wenn er einen Festbetrag vorsieht (a.a.O. Rn. 140). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende verfassungsrechtliche Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung. Das Grundgesetz selbst erlaubt keine exakte Bezifferung des Anspruchs. Die materielle Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (Rn. 140). Innerhalb der materiellen Bandbreite, welche diese Evidenzkontrolle belässt, kann das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums keine quantifizierbaren Vorgaben liefern. Es erfordert aber eine Kontrolle der Grundlagen und der Methode der Leistungsbemessung daraufhin, ob sie dem Ziel des Grundrechts gerecht werden. Der Grundrechtsschutz erstreckt sich auch deshalb auf das Verfahren zur Ermittlung des Existenzminimums, weil eine Ergebniskontrolle am Maßstab dieses Grundrechts nur begrenzt möglich ist. Um eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Nachvollziehbarkeit des Umfangs der gesetzlichen Hilfeleistungen sowie deren gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten, müssen die Festsetzungen der Leistungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen sein (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 10.06.2011 - L12 AS 1077/11, Rn. 29).

Diesen Vorgaben genügt die Berechnung der Regelleistung durch den Gesetzgeber, zumal das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09.02.2010 (Rn. 152) schon den dort zur Überprüfung gestellten Betrag der Regelleistung von monatlich 345,- EUR unter Berufung auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Aufl. 2008) und die Anlehnung an die Regelsätze des bis zum 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) nicht als evident verfassungswidrig angesehen hat, so dass diese Überlegungen erst recht auf den auf monatlich 364,- EUR angehobenen Regelbedarf übertragbar sind.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Bemessung des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II.F. auf ein gesetzlich geregeltes Verfahren gestützt, das geeignet ist, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Der Regelbedarf ist für die Neuregelung durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zu Änderungen des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453 ff.) mit Hilfe von Sonderauswertungen der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS 2008) nach § 28 SGB XII auf Grundlage nachgewiesener tatsächlicher Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen bemessen worden (vgl. § 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz ; § 28 SGB XII n.F.). Der Gesetzgeber bedient sich mithin des Statistikmodells (vgl. BT-Drs.17/3404, S. 50 ff.), dass das Bundesverfassungsgericht billigt und gegenüber dem Warenkorbmodell präferiert (Rn. 163 ff.). Das Statistikmodell stützt sich in Gestalt der Einkommens- und Verbraucherstichprobe auf geeignete empirische Daten, die das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung empirisch abbilden. Die Auswahl der Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte (vgl. § 2 Nr. 1 RBEG), nach deren Ausgaben der Regelbedarf u.a. für alleinstehende Personen i.S. des § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II ermittelt wird, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für die Bestimmung der für einen Alleinstehenden notwendigen Leistungen hält das Bundesverfassungsgericht die Beschränkung auf Einpersonenhaushalte für sachgerecht (Rn. 168). Der Gesetzgeber hat zur Vermeidung von Zirkelschlüssen sichergestellt, dass diejenigen Haushalte zur Bestimmung der Referenzgruppe ausgeschlossen wurden, die unter dem Existenzminimum leben (Rn. 168 f.). Denn nach § 3 Abs. 1 RBEG sind diejenigen Haushalte nicht als Referenzhaushalte i.S. des § 2 RBEG zu berücksichtigten, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 ff. SGB XII, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII oder Alg II bzw. Sozialgeld nach dem SGB II bezogen haben. Damit hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass das Verbrauchsverhalten von Beziehern existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II und SGB XII (auch neben dem Bezug anderer Sozialleistungen) nicht zur Grundlage der Bedarfsermittlung gemacht wird. In der Referenzgruppe verbleiben somit nur Haushalte, die von Einkünften oberhalb der "Sozialhilfeschwelle" leben.

Gleiches gilt für die Festlegung der Familienhaushalte nach § 4 S. 2 Nr. 2 RBEG, die für die Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben als Paarhaushalte mit einem Kind definiert worden sind, was vom Gesetzgeber damit begründet worden ist, das bereits im Rahmen der Sondererhebung aus dem Jahr 2008 zur Ermittlung spezifischer Kinderregelsätze festgestellt wurde, dass eine Einbeziehung von Haushalten allein erziehender Personen mit einem Kind zu einer Senkung der regelsatzrelevanten Ausgaben für das Kind geführt hätte (vgl. BT-Drs. 17/3404, Seite 65).

Bereits im Rahmen dieser Sonderauswertung aus dem Jahr 2008, wurden viele Bedarfspositionen nicht mehr gekürzt (zum Beispiel bei der Bekleidung). Andere Verbrauchspositionen wurden durch die Sonderauswertung berichtigt. Dies betrifft vor allem die Kosten für Heizstrom und den Personennahverkehr. Die Fortschreibung der Regelbedarfe wurde dabei an die Preisentwicklung und die Nettolöhne angebunden und nicht mehr an die Rentenentwicklung, was vom BVerfG ausdrücklich gefordert worden ist.

Die vom Gesetzgeber vorgenommenen Streichungen, insbesondere bei Alkohol und Tabak bewegen sich im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Kompetenz, darüber zu entscheiden, welche der ermittelnden Verbrauchsausgaben nicht relevant für den Regelsatz sind (BVerfG, a.a.O., Rn. 171). Der von den Klägern in diesem Zusammenhang gewählte Vergleich beziehungsweise die Umrechnung des "Nährwertverlusts" durch den Alkoholentzug und die Erforderlichkeit seiner Kompensationen, insbesondere durch Putenfleisch ist dagegen weitgehend willkürlich und weder vom Ansatz noch vom Ergebnis her nachvollziehbar. So könnte selbst wenn man, was bereits nicht zwingend ist, den gekürzten Betrag von 7,19 EUR in nahrhaftes und preisgünstiges Bier umrechnet, somit also einen - auszugleichenden - Verlust von 4800 Kilokalorien monatlich annehmen würde, dieser problemlos mit einer Flasche hochwertigen Speiseöls ausgeglichen werden, die problemlos aus dem für Mineralwasser anerkannten Betrag von 2,99 EUR angeschafft werden könnte.

Inwieweit die Entscheidung, für die Anschaffung von Schnittblumen keinen Ansatz in den Regelsätzen mehr aufzunehmen, in das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eingreifen sollte, ist ebenfalls nicht erkennbar.

Zu Recht hat auch der Gesetzgeber bezüglich der Streichung von Aufwendungen für Gerichtsverfahren auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verwiesen. Es besteht keine Veranlassung dafür, einen Betrag für den Fall vorzuhalten, dass ein Leistungsbezieher in einem zivilgerichtlichen Rechtsstreit unterliegt. Insbesondere entspricht es jahrzehntelanger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und nunmehr des Bundessozialgerichts, dass Schulden gegenüber Dritten bei der Bemessung von existenzsichernder Leistungen keine Berücksichtigung finden können.

Insgesamt ist trotz der Streichungen auch im Ergebnis davon auszugehen, dass weiterhin ein ausreichender Ausgleich zwischen den einzelnen Bedarfspositionen zur Deckung des Existenzminimums möglich ist. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber zu Gunsten der Betroffenen ein Fehler unterlaufen ist, der bei der Festlegung des Existenzminimums einen Spielraum nach oben eröffnet. Die Bedarfsermittlungen im RBEG wurden nämlich auf der Grundlage vorgenommen, dass die Kosten für Warmwasser aus dem Regelbedarf zu bezahlen sind. Erst in der letzten Phase des Gesetzgebungsverfahrens wurden die Kosten für Warmwasser zu den Kosten der Unterkunft umsortiert (vgl. § 20 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 7 und § 77 Abs. 6 SGB II), ohne aber gleichzeitig die Regelbedarfe entsprechend nach unten zu korrigieren (BayLSG vom 10.08.2011 - L 16 AS 305/11 NZB).

Gleiches gilt für die Regelsätze für Kinder und Jugendliche. Die ermittelten Verbrauchs-ausgaben wurden praktisch vollständig um jeweils zu 100 % in die Regelsätze übertragen. Abstriche gegenüber den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe sind lediglich im Bereich der Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) vorgenommen worden. Es ist zutreffend, dass dabei auch bisher in den Regelsätzen enthaltene Bedarfspositionen (insbesondere aus dem Bereich Bildung) nicht mehr berücksichtigt wurden, wodurch sich im Ergebnis ein niedrigerer Regelsatz als bisher ergeben hätte. Demgegenüber bestehen aber seit 01.01.2011 eigenständige und umfangreiche Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche (§§ 28, 29 SGB II) sowie bereits seit 03.06.2010 Mehrbedarfe in atypischen Härtefällen (§ 21 Abs. 6 SGB II).

Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Übernahme höherer Unterkunftskosten. Diese sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Mietzinsen sind als tatsächliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden (BSG vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R). Auf die Beachtlichkeit und Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung kommt es insbesondere dann an, wenn - wie vorliegend - die am Mietverhältnis Beteiligten freundschaftlich oder verwandtschaftlich verbunden sind.

Vorliegend liegt der Beklagten lediglich ein Mietvertrag vom 01.03.2004 vor, wonach sich die Klägerin zu 1 gegenüber der Firma Immedia GmbH, vertreten durch den Zeugen, zur Bezahlung einer Pauschalmiete von 325 EUR monatlich einschließlich Betriebs- und Nebenkosten verpflichtet hat. Andere Vereinbarungen, die geeignet wären, diese vertragliche Vereinbarung wirksam abzuändern, liegen nicht vor. Zwar haben sich sowohl die Klägerin zu 1 als auch der Zeuge auf gesonderte Vereinbarung berufen, ohne jedoch mitteilen zu können, welchen Inhalts diese Vereinbarung sein sollte beziehungsweise wann diese abgeschlossen worden sein soll. Die Angaben hierzu sind völlig widersprüchlich. So geht die Klägerin nach ihren Angaben im Termin vom 10.11.2011 davon aus, dass die Miete vor zwei Jahren auf 425 EUR erhöht worden sein soll. Der Zeuge, der sich in der mündlichen Verhandlung - wenig glaubhaft - dahin eingelassen hat, dass er von der Abwicklung der Mietverhältnisse durch seine Frau keine nähere Kenntnis habe, hat angegeben, die Änderung sei 2004 oder kurz danach vereinbart worden. Auch aus der im Rahmen einer persönlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin zu 1 und dem Zeugen vorgelegten Korrespondenz aus dem Januar 2009 ergibt sich keine wirksame Mieterhöhung. Zwar hat sich die Vermieterin in einem Schreiben vom 29.05.2010 auf eine Mieterhöhung vom 28.11.2005 berufen, diese aber auch auf Anforderung nicht vorgelegt. Im Übrigen hat sie selbst eingeräumt, dass die Klägerin das Mieterhöhungsverlangen nicht unterschrieben habe. Unter Berücksichtigung dieser, der Beklagten vorgelegten Schreiben erscheint zwar tatsächlich wenig glaubhaft, dass der Zeuge keine Kenntnis von den Einzelheiten des Mietverhältnisses der Klägerin hat. So wird darin von ihm ausdrücklich auf eine Miete von inzwischen 400 EUR zuzüglich 100 EUR Betriebskosten hingewiesen. Eine den Anforderungen der §§ 557 ff. BGB, insbesondere § 558a BGB entsprechende Mieterhöhung kann allerdings auch darin nicht gesehen werden. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass die Beteiligten eine Pauschalmiete einschließlich der Betriebs- und Nebenkosten vereinbart haben, ohne diese im Einzelnen zu beziffern oder eine Abrechnung nach Jahresablauf vorzusehen. Es ist daher davon auszugehen, dass mangels einer anderweitigen Vereinbarung gemäß § 556 BGB die Betriebskosten auch weiter in vollem Umfang von der vereinbarten Miete umfasst und nicht gesondert zu übernehmen sind.

Dass die Parteien möglicherweise eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass im Gegenzug für die Bezahlung der Betriebskosten durch die Klägerin Versorgungsleistungen erbracht werden, die aufgrund persönlicher Auseinandersetzungen in dieser Form nicht mehr erbracht worden sind, rechtfertigt weder einen Wegfall der Geschäftsgrundlage noch eine Änderung des Vertragsverhältnisses, wenn dieses nicht von vornherein auch ausdrücklich vereinbart worden ist.

Es kann daher auch nach Überzeugung der Kammer keine über die Vereinbarung vom 01.03.2004 hinausgehende Verpflichtung der Kläger angenommen werden.

Der Kläger zu 2 hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Fahrten von seinem Wohnort zur G.-Mittelschule in R. gegen die Beklagte.

Gemäß § 28 Abs. 4 SGB II in der Fassung ab 01.01.2011 werden bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Hintergrund für die Neuregelung war vor allem, dass in den meisten Bundesländern die Kosten der Schülerbeförderung nur bis zum Ende der Sekundarstufe 1, das heißt bis zu einem mittleren Schulabschluss vollständig oder in Form eines Zuschusses getragen werden. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2 - ab der 10. Klasse im achtjährigen Gymnasium - mussten diese Aufwendungen bis zum 31.12.2010 aus dem Regelsatz bestreiten (BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R). Nunmehr zahlt der Bund für die leistungsberechtigten Kinder unter bestimmten Voraussetzungen die tatsächlichen Aufwendungen der schulbedingten Fahrtkosten, allerdings nur wenn es sich um die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs handelt. Wird eine andere Schule besucht, so muss nachweislich der Besuch der nächstgelegenen Schule nicht möglich sein (Münder, SGB II, 4. Auflage, Rn. 17 zu § 28).

Diese Voraussetzungen liegen vorliegend nicht vor. Dem Kläger wäre es jederzeit möglich, die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs, nämlich die Hauptschule in A-Stadt zu besuchen. Er wäre hierzu sogar verpflichtet, wenn ihm die Gemeinde A-Stadt nicht auf seinen Antrag den Besuch der G.-Mittelschule in R. im Rahmen eines Gastschulverhältnisses ausdrücklich genehmigt hätte. Der Besuch dieser Schule erfolgt also nicht deshalb, weil der Kläger die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs nicht besuchen kann, sondern weil er sie nicht besuchen möchte. Die Gründe hierfür spielen aufgrund des eindeutigen Wortlauts keine Rolle. Insbesondere vermögen schulische Probleme, die nicht zwingend zu einer Unmöglichkeit des Schulbesuchs führen, nichts daran zu ändern, dass nicht die nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs besucht wird.

Diese Ausführungen gelten gleichermaßen, soweit der Anspruch hilfsweise gegen den spätestens seit 01.04.2011 aufgrund vertraglicher Vereinbarung gemäß § 44b Abs. 4 SGB II zuständigen kommunalen Träger, den beigeladenen Landkreis, geltend gemacht wird.

Der Kläger hat aber auch aus § 21 Abs. 6 SGB II keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme dieser Kosten.

Dies ergibt sich insbesondere aus dem Urteil des BSG vom 28.10.2009 (a.a.O.).

Das Gericht teilt nicht die Auffassung des SG Gießen im Beschluss vom 19.08.2010 (S 29 AS 981/10 ER), wonach damit eine gegenüber der Entscheidung des BSG abweichende Rechtslage geschaffen worden wäre, die entgegen der damaligen Entscheidung des BSG nun die Übernahme von Schülerbeförderungskosten ermöglicht hätte.

Das BSG hat in dieser Entscheidung die Möglichkeit einer Übernahme von Schulbeförderungskosten sowohl nach dem SGB II also nach § 73 SGB III bereits deshalb verneint, weil es an einer besonderen, atypischen Lebenslage fehle, die zudem eine Nähe zu den anderen im 5. bis 9. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch geregelten Bedarfslagen, den unter Geltung des BSHG so bezeichneten "Hilfen in besonderen Lebenslagen", aufzuweisen habe. Es hat außerdem auf den Vorrang der Leistungen der Ausbildungsförderung verwiesen (BSG, a.a.O.).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat aber zur Begründung einer Rechtsgrundlage für einen nicht nur einmaligen besonderen Bedarf festgestellt, dass es sich dabei um einen Bedarf handeln müsse, der nicht bereits von den §§ 20 ff. SGB II abgedeckt sei, weil die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, auf der die Regelleistung beruhe, allein dem Durchschnittsbedarf in üblichen Bedarfssituationen widerspiegle, nicht aber einen darüber hinausgehenden, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen (BVerfG, a.a.O., Rn. 204). Damit hat zwar das Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich auf die Nähe zu den Leistungen nach den §§ 47 ff. SGB XII abgestellt. Es hat aber bezogen auf die Anspruchsgrundlage des § 73 SGB XII daran festgehalten, dass es sich um einen atypischen Bedarf handeln muss, wobei es außerdem festgestellt hat, dass dieser zusätzliche Anspruch angesichts einer engen und strikten Tatbestandsvoraussetzung nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfG, a.a.O., Rn. 208).

Bei Schulbeförderungskosten handelt es sich aber gerade um keinen atypischen Sachverhalt. Das gilt auch für den vorliegenden Fall eines Gastschulverhältnisses unabhängig von den Gründen für die Entscheidung zum Besuch der Gastschule.

Entsprechend ist auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 21 Abs. 6 SGB II davon ausgegangen, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Schulbesuch nicht als Mehrbedarf zu übernehmen sind.

Der Bedarf des Klägers wird vorliegend auch nicht deshalb zu einem besonderen, unabweisbaren und atypischen Bedarf, weil er deshalb nicht die nächstgelegene Schule in A-Stadt besucht, für deren Besuch keine Fahrtkosten anfallen würden, weil er dort Probleme mit seinen Mitschülern hatte. Zwar hat der Kläger durch Vorlage von Zeugnissen und Berichten der Klassenlehrerin und der behandelnden Ergotherapeutin grundsätzlich glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass sich seit dem Besuch der Gebrüder-Lachner- Mittelschule in R. insbesondere sein Sozialverhalten gebessert hat. Andererseits können für die positive Entwicklung auch andere Faktoren eine Rolle spielen, so etwa die fortschreitende Reifung oder auch unterschiedliche Lehrer; so hat die Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass der Kläger in A-Stadt erst in der 3. Klasse wirklich Probleme hatte, weil er einen neuen Lehrer hatte, der mit den Kindern nicht habe umgehen können. Eine weitere Aufklärung beziehungsweise gutachtliche Feststellung der Notwendigkeit des Schulbesuchs des Klägers in einer anderen Schule als der nächstgelegenen Schule in A-Stadt kann aber unterbleiben, weil es hierauf in rechtlicher Hinsicht nicht ankommt.

Zwar hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Leistungen zur Teilhabe und Bildung, hier insbesondere in § 28 Abs. 4 SGB II, erstmalig Leistungen im Zusammenhang mit dem Besuch allgemeiner und weiterführender Schulen eingeführt, die nicht nur die hierfür anzuschaffenden Lernmittel betreffen (vgl. insbesondere die bereits früher eingeführte Pauschale für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf), und damit systematisch einen Anwendungsbereich eröffnet, der grundsätzlich der Regelung durch die Länder im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen beziehungsweise dem Ausbildungsförderungsrecht vorbehalten ist.

Die Kammer geht aber davon aus, dass es sich bei den hierzu getroffenen Regelungen um Ausnahmeregelungen handelt, die insbesondere nicht dazu führen sollen, dass Leistungen der Länder zurückgenommen werden.

Bezogen auf die hier streitgegenständliche Übernahme von Fahrtkosten für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule der Sekundarstufe 1 ist aber nach Überzeugung der Kammer weiterhin ausschließlich die Zuständigkeit nach der Verordnung über die Schülerbeförderung vom 08.09.1994 (SchBefV) gegeben.

Danach hat vorliegend der Kläger zwar keinen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten der Beförderung, weil er nicht die nächstgelegene Schule, sondern eine Gastschule besucht. Dem gastweisen Besuch der G.-Hauptschule (jetzt Mittelschule) in R. hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.07.2010 die Gemeinde A-Stadt, allerdings ohne die Übernahme von Beförderungskosten, zugestimmt. Auch der Schulverband hat nur unter der Bedingung zugestimmt, dass die Beförderungskosten von den Eltern beziehungsweise von der Gemeinde A-Stadt zu tragen sind. Den gesonderten Antrag auf Befreiung von den Schülerbeförderungskosten hat die Gemeinde A-Stadt mit einem weiteren Bescheid vom 07.10.2010 ausdrücklich abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt.

Tatsächlich können aber auch bei einem Gastschulverhältnis gemäß § 2 Abs. 4 SchBefV in bestimmten Fällen die Schulbeförderungskosten zu anderen als der nächstgelegenen Schule ganz oder teilweise übernommen werden. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass auch nach den einschlägigen Bestimmungen des Schulbeförderungsrechts Möglichkeiten zur Übernahme der Schulbeförderungskosten bestehen, die vom Kläger vorliegend nicht ausgeschöpft worden sind. Aus diesem Grund kann auch eine Unabweisbarkeit nicht angenommen werden.

Gerade wenn die Situation für den Kläger in A-Stadt so untragbar wäre, dass aus diesem Grund eine Unabweisbarkeit angenommen werden müsste, wäre jedenfalls Veranlassung gewesen, auch die Übernahme der Kosten für den Gastschulbesuch zu prüfen. Insoweit enthält der inzwischen bestandskräftige Bescheid vom 07.10.2010 aber keinerlei Ausführungen und Begründung.

Es stellt sich auch die Frage, ob, wenn die vorgetragene Notlage bezogen auf die schulische Entwicklung des Klägers bestanden hat, nicht auch vorrangige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) zu prüfen gewesen wären.

Jedenfalls stellt das SGB II weiterhin kein allgemeines Auffangbecken für derartige Leistungen dar.

Nachdem auch keine Anhaltspunkte für einen Mehrbedarf aus sonstigen Gründen vorliegen, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abzuweisen.
Rechtskraft
Aus
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