Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 5706/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4313/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. August 2011 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 26. August 2011 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens S 2 AS 5706/10 war der Bescheid vom 14. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2010, mit dem der Beklagte eine Absenkung die Regelleistungen des Klägers für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 um monatlich 215,40 EUR verfügte (Sanktion auf "zweiter Stufe" gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 i.V.m.§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 SGB II).
Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Beklagte macht zur Begründung der Beschwerde die aus seiner Sicht unrichtige Entscheidung des SG geltend. Verstöße gegen Pflichten, die in einem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt festgesetzt sind, führten entgegen der Auffassung des SG zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a.F., ansonsten sei der ersetzende Verwaltungsakt wirkungslos. Soweit im Urteil des SG die Auffassung vertreten werde, dass die streitgegenständliche Regelung nur noch auf bis zum 31. März 2011 begangene Pflichtverletzungen anwendbar sei und somit im Ergebnis keine grundsätzliche Bedeutung habe, werde entgegengehalten, dass die streitgegenständliche Frage aufgrund der Zäsurwirkung aus § 31 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. § 31 a SGB II in der derzeit geltenden Fassung ohne Weiteres noch erhebliche Auswirkungen auf aktuelle Vorgänge haben könne.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nur zu, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a.F., um dessen Auslegung gestritten wird, ist zum 1. April 2011 außer Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat mit der mit Wirkung zum 1. April 2011 in Kraft getretenen Neuregelung des § 31 SGB II die Rechtsfrage dahingehend geklärt, dass nach § 31 Abs. 1 Nr. 1. SGB II i.V.m. § 31a SGB II auch Verstöße, die in einem ersetzenden Verwaltungsakt festgelegt sind, sanktionsbewehrt sind. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache somit nicht (mehr) auf. Betrifft die Rechtsfrage - wie hier - außer Kraft getretenes oder auslaufendes Recht, ist Klärungsbedürftigkeit in der Regel zu verneinen, es sei denn es ist eine erhebliche Zahl von Fällen noch zu entscheiden oder die zu klärende Rechtsfrage stellt sich in gleicher Weise nach geltendem Recht bzw. sie wirkt als Grundlage für andere Vorschriften nach und dies ist von allgemeiner Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG § 160 Rn. 8d m.w.N.). Eine weitere Klärungsbedürftigkeit in dem genannten Sinne ist zu verneinen. Soweit der Beklagte auf die "Zählwirkung" bei künftigen wiederholten Pflichtverstößen des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. § 31a SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung abstellt, ist dies vorliegend bereits nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsbedürftig (Leitherer a.a.O. § 160 Rn. 9). Da die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a. F. lediglich Pflichtverstöße bis 31. März 2011 regelt, sich die Rechtsfrage nach geltendem Recht aber nicht mehr stellt, ist eine (ausnahmsweise) Klärungsbedürftigkeit zu verneinen. Eine darüber hinausgehende Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf.
Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 26. August 2011 nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt. Das vom Beklagten zitierte Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. April 2011, L 3 AS 332/10, veröffentlicht in Juris, enthält keine Entscheidung über die streitige Rechtsfrage. Da letztlich auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht geltend gemacht wurde, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht gefochten werden (§ 177 SGG).
Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 26. August 2011 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens S 2 AS 5706/10 war der Bescheid vom 14. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2010, mit dem der Beklagte eine Absenkung die Regelleistungen des Klägers für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 um monatlich 215,40 EUR verfügte (Sanktion auf "zweiter Stufe" gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 i.V.m.§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 6 SGB II).
Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Beklagte macht zur Begründung der Beschwerde die aus seiner Sicht unrichtige Entscheidung des SG geltend. Verstöße gegen Pflichten, die in einem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt festgesetzt sind, führten entgegen der Auffassung des SG zu einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a.F., ansonsten sei der ersetzende Verwaltungsakt wirkungslos. Soweit im Urteil des SG die Auffassung vertreten werde, dass die streitgegenständliche Regelung nur noch auf bis zum 31. März 2011 begangene Pflichtverletzungen anwendbar sei und somit im Ergebnis keine grundsätzliche Bedeutung habe, werde entgegengehalten, dass die streitgegenständliche Frage aufgrund der Zäsurwirkung aus § 31 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. § 31 a SGB II in der derzeit geltenden Fassung ohne Weiteres noch erhebliche Auswirkungen auf aktuelle Vorgänge haben könne.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nur zu, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a.F., um dessen Auslegung gestritten wird, ist zum 1. April 2011 außer Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat mit der mit Wirkung zum 1. April 2011 in Kraft getretenen Neuregelung des § 31 SGB II die Rechtsfrage dahingehend geklärt, dass nach § 31 Abs. 1 Nr. 1. SGB II i.V.m. § 31a SGB II auch Verstöße, die in einem ersetzenden Verwaltungsakt festgelegt sind, sanktionsbewehrt sind. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache somit nicht (mehr) auf. Betrifft die Rechtsfrage - wie hier - außer Kraft getretenes oder auslaufendes Recht, ist Klärungsbedürftigkeit in der Regel zu verneinen, es sei denn es ist eine erhebliche Zahl von Fällen noch zu entscheiden oder die zu klärende Rechtsfrage stellt sich in gleicher Weise nach geltendem Recht bzw. sie wirkt als Grundlage für andere Vorschriften nach und dies ist von allgemeiner Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG § 160 Rn. 8d m.w.N.). Eine weitere Klärungsbedürftigkeit in dem genannten Sinne ist zu verneinen. Soweit der Beklagte auf die "Zählwirkung" bei künftigen wiederholten Pflichtverstößen des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. § 31a SGB II in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung abstellt, ist dies vorliegend bereits nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsbedürftig (Leitherer a.a.O. § 160 Rn. 9). Da die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Buchst. b SGB II a. F. lediglich Pflichtverstöße bis 31. März 2011 regelt, sich die Rechtsfrage nach geltendem Recht aber nicht mehr stellt, ist eine (ausnahmsweise) Klärungsbedürftigkeit zu verneinen. Eine darüber hinausgehende Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf.
Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 26. August 2011 nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt. Das vom Beklagten zitierte Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. April 2011, L 3 AS 332/10, veröffentlicht in Juris, enthält keine Entscheidung über die streitige Rechtsfrage. Da letztlich auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht geltend gemacht wurde, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht gefochten werden (§ 177 SGG).
Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
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