Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 285/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 537/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 352/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Medizinische Voraussetzung für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 ist das Vorliegen einer primären Meniskopathie, einer durch besondere berufliche Umstände verursachten Aufbrauch und Degenerationserscheinung mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 12. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1962 geborene Kläger war seit September 1990 im Theater B-Stadt und Staatstheater am G. in C-Stadt als Gruppen- und Soloballetttänzer beschäftigt.
An 17.02.2004 leitete die Beklagte ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung des Vorliegens einer Berufskrankheit ein.
Ausweislich des Leistungsauszugs der MH plus Betriebskrankenkasse war der Kläger zwischen dem 23.07.2001 und dem 10.01.2003 aufgrund einer Krankheit der Patella, einer Tendinitis der Patellasehne links sowie sonstiger Meniskusschädigungen, insbesondere am Vorderhorn des Außenmeniskus links, arbeitsunfähig erkrankt. Nach Einschätzung des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes B-Stadt vom 02.03.2004 lägen beim Kläger ein Kniescheibenspitzensyndrom links, eine ungünstige Kniescheibenvariante sowie ein Zustand nach jugendlicher Knochenkernfragmentierung am Schienbeinkopf links vor. Es sei von einer langfristigen Knieminderbelastbarkeit bei chronischem Beschwerdebild auszugehen. Es bestünden anlagebedingte und entwicklungsbezogene ungünstige Verhältnisse im Bereich des Kniescheibengleitlagers und des Sehnenansatzbereichs. Aufgrund der langjährigen Tätigkeit als Tänzer sei von einer richtunggebenden berufsbezogenen Verschlimmerung der Kniegelenksleiden auszugehen. Durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfülle der Kläger das Anforderungsprofil eines Solotänzers nicht mehr.
Die Beklagte zog weiter den Befundbericht des Orthopäden Dr.Ö. vom 06.05.2004 bei. Am 30.08.2001 sei eine Arthroskopie des linken Kniegelenks mit Innenmeniskushinterhornresektion, Patellasehnenausschneidung, Patellaspitzenkürzung und Ossifikationsentfernung durchgeführt worden. Im MRT des linken Kniegelenks vom 13.12.2000 zeigte sich u.a. am medialen Gelenksspalt eine degenerative Innenmeniskopathie mit horizontal orientiertem Einriss am Hinterhorn. Im MRT vom 17.09.2003 waren ein Schrägriss am Innenmeniskushinterhorn, schwere mukoide Innensubstanzveränderungen am Außenmeniskusvorderhorn mit kleinen horizontalen Rissen und ein Patellaspitzensyndrom nachweisbar. Laut Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 27.10.2004 erfüllt der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Prof.Dr.B. kam in seinem Gutachten vom 19.04.2005 zum Ergebnis, es lägen anlagebedingte Veränderungen an den Kniegelenken vor, welche auch ohne berufliche Überbeanspruchung zu den Schäden an beiden Kniegelenken geführt hätten. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Kniegelenksschaden und der kniebelastenden Tätigkeit als Tänzer sei nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nrn. 2101 und 2102 der Anlage zur BKV ab.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurückgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) ein. Nach Beiziehung diverser Befunde auf radiologischem Fachgebiet ernannte dieses Dr.W. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser lehnte in seinem Gutachten vom 24.07.2006 das Vorliegen einer BK 2102 ab. Eine Meniskusverletzung sei nicht nachgewiesen.
Dagegen kam die auf Antrag des Klägers bestellte Sachverständige Dr.S. am 16.04.2007 zum Ergebnis, dass auch ein Meniskusschaden im Sinne der BK Nr. 2102 festzustellen sei, da die Kniegelenke berufsbedingt überdurchschnittlich belastet worden seien und nicht mehr geklärt werden könne, ob der Einriss am Hinterhorn des Innenmeniskus auf einem akuten oder chronischen Geschehen beruhe. Eine isolierte Innenmeniskusteilresektion hätte mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zur Aufgabe des Tänzerberufs aus medizinischer Sicht führen müssen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage ab 23.07.2001 20 v.H.
Mit Beschluss vom 23.10.2007 wurde der Rechtsstreit hinsichtlich der BK 2102 vom Verfahren zur BK 2101 getrennt. Der Kläger übersandte den Histologiebefund vom 03.09.2001. Untersucht wurde Sehnengewebe. Dr.W. stellte ein chronisches Patellaspitzensyndrom links fest. Des Weiteren legte er den MRT-Befund des linken Kniegelenks vom 11.02.2008 vor.
Im Auftrag des SG erstellte der Chirurg Dr.L. am 21.08.2008 ein weiteres Gutachten. Beim Kläger liege derzeit kein Meniskusschaden vor. Die Kniegelenksbeschwerden fänden ihre Erklärung durch das Patellaspitzensyndrom links. Die Meniskusaufbraucherscheinungen seien Folge anlagebedingter Veränderungen. Die Meniskopathie könne Folge der Achsabweichung der Beine sein, welche zu einer Hauptbelastungszone im Sinne einer O-Bein-Fehlstellung führe und einer damit verbundenen erhöhten Druckbelastung des medialen Kompartiments. Die arthroskopische Resektion des Innenmeniskushinterhorns könne mittelbare Unfallfolge sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es berief sich im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr.L. und Dr.W ...
Hiergegen hat der Kläger am 16.12.2009 Berufung eingelegt. Es sei den gutachterlichen Ausführungen von Frau Dr.S. zu folgen.
Der Senat hat ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten des Dr. C. eingeholt. Dieser kam am 12.12.2010 zum Ergebnis, dass eine degenerative Meniskopathie mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, aber nicht voll bewiesen sei. Auszuschließen wären daher andere vorbestehende Schäden am linken Kniegelenk, die eine Innenmeniskusschädigung sekundär zur Folge haben könnten. Hier seien aus der Aktenlage ein nicht weiter dokumentierter Verkehrsunfall 1978 sowie der Betriebsunfall von 1998 bekannt. Auffällig sei der Verlauf nach 2001, also dem Zeitpunkt der Einstellung der Berufstätigkeit: Insbesondere zwischen 2008 und 2010 seien deutliche und nicht näher eingrenzbare Strukturstörungen am lateralen Tibiaplateau in den NMR-Aufnahmen nachgewiesen. NMR-Befunde und der OP-Bericht aus 2000/2001 ergäben einhellig unauffällige Befunde im lateralen Gelenkkompartiment. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Berufstätigkeit eingestellt. Zwei Jahre später, in den NMR-Bildern vom 16.09.2003, sei eine erhebliche Schädigung des Lateralmeniskus zu erkennen. Hier seien offensichtlich berufsunabhängig andere, nach 2001 wirksame Schädigungsursachen anzunehmen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom Sozialgericht Augsburg vom 12.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2005 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nummer 2102 der Anlage zur BKV vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV nicht erfüllt sind.
Zunächst ist im Rahmen einer Feststellungsklage zu klären, ob ein ursächlicher Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Berufskrankheit besteht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 SGG). Entsprechendes gilt für die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen einer Berufskrankheit bestritten wird (BSG vom 15.02.2005, SozR 4-2700, § 8 Nr. 12 m.w.N.).
Berufskrankheiten sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Versicherungsfälle. Berufskrankheiten sind dabei Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Vorliegend betrifft der Rechtsstreit die BK nach
Nr. 2102 der Anlage zur BKV - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Die Feststellung dieser Berufskrankheit setzt einerseits das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der Einwirkungskausalität, andererseits der medizinischen Voraussetzungen im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität voraus, das heißt es muss das typische Krankheitsbild der Berufskrankheit vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit liegen nach den Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten unstreitig vor. Jedoch sind die medizinischen Voraussetzungen nicht gegeben. Die berufliche Exposition müsste zumindest eine wesentliche Mitursache für die Gesundheitsstörungen sein. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit der beruflichen Exposition notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
Unter die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV fällt nur die primäre Meniskopathie, nicht die sekundäre. Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 632). Bei der sekundären Meniskopathie treten zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk auf, deren Ursachen vielfältig sein können. Erst sekundär folgt ein Meniskusschaden. Insoweit fehlt es an einer rechtlich wesentlichen Ursache der versicherten Tätigkeit für den Meniskusschaden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 633; BSG vom 21.02.1980, Breithaupt 1980, 961; Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 26.01.2005, Az.: L 2 U 332/03). Dies ist vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, da beim Kläger die Schadensverursachung durch eine anlagebedingte O-Bein-Stellung in Betracht kommt, worauf Dr.L. in seinem Gutachten vom 21.08.2008 für das Sozialgericht eingehend hingewiesen hat und die vor allem Dr.L. als wesentliche Ursache für den Meniskusschaden ansieht. Nach seiner Einschätzung zeigt das Kernspintomogramm vom 11.02.2008 im Wesentlichen anlagebedingte degenerative Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus, eine Ansatztendopathie im Bereich des Schienbeinbandes und am Schienbeinkopf.
Auch das Gutachten des Dr.C. vom 12.12.2010 kann eine BK 2102 letztlich nicht belegen. Dr.C. geht zwar davon aus, dass eine wesentliche Fehlstatik der Beine nicht vorliegt. Die "O-Beine" sind nach seiner Ansicht als Normvariante zu werten. Allerdings weist der Kranheitsverlauf nach 2001, also nach dem Zeitpunkt der Einstellung der Berufstätigkeit auf eine andere als berufliche Ursache hin. Insbesondere zwischen 2008 und 2010 sind deutliche und nicht näher eingrenzbare Strukturstörungen am lateralen Tibiaplateau in den NMR-Aufnahmen nachgewiesen. NMR-Befunde und OP-Bericht aus 2000/2001 ergeben einhellig unauffällige Befunde im lateralen Gelenkskompartiment. Zu diesem Zeitpunkt wird die Berufstätigkeit eingestellt, die entsprechende Belastung entfällt. Zwei Jahre später ist in den NMR-Bildern vom 16.09.2003 eine erhebliche Schädigung des lateralen Meniskus zu erkennen. Hier sind offensichtlich berufsunabhängig andere, nach 2001 wirksame Schädigungsursachen anzunehmen. Eine primäre Meniskopathie liegt daher auch nach dem Gutachten des Dr.C. nicht vor.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV scheidet deshalb aus.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1962 geborene Kläger war seit September 1990 im Theater B-Stadt und Staatstheater am G. in C-Stadt als Gruppen- und Soloballetttänzer beschäftigt.
An 17.02.2004 leitete die Beklagte ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung des Vorliegens einer Berufskrankheit ein.
Ausweislich des Leistungsauszugs der MH plus Betriebskrankenkasse war der Kläger zwischen dem 23.07.2001 und dem 10.01.2003 aufgrund einer Krankheit der Patella, einer Tendinitis der Patellasehne links sowie sonstiger Meniskusschädigungen, insbesondere am Vorderhorn des Außenmeniskus links, arbeitsunfähig erkrankt. Nach Einschätzung des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes B-Stadt vom 02.03.2004 lägen beim Kläger ein Kniescheibenspitzensyndrom links, eine ungünstige Kniescheibenvariante sowie ein Zustand nach jugendlicher Knochenkernfragmentierung am Schienbeinkopf links vor. Es sei von einer langfristigen Knieminderbelastbarkeit bei chronischem Beschwerdebild auszugehen. Es bestünden anlagebedingte und entwicklungsbezogene ungünstige Verhältnisse im Bereich des Kniescheibengleitlagers und des Sehnenansatzbereichs. Aufgrund der langjährigen Tätigkeit als Tänzer sei von einer richtunggebenden berufsbezogenen Verschlimmerung der Kniegelenksleiden auszugehen. Durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfülle der Kläger das Anforderungsprofil eines Solotänzers nicht mehr.
Die Beklagte zog weiter den Befundbericht des Orthopäden Dr.Ö. vom 06.05.2004 bei. Am 30.08.2001 sei eine Arthroskopie des linken Kniegelenks mit Innenmeniskushinterhornresektion, Patellasehnenausschneidung, Patellaspitzenkürzung und Ossifikationsentfernung durchgeführt worden. Im MRT des linken Kniegelenks vom 13.12.2000 zeigte sich u.a. am medialen Gelenksspalt eine degenerative Innenmeniskopathie mit horizontal orientiertem Einriss am Hinterhorn. Im MRT vom 17.09.2003 waren ein Schrägriss am Innenmeniskushinterhorn, schwere mukoide Innensubstanzveränderungen am Außenmeniskusvorderhorn mit kleinen horizontalen Rissen und ein Patellaspitzensyndrom nachweisbar. Laut Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 27.10.2004 erfüllt der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 der Anlage zur BKV.
Prof.Dr.B. kam in seinem Gutachten vom 19.04.2005 zum Ergebnis, es lägen anlagebedingte Veränderungen an den Kniegelenken vor, welche auch ohne berufliche Überbeanspruchung zu den Schäden an beiden Kniegelenken geführt hätten. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Kniegelenksschaden und der kniebelastenden Tätigkeit als Tänzer sei nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nrn. 2101 und 2102 der Anlage zur BKV ab.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 zurückgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) ein. Nach Beiziehung diverser Befunde auf radiologischem Fachgebiet ernannte dieses Dr.W. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser lehnte in seinem Gutachten vom 24.07.2006 das Vorliegen einer BK 2102 ab. Eine Meniskusverletzung sei nicht nachgewiesen.
Dagegen kam die auf Antrag des Klägers bestellte Sachverständige Dr.S. am 16.04.2007 zum Ergebnis, dass auch ein Meniskusschaden im Sinne der BK Nr. 2102 festzustellen sei, da die Kniegelenke berufsbedingt überdurchschnittlich belastet worden seien und nicht mehr geklärt werden könne, ob der Einriss am Hinterhorn des Innenmeniskus auf einem akuten oder chronischen Geschehen beruhe. Eine isolierte Innenmeniskusteilresektion hätte mit größter Wahrscheinlichkeit nicht zur Aufgabe des Tänzerberufs aus medizinischer Sicht führen müssen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage ab 23.07.2001 20 v.H.
Mit Beschluss vom 23.10.2007 wurde der Rechtsstreit hinsichtlich der BK 2102 vom Verfahren zur BK 2101 getrennt. Der Kläger übersandte den Histologiebefund vom 03.09.2001. Untersucht wurde Sehnengewebe. Dr.W. stellte ein chronisches Patellaspitzensyndrom links fest. Des Weiteren legte er den MRT-Befund des linken Kniegelenks vom 11.02.2008 vor.
Im Auftrag des SG erstellte der Chirurg Dr.L. am 21.08.2008 ein weiteres Gutachten. Beim Kläger liege derzeit kein Meniskusschaden vor. Die Kniegelenksbeschwerden fänden ihre Erklärung durch das Patellaspitzensyndrom links. Die Meniskusaufbraucherscheinungen seien Folge anlagebedingter Veränderungen. Die Meniskopathie könne Folge der Achsabweichung der Beine sein, welche zu einer Hauptbelastungszone im Sinne einer O-Bein-Fehlstellung führe und einer damit verbundenen erhöhten Druckbelastung des medialen Kompartiments. Die arthroskopische Resektion des Innenmeniskushinterhorns könne mittelbare Unfallfolge sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es berief sich im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr.L. und Dr.W ...
Hiergegen hat der Kläger am 16.12.2009 Berufung eingelegt. Es sei den gutachterlichen Ausführungen von Frau Dr.S. zu folgen.
Der Senat hat ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten des Dr. C. eingeholt. Dieser kam am 12.12.2010 zum Ergebnis, dass eine degenerative Meniskopathie mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, aber nicht voll bewiesen sei. Auszuschließen wären daher andere vorbestehende Schäden am linken Kniegelenk, die eine Innenmeniskusschädigung sekundär zur Folge haben könnten. Hier seien aus der Aktenlage ein nicht weiter dokumentierter Verkehrsunfall 1978 sowie der Betriebsunfall von 1998 bekannt. Auffällig sei der Verlauf nach 2001, also dem Zeitpunkt der Einstellung der Berufstätigkeit: Insbesondere zwischen 2008 und 2010 seien deutliche und nicht näher eingrenzbare Strukturstörungen am lateralen Tibiaplateau in den NMR-Aufnahmen nachgewiesen. NMR-Befunde und der OP-Bericht aus 2000/2001 ergäben einhellig unauffällige Befunde im lateralen Gelenkkompartiment. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Berufstätigkeit eingestellt. Zwei Jahre später, in den NMR-Bildern vom 16.09.2003, sei eine erhebliche Schädigung des Lateralmeniskus zu erkennen. Hier seien offensichtlich berufsunabhängig andere, nach 2001 wirksame Schädigungsursachen anzunehmen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom Sozialgericht Augsburg vom 12.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2005 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nummer 2102 der Anlage zur BKV vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV nicht erfüllt sind.
Zunächst ist im Rahmen einer Feststellungsklage zu klären, ob ein ursächlicher Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Berufskrankheit besteht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 3 SGG). Entsprechendes gilt für die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen einer Berufskrankheit bestritten wird (BSG vom 15.02.2005, SozR 4-2700, § 8 Nr. 12 m.w.N.).
Berufskrankheiten sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Versicherungsfälle. Berufskrankheiten sind dabei Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Vorliegend betrifft der Rechtsstreit die BK nach
Nr. 2102 der Anlage zur BKV - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Die Feststellung dieser Berufskrankheit setzt einerseits das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der Einwirkungskausalität, andererseits der medizinischen Voraussetzungen im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität voraus, das heißt es muss das typische Krankheitsbild der Berufskrankheit vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sein.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit liegen nach den Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten unstreitig vor. Jedoch sind die medizinischen Voraussetzungen nicht gegeben. Die berufliche Exposition müsste zumindest eine wesentliche Mitursache für die Gesundheitsstörungen sein. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit der beruflichen Exposition notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
Unter die Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV fällt nur die primäre Meniskopathie, nicht die sekundäre. Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 632). Bei der sekundären Meniskopathie treten zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk auf, deren Ursachen vielfältig sein können. Erst sekundär folgt ein Meniskusschaden. Insoweit fehlt es an einer rechtlich wesentlichen Ursache der versicherten Tätigkeit für den Meniskusschaden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 633; BSG vom 21.02.1980, Breithaupt 1980, 961; Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 26.01.2005, Az.: L 2 U 332/03). Dies ist vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, da beim Kläger die Schadensverursachung durch eine anlagebedingte O-Bein-Stellung in Betracht kommt, worauf Dr.L. in seinem Gutachten vom 21.08.2008 für das Sozialgericht eingehend hingewiesen hat und die vor allem Dr.L. als wesentliche Ursache für den Meniskusschaden ansieht. Nach seiner Einschätzung zeigt das Kernspintomogramm vom 11.02.2008 im Wesentlichen anlagebedingte degenerative Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus, eine Ansatztendopathie im Bereich des Schienbeinbandes und am Schienbeinkopf.
Auch das Gutachten des Dr.C. vom 12.12.2010 kann eine BK 2102 letztlich nicht belegen. Dr.C. geht zwar davon aus, dass eine wesentliche Fehlstatik der Beine nicht vorliegt. Die "O-Beine" sind nach seiner Ansicht als Normvariante zu werten. Allerdings weist der Kranheitsverlauf nach 2001, also nach dem Zeitpunkt der Einstellung der Berufstätigkeit auf eine andere als berufliche Ursache hin. Insbesondere zwischen 2008 und 2010 sind deutliche und nicht näher eingrenzbare Strukturstörungen am lateralen Tibiaplateau in den NMR-Aufnahmen nachgewiesen. NMR-Befunde und OP-Bericht aus 2000/2001 ergeben einhellig unauffällige Befunde im lateralen Gelenkskompartiment. Zu diesem Zeitpunkt wird die Berufstätigkeit eingestellt, die entsprechende Belastung entfällt. Zwei Jahre später ist in den NMR-Bildern vom 16.09.2003 eine erhebliche Schädigung des lateralen Meniskus zu erkennen. Hier sind offensichtlich berufsunabhängig andere, nach 2001 wirksame Schädigungsursachen anzunehmen. Eine primäre Meniskopathie liegt daher auch nach dem Gutachten des Dr.C. nicht vor.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV scheidet deshalb aus.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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