L 5 AS 427/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 20 AS 2573/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 427/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung von Fördermitteln i.H.v. 6.000,00 EUR.

Die Beschwerdeführerin erhielt bis 31. August 2010 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 ist ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer bewilligt worden. Sie beantragte mündlich am 27. September 2010 bei der Agentur für Arbeit S. Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen nach § 16c SGB II.

Am 29. Juli 2011 hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie habe offene Rechnungen aus der nach sechs Monaten wieder aufgegebenen selbstständigen Tätigkeit. Mit ihrer Rente könne sie die Schulden nicht begleichen. Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 2. September 2011 abgewiesen. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführerin die begehrten Leistungen nach § 16c SGB II zustünden. Der Beschluss enthält die Rechtsmittelbelehrung der zulässigen Beschwerde zum Landessozialgericht Sachsen-Anhalt und ist der Beschwerdeführerin am 6. September 2011 übergeben sowie mit Postzustellungsurkunde am 7. September 2011 zugestellt worden.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2011, zur Post aufgegeben am 20. Oktober 2010 und im Justizzentrum Halle eingegangen am 24. Oktober 2010, Beschwerde eingelegt. Nach Hinweis auf die versäumte Beschwerdefrist und die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Beschwerdeführerin mit am 8. Dezember 2011 im Justizzentrum eingegangenen Schreiben ausgeführt: im besagten Zeitraum habe sie sich "postalisch mit sehr vielen psychisch stressvollen Themen" auseinanderzusetzen gehabt. Auf Grund der extremen Belastungen sei "Migräne ohne Ende" aufgetreten. Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin eine ärztliche Bescheinigung von Dipl.-Med. F. vom 7. Dezember 2011 folgenden Inhalts vorgelegt: "Die o. g. Patientin gibt an, dass sie wegen Krankheit und starker Belastung verhindert war, ihre Beschwerdefrist einzuhalten."

Die Beschwerdeführerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

ihr wegen der versäumten Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. September 2011 aufzuheben und den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr vorläufig Fördermittel in Höhe von 6.000,00 EUR auszuzahlen.

Der Beschwerdeführer hat keine Ausführungen gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Beschwerdegegners hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig und damit zu verwerfen.

1.

Die Beschwerdefrist gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht gewahrt. Danach ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht oder beim Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde verlängert sich nicht gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG auf ein Jahr, denn die Rechtsbehelfsbelehrung i.S.v. § 66 Abs. 1 SGG ist weder unterblieben noch unrichtig erteilt worden. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. September 2011 enthält eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung.

Die Monatsfrist begann gemäß § 64 Abs. 1, 2 SGG mit dem Tag nach der Zustellung, also am 8. September 2011 und endete am 8. Oktober 2011: Da dies ein Samstag gewesen ist, verlängerte sich die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG auf Montag, den 10. Oktober 2011. Die Beschwerde ist erst am 24. Oktober 2011 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Landessozialgericht eingegangen.

2.

Es liegen auch keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG vor. Danach ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Eine von der Beschwerdeführerin nicht verschuldete Verzögerung der Postbeförderung liegt hier nicht vor. Ausweislich des Poststempels des Briefumschlags wurde die Beschwerde erst am 20. Oktober 2011 und somit nach Ablauf der Beschwerdefrist zur Post aufgegeben.

Auch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten gesundheitlichen Gründe sind nicht zur Glaubhaftmachung eines unverschuldeten Hinderungsgrunds geeignet. Eine ernsthafte Erkrankung kann nur dann ein Verschulden im Sinne von § 67 Abs. 1 SGG ausschließen, wenn der Betroffene infolge der Erkrankung nicht selbst handeln und auch nicht eine andere Person beauftragen konnte (Bundessozialgericht, Beschluss vom 20. Januar 1989, 5 BJ 281/88; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. September 2008, V ZB 32/08; Beschluss vom 19. März 2009, IX ZB 198/08, alle recherchiert über juris; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 67 Rn. 7c mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie infolge ihrer Migräneerkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, selbst fristgerecht Beschwerde einzulegen oder eine andere Person damit zu beauftragen. Nach ihrem eigenen Bekunden sei es vielmehr so gewesen, dass sie während dieser Zeit mit verschiedensten Institutionen Kontakt gehabt habe. Nach ihrer Darstellung hatte sie sich beim Ombudsmann Berlin und bei der Bundesfinanzaufsichtsbehörde über ihr Kreditinstitut beschwert, beim Amtsgericht Aschersleben Klagen erheben lassen, bei diesem und beim Landgericht Magdeburg Beschwerden eingelegt, beim Amtsgericht Magdeburg einen Antrag auf Handyortung gestellt sowie Steuerklärungen für zwei Jahre erstellt.

Diese Aktivitäten weisen gerade nicht darauf hin, dass die Beschwerdeführerin infolge der Migräneerkrankung gehindert gewesen sein könnte, selbst Beschwerde einzulegen oder einlegen zu lassen.

Dem vorgelegten Attest der Dipl.-Med. F. vom 7. Dezember 2011 kommt keinerlei Beweiswert zu. Es handelt sich dabei lediglich um die Bestätigung einer Aussage der Beschwerdeführerin und nicht um eine Feststellung ihres Gesundheitszustands während der Beschwerdefrist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved