Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 178/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 174/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 27/12 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Ausstrahlung des Unfallversicherungsschutzes nach § 4 SGB IV wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Beschäftigungsverhältnis allein im Hinblick auf die Entsendung begründet wird. Zu Beginn der Entsendung muss in einem solchen Fall indes infolge der Eigenart der Beschäftigung oder durch konkrete Vereinbarung gewährleistet sein, dass die Beschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber im Inland weitergeführt wird. Wird die Beschäftigung ausschließlich zum Zwecke der Tätigkeit im Ausland eingegangen oder ist dies bei Beginn nicht auszuschließen, so wird der Beschäftigte nur aufgrund einer Anstellung im Inland tätig und es fehlt von vornherein an der für die Ausstrahlung erforderlichen fortbestehenden Inlandsintegration bei vorübergehender Auslandsbeschäftigung.
Ein Anspruch auf Leistungen des Unfallversicherungsträgers aufgrund einer sogenannten Formalversicherung besteht nicht, wenn eine nicht versicherungspflichtige Person ohne nähere Erläuterung von dem Arbeitgeber in den Lohnnachweisen mit aufgeführt worden ist. Denn dieser Rechtsfehler ist in erster Linie im Verhalten des Arbeitgebers begründet und fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Unfallversicherungsgträgers.
Ein Anspruch auf Leistungen des Unfallversicherungsträgers aufgrund einer sogenannten Formalversicherung besteht nicht, wenn eine nicht versicherungspflichtige Person ohne nähere Erläuterung von dem Arbeitgeber in den Lohnnachweisen mit aufgeführt worden ist. Denn dieser Rechtsfehler ist in erster Linie im Verhalten des Arbeitgebers begründet und fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Unfallversicherungsgträgers.
I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Gießen vom 21. Mai 2010 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4105 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und Gewährung von Lebzeitleistungen sowie Hinterbliebenenleistungen an die Ehefrau und Rechtsnachfolgerin des 1938 geborenen und 2007 verstorbenen B. A.
Herr A. war von 1977 bis 1982 und von 1984 bis 1991 für die Firma Maschinenfabrik CP. AG (CP.) Werk BJ., als Inbetriebsetzer von Kraftwerkanlagen in Südafrika tätig. In dieser Tätigkeit war er nach Aktenlage hoher Asbestbelastung ausgesetzt. Herr A. war deshalb seit Beginn der 90er Jahre bei der Zentralen Erfassungsstelle asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer bei der damaligen Textil- und Bekleidungs-BG, BH., erfasst. Im Jahr 1990 wurde eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung durch den betriebsärztlichen Dienst der CP. Werk BJ. durchgeführt. Zu einer Kontrolluntersuchung im Juni 1998 erschien Herr A. nicht, daraufhin wies ihn die Beklagte mit Schreiben vom 8. Januar 1999 auf seine Mitwirkungspflichten hin. Unter dem 6. April 1999 fertigte ein Sachbearbeiter der Beklagten eine Telefonnotiz, wonach Herr A. an diesem Tag angerufen und mitgeteilt habe, er sei jetzt lange auf Montage im Ausland gewesen und habe das Schreiben der Beklagten erst jetzt erhalten. Da er schon am Freitag wieder ins Ausland müsse, wisse er nicht, ob sich aus seiner Sicht ein Feststellungsverfahren durchführen lasse. Auf Aufforderung der Beklagten übersandte er eine Schweigepflichtentbindungserklärung für seinen Hausarzt Dr. D. D. vom XY. Hospital in XX., Südafrika. Darauf hatte er vermerkt, dass er ab 10. April 1999 in Südafrika sei. Auf Nachfrage der Beklagten vom 28. Juni 2000 teilte die Schwester des Herrn A., die in BJ. lebende Frau LR., am 13. Oktober 2000 mit, dass sie nicht sagen könne, wann ihr Bruder wieder in Deutschland sei. Am 13. Juni 2002 meldete sich Herr A. sodann selbst bei der Beklagten und teilte mit, dass er sich derzeit wieder bei seiner Schwester in BJ. (BJ-Straße, BJ.) aufhalte. Er bitte, in dieser Zeit eine Begutachtung zu veranlassen. Dies wurde sodann von der Beklagten bei Dr. RV., BJ., in Auftrag gegeben, der am 1. Juli 2002 ein Gutachten über Herrn A. erstattete. Danach ließ sich zu diesem Zeitpunkt eine Asbestose klinisch und apparativ nicht nachweisen. Mit Bescheid vom 23. August 2002 lehnte die Beklagte deshalb die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage zur BKV ab; der Bescheid ist bestandskräftig.
Am 23. August 2006 meldete sich die Tochter des Verstorbenen telefonisch bei der Beklagten und teilte mit, dass bei ihrem Vater in Südafrika ein Pleuramesotheliom festgestellt worden sei. Aufgrund der festgestellten Erkrankung wolle er eventuell nach Deutschland zurückkehren. Der Tochter des Verstorbenen wurde von Seiten der Beklagten mitgeteilt, dass kurzfristig geprüft werde, ob die Kosten der Behandlung ggf. schon vor einer Bescheiderteilung übernommen werden könnten. Die Beklagte leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein und forderte den B. A. zunächst auf, seinen beruflichen Werdegang darzustellen. Dieser gab daraufhin an, er habe bis 1965 nach Schule und Studium eine Bürotätigkeit für C. in Deutschland und N. NA. in Südafrika ausgeübt; zwischen 1966 und 1970 sei er für die CP. mit Bürotätigkeiten zur Auftragsabwicklung für Kraftwerke in Südafrika beschäftigt gewesen. Zwischen 1970 und 1972 sei er keiner Arbeit nachgegangen und habe mit der Familie Reisen unternommen. 1972 habe er eine Tätigkeit bei ME. Südafrika mit dem Inhalt der Überwachung der Wirtschaftlichkeit von Kraftwerken in Südafrika übernommen. Zwischen 1978 und 1982 sei er als Inbetriebsetzer des Kraftwerks QQ. in Südafrika tätig gewesen. Von 1982 bis 1984 sei er wiederum keiner Arbeit nachgegangen und habe Reisen mit seiner Familie unternommen. Zuletzt sei er von 1984 bis 1991 für CP. wieder als Inbetriebsetzer von Kraftwerken, hier OL., in Südafrika tätig gewesen. Die Tochter des Herrn A. teilte mit Schreiben vom 29. August 2006 der Beklagten als zusätzliche Information mit, dass ihre Eltern im Mai 1964 in Südafrika geheiratet hätten. Für Rückfragen teilte sie weiter eine Adresse in Südafrika mit.
Die Beklagte zog die Arbeitsverträge von CP. für die Zeiträume 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 bei. Demnach hatte CP. mit Herrn A. einen Anstellungsvertrag vom 13. Juni 1977 abgeschlossen, der an die Anschrift des Herrn A. in Südafrika adressiert war. Zudem vereinbarten die Beteiligten für die jeweiligen Zeiträume jeweils einen "Ausland-Dienstvertrag", in dem als Gegenstand des Vertrages ausgeführt war "CP. setzt Herrn A. als Inbetriebssetzungs- und Serviceingenieur in QQ./Südafrika ein. Beginn des Auslandseinsatzes: 1. September 1977". Unter "Versicherungen" heißt es in dem Auslandsdienstvertrag "b) Unfallversicherung: Die CP. versichert Herrn A. auf ihre Kosten gegen Unfälle jeder Art im Rahmen der allgemein üblichen Versicherungsbedingungen mit Folge von Tod und Invalidität für die Dauer seines Aufenthalts im Ausland ..." Der Arbeitgeber des Klägers erteilte auf Nachfrage der Beklagten die Auskunft, der Kläger sei seinerzeit zeitlich befristet für die Dauer der Bauzeit in das Kraftwerk QQ. in Südafrika entsandt worden; Beiträge zur Berufsgenossenschaft seien "entsprechend einer generellen Regelung in unserem Haus" entrichtet worden. Aus dem von der Beklagten von der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogenen Versicherungsverlauf des Herrn A. ergibt sich, dass in den Zeiträumen seiner Tätigkeit für CP. Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet worden sind.
Mit Bescheid vom 13. November 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV mit der Begründung ab, Herr A. habe während seiner Zeit im Kraftwerksbau von 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 nicht unter dem Versicherungsschutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Eine Ausstrahlung der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV komme hier nicht in Betracht. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2007 zurück.
Mit Bescheid vom 9. November 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2008 zurück.
Gegen die Ablehnung von Lebzeitleistungen hat sich die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin für ihren zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann mit ihrer am 27. April 2007 beim Sozialgericht Frankfurt eingegangenen Klage gewandt, die von dort zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) verwiesen worden ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr verstorbener Ehemann habe bei seinen Tätigkeiten von 1977 bis 1982 und von 1984 bis 1991 unter dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Dies habe die Beklagte wohl zunächst genauso gesehen, als sie noch mit Bescheid vom 23. August 2002 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage 1 zur BKV lediglich mit einer medizinischen Begründung abgelehnt habe. Damit setze sie sich schon in Widerspruch zu ihren im hier streitigen Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen. Im Übrigen ergebe sich aus den Auslandsdienstverträgen ihres verstorbenen Ehemannes, dass es sich hierbei um eine Entsendung gehandelt habe. Ihr verstorbener Ehemann sei auch mit Wohnsitz in BJ. gemeldet gewesen und habe während seiner Tätigkeit in Südafrika auch regelmäßig an Schulungen und Weiterbildungen in Deutschland teilgenommen. Hilfsweise ergebe sich der Versicherungsschutz schon aus dem Gedanken der Formalversicherung, denn die Beklagte habe Beiträge über den Arbeitgeber des Verstorbenen erhalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Mai 2010 abgewiesen. Lebzeitleistungen würden der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Herrn A. nicht zustehen. Eine Berufskrankheit nach der BK Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV sei für den Verstorbenen nicht anzuerkennen, da dieser während seiner Tätigkeit als Inbetriebsetzer von Kraftwerken in Südafrika in den Jahren 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 nicht unter dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Herr A. sei für die betreffenden Tätigkeiten nicht in das Ausland entsandt worden, wie es die Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV voraussetze; vielmehr habe er seit 1965 seinen tatsächlichen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Südafrika gehabt. So habe er dort 1964 eine Südafrikanerin geheiratet und nach dem von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Tätigkeitsnachweis sein gesamtes Berufsleben in Südafrika verbracht. Es gebe keinerlei Indizien dafür, dass der Verstorbene und seine Familie zwischenzeitlich ihren Lebensmittelpunkt wieder in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Bei der Meldung mit erstem Wohnsitz von 1950 bis 1990 in BJ. habe es sich um einen Meldeverstoß gehandelt; die Meldeanschrift stimme im Übrigen mit der Meldeanschrift seiner Schwester in BJ. überein. Scheinbar habe der Verstorbene den Postverkehr über diese Anschrift geregelt; denn auf die an diese Adresse gerichteten Schreiben der Zentralen Erfassungsstelle für astbeststaubgefährdete Arbeitnehmer habe er immer mit großer zeitlicher Verzögerung oder mittels seiner Schwester reagiert. Im Übrigen könnte allein aus dem Fehlen einer Ablehnung aus versicherungsrechtlichen Gründen in dem Bescheid der Beklagten vom 23. August 2002 nicht auf eine gegenteilige positive Bindungswirkung geschlossen werden. Schließlich komme auch aus dem Rechtsgedanken der sog. Formalversicherung ein Anspruch nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut beruhe auf dem Vertrauensschutz desjenigen Unternehmers, der wegen der Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis einer Berufsgenossenschaft als Mitglied unbeanstandet Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet habe, obgleich die Voraussetzungen zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses nicht vorgelegen hätten. Dies könne nicht auf Arbeitnehmer eines versicherten Unternehmens übertragen werden, weil hier die Beitragsermittlung im sog. Lohnsummennachweisverfahren ohne Personenbenennung das Vorliegen einer Formalversicherung unmöglich mache.
Gegen die Ablehnung von Hinterbliebenenleistungen hat sich die Klägerin mit ihrer am 5. Mai 2008 beim Sozialgericht eingegangenen Klage gewandt. Das Sozialgericht hat diese Klage ebenfalls mit Urteil vom 21. Mai 2010 abgewiesen.
Gegen die ihr am 30. Juli 2010 zugestellten Urteile hat die Klägerin am 30. August 2010 jeweils Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und ihr Begehren mit den schon in den Klageverfahren vorgetragenen Argumenten weiter verfolgt.
Der Senat hat die Berufungen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 verbunden.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Sozialgerichts Gießen vom 21. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2007 sowie des Bescheides vom 9. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2008 zu verurteilen, bei dem verstorbenen B. A. eine Berufskrankheit nach der Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihr Lebzeitleistungen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung im Wege des Beschlusses ohne mündliche Verhandlung angehört.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten bezüglich des B. A. Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden ist.
II.
Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, nachdem die Beteiligten zu dieser Verfahrensweise angehört worden sind.
Die Berufungen haben keinen Erfolg.
Die erstinstanzlichen Urteile sind zu Recht ergangen. Die Klägerin hat als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) des vor Klageerhebung verstorbenen B. A. keinen Anspruch auf Lebzeitleistungen und aus eigenem Recht keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach den §§ 63 ff. Sozialgesetzbuch Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII; denn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV liegen bei dem Verstorbenen nicht vor und sein Tod ist nicht auf die Folgen einer Berufskrankheit zurückzuführen.
Berufskrankheiten gehören zu den Versicherungsfällen nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII und betreffen die Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der verstorbene B. A. nicht infolge einer versicherten Tätigkeit erkrankt und gestorben ist. Nach Aktenlage war er während seiner Beschäftigungszeiten als Inbetriebsetzer von Kraftwerken in den Jahren 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 zwar den in der BK Nr. 4105 aufgeführten Einwirkungen (Asbest) ausgesetzt. Während dieser Beschäftigungszeiten in Südafrika unterlag er indes nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Versicherungsschutz erstreckt sich grundsätzlich nur auf Verrichtungen im Inland (Territorialprinzip; vgl. § 3 SGB IV). Ausnahmsweise kann sich der Versicherungsschutz in der Unfallversicherung bei abweichenden Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts (§ 6 SGB IV) sowie im Falle der Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) auch auf Beschäftigungen im Ausland erstrecken.
Diese Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben. Im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Südafrika gab und gibt es keine Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts im Sinne von § 6 SGB IV (vgl. die Übersicht zu den Abkommensstaaten in Nr. 2.2.1 der Richtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) und Einstrahlung (§ 5 SGB IV) Fassung vom 24. April 1989 in: HVBG RdSchr VB 52/89 vom 17. August 1989). Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass auch die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV nicht erfüllt sind.
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist.
Zweck der Vorschrift ist es zu verhindern, dass ins Ausland entsandte Arbeitnehmer ihren Versicherungsschutz verlieren (vgl. Begründung zu Art. I § 4 des Entwurfs eines SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 30). Nach ihrem Wortsinn setzt sie neben der zeitlichen Begrenzung voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis zu dem entsendenden Arbeitgeber bestanden hat und dass dieses nach deren Beendigung weitergeführt wird. Die Entsendung muss im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgen, notwendig ist eine "Bewegung" ins Ausland (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, Stand: 1. April 2011, § 4 SGB IV, Rdnr. 7). Fehlt es an diesem Rahmen, kann es nicht zur Ausstrahlung kommen, da dann kein im Inland (schon) bestehender Versicherungsschutz zu erhalten ist (BSG, Urteil vom 10. August 1999 – B 2 u 30/98 R – juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O., m.w.N.), welcher der Senat folgt, wird die Ausstrahlung zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass wie im vorliegenden Fall das Beschäftigungsverhältnis allein im Hinblick auf die Entsendung begründet wird. Es muss gerade in einem solchen Fall aber sicher gestellt sein, dass der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches liegt. Erforderlich ist daher zum einen, dass der für eine Auslandsbeschäftigung vorgesehene Arbeitnehmer sich vor Aufnahme dieser Beschäftigung im Inland befindet und zum anderen, dass - neben der erforderlichen Absicht der Rückkehr ins Inland – zu Beginn der Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung feststeht oder durch konkrete Vereinbarung gewährleistet ist, dass die Beschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber im Inland weitergeführt wird (BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.; Urteil des Senats vom 20. September 2011 – L 3 U 170/07 – juris). Nur unter diesen Voraussetzungen liegt der vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung geforderte Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses im Inland. Andernfalls, d.h. insbesondere ohne das Erfordernis der Weiterbeschäftigung im Inland, würden in den Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis erst mit der Entsendung begonnen hat, entgegen dem Gesetzeszweck Personen begünstigt, die im Inland nicht oder überwiegend nicht versichert waren, und dies letztlich die einseitige Schaffung einer deutschen Versicherungspflicht im Ausland bedeuten (BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.). Auch unter dem Gesichtspunkt eines umfassenden Schutzes der entsandten Arbeitnehmer bedarf es im Übrigen nicht einer weiten Auslegung des § 4 Abs. 1 SGB IV, weil ein solcher Schutz über die freiwillige Versicherung nach § 140 Abs. 2 SGB VII erreicht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.).
Für die hier in Frage stehenden Beschäftigungen des B. A. bei CP., die erst mit dem Auslandseinsatz begonnen haben, fehlte es an dem "Rahmen" eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses im Inland.
Der Senat ist dabei davon überzeugt, dass sich der Verstorbene bei Abschluss des bzw. der Verträge mit CP. bereits im Ausland befand und allein deshalb keine Entsendung vorgelegen hat. Dafür spricht schon, dass der am 13. Juni 1977 mit CP. geschlossene Anstellungsvertrag an die Adresse des Herrn A. in Südafrika adressiert war. Zutreffend hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass nach allen bekannten Lebensumständen des Verstorbenen davon auszugehen ist, dass er tatsächlich (spätestens) seit 1965 seinen Lebensmittelpunkt in Südafrika hatte. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der von Herrn A. beibehaltene Wohnsitz in Deutschland kann im Übrigen Grund für eine Einbeziehung in das deutsche Sozialversicherungssystem auch nicht unter dem Gesichtspunkt sein, dass er möglicherweise irgendwann seinen Lebensmittelpunkt wieder in Deutschland begründen wollte, denn die Entscheidung über den Versicherungsschutz wäre dann vom Zufall abhängig (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 6a).
Für den Verstorbenen war schließlich auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Weiterbeschäftigung beim Arbeitgeber im Inland für die Zeit nach Beendigung der Auslandseinsätze in den Jahren 1982 bzw. 1991 gewährleistet. Eine solche Gewährleistung zu Beginn des Auslandseinsatzes lässt sich den Arbeitsverträgen des Herrn A. mit CP. nicht entnehmen. In dem "Auslands-Dienstvertrag" heißt es unter "Dauer des Vertrages" nur: "Nach Ende der Arbeiten wird die CP. Herrn A. zurückrufen oder ihm einen neuen Einsatzort bekanntgeben". Damit steht gerade nicht fest, dass der Verstorbene im Anschluss an den Auslandseinsatz im Inland weiterbeschäftigt werden sollte und die Beschäftigung nicht ausschließlich zum Zwecke der Tätigkeit im Ausland eingegangen worden ist. Der Beschäftigte ist dann aber nicht "im "Rahmen" eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland, sondern (allenfalls) aufgrund einer Anstellung im Inland tätig geworden (vgl. dazu Pade in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 4 SGB IV). Es fehlt von vornherein an der fortbestehenden Inlandsintegration bei vorübergehender Auslandsbeschäftigung (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 7).
Zu Recht hat das Sozialgericht auch einen Anspruch der Klägerin auf Grund einer Bindungswirkung des Bescheides der Beklagten vom 23. August 2002 verneint. Auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch ein Anspruch auf Grund einer sogenannten Formalversicherung kommt nicht in Betracht, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat. Dieses Institut ist von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unter den allgemein gültigen Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes entwickelt worden und unterstellt unter bestimmten engen Voraussetzungen eine nicht versicherungspflichtige Person dem vollen sozialversicherungsrechtlichen Schutz (vgl. die Zusammenfassung zum Sonderfall Formalversicherung unter dem Recht der RVO und nach dem SGB VII von Kruschinsky in: Becker u.a., Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 907 ff.). Die Formalversicherung greift ein, wo das Gesetz das Versicherungsverhältnis mit einer Mitgliedschaft zum Versicherungsträger verbindet wie bei der Unternehmerversicherung in der Unfallversicherung; sie kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber auch ohne formale Mitgliedschaft zwischen einer versicherungspflichtigen Person und einer Berufsgenossenschaft zur Anwendung, wenn der Unternehmer diese Person mit in die pauschalen Lohnnachweisungen aufgenommen hat und für sie entsprechende Beiträge an die Berufsgenossenschaft abgeführt worden sind. Letzteres gilt aber mit der Einschränkung, dass dem Unfallversicherungsträger der Haftungsgrund zurechenbar sein muss in der Hinsicht, dass er diesen Rechtsfehler in seinem Verantwortungsbereich begangen und ihn auch im Rahmen seiner Aufklärungs- und Ermittlungspflicht hätte vermeiden können. Dies ist der Fall, wenn die an sich nicht versicherungspflichtige Person mit Wissen oder fahrlässiger Unkenntnis der Organe der Unfallversicherungsträger in den Lohnnachweisen mit aufgezählt und die Unfallversicherungsträger über längere Zeit Beiträge nach Maßgabe dieser Lohnnachweise erhoben haben, ohne ihrerseits irgendwelche Erhebungen und Feststellungen zu veranlassen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 1999 - B 2 U 3 98 R juris). Ein Haftungsgrund liegt demgegenüber nicht vor, wenn nicht versicherte Personen ohne nähere Erläuterung aufgeführt werden; dieser Irrtum über die Versicherungspflicht, welcher meist auf die Rechtsunkenntnis der Arbeitgeber zurückzuführen ist, kann eine Versicherung nicht erzeugen, BSG, Urteil vom 2. Februar 1999, a.a.O. Wenn man im vorliegenden Fall trotz des anders lautenden Inhalts der Arbeitsverträge aufgrund der Mitteilung der Firma ÜÜ. Service vom 17. Oktober 2006 an die Beklagte unterstellt, dass im Lohnsummennachweisverfahren Beiträge zur Unfallversicherung von dem damaligen Arbeitgeber des Herrn A. entrichtet worden sind, so fällt dieser Rechtsfehler jedenfalls nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern ist in erster Linie im Verhalten des Unternehmers begründet, der den nicht versicherten Herrn A. ohne nähere Erläuterung in den Lohnnachweisen mit aufgezählt hat. Die Beklagte ist aus Vertrauensschutzgründen nicht verpflichtet, eine entsprechende Formalversicherung durchzuführen. Entgegen ihrem Vortrag kann die Klägerin auch nicht Vertrauensschutz mit der Folge der Formalversicherung aus der Tatsache herleiten, dass die Beklagte in den 90ziger Jahren medizinische Vorsorgeverfahren bei dem Verstorbenen durchgeführt hat, obgleich dieser gar nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstand; denn zu diesem Zeitpunkt wusste die Beklagte nicht, dass der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt in Südafrika hatte und hatte auch keinen Anlass in dieser Richtung zu ermitteln.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG, da die Klägerin sowohl als Hinterbliebenenleistungsempfängerin als auch als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 SGB I privilegiert ist (§ 183 Satz 1 SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 nicht vorgelegen haben.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4105 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und Gewährung von Lebzeitleistungen sowie Hinterbliebenenleistungen an die Ehefrau und Rechtsnachfolgerin des 1938 geborenen und 2007 verstorbenen B. A.
Herr A. war von 1977 bis 1982 und von 1984 bis 1991 für die Firma Maschinenfabrik CP. AG (CP.) Werk BJ., als Inbetriebsetzer von Kraftwerkanlagen in Südafrika tätig. In dieser Tätigkeit war er nach Aktenlage hoher Asbestbelastung ausgesetzt. Herr A. war deshalb seit Beginn der 90er Jahre bei der Zentralen Erfassungsstelle asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer bei der damaligen Textil- und Bekleidungs-BG, BH., erfasst. Im Jahr 1990 wurde eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung durch den betriebsärztlichen Dienst der CP. Werk BJ. durchgeführt. Zu einer Kontrolluntersuchung im Juni 1998 erschien Herr A. nicht, daraufhin wies ihn die Beklagte mit Schreiben vom 8. Januar 1999 auf seine Mitwirkungspflichten hin. Unter dem 6. April 1999 fertigte ein Sachbearbeiter der Beklagten eine Telefonnotiz, wonach Herr A. an diesem Tag angerufen und mitgeteilt habe, er sei jetzt lange auf Montage im Ausland gewesen und habe das Schreiben der Beklagten erst jetzt erhalten. Da er schon am Freitag wieder ins Ausland müsse, wisse er nicht, ob sich aus seiner Sicht ein Feststellungsverfahren durchführen lasse. Auf Aufforderung der Beklagten übersandte er eine Schweigepflichtentbindungserklärung für seinen Hausarzt Dr. D. D. vom XY. Hospital in XX., Südafrika. Darauf hatte er vermerkt, dass er ab 10. April 1999 in Südafrika sei. Auf Nachfrage der Beklagten vom 28. Juni 2000 teilte die Schwester des Herrn A., die in BJ. lebende Frau LR., am 13. Oktober 2000 mit, dass sie nicht sagen könne, wann ihr Bruder wieder in Deutschland sei. Am 13. Juni 2002 meldete sich Herr A. sodann selbst bei der Beklagten und teilte mit, dass er sich derzeit wieder bei seiner Schwester in BJ. (BJ-Straße, BJ.) aufhalte. Er bitte, in dieser Zeit eine Begutachtung zu veranlassen. Dies wurde sodann von der Beklagten bei Dr. RV., BJ., in Auftrag gegeben, der am 1. Juli 2002 ein Gutachten über Herrn A. erstattete. Danach ließ sich zu diesem Zeitpunkt eine Asbestose klinisch und apparativ nicht nachweisen. Mit Bescheid vom 23. August 2002 lehnte die Beklagte deshalb die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage zur BKV ab; der Bescheid ist bestandskräftig.
Am 23. August 2006 meldete sich die Tochter des Verstorbenen telefonisch bei der Beklagten und teilte mit, dass bei ihrem Vater in Südafrika ein Pleuramesotheliom festgestellt worden sei. Aufgrund der festgestellten Erkrankung wolle er eventuell nach Deutschland zurückkehren. Der Tochter des Verstorbenen wurde von Seiten der Beklagten mitgeteilt, dass kurzfristig geprüft werde, ob die Kosten der Behandlung ggf. schon vor einer Bescheiderteilung übernommen werden könnten. Die Beklagte leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein und forderte den B. A. zunächst auf, seinen beruflichen Werdegang darzustellen. Dieser gab daraufhin an, er habe bis 1965 nach Schule und Studium eine Bürotätigkeit für C. in Deutschland und N. NA. in Südafrika ausgeübt; zwischen 1966 und 1970 sei er für die CP. mit Bürotätigkeiten zur Auftragsabwicklung für Kraftwerke in Südafrika beschäftigt gewesen. Zwischen 1970 und 1972 sei er keiner Arbeit nachgegangen und habe mit der Familie Reisen unternommen. 1972 habe er eine Tätigkeit bei ME. Südafrika mit dem Inhalt der Überwachung der Wirtschaftlichkeit von Kraftwerken in Südafrika übernommen. Zwischen 1978 und 1982 sei er als Inbetriebsetzer des Kraftwerks QQ. in Südafrika tätig gewesen. Von 1982 bis 1984 sei er wiederum keiner Arbeit nachgegangen und habe Reisen mit seiner Familie unternommen. Zuletzt sei er von 1984 bis 1991 für CP. wieder als Inbetriebsetzer von Kraftwerken, hier OL., in Südafrika tätig gewesen. Die Tochter des Herrn A. teilte mit Schreiben vom 29. August 2006 der Beklagten als zusätzliche Information mit, dass ihre Eltern im Mai 1964 in Südafrika geheiratet hätten. Für Rückfragen teilte sie weiter eine Adresse in Südafrika mit.
Die Beklagte zog die Arbeitsverträge von CP. für die Zeiträume 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 bei. Demnach hatte CP. mit Herrn A. einen Anstellungsvertrag vom 13. Juni 1977 abgeschlossen, der an die Anschrift des Herrn A. in Südafrika adressiert war. Zudem vereinbarten die Beteiligten für die jeweiligen Zeiträume jeweils einen "Ausland-Dienstvertrag", in dem als Gegenstand des Vertrages ausgeführt war "CP. setzt Herrn A. als Inbetriebssetzungs- und Serviceingenieur in QQ./Südafrika ein. Beginn des Auslandseinsatzes: 1. September 1977". Unter "Versicherungen" heißt es in dem Auslandsdienstvertrag "b) Unfallversicherung: Die CP. versichert Herrn A. auf ihre Kosten gegen Unfälle jeder Art im Rahmen der allgemein üblichen Versicherungsbedingungen mit Folge von Tod und Invalidität für die Dauer seines Aufenthalts im Ausland ..." Der Arbeitgeber des Klägers erteilte auf Nachfrage der Beklagten die Auskunft, der Kläger sei seinerzeit zeitlich befristet für die Dauer der Bauzeit in das Kraftwerk QQ. in Südafrika entsandt worden; Beiträge zur Berufsgenossenschaft seien "entsprechend einer generellen Regelung in unserem Haus" entrichtet worden. Aus dem von der Beklagten von der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogenen Versicherungsverlauf des Herrn A. ergibt sich, dass in den Zeiträumen seiner Tätigkeit für CP. Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet worden sind.
Mit Bescheid vom 13. November 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV mit der Begründung ab, Herr A. habe während seiner Zeit im Kraftwerksbau von 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 nicht unter dem Versicherungsschutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Eine Ausstrahlung der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV komme hier nicht in Betracht. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2007 zurück.
Mit Bescheid vom 9. November 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2008 zurück.
Gegen die Ablehnung von Lebzeitleistungen hat sich die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin für ihren zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann mit ihrer am 27. April 2007 beim Sozialgericht Frankfurt eingegangenen Klage gewandt, die von dort zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) verwiesen worden ist.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr verstorbener Ehemann habe bei seinen Tätigkeiten von 1977 bis 1982 und von 1984 bis 1991 unter dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Dies habe die Beklagte wohl zunächst genauso gesehen, als sie noch mit Bescheid vom 23. August 2002 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Anlage 1 zur BKV lediglich mit einer medizinischen Begründung abgelehnt habe. Damit setze sie sich schon in Widerspruch zu ihren im hier streitigen Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen. Im Übrigen ergebe sich aus den Auslandsdienstverträgen ihres verstorbenen Ehemannes, dass es sich hierbei um eine Entsendung gehandelt habe. Ihr verstorbener Ehemann sei auch mit Wohnsitz in BJ. gemeldet gewesen und habe während seiner Tätigkeit in Südafrika auch regelmäßig an Schulungen und Weiterbildungen in Deutschland teilgenommen. Hilfsweise ergebe sich der Versicherungsschutz schon aus dem Gedanken der Formalversicherung, denn die Beklagte habe Beiträge über den Arbeitgeber des Verstorbenen erhalten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Mai 2010 abgewiesen. Lebzeitleistungen würden der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Herrn A. nicht zustehen. Eine Berufskrankheit nach der BK Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV sei für den Verstorbenen nicht anzuerkennen, da dieser während seiner Tätigkeit als Inbetriebsetzer von Kraftwerken in Südafrika in den Jahren 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 nicht unter dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Herr A. sei für die betreffenden Tätigkeiten nicht in das Ausland entsandt worden, wie es die Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV voraussetze; vielmehr habe er seit 1965 seinen tatsächlichen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Südafrika gehabt. So habe er dort 1964 eine Südafrikanerin geheiratet und nach dem von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Tätigkeitsnachweis sein gesamtes Berufsleben in Südafrika verbracht. Es gebe keinerlei Indizien dafür, dass der Verstorbene und seine Familie zwischenzeitlich ihren Lebensmittelpunkt wieder in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Bei der Meldung mit erstem Wohnsitz von 1950 bis 1990 in BJ. habe es sich um einen Meldeverstoß gehandelt; die Meldeanschrift stimme im Übrigen mit der Meldeanschrift seiner Schwester in BJ. überein. Scheinbar habe der Verstorbene den Postverkehr über diese Anschrift geregelt; denn auf die an diese Adresse gerichteten Schreiben der Zentralen Erfassungsstelle für astbeststaubgefährdete Arbeitnehmer habe er immer mit großer zeitlicher Verzögerung oder mittels seiner Schwester reagiert. Im Übrigen könnte allein aus dem Fehlen einer Ablehnung aus versicherungsrechtlichen Gründen in dem Bescheid der Beklagten vom 23. August 2002 nicht auf eine gegenteilige positive Bindungswirkung geschlossen werden. Schließlich komme auch aus dem Rechtsgedanken der sog. Formalversicherung ein Anspruch nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut beruhe auf dem Vertrauensschutz desjenigen Unternehmers, der wegen der Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis einer Berufsgenossenschaft als Mitglied unbeanstandet Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung entrichtet habe, obgleich die Voraussetzungen zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses nicht vorgelegen hätten. Dies könne nicht auf Arbeitnehmer eines versicherten Unternehmens übertragen werden, weil hier die Beitragsermittlung im sog. Lohnsummennachweisverfahren ohne Personenbenennung das Vorliegen einer Formalversicherung unmöglich mache.
Gegen die Ablehnung von Hinterbliebenenleistungen hat sich die Klägerin mit ihrer am 5. Mai 2008 beim Sozialgericht eingegangenen Klage gewandt. Das Sozialgericht hat diese Klage ebenfalls mit Urteil vom 21. Mai 2010 abgewiesen.
Gegen die ihr am 30. Juli 2010 zugestellten Urteile hat die Klägerin am 30. August 2010 jeweils Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und ihr Begehren mit den schon in den Klageverfahren vorgetragenen Argumenten weiter verfolgt.
Der Senat hat die Berufungen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 verbunden.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Urteile des Sozialgerichts Gießen vom 21. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2007 sowie des Bescheides vom 9. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. April 2008 zu verurteilen, bei dem verstorbenen B. A. eine Berufskrankheit nach der Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihr Lebzeitleistungen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzlichen Entscheidungen für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung im Wege des Beschlusses ohne mündliche Verhandlung angehört.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten bezüglich des B. A. Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden ist.
II.
Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, nachdem die Beteiligten zu dieser Verfahrensweise angehört worden sind.
Die Berufungen haben keinen Erfolg.
Die erstinstanzlichen Urteile sind zu Recht ergangen. Die Klägerin hat als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) des vor Klageerhebung verstorbenen B. A. keinen Anspruch auf Lebzeitleistungen und aus eigenem Recht keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach den §§ 63 ff. Sozialgesetzbuch Siebtes Buch Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII; denn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 der Anlage 1 zur BKV liegen bei dem Verstorbenen nicht vor und sein Tod ist nicht auf die Folgen einer Berufskrankheit zurückzuführen.
Berufskrankheiten gehören zu den Versicherungsfällen nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII und betreffen die Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der verstorbene B. A. nicht infolge einer versicherten Tätigkeit erkrankt und gestorben ist. Nach Aktenlage war er während seiner Beschäftigungszeiten als Inbetriebsetzer von Kraftwerken in den Jahren 1977 bis 1982 und 1984 bis 1991 zwar den in der BK Nr. 4105 aufgeführten Einwirkungen (Asbest) ausgesetzt. Während dieser Beschäftigungszeiten in Südafrika unterlag er indes nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Versicherungsschutz erstreckt sich grundsätzlich nur auf Verrichtungen im Inland (Territorialprinzip; vgl. § 3 SGB IV). Ausnahmsweise kann sich der Versicherungsschutz in der Unfallversicherung bei abweichenden Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts (§ 6 SGB IV) sowie im Falle der Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) auch auf Beschäftigungen im Ausland erstrecken.
Diese Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben. Im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Südafrika gab und gibt es keine Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts im Sinne von § 6 SGB IV (vgl. die Übersicht zu den Abkommensstaaten in Nr. 2.2.1 der Richtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) und Einstrahlung (§ 5 SGB IV) Fassung vom 24. April 1989 in: HVBG RdSchr VB 52/89 vom 17. August 1989). Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass auch die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV nicht erfüllt sind.
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist.
Zweck der Vorschrift ist es zu verhindern, dass ins Ausland entsandte Arbeitnehmer ihren Versicherungsschutz verlieren (vgl. Begründung zu Art. I § 4 des Entwurfs eines SGB IV, BT-Drucks 7/4122 S 30). Nach ihrem Wortsinn setzt sie neben der zeitlichen Begrenzung voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis zu dem entsendenden Arbeitgeber bestanden hat und dass dieses nach deren Beendigung weitergeführt wird. Die Entsendung muss im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgen, notwendig ist eine "Bewegung" ins Ausland (Seewald in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, Stand: 1. April 2011, § 4 SGB IV, Rdnr. 7). Fehlt es an diesem Rahmen, kann es nicht zur Ausstrahlung kommen, da dann kein im Inland (schon) bestehender Versicherungsschutz zu erhalten ist (BSG, Urteil vom 10. August 1999 – B 2 u 30/98 R – juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O., m.w.N.), welcher der Senat folgt, wird die Ausstrahlung zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass wie im vorliegenden Fall das Beschäftigungsverhältnis allein im Hinblick auf die Entsendung begründet wird. Es muss gerade in einem solchen Fall aber sicher gestellt sein, dass der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches liegt. Erforderlich ist daher zum einen, dass der für eine Auslandsbeschäftigung vorgesehene Arbeitnehmer sich vor Aufnahme dieser Beschäftigung im Inland befindet und zum anderen, dass - neben der erforderlichen Absicht der Rückkehr ins Inland – zu Beginn der Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung feststeht oder durch konkrete Vereinbarung gewährleistet ist, dass die Beschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber im Inland weitergeführt wird (BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.; Urteil des Senats vom 20. September 2011 – L 3 U 170/07 – juris). Nur unter diesen Voraussetzungen liegt der vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung geforderte Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses im Inland. Andernfalls, d.h. insbesondere ohne das Erfordernis der Weiterbeschäftigung im Inland, würden in den Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis erst mit der Entsendung begonnen hat, entgegen dem Gesetzeszweck Personen begünstigt, die im Inland nicht oder überwiegend nicht versichert waren, und dies letztlich die einseitige Schaffung einer deutschen Versicherungspflicht im Ausland bedeuten (BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.). Auch unter dem Gesichtspunkt eines umfassenden Schutzes der entsandten Arbeitnehmer bedarf es im Übrigen nicht einer weiten Auslegung des § 4 Abs. 1 SGB IV, weil ein solcher Schutz über die freiwillige Versicherung nach § 140 Abs. 2 SGB VII erreicht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 1999, a.a.O.).
Für die hier in Frage stehenden Beschäftigungen des B. A. bei CP., die erst mit dem Auslandseinsatz begonnen haben, fehlte es an dem "Rahmen" eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses im Inland.
Der Senat ist dabei davon überzeugt, dass sich der Verstorbene bei Abschluss des bzw. der Verträge mit CP. bereits im Ausland befand und allein deshalb keine Entsendung vorgelegen hat. Dafür spricht schon, dass der am 13. Juni 1977 mit CP. geschlossene Anstellungsvertrag an die Adresse des Herrn A. in Südafrika adressiert war. Zutreffend hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass nach allen bekannten Lebensumständen des Verstorbenen davon auszugehen ist, dass er tatsächlich (spätestens) seit 1965 seinen Lebensmittelpunkt in Südafrika hatte. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der von Herrn A. beibehaltene Wohnsitz in Deutschland kann im Übrigen Grund für eine Einbeziehung in das deutsche Sozialversicherungssystem auch nicht unter dem Gesichtspunkt sein, dass er möglicherweise irgendwann seinen Lebensmittelpunkt wieder in Deutschland begründen wollte, denn die Entscheidung über den Versicherungsschutz wäre dann vom Zufall abhängig (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 6a).
Für den Verstorbenen war schließlich auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Weiterbeschäftigung beim Arbeitgeber im Inland für die Zeit nach Beendigung der Auslandseinsätze in den Jahren 1982 bzw. 1991 gewährleistet. Eine solche Gewährleistung zu Beginn des Auslandseinsatzes lässt sich den Arbeitsverträgen des Herrn A. mit CP. nicht entnehmen. In dem "Auslands-Dienstvertrag" heißt es unter "Dauer des Vertrages" nur: "Nach Ende der Arbeiten wird die CP. Herrn A. zurückrufen oder ihm einen neuen Einsatzort bekanntgeben". Damit steht gerade nicht fest, dass der Verstorbene im Anschluss an den Auslandseinsatz im Inland weiterbeschäftigt werden sollte und die Beschäftigung nicht ausschließlich zum Zwecke der Tätigkeit im Ausland eingegangen worden ist. Der Beschäftigte ist dann aber nicht "im "Rahmen" eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland, sondern (allenfalls) aufgrund einer Anstellung im Inland tätig geworden (vgl. dazu Pade in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 4 SGB IV). Es fehlt von vornherein an der fortbestehenden Inlandsintegration bei vorübergehender Auslandsbeschäftigung (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr. 7).
Zu Recht hat das Sozialgericht auch einen Anspruch der Klägerin auf Grund einer Bindungswirkung des Bescheides der Beklagten vom 23. August 2002 verneint. Auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch ein Anspruch auf Grund einer sogenannten Formalversicherung kommt nicht in Betracht, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat. Dieses Institut ist von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unter den allgemein gültigen Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes entwickelt worden und unterstellt unter bestimmten engen Voraussetzungen eine nicht versicherungspflichtige Person dem vollen sozialversicherungsrechtlichen Schutz (vgl. die Zusammenfassung zum Sonderfall Formalversicherung unter dem Recht der RVO und nach dem SGB VII von Kruschinsky in: Becker u.a., Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 907 ff.). Die Formalversicherung greift ein, wo das Gesetz das Versicherungsverhältnis mit einer Mitgliedschaft zum Versicherungsträger verbindet wie bei der Unternehmerversicherung in der Unfallversicherung; sie kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber auch ohne formale Mitgliedschaft zwischen einer versicherungspflichtigen Person und einer Berufsgenossenschaft zur Anwendung, wenn der Unternehmer diese Person mit in die pauschalen Lohnnachweisungen aufgenommen hat und für sie entsprechende Beiträge an die Berufsgenossenschaft abgeführt worden sind. Letzteres gilt aber mit der Einschränkung, dass dem Unfallversicherungsträger der Haftungsgrund zurechenbar sein muss in der Hinsicht, dass er diesen Rechtsfehler in seinem Verantwortungsbereich begangen und ihn auch im Rahmen seiner Aufklärungs- und Ermittlungspflicht hätte vermeiden können. Dies ist der Fall, wenn die an sich nicht versicherungspflichtige Person mit Wissen oder fahrlässiger Unkenntnis der Organe der Unfallversicherungsträger in den Lohnnachweisen mit aufgezählt und die Unfallversicherungsträger über längere Zeit Beiträge nach Maßgabe dieser Lohnnachweise erhoben haben, ohne ihrerseits irgendwelche Erhebungen und Feststellungen zu veranlassen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 1999 - B 2 U 3 98 R juris). Ein Haftungsgrund liegt demgegenüber nicht vor, wenn nicht versicherte Personen ohne nähere Erläuterung aufgeführt werden; dieser Irrtum über die Versicherungspflicht, welcher meist auf die Rechtsunkenntnis der Arbeitgeber zurückzuführen ist, kann eine Versicherung nicht erzeugen, BSG, Urteil vom 2. Februar 1999, a.a.O. Wenn man im vorliegenden Fall trotz des anders lautenden Inhalts der Arbeitsverträge aufgrund der Mitteilung der Firma ÜÜ. Service vom 17. Oktober 2006 an die Beklagte unterstellt, dass im Lohnsummennachweisverfahren Beiträge zur Unfallversicherung von dem damaligen Arbeitgeber des Herrn A. entrichtet worden sind, so fällt dieser Rechtsfehler jedenfalls nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern ist in erster Linie im Verhalten des Unternehmers begründet, der den nicht versicherten Herrn A. ohne nähere Erläuterung in den Lohnnachweisen mit aufgezählt hat. Die Beklagte ist aus Vertrauensschutzgründen nicht verpflichtet, eine entsprechende Formalversicherung durchzuführen. Entgegen ihrem Vortrag kann die Klägerin auch nicht Vertrauensschutz mit der Folge der Formalversicherung aus der Tatsache herleiten, dass die Beklagte in den 90ziger Jahren medizinische Vorsorgeverfahren bei dem Verstorbenen durchgeführt hat, obgleich dieser gar nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstand; denn zu diesem Zeitpunkt wusste die Beklagte nicht, dass der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt in Südafrika hatte und hatte auch keinen Anlass in dieser Richtung zu ermitteln.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG, da die Klägerin sowohl als Hinterbliebenenleistungsempfängerin als auch als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 SGB I privilegiert ist (§ 183 Satz 1 SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 nicht vorgelegen haben.
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