L 3 AS 3615/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3198/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3615/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Beiträge zur privaten Krankenversicherung, die den nach § 26 Abs. 2 SGB II zu übernehmenden Zuschuss übersteigen, sind im Rahmen des § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II von der Pauschale von 30,00 € gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V umfasst. Tatsächliche höhere Aufwendungen können nicht von einem Einkommen des Leistungsberechtigten abgesetzt werden.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. August 2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Beteiligten streiten um die Absetzung höherer Aufwendungen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung von den anderweitigen Einkünften des Klägers.

1. Der am 19.03.1957 geborene Kläger war als Journalist abhängig beschäftigt gewesen. Er hatte bereits im Jahre 1976 im Rahmen einer Gruppenversicherung einen Krankenversicherungsvertrag bei der Deutschen Krankenversicherung AG (im Folgenden DKV), einem privaten Versicherungsunternehmen, abgeschlossen, der später um die private Pflegepflichtversicherung ergänzt worden war. Nachdem der Kläger etwa ab November 2007 arbeitsunfähig erkrankt war, endete sein Beschäftigungsverhältnis zum 31.03.2008. Er bezog von der DKV Krankentagegeld in Höhe von EUR 185,00 täglich. Die DKV stellte die Zahlung dieser Leistung mit dem 23.02.2010 ein, weil sie den Kläger für berufsunfähig im Sinne der Vertragsbedingungen hielt. Wegen des Bezugs von Krankentagegeld hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereits mit Bescheid vom 10.01.2008 einen Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) abgelehnt.

2. Der Kläger beantragte am 30.04.2010 bei dem beklagten Jobcenter (im Folgenden: Beklagter) erstmals Leistungen nach dem SGB II. Er war am 01.04.2010 in den Zuständigkeitsbezirk des Beklagten gezogen. Er hatte zusammen mit einem Ehepaar eine Wohnung für EUR 1.600,00 nettokalt und EUR 150,00 kalte Nebenkosten monatlich angemietet. Der Kläger zahlte nach interner Vereinbarung die Hälfte dieser Miete bzw. konkret zweimonatlich EUR 1.750,00 an die vermietende Erbengemeinschaft. Für die Kranken- und Pflegeversicherung bei der DKV musste er seit März 2010 monatlich EUR 515,40 (darunter EUR 27,11 für die Pflegepflicht- und EUR 35,61 für eine Pflegetagegeldversicherung, die Krankentagegeldversicherung wurde seit 24.02.2010 nur noch als Anwartschaft geführt) aufwenden. Der Kläger bezog zu diesem Zeitpunkt eine Witwerrente von EUR 795,88 monatlich, die sich aus einer Nettorente von EUR 743,81 und einem Zuschlag zu den Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung von EUR 52,07 zusammensetzte. Ferner war er Eigentümer einer Wohnung, die nach einer Auskunft des Gutachterausschusses der Stadt Neuss aus der amtlichen Kaufpreissammlung einen Verkehrswert von ca. EUR 54.000,00 hatte. Diese Wohnung war mit einer Grundschuld über DM 170.000,00 belastet. Die durch sie abgesicherten Darlehen valutierten (Stand Ende 2009) noch mit etwa EUR 175.000,00. Für diese Darlehen wandte der Kläger monatliche Schuldzinsen von EUR 1.002,00 auf. Aus der Vermietung der Wohnung nahm der Kläger monatlich EUR 535,00 ein, dem standen vermietungsbedingte Aufwendungen (ohne Zinsen) von EUR 179,00 gegenüber. Auf einem Tagesgeldkonto des Klägers befanden sich noch ein Guthaben von etwas mehr als EUR 9.000,00 (Stand 23.04.2010), nachdem der Kläger seit Februar 2010 von diesem Konto etwas mehr als EUR 10.000,00 für seinen Lebensunterhalt verbraucht hatte. Eine Altersabsicherung beim Versorgungswerk der Presse war unverfallbar, der Kläger konnte über sie nicht verfügen. Zwei Giroverträge des Klägers befanden sich um zusammen etwa EUR 5.600,00 im Minus. Es bestanden mehrere weitere Giro- und Kreditkartenverträge. Für seinen Pkw leistete der Kläger monatliche Leasingraten von EUR 352,34. Wegen der Einzelheiten wird auf die Unterlagen Bl. 26 ff., Bl. 65 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Bescheid vom 09.07.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den 30.04.2010 EUR 20,15 und für Mai bis Oktober 2010 monatlich EUR 604,11, nämlich EUR 512,09 für den ungedeckten Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung von EUR 73,98 und EUR 18,04. Ausweislich seiner Horizontalberechnungen legte der Beklagte für den Bedarf die Regelleistung von EUR 359,00 und für Unterkunft und Heizung EUR 866,90 (die volle vom Kläger zu zahlende Nettokaltmiete und pauschal EUR 21,00 für die kalten Nebenkosten und EUR 45,90 für die Heizung), insgesamt mithin EUR 1.225,90, zu Grunde. Als Einkommen berücksichtigte der Beklagte die Nettowitwerrente, die er um die Versicherungspauschale von EUR 30,00 bereinigte, mit EUR 713,81. In dem Bescheid war ausgeführt, die Miete werde nur bis Januar 2011 in tatsächlicher Höhe berücksichtigt; sie sei unangemessen hoch, die angemessene Miete betrage EUR 319,50. Für die Krankenversicherung werde dem Kläger ein Zuschuss von EUR 126,05 abzüglich des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers von EUR 52,07 sowie für die Pflegeversicherung ein Zuschuss von EUR 18,04 gewährt. Zu den Vermögensverhältnissen des Klägers führte der Beklagte an, die (der Wert der) Eigentumswohnung und das Guthaben auf dem Tagesgeldkonto überstiegen (zwar) den gegenwärtigen Vermögensfreibetrag des Klägers von EUR 8.700,00, das Vermögen reiche jedoch nach Abzug der nachgewiesenen Verbindlichkeiten nicht aus, den Bedarf des Klägers zu decken. Eine Veräußerung der Eigentumswohnung sei auch unwirtschaftlich, da der Kläger ohne die Mieteinnahmen nicht für die verbliebenen Schulden aufkommen könne. Hierbei handle es sich um eine Härtefall-/Einzelfallentscheidung. Auch das Einkommen aus Vermietung berücksichtigte der Beklagte nicht, weil er es mit den Schuldzinsen des Klägers für die wohnungsbezogenen Darlehen gegenrechnete.

Der Kläger erhob am 20.07.2010 Widerspruch. Die gewährten Leistungen seien zu niedrig. Für die Krankenversicherung müsse er monatlich EUR 515,40 aufbringen. Hiervon sei der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers von EUR 70,11 abzuziehen. Die restlichen EUR 445,29 seien von der als Einkommen angerechneten Rente abzusetzen. Es handle sich in voller Höhe um angemessene Beiträge im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. Der Kläger habe vor der Erkrankung und dem Arbeitsplatzverlust als Journalist ein deutlich über den Beitragsbemessungsgrenzen liegendes Einkommen erzielt. Vor diesem Hintergrund sei ein monatlicher Beitrag von EUR 515,40 angemessen, zumal dieser Beitrag niedriger sei als der volle, nicht wegen Bedürftigkeit halbierte Basistarif im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Hilfsweise, so der Kläger, beständen gegen die Regelungen über den Zuschuss zu privaten Krankenversicherungen nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Entgegen diesen Regelungen sei in jedem Falle mehr als der halbierte Basistarif zu übernehmen bzw. im Rahmen der Leistungsgewährung zu berücksichtigen.

Am 27.07.2010 beantragte der Kläger bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG) einstweiligen Rechtsschutz (S 11 AS 2670/10 ER). Er begehrte die vorläufige Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von EUR 977,45 monatlich. Er teilte mit, dass sich die monatlichen Beiträge zu seiner Krankenversicherung ab dem 01.07.2010 auf EUR 517,93 erhöht hatten. Er trug vor, für die Bestimmung der Angemessenheit der Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung seien die bisherigen und nicht die gegenwärtigen Lebensumstände des Hilfebedürftigen maßgeblich. Der Beklagte trat dem Antrag entgegen. Er trug vor, es treffe zwar zu, dass der volle Basistarif mit zurzeit EUR 569,63 höher sei als der Beitrag des Klägers. Bei einer Hilfebedürftigkeit des Versicherten halbiere sich jedoch der Basistarif. Nur dieser Tarif von zurzeit EUR 284,82 sei maßgeblich, da der Kläger Leistungen nach dem SGB II begehre. Mit Beschluss vom 12.08.2010 lehnte das SG den Eilantrag des Klägers ab. Es fehle der notwendige Anordnungsgrund. Die Sache sei nicht eilbedürftig. Der Kläger legte gegen diesen Beschluss Beschwerde zum LSG ein, die bei dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 3 AS 4013/10 ER-B geführt wurde.

Der Beklagte erließ am 30.08.2010 einen Teil-Abhilfe-Bescheid. Darin bewilligte er dem Kläger nunmehr für den 30.04.2010 EUR 25,44 und für Mai bis Oktober 2010 monatlich EUR 762,88. Er führte aus, neben dem bewilligten Zuschuss zur Krankenversicherung des Klägers von EUR 126,05 abzüglich des Zuschusses des Rentenversicherungsträgers von EUR 52,07 würden nunmehr EUR 158,77 von der Witwerrente abgesetzt. Den verbleibenden Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2010 zurück. Darin führte er aus, die zusätzlich vom Einkommen abgesetzten EUR 158,77 seien die Differenz zwischen dem bisher berücksichtigten Zuschuss von EUR 126,05 und dem halben Basistarif von EUR 284,82. Von der Rente seien daher EUR 555,04 anzurechnen.

Nach Erlass dieser Bescheide erklärte der Kläger das Beschwerdeverfahren vor dem erkennenden Senat am 07.09.2010 für erledigt.

3. Mit Bescheid vom 08.09.2010 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger ab dem 07.09.2010 vorläufig Arbeitslosengeld. Der Beklagte hob daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 01.09.2010 mit Bescheid vom 17.09.2010 ganz auf. Jedoch nahm die Bundesagentur die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 22.09.2010 wieder zurück, weil der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei. Arbeitslosengeld wurde nicht gezahlt. Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2010 dem Kläger für die Zeit vom 30.04. bis zum 31.10.2010 wiederum Arbeitslosengeld II in vorheriger Höhe.

Für die Folgezeiträume ab November 2010 stellte der Kläger Folgeanträge. Der Beklagte bewilligte Leistungen nach den gleichen Grundsätzen wie im Streitzeitraum. Die Widersprüche, die der Kläger gegen die Folgebescheide erhoben hat, sind zum Ruhen gebracht.

4. Am 07.09.2010 hat der Kläger Klage gegen die Leistungsbewilligung für April bis Oktober 2010 zum SG erhoben. Er hat unter entsprechender Abänderung die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer EUR 185,07 für Mai bis Oktober und EUR 31,98 für den 30.04.2010 begehrt, zusammen mithin EUR 1.142,40. Er hat seine Ausführungen aus dem Eilverfahren vertieft. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass er keinen höheren Zuschuss zu den Beiträgen zur Krankenversicherung nach § 26 Abs. 2 SGB II begehre, sondern eine Absetzung seiner vollen Beiträge von seiner Witwerrente. Er verfüge über Einkommen. Darin unterscheide sich seine Situation von jener, die dem Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 11.10.2010 (L 7 AS 4197/10) zu Grunde gelegen habe.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Auch er hat vorgetragen, der Beschluss des LSG vom 11.10.2010 habe eine andere Situation betroffen. Jedoch erhalte der Kläger faktisch Zuschüsse in Höhe des halben Basistarifs, nämlich Zuschüsse von EUR 52,07 von der Rentenversicherung und EUR 73,98 durch den Beklagten und weitere EUR 158,77 durch die Absetzung dieses Betrags von seinem Einkommen. Eine höhere Absetzung komme nicht in Betracht. Die Beiträge des Klägers zu seiner Krankenversicherung seien nicht gesetzlich vorgeschrieben und der Höhe nach unangemessen. Die Angemessenheit sei nach den gegenwärtigen Lebensumständen eines Hilfebedürftigen zu bestimmen.

Mit Urteil vom 17.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe von dem Einkommen des Klägers zu Recht nur EUR 158,77 abgesetzt und damit insgesamt nur EUR 284,82 für die Krankenversicherung berücksichtigt. Nur in dieser Höhe des halben Basistarifs seien die Aufwendungen des Klägers angemessen.

Zwar sei die Angemessenheit nicht ausschließlich nach den Lebensumständen eines Hilfebedürftigen während des Leistungsbezugs zu bestimmen. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung im Entwurf zum SGB II sei im Gesetzgebungsverfahren gestrichen worden. Hierdurch habe der Gesetzgeber ermöglichen wollen, die Lebensumstände Betroffener während "absehbar kurzer Bezugszeiten" aufrechtzuerhalten (Verweis auf BT-Drs. 15/1749, S. 31). Hiernach seien Beiträge über den Kosten einer gesetzlichen Krankenversicherung nur abzusetzen, wenn die Bedürftigkeit absehbar von begrenzter Dauer sei. Hier könne auf "wenige Wochen" abgestellt werden. Es könne offen bleiben, ob diese kurze Bezugszeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogen oder in einer Art Rückschau in der mündlichen Verhandlung zu überprüfen sei. Bei dem Kläger sei nämlich schon bei Antragstellung im April 2010 nicht von einer kurzen Bezugszeit auszugehen gewesen. Er sei schon seit November 2007 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Schon bei Bescheiderteilung hätten weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis zum 15.08.2010 vorgelegen. Der Kläger habe auch keinen neuen Arbeitsvertrag vorweisen können. Bei einer Rückschau ergebe sich nichts anderes, nachdem der Kläger nunmehr seit 16 Monaten im Leistungsbezug nach dem SGB II stehe.

Der Umstand, dass der Kläger nach einem Ende seiner Hilfebedürftigkeit eventuell nicht mehr in seinen jetzigen Krankenversicherungstarif wechseln könne, könne bei der Bestimmung der Angemessenheit der Beiträge keine Rolle spielen. Entscheide sich eine Person für eine private Krankenversicherung, seien damit erhebliche Vorteile verbunden, andererseits gehe der Versicherte auch Risiken ein. Bei dem Kläger hätten sich diese Risiken realisiert. Dies könne nicht dazu führen, dass der gewohnte, gehobene Lebensstandard über Monate hinweg von der Allgemeinheit getragen werde. Andere Hilfebedürftige wechselten ebenfalls in den Basistarif.

Angemessen sei hiernach ein Beitrag zur privaten Krankenversicherung in Höhe des halben Basistarifs. Dies entspreche dem Zuschuss, den betroffene Hilfebedürftige ohne Einkommen nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.01.2011 (B 4 AS 108/10 R) von dem Leistungsträger verlangen könnten.

5. Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 24.08.2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 24.08.2011 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, seine Krankenversicherung setze sich aus mehreren Bausteinen (einschließlich der Pflegeversicherung acht Bausteine) zusammen. Hiervon seien die Tarife für ambulante ärztliche Behandlungen (monatlicher Beitrag EUR 255,74), für zahnärztliche Leistungen (EUR 65,07) und stationäre Behandlungen (EUR 115,93) ohne Weiteres angemessen, da entsprechende Leistungen auch gesetzlich Versicherten zuständen. Das gleiche gelte für den Tarif für Kur- und Sanatoriumsbehandlungen, Funktionstraining und Rehasport (EUR 3,53), da auch gesetzlich Versicherte Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen hätten. Die Krankenhaustagegeldversicherung des Klägers (EUR 7,97) sei nach einem Urteil des SG Hamburg vom 27.01.2006 (S 53 AS 568/05) ebenfalls angemessen, zumal Zahlungen aus dieser Versicherung als Einkommen angerechnet würden. Mit seiner Krankentagegeldversicherung (zur Zeit nur eine Anwartschaft für EUR 4,44 monatlich) decke der Kläger das Risiko eines Lohnausfalls nach dem Ende der Entgeltfortzahlung seines Arbeitgebers ab, so wie gesetzlich Versicherte Anspruch auf Krankengeld hätten. Die private Pflegeversicherung (EUR 27,11) sei gesetzlich vorgeschrieben, die Pflegetagegeldversicherung (EUR 38,14) decke ebenfalls das Risiko der Pflegebedürftigkeit ab. Die Beiträge seien auch nicht zu hoch. Es bleibe dabei, dass die Angemessenheit nach den Lebensumständen vor Leistungsbezug zu bestimmen sei. Der Gesetzgeber habe nach den auch vom SG zitierten Gesetzesmaterialien gerade keine Vorhersehbarkeit der kurzen Bezugsdauer gefordert. Insbesondere bei Hilfebedürftigen, die nicht zunächst andere Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, das grundsätzlich für 12 Monate gewährt werde, bezogen hätten, sondern sofort auf das SGB II angewiesen seien, sei auch ein längerer Bezugszeitraum anzulegen. Der Kläger trägt ferner vor, ihm sei zum 30.04.2010 eine Kündigung seines Krankenversicherungsvertrags nicht möglich gewesen. Ein Wechsel in den Basistarif sei grundsätzlich ausgeschlossen bzw. wegen des damit verbundenen Verlusts der Altersrückstellungen oder der Unmöglichkeit einer späteren Rückkehr in den alten Tarif unzumutbar gewesen. Zumindest habe ein Wechsel in den Basistarif unter diesen Umständen nicht von dem Kläger erzwungen werden können. In jedem Falle habe er, der Kläger, nur mit den Tarifen für die ambulante, zahnärztliche und stationäre Behandlung in den Basistarif wechseln können. Die weiteren Tarife seien nicht wechselfähig und wegen der vorgeschriebenen Kündigungsfristen auch nicht sofort kündbar gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. August 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 09. Juli 2010 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 30. August 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2010 sowie der Bescheide vom 17. und 27. September 2010 zu verurteilen, dem Kläger für den 30. April 2010 EUR 31,98 und für Mai bis Oktober 2010 monatlich jeweils EUR 947,95 unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und seine Entscheidungen. Er trägt unter Berufung auf einen Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.06.2011 (L 16 AS 337/11 B ER) ergänzend vor, ein Wechsel in den Basistarif sei unter Aufrechterhaltung von Altersrückstellungen möglich; die entsprechende Obliegenheit eines Hilfebedürftigen zu einem solchen Wechsel folge aus § 2 SGB II.

Der Senat hat eine formlose Auskunft der DKV über die Krankenversicherung des Klägers eingeholt. Die DKV hat diese Auskunft nicht direkt, sondern über den Kläger erteilt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Schreiben der DKV an den Kläger vom 19.09.2011 verwiesen.

Ende Oktober oder Anfang November 2011 ist der Kläger aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten heraus verzogen.

Beide Beteiligte haben sich in dem Erörterungstermin am 21.11.2011 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, insbesondere war sie angesichts der Beschwer des Klägers aus dem Urteil des SG (EUR 1.142,40) nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat für den Streitzeitraum keine Ansprüche gegen den Beklagten auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II.

1. Der Kläger macht in diesem Verfahren allgemein einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also auf Arbeitslosengeld II, geltend. Er begehrt nicht - isoliert - einen gesonderten Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. (entsprechend § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [Kranken-] und Abs. 2 Satz 1 [Pflegeversicherung] SGB II in der seit dem 01.01.2011 geltenden und daher hier noch nicht anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch [EGRBEG] vom 24.03.2011 [BGBl I S. 453]). Dies gilt nicht nur im konkreten Verfahren, wo der Kläger ausdrücklich ausgeführt hat, er stütze sich nicht auf § 26 Abs. 2 SGB II, sondern wolle nur eine höhere Absetzung seiner Versicherungsbeiträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. (nunmehr § 11b Abs. 1 Nr. 3 lit. a SGB II n.F.) von seinem Einkommen erreichen. Auch generell kann ein Zuschuss nach § 26 Abs. 2 SGB II nicht isoliert eingeklagt werden. Dieser Zuschuss ist kein abtrennbarer Streitgegenstand, sondern kann nur zusammen mit den (übrigen) Ansprüchen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts überprüft werden (BSG, Urt. v. 18.01.2011, B 4 AS 108/10 R, Juris Rn. 13). Dies zeigt sich auch darin, dass es für die Höhe der Geldleistungen an einen Hilfebedürftigen unerheblich ist, ob die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung von einem etwa vorhandenen Einkommen abgesetzt werden oder ob sie als gesonderter Zuschuss übernommen werden, dann aber selbstverständlich nicht mehr vom Einkommen abgesetzt werden könnten. Die Höhe dieser Aufwendungen ist demnach nur eine Bedarfsposition bei der Berechnung des Anspruchs auf Alg II aus §§ 19 ff. SGB II.

2. Der Beklagte hat den Bedarf des Klägers im Streitzeitraum richtig beziffert. Er belief sich auf EUR 1.476,69. Er setzte sich zusammen aus dem Regelbedarf (EUR 359,00), den Kosten der Unterkunft (EUR 866,90) sowie zusätzlichen Bedarfen für die Kranken- und die Pflegeversicherung von EUR 284,82 und EUR 18,04, also den halben Basistarifen (zu den Bedarfen im Folgenden a bis d). Von dem so errechneten Gesamtbedarf von EUR 1.528,76 war allerdings bereits auf Bedarfsseite der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung von EUR 52,07 abzuziehen (unten e), sodass sich die genannten EUR 1.476,69 ergeben. Die folgende Berechnung weicht von jener des Beklagten ab, kommt aber zu den gleichen Ergebnissen:

a) Der Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 SGB II) betrug damals gesetzlich vorgeschrieben EUR 359,00.

b) Die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung waren nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für sechs Monate zu berücksichtigen, nachdem der Kläger seine Wohnung bereits vor Antragstellung angemietet hatte. Dies hat der Beklagte auch getan und insoweit EUR 866,90 angesetzt. Er ist hierbei ersichtlich davon ausgegangen, dass die Wohnkosten von insgesamt EUR 1.750,00 bruttokalt nicht nach Köpfen auf die drei Bewohner des Hauses umzulegen seien, sondern der Kläger sogar die Hälfte (EUR 875,00) davon tragen müsse. Hierdurch ist der Kläger nicht beschwert. Die Differenz zu den angesetzten EUR 866,90, die auf der pauschalen Berücksichtigung der kalten Neben- und der Heizkosten beruhte, hat der Kläger nicht beanstandet, er ist dadurch auch nicht beschwert, nachdem er im späteren Verlauf gesondert Heizkosten gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.

c) Entsprechend § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. hatte der Kläger einen weiteren Bedarf für seine Krankenversicherung, weil er nicht gesetzlich krankenversichert war. Kranken- und auch Pflegeversicherungskosten sind nicht Bestandteil des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 1 SGB II. Den Bedarf für die Krankenversicherung hat der Beklagte richtig mit EUR 284,82 beziffert, also mit dem halben Basistarif. Der Beklagte musste nicht die höheren tatsächlichen Aufwendungen des Klägers von EUR 515,40 (bis Juni 2010) bzw. EUR 517,93 (ab Juli 2010) - jeweils abzüglich der darin enthaltenen Aufwendungen für die Pflegeversicherung - berücksichtigen.

aa) Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. gelten für nicht versicherungspflichtige, in der privaten Krankenversicherung versicherte Hilfebedürftige § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG. Nach § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG beteiligt sich der Träger der Leistungen nach dem SGB II im erforderlichen Umfang (an den Krankenversicherungsbeiträgen), wenn der Versicherte "auch bei einem nach Satz 4 verminderten" Beitrag hilfebedürftig ist. Nach § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG halbiert sich der Basistarif, wenn der Versicherte "allein" durch seine Versicherungsprämien hilfebedürftig im Sinne des SGB II wird. Die weitere in Bezug genommene Vorschrift in Satz 6 betrifft Fälle, in denen unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Versicherungsbeitrags Hilfebedürftigkeit besteht, hier gilt Satz 4 entsprechend, wobei nach Satz 6 Halbsatz 2 der Träger nach dem SGB II (nur) den Betrag zahlt, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist.

bb) Das BSG hat in dem genannten Urteil vom 18.01.2011 entschieden, dass in den Fällen des § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG die dortige Beschränkung auf den entsprechenden Beitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Halbsatz 2 nicht anwendbar ist, sondern Versicherte, die unabhängig von der Höhe ihres Krankenversicherungsbeitrags hilfebedürftig sind, die Übernahme ihrer "unterhalb des hälftigen Höchstbetrags zur gesetzlichen Krankenversicherung liegenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung im Wege einer analogen Anwendung der für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen geltenden Regelung ( ) beanspruchen" können (a.a.O., Rn. 25 ff.). Das BSG hat in jenem Urteil eine planwidrige Regelungslücke im Zusammenspiel des § 26 Abs. 2 SGB II a.F. und des § 12 Abs. 1c Sätze 4 bis 6 VAG gesehen, weil Versicherte in dieser Situation einen Zuschuss nur in Höhe ihres (fiktiven) Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung verlangen können, aber andererseits einer - höheren - rechtswirksamen Zahlungsverpflichtung gegenüber ihrem privaten Krankenversicherer ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang hat das BSG auch darauf verwiesen, dass Versicherte, die nur wegen ihres Beitrags hilfebedürftig sind, nach der für sie geltenden Regelung in § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG eine Übernahme der Beiträge "in erforderlichem Umfang" verlangen können, ohne dass hier eine ausdrückliche Beschränkung auf die Höhe des Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung vorhanden wäre (a.a.O., Rn. 31).

cc) Das BSG hat in seinem Urteil allerdings nicht ausdrücklich entschieden, ob der Zuschussanspruch des Versicherten - und damit der durch die Leistungen nach dem SGB II abzudeckende Bedarf - auf den halben Basistarif beschränkt ist oder darüber hinaus gehen kann. In jenem Urteil war eine solche Entscheidung nicht notwendig, weil der Versicherungsbeitrag des dortigen Klägers zwar über dem Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung, aber unter dem halben Basistarif lag. Jedoch spricht die Formulierung des BSG, dass der Hilfebedürftige die Übernahme des "unterhalb des hälftigen Höchstbetrags zur gesetzlichen Krankenversicherung" liegenden Beitrags verlangen könne, für die Annahme einer solchen Begrenzung. Der Basistarif der privaten Krankenversicherungen entspricht dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1c Satz 1 VAG).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine private Krankenversicherung auf den halben Basistarif beschränkt. Er schließt sich damit dem Beschluss des Bayerischen LSG vom 29.06.2011 (L 16 AS 337/11 B ER, veröffentlicht in Juris) an, auf den sich auch der Beklagte berufen hat.

Ebenso wie das Bayerische LSG in dieser Entscheidung (a.a.O., Rn. 21 ff.) geht auch der Senat davon aus, dass die staatlichen Leistungen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. – ebenso wie generell nach dem SGB II – nicht weiter reichen können als es zur Sicherstellung des Existenzminimums nötig ist. Das Existenzminimum verlangt aber nicht mehr als einen Krankenversicherungsschutz im Basistarif.

Dies folgt grundsätzlich zunächst daraus, dass jeder hilfebedürftige privat Versicherte jederzeit einen - altersrückstellungsunschädlichen - Wechsel in den Basistarif verlangen können. Dies folgt aus § 204 Abs. 1 Nr. 1 erster Halbsatz Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Nach dieser Regelung kann ein Versicherter von seinem Versicherer - jederzeit - den Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Altersrückstellung verlangen. Ein Wechsel in den Basistarif, den jeder Krankenversicherer nach § 12 Abs. 1a Satz 1 VAG anbieten muss, ist zwar nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz lit. a, b und c VVG nur eingeschränkt möglich. Jedoch erlaubt lit. b Variante 2 Untervariante 3 dieser Norm gerade Hilfebedürftigen nach dem SGB II einen solchen Wechsel, auch wenn sie - im Gegensatz zu Variante 1 - noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben (etwas unklar insoweit Prölss/Martin, Kommentar zum VVG, 28. Aufl. 2010, § 204 Rn. 36). Dass ein solcher Wechsel hilfebedürftiger Versicherter unabhängig von ihrem Alter möglich ist, ergibt sich deutlich aus den Gesetzesmaterialien Die jetzige Formulierung in § 204 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz lit. b VVG beruht auf den Änderungs¬vorschlägen des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags im Gesetzgebungsverfahren zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zu der damals geplanten Änderung des § 178f VVG (BT-Drs. 16/4200, S. 204). Die geplanten Änderungen des VVG waren zwar später aus diesem Gesetzgebungsverfahren herausgenommen und in das parallel laufende Verfahren über das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts übernommen worden. Hierbei wurde jedoch die fragliche Norm, die dann als § 204 VVG n.F. Gesetz wurde, nicht mehr verändert. Der Ausschuss hatte damals zu seinem Änderungsvorschlag zu § 178f VVG a.F. ausgeführt, künftig könnten alle Versicherten ab dem 55. Lebensjahr, bei Anspruch auf eine Rente oder ein Ruhegehalt "oder im Falle finanzieller Not" in den Basistarif wechseln und dabei die Altersrückstellungen mitnehmen (Bericht des Gesundheitsausschusses, BT-Drs. 16/4247, S. 10). Hiernach ergibt sich auch deutlich, dass die Regelungen über den Wechsel in den Basistarif (desselben Versicherers) spezieller sind als § 193 Abs. 5 Satz 2 VVG, wonach bei vor dem 01.01.2009 abgeschlossenen privaten Krankenversicherungsverträge die Altersrückstellungen nur dann (zu einem anderen Versicherer) mitgenommen werden können, wenn der Versicherte bis zum 30.06.2009 kündigt. Dass auch konkret der Kläger mit Beginn seiner Hilfebedürftigkeit am 30.04.2010 (bzw. ab 01.05.2010) rückstellungsunschädlich in den Basistarif hätte wechseln können, hat die DKV in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 19.09.2011 bestätigt.

Der Wechsel in den Basistarif nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VVG ist den Leitungsberechtigten nach dem SGB II auch zumutbar, da der Basistarif die gleichen Leistungen bietet wie die gesetzliche Krankenversicherung (vgl. § 12 Abs. 1a Satz 1 VAG) und - wie ausgeführt - die Altersrückstellungen erhalten bleiben. Dass der Leistungsberechtigte im Basistarif z. B. keinen Anspruch auf Krankentagegeld oder dgl. hat, führt ebenfalls nicht zur Unzumutbarkeit des Wechsels, da auch gesetzlich krankenversicherte Leistungsberechtigte nach dem SGB II kein Krankengeld beanspruchen können. Wenn aber ein solcher Wechsel möglich und auch zumutbar ist, dann ist der Zuschuss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. auf den dann nach § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG zu zahlenden halben Basistarif beschränkt. Den betroffenen Hilfebedürftigen obliegt es dem Leistungsträger gegenüber auch, in den Basistarif zu wechseln, denn sie müssen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II alle Möglichkeiten zur Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Ob sie diesen Wechsel tatsächlich vollziehen, ist ihnen überlassen.

An dieser Stelle ist es unerheblich, dass einem privat Krankenversicherten bei einem späteren Rückwechsel in den alten Tarif oder in einen anderen als den Basistarif Nachteile entstehen. Zwar ist ein solcher Rückwechsel ebenfalls möglich und ebenfalls altersrückstellungsunschädlich (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 VVG), jedoch kann der Versicherer eine erneute Gesundheitsprüfung und je nach ihrem Ergebnis Risikozuschläge verlangen oder den Wechsel von Leistungsausschlüssen abhängig machen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsätze 2 und 3 VVG), ferner kann er - erneut - solche Risikozuschläge verlangen, die der Versicherte bereits vor dem Wechsel in den Basistarif hatte tragen müssen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 4 VVG). Relevant kann dies für den Kläger z. B. werden, wenn er später wieder eine Krankentagegeldversicherung benötigt, eine solche aber wegen der dann anstehenden Gesundheitsprüfung nicht erneut oder nur mit Einschränkungen erlangen kann. Der Zuschuss nach § 26 Abs. 2 SGB II a.F. und damit der Bedarf eines Hilfebedürftigen ist jedoch ausschließlich nach den gegenwärtigen Umständen zu bemessen. Spätere, fiktive Entwicklungen kann und muss der Leistungsträger nicht berücksichtigen. Die Leistungen nach dem SGB II sichern nur das gegenwärtige Existenzminimum. Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 1c Satz 5 VAG: Durch den Verweis auf Satz 4 dieser Norm ist deutlich, dass Zuschusspflicht überhaupt erst dann einsetzt, wenn der bereits (nach Satz 4) halbierte Basistarif die Hilfebedürftigkeit auslöst. Nur in diesem Rahmen "beteiligt" sich dann der SGB-II-Träger im erforderlichen Umfang, also nur insoweit, als bereits der Basistarif nicht bezahlt werden kann. Für Zuschüsse und damit die Berücksichtigung weiterer Krankenversicherungskosten als Bedarf fehlt jeglicher gesetzliche Anspruch. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass solche weitergehenden Kosten nicht zumindest von einem etwa vorhandenen Einkommen des Hilfebedürftigen abgesetzt werden können.

d) Letztlich hat der Beklagte zu Recht auch den Bedarf des Klägers für seine Pflegeversicherung mit EUR 18,04 im Monat beziffert. Der Bedarf für eine private Pflegeversicherung eines Hilfebedürftigen bestimmt sich - parallel zu den Regelungen über die Krankenversicherung in § 26 Abs. 2 SGB II a.F. - nach § 26 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB II a.F. (nunmehr § 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II n.F.). Hiernach wird der Beitrag im notwendigen Umfang übernommen. Notwendig in diesem Sinne ist dann auch in der privaten Pflegeversicherung nur der halbierte Basistarif, der nach § 110 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Nach dieser Vorschrift ist bei Personen, die im Basistarif einer privaten Krankenversicherung krankenversichert sind und wegen des Pflegeversicherungsbeitrags hilfebedürftig würden oder unabhängig hiervon hilfebedürftig sind, der nach § 110 Abs. 1 Nr. 2 lit. e SGB XI vorgesehene Basistarif zu halbieren. Auch die weiteren Regelungen entsprechen den krankenversicherungsrechtlichen: § 110 Abs. 2 Satz 4 SGB XI verweist auf § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG mit der ausdrücklichen Maßgabe, dass der zuständige Leistungsträger des SGB II (nur) den Betrag zu übernehmen hat, der für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen ist. Soweit es auch hier zu einer Deckungslücke kommt, gelten die Ausführung hinsichtlich der Übernahme von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung entsprechend (vgl. Radüge, jurisPraxiskommentar [jurisPK] SGB II, § 26 Rn. 43).

e) Den Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zu den Kranken- und Pflegeversicherungskosten des Klägers (EUR 52,07) hat der Beklagte zu Recht bereits auf Bedarfsseite abgesetzt und nicht etwa als gesondert anzurechnendes Einkommen angesehen. Dieser Zuschuss ist nicht nur zweckgebunden, sondern kann auch unmittelbar an das private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen gezahlt werden. Im Übrigen ergäbe sich auch bei einer Anrechnung als Einkommen kein anderer Leistungsanspruch nach dem SGB II.

f) Weitere Bedarfe sind nicht ersichtlich oder geltend gemacht.

3. Auf diesen ungedeckten Bedarf des Klägers von EUR 1.476,69 hat der Beklagte im Ergebnis zu Recht insgesamt EUR 713,81 als Einkommen angerechnet, nämlich die um die Versicherungspauschale von EUR 30,00 bereinigte Nettowitwerrente des Klägers von EUR 743,81 (also ohne den Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung, vgl. oben).

a) Die Witwerrente des Klägers war anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. und n.F.

b) Von dieser Witwerrente war für die nicht durch den gedeckten Bedarf erfassten, zusätzlichen Aufwendungen des Klägers für seine private Kranken- und Pflegeversicherung nur die Pauschale von EUR 30,00 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung (Alg-II-V) in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung (a.F.) abzusetzen. Die noch weitergehenden Aufwendungen waren dagegen nicht absetzungsfähig:

aa) Die nicht bei der Bedarfsermittlung berücksichtigten Teile der Kranken- und Pflege¬ver-sicherung des Klägers waren keine "gesetzlich vorgeschriebenen" Versicherungen, deren Beiträge ohne Begrenzung auf ihre Angemessenheit zu berücksichtigen wären.

Gesetzlich vorgeschrieben ist nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG nur eine Krankenkostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person umfasst. Dies ist - nur - die Versicherung im Basistarif. Dies folgt daraus, dass der Basistarif nach § 12 Abs. 1a Satz 1 VAG alle Leistungen entsprechend der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, zu denen auch die ambulante und stationäre Heilbehandlung gehört (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 4, §§ 27 ff., 39 ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]). Insbesondere verlangt § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG keine Krankengeld- oder Krankentagegeldversicherung, wie sie der Kläger unterhalten hat, sondern nur eine Versicherung der Heilbehandlungskosten.

Gleiches gilt nach § 23 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. §§ 28 ff. SGB XI für die private Pflegepflichtversicherung.

bb) Auch nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. waren von dem Einkommen des Klägers keine höheren Beträge als die Versicherungspauschale von EUR 30,00 abzusetzen.

(1) Zwar sind die Aufwendungen eines Hilfebedürftigen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung regelmäßig dem Grunde nach als angemessen anzusehen, zumindest für gesetzlich nicht krankenversicherte Hilfebedürftige. Dies folgt aus der ausdrücklichen Nennung solcher Versicherungsverträge in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. Auch der zweite Halbsatz der Norm, "soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden" ist nach Ansicht des Senats nicht so zu verstehen, dass eine Absetzung nach § 11 schon dann ausgeschlossen ist, wenn überhaupt ein Zuschuss nach § 26 gezahlt (bzw. ein entsprechender Bedarf berücksichtigt wird). Die Formulierung "soweit" statt "wenn" deutet darauf hin, dass § 11 solche Beiträge erfassen soll, die über einen Zuschuss nach § 26 hinausgehen. Mit dieser Regelung, die ja nur für privat krankenversicherte Hilfebedürftige gilt, mag der Gesetzgeber berücksichtigt haben, dass hier die Kosten der Versicherung oftmals über den Zuschuss nach § 26 hinausgehen können, während dies bei gesetzlich Krankenversicherten schon wegen des für alle einheitlichen Beitrags nicht der Fall sein kann (der Zusatzbeitrag zu manchen gesetzlichen Krankenversicherungen wird in § 26 Abs. 4 SGB II a.F. erfasst).

(2) Es kann jedoch die Frage offen bleiben, welche konkreten weiteren, über den Zuschuss hinausgehenden Aufwendungen eines Hilfebedürftigen für seine private Kranken- und Pflegeversicherung im Einzelfall angemessen sind. Generell und auch im Falle des Klägers sind insgesamt nur EUR 30,00 für alle angemessenen privaten Versicherungen einschließlich etwaiger zusätzlicher privater Kranken- und Pflegeversicherungen abzusetzen.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg-II-V a.F. (ebenso die Regelung in der seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung) ist von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger und von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II (a.F.), die nach Grund und Höhe angemessen sind. Bei diesen EUR 30,00 handelt es sich um eine Pauschale. Hilfebedürftige können nur eine Absetzung dieser EUR 30,00 verlangen, auch wenn ihre tatsächlichen Aufwendungen für angemessene private Versicherungen höher sind (so auch Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rn. 105; Hasske, in: Estelmann, SGB II; Stand April 2008, § 11 Rn. 68 f.). Die Formulierung "soweit der Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist" am Ende von § 6 Abs. 1 Alg-II-V bezieht sich allein auf die Aufwendungen erwerbstätiger Hilfebedürftiger nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F., die in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg-II-V a.F. (entsprechend Nr. 3 n.F.) geregelt ist (so auch Hasske, a.a.O., Rn. 69). Dies folgt bereits aus der Anordnung des Schlusssatzes im Verordnungstext (vgl. BGBl 2007 I S. 2942, 2944). Auch der Wortlaut dieses Satzes zeigt die Beschränkung auf die berufsbedingen Aufwendungen erwerbstätiger Hilfebedürftiger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg-II-V a.F. Der Begriff "notwendige Ausgaben" ist ersichtlich aus § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F. übernommen, während die Regelung über private Versicherungen in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. von "angemessenen Beiträgen" spricht. Auch das Bundessozialgericht geht davon aus, dass dann nur die Pauschale von EUR 30,00 nach abzusetzen ist, wenn die tatsächlichen Beiträge höher liegen (BSG, Urt. v. 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R, Juris Rn. 26). Der Sinn dieser Pauschalierung liegt darin, die Leistungsträger nach dem SGB II von der nur schwer zu erfüllenden Aufgabe zu entbinden, im Einzelfall über die Angemessenheit einer privaten Versicherung zu entscheiden. Dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg-II-V abschließend ist und eine Absetzung höherer tatsächlicher Aufwendungen ausscheidet, ergibt sich auch aus der für minderjährige Hilfebedürftige zum 01.01.2012 neu eingeführten Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg-II-V n.F. (Änderungsverordnung vom 19.11.2011, BGBl I S. 2833). Nach dieser Vorschrift wird gerade dann, wenn der Minderjährige private Versicherungen tatsächlich abgeschlossen hat, eine Pauschale von EUR 30,00 berücksichtigt. Dies zeigt, dass höhere Absetzungen ausscheiden.

Dieser abschließenden Pauschalierung steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber den ursprünglich in § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der Fassung des Entwurfs zum 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drs. 15/1516 S. 12) vorgesehenen Zusatz, wonach sich die Angemessenheit nach den Lebensumständen während des Leistungsbezugs bestimmen sollte, gestrichen hat (BT-Drs. 15/1728 S. 175) und hierzu ausgeführt hat, während kurzer Bezugszeiten solle der bisherige Lebensstandard aufrechterhalten werden können (BT-Drs. 15/1749 S. 31). Hierauf hatte das SG hingewiesen. Diese Erwägung mag nach dem In-Kraft-Treten des SGB II zum 01.01.2005 eine Rolle gespielt haben. Für den hier streitigen Zeitraum kann der Senat dieser Erwägung nicht beitreten, zumindest nicht, soweit es um die Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen geht. Das rechtliche Umfeld des an sich unveränderten § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. hat sich seitdem durch die Einführung des Anspruchs auf Zuschüsse zu privaten Krankenversicherungen in § 26 Abs. 2 SGB II und vor allem durch die Einführung des Basistarifs in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungs¬gesetz und die dortigen Veränderungen durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts erheblich verändert. Zumindest für private Kranken- und Pflegeversicherungen hat der Gesetzgeber hierdurch klargestellt, dass es bei den Aufwendungen für den Basistarif und daneben der Versicherungspauschale sein Bewenden hat.

Diese Pauschalierung der Aufwendungen für (alle) angemessenen privaten Versicherungen einschließlich solcher Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherungen, die über den Zuschuss nach § 26 Abs. 2 SGB II a.F. hinausgehen, entspricht auch der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage der Alg-II-V in § 13 Abs. 1 Nr. 3 SGB II (so auch BSG, Urt. v. 19.03.2008, B 11b AS 7/06 R, Juris Rn. 18 zur entsprechenden Regelung in § 3 Nr. 1 Alg-II-V a.F.). Die formellgesetzliche Grundlage ermächtigt den Verordnungsgeber ausdrücklich, "Pauschbeträge" für die vom Einkommen abzusetzenden Beträge festzusetzen. Der Begriff "Pauschale" ist schon nach allgemeinem Sprachverständnis als abschließende Abgeltung bestimmter Aufwendungen unabhängig von ihrer Höhe zu verstehen.

Die Pauschalierung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg-II-V und auch ihre formellgesetzliche Grundlage in § 13 Abs. 1 Nr. 3 SGB II sind verfassungsgemäß. Insbesondere verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, dass höhere Aufwendungen einzelner Hilfebedürftiger nicht berücksichtigt werden. Hierin liegt zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber jenen Hilfebedürftigen, deren Aufwendungen für angemessene private Versicherungen EUR 30,00 oder weniger betragen und die daher mit der Pauschale die vollen Versicherungsprämien begleichen können. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt (so auch Radüge, jurisPK SGB II, a.a.O., Rn. 23 m.w.N.). Dies hat auch das BSG bereits entschieden und hierzu ausgeführt (BSG, Urt. v. 07.11.2006, a.a.O., Rn. 26, eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ebenso verneinend BSG, Urt. v. 19.03.2008, a.a.O., Rn. 22 f.): "Ausgehend vom Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2004 (BSGE 94, 109 ff = SozR 4-4220 § 3 Nr. 1) zu der in § 3 Abs. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung vorgesehenen prozentualen Pauschale von 3 % für private Versicherungsbeträge im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Arbeitslosenhilfe bestehen gegen die Festsetzung einer Pauschale i.H.v. 30,00 EUR keine Bedenken (vgl. ebenso Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 61; Söhngen in JurisPK-SGB II, § 11 Rn. 62; a.A. Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 11 Rn. 39, der unter Berufung auf LSG Berlin, Urteil vom 25.06.2004 - L 10 AL 79/02 -, eine Pauschale i.H.v. 40 bis 50 Euro monatlich für geboten hält). Mit dem festgelegten Betrag von 30,00 EUR sollen die Beiträge zu privaten Versicherungen abgedeckt werden, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind. Insoweit liegt nach Überzeugung des Senats die Festlegung des konkreten Betrages von 30,00 EUR noch in der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers; jedenfalls soweit gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass von der Pauschale nicht die Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen privaten Versicherungen erfasst sind, die nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II gesondert vom Einkommen absetzbar sind und hierzu auch die Beiträge zu einer Kfz-Haftpflichtversicherung gezählt werden". Diesen Ausführungen folgt der Senat.

Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Rechtfertigung der genannten Ungleichbehandlung sind die Grundsätze einer zulässigen Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung (zu diesen Anforderungen im Einzelnen vgl. etwa BVerfG, Urt. v. 17.11.1992, 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234 ff.): Die Absetzung von Beiträgen zu privaten Versicherungen im Rahmen einer Leistungsbewilligung nach dem SGB II ist eine Massenerscheinung, bei der die zuständigen Leistungsträger möglicherweise nicht oder nur mit erheblichem Aufwand in der Lage wären, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob eine bestimmte private Versicherung selbst und auch ihre Prämien angemessen sind.

Ferner erfasst die Pauschalierung auf insgesamt EUR 30,00 alle typischen Fälle: Die Pauschale reicht aus, um die bereits beschriebenen Nachteile eines Leistungsberechtigten auszugleichen, die nach einem etwaigen Ende ihrer Hilfebedürftigkeit nur noch mit Risikozuschlägen oder Leistungsausschlüssen in ihre frühere Kranken- und Pflegeversicherung zurückwechseln können. Dieser Nachteil ist zum einen nicht erheblich, denn die – möglichen - zusätzlichen Risikozuschläge bei einem Wechsel zurück in die früheren Tarife können nicht für die gesamte Leistung verlangt werden, sondern nur für jene zusätzlichen "Mehrleistungen", die über den Basistarif hinausgehen (vgl. Prölls/Martin, a.a.O., Rn. 30 ff.). Ferner kann der betroffene Leistungsberechtigte diese Nachteile umgehen, indem er solche Zusatztarife ab dem Beginn seiner Hilfebedürftigkeit als Anwartschaftstarife fortführt. Dies ist ihm nach § 204 Abs. 3 VVG im Anschluss an eine (Teil-)kündigung nach § 205 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 VVG rechtlich möglich. Außerdem kann nach § 193 Abs. 7 VVG auch der Versicherer das Ruhen von Zusatztarifen anordnen, solange der Haupttarif im Basistarif geführt wird und dort wegen der Hilfebedürftigkeit des Versicherten der Beitrag halbiert ist. Bei einer Umwandlung in eine Anwartschaftsversicherung kann das Versicherungsunternehmen nach dem Ende der Hilfebedürftigkeit einen Wiederabschluss des alten Tarifs nicht ablehnen und auch keine neue Gesundheitsprüfung und damit auch keine Risikozuschläge verlangen oder Leistungsausschlüsse festsetzen. Die Prämien für Anwartschaftsversicherungen aber sind in aller Regel so niedrig, dass sie mit der Pauschale von EUR 30,00 bedient werden können.

Auch der Kläger stellt keinen atypischen Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zu verfassungsrechtlich zulässigen Typisierungen dar, denn er ist durch die Pauschalierung auf EUR 30,00 nicht unzumutbar beeinträchtigt. Für seine im Anwartschaftstarif geführte Krankentagegeldversicherung muss er zurzeit monatlich nur EUR 4,44 aufwenden. Dies ist durch die Pauschale abgedeckt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Krankentagegeldversicherung einen Entgeltausfall absichert, also grundsätzlich nur bei Erwerbstätigen notwendig erscheint. Erwerbstätige Hilfebedürftige können aber nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II a.F. mindestens einen Grundfreibetrag von EUR 100,00 von ihrem Erwerbseinkommen absetzen, hinzu kommen die weiteren Freibeträge nach § 30 SGB II. Sie können daher einen Anwartschaftstarif für eine Krankentagegeldversicherung in aller Regel ohne Weiteres bezahlen. Auch die weiteren relevanten Versicherungen würden bei einer Umwandlung in Anwartschaftstarife nicht so viel kosten, dass die Pauschale nicht mehr ausreichen würde. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur die Tagegeldversicherungen, vor allem die - bereits ruhende - Krankentagegeldversicherung als angemessen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a SGB II a.F. anzusehen ist. Eine solche Tagegeldversicherung benötigt der Kläger, wenn er später einmal wieder erwerbstätig wird und dabei entweder selbstständig tätig oder mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze beschäftigt sein wird. In einem solchen Fall wird er nicht gesetzlich krankenversichert sein und daher keinen Anspruch auf Krankengeld haben. Eine Versicherung des Lohnausfalls wegen eines krankheitsbedingten Arbeitsunfall, wie sie das Krankengeld für gesetzlich Versicherte darstellt, ist auch bei privat Versicherten angemessen. Die weiteren Tarife des Klägers sieht der Senat dagegen nicht als angemessene private Versicherungen an. Dies gilt vor allem für die Krankenhaustagegeld- oder die Pflegetagegeldversicherung. Solche Absicherungen sind nicht allgemein üblich oder notwendig. Das durch sie abgesicherte Risiko wird bereits teilweise durch andere Versicherungen, z. B. die genannte Krankentagegeldversicherung oder aber durch die Erwerbsminderungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. ersatzweise durch private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherungen abgedeckt.

(3) Der Beklagte hat das anzurechnende Einkommen des Klägers um EUR 30,00 bereinigt.

c) Weitere Einkünfte hat der Beklagte nicht auf den Bedarf angerechnet, insbesondere nicht die Einnahmen aus der Vermietung der Eigentumswohnung. Insoweit ist der Kläger nicht beschwert.

4. Nachdem auf den Bedarf des Kläger von EUR 1.476,69 hiernach die um die Versicherungspauschale bereinige Nettowitwerrente, also EUR 713,81, als Einkommen anzurechnen war, ergibt sich ein Leistungsanspruch von EUR 762,88, den der Beklagte mit dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 30.08.2010 auch bewilligt hat.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

6. Der Senat lässt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Revision zu. Von grundsätzlicher Bedeutung und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob ein privat krankenversicherter Leistungsberechtigter nach dem SGB II auch für seine über dem halben Basistarif liegenden Aufwendungen einen Zuschuss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II a.F. bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II n.F. verlangen kann oder zumindest diese zusätzlichen Aufwendungen in voller Höhe, also über die Pauschale von EUR 30,00 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg-II-V a.F. und n.F. hinausgehend, von einem Einkommen des Leistungsberechtigten abzusetzen sind.
Rechtskraft
Aus
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