L 13 AS 5298/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 1769/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5298/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Kläger wehren sich gegen die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate November 2008 bis März 2009 wegen zugeflossener Erwerbsminderungsrente und die Rückforderung der in diesen Monaten gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.865,00 EUR, geltend gemacht durch Bescheide der damals noch zuständigen Bundesagentur für Arbeit.

Der 1950 geborene Kläger zu 1. sowie der Kläger zu 2., sein 1996 geborener Sohn, bezogen - nach einem früheren Leistungsbezug - zusammen mit der Ehefrau des Klägers zu 1. wieder seit 1. Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II). Im Fortzahlungsantrag vom 8. September 2008 gab der Kläger zu 1. an, "SGB VII Frührente" beantragt zu haben. Sonstiges Einkommen wurde verneint. Mit Bescheid vom 11. September 2008 gewährte die Agentur für Arbeit Ulm für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 den Klägern sowie der Ehefrau des Klägers zu 1. Alg II (nur Regelleistung) in Höhe von monatlich 689,00 EUR. Darin enthalten waren jeweils 316,00 EUR Regelleistung für den Kläger zu 1. und dessen Ehefrau sowie 57,00 EUR für den Kläger zu 2 (unter Berücksichtigung des i.H.v. 154 EUR monatlich vom Kläger zu 1. bezogenen Kindergeldes). Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden durch separate Bescheide des seinerzeit zuständigen kommunalen Trägers bewilligt.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008, bei der Agentur für Arbeit Ulm eingegangen am 3. November 2008, ersuchte die Beigeladene um Mitteilung der seit 1. Februar 2006 gewährten Sozialleistungen an den Kläger zu 1., um prüfen zu können, ob und in welchem Umfang die gewährte Sozialleistung auf die Rente anzurechnen sei. Die Stellungnahme der Agentur für Arbeit Ulm (ohne Datum) hierzu, mit der ein Erstattungsanspruch dem Grunde nach geltend gemacht wurde, ging bei der Beigeladenen am 27. November 2008 ein.

Bereits am 6. November 2008 bewilligte die Beigeladene dem Kläger zu 1. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2006 und zahlte ab 1. November 2008 laufend monatlich 518,45 EUR. Für den davor liegenden Zeitraum veranlasste sie eine Nachzahlung von 6.828,74 EUR auf das Konto des Klägers zu 1 ... Mit Schreiben selben Datums, eingegangen bei der Agentur für Arbeit Ulm am 10. November 2008, unterrichtete sie diese über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, woraufhin die Agentur für Arbeit Ulm unter dem 24. November 2008 unter Verweis darauf, dass sie an den Kläger zu 1. Leistungen in Höhe von 316 EUR zahle, einen Erstattungsanspruch geltend machte (Eingang bei der Beigeladenen am 27. November 2009). Gleichfalls am 24. November 2008 ersuchte die Agentur für Arbeit Ulm den Kläger zu 1. um Vorlage des Rentenbescheides bis spätestens 11. Dezember 2008. In ein Beratungsvermerk vom 2. Dezember 2008 ist eine Vorsprache des Klägers zu 1. erfasst, im Rahmen derer er mitgeteilt habe, dass er ab 1. Februar 2006 rückwirkend Erwerbsminderungsrente erhalte.

Im Rahmen seines Fortzahlungsantrags vom 24. März 2009 legte der Kläger zu 1. den Rentenbescheid vom 6. November 2008 vor. Mit Bescheid vom 26. März 2009 hob die Agentur für Arbeit Ulm die Bewilligung von Alg II (Regelleistung) für die Kläger für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. März 2009 vollständig auf und forderte die in diesem Zeitraum gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.580,00 vom Kläger zu 1.und in Höhe von insgesamt 285,00 EUR vom Kläger zu 2. zurück. Der Kläger zu 1. beziehe seit dem 1. November 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und habe für die Zeit davor eine Nachzahlung i.H.v. 6.828,74 EUR erhalten. Damit sei Einkommen erzielt worden, dass zum Wegfall des Anspruchs geführt habe. Soweit der Bescheid den Kläger zu 2. betreffe, ergehe er an den Kläger zu 1. als dessen gesetzlichen Vertreter. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag hob die Agentur für Arbeit Ulm für denselben Zeitraum auch die der Ehefrau des Klägers zu 1. bewilligten Leistungen vollständig auf und machte insoweit eine Erstattung von 1.580 EUR geltend.

Sowohl die Kläger als auch die Ehefrau des Klägers zu 1. legten jeweils am 16. April 2009 gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26. März 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger zu 1. habe so um den 25. November 2008 herum ein Schreiben verfasst und in den Briefkasten der Agentur für Arbeit Ulm eingeworfen, um die Änderung mitzuteilen. Der Beklagte wies die Widersprüche mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 5. Mai 2009 als unbegründet zurück. Die ab 1. November 2008 bewilligte Rente sei im Rahmen der Leistungsberechnung als bedarfsminderndes Einkommen unter Abzug entsprechender Absetzungsbeträge zu berücksichtigen gewesen. Auch der Nachzahlungsbetrag sei als einmalige Einnahme anzurechnen gewesen. Dabei sei die einmalige Einnahme mit monatlichen Teilbeträge i.H.v. 379,38 EUR berücksichtigt worden. Zwar sei ein Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen geltend gemacht worden, von dieser aber versehentlich nicht berücksichtigt worden. Ein Einbehalt habe nicht stattgefunden und die Rentenauszahlung sei unmittelbar an den Kläger zu 1. erfolgt.

Mit der am 20. Mai 2009 beim Sozialgericht Ulm (SG), zugleich auch als gesetzlicher Vertreter des Klägers zu 2 erhobenen Klage hat der Kläger zu 1. sein Begehren weiterverfolgt. Die zugleich erhobene Klage der Ehefrau des Klägers zu 1. ist noch unter dem Aktenzeichen S 4 AS 1770/09 beim SG anhängig. Einen am 20. Juli 2009 beim SG gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der Kläger sowie der Ehefrau des Klägers zu 1. hat das SG mit Beschluss vom 19. Juli 2009 abgelehnt (S 4 AS 2529/09 ER). Zur Begründung der Klage haben die Kläger geltend gemacht, die Bundesagentur für Arbeit Ulm sei mit Schreiben vom 4. November 2008 von der Beigeladenen informiert worden, dass der Kläger zu 1. Anspruch auf Rente (Nachzahlung und laufende Leistungen) habe. Am 13. November 2008 habe er deswegen bei der Agentur für Arbeit Ulm auch vorgesprochen, um das Schreiben der Beigeladenen abzugeben und sich die Vorsprache bestätigen zu lassen. Auf Anweisung einer Mitarbeiterin habe er das Schreiben dann in den Briefkasten der Agentur für Arbeit Ulm eingeworfen. Mit Schreiben vom 24. November 2008 sei er vom Beklagten aufgefordert worden, den Rentenbescheid der Beigeladenen vorzulegen. Am 2. Dezember 2008 habe er deshalb neuerlich bei der Agentur für Arbeit Ulm vorgesprochen, um den Rentenbescheid bei Frau B. abzugeben. Er sei jedoch nicht zu Frau B. durchgelassen worden. Am 3. Dezember 2008 habe er dann bei der Agentur für Arbeit Ulm angerufen, sei jedoch auch telefonisch nicht zu Frau B. durchgestellt worden, da diese nicht da gewesen sei. Er habe daraufhin mitgeteilt, dass er nicht mehr persönlich vorsprechen werde, nachdem er dies bereits zweimal erfolglos versucht hätte. Im Antrag auf einstweilige Anordnung vom 20. Juli 2009 (S 4 AS 2529/09 ER) hat der Kläger zu 1. zudem geltend gemacht, von der Rentennachzahlung seien bereits aufgrund einer Kontenpfändung 2.500 EUR abgezogen worden und von dem Rest habe er dringende Anschaffungen gemacht (Waschmaschine, Fernseher, Kleidung, Sehhilfe und Schulbedarf für den Sohn). Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2010 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag abgewiesen. Die dem Kläger zu 1. bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit sei ebenso wie die Rentennachzahlung als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu berücksichtigen. Dies habe bereits das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. Bezüglich der vom Beklagten vorgenommenen Aufteilung der Rentennachzahlung auf 18 Monate habe die Kammer keine Bedenken; vielmehr halte sie den gewählten Verteilzeitraum für angemessen, da dadurch das Kranken-und Pflegeversicherungspflichtverhältnis aufrechterhalten bleibe. Demnach sei dem monatlichen Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft i.H.v. 689 EUR (nur Regelleistung) ein bereinigtes Einkommen aus Rente und Kindergeld i.H.v. 867,83 EUR monatlich gegenüberzustellen gewesen. Bei Gegenüberstellung von bereinigtem Gesamtbedarf und bereinigtem Gesamteinkommen verbleibe damit kein ungedeckter Bedarf. Der Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, sich vorrangig an die Beigeladene zu wenden, weil ein vorrangiger Erstattungsanspruch gemäß § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht bestehe, nachdem die Beigeladene selbst an den Kläger zu 1. geleistet habe, bevor sie von der konkreten Leistung des Beklagten positive Kenntnis erlangt habe.

Gegen das ihnen mit Postzustellungsurkunde am 22. Oktober 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 15. November 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, der mit der Klage vorgetragene Sachverhalt sei vom SG völlig außer Acht gelassen worden.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. September 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verweist zur Begründung auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung.

Der Berichterstatter hat zur Erörterung des Rechtsstreits am 24. November 2011 eine nichtöffentliche Sitzung durchgeführt. Bezüglich des Inhalts und des Ergebnisses der Erörterung wird auf die Niederschrift vom 24. November 2011 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Agentur für Arbeit Ulm (2 Bd.), die Klageakte des SG (S 14 AS 1769/09), die Berufungsakte des Senats sowie die beigezogene Rentenakte der Beigeladenen Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten - der Kläger zu 1. wurde im Termin am 24. November 2011, die im Termin nicht vertretenen übrigen Beteiligten schriftlich unter dem 25. November 2011 auf die beabsichtigte Verfahrensweise und die Gelegenheit zur Stellungnahme hingewiesen - hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschrift (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klage richtet sich nunmehr gegen das Jobcenter Ulm: dieses ist im Wege der Funktionsnachfolge zum 1. Januar 2012 an die Stelle der Bundesagentur für Arbeit getreten. Ein solcher Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stellt keine Klageänderung dar; vielmehr war vorliegend das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 99 Rdnr. 6a). Der Beteiligtenwechsel führt dazu, dass der neue Beklagte in die Rechtsposition der bisherigen Beklagten eintritt. Das SG hat die Klage zurecht als unbegründet abgewiesen. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils des SG vom 22. September 2010 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird noch folgendes ausgeführt: Das SG hat insbesondere zutreffend entschieden, dass bei Gegenüberstellung von bereinigtem Gesamtbedarf ohne Kosten der Unterkunft und Heizung und bereinigtem Gesamteinkommen kein ungedeckter Bedarf an Regelleistung verbleibt, nachdem gemäß § 19 Satz 3 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 20. Juli 2006 zu berücksichtigendes Einkommen zunächst auf die Geldleistungen der Agentur für Arbeit und damit auf die Regelleistung gemäß § 20 SGB II anzurechnen ist. Der Senat macht sich insoweit die zutreffende Berechnung des SG zu eigen und nimmt auf diese Bezug. Insbesondere die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung der Nachzahlung i.H.v. 6.828,74 EUR auf 18 Monate mit monatlichen Teilbeträgen i.H.v. 379,38 EUR (vgl. Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2009) ab 1. November 2008 begegnet auch nach Auffassung des Senats keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V in den hier anzuwendenden Fassungen vom 17. Dezember 2007 bzw. gleichlautend vom 18. Dezember 2008 sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Einmalige Einnahmen sind gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Danach ist die Aufteilung der einmaligen Einnahmen im Regelfall nicht vollständig auf die monatliche Leistung vorzunehmen, sondern vielmehr ist ein Restleistungsbetrag zu belassen, um die Aufrechterhaltung des Versicherungspflichtverhältnisses zu gewährleisten (BSG vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R = BSGE 101, 291 - Juris Rdnr. 35). Durch die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung der Rentennachzahlung auf einen Verteilzeitraum von 18 Monaten wird sichergestellt, dass unter Berücksichtigung der monatlichen Kosten der Unterkunft i.H.v. insgesamt 375,20 EUR, die den Klägern sowie der Ehefrau des Klägers zu 1. mit Bescheiden der damals zuständigen Stadt ULM bewilligt wurden, der von der Rechtsprechung geforderte Restleistungsbetrag zur Aufrechterhaltung des Versicherungspflichtverhältnisses erhalten bleibt. Die Bestimmung eines noch weiterreichenden Verteilzeitraums war angesichts dessen und im Hinblick auf die Höhe des Nachzahlungsbetrag von knapp 6.900 EUR nicht angezeigt. Vielmehr spricht der Umstand, dass auch bei der Bestimmung eines zwölfmonatigen Verteilzeitraums die Bedürftigkeit der beiden Kläger sowie der Ehefrau des Klägers zu 1. - wenngleich knapp (Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft: 1064,20 EUR - anrechenbares Einkommen des Klägers zu 1. in diesem Fall: 1057,51 EUR) - erhalten geblieben wäre, gegen eine weitere Ausdehnung des Verteilzeitraums. Auch ist die Neufassung von § 11 Abs. 3 SGB II durch Art. 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I., 453) zu beachten: Der Gesetzgeber hat in § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II i.d.F vom 24. März 2011 eine Beschränkung der Anrechnung des Einmaleinkommens auf längstens sechs Monate vorgenommen. Dies als Ausdruck einer bereits zur Vorgängervorschrift in § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V, bestehenden gesetzgeberischer Intention genommen dürfte gegen eine übermäßige Ausdehnung des Verteilzeitraums sprechen. Es kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob der Beklagte unter Berücksichtigung dessen mit 18 Monaten einen in seiner Ausdehnung nicht gebotenen Verteilzeitraum gewählt haben sollte. Denn die Kläger werden hierdurch nicht beschwert. Die Bestimmung eines kürzeren Verteilzeitraumes hätte zur Folge, dass sich der Umfang der Aufhebung sowie die Höhe der Erstattungsforderungen für den hier streitigen Zeitraum jeweils noch erhöhen würden. Inwieweit die Kläger durch die Wahl eines längeren Verteilzeitraumes in den nachfolgenden, hier nicht streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitten möglicherweise beschwert worden sind, ist dagegen nicht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, sondern wäre Gegenstand einer gerichtlichen Prüfung der nachfolgenden Bewilligungsentscheidungen.

Eine Berücksichtigung der Rentennachzahlung als Einkommen scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil sie der Kläger zu 1. im Anrechnungszeitraum bereits größtenteils verbraucht haben will. Hierzu kann auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen werden. Insbesondere stellt die Berücksichtigung eines einmaligen Einkommens über einen längeren Zeitraum letztendlich eine Form einer fiktiven Einkommensberücksichtigung dar und bedeutet nicht, dass die bei der Berechnung berücksichtigten Gelder über die gesamte Bedarfszeit tatsächlich vorhanden sein müssen. Vielmehr sind die Einnahmen auch dann bis zum Ende des nach § 2 Abs. 4 Alg II-V angemessenen Zeitraums mit den jeweiligen Teilbeträgen anzurechnen, wenn der Leistungs¬be-rechtig¬te das Einkommen vorzeitig verbraucht (LSG Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2010 - L 6 AS 494/10 B ER - Juris Rdnr. 14 mwN). Dies ergibt sich sowohl aus Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Vorschriften wie auch aus dem Gesetzeszweck. Inwieweit unter Vertrauensschutzgesichtspunkten eine andere Beurteilung geboten ist, wenn eine Berücksichtigung erst im Nachhinein für einen vergangenen Zeitraum erfolgt und der Leistungsempfänger im Vertrauen darauf, dass ihm das Einkommen anrechnungsfrei verbleibe, dies für andere Zwecke als zum Lebensunterhalt verbraucht hat, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn der Kläger zu 1. kann schon kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen. Bereits nach eigenem Vortrag war ihm bewusst, dass eine Berücksichtigung der Rentennachzahlung beim Leistungsbezug erfolgen würde. Dementsprechend hat er im Fortzahlungsantrag bzw. bei der Rentenantragstellung entsprechende Angaben getroffen; er ist auch von der Agentur für Arbeit Ulm aufgefordert worden, den Rentenbescheid vorzulegen. Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter hat der Kläger zu 1. weiterhin vorgetragen, er habe die Agentur für Arbeit Ulm dringend aufgefordert, nicht mehr zu zahlen; ungeachtet dessen hätten sie aber die Leistung nicht eingestellt. Es bedarf aber keiner weiteren Ausführungen, dass dem Kläger zu 1. angesichts seiner zur damaligen Zeit überschaubaren Einkommensverhältnisse der Umstand der fortdauernden Auszahlungen von Alg II durch die Agentur für Arbeit ULM ohne weiteres ersichtlich sein musste.

Die Geltendmachung des überzahlten Alg II ist auch nicht durch § 107 Abs. 1 SGB X ausgeschlossen. Zwar hat gem. § 103 Abs. 1 SGB X ein Leistungsträger, soweit er Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, einen Erstattungsanspruch gegen den für die entsprechende Leistung eigentlich zuständigen Leistungsträger, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt dann gem. § 107 Abs. 1 SGB X der Anspruch des Berechtigten - dies wären hier die Kläger - gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger - hier die Beigeladene - als erfüllt. Der vorrangig zuständige Träger hat demnach dem anderen dessen Aufwendungen nach § 103 SGB X zu erstatten und wird dadurch von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Berechtigten frei, um so eine Doppelleistung an den Berechtigten zu vermeiden. Nach Auffassung des BSG führt diese Regelung, die grundsätzlich den Vermögensausgleich zwischen den beteiligten Trägern bezweckt, dergestalt zu einer Privilegierung des Berechtigten, dass dieser die Leistung an den nachrangig zuständigen Träger nicht mehr zurückzuerstatten braucht (BSG vom 18. Oktober 1991 - 9b/7 RAr 12/88 - Juris Rdnr. 13). Dem erstattungsberechtigten Träger stünde demnach kein Wahlrecht zu, Erstattung entweder vom Berechtigten nach § 50 SGB X oder vom erstattungspflichtigen Träger nach §§ 102&8201;ff. SGB X zu verlangen. Das SG hat aber zu Recht bereits den Anwendungsbereich von § 103 SGB X verneint: Denn die Beigeladene hat zu einem Zeitpunkt geleistet, zu dem sie von der Leistung des Beklagten noch keine Kenntnis erlangt hatte. Bloßes Kennenmüssen reicht dabei nicht aus; erforderlich ist eine positive Kenntnis zu Leistungsart, -zeit und -höhe; nur dann wäre die Beigeladene imstande gewesen, ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden, welche Leistungsbestandteile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche an den Kläger zu 1. auszubezahlen gewesen wären (vgl. BSG vom 25. Januar 1994 - 7 RAr 42/93 = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8 - Juris Rdnr. 36). Eine solche positive Kenntnis besaß die Beigeladene aber unstreitig erst mit Eingang des Schreibens der Agentur für Arbeit Ulm vom 24. November 2008 am 27. November 2008 und damit deutlich nach Bescheiderteilung am 6. November 2008.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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