Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 62/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 4/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall.
Die 1956 geborene Klägerin war bei der Firma I. S. S. GmbH & Co KG, Niederlassung W., als Bahnübergangsposten beschäftigt. Ihre Tätigkeit übte sie zeitweilig außerhalb des Ortes der Niederlassung aus, wobei sie in Pensionen vor Ort untergebracht war. So hielt sie sich nach eigenen Angaben seit dem 14. November 2008 in einer Pension in F. auf. Am 18. November 2008 verließ sie, um sich zu ihrem Arbeitsort zu begeben, ihre Unterkunft in der ersten Etage der Pension gegen 2:30 Uhr, rutschte auf der oberen Stufe der Treppe ab, fiel kopfüber die Treppe hinunter, schlug gegen die geschlossene Hauseingangstür und einen Teil der dort angebrachten Heizung und kam dort zum Liegen. Dabei zog sie sich eine Vierteilefraktur des Humeruskopfes rechts, eine Trümmerfraktur rechts und mehrere Hämatome zu.
Die Beklagte holte diverse telefonische Auskünfte ein, die sie unter dem 25. März 2009 zusammenfasste: Der Kollege der Klägerin R. habe erklärt, der Arbeitgeber habe die Unterkunft für die Arbeitnehmer bis kurz vor Weihnachten " 21, 23 " gebucht. Die Pension habe keine Getränke oder Speisen angeboten. Der Aufenthalt am Einsatzort sei ohne Unterbrechung und Heimfahrt geplant gewesen. Der Arbeitgeber habe seit Anfang Oktober 2008 Arbeitnehmer in der Pension untergebracht, ihn und – soweit ihm bekannt – die Klägerin jedoch nicht. Der Einsatzleiter der Arbeitgeberin der Klägerin M. habe mitgeteilt, die Arbeitgeberin habe die Unterkunft bis 21./ 23. Dezember 2008 gebucht gehabt. Sie hätten Arbeitnehmer seit Anfang Oktober 2008 dort untergebracht, jedoch nicht die Klägerin. Der Aufenthalt am Einsatzort sei ohne Unterbrechung und Heimfahrt geplant gewesen. Die Pensionsinhaberin S. habe erklärt, der Arbeitgeber der Klägerin habe die Unterkunft für die Arbeitnehmer bis zum 23. Dezember 2008 gebucht, wobei die Klägerin gemeint habe, sie plane evtl. die beiden Wochen vor Weihnachten Urlaub zu nehmen. Es sei von ihr nicht vorgesehen gewesen, dass die Unterkunft am Wochenende geräumt werde oder die Klägerin wöchentlich ein anderes Zimmer bekomme. Die Buchung sei seit Anfang Oktober 2008 durchgehend im Wechsel jeweils für die Dauer von durchschnittlich ca. vier Wochen erfolgt. Ferner habe die Klägerin telefonisch erklärt, ihr Arbeitgeber habe die Unterkunft für zwei Wochen gebucht. Am Wochenende oder zwischendurch hätte sie die Unterkunft nicht geräumt. Ihr Arbeitgeber habe seit Anfang Oktober 2008 Kollegen der Gleissicherung dort untergebracht gehabt.
Mit Bescheid vom 9. April 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil während einer Dienstreise nur ausnahmsweise Versicherungsschutz bestehe, wenn der Unfall durch eine gefährliche Einrichtung hervorgerufen sei. Die Treppe habe keine solche gefährliche Einrichtung dargestellt, weil diese weder bauliche Mängel, noch eine besondere Bauart oder ähnliches aufgewiesen habe. Ein Arbeitsunfall liege auch dann nicht vor, wenn es sich um eine Unterkunft gehandelt habe, weil Wege in der Unterkunft nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünden. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, sie habe sich im Zeitpunkt des Unfalls auf einer Dienstreise befunden. Sie habe die Unterkunft nicht selbst ausgesucht und sei erst seit dem 14./15. November 2008 dort untergebracht gewesen. Sie habe sich das erste Mal in der Pension befunden und sei mit den Örtlichkeiten nicht besonders gut vertraut gewesen. Sie habe sich auch nicht lange in der Pension aufhalten sollen. Sie habe geplant, die beiden Wochen vor Weihnachten Urlaub zu nehmen. Die Unterkunft sei lediglich für zwei Wochen gebucht worden. Persönliche Kontakte zu anderen Gästen der Pension habe sie nicht gehabt. Soweit sie in einem Telefonat mit der Beklagten von einer Unterkunft gesprochen haben solle, spreche dies nicht für eine rechtliche Einschätzung, weil sie juristischer Laie sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2009 wies der Widerspruchausschuss der Beklagten den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei einer sog. Einsatzwechseltätigkeit, wie sie die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls erbracht habe, beginne der Unfallversicherungsschutz an der Außentür des Gebäudes. Den Widerspruchsbescheid gab die Beklagte am 9. Juli 2009 zur Post.
Mit der am 10. August 2009 vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung des Unfalls vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall weiter verfolgt und Fotos der Treppe, auf der sie abgerutscht war, vorgelegt.
Mit Urteil vom 18. November 2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall festzustellen und der Klägerin Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen. Das SG hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe sich am 18. November 2008 auf einer Dienstreise befunden, weil die auswärtige Unterbringung nur für einige Tage geplant gewesen sei und die Klägerin auch erst drei Tage in der Pension gewohnt hatte. Der Unfall habe sich auf dem Weg zur Arbeit, der in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sei, ereignet. Dabei hätten die besonderen Gefahren des auswärtigen Aufenthaltsortes den Unfall wesentlich mitverursacht. Es genüge, dass die Gefahr auf Umständen beruhe, die der Versicherte im Rahmen der Betriebsreise – im Gegensatz zum Verweilen an seinem Wohn- und Beschäftigungsort – vorfinde, so dass der Versicherungsschutz allein dadurch begründet sein könne, dass dem Betroffenen die besondere Eigenheit der Übernachtungsstätte nicht vertraut sei.
Gegen das ihr am 21. Dezember 2009 zugegangene Urteil hat die Beklagte am 8. Januar 2010 Berufung eingelegt und diese damit begründet, die Klägerin sei im Unfallzeitpunkt in einer Unterkunft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) untergebracht gewesen. Sie habe Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt. Bei einer Einsatzwechseltätigkeit beginne der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeit an der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Unterkunft befinde. Dabei sei es unerheblich, wie lange die jeweilige Tätigkeit dauern solle und wie lange sie bis zum Unfall tatsächlich schon gedauert habe. Im Übrigen handle es sich dann um eine Unterkunft, wenn ein gewisser häuslicher Wirkungskreis bestehe. Dies sei bei der Klägerin im Unfallzeitpunkt der Fall gewesen. Die Klägerin habe das Appartement in der Pension als Wohnung bezeichnet. Das Vorliegen einer Unterkunft werde auch dadurch bestätigt, dass von Seiten der Pension keine Getränke und Speisen ausgegeben oder verkauft worden seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das SG habe zutreffend entschieden, dass sich der Unfall auf einer Dienstreise ereignet habe. Die Auffassung der Beklagten, bei einer Einsatzwechseltätigkeit beginne der Unfallversicherungsschutz an der Außentür des Gebäudes, sei rechtlich nicht haltbar.
In dem Termin vor dem Berichterstatter zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 14. Oktober 2011 hat die Klägerin ausgeführt, ihr Aufenthalt in der Wohnung, die der Arbeitgeber besorgt habe, habe sich auf 14 Tage beschränken sollen, weil ihr Urlaub genehmigt worden sei. Es habe sich um eine Einraumwohnung mit Kochnische, Dusche, WC, Kühlschrank, Fernseher, Zweisitzercouch, Tisch und zwei Stühle gehandelt. Sie habe sich dort selbst verpflegt und dort auch am ersten Wochenende übernachten sollen; alles Weitere sei offen gewesen. In dem Gebäude habe sich kein Gemeinschaftsaufenthaltsraum befunden. In ihrer Freizeit habe sie sich in der Wohnung aufgehalten und Fernsehen geschaut. Sie habe Kontakt zu einem Arbeitskollegen in einem anderen Gebäude auf dem Grundstück gehabt.
Die Klägerin hat in diesem Termin ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgenommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen ... hat vorgelegen und war Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. §§ 151 Abs. 1 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Die von der Klägerin in dem Berufungsverfahren nur noch verfolgte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2009 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall.
Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 9/10 R – SozR 4 -2700 § 2 Nr. 17; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es fehlt an dem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang der Verrichtung der Klägerin während des Unfallzeitpunktes zur versicherten Tätigkeit. Die Klägerin hat sich auf der Treppe der Pension, auf der sie abgerutscht und bis zur Hauseingangstür hinuntergefallen ist, nicht auf einem versicherten Weg befunden. Denn der Versicherungsschutz hat erst an der Außentür des Gebäudes begonnen.
Das Zurücklegen von Wegen stellt in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst dar, sondern ist eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit, die zu der eigentlichen versicherten Tätigkeit in einer mehr oder weniger engen Beziehung steht. Wege in dem vom Versicherten bewohnten Haus sind vom Versicherungsschutz nicht mit umfasst. Der Versicherungsschutz beginnt grundsätzlich erst an der Außentür des Wohngebäudes (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 – B 2 U 28/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 20). Anderes gilt dann, wenn sich der Versicherte auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise befindet und die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort hat oder der Betroffene durch die Umstände der Dienstreise einer besonderen Gefährdung ausgesetzt war (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 13/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 26).
Die Klägerin hat sich jedoch am 18. November 2008 nicht auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise befunden. Denn eine Dienst- bzw. Geschäftsreise liegt nicht mehr vor, wenn der Versicherte bei einem durch die versicherte Tätigkeit bedingten, längeren zeitlichen Aufenthalt an einem Ort eine Wohnung oder Unterkunft in der Nähe der Arbeitsstätte – unter Beibehaltung der Familienwohnung – im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII bezieht (BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 43/02 R – SozR 4-2200 § 550 Nr. 1). An diese Unterkunft sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. In Abgrenzung zu einem nur vorübergehenden Aufenthalt in einem Hotel während einer Dienstreise setzt eine Unterkunft eine "gewisse Dauerhaftigkeit" des Aufenthaltes und einen "gewissen häuslichen und privaten Wirkungskreis" voraus, damit der zuvor zu Beginn der Dienst- bzw. Geschäftsreise fremde Ort nicht mehr fremd ist (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 39/06 R – juris; Urteil vom 19. August 2003, a.a.O.). Für die Beurteilung, ob der Betroffene in einer Unterkunft untergebracht war oder sich auf einer Dienstreise befand, ist eine Gesamtbetrachtung notwendig. Aus der Dauer des Aufenthalts allein kann demgegenüber nichts hergeleitet werden (BSG, Urteil vom 4. September 2007, a.a.O.).
Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist die Unterbringung der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls als Unterkunft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII anzusehen. Hierfür sprechen die nachfolgenden Umstände: Die Klägerin bewohnte eine Einraumwohnung, die sie nicht mit anderen Personen teilen musste. Sie konnte die üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Kochen, Essen, Duschen und Benutzung der Toilette erledigen, ohne diese Wohnung verlassen zu müssen. Denn die Wohnung war nach ihren Angaben mit einer Kochnische, einer Dusche, einem WC, einer Couch, mehreren Sitzmöbeln und einem Tisch ausgestattet. Hiervon hat die Klägerin auch Gebrauch gemacht, indem sie sich u.a. in der Wohnung selbst verpflegt hat. Ein Wechsel der Wohnung war während ihres Aufenthaltes nicht vorgesehen. Dies hat laut Aktenvermerk der Beklagten vom 25. Februar 2009 sowohl die Klägerin ihr gegenüber geäußert als auch die Pensionsinhaberin bestätigt. Die Klägerin hat gegen den Inhalt des Aktenvermerks, der ihr im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bekannt gegeben wurde, keine Einwände erhoben. Auch war nach eigenen Angaben der Klägerin nicht beabsichtigt, die Wohnung zum Wochenende zu räumen. Die Klägerin hätte daher die Möglichkeit gehabt, persönliche Dinge ohne Gefährdung des Persönlichkeitsschutzes in die Unterkunft einzubringen. Nach ihren eigenen Angaben war auch ein Fernseher in der Unterkunft vorhanden, so dass es ihr möglich war, ihre Freizeit individuell zu gestalten. Die Klägerin war daher zur Essenseinnahme und zur Freizeitgestaltung nicht auf die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen – die im Übrigen nach Angaben der Klägerin in der Pension auch gar nicht vorhanden waren – angewiesen. So wäre es ihr auch angesichts der Ausstattung der Wohnung möglich gewesen, Besuch zu empfangen und diesen ggf. auch zu bewirten. Die Klägerin konnte insoweit in der Wohnung einen "gewissen persönlichen Wirkungskreis" errichten.
Die Klägerin sollte auch für eine "gewisse Dauerhaftigkeit" in der Pension untergebracht sein. Nach den im Aktenvermerk vom 25. März 2009 festgehaltenen Angaben des Einsatzleiters M. und der Pensionsinhaberin S. war die Buchung der Wohnungen in der Pension für die Zeit von Anfang Oktober 2008 bis 23. Dezember 2008 durchgehend erfolgt, wobei nach der Erklärung der Pensionsinhaberin ein Wechsel der Beschäftigten in der Unterkunft durchschnittlich nach ca. vier Wochen erfolgt ist. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass ein Aufenthalt der Klägerin in der Pension bis zum 23. Dezember 2008 vorgesehen war. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Aufenthalt der Klägerin dort wegen eines vierzehntägigen Urlaubs verkürzt hätte. Denn laut Aktenvermerk vom 25. März 2008 soll die Klägerin gegenüber der Pensionsinhaberin von einem evtl. geplanten Urlaub gesprochen haben. Auch im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin den Urlaub als "geplant" bezeichnet. Die Angaben der Klägerin zur Buchungsdauer der Wohnung von 14 Tagen stehen dem nicht entgegen. Denn aus der Erklärung der Klägerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Berichterstatter am 14. Oktober 2011 ist ersichtlich, dass ihr Aufenthalt in der Pension durch Antritt des vierzehntägigen Urlaubs verkürzt worden wäre. Der Senat ist nach diesem Vortrag davon überzeugt, dass die Klägerin ohne Urlaubsantritt insgesamt 40 Tage in der Pension (vom 14. November bis 23. Dezember 2008) untergebracht gewesen wäre. Unter den gegebenen Umständen der Unterbringung der Klägerin in der Pension geht der Senat von einer "gewissen Dauerhaftigkeit" der Unterbringung aus.
Dem Umstand, dass sich die Klägerin nach eigenen Angaben, die im Wesentlichen mit den Angaben des Einsatzleiters M. und der Pensionsinhaberin übereinstimmen, im Unfallzeitpunkt erst vier Tage in der Pension aufgehalten hatte, kommt demgegenüber keine maßgebliche Bedeutung zu. Der Dauer des Aufenthaltes misst auch das Bundessozialgericht nur eine untergeordnete Bedeutung bei (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 39/06 R – a.a.O.).
Nach der Gesamtschau der Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin in einer Unterkunft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII untergebracht war, als sie den Unfall erlitten hat. Dass nicht sie, sondern der Arbeitgeber die Unterkunft angemietet hatte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. September 2007, a.a.O.), vermag hieran nichts zu ändern. Denn insoweit hält der Senat die bereits für eine Unterkunft sprechenden Unstände für entscheidend und misst diesem Aspekt vorliegend nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall.
Die 1956 geborene Klägerin war bei der Firma I. S. S. GmbH & Co KG, Niederlassung W., als Bahnübergangsposten beschäftigt. Ihre Tätigkeit übte sie zeitweilig außerhalb des Ortes der Niederlassung aus, wobei sie in Pensionen vor Ort untergebracht war. So hielt sie sich nach eigenen Angaben seit dem 14. November 2008 in einer Pension in F. auf. Am 18. November 2008 verließ sie, um sich zu ihrem Arbeitsort zu begeben, ihre Unterkunft in der ersten Etage der Pension gegen 2:30 Uhr, rutschte auf der oberen Stufe der Treppe ab, fiel kopfüber die Treppe hinunter, schlug gegen die geschlossene Hauseingangstür und einen Teil der dort angebrachten Heizung und kam dort zum Liegen. Dabei zog sie sich eine Vierteilefraktur des Humeruskopfes rechts, eine Trümmerfraktur rechts und mehrere Hämatome zu.
Die Beklagte holte diverse telefonische Auskünfte ein, die sie unter dem 25. März 2009 zusammenfasste: Der Kollege der Klägerin R. habe erklärt, der Arbeitgeber habe die Unterkunft für die Arbeitnehmer bis kurz vor Weihnachten " 21, 23 " gebucht. Die Pension habe keine Getränke oder Speisen angeboten. Der Aufenthalt am Einsatzort sei ohne Unterbrechung und Heimfahrt geplant gewesen. Der Arbeitgeber habe seit Anfang Oktober 2008 Arbeitnehmer in der Pension untergebracht, ihn und – soweit ihm bekannt – die Klägerin jedoch nicht. Der Einsatzleiter der Arbeitgeberin der Klägerin M. habe mitgeteilt, die Arbeitgeberin habe die Unterkunft bis 21./ 23. Dezember 2008 gebucht gehabt. Sie hätten Arbeitnehmer seit Anfang Oktober 2008 dort untergebracht, jedoch nicht die Klägerin. Der Aufenthalt am Einsatzort sei ohne Unterbrechung und Heimfahrt geplant gewesen. Die Pensionsinhaberin S. habe erklärt, der Arbeitgeber der Klägerin habe die Unterkunft für die Arbeitnehmer bis zum 23. Dezember 2008 gebucht, wobei die Klägerin gemeint habe, sie plane evtl. die beiden Wochen vor Weihnachten Urlaub zu nehmen. Es sei von ihr nicht vorgesehen gewesen, dass die Unterkunft am Wochenende geräumt werde oder die Klägerin wöchentlich ein anderes Zimmer bekomme. Die Buchung sei seit Anfang Oktober 2008 durchgehend im Wechsel jeweils für die Dauer von durchschnittlich ca. vier Wochen erfolgt. Ferner habe die Klägerin telefonisch erklärt, ihr Arbeitgeber habe die Unterkunft für zwei Wochen gebucht. Am Wochenende oder zwischendurch hätte sie die Unterkunft nicht geräumt. Ihr Arbeitgeber habe seit Anfang Oktober 2008 Kollegen der Gleissicherung dort untergebracht gehabt.
Mit Bescheid vom 9. April 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil während einer Dienstreise nur ausnahmsweise Versicherungsschutz bestehe, wenn der Unfall durch eine gefährliche Einrichtung hervorgerufen sei. Die Treppe habe keine solche gefährliche Einrichtung dargestellt, weil diese weder bauliche Mängel, noch eine besondere Bauart oder ähnliches aufgewiesen habe. Ein Arbeitsunfall liege auch dann nicht vor, wenn es sich um eine Unterkunft gehandelt habe, weil Wege in der Unterkunft nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünden. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, sie habe sich im Zeitpunkt des Unfalls auf einer Dienstreise befunden. Sie habe die Unterkunft nicht selbst ausgesucht und sei erst seit dem 14./15. November 2008 dort untergebracht gewesen. Sie habe sich das erste Mal in der Pension befunden und sei mit den Örtlichkeiten nicht besonders gut vertraut gewesen. Sie habe sich auch nicht lange in der Pension aufhalten sollen. Sie habe geplant, die beiden Wochen vor Weihnachten Urlaub zu nehmen. Die Unterkunft sei lediglich für zwei Wochen gebucht worden. Persönliche Kontakte zu anderen Gästen der Pension habe sie nicht gehabt. Soweit sie in einem Telefonat mit der Beklagten von einer Unterkunft gesprochen haben solle, spreche dies nicht für eine rechtliche Einschätzung, weil sie juristischer Laie sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2009 wies der Widerspruchausschuss der Beklagten den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei einer sog. Einsatzwechseltätigkeit, wie sie die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls erbracht habe, beginne der Unfallversicherungsschutz an der Außentür des Gebäudes. Den Widerspruchsbescheid gab die Beklagte am 9. Juli 2009 zur Post.
Mit der am 10. August 2009 vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung des Unfalls vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall weiter verfolgt und Fotos der Treppe, auf der sie abgerutscht war, vorgelegt.
Mit Urteil vom 18. November 2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall festzustellen und der Klägerin Leistungen nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen. Das SG hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe sich am 18. November 2008 auf einer Dienstreise befunden, weil die auswärtige Unterbringung nur für einige Tage geplant gewesen sei und die Klägerin auch erst drei Tage in der Pension gewohnt hatte. Der Unfall habe sich auf dem Weg zur Arbeit, der in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sei, ereignet. Dabei hätten die besonderen Gefahren des auswärtigen Aufenthaltsortes den Unfall wesentlich mitverursacht. Es genüge, dass die Gefahr auf Umständen beruhe, die der Versicherte im Rahmen der Betriebsreise – im Gegensatz zum Verweilen an seinem Wohn- und Beschäftigungsort – vorfinde, so dass der Versicherungsschutz allein dadurch begründet sein könne, dass dem Betroffenen die besondere Eigenheit der Übernachtungsstätte nicht vertraut sei.
Gegen das ihr am 21. Dezember 2009 zugegangene Urteil hat die Beklagte am 8. Januar 2010 Berufung eingelegt und diese damit begründet, die Klägerin sei im Unfallzeitpunkt in einer Unterkunft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) untergebracht gewesen. Sie habe Einsatzwechseltätigkeit ausgeübt. Bei einer Einsatzwechseltätigkeit beginne der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeit an der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Unterkunft befinde. Dabei sei es unerheblich, wie lange die jeweilige Tätigkeit dauern solle und wie lange sie bis zum Unfall tatsächlich schon gedauert habe. Im Übrigen handle es sich dann um eine Unterkunft, wenn ein gewisser häuslicher Wirkungskreis bestehe. Dies sei bei der Klägerin im Unfallzeitpunkt der Fall gewesen. Die Klägerin habe das Appartement in der Pension als Wohnung bezeichnet. Das Vorliegen einer Unterkunft werde auch dadurch bestätigt, dass von Seiten der Pension keine Getränke und Speisen ausgegeben oder verkauft worden seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 18. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das SG habe zutreffend entschieden, dass sich der Unfall auf einer Dienstreise ereignet habe. Die Auffassung der Beklagten, bei einer Einsatzwechseltätigkeit beginne der Unfallversicherungsschutz an der Außentür des Gebäudes, sei rechtlich nicht haltbar.
In dem Termin vor dem Berichterstatter zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 14. Oktober 2011 hat die Klägerin ausgeführt, ihr Aufenthalt in der Wohnung, die der Arbeitgeber besorgt habe, habe sich auf 14 Tage beschränken sollen, weil ihr Urlaub genehmigt worden sei. Es habe sich um eine Einraumwohnung mit Kochnische, Dusche, WC, Kühlschrank, Fernseher, Zweisitzercouch, Tisch und zwei Stühle gehandelt. Sie habe sich dort selbst verpflegt und dort auch am ersten Wochenende übernachten sollen; alles Weitere sei offen gewesen. In dem Gebäude habe sich kein Gemeinschaftsaufenthaltsraum befunden. In ihrer Freizeit habe sie sich in der Wohnung aufgehalten und Fernsehen geschaut. Sie habe Kontakt zu einem Arbeitskollegen in einem anderen Gebäude auf dem Grundstück gehabt.
Die Klägerin hat in diesem Termin ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgenommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen ... hat vorgelegen und war Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. §§ 151 Abs. 1 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Die von der Klägerin in dem Berufungsverfahren nur noch verfolgte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2009 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 18. November 2008 als Arbeitsunfall.
Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 9/10 R – SozR 4 -2700 § 2 Nr. 17; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es fehlt an dem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang der Verrichtung der Klägerin während des Unfallzeitpunktes zur versicherten Tätigkeit. Die Klägerin hat sich auf der Treppe der Pension, auf der sie abgerutscht und bis zur Hauseingangstür hinuntergefallen ist, nicht auf einem versicherten Weg befunden. Denn der Versicherungsschutz hat erst an der Außentür des Gebäudes begonnen.
Das Zurücklegen von Wegen stellt in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst dar, sondern ist eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit, die zu der eigentlichen versicherten Tätigkeit in einer mehr oder weniger engen Beziehung steht. Wege in dem vom Versicherten bewohnten Haus sind vom Versicherungsschutz nicht mit umfasst. Der Versicherungsschutz beginnt grundsätzlich erst an der Außentür des Wohngebäudes (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 – B 2 U 28/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 20). Anderes gilt dann, wenn sich der Versicherte auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise befindet und die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort hat oder der Betroffene durch die Umstände der Dienstreise einer besonderen Gefährdung ausgesetzt war (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 13/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 26).
Die Klägerin hat sich jedoch am 18. November 2008 nicht auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise befunden. Denn eine Dienst- bzw. Geschäftsreise liegt nicht mehr vor, wenn der Versicherte bei einem durch die versicherte Tätigkeit bedingten, längeren zeitlichen Aufenthalt an einem Ort eine Wohnung oder Unterkunft in der Nähe der Arbeitsstätte – unter Beibehaltung der Familienwohnung – im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII bezieht (BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 43/02 R – SozR 4-2200 § 550 Nr. 1). An diese Unterkunft sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. In Abgrenzung zu einem nur vorübergehenden Aufenthalt in einem Hotel während einer Dienstreise setzt eine Unterkunft eine "gewisse Dauerhaftigkeit" des Aufenthaltes und einen "gewissen häuslichen und privaten Wirkungskreis" voraus, damit der zuvor zu Beginn der Dienst- bzw. Geschäftsreise fremde Ort nicht mehr fremd ist (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 39/06 R – juris; Urteil vom 19. August 2003, a.a.O.). Für die Beurteilung, ob der Betroffene in einer Unterkunft untergebracht war oder sich auf einer Dienstreise befand, ist eine Gesamtbetrachtung notwendig. Aus der Dauer des Aufenthalts allein kann demgegenüber nichts hergeleitet werden (BSG, Urteil vom 4. September 2007, a.a.O.).
Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist die Unterbringung der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls als Unterkunft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII anzusehen. Hierfür sprechen die nachfolgenden Umstände: Die Klägerin bewohnte eine Einraumwohnung, die sie nicht mit anderen Personen teilen musste. Sie konnte die üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Kochen, Essen, Duschen und Benutzung der Toilette erledigen, ohne diese Wohnung verlassen zu müssen. Denn die Wohnung war nach ihren Angaben mit einer Kochnische, einer Dusche, einem WC, einer Couch, mehreren Sitzmöbeln und einem Tisch ausgestattet. Hiervon hat die Klägerin auch Gebrauch gemacht, indem sie sich u.a. in der Wohnung selbst verpflegt hat. Ein Wechsel der Wohnung war während ihres Aufenthaltes nicht vorgesehen. Dies hat laut Aktenvermerk der Beklagten vom 25. Februar 2009 sowohl die Klägerin ihr gegenüber geäußert als auch die Pensionsinhaberin bestätigt. Die Klägerin hat gegen den Inhalt des Aktenvermerks, der ihr im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bekannt gegeben wurde, keine Einwände erhoben. Auch war nach eigenen Angaben der Klägerin nicht beabsichtigt, die Wohnung zum Wochenende zu räumen. Die Klägerin hätte daher die Möglichkeit gehabt, persönliche Dinge ohne Gefährdung des Persönlichkeitsschutzes in die Unterkunft einzubringen. Nach ihren eigenen Angaben war auch ein Fernseher in der Unterkunft vorhanden, so dass es ihr möglich war, ihre Freizeit individuell zu gestalten. Die Klägerin war daher zur Essenseinnahme und zur Freizeitgestaltung nicht auf die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen – die im Übrigen nach Angaben der Klägerin in der Pension auch gar nicht vorhanden waren – angewiesen. So wäre es ihr auch angesichts der Ausstattung der Wohnung möglich gewesen, Besuch zu empfangen und diesen ggf. auch zu bewirten. Die Klägerin konnte insoweit in der Wohnung einen "gewissen persönlichen Wirkungskreis" errichten.
Die Klägerin sollte auch für eine "gewisse Dauerhaftigkeit" in der Pension untergebracht sein. Nach den im Aktenvermerk vom 25. März 2009 festgehaltenen Angaben des Einsatzleiters M. und der Pensionsinhaberin S. war die Buchung der Wohnungen in der Pension für die Zeit von Anfang Oktober 2008 bis 23. Dezember 2008 durchgehend erfolgt, wobei nach der Erklärung der Pensionsinhaberin ein Wechsel der Beschäftigten in der Unterkunft durchschnittlich nach ca. vier Wochen erfolgt ist. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass ein Aufenthalt der Klägerin in der Pension bis zum 23. Dezember 2008 vorgesehen war. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Aufenthalt der Klägerin dort wegen eines vierzehntägigen Urlaubs verkürzt hätte. Denn laut Aktenvermerk vom 25. März 2008 soll die Klägerin gegenüber der Pensionsinhaberin von einem evtl. geplanten Urlaub gesprochen haben. Auch im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin den Urlaub als "geplant" bezeichnet. Die Angaben der Klägerin zur Buchungsdauer der Wohnung von 14 Tagen stehen dem nicht entgegen. Denn aus der Erklärung der Klägerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Berichterstatter am 14. Oktober 2011 ist ersichtlich, dass ihr Aufenthalt in der Pension durch Antritt des vierzehntägigen Urlaubs verkürzt worden wäre. Der Senat ist nach diesem Vortrag davon überzeugt, dass die Klägerin ohne Urlaubsantritt insgesamt 40 Tage in der Pension (vom 14. November bis 23. Dezember 2008) untergebracht gewesen wäre. Unter den gegebenen Umständen der Unterbringung der Klägerin in der Pension geht der Senat von einer "gewissen Dauerhaftigkeit" der Unterbringung aus.
Dem Umstand, dass sich die Klägerin nach eigenen Angaben, die im Wesentlichen mit den Angaben des Einsatzleiters M. und der Pensionsinhaberin übereinstimmen, im Unfallzeitpunkt erst vier Tage in der Pension aufgehalten hatte, kommt demgegenüber keine maßgebliche Bedeutung zu. Der Dauer des Aufenthaltes misst auch das Bundessozialgericht nur eine untergeordnete Bedeutung bei (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 39/06 R – a.a.O.).
Nach der Gesamtschau der Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin in einer Unterkunft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII untergebracht war, als sie den Unfall erlitten hat. Dass nicht sie, sondern der Arbeitgeber die Unterkunft angemietet hatte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. September 2007, a.a.O.), vermag hieran nichts zu ändern. Denn insoweit hält der Senat die bereits für eine Unterkunft sprechenden Unstände für entscheidend und misst diesem Aspekt vorliegend nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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