Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 4565/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4764/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde, mit welcher sich die Klägerin gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) wendet, hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Der Ausschlusstatbestand des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG greift nicht ein, da das Sozialgericht Freiburg (SG) seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgelehnt hat. Dass in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfen würde (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), steht der Statthaftigkeit der Beschwerde im PKH-Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Beschluss vom 9. Juni 2011 - L 13 AS 1497/11B - sozialgerichtsbarkeit.de) nicht entgegen.
Die Beschwerde ist indes nicht begründet.
Allerdings kann dem SG nicht darin gefolgt werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung bereits keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten würde (vgl. § 114 ZPO). Für eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (vgl. erkennenden Senat a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für die Klage der Klägerin, mit der sich diese gegen eine Festsetzung einer Mahngebühr über 0,77 EUR durch die Beklagte wehrt. Entgegen der Auffassung des SG dürfte die Klage insbesondere fristgerecht erhoben worden sein. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 ist am selben Tag per Telefax dem Bevollmächtigten der Klägerin übermittelt worden. Dies ergibt sich aus dem Sendebericht vom 3. August 2010 in der Verwaltungsakte der Beklagten und wird im Übrigen vom Bevollmächtigten der Klägerin auch nicht bestritten. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X gilt ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Das Telefax ist zwar kein elektronisches Dokument (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 3a Rdnr.7). Der in § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X verwendete Begriff des "elektronisch übermittelten" Verwaltungsaktes ist indes nicht mit dem Begriff des elektronischen Verwaltungsaktes gleichzusetzen, sondern erfasst auch schriftliche Verwaltungsakte, soweit diese elektronisch übermittelt werden (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 37 Rdnr. 66). Eine solche elektronische Übermittlung eines Schriftstücks i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X liegt insbesondere beim Telefax vor (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2008 - OVG 5 NC 73.08 - Juris Rdnr. 3; Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O.; Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281, 1288). Demnach greift vorliegend die Dreitagefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X, womit von einer Bekanntgabe am 6. August 2010 auszugehen ist. Damit ist die am 6. September 2010 erfolgte Klageerhebung noch innerhalb der Frist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgt.
Es fehlt vorliegend indes an der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO ist dem Unbemittelten auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt dann beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO beurteilt sich dabei nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken; entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG vom 24. März 2011 - 1 BvR 1737/10 - Juris Rdnr. 16). Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Beteiligten ein deutliches Ungleichgewicht besteht (BVerfG a.a.O.). Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist demnach vornehmlich, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten verletzt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im sozialgerichtlichen Verfahren dem Kläger rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen; in einem solchen Fall wird ein vernünftiger Rechtsuchender regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auch der Umstand, dass das sozialgerichtliche Verfahren dem Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. § 103 SGG) unterliegt, rechtfertigt dabei nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keine andere Beurteilung, da die Aufklärungs- und Beratungspflicht eines Rechtsanwalts über die Reichweite der Amtsermittlungspflicht des Richters hinausgeht (BVerfG a.a.O.).
Nach der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2011 dürfte damit im sozialgerichtlichen Verfahren, in welchem sich in der Regel Naturparteien gegenüber einer Behörde wehren, regelmäßig die Erforderlichkeit einer Beiordnung eines Rechtsanwalts gegeben sein. Der Senat hält aber daran fest, dass im Einzelfall ein Missverhältnis von Streitwert und Kostenrisiko für die nach § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO gebotene Beurteilung heranzuziehen ist. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sieht der erkennende Senat allerdings nur dann Raum für eine Berücksichtigung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs, wenn dieser in einem krassen Missverhältnis zum Kostenrisiko steht. Er schließt sich damit der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Juni 2011 an, das hierzu wie folgt ausgeführt hat (vgl. Beschluss vom 28. Juni 2011 - L 13 AS 43/11 - juris Rdnr. 3):
"Der Senat geht auch weiterhin davon aus, dass ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen nicht in Fällen beauftragen würde, in denen sein wirtschaftliches Risiko - unter Berücksichtigung der aus Sicht der Beteiligten regelmäßig gegebenen Unsicherheit in Bezug auf den Ausgang gerichtlicher Rechtsstreitigkeiten - außer Verhältnis zu dem erstrebten wirtschaftlichen Erfolg steht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der prozessualen Waffengleichheit; denn auch der Bemittelte steht vor dem Sozialgericht, in gleicher Weise wie der Unbemittelte, regelmäßig rechtskundigen und prozesserfahrenen Vertretern einer Behörde gegenüber. Der Grundsatz, dass ein vernünftiger Rechtssuchender bei Bestehen eines derartigen Ungleichgewichts regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten wird (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18), findet seine Grenze jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen einem erstrebten wirtschaftlichen Vorteil in der Größenordnung von insgesamt ca. 13,00 EUR ein unverhältnismäßiges Kostenrisiko bei Beauftragung eines Rechtsanwalts gegenübersteht; so hat der Prozessbevollmächtigte in der ersten Instanz - allerdings standen auf Klägerseite seinerzeit noch vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als Auftraggeber - eine Vergütung i. H. von 646,17 EUR incl. Umsatzsteuer erhalten. Dass ein vernünftig handelnder, bemittelter Auftraggeber dieses außer Verhältnis stehende Kostenrisiko zur Herstellung von Waffengleichheit regelmäßig eingehen würde - ohne dass Anwaltszwang besteht und ohne dass er dem Risiko eines Kostenerstattungsanspruchs der Gegenseite oder dem Risiko einer Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren ausgesetzt ist, dies zudem vor dem Hintergrund, dass das Gericht im sozialgerichtlichen Verfahren von Amts wegen verpflichtet ist, alle ihm günstigen Umstände ohne Rücksicht auf seinen Vortrag zu berücksichtigen - meint der Senat auch weiterhin nicht."
Wo die Grenze zu einem krassen Missverhältnis exakt zu ziehen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls bei dem hier streitgegenständlichen Betrag von 0,77 EUR Mahngebühren ist ein solch krasses Missverhältnis gegeben: zur Überzeugung des Senats würde ein bemittelter Kläger bei einer vernunftgeleiteten Abwägung des Streitwerts mit dem Kostenrisiko angesichts der jedenfalls nicht eindeutigen Erfolgsaussichten von der Beauftragung eines Rechtsanwalts Abstand nehmen. Er würde das Verfahren selbst betreiben und die hier allein streitige Rechtsfrage durch das Sozialgericht klären lassen. In der Versagung von PKH kann in einem solchen Fall mitnichten eine Verletzung der in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit gesehen werden; vielmehr würde es eine von Verfassung wegen nicht gebotene Bevorzugung des Unbemittelten gegenüber einem Bemittelten darstellen, wenn man ersteren mit Hilfe der PKH imstande setzen würde, einen Rechtsanwalt unter Außerachtlassung naheliegendster wirtschaftlicher Erwägungen zu beauftragen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 15. Februar 2008 - L 13 B 40/07 AS - juris Rdnr. 7; LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH - juris Rdnr. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde, mit welcher sich die Klägerin gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) wendet, hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Der Ausschlusstatbestand des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG greift nicht ein, da das Sozialgericht Freiburg (SG) seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgelehnt hat. Dass in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfen würde (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), steht der Statthaftigkeit der Beschwerde im PKH-Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Beschluss vom 9. Juni 2011 - L 13 AS 1497/11B - sozialgerichtsbarkeit.de) nicht entgegen.
Die Beschwerde ist indes nicht begründet.
Allerdings kann dem SG nicht darin gefolgt werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung bereits keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten würde (vgl. § 114 ZPO). Für eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (vgl. erkennenden Senat a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für die Klage der Klägerin, mit der sich diese gegen eine Festsetzung einer Mahngebühr über 0,77 EUR durch die Beklagte wehrt. Entgegen der Auffassung des SG dürfte die Klage insbesondere fristgerecht erhoben worden sein. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 ist am selben Tag per Telefax dem Bevollmächtigten der Klägerin übermittelt worden. Dies ergibt sich aus dem Sendebericht vom 3. August 2010 in der Verwaltungsakte der Beklagten und wird im Übrigen vom Bevollmächtigten der Klägerin auch nicht bestritten. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X gilt ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Das Telefax ist zwar kein elektronisches Dokument (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 3a Rdnr.7). Der in § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X verwendete Begriff des "elektronisch übermittelten" Verwaltungsaktes ist indes nicht mit dem Begriff des elektronischen Verwaltungsaktes gleichzusetzen, sondern erfasst auch schriftliche Verwaltungsakte, soweit diese elektronisch übermittelt werden (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 37 Rdnr. 66). Eine solche elektronische Übermittlung eines Schriftstücks i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X liegt insbesondere beim Telefax vor (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2008 - OVG 5 NC 73.08 - Juris Rdnr. 3; Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O.; Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281, 1288). Demnach greift vorliegend die Dreitagefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X, womit von einer Bekanntgabe am 6. August 2010 auszugehen ist. Damit ist die am 6. September 2010 erfolgte Klageerhebung noch innerhalb der Frist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgt.
Es fehlt vorliegend indes an der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO ist dem Unbemittelten auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt dann beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO beurteilt sich dabei nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken; entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG vom 24. März 2011 - 1 BvR 1737/10 - Juris Rdnr. 16). Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Beteiligten ein deutliches Ungleichgewicht besteht (BVerfG a.a.O.). Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist demnach vornehmlich, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten verletzt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im sozialgerichtlichen Verfahren dem Kläger rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen; in einem solchen Fall wird ein vernünftiger Rechtsuchender regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auch der Umstand, dass das sozialgerichtliche Verfahren dem Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. § 103 SGG) unterliegt, rechtfertigt dabei nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keine andere Beurteilung, da die Aufklärungs- und Beratungspflicht eines Rechtsanwalts über die Reichweite der Amtsermittlungspflicht des Richters hinausgeht (BVerfG a.a.O.).
Nach der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2011 dürfte damit im sozialgerichtlichen Verfahren, in welchem sich in der Regel Naturparteien gegenüber einer Behörde wehren, regelmäßig die Erforderlichkeit einer Beiordnung eines Rechtsanwalts gegeben sein. Der Senat hält aber daran fest, dass im Einzelfall ein Missverhältnis von Streitwert und Kostenrisiko für die nach § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO gebotene Beurteilung heranzuziehen ist. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sieht der erkennende Senat allerdings nur dann Raum für eine Berücksichtigung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs, wenn dieser in einem krassen Missverhältnis zum Kostenrisiko steht. Er schließt sich damit der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Juni 2011 an, das hierzu wie folgt ausgeführt hat (vgl. Beschluss vom 28. Juni 2011 - L 13 AS 43/11 - juris Rdnr. 3):
"Der Senat geht auch weiterhin davon aus, dass ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen nicht in Fällen beauftragen würde, in denen sein wirtschaftliches Risiko - unter Berücksichtigung der aus Sicht der Beteiligten regelmäßig gegebenen Unsicherheit in Bezug auf den Ausgang gerichtlicher Rechtsstreitigkeiten - außer Verhältnis zu dem erstrebten wirtschaftlichen Erfolg steht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der prozessualen Waffengleichheit; denn auch der Bemittelte steht vor dem Sozialgericht, in gleicher Weise wie der Unbemittelte, regelmäßig rechtskundigen und prozesserfahrenen Vertretern einer Behörde gegenüber. Der Grundsatz, dass ein vernünftiger Rechtssuchender bei Bestehen eines derartigen Ungleichgewichts regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten wird (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 18), findet seine Grenze jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen einem erstrebten wirtschaftlichen Vorteil in der Größenordnung von insgesamt ca. 13,00 EUR ein unverhältnismäßiges Kostenrisiko bei Beauftragung eines Rechtsanwalts gegenübersteht; so hat der Prozessbevollmächtigte in der ersten Instanz - allerdings standen auf Klägerseite seinerzeit noch vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als Auftraggeber - eine Vergütung i. H. von 646,17 EUR incl. Umsatzsteuer erhalten. Dass ein vernünftig handelnder, bemittelter Auftraggeber dieses außer Verhältnis stehende Kostenrisiko zur Herstellung von Waffengleichheit regelmäßig eingehen würde - ohne dass Anwaltszwang besteht und ohne dass er dem Risiko eines Kostenerstattungsanspruchs der Gegenseite oder dem Risiko einer Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren ausgesetzt ist, dies zudem vor dem Hintergrund, dass das Gericht im sozialgerichtlichen Verfahren von Amts wegen verpflichtet ist, alle ihm günstigen Umstände ohne Rücksicht auf seinen Vortrag zu berücksichtigen - meint der Senat auch weiterhin nicht."
Wo die Grenze zu einem krassen Missverhältnis exakt zu ziehen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls bei dem hier streitgegenständlichen Betrag von 0,77 EUR Mahngebühren ist ein solch krasses Missverhältnis gegeben: zur Überzeugung des Senats würde ein bemittelter Kläger bei einer vernunftgeleiteten Abwägung des Streitwerts mit dem Kostenrisiko angesichts der jedenfalls nicht eindeutigen Erfolgsaussichten von der Beauftragung eines Rechtsanwalts Abstand nehmen. Er würde das Verfahren selbst betreiben und die hier allein streitige Rechtsfrage durch das Sozialgericht klären lassen. In der Versagung von PKH kann in einem solchen Fall mitnichten eine Verletzung der in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit gesehen werden; vielmehr würde es eine von Verfassung wegen nicht gebotene Bevorzugung des Unbemittelten gegenüber einem Bemittelten darstellen, wenn man ersteren mit Hilfe der PKH imstande setzen würde, einen Rechtsanwalt unter Außerachtlassung naheliegendster wirtschaftlicher Erwägungen zu beauftragen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 15. Februar 2008 - L 13 B 40/07 AS - juris Rdnr. 7; LSG Berlin-Brandenburg vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH - juris Rdnr. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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