L 4 AS 114/11

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 52 AS 2730/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 114/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. März 2010 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Begehren der Klägerin die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Änderung der Regeln für die Fahrtkostenerstattung im SGB III für die ihr entstandenen Fahrtkosten für eine von ihr auf Basis des SGB II besuchte Weiterbildungsmaßnahme rückwirkend für den Zeitraum 3. März 2008 bis 23. März 2009 anzuwenden und damit insgesamt höhere Fahrtkosten gewährt zu erhalten.

Die 1970 geborene Klägerin bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II –. Mit Bescheid vom 8. April 2008 bewilligte der Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Weiterbildungsmaßnahme auf Grundlage von § 16 SGB II in Verbindung mit dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – SGB III –, an der die Klägerin vom 3. März 2008 bis 23. März 2009 teilnahm. Neben den Schulkosten für die Weiterbildungsmaßnahme gewährte der Beklagte der Klägerin auch die Fahrtkosten für den Weg zur Weiterbildungsstätte in Form einer Pauschale für 246 Tage des Schulbesuchs à 5 Kilometer à 0,36 EUR pro vollen Kilometers, insgesamt 442,80 EUR, die der Klägerin in monatlichen Beträgen von 36,90 EUR ausgezahlt wurden. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 6. Mai 2008 Widerspruch. Die Bewilligung einer Pauschale sei in Ihrem Fall nicht auskömmlich. Die bei ihr anfallenden Fahrtkosten, die nur durch eine so genannte Zwei-Zonen-Monatskarte des H. Personennahverkehrs abgedeckt wären, seien mit monatlich 54,- EUR deutlich höher als der ihr gewährte Pauschalbetrag.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 19. September 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es kein Wahlrecht zwischen einer Pauschale und der Übernahme der tatsächlichen Fahrtkosten gebe. Die der Klägerin gewährten Fahrkosten entsprächen der Vorschrift von § 81 Abs. 2 S. 1 SGB III. Bei der nur begrenzten Erstattung der tatsächlichen durch die Monatskarte entstehenden Kosten sei auch zu berücksichtigen, dass ein Leistungsempfänger durch die Monatskarte durchaus auch privat Nutzen habe und diese zur Finanzierung eines Teils der gewährten Regelleistung einsetzen könne, weil die Höhe der Regelleistung so bemessen sei, dass ein Teil davon auch für Fortbewegungskosten privater Art bestimmt sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Oktober 2008 beim Sozialgericht Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf volle Fahrtkostenerstattung weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. März 2010 abgewiesen. Die Übernahme der Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe könne die Klägerin nicht verlangen. Der Beklagte habe in Anwendung der Vorschrift von § 16 SGB II in Verbindung mit § 81 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung die Fahrtkosten der Klägerin zu Recht in pauschaler Form abgerechnet. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe hat das Sozialgericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG abgesehen, da es der nach seiner Auffassung überzeugenden Begründung des Widerspruchsbescheides gefolgt ist. Ergänzend wies die Kammer darauf hin, dass die Anwendung von § 81 Abs. 2 SGB III in seiner bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung auch für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2009 ungeachtet der durch Art. 1 Nr. 33 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 erfolgten Neufassung der Bestimmung nicht zu beanstanden sei. Dies ergebe sich aus § 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, der nach Maßgabe der Verweisung aus § 16 Abs. 2 SGB II in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung auch im Bereich des Arbeitslosengeldes II anwendbar sei. Das Sozialgericht hat dem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach es nicht mit der Berufung angefochten werden könne, die gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden sei. Das Urteil wurde dem damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 15. April 2010 zugestellt.

Die hiergegen fristgemäß durch den neuen Bevollmächtigten der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2010 als unzulässig verworfen, da die Berufung von Gesetzes wegen zulässig sei. Maßgebend sei hierbei, dass es sich bei den im Streit stehenden Leistungen um solche für mehr als ein Jahr handele und die Berufung daher nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG keiner Zulassung bedürfe.

Am 11. März 2011 hat die Klägerin die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung führt ihr Bevollmächtigter aus, dass die Fahrtkostenregelung des §§ 81 SGB III verfassungswidrig sei, weil dies zu einer Ungleichbehandlung erheblichen Ausmaßes führe, was nicht mit Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt werden könne. Vorrang müsse die ungeschmälerte Sicherung des Grundrechts auf Gewährung des menschenwürden Existenzminimums haben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin regt an, den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 29. März 2010 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten für den Besuch der Weiterbildungsmaßnahme in der Zeit vom 3. März 2008 bis 23. März 2009 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die Berufungsbegründung enthalte keine neuen Argumente. Für die von der Klägerin am 3. März 2008 begonnene Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nach § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 77 ff. SGB III sei gemäß § 422 Abs. 1 SGB III die Rechtslage zum Zeitpunkt des Maßnahmeantritts zu berücksichtigen. Die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2009 sei für den vorliegenden Fall daher unbeachtlich. Weitere Ermittlungen durch den Senat ergaben, dass in dem maßgeblichen Zeitraum in H. eine Fahrpreisermäßigung für Monatsfahrkarten des H. Verkehrsverbundes das sogenannte Sozialticket galt. Im Jahr 2008 führte dies zu einem Nachlass von 5,- EUR monatlich, im Jahr 2009 ist der Nachlass auf 18,- EUR monatlich angehoben worden. Im Jahresabonnement kostete die (reguläre) 2 Zonen Abonnementskarte ab 1. Januar 2009 monatlich 45,40. Zur Ergänzung des Sachverhalts und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte zum Az. L 4 AS 114/11 und die Verwaltungsakte des Beklagten zum Az. 214D040409 Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen sind.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat dem Gericht mit Schreiben vom 7. Februar 2012 mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin alleine im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise zuvor einverstanden erklärt haben.

1. Die am 11. März 2011 erhobene Berufung ist statthaft, da mit ihr die Voraussetzung von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die Berufung, deren Gegenstandswert unter 750,- EUR liegt, dann keiner Zulassung bedarf, wenn sie laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, erfüllt. Vorliegend ist mit der Weiterbildungsmaßnahme vom 3. März 2008 bis 23. März 2009 ein Zeitraum von einem Jahr und 20 Tagen und somit laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen. Die zunächst - aufgrund im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts fehlerhaft aufgeführte und die Berufung ausschließende Rechtsmittelbelehrung - vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist mit Senatsbeschluss vom 22. November 2010 als unzulässig verworfen worden. Es galt danach - wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Urteil des Sozialgerichts - die Jahresfrist für die Einlegung des Rechtsmittels, die die Klägerin mit Einlegung der Berufung am 11. März 2011 eingehalten hat (vgl. Beschluss des Senats zum Az.: L 5 AS 157/10 NZB vom 22.11.2010).

2. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§ 143, 144 SGG).

Insbesondere ist das beklagte Jobcenter gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig und tritt an die Stelle der bisher beklagten ARGE. Der Beklagte steht insoweit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl. I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl. I 1112), die mit Wirkung vom 1. Januar 2011 kraft Gesetzes als (teil-) rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist (Luik, jurisPR-SozR 24/210 Anm. 1). Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II). Gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Berufungsverfahren unzulässige Klageänderung i.S. von §§ 99, 168 Satz 1 SGG dar (vgl. BSG Urteil vom 9.12.1987 - 10 RKg 5/85 - BSGE 62, 269, 270 f = SozR 1200 § 48 Nr. 14; BSG Urteil vom 18.7.2007 - B 12 P 4/06 R - BSGE 99, 15, 16 = SozR 4-3300 § 55 Nr. 1 und jüngst BSG Urteil vom 18.1.2011 – B 4 AS 99/10 R - in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl. 2008, § 168 RdNr 2c). Das Passivrubrum ist entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist rechtmäßig. Die am 3. Juni 2010 eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 3. Mai 2010 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. April 2010 wird zurückgewiesen, da die Berufung unbegründet ist.

Zu Recht hat das Sozialgericht in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil vom 28. April 2010 ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine höhere Fahrtkostenerstattung hat als der Beklagte ihr bereits gewährt hat. Die insoweit einzig anspruchsvermittelnden Vorschriften von § 16 SGB II in Verbindung mit § 81 Abs. 2 SGB III sind vom Beklagten zu Recht in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung auf den gesamten Zeitraum der von der Klägerin besuchten Weiterbildungsmaßnahme vom 3. März 2008 bis zum 23. März 2009 auf sie angewandt worden. Dies begründet keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Hilfeempfängern, deren Fahrtkostenerstattung auf Basis der Neufassung des § 81 SGB III ab dem 1. Januar 2009 erfolgt ist (dazu unter 2.1.). Eine Unterschreitung des finanziellen Existenzminimums ist mit der Klage für den gesamten Zeitraum der Weiterbildungsmaßnahme schon nicht schlüssig vorgetragen worden. In Anbetracht der in der Regelleistung enthaltenen Kostenanteile für den öffentlichen Nahverkehr und den durch den H. öffentlichen Personennahverkehr an Sozialleistungsempfänger gewährten Nachlass (so genannte Sozialkarte) zusammen mit der vom Beklagten gewährten Fahrtkostenerstattung wurden die bei der Klägerin angefallenen monatlichen Fahrtkosten in voller Höhe gedeckt. Der Fall bietet daher keinen Anlass, möglicherweise infrage kommende ergänzende Leistungen über die Auffangregeln des SGB II zu prüfen (hierzu unter 2.2.).

2.1. Die Berechnung der Fahrtkostenerstattung hat der Beklagte in rechtmäßiger Weise vorgenommen. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB III i.V.m. § 81 Abs. 2 S. 1 SGB III in der Fassung vom 23.12.2003 (BGBl. I, 2848) sind als Fahrtkosten für jeden Tag, an dem der Teilnehmer die Bildungsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte von 0,36 EUR für die ersten 10 km und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Nach § 81 Abs. 2 S. 3 SGB III ist für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Danach ergibt sich eine Entfernung von 5,8 km unter Zugrundelegung der kürzesten Straßenverbindung zwischen der Wohnung der Klägerin in der W.Straße und der von ihr besuchten Bildungsstätte in der S.Straße (nach Internetrecherche bei google maps). Demnach sind daher 5 (volle) km a 0,36 EUR für 246 Tage (Werktage im fraglichen Zeitraum abzüglich der Ferien der Weiterbildungsstätte) des Schulbesuchs, an denen die Klägerin die Bildungsstätte im fraglichen Zeitraum besucht hat, zugrunde zu legen, was einen Gesamtbetrag von 442,80 EUR Fahrtkostenerstattung (bei 12 Monaten = monatlich 36,90 EUR) für die Klägerin für den Gesamtzeitraum der Weiterbildungsmaßnahme ausmacht. Eine rückwirkende Anwendung der für die Klägerin günstigeren Regelung von § 81 SGB III in der Fassung ab dem 1. Januar 2009, wonach die Fahrtkosten in Höhe des Betrages zu Grunde gelegt werden, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, von Beginn der Weiterbildungsmaßnahme der Klägerin am 3. März 2008 bis zum Ende der Maßnahme im März 2009 kommt nicht in Betracht. Denn für die gesamte Maßnahme galt die im Falle der Klägerin ungünstigere Pauschalerstattungsregelung gemäß § 81 Abs. 2 SGB III in der Fassung vom 23. Dezember 2003. Dies folgt aus § 422 Abs. 1 SGB III. Danach sind im Falle der Änderung des SGB III auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. Alle drei Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin gegeben. Der Anspruch der Klägerin auf die Fahrtkostenerstattung ist vor der Gesetzesänderung am 1. Januar 2009 entstanden, die Leistung ist auch vor dem 1. Januar 2009 zuerkannt worden und zweifelsohne hat die Maßnahme der Weiterbildung mit dem 3. März 2008 vor dem Tag der Rechtsänderung am 1. Januar 2009 begonnen. Unter den in § 422 Abs. 1 SGB III genannten Voraussetzungen erstreckt sich die Weitergeltung des alten Rechts auf den Zeitraum bis zum Ende der Leistung bzw. der Maßnahme. Maßnahme ist insoweit jedes Geschehen, das im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung einen Leistungsanspruch auslösen kann (Brandts, Kommentar zum SGB III, 5. Auflage, 2010, § 422 Rn. 6) hier demnach die Weiterbildungsmaßnahme, welche der Klägerin durch den Beklagten nach den Regelungen des SGB II in Verbindung mit dem SGB III gewährt worden ist.

Die Klägerin kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, die neue für sie günstigere Regelung müsse für sie rückwirkend in Anwendung gebracht werden. Hierfür gibt es auch aus übergeordnetem Verfassungsrecht keine rechtliche Anknüpfung. In der Rechtsprechung sind vor dem Hintergrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG oder des Vertrauensschutzes stets nur Konstellationen diskutiert worden, in denen durch die Gesetzesänderung eine Verschlechterung der bestehenden Rechtsposition eingetreten und diese durch die Verwaltung zu Lasten des Betroffenen zur Anwendung gebracht worden ist. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Um einen Fall verletzten Vertrauensschutzes kann es hier erkennbar nicht gehen. Mit der für die Klägerin ungünstigeren Rechtslage in den ersten zehn Monaten ihrer Weiterbildungsmaßnahme kann kein Vertrauensschutz auf die in den letzten drei Monaten der Maßnahme in Kraft getretene günstigere Rechtslage entstehen. Aber auch die Eigentumsgarantie ist hier nicht berührt. Grundsätzlich können zwar auch Rechtspositionen des Arbeitsförderungsrechts dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG unterliegen. Anders verhält es sich jedoch mit Ansprüchen auf Arbeitslosenhilfe, die nicht beitrags-, sondern steuermittelfinanziert sind (Brandts, a.a.O., Vorbemerkung zu § 422 Rn. 6 ff, 8 mit weiteren Nachweisen). Da die Klägerin Ansprüche nach dem SGB II geltend macht, unterfällt sie diesem letztgenannten Personenkreis.

Übergangsvorschriften können auch verfassungswidrig sein, wenn sie einer Regelung echte Rückwirkung beilegen (BVerfGE 13, 261, 271; 18, 429, 439). Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE, 72, 175,196). Auch dieser Fall ist hier nicht gegeben. Die neue Rechtslage greift nicht zum Nachteil der Klägerin in die Modalitäten ihrer Weiterbildungsmaßnahme ein. Eine unechte Rückwirkung, worunter die Ordnung der gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen nach neuem Recht von seinem Inkrafttreten an verstanden wird – was auf den vorliegenden Fall möglicherweise zutrifft – ist grundsätzlich nicht verfassungswidrig (BVerfGE 63, 152, 175; 72, 141, 154, Brandts, ebenda, Rn. 9).

2.2. Die Klägerin kann auch unter dem Gesichtspunkt ihrer beengten finanziellen Verhältnisse als Leistungsempfängerin nach dem SGB II keine Aufstockung der Fahrtkostenerstattung erreichen. Für den in das Jahr 2009 fallenden Zeitraum der Weiterbildungsmaßnahme ist ihr bei Berücksichtigung des Nachlasses durch das H. Sozialticket schon gar kein Schaden entstanden. Denn bei Zugrundelegung des im H1 für die 2 Zonen Fahrkarte geltenden Abonnementspreises von 45,40 EUR (ab 1.1.2009, in der Zeit davor ist der Preis noch geringer), den die Klägerin im Hinblick auf den 13 Monate währenden Schulbesuch und die sie als SGB-II-Leistungsempfängerin treffende Pflicht, die günstigste Fahrkarte zu wählen, hätte in Anspruch nehmen müssen und dem ab 1. Januar 2009 gültigen Sozialticket mit einem Nachlass i.H.v. 18,- EUR blieben für die Klägerin nur noch monatliche Kosten i.H.v. 27,40 EUR, die von der durch den Beklagten gewährten Fahrtkostenerstattung von 36,90 (bzw. 34,06 EUR unter Zugrundelegung eines 13 Monate währenden Schulbesuchs) voll abgedeckt waren. Aber auch in der Zeit davor im Jahre 2008 ist eine Bedarfslage, die aufstockende Hilfeleistungen durch den Beklagten nötig gemacht hätten, nicht erkennbar. Bei Zugrundelegung eines für diesen Zeitraums geltenden monatlichen Abonnementpreises für die fragliche Fahrkarte von 45,40 EUR (die tatsächlichen Kosten dürften noch niedriger gewesen sein), bei dem die Klägerin vom H1 einen Nachlass von 5,- EUR als Leistungsempfängerin nach dem SGB II gewährt erhalten hätte, hätte die Fahrkarte die Klägerin nur noch 40,40 EUR monatlich gekostet. Unter Zugrundelegung des vom Beklagten gewährten Betrages von 36,90 (bzw. 34,06 EUR unter Zugrundelegung eines 13 Monate währenden Schulbesuchs) war die Klägerin monatlich mit maximal 6,34 EUR Kosten belastet. Diesen Betrag konnte die Klägerin mit einem Bruchteil des im Regelsatz enthaltenen Anteils für Verkehrskosten decken. Die in der Regelleistung bis zum 30. Juni 2008 enthaltenen Verkehrskosten betrugen 18,11 EUR, danach 14,26 EUR (im Internet: Tacheles.de, Leitfaden Regelsätze). Hinzu kommt, dass die Klägerin die fragliche 2 Zonen Fahrkarte, die einen Großteil des H. Verkehrsstreckennetzes im Personennahverkehr abdeckt, selbstredend auch für alle weiteren Privatfahrten nutzen und damit den in der Regelleistung für Verkehr vorgesehenen Anteil mit der fraglichen Fahrkarte auch zweckentsprechend einsetzen konnte.

Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt dem Ausgang des Verfahrens und die Klägerin hat daher die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Gründe die Revision zuzulassen, sind nicht zu erkennen, da keiner der Zulassungsgründe nach § 160 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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