Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1335/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2156/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. April 2011 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 aufgehoben wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/4 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 und die Zahlung von 7.421,68 Euro, die die Beklagte sich aus der Nachzahlung der schweizerischen Invalidenrente des Klägers hat erstatten lassen.
Der 1944 geborene Kläger bezog aufgrund Bewilligung vom 29. August 2006 von der Beklagten ab 21. August 2006 Arbeitslosengeld mit einem Leistungsbetrag von täglich 52,87 Euro, dazu wurden Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung übernommen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Beginn der laufenden Rente war der 1. Dezember 2007. Eine Nachzahlung von 2.846,87 Euro wurde im Hinblick auf eine vorher erfolgte vorsorgliche Anmeldung von Erstattungsansprüchen durch die Beklagte zunächst von der DRV Bund einbehalten. Die Beklagte hob mit Bescheiden vom 5. und 26. November 2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Dezember 2007 und für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 auf. Wegen der Überzahlung erhielt sie eine Erstattung aus der Rentennachzahlung der DRV Bund.
Mit Verfügung vom 3. Oktober 2007 bewilligte der schweizerische Versicherungsträger dem Kläger eine Ordentliche Invalidenrente (ganze Rente) bei einem Invaliditätsgrad von 85 v.H. mit Wirkung ab 1. Februar 2006 in Höhe von monatlich 865 Schweizer Franken (SFR), umgerechnet 507,11 Euro, im Jahr 2006 und monatlich 880 SFR, umgerechnet 521,33 Euro, im Jahr 2007. Beginn der laufenden Zahlung war der 1. November 2007, eine Nachzahlung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 18.216 SFR, umgerechnet 10.791,47 Euro, wurde ausweislich der Verfügung vom 3. Oktober 2007 vom schweizerischen Versicherungsträger, um gegebenenfalls zuviel bezahlte Pensionsleistungen verrechnen zu können, an die DRV Bund überwiesen zur direkten Abrechnung der DRV Bund mit dem Kläger. Die DRV Bund informierte die Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2007 über die Bewilligung der schweizerischen Rente.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 hob die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 ganz auf. Dem Kläger sei bis 31. Oktober 2007 Arbeitslosengeld gezahlt worden, er habe jedoch einen Anspruch auf Altersrente von der DRV Bund ab 21. August 2006. Daher erfolge eine Aufhebung für diesen Zeitraum gemäß § 48 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Es sei eine Überzahlung von 7.421,68 Euro eingetreten. Deswegen habe die Beklagte den anderen Leistungsträger zur Erstattung aufgefordert und zur Verrechnung ermächtigt. Der Kläger müsse den Erstattungsbetrag nur zurückzahlen, wenn und soweit ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Leistungsträger nicht bestehe oder nicht erfüllt werde und dieser dem Verrechnungsersuchen nicht nachkomme.
Gegenüber der DRV Bund bezifferte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 ihren Erstattungsanspruch auf 7.421,68 Euro. Die DRV Bund kam dem Erstattungsbegehren in vollem Umfang nach.
Gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2007 legte der Kläger Widerspruch ein.
Auf Nachfrage des Klägers teilte die Beklagte mit Schreiben vom 3. März 2008 mit, die Erstattungsansprüche betreffend die schweizerische Nachzahlung seien von der DRV Bund ausgeglichen worden, gegen den Kläger werde kein Erstattungsanspruch geltend gemacht. Sollten sich noch Änderungen der Renten ergeben, müsste eine Erstattung erneut geprüft werden. Auch dann würde nur ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger geltend gemacht, soweit ein Erstattungsanspruch vom Rententräger nicht erfüllt würde.
Zur Begründung des Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe keinen Anspruch auf Altersrente der DRV Bund ab 21. August 2006. Ihm sei ein Grad der Invalidität von 85 v. H. bescheinigt und eine Invalidenrente der Eidgenössischen Invalidenversicherung ab dem 1. Februar 2006 bewilligt worden. Bei dieser Rente handle es sich um eine Altersrente. Selbst wenn man sie entsprechend § 142 Abs. 3 SGB III als volle Erwerbsminderungsrente ansehen wolle, käme eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nicht in Betracht. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vielmehr erst ab Beginn der laufenden Zahlungen. Dies sei vorliegend erst der 1. November 2007. Tatsächlich sei diese Rente aber allenfalls mit einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vergleichbar. Diese führe überhaupt nicht zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Außerdem seien §§ 103, 104 SGB X nicht auf die Leistungen schweizerischer Rentenversicherungsträger anwendbar, sondern ausdrücklich nur im Hinblick auf Leistungen deutscher Sozialversicherungsträger.
Mit Schreiben vom 10. März 2008 teilte die Beklagte mit, weder über die Beantragung noch über die Zuerkennung der Invalidenrente habe der Kläger sie informiert und sei insoweit seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen. Bei einer Rente wegen einer Invalidität von 85v. H. handle es sich um einen Anspruch auf eine Sozialleistung eines ausländischen Trägers nach § 142 Abs. 3 SGB III, der mit dem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der deutschen Rentenversicherung vergleichbar sei und deshalb zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 142 Abs. 2 Nr. 2 SGB III führe. Nach § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III greife rückwirkend die Vorschrift des § 125 SGB III. Die Berechtigung zur Feststellung der Erstattungspflicht ergebe sich aus § 125 Abs. 3 SGB III, ohne dass es einer Aufhebung der Bewilligungsentscheidung bedürfe. Hierzu erhalte der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Invalidenrente bei einem Grad von 85 v. H. sei mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung vergleichbar. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe daher ab 1. November 2007 nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sowie Abs. 3 SGB III. Ihr stehe entsprechend § 142 Abs. 3 i.V.m. § 125 Abs. 3 SGB III ein Erstattungsanspruch für die Zeit ab 21. August 2006 zu. Das für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 gezahlte Arbeitslosengeld sei insoweit zu erstatten, als der Kläger für diese Zeit Anspruch auf schweizerische Invalidenrente habe. Der Erstattungsanspruch richte sich gegen den Rententräger, hier die DRV Bund als Verbindungsstelle des Trägers der Eidgenössischen Invalidenversicherung. Einer Aufhebung der Bewilligungsentscheidung gegenüber dem Kläger bedürfe es nicht. Die Vorschrift des § 125 Abs. 3 SGB III stelle eine Spezialvorschrift dar, die den Regelungen der §§ 44 ff SGB X vorgehe. Der Anspruch auf Erstattung nach § 125 Abs. 3 SGB III sei anders als in den Fällen des § 50 SGB X nicht von der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abhängig.
Hiergegen hat der Kläger am 8. Mai 2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Die Leistung sei schon zu Unrecht vom schweizerischen Versicherungsträger an den deutschen Rentenversicherungsträger weitergeleitet worden, dieses Unrecht werde durch die Erstattung an die Beklagte noch vertieft. Er habe auch Interesse an der formellen Klarstellung, dass die Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht rückwirkend aufgehoben werden konnte.
Nach Mitteilung einer Neuberechnung der Altersrente durch die DRV Bund machte die Beklagte im Juni 2008 eine weitere Erstattungsforderung gegenüber der DRV Bund für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 geltend. Mit Bescheid vom 27. Juni 2008 hob die Beklagte gegenüber dem Kläger die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 zusätzlich zu den bereits erfolgten Aufhebungen (erneut) auf.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. April 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Anspruch der Beklagten auf die Rentennachzahlung aus der Eidgenössischen Invalidenversicherung ergebe sich aus § 103 SGB X. Diese Vorschrift gelte zwar nicht unmittelbar, soweit es um Renten gehe, die von einem ausländischen Rentenversicherungsträger geleistet werden. Der deutsche Sozialleistungsträger könne auf eine ausländische Rente zugunsten eines Dritten nur dann zugreifen, wenn der ausländische Staat hiermit ausdrücklich einverstanden sei und spezielle Normen des Völkerrechts - zwischenstaatliches Recht/übernationales Recht - dies gestatteten. Eine solche Regelung finde sich aber in dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 in der Fassung des Ersten und Zweiten Zusatzabkommens. Art. 38 Abs. 2 des Abkommens bestimme: "Hat der Träger einer Vertragspartei Geldleistungen zu Unrecht erbracht, so kann der zu Unrecht gezahlte Betrag von einer entsprechenden Leistung, auf die nach den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei Anspruch besteht, zugunsten dieses Trägers einbehalten werden, soweit die Rechtsvorschriften der zweiten Vertragspartei die Einbehaltung zulassen". Rechtsvorschriften, die eine Einbehaltung einer Rentennachzahlung zugunsten berechtigter Dritter durch den Schweizerischen Versicherungsträger ausschließen würden, seien nicht ersichtlich. Auch das weitere Erfordernis, nämlich dass die Leistung (hier das Arbeitslosengeld) zu Unrecht gezahlt worden sei, sei hier erfüllt. Der Verweis auf § 125 Abs. 3 SGB III in § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III mache deutlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers verhindert werden solle, dass der Arbeitslose durch eine Zahlung beider Leistungsträger zu Unrecht begünstigt werde. Insofern sei von einer "zu Unrecht" gezahlten Geldleistung im Sinne des Art. 38 Abs. 2 des Abkommens zu sprechen. Die Invalidenrente entspreche auch nicht nur einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Zuerkennung einer ganzen Rente nach einem Grad der Invalidität von 85 v. H. lasse auf ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und damit eine fehlende Verfügbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz schließen. Auf die Höhe der ausländischen Rente komme es nicht an, wenn von deren gleichartiger Struktur und Funktion typisierend auf ein solches Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geschlossen werden könne.
Der Klage könne auch nicht hinsichtlich der mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 zu Unrecht erfolgten Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 21. August 2006 stattgegeben werden. Die Bewilligung sei, wie dargelegt, zu Recht erfolgt. Aber die Beklagte habe diesen Fehler im Widerspruchsbescheid korrigiert.
Gegen den am 27. April 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 26. Mai 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, der Erstattungsanspruch nach § 125 Abs. 3 SGB III finde nur auf Leistungen deutscher Sozialversicherungsträger Anwendung. Auch aus Art. 38 Abs. 2 des vom SG herangezogenen Abkommens ergebe sich nichts anderes. Denn diese Vorschrift setze voraus, dass eine Leistung zu Unrecht erbracht worden sei. Das Arbeitslosengeld sei aber für den Erstattungszeitraum nicht zu Unrecht erbracht worden, da der Anspruch auf Arbeitslosengeld erst ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ruhe. Auch der Verweis in § 142 Abs. 2 SGB III auf § 125 Abs. 3 SGB III ändere daran nichts. Nur durch die rechtswidrige rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld habe die Beklagte sich in die Lage versetzt, die Eidgenössische Invalidenversicherung zu veranlassen, die Leistung in Höhe von 7.421,68 Euro zu Gunsten der Beklagten einzubehalten. Denke man die rechtswidrige Aufhebung weg, bleibe es bei einer zu Recht erbrachten Leistung und die Invalidenrente hätte nicht aufgrund von Art. 38 Abs. 2 des genannten Abkommens einbehalten werden dürfen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 19. April 2011 und des Bescheids der Beklagten vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 zu verurteilen, einen Betrag von 7.421,68 Euro an ihn auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt sie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG Bezug.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig. Sie ist teilweise begründet, insoweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vor dem 1. November 2007 wendet. Dem Kläger steht aber auch bei Aufhebung dieser Verfügung kein Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung des einbehaltenen Betrages aus der schweizerischen Rentennachzahlung zu. Insoweit hat die Berufung keinen Erfolg.
1. Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld durch Bescheid vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit sich in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach Satz 2 der Regelung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB II für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vor, ist dieser nach § 330 Abs. 3 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. In den Verhältnissen, die der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 zugrundelagen, ist durch die rückwirkende Bewilligung der schweizerischen Invalidenrente keine wesentliche Änderung eingetreten. Zwar wurde dem Kläger rückwirkend für die Zeit ab 1. Februar 2006 die Invalidenrente zuerkannt, dies hat aber für die hier streitgegenständliche Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 keine Auswirkungen auf den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers. Für die Zeit ab 1. Juni 2007 wurde die Bewilligung von Arbeitslosengeld bereits durch den bestandskräftigen Bescheid vom 5. November 2007 aufgehoben, insoweit geht die (nochmalige) Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Oktober 2007 ins Leere. Für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Mai 2007 ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht rechtswidrig geworden, so dass es an einem Aufhebungsgrund fehlt.
Insbesondere hat der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit nicht gemäß § 142 SGB III geruht.
Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist. Dies gilt nach § 142 Abs. 3 SGB III ebenso für vergleichbare Ansprüche auf andere Sozialleistungen, die ein ausländischer Träger zuerkannt hat. Dem Kläger wurde mit Verfügung vom 3. Oktober 2007 vom schweizerischen Versicherungsträger eine volle Rente wegen einem Grad der Invalidität von 85 v. H. zuerkannt. Hierbei handelt es sich um eine der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist im Wege der rechtsvergleichenden Qualifizierung zu ermitteln, ob es sich bei der ausländischen Leistung um eine Sozialleistung öffentlich-rechtlicher Art handelt und von Ähnlichkeit bzw. Vergleichbarkeit der ausländischen und der inländischen Sozialleistung auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2008 - B 11 AL 32/07 R - SozR 4-4300 § 142 Nr. 4). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt dem gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (vgl. BSG a.a.O; BSG, Urteil vom 29. Oktober 1997 - 7 Rar 10/97 - SozR 3-4100 § 142 Nr. 2 S. 11). Die schweizerische Invalidenrente als "ganze Rente" ist in diesem Sinne eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung und in Struktur und Funktion mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung vergleichbar (so bei einem Grad der Invaliditäts von 100 v. H. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Juli 2000 - L 13 AL 4301/99 - Juris). Die deutsche Rente wegen voller Erwerbsminderung ist grundsätzlich durch ein unter dreistündiges Restleistungsvermögen gekennzeichnet, mithin ist von einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auszugehen. Die Berechnung erfolgt anhand der Versicherungszeiten und -beiträge. Die schweizerische Invalidenrente wird gewährt, wenn versicherte Personen wegen eines Gesundheitsschadens voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit ganz oder teilweise erwerbsunfähig sind und wenn eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben nicht oder nur beschränkt möglich oder von vorn herein aussichtslos ist. Die Berechnung der schweizerischen Rente orientiert sich am versicherten Einkommen einschließlich der Erziehungs- und Betreuungsgutschriften und ist an der Beitragsdauer ausgerichtet. Der Invaliditätsgrad wird ermittelt, indem die ohne und die mit der Behinderung erzielbaren Erwerbseinkommen einander gegenüber gestellt werden. Während ein Invaliditätsgrad ab 40 v. H. den Anspruch auf eine "Viertelrente" (nur bei Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz), ein solcher ab 50 v. H. auf eine "halbe Rente" und ein Invaliditätsgrad ab 60 v. H. eine "Dreiviertelsrente" begründet, steht bei einem solchen ab 70 v. H. - wie beim Kläger - bereits die "ganze Rente", also die höchste nach dem anzustellenden Einkommensvergleich erzielbare Entgeltersatzleistung zu (Begründung der Verfügung vom 3. Oktober 2007, Bl. 38/39 der Akte). Jedenfalls eine ganze Rente, zumal bei einem Grad der Invalidität von 85 v. H. wie beim Kläger, lässt auf ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und damit auf eine fehlende Verfügbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz schließen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg a.a.O.).
Aber nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III tritt ein Ruhen bei der Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung - ebenso nach § 142 Abs. 3 SGB III bei einem vergleichbaren Anspruch auf eine andere Sozialleistung, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat, wie vorliegend - nicht ab Rentenbeginn, sondern erst vom Beginn der laufenden Zahlung an ein. Damit hat die Zuerkennung der schweizerischen Invalidenrente für die Zeit vor dem Beginn der laufenden Zahlungen, der im November 2007 lag, nicht zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs geführt.
Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ist auch nicht aus sonstigen Gründen rechtswidrig geworden. Solche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Mangels wesentlicher Änderung in den Verhältnissen, die der Bewilligung von Arbeitslosengeld zugrundelagen, ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung rechtswidrig. Sie verletzt den Kläger auch in seinen Rechten. Zwar hat die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheids eingeräumt, dass es einer Aufhebung nicht bedurft habe. Außerdem hat sie mit Schreiben vom 3. März 2008 zugesichert, soweit sich keine Änderungen der Rente ergeben, aufgrund der bereits erfolgten Erstattung aus der schweizerischen Nachzahlung keinen Erstattungsanspruch gegen den Kläger geltend zu machen. Sie hat aber die als rechtswidrig erkannte Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung nicht beseitigt. Insoweit ist auch entgegen den Ausführungen des SG keine Korrektur im Widerspruchsbescheid erfolgt. Die Beklagte hat nur formlos eingeräumt, dass es der erfolgten Aufhebung nicht bedurft hätte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte die Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung in einer solchen Situation anerkennen wollte. In einer vergleichbaren Situation danach hat sie anlässlich der Neuberechnung der deutschen Altersrente nochmals eine Aufhebung für die Zeit ab 1. Juni 2007 durch Bescheid vom 27. Juni 2008 verfügt.
2. Der Kläger hat - auch wenn die Arbeitslosengeldbewilligung wie oben dargestellt nicht aufgehoben werden kann - keinen Anspruch auf Auszahlung des aus der Nachzahlung seiner schweizerischen Invalidenrente stammenden Betrages von 7.421,68 Euro gegen die Beklagte.
Nach § 142 Abs. 3 SGB III gilt aufgrund der - bereits oben dargestellten - Vergleichbarkeit der zuerkannten schweizerischen Invalidenrente mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung auch § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III im vorliegenden Fall entsprechend. Über diesen gilt § 125 Abs. 3 SGB III entsprechend. Dieser regelt wiederum in Satz 1 einen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit gegen den Rentenversicherungsträger entsprechend § 103 SGB X und für den Fall, dass eine Erstattung durch den Rentenversicherungsträger nicht erfolgt, einen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit unmittelbar gegen den Arbeitslosen. Dies bedeutet, dass der Beklagten aufgrund der Zuerkennung der schweizerischen Invalidenversicherung ein Erstattungsanspruch gegen den schweizerischen Rentenversicherungsträger entsprechend § 125 Abs. 3 Satz 1 SGB III zusteht. Ziel des Erstattungsanspruchs nach § 125 Abs. 3 Satz 1 SGB III i.V.m. § 103 SGB X ist, dass die vorschussweise tätig gewordene Agentur für Arbeit die verauslagten Leistungen vom Rentenversicherungsträger zurückerhält. Eine Erstattung kann nur für Zeiträume geltend gemacht werden, für die beide Leistungen gleichzeitig zuerkannt sind. Der Erstattungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Rentenversicherungsträger. Wenn allerdings eine Erstattung gegen den Rentenversicherungsträger nicht geltend gemacht werden kann, sieht die Regelung in Satz 2 auch einen Erstattungsanspruch direkt gegen den Arbeitslosen vor. Diese Regelung soll verhindern, dass der Arbeitslose durch ein Zahlung beider Leistungsträger zu Unrecht begünstigt wird. Ziel ist es zu vermeiden, dass ein Arbeitsloser zwei einander grundsätzlich ausschließende Leistungen aus öffentlichen Kassen erhält (BT-Dr. 13/494 S. 177; Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl. 2010, § 125 Rn. 19f). Das Arbeitslosengeld soll dem Arbeitslosen nicht für die Zeit ab Rentenbeginn verbleiben, um eine Doppelversorgung auszuschließen.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers gilt über die Entsprechensregelung in § 142 Abs. 3 SGB III auch § 125 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 103 SGB X entsprechend im Verhältnis zu einem ausländischen Versicherungsträger. Dem stehen weder Regelungen des schweizerischen Rechts noch des internationalen Rechts entgegen.
Vielmehr regelt das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (im Folgenden Freizügigkeitsabkommen Schweiz; BGBl. II 2001, S. 811 ff.), dass die Schweiz im Hinblick auf die VO (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 574/72 behandelt wird, als wäre sie Mitgliedstaat. Am 1. Juni 2002 ist das Gesetz vom 2. September 2001 zu dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz in Kraft getreten (BGBl. II 2002, S. 1692). Die bestehenden zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der Schweiz und den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit werden größtenteils durch das Freizügigkeitsabkommen Schweiz ersetzt. Die zwischenstaatlichen Abkommen gelangen nur noch für jene Personen zur Anwendung, die das Freizügigkeitsabkommen Schweiz nicht erfasst. Dies gilt insbesondere für Nichterwerbstätige und für Personen, die weder die Staatsangehörigkeit der Schweiz noch eines EU-Mitgliedsstaates besitzen. Dies gilt auch für das vom SG herangezogene Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 (im Folgenden Abkommen Soziale Sicherheit; BGBl II 1965 S. 1293 f.) in der Fassung des Art. 1 Nr. 13 des Zusatzabkommens vom 9. September 1975 (BGBl II 1976, S. 1371 f.).
Der Kläger war zwar seit einem Unfall im Jahr 2005 nicht mehr erwerbstätig, unterfällt aber als bis dahin Erwerbstätiger und Versicherter dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne der VO (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 574/72 in Verbindung mit dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz.
Art. 12 Abs. 2 der VO (EWG) 1408/71 sieht ausdrücklich vor, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats über das Ruhen von Leistungen für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen der sozialen Sicherheit einem Berechtigten gegenüber auch dann anwendbar sind, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats erworben wurden. Dies steht lediglich unter dem Vorbehalt des Eingreifens anderer Bestimmungen (s. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2008, B 11 AL 32/07 R). Solche Ausnahmebestimmungen sind nicht ersichtlich.
Art. 111 Abs. 2 der VO (EWG) 574/72 berechtigt einen Träger eines Mitgliedsstaates oder der Schweiz, der einem Leistungsempfänger einen höheren Betrag gezahlt hat als den, auf den dieser Anspruch hat, unter den Bedingungen und in den Grenzen, die in den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften vorgesehen sind, vom Träger jedes anderen Mitgliedstaates oder der Schweiz, der gegenüber dem Leistungsempfänger zu Leistungen verpflichtet ist, zu verlangen, den zuviel gezahlten Betrag von den Beträgen einzubehalten, die er dem Leistungsempfänger zahlt. Der letztgenannte Träger behält den entsprechenden Betrag unter den Bedingungen und in den Grenzen ein, die nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften für einen solchen Ausgleich vorgesehen sind, als ob es sich um von ihm selbst gezahlte Beträge handeln würde; er überweist den einbehaltenen Betrag dem forderungsberechtigten Träger. Danach war die DRV Bund berechtigt, die Nachzahlung einzubehalten und auf das Verrechnungsersuchen der Beklagten an diese auszuzahlen. Der schweizerische Versicherungsträger hat die Nachzahlung laut der rentengewährenden Verfügung vom 3. Oktober 2011 ausdrücklich an die DRV Bund zur direkten Abrechnung mit dem Kläger überwiesen auch im Hinblick auf etwaige Verrechnungen wegen gegebenenfalls zuviel bezahlter Pensionsleistungen.
Auch bei Anwendung des Abkommen Soziale Sicherheit auf den vorliegenden Fall gelangt man im Gegensatz zu den Ausführungen des Klägers zu keinem anderen Ergebnis. Zu Recht hat das SG dazu ausgeführt, dass eine Leistungen auch dann "zu Unrecht" im Sinne des Art. 38 des Abkommen Soziale Sicherheit erbracht ist, wenn zwar die Bewilligung weiterhin Bestand hat, aber zur Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen die aufgrund der Bewilligung erbrachten Leistungen nach § 125 Abs. 3 SGB III in direkter oder entsprechender Anwendung insoweit zu erstatten sind als eine andere Leistung zuerkannt wurde. Denn auch in dieser Situation stehen dem Berechtigten nicht beide Leistungen parallel zu, so dass ohne Erstattung eine nicht mit dem Gesetz in Einklang stehende Situation verbliebe, mithin die Leistungen in diesem Sinne "zu Unrecht" beim Kläger verblieben.
Selbst wenn der Einbehalt der Nachzahlung aus der schweizerischen Invalidenrente und deren Abrechnung über die DRV Bund nicht rechtmäßig erfolgt wären, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung des Nachzahlungsbetrags gegen die Beklagte. Denn die für das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten geltende Regelung des § 142 Abs. 3 SGB III bestimmt eindeutig, dass für den Anspruch auf die schweizerische Invalidenrente § 142 Abs. 2 SGB III und über diesen § 125 Abs. 3 SGB IIII entsprechend gilt. § 125 Abs. 3 SGB III sieht aber, um einen Doppelbezug von Leistungen in jedem Fall zu vermeiden, nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den anderen Leistungsträger, sondern in Satz 2 auch einen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosen selbst vor. D.h., selbst wenn der Kläger dann noch einen offenen Anspruch auf die schweizerische Rente hätte, da ohne einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X auch keine Erfüllungsfiktion hinsichtlich seines Anspruchs auf die schweizerische Invalidenrente nach § 107 SGB X eingetreten wäre, würde jedenfalls kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Auszahlung des vereinnahmten Betrages aus der Nachzahlung bestehen. Denn der Kläger hätte von der Beklagten bereits alle Leistungen, die ihm von ihr bewilligt wurden, in voller Höhe ausgezahlt erhalten. Im Gegenteil würde sich der Kläger einem Erstattungsanspruch der Beklagten entsprechend § 125 Abs. 3 Satz 2 SGB III ausgesetzt sehen. Diese Regelung greift nämlich dann über § 142 Abs. 2 und 3 SGB III entsprechend ein, wenn keine Erstattung durch den Rentenversicherungsträger erfolgt. Daher stünde dem Begehren des Klägers im Übrigen auch der Grundsatz entgegen, dass er nicht von der Beklagten fordern kann, was er umgehend selbst an sie zu erstatten hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/4 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 und die Zahlung von 7.421,68 Euro, die die Beklagte sich aus der Nachzahlung der schweizerischen Invalidenrente des Klägers hat erstatten lassen.
Der 1944 geborene Kläger bezog aufgrund Bewilligung vom 29. August 2006 von der Beklagten ab 21. August 2006 Arbeitslosengeld mit einem Leistungsbetrag von täglich 52,87 Euro, dazu wurden Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung übernommen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) dem Kläger für die Zeit ab 1. Juni 2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Beginn der laufenden Rente war der 1. Dezember 2007. Eine Nachzahlung von 2.846,87 Euro wurde im Hinblick auf eine vorher erfolgte vorsorgliche Anmeldung von Erstattungsansprüchen durch die Beklagte zunächst von der DRV Bund einbehalten. Die Beklagte hob mit Bescheiden vom 5. und 26. November 2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. Dezember 2007 und für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 auf. Wegen der Überzahlung erhielt sie eine Erstattung aus der Rentennachzahlung der DRV Bund.
Mit Verfügung vom 3. Oktober 2007 bewilligte der schweizerische Versicherungsträger dem Kläger eine Ordentliche Invalidenrente (ganze Rente) bei einem Invaliditätsgrad von 85 v.H. mit Wirkung ab 1. Februar 2006 in Höhe von monatlich 865 Schweizer Franken (SFR), umgerechnet 507,11 Euro, im Jahr 2006 und monatlich 880 SFR, umgerechnet 521,33 Euro, im Jahr 2007. Beginn der laufenden Zahlung war der 1. November 2007, eine Nachzahlung für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 18.216 SFR, umgerechnet 10.791,47 Euro, wurde ausweislich der Verfügung vom 3. Oktober 2007 vom schweizerischen Versicherungsträger, um gegebenenfalls zuviel bezahlte Pensionsleistungen verrechnen zu können, an die DRV Bund überwiesen zur direkten Abrechnung der DRV Bund mit dem Kläger. Die DRV Bund informierte die Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2007 über die Bewilligung der schweizerischen Rente.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 hob die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 ganz auf. Dem Kläger sei bis 31. Oktober 2007 Arbeitslosengeld gezahlt worden, er habe jedoch einen Anspruch auf Altersrente von der DRV Bund ab 21. August 2006. Daher erfolge eine Aufhebung für diesen Zeitraum gemäß § 48 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Es sei eine Überzahlung von 7.421,68 Euro eingetreten. Deswegen habe die Beklagte den anderen Leistungsträger zur Erstattung aufgefordert und zur Verrechnung ermächtigt. Der Kläger müsse den Erstattungsbetrag nur zurückzahlen, wenn und soweit ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Leistungsträger nicht bestehe oder nicht erfüllt werde und dieser dem Verrechnungsersuchen nicht nachkomme.
Gegenüber der DRV Bund bezifferte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 ihren Erstattungsanspruch auf 7.421,68 Euro. Die DRV Bund kam dem Erstattungsbegehren in vollem Umfang nach.
Gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2007 legte der Kläger Widerspruch ein.
Auf Nachfrage des Klägers teilte die Beklagte mit Schreiben vom 3. März 2008 mit, die Erstattungsansprüche betreffend die schweizerische Nachzahlung seien von der DRV Bund ausgeglichen worden, gegen den Kläger werde kein Erstattungsanspruch geltend gemacht. Sollten sich noch Änderungen der Renten ergeben, müsste eine Erstattung erneut geprüft werden. Auch dann würde nur ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger geltend gemacht, soweit ein Erstattungsanspruch vom Rententräger nicht erfüllt würde.
Zur Begründung des Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe keinen Anspruch auf Altersrente der DRV Bund ab 21. August 2006. Ihm sei ein Grad der Invalidität von 85 v. H. bescheinigt und eine Invalidenrente der Eidgenössischen Invalidenversicherung ab dem 1. Februar 2006 bewilligt worden. Bei dieser Rente handle es sich um eine Altersrente. Selbst wenn man sie entsprechend § 142 Abs. 3 SGB III als volle Erwerbsminderungsrente ansehen wolle, käme eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nicht in Betracht. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vielmehr erst ab Beginn der laufenden Zahlungen. Dies sei vorliegend erst der 1. November 2007. Tatsächlich sei diese Rente aber allenfalls mit einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vergleichbar. Diese führe überhaupt nicht zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Außerdem seien §§ 103, 104 SGB X nicht auf die Leistungen schweizerischer Rentenversicherungsträger anwendbar, sondern ausdrücklich nur im Hinblick auf Leistungen deutscher Sozialversicherungsträger.
Mit Schreiben vom 10. März 2008 teilte die Beklagte mit, weder über die Beantragung noch über die Zuerkennung der Invalidenrente habe der Kläger sie informiert und sei insoweit seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen. Bei einer Rente wegen einer Invalidität von 85v. H. handle es sich um einen Anspruch auf eine Sozialleistung eines ausländischen Trägers nach § 142 Abs. 3 SGB III, der mit dem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der deutschen Rentenversicherung vergleichbar sei und deshalb zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 142 Abs. 2 Nr. 2 SGB III führe. Nach § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III greife rückwirkend die Vorschrift des § 125 SGB III. Die Berechtigung zur Feststellung der Erstattungspflicht ergebe sich aus § 125 Abs. 3 SGB III, ohne dass es einer Aufhebung der Bewilligungsentscheidung bedürfe. Hierzu erhalte der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Invalidenrente bei einem Grad von 85 v. H. sei mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung vergleichbar. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe daher ab 1. November 2007 nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sowie Abs. 3 SGB III. Ihr stehe entsprechend § 142 Abs. 3 i.V.m. § 125 Abs. 3 SGB III ein Erstattungsanspruch für die Zeit ab 21. August 2006 zu. Das für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 gezahlte Arbeitslosengeld sei insoweit zu erstatten, als der Kläger für diese Zeit Anspruch auf schweizerische Invalidenrente habe. Der Erstattungsanspruch richte sich gegen den Rententräger, hier die DRV Bund als Verbindungsstelle des Trägers der Eidgenössischen Invalidenversicherung. Einer Aufhebung der Bewilligungsentscheidung gegenüber dem Kläger bedürfe es nicht. Die Vorschrift des § 125 Abs. 3 SGB III stelle eine Spezialvorschrift dar, die den Regelungen der §§ 44 ff SGB X vorgehe. Der Anspruch auf Erstattung nach § 125 Abs. 3 SGB III sei anders als in den Fällen des § 50 SGB X nicht von der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abhängig.
Hiergegen hat der Kläger am 8. Mai 2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Die Leistung sei schon zu Unrecht vom schweizerischen Versicherungsträger an den deutschen Rentenversicherungsträger weitergeleitet worden, dieses Unrecht werde durch die Erstattung an die Beklagte noch vertieft. Er habe auch Interesse an der formellen Klarstellung, dass die Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht rückwirkend aufgehoben werden konnte.
Nach Mitteilung einer Neuberechnung der Altersrente durch die DRV Bund machte die Beklagte im Juni 2008 eine weitere Erstattungsforderung gegenüber der DRV Bund für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 geltend. Mit Bescheid vom 27. Juni 2008 hob die Beklagte gegenüber dem Kläger die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 zusätzlich zu den bereits erfolgten Aufhebungen (erneut) auf.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. April 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Anspruch der Beklagten auf die Rentennachzahlung aus der Eidgenössischen Invalidenversicherung ergebe sich aus § 103 SGB X. Diese Vorschrift gelte zwar nicht unmittelbar, soweit es um Renten gehe, die von einem ausländischen Rentenversicherungsträger geleistet werden. Der deutsche Sozialleistungsträger könne auf eine ausländische Rente zugunsten eines Dritten nur dann zugreifen, wenn der ausländische Staat hiermit ausdrücklich einverstanden sei und spezielle Normen des Völkerrechts - zwischenstaatliches Recht/übernationales Recht - dies gestatteten. Eine solche Regelung finde sich aber in dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 in der Fassung des Ersten und Zweiten Zusatzabkommens. Art. 38 Abs. 2 des Abkommens bestimme: "Hat der Träger einer Vertragspartei Geldleistungen zu Unrecht erbracht, so kann der zu Unrecht gezahlte Betrag von einer entsprechenden Leistung, auf die nach den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei Anspruch besteht, zugunsten dieses Trägers einbehalten werden, soweit die Rechtsvorschriften der zweiten Vertragspartei die Einbehaltung zulassen". Rechtsvorschriften, die eine Einbehaltung einer Rentennachzahlung zugunsten berechtigter Dritter durch den Schweizerischen Versicherungsträger ausschließen würden, seien nicht ersichtlich. Auch das weitere Erfordernis, nämlich dass die Leistung (hier das Arbeitslosengeld) zu Unrecht gezahlt worden sei, sei hier erfüllt. Der Verweis auf § 125 Abs. 3 SGB III in § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III mache deutlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers verhindert werden solle, dass der Arbeitslose durch eine Zahlung beider Leistungsträger zu Unrecht begünstigt werde. Insofern sei von einer "zu Unrecht" gezahlten Geldleistung im Sinne des Art. 38 Abs. 2 des Abkommens zu sprechen. Die Invalidenrente entspreche auch nicht nur einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Zuerkennung einer ganzen Rente nach einem Grad der Invalidität von 85 v. H. lasse auf ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und damit eine fehlende Verfügbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz schließen. Auf die Höhe der ausländischen Rente komme es nicht an, wenn von deren gleichartiger Struktur und Funktion typisierend auf ein solches Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geschlossen werden könne.
Der Klage könne auch nicht hinsichtlich der mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 zu Unrecht erfolgten Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 21. August 2006 stattgegeben werden. Die Bewilligung sei, wie dargelegt, zu Recht erfolgt. Aber die Beklagte habe diesen Fehler im Widerspruchsbescheid korrigiert.
Gegen den am 27. April 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 26. Mai 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, der Erstattungsanspruch nach § 125 Abs. 3 SGB III finde nur auf Leistungen deutscher Sozialversicherungsträger Anwendung. Auch aus Art. 38 Abs. 2 des vom SG herangezogenen Abkommens ergebe sich nichts anderes. Denn diese Vorschrift setze voraus, dass eine Leistung zu Unrecht erbracht worden sei. Das Arbeitslosengeld sei aber für den Erstattungszeitraum nicht zu Unrecht erbracht worden, da der Anspruch auf Arbeitslosengeld erst ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ruhe. Auch der Verweis in § 142 Abs. 2 SGB III auf § 125 Abs. 3 SGB III ändere daran nichts. Nur durch die rechtswidrige rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld habe die Beklagte sich in die Lage versetzt, die Eidgenössische Invalidenversicherung zu veranlassen, die Leistung in Höhe von 7.421,68 Euro zu Gunsten der Beklagten einzubehalten. Denke man die rechtswidrige Aufhebung weg, bleibe es bei einer zu Recht erbrachten Leistung und die Invalidenrente hätte nicht aufgrund von Art. 38 Abs. 2 des genannten Abkommens einbehalten werden dürfen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 19. April 2011 und des Bescheids der Beklagten vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 zu verurteilen, einen Betrag von 7.421,68 Euro an ihn auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt sie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG Bezug.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig. Sie ist teilweise begründet, insoweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vor dem 1. November 2007 wendet. Dem Kläger steht aber auch bei Aufhebung dieser Verfügung kein Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung des einbehaltenen Betrages aus der schweizerischen Rentennachzahlung zu. Insoweit hat die Berufung keinen Erfolg.
1. Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld durch Bescheid vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit sich in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach Satz 2 der Regelung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB II für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vor, ist dieser nach § 330 Abs. 3 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. In den Verhältnissen, die der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 zugrundelagen, ist durch die rückwirkende Bewilligung der schweizerischen Invalidenrente keine wesentliche Änderung eingetreten. Zwar wurde dem Kläger rückwirkend für die Zeit ab 1. Februar 2006 die Invalidenrente zuerkannt, dies hat aber für die hier streitgegenständliche Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Oktober 2007 keine Auswirkungen auf den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers. Für die Zeit ab 1. Juni 2007 wurde die Bewilligung von Arbeitslosengeld bereits durch den bestandskräftigen Bescheid vom 5. November 2007 aufgehoben, insoweit geht die (nochmalige) Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Oktober 2007 ins Leere. Für die Zeit vom 21. August 2006 bis 31. Mai 2007 ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld nicht rechtswidrig geworden, so dass es an einem Aufhebungsgrund fehlt.
Insbesondere hat der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit nicht gemäß § 142 SGB III geruht.
Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist. Dies gilt nach § 142 Abs. 3 SGB III ebenso für vergleichbare Ansprüche auf andere Sozialleistungen, die ein ausländischer Träger zuerkannt hat. Dem Kläger wurde mit Verfügung vom 3. Oktober 2007 vom schweizerischen Versicherungsträger eine volle Rente wegen einem Grad der Invalidität von 85 v. H. zuerkannt. Hierbei handelt es sich um eine der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Rente. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist im Wege der rechtsvergleichenden Qualifizierung zu ermitteln, ob es sich bei der ausländischen Leistung um eine Sozialleistung öffentlich-rechtlicher Art handelt und von Ähnlichkeit bzw. Vergleichbarkeit der ausländischen und der inländischen Sozialleistung auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2008 - B 11 AL 32/07 R - SozR 4-4300 § 142 Nr. 4). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt dem gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (vgl. BSG a.a.O; BSG, Urteil vom 29. Oktober 1997 - 7 Rar 10/97 - SozR 3-4100 § 142 Nr. 2 S. 11). Die schweizerische Invalidenrente als "ganze Rente" ist in diesem Sinne eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung und in Struktur und Funktion mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung vergleichbar (so bei einem Grad der Invaliditäts von 100 v. H. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Juli 2000 - L 13 AL 4301/99 - Juris). Die deutsche Rente wegen voller Erwerbsminderung ist grundsätzlich durch ein unter dreistündiges Restleistungsvermögen gekennzeichnet, mithin ist von einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auszugehen. Die Berechnung erfolgt anhand der Versicherungszeiten und -beiträge. Die schweizerische Invalidenrente wird gewährt, wenn versicherte Personen wegen eines Gesundheitsschadens voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit ganz oder teilweise erwerbsunfähig sind und wenn eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben nicht oder nur beschränkt möglich oder von vorn herein aussichtslos ist. Die Berechnung der schweizerischen Rente orientiert sich am versicherten Einkommen einschließlich der Erziehungs- und Betreuungsgutschriften und ist an der Beitragsdauer ausgerichtet. Der Invaliditätsgrad wird ermittelt, indem die ohne und die mit der Behinderung erzielbaren Erwerbseinkommen einander gegenüber gestellt werden. Während ein Invaliditätsgrad ab 40 v. H. den Anspruch auf eine "Viertelrente" (nur bei Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz), ein solcher ab 50 v. H. auf eine "halbe Rente" und ein Invaliditätsgrad ab 60 v. H. eine "Dreiviertelsrente" begründet, steht bei einem solchen ab 70 v. H. - wie beim Kläger - bereits die "ganze Rente", also die höchste nach dem anzustellenden Einkommensvergleich erzielbare Entgeltersatzleistung zu (Begründung der Verfügung vom 3. Oktober 2007, Bl. 38/39 der Akte). Jedenfalls eine ganze Rente, zumal bei einem Grad der Invalidität von 85 v. H. wie beim Kläger, lässt auf ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und damit auf eine fehlende Verfügbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz schließen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg a.a.O.).
Aber nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III tritt ein Ruhen bei der Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung - ebenso nach § 142 Abs. 3 SGB III bei einem vergleichbaren Anspruch auf eine andere Sozialleistung, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat, wie vorliegend - nicht ab Rentenbeginn, sondern erst vom Beginn der laufenden Zahlung an ein. Damit hat die Zuerkennung der schweizerischen Invalidenrente für die Zeit vor dem Beginn der laufenden Zahlungen, der im November 2007 lag, nicht zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs geführt.
Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ist auch nicht aus sonstigen Gründen rechtswidrig geworden. Solche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Mangels wesentlicher Änderung in den Verhältnissen, die der Bewilligung von Arbeitslosengeld zugrundelagen, ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung rechtswidrig. Sie verletzt den Kläger auch in seinen Rechten. Zwar hat die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheids eingeräumt, dass es einer Aufhebung nicht bedurft habe. Außerdem hat sie mit Schreiben vom 3. März 2008 zugesichert, soweit sich keine Änderungen der Rente ergeben, aufgrund der bereits erfolgten Erstattung aus der schweizerischen Nachzahlung keinen Erstattungsanspruch gegen den Kläger geltend zu machen. Sie hat aber die als rechtswidrig erkannte Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung nicht beseitigt. Insoweit ist auch entgegen den Ausführungen des SG keine Korrektur im Widerspruchsbescheid erfolgt. Die Beklagte hat nur formlos eingeräumt, dass es der erfolgten Aufhebung nicht bedurft hätte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte die Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung in einer solchen Situation anerkennen wollte. In einer vergleichbaren Situation danach hat sie anlässlich der Neuberechnung der deutschen Altersrente nochmals eine Aufhebung für die Zeit ab 1. Juni 2007 durch Bescheid vom 27. Juni 2008 verfügt.
2. Der Kläger hat - auch wenn die Arbeitslosengeldbewilligung wie oben dargestellt nicht aufgehoben werden kann - keinen Anspruch auf Auszahlung des aus der Nachzahlung seiner schweizerischen Invalidenrente stammenden Betrages von 7.421,68 Euro gegen die Beklagte.
Nach § 142 Abs. 3 SGB III gilt aufgrund der - bereits oben dargestellten - Vergleichbarkeit der zuerkannten schweizerischen Invalidenrente mit der deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung auch § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB III im vorliegenden Fall entsprechend. Über diesen gilt § 125 Abs. 3 SGB III entsprechend. Dieser regelt wiederum in Satz 1 einen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit gegen den Rentenversicherungsträger entsprechend § 103 SGB X und für den Fall, dass eine Erstattung durch den Rentenversicherungsträger nicht erfolgt, einen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit unmittelbar gegen den Arbeitslosen. Dies bedeutet, dass der Beklagten aufgrund der Zuerkennung der schweizerischen Invalidenversicherung ein Erstattungsanspruch gegen den schweizerischen Rentenversicherungsträger entsprechend § 125 Abs. 3 Satz 1 SGB III zusteht. Ziel des Erstattungsanspruchs nach § 125 Abs. 3 Satz 1 SGB III i.V.m. § 103 SGB X ist, dass die vorschussweise tätig gewordene Agentur für Arbeit die verauslagten Leistungen vom Rentenversicherungsträger zurückerhält. Eine Erstattung kann nur für Zeiträume geltend gemacht werden, für die beide Leistungen gleichzeitig zuerkannt sind. Der Erstattungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Rentenversicherungsträger. Wenn allerdings eine Erstattung gegen den Rentenversicherungsträger nicht geltend gemacht werden kann, sieht die Regelung in Satz 2 auch einen Erstattungsanspruch direkt gegen den Arbeitslosen vor. Diese Regelung soll verhindern, dass der Arbeitslose durch ein Zahlung beider Leistungsträger zu Unrecht begünstigt wird. Ziel ist es zu vermeiden, dass ein Arbeitsloser zwei einander grundsätzlich ausschließende Leistungen aus öffentlichen Kassen erhält (BT-Dr. 13/494 S. 177; Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl. 2010, § 125 Rn. 19f). Das Arbeitslosengeld soll dem Arbeitslosen nicht für die Zeit ab Rentenbeginn verbleiben, um eine Doppelversorgung auszuschließen.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers gilt über die Entsprechensregelung in § 142 Abs. 3 SGB III auch § 125 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 103 SGB X entsprechend im Verhältnis zu einem ausländischen Versicherungsträger. Dem stehen weder Regelungen des schweizerischen Rechts noch des internationalen Rechts entgegen.
Vielmehr regelt das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (im Folgenden Freizügigkeitsabkommen Schweiz; BGBl. II 2001, S. 811 ff.), dass die Schweiz im Hinblick auf die VO (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 574/72 behandelt wird, als wäre sie Mitgliedstaat. Am 1. Juni 2002 ist das Gesetz vom 2. September 2001 zu dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz in Kraft getreten (BGBl. II 2002, S. 1692). Die bestehenden zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der Schweiz und den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit werden größtenteils durch das Freizügigkeitsabkommen Schweiz ersetzt. Die zwischenstaatlichen Abkommen gelangen nur noch für jene Personen zur Anwendung, die das Freizügigkeitsabkommen Schweiz nicht erfasst. Dies gilt insbesondere für Nichterwerbstätige und für Personen, die weder die Staatsangehörigkeit der Schweiz noch eines EU-Mitgliedsstaates besitzen. Dies gilt auch für das vom SG herangezogene Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 (im Folgenden Abkommen Soziale Sicherheit; BGBl II 1965 S. 1293 f.) in der Fassung des Art. 1 Nr. 13 des Zusatzabkommens vom 9. September 1975 (BGBl II 1976, S. 1371 f.).
Der Kläger war zwar seit einem Unfall im Jahr 2005 nicht mehr erwerbstätig, unterfällt aber als bis dahin Erwerbstätiger und Versicherter dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne der VO (EWG) 1408/71 und VO (EWG) 574/72 in Verbindung mit dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz.
Art. 12 Abs. 2 der VO (EWG) 1408/71 sieht ausdrücklich vor, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats über das Ruhen von Leistungen für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen der sozialen Sicherheit einem Berechtigten gegenüber auch dann anwendbar sind, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats erworben wurden. Dies steht lediglich unter dem Vorbehalt des Eingreifens anderer Bestimmungen (s. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2008, B 11 AL 32/07 R). Solche Ausnahmebestimmungen sind nicht ersichtlich.
Art. 111 Abs. 2 der VO (EWG) 574/72 berechtigt einen Träger eines Mitgliedsstaates oder der Schweiz, der einem Leistungsempfänger einen höheren Betrag gezahlt hat als den, auf den dieser Anspruch hat, unter den Bedingungen und in den Grenzen, die in den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften vorgesehen sind, vom Träger jedes anderen Mitgliedstaates oder der Schweiz, der gegenüber dem Leistungsempfänger zu Leistungen verpflichtet ist, zu verlangen, den zuviel gezahlten Betrag von den Beträgen einzubehalten, die er dem Leistungsempfänger zahlt. Der letztgenannte Träger behält den entsprechenden Betrag unter den Bedingungen und in den Grenzen ein, die nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften für einen solchen Ausgleich vorgesehen sind, als ob es sich um von ihm selbst gezahlte Beträge handeln würde; er überweist den einbehaltenen Betrag dem forderungsberechtigten Träger. Danach war die DRV Bund berechtigt, die Nachzahlung einzubehalten und auf das Verrechnungsersuchen der Beklagten an diese auszuzahlen. Der schweizerische Versicherungsträger hat die Nachzahlung laut der rentengewährenden Verfügung vom 3. Oktober 2011 ausdrücklich an die DRV Bund zur direkten Abrechnung mit dem Kläger überwiesen auch im Hinblick auf etwaige Verrechnungen wegen gegebenenfalls zuviel bezahlter Pensionsleistungen.
Auch bei Anwendung des Abkommen Soziale Sicherheit auf den vorliegenden Fall gelangt man im Gegensatz zu den Ausführungen des Klägers zu keinem anderen Ergebnis. Zu Recht hat das SG dazu ausgeführt, dass eine Leistungen auch dann "zu Unrecht" im Sinne des Art. 38 des Abkommen Soziale Sicherheit erbracht ist, wenn zwar die Bewilligung weiterhin Bestand hat, aber zur Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen die aufgrund der Bewilligung erbrachten Leistungen nach § 125 Abs. 3 SGB III in direkter oder entsprechender Anwendung insoweit zu erstatten sind als eine andere Leistung zuerkannt wurde. Denn auch in dieser Situation stehen dem Berechtigten nicht beide Leistungen parallel zu, so dass ohne Erstattung eine nicht mit dem Gesetz in Einklang stehende Situation verbliebe, mithin die Leistungen in diesem Sinne "zu Unrecht" beim Kläger verblieben.
Selbst wenn der Einbehalt der Nachzahlung aus der schweizerischen Invalidenrente und deren Abrechnung über die DRV Bund nicht rechtmäßig erfolgt wären, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung des Nachzahlungsbetrags gegen die Beklagte. Denn die für das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten geltende Regelung des § 142 Abs. 3 SGB III bestimmt eindeutig, dass für den Anspruch auf die schweizerische Invalidenrente § 142 Abs. 2 SGB III und über diesen § 125 Abs. 3 SGB IIII entsprechend gilt. § 125 Abs. 3 SGB III sieht aber, um einen Doppelbezug von Leistungen in jedem Fall zu vermeiden, nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den anderen Leistungsträger, sondern in Satz 2 auch einen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosen selbst vor. D.h., selbst wenn der Kläger dann noch einen offenen Anspruch auf die schweizerische Rente hätte, da ohne einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X auch keine Erfüllungsfiktion hinsichtlich seines Anspruchs auf die schweizerische Invalidenrente nach § 107 SGB X eingetreten wäre, würde jedenfalls kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Auszahlung des vereinnahmten Betrages aus der Nachzahlung bestehen. Denn der Kläger hätte von der Beklagten bereits alle Leistungen, die ihm von ihr bewilligt wurden, in voller Höhe ausgezahlt erhalten. Im Gegenteil würde sich der Kläger einem Erstattungsanspruch der Beklagten entsprechend § 125 Abs. 3 Satz 2 SGB III ausgesetzt sehen. Diese Regelung greift nämlich dann über § 142 Abs. 2 und 3 SGB III entsprechend ein, wenn keine Erstattung durch den Rentenversicherungsträger erfolgt. Daher stünde dem Begehren des Klägers im Übrigen auch der Grundsatz entgegen, dass er nicht von der Beklagten fordern kann, was er umgehend selbst an sie zu erstatten hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved