L 1 U 5688/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 U 5828/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5688/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Anerkennung des Risses der Rotatorenmanschette als Folge des Arbeitsunfalls vom 22. März 2006 sowie die Gewährung von Leistungen über den 7. April 2006 hinaus.

Der Kläger, 1973 geboren, ist als Kfz-Mechaniker tätig. Am 22. März 2006 löste sich aus einem Kfz ein Getriebe (ca. 80 kg Gewicht), als der Kläger das Fahrzeug auf einer Hebebühne reparierte. Dieses fing er auf - die Arme waren im Schultergelenk nicht über die Horizontale gehoben, die Hände befanden sich in Kopfhöhe - und verspürte dabei Schmerzen in der linken Schulter. Arbeitskollegen waren dem Kläger in allerkürzester Zeit zur Hilfe gekommen und gemeinsam wurde das Getriebe abgesenkt. Arbeitsunfähig war der Kläger vom 4. bis zum 7. April 2006.

Der am 23. März 2006 aufgesuchte Durchgangsarzt Dr. A. stellte einen Druckschmerz ventral, bei Rotation ein deutliches Knacken und Reiben im Schulterdachbereich ohne weitere Ausfälle fest, das AC-Gelenk beschrieb er als frei. Er behandelte den Kläger zu Lasten der Krankenkasse. Bei der Sonographie wurde die Rotatorenmanschette links als intakt beschrieben.

Unter dem 1. September 2008 wandte sich der Kläger an die Beklagte und teilte mit, dass aus seiner Sicht am 22. März 2006 ein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Die Behandlung zu Lasten der Krankenkasse sei unrichtig gewesen. Auch habe der Durchgangsarzt einen unzutreffenden Geschehensablauf mitgeteilt. Er legte Auszüge aus einem Gutachten für die private Unfallversicherung vom 19. Mai 2008 (Dr. P.) bei, in dem dieser von einem für die Entstehung eines Rotatorenmanschettenrisses geeigneten Unfallereignis sowie davon ausging, dass ein am 2. Mai 2007 stattgefundenes Ereignis keinen geeigneten Mechanismus darstelle.

Die Beklagte nahm Ermittlungen auf und zog u.a. das Gutachten des Dr. P. vom 19. Mai 2008 für die private Versicherung ("durch Ereignis vom 22. März 2006 mit großer Wahrscheinlichkeit ein Sehnenschaden an der Rotatorenmanschette nach besonderer Kraftanstrengung - Auffangen eines Gewichts von ca. 80 kg - verursacht"), die Durchgangsarztberichte vom 23. März 2006 und 4. Mai 2007 sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei und befragte den Kläger u.a. nach Zeugen des Geschehens (Antwortschreiben des Klägers vom 9. Oktober 2008).

Der ehemalige Arbeitgeber teilte unter dem 28. Oktober 2008 mit, dass keine Meldung über einen Arbeitsunfall vorliege und auch keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit deshalb. Beigezogen wurde weiter der Bericht über die am 15. August 2007 durchgeführte arthroskopische Rotatorenmanschettenrekonstruktion (Diagnosen: gelenkseitige, pulleynahe Partialläsion der Supraspinatussehne [Bateman III], subligamentärer Engpass linkes Schultergelenk) und über die am 18. Juli 2008 durchgeführte diagnostische Schulterarthroskopie (Diagnose: Bursitis subacromialis und subacromiale Adhäsionen; Chondropathie Grad I glenoidal und humeral, umschriebene Chondropathie Grad II im Bereich des cranialen humeralen Knorpels, Adhäsionen subacromial, Zustand nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht am 15. August 2007). Beigezogen wurden weiter die Berichte über die am 16. Mai 2007 (Beurteilung: anatomisch enges Supraspinatus-outlet bei leichtgradigem Humeruskopfhochstand, allenfalls initiale Zeichen einer Supraspinatus-Tendinose, keine Teilruptur, die Inhomogenität des anterioren Labrum glenoidale kann Ausdruck einer stattgehabten traumatischen Läsion sein, derzeit keine Ablösung oder Defektbildung) und 6. Juli 2008 durchgeführten Kernspintomographien der linken Schulter.

Der Beratungsarzt Dr. S. führte in seiner Stellungnahme vom 24. März 2009 unter Auswertung der vorgelegten Unterlagen aus, dass unter Berücksichtigung des Operationsberichts vom 15. August 2007 von einem degenerativen Prozess mit teilweisem Kontinuitätsverlust der Sehnenstruktur auszugehen sei und des Weiteren davon, dass dieser Bericht Dr. P. bei seiner Beurteilung wohl nicht vorgelegen habe.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2009 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 22. März 2006 als Arbeitsunfall an und als dessen Folge eine Zerrung der linken Schulter. Keine Folgen des Arbeitsunfalls seien verschleißbedingte Veränderungen der Rotatorenmanschette links. Zugleich lehnte sie die Gewährung von Leistungen über den 7. April 2006 hinaus ab. Die am 16. Mai 2007 und 15. August 2007 durchgeführten Untersuchungen hätten lediglich verschleißbedingte Veränderungen erkennen lassen. Darüber hinaus spreche gegen eine stattgehabte strukturelle Schädigung der Umstand, dass ein sofortiger Funktionsverlust der linken Schulter nicht vorgelegen habe, kernspintomographisch als auch intraoperativ ein ausschließlich verschleißbedingter Schaden beschreiben sei. Beschwerdefreiheit vor dem Geschehen sei kein Kriterium, das für die Annahme einer unfallbedingten Verletzung herangezogen werden könne.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und brachte vor, am 15. August 2007 sei eine arthroskopische Refixierung der Rotatorenmanschette erfolgt. Diese beruhe auf dem Geschehen im März 2006, wie Dr. P.bestätigt habe. Auch seien die Unfallfolgen nicht bis zum 7. April 2006 ausgeheilt, da er fortlaufend Krankengymnastik in Anspruch genommen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Der Vollbeweis einer Rotatorenmanschettenruptur durch das Ereignis vom 22. März 2006 sei nicht erbracht.

Dagegen hat der Kläger am 18. November 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, gestützt auf das Gutachten von Dr. P ... Das SG hat den Facharzt für Orthopädie, Dr. J., mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 8. April 2010 hat er ausgeführt, der Unfallverlauf sei bezüglich der Intensität nicht als eine so abrupte Bewegung des Armes anzusehen, welche ein Überschreiten des physiologischen Dehnungsvermögens der Rotatorenmanschette erwarten lasse. Auch sei beim Kläger nicht der regelhafte Spontanverlauf nach einer unfallbedingten Rotatorenmanschettenruptur aufgetreten, der sich primär in einem Kraft- und Funktionsverlust sowie Schmerzen zeige. Im Moment des Ereignisses habe der Kläger zwar einen scharfen, stechenden Schmerz in der Schulter verspürt, ein Reißgeräusch oder eine sofortige aktive Bewegungsunfähigkeit des Armes seien jedoch nicht festzustellen gewesen. Das MRT des linken Schultergelenks vom 16. Mai 2007 habe keine Hinweise auf eine Ruptur gezeigt. Auch der OP-Bericht vom 15. August 2007 beschreibe deutliche degenerative Veränderungen ohne sicheren Hinweis auf eine unfallbedingte Genese. Daher sei der Gesundheitsschaden in der linken Schulter nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 22. März 2006 zurückzuführen. Der Auffassung von Dr. P. könne er sich nicht anschließen, da dieser einen von der Unfallschilderung des Klägers abweichenden Unfallverlauf seiner Beurteilung zugrunde gelegt und die apparativ erhobenen Befunde nicht ausreichend berücksichtigt habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. November 2010 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf das Gutachten des Dr. J ...

Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers am 23. November 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 8. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Die Unfallursächlichkeit der Ruptur sei zwischen Dr. P.und Dr. J. umstritten, so dass das Gericht weitere Ermittlungen veranlassen möge. Darüber hinaus habe Dr. J. nicht beachtet, dass die Arme beim Abfangen des Getriebes über Kopfhöhe hinaus gehoben gewesen seien und er nach dem Unfall zwei Monate lang Beschwerden und Schmerzen hatte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. November 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 18. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2009 abzuändern und festzustellen, dass die Beeinträchtigung der Rotatorenmanschette Folge des Unfalls vom 22. März 2006 ist und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 7. April 2006 hinaus Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. S., Oberarzt an der H. R. Klinik B., mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 14. September 2011 hat er zusammenfassend ausgeführt, insbesondere Partialrupturen wie die des Klägers seien klassischerweise traumatischer Natur. Auch handle es sich um ein grundsätzlich geeignetes Unfallereignis, da es zu einer exzentrischen Belastung mit einer Überschreitung des Dehnungsvermögens von Anteilen der Rotatorenmanschette und zum Zerreißen der Sehne in der kritischen Zone gekommen sei. Der Kläger habe ihm gegenüber auch geschildert, dass er in der ersten Zeit nach dem Unfall den Arm nicht aktiv über Schulterhöhe habe anheben können, sofort Beschwerden und im weiteren Verlauf ein Kraftverlust eingetreten seien. Auch seien Nachtschmerzen und Bewegungseinschränkung sowie Kraftminderung geschildert worden. Die Sonographie vom 23. März 2006 spreche nicht gegen diese Beurteilung, da eine Partialruptur sonographisch nicht sicher auszuschließen sei. Der Operationsbericht vom 15. August 2007 belege hingegen eine Partialruptur. Die Unfallschädigung des linken Armes schätze er daher mit 1/10 des linken Armes ein und stimme der Beurteilung durch Dr. P.zu.

Die Beklagte hat Einwendungen gegen das Gutachten erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die geltend gemachten Ansprüche, insbesondere die Anerkennung der Partialruptur der Rotatorenmanschette als Folge des Arbeitsunfalls vom 22. März 2006 verneint. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Der Kläger hat am 22. März 2006 bei seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker einen Arbeitsunfall erlitten und sich dabei eine Zerrung der linken Schulter zugezogen. Bei ihm bestand zwar jedenfalls im Zeitpunkt der Operation am 15. August 2007 eine Partialruptur der Rotatorenmanschette links. Allerdings ist ein Zusammenhang dieses Gesundheitsschadens mit dem angeschuldigten Unfallereignis nicht hinreichend wahrscheinlich, d.h. es fehlt an der haftungsausfüllenden Kausalität.

Der Senat kann für seine Entscheidung offen lassen, ob es sich bei dem Unfallgeschehen um ein grundsätzlich für die Entstehung einer Partialruptur geeignetes Geschehen handelt, was zwischen Dr. J. und Dr. S. unterschiedlich beurteilt worden ist. Während Dr. J. nach der Unfallskizze und den Schilderungen des Klägers davon ausgegangen war, dass aufgrund der Armhalteposition beim Abrutschen des Getriebes eine Partialruptur der Supraspinatussehne nicht entstehen kann, hat Dr. S. dies - vor dem Hintergrund einer von ihm angenommenen und nach den Schilderungen des Klägers nunmehr leicht, aber für die Kausalitätsbeurteilung ggf. maßgeblichen abweichenden Armhalteposition - bejaht.

Denn auch wenn es sich bei dem Geschehen um ein solches gehandelt hat, das grundsätzlich geeignet ist, eine Partialruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen, fehlt es an einem für eine solche Verletzung typischen Krankheitsverlauf. Darüber hinaus sprechen auch die apparativen Befunde gegen eine Partialruptur, die durch das angeschuldigte Geschehen wesentlich verursacht worden ist.

Der Kläger war nach dem Geschehen lediglich vom 4. bis zum 7. April 2006 arbeitsunfähig erkrankt. Auch wenn er glaubhaft angibt, nach dem Geschehen unter Schmerzempfindungen im Bereich der linken Schulter gelitten zu haben, genügt dies nicht, um einen typischen Krankheitsverlauf annehmen zu können. Wie Dr. J. in Übereinstimmung mit der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, 417 f, 418) zutreffend ausgeführt hat, führt eine Ruptur, auch eine Partialruptur, entweder zu einem vom Betroffenen wahrzunehmenden Reißgeräusch oder zu einer aktiv eingeschränkten Beweglichkeit des Armes. Beides hat der Kläger - jedenfalls bis zur Begutachtung durch Dr. S. - nicht berichtet und kann auch dem Durchgangsarztbericht vom 23. März 2006 nicht entnommen werden. Darin ist lediglich von einem ventralen Druckschmerz, einem deutlichen Knacken bei Rotation ohne Ausfälle und freiem AC-Gelenk bei intakter Rotatorenmanschette die Rede. Hinweise darauf, dass der Kläger nicht mehr in der Lage war, seinen linken Arm aktiv zu bewegen, ergeben sich daraus nicht. Daher sind die Einlassungen des Klägers gegenüber Dr. S., wonach er nach dem Ereignis den rechten Arm zur Hilfe genommen habe, um den verletzten linken Arm nach oben zu führen, nicht glaubhaft und daher auch nicht der Kausalitätsbeurteilung zugrunde zu legen. Der Kläger war auch nach dem Geschehen - mit Ausnahme der kurzen Zeit der Arbeitsunfähigkeit – jedenfalls bis Ende 2006 weiterhin als Kfz-Mechaniker tätig. Als solcher hätte er - nicht zuletzt vor dem Hintergrund regelmäßig anfallender Überkopfarbeiten z.B. unter einer Hebebühne - nicht arbeiten können, wenn er den linken Arm nur mit Hilfe des rechten hätte nach oben führen können. Daran ändert auch die Einlassung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, wonach er hauptsächlich an Motorrädern gearbeitet habe. Denn auch die Arbeit an einem Motorrad setzt eine ausreichende Belastbarkeit und Beweglichkeit des Armes voraus, die nach den vom Kläger beschriebenen Einschränkungen nicht vorgelegen haben dürfte. Dass der Kläger seine Arbeit aus gesundheitlichen Gründen verloren hat, wie der Bevollmächtigte im Termin zur mündlichen Verhandlung ausführte, hat der Kläger nicht bestätigt. Andere Motive des Arbeitgebers zur Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses lassen sich darüber hinaus den in den Akten niedergelegten Ausführungen des Klägers entnehmen.

Darüber hinaus sprechen entscheidend gegen eine wesentliche Verursachung der Partialruptur durch das Geschehen vom 22. März 2006 die Ergebnisse der bis zur Operation am 15. August 2007 durchgeführten apparativen Untersuchungen, vor allem aber der OP-Bericht selbst.

Die am Unfallfolgetag durchgeführte Sonographie ergab keine Hinweise auf eine (Teil-)Ruptur der Rotatorenmanschette. Die am 16. Mai 2007 durchgeführte Kernspintomographie hat eine Teilruptur ebenfalls nicht bestätigt (Beurteilung: anatomisch enges Supraspinatus-outlet bei leichtgradigem Humeruskopfhochstand, allenfalls initiale Zeichen einer Supraspinatus-Tendinose, keine Teilruptur, die Inhomogenität des anterioren Labrum glenoidale kann Ausdruck einer stattgehabten traumatischen Läsion sein, derzeit keine Ablösung oder Defektbildung). Insbesondere der deutliche Ausschluss einer Teilruptur sowie der Hinweis auf eine allenfalls leichte Tendinose, die einem über längere Zeit hinweg anhaltenden entzündlichen Prozess ebenfalls entgegen steht, sind für die Kausalitätsbeurteilung maßgeblich. Vor allem aber sprechen auch die intraoperativen Befunde vom 15. August 2007 mit einer deutlichen Degenerationszone im Bereich des Supraspinatus, welche rupturverdächtige Veränderungen zeige, gegen einen traumatischen und für einen degenerativen Befund, was die Feststellungen der Kernspintomographie vom Mai 2007 bestätigte.

In einer Gesamtschau des Unfallverlaufs, des Unfallfolgeverlaufs sowie der Krankheitsentwicklung ist damit die Verursachung einer traumatischen Rotatorenmanschetten(teil)läsion durch das angeschuldigte Geschehen am 22. März 2006 nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Schaden an der Rotatorenmanschette ist daher nicht als weitere Unfallfolge festzustellen. Da es bereits an einem Unfallfolgeschaden fehlt, der geeignet ist, Behandlungsbedürftigkeit über den von der Beklagten anerkannten Zeitraum hinaus zu begründen, kommen weitere Leistungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht in Betracht. Der Senat hatte sich deshalb auch nicht dazu zu verhalten, ob der gestellte Leistungsantrag zulässig oder auf den Erlass eines - grundsätzlich - unzulässigen Grundurteils (vgl. BSG vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 28 mwN) gerichtet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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