Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4266/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2481/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Schreiben der Beklagten, mit welchem er zur Vervollständigung eines Arbeitslosengeldantrags aufgefordert wurde, gegen eine Einladung der Beklagten zur persönlichen Vorsprache und die in diesem Zusammenhang abgelehnte Erstattung von Fahrtkosten.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Am 20.09.2010 meldete sich der Kläger, nachdem er zuvor eine selbständige Tätigkeit aufgegeben hatte, mit Wirkung zum 18.09.2010 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In dem förmlichen Antragsformular ließ der Kläger zahlreiche Fragen, u.a. die nach der Bereitschaft, alle Maßnahmen zu nutzen, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden, unter Hinweis auf ein fehlendes Merkblatt, unbeantwortet. Mit Schreiben vom 21.09.2010 forderte die Beklagte den Kläger unter Vorlage des vom Kläger bemängelten Merkblattes auf, den Antrag zu ergänzen und zu unterzeichnen. Den hiergegen am 23.09.2010 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger vorbrachte, die von der Beklagten geforderten Angaben seien keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld, diese ergäben sich aus dem SGB III, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2010 als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, ein Widerspruch könne nur gegen Verwaltungsakte erhoben werden. Das Schreiben vom 21.09.2010 sei jedoch kein Verwaltungsakt, da hierdurch weder Rechte des Klägers begründet, entzogen oder festgestellt würden. Eine Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei durch das Schreiben vom 21.09.2010 nicht getroffen worden. Das Schreiben diene lediglich der Vorbereitung einer solchen Entscheidung. Gleichfalls am 23.09.2010 übermittelte der Kläger der Beklagten einen um die fehlenden Angaben ergänzten Arbeitslosengeldantrag.
Nachdem die Beklagte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 20.09.2010 zu einer persönlichen Vorsprache am 04.10.2010 einlud, lud sie ihn mit einem weiteren Schreiben vom 20.09.2010 zu einer persönlichen Vorsprache in ihren Räumlichkeiten am 28.09.2010 (10.00 Uhr) ein, um mit ihm über seine berufliche Situation zu sprechen. Die Einladung für den 04.10.2010 sei gegenstandslos. Mit Bescheid vom 24.09.2010 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers vom 23.09.2010 auf eine Fahrkarte zur Wahrnehmung des Termins bzw. einen Vorschuss hierauf, unter Hinweis auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers ab. Eine Vorsprache des Klägers am 28.09.2010 erfolgte wegen einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht.
Gegen die "neue" Ladung und den Bescheid vom 24.09.2010 erhob der Kläger am 28.09.2010 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2010 zurückwies.
Nachdem der Kläger bereits am 27.09.2010 gegen die Bescheide der Beklagten vom 20. und 24.09.2010 Klage zum SG erhoben hat - S 11 AL 4046/10 -, die mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2011 abgewiesen wurde, hat er am 11.10.2010 erneut Klage zum SG erhoben - S 11 AL 4266/10 -, zu deren Begründung er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen hat, dem nichts hinzuzufügen sei. Am 12.11.2010 hat der Kläger den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Am 16.02.2011 hat der Kläger eine Kopie der Akten beantragt.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nachdem das SG die Beteiligten mit Schreiben vom 03.02.2011, das dem Kläger am 05.02.2011 zugestellt wurde, darauf hingewiesen hat, dass beabsichtigt sei, im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden, hat es die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da dieses offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Es zielte einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Inhaltlich sei die Klage unzulässig. Soweit sich der Kläger gegen das Schreiben der Beklagten vom 21.09.2010 wende, sei die erhobene Anfechtungsklage unstatthaft, da eine solche nur gegen Verwaltungsakte möglich sei. Da das Schreiben der Beklagten jedoch keine Rechte des Klägers begründe, entziehe oder feststelle, sei es nicht als Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu qualifizieren; die Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen. Soweit sich der Kläger gegen die Einladung der Beklagten vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Übernahme der Fahrtkosten hierzu wende, sei die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Der vom Kläger verfolgte Feststellungsantrag sei unzulässig, weil die abstrakte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens nicht möglich sei. Auch habe die Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht zu erstatten, da der Widerspruch des Klägers erfolglos geblieben sei.
Gegen den am 21.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.06.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe unzulässigerweise selbst über seinen Befangenheitsantrag entschieden, er sei zur beabsichtigten Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides nicht angehört worden und ihm seien keine Kopien der Akten übersandt worden. Inhaltlich verbleibe es bei seiner Klage. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2011 sowie das Schreiben der Beklagten vom 21. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Oktober 2010, die Bescheide der Beklagten vom 20. September 2010 und vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2010 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten und festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits (zuletzt) beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet davon, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler nicht vorliegen - weder die Nichtübersendung von Kopien der Akten, die Selbstentscheidung des SG über den Befangenheitsantrag des Klägers noch die Entscheidung, über das Verfahren im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden, wozu der Kläger, entgegen seinem Vorbringen, auch ordnungsgemäß angehört wurde, unterliegen, wie der Senat gegenüber dem Kläger bereits vielfach entschieden hat, rechtlichen Bedenken - würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 159, Rn. 5 ff). Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage war bereits unzulässig.
Soweit sich der Kläger gegen die Einladung der Beklagten vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Übernahme von Fahrtkosten hierfür (Bescheid vom 24.09.2010) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2010 wendet hat das SG die Klage zu Recht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abgewiesen. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) kann während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Hintergrund dessen ist der Rechtsgrundsatz, dass über einen Streitgegenstand zwischen denselben Beteiligten nur eine gerichtliche Entscheidung ergehen darf. Als der vorliegende Rechtsstreit beim SG am 11.10.2010 anhängig und damit gemäß § 94 Abs. 1 SGG rechtshängig geworden sei, ist die Sache bereits rechtshängig gewesen, da der Kläger bereits zuvor, am 27.09.2010 Klage, mit der er u.a. Rechtsschutz gegen die Ladung vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Fahrtkostenübernahme geltend gemacht hatte, erhoben hat. Die Klage - S 11 AL 4266/10 - war mithin insoweit bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 94, Rn. 7).
Die Aufforderung der Beklagten vom 21.09.2010, die Angaben im förmlichen Arbeitslosengeldantrag zu vervollständigen, stellt keinen mit einem Widerspruch anfechtbaren Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X dar, weswegen die Beklagte den Widerspruch des Klägers hiergegen zu Recht als unzulässig verworfen hat. Im Übrigen hat der Kläger den vervollständigten Antrag bereits vor Klageerhebung bei der Beklagten vorgelegt, so dass dem Begehren überdies das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Der vom Kläger im Hinblick auf Aufforderung der Beklagten und die Einladung zur persönlichen Vorsprache verfolgte Feststellungsantrag ist bereits deswegen unzulässig, weil über deren Rechtmäßigkeit im Rahmen der parallel verfolgten Anfechtungsklage zu entscheiden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 55, Rn. 19a).
Schließlich ist über die Frage, ob Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind, im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu entscheiden, weswegen für einen gesonderten Antrag auf Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Schreiben der Beklagten, mit welchem er zur Vervollständigung eines Arbeitslosengeldantrags aufgefordert wurde, gegen eine Einladung der Beklagten zur persönlichen Vorsprache und die in diesem Zusammenhang abgelehnte Erstattung von Fahrtkosten.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Am 20.09.2010 meldete sich der Kläger, nachdem er zuvor eine selbständige Tätigkeit aufgegeben hatte, mit Wirkung zum 18.09.2010 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In dem förmlichen Antragsformular ließ der Kläger zahlreiche Fragen, u.a. die nach der Bereitschaft, alle Maßnahmen zu nutzen, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden, unter Hinweis auf ein fehlendes Merkblatt, unbeantwortet. Mit Schreiben vom 21.09.2010 forderte die Beklagte den Kläger unter Vorlage des vom Kläger bemängelten Merkblattes auf, den Antrag zu ergänzen und zu unterzeichnen. Den hiergegen am 23.09.2010 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger vorbrachte, die von der Beklagten geforderten Angaben seien keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld, diese ergäben sich aus dem SGB III, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2010 als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, ein Widerspruch könne nur gegen Verwaltungsakte erhoben werden. Das Schreiben vom 21.09.2010 sei jedoch kein Verwaltungsakt, da hierdurch weder Rechte des Klägers begründet, entzogen oder festgestellt würden. Eine Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei durch das Schreiben vom 21.09.2010 nicht getroffen worden. Das Schreiben diene lediglich der Vorbereitung einer solchen Entscheidung. Gleichfalls am 23.09.2010 übermittelte der Kläger der Beklagten einen um die fehlenden Angaben ergänzten Arbeitslosengeldantrag.
Nachdem die Beklagte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 20.09.2010 zu einer persönlichen Vorsprache am 04.10.2010 einlud, lud sie ihn mit einem weiteren Schreiben vom 20.09.2010 zu einer persönlichen Vorsprache in ihren Räumlichkeiten am 28.09.2010 (10.00 Uhr) ein, um mit ihm über seine berufliche Situation zu sprechen. Die Einladung für den 04.10.2010 sei gegenstandslos. Mit Bescheid vom 24.09.2010 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers vom 23.09.2010 auf eine Fahrkarte zur Wahrnehmung des Termins bzw. einen Vorschuss hierauf, unter Hinweis auf die Eigenleistungsfähigkeit des Klägers ab. Eine Vorsprache des Klägers am 28.09.2010 erfolgte wegen einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht.
Gegen die "neue" Ladung und den Bescheid vom 24.09.2010 erhob der Kläger am 28.09.2010 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2010 zurückwies.
Nachdem der Kläger bereits am 27.09.2010 gegen die Bescheide der Beklagten vom 20. und 24.09.2010 Klage zum SG erhoben hat - S 11 AL 4046/10 -, die mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2011 abgewiesen wurde, hat er am 11.10.2010 erneut Klage zum SG erhoben - S 11 AL 4266/10 -, zu deren Begründung er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen hat, dem nichts hinzuzufügen sei. Am 12.11.2010 hat der Kläger den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Am 16.02.2011 hat der Kläger eine Kopie der Akten beantragt.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nachdem das SG die Beteiligten mit Schreiben vom 03.02.2011, das dem Kläger am 05.02.2011 zugestellt wurde, darauf hingewiesen hat, dass beabsichtigt sei, im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden, hat es die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da dieses offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Es zielte einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Inhaltlich sei die Klage unzulässig. Soweit sich der Kläger gegen das Schreiben der Beklagten vom 21.09.2010 wende, sei die erhobene Anfechtungsklage unstatthaft, da eine solche nur gegen Verwaltungsakte möglich sei. Da das Schreiben der Beklagten jedoch keine Rechte des Klägers begründe, entziehe oder feststelle, sei es nicht als Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu qualifizieren; die Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen. Soweit sich der Kläger gegen die Einladung der Beklagten vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Übernahme der Fahrtkosten hierzu wende, sei die Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Der vom Kläger verfolgte Feststellungsantrag sei unzulässig, weil die abstrakte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens nicht möglich sei. Auch habe die Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht zu erstatten, da der Widerspruch des Klägers erfolglos geblieben sei.
Gegen den am 21.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.06.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe unzulässigerweise selbst über seinen Befangenheitsantrag entschieden, er sei zur beabsichtigten Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides nicht angehört worden und ihm seien keine Kopien der Akten übersandt worden. Inhaltlich verbleibe es bei seiner Klage. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2011 sowie das Schreiben der Beklagten vom 21. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Oktober 2010, die Bescheide der Beklagten vom 20. September 2010 und vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2010 aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten und festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits (zuletzt) beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet davon, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler nicht vorliegen - weder die Nichtübersendung von Kopien der Akten, die Selbstentscheidung des SG über den Befangenheitsantrag des Klägers noch die Entscheidung, über das Verfahren im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden, wozu der Kläger, entgegen seinem Vorbringen, auch ordnungsgemäß angehört wurde, unterliegen, wie der Senat gegenüber dem Kläger bereits vielfach entschieden hat, rechtlichen Bedenken - würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 159, Rn. 5 ff). Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage war bereits unzulässig.
Soweit sich der Kläger gegen die Einladung der Beklagten vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Übernahme von Fahrtkosten hierfür (Bescheid vom 24.09.2010) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2010 wendet hat das SG die Klage zu Recht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abgewiesen. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) kann während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Hintergrund dessen ist der Rechtsgrundsatz, dass über einen Streitgegenstand zwischen denselben Beteiligten nur eine gerichtliche Entscheidung ergehen darf. Als der vorliegende Rechtsstreit beim SG am 11.10.2010 anhängig und damit gemäß § 94 Abs. 1 SGG rechtshängig geworden sei, ist die Sache bereits rechtshängig gewesen, da der Kläger bereits zuvor, am 27.09.2010 Klage, mit der er u.a. Rechtsschutz gegen die Ladung vom 20.09.2010 und die Ablehnung der Fahrtkostenübernahme geltend gemacht hatte, erhoben hat. Die Klage - S 11 AL 4266/10 - war mithin insoweit bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 94, Rn. 7).
Die Aufforderung der Beklagten vom 21.09.2010, die Angaben im förmlichen Arbeitslosengeldantrag zu vervollständigen, stellt keinen mit einem Widerspruch anfechtbaren Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X dar, weswegen die Beklagte den Widerspruch des Klägers hiergegen zu Recht als unzulässig verworfen hat. Im Übrigen hat der Kläger den vervollständigten Antrag bereits vor Klageerhebung bei der Beklagten vorgelegt, so dass dem Begehren überdies das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Der vom Kläger im Hinblick auf Aufforderung der Beklagten und die Einladung zur persönlichen Vorsprache verfolgte Feststellungsantrag ist bereits deswegen unzulässig, weil über deren Rechtmäßigkeit im Rahmen der parallel verfolgten Anfechtungsklage zu entscheiden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 55, Rn. 19a).
Schließlich ist über die Frage, ob Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind, im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 SGG zu entscheiden, weswegen für einen gesonderten Antrag auf Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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