Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 130/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 983/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 05.11.2008 in der Fassung des weiteren Bescheides vom 16.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2009 wird in Höhe von 2.920,06 Euro aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 83 %, die Klägerin 17%.
Der Streitwert wird auf 3.530,88 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nacherhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin eines Pizza-Bestellservices. Die angestellten Mitarbeiter wurden mangels Tarifbindung des Un-ternehmens untertariflich bezahlt. Unter dem 21.07.2008 führte die Beklagte bei der Firma der der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2004 bis 30.05.2008 eine Betriebsprü-fung durch.
Nach Anhörung der Klägerin unter dem 05.08.2008 forderte die Beklagte mit Be-scheid vom 05.11.2008 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 3.935,19 Euro nach. Zur Begründung führte sie aus, der als geringfügig Beschäftigter angemeldete Beigeladene zu 5) überschreite in der Zeit seiner Beschäftigung vom 01.12.2004 bis 28.02.2005 die Geringfügigkeitsgrenze, daher bestehe Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen. Ausgehend von den Daten des von der Klägerin verwandten Zeiterfassungssystems seien auch die Beigeladene zu 6) und der Beigeladene zu 7) versicherungspflichtig in allen Zweigen. Schließlich seien die Beiträge für die Beigeladenen zu 5) bis 20) nicht anhand des tatsächlich gezahlten, untertariflichen Lohnes zu berechnen, sondern anhand des geltenden Tariflohnes, da der entsprechende Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 19.02.2008 durch das seinerzeit zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung zum 01.04.2006 für allgemeinverbindlich erklärt worden sei. Die Klägerin legte am 04.12.2008 Widerspruch ein und führte aus, entgegen der Angabe im Arbeitsvertrag des Beigeladenen zu 5) habe dieser nicht zum 01.12., sondern erst zum 13.12.2004 mit seiner Tätigkeit bei der Klägerin begonnen, es handele sich um einen Schreibfehler im Arbeitsvertrag. Überdies überschreite der in den drei Monaten erzielte Durchschnittslohn nicht die Geringfügigkeitsgrenze. Die Angaben hinsichtlich der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) seien zutreffend. Die Daten aus dem Zeiterfassungssystem entsprächen nicht den tatsächlichen Arbeitsstunden dieser Beschäftigten. Aus EDV-technischen Gründen habe sich stets ein Beschäftigter mit seiner Personalnummer anmelden müssen, um das System aufrechtzuerhalten und Bestellungen ermöglichen zu können. Hierfür seien die Personalnummern der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) verwendet worden, welche ihre Nummern zu diesem Zweck auch an andere Beschäftigte weitergegeben hätten, damit jene sich damit einloggen und das System hätten aufrechterhalten können. Die Allgemeinverbindlicherklärung des besagten Tarifvertrages sei nichtig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Überdies wirke die Allgemeinverbindlicherklärung allenfalls ab dem Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe im Bundesanzeiger, somit frühestens ab dem 13.12.2006. Mit Bescheid vom 16.04.2007 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und legte den entsprechenden Entgelttarifvertrag erst ab 01.01.2007 zu Grunde. Im Übri-gen hielt sie an ihren Ausführungen fest. Es ergab sich eine Beitragsnachforderung von insgesamt 3.530,88 Euro, die Säumniszuschläge in Höhe von 163,00 Euro enthielt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2009 wies die Beklagte den weitergehenden Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 13.08.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin verweist unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen auf ein Urteil des VG Düsseldorf vom 16.11.2010 (Az.: 3 K 8653/08), das die Allgemeinverbindlicherklärung des Folgetarifvertrages für rechtwidrig befunden hat.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 05.11.2008 in der Fassung des weiteren Bescheides vom 16.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest und führt vertiefend aus, selbst im Falle der Nichtigkeit der Allgemeinverbindlicherklärung sei wegen des im Beitragsrecht geltenden Entstehungsprinzips der entsprechende Tariflohn zu Grunde zu legen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 20) stellen keinen eigenen Antrag.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Auskünfte des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 25.10.2010 und vom 01.02.2011 sowie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW vom 27.01.2011 und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten vom 13.01.2011 eingeholt.
Das Gericht hat weiter die Beigeladene zu 6) und den Beigeladenen zu 7) im Rah-men der mündlichen Verhandlung in ausführlicher Weise angehört.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ge-wechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Abwesenheit der Beigeladenen zu 5) und 9) bis 19) sowie trotz Abwesenheit von Vertretern der Beigeladenen zu 1) bis 4) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beigeladenen in der schriftlichen Terminsladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind, §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin wird durch die ange-fochtenen Beitragsbescheide in Höhe von 2.920,06 Euro im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie insoweit rechtswidrig sind.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialge-setzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die formell-rechtlichen Anforderungen sind gewahrt. Insbesondere hat die Beklagte § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) dadurch Rechnung getragen, dass sie die Klägerin unter dem 21.08.2008 angehört hat.
In materieller Hinsicht erweisen sich die angefochtenen Bescheide jedoch als über-wiegend rechtswidrig.
Der Umfang der Beitragspflicht richtet sich in allen Zweigen der Sozialversicherung nach dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (für die gesetzliche Krankenversicherung § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), für die gesetzliche Rentenversicherung § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), für die gesetzliche Pflegeversicherung § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) und für die Arbeitslosenversicherung § 342 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – Arbeitsför-derung, SGB III).
Die Beklagte hat das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) zu Unrecht anhand der Daten der Zeiterfassung berechnet. Der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen sind vielmehr die Angaben der Klägerin zum Umfang der geleisteten Stunden. Denn zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Angaben im Zeiterfassungssystem nicht den tatsächlich geleisteten Stunden der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) entsprechen.
Die Kammer gründet ihre Überzeugung auf die Anhörung der Klägerin sowie auf die Anhörung der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) in den beiden Verhandlungsterminen. So hat die Klägerin plausibel geschildert, dass praktisch – um das EDV-System aufrechtzuerhalten und Bestellungen zu buchen und auszuführen – mehr oder weniger ständig ein Beschäftigter über seine Code-Nr. eingeloggt sein musste. Die Klägerin und die Beigeladene zu 6) bzw. der Beigeladene zu 7) haben weiter übereinstimmend angegeben, dass hierfür in erster Linie die Code-Nummern der Beigeladenen zu 6) bzw. des Beigeladenen zu 7) benutzt worden sind. Das Zeiterfassungssystem der Firma der Klägerin musste damit zwangsläufig eine Anwesenheit dieser Beschäftigten ausweisen, die erheblich über den tatsächlichen Anwesenheitszeiten lag. Die Beigeladene zu 6) und der Beigeladene zu 7) haben weiter nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin ihnen besonderes Vertrauen entgegen gebracht hat und sie deswegen zu den Personen gehörten, mit deren Personalnummer das EDV-System aufrechterhalten werden konnte. Dass beide ihre Nummern und die Befugnis, sich hiermit einzuloggen, gegen die (ursprünglichen) Anweisungen der Klägerin auch an andere Beschäftigte weitergegeben haben, ist für die Frage nach der Beitragshöhe irrelevant. Die Beigeladene zu 6) gehörte bereits deshalb zum Personenkreis derjenigen, die sich über ihre Personalnummer in das EDV-System einloggen konnten, weil sie bereits seit 2005 im Unternehmen der Klägerin tätig war und zudem in der Nähe des Unternehmenssitzes wohnte, so dass sie in Notfällen kurzfristig vor Ort sein konnte. Der Beigeladene zu 7) genoss deshalb ein besonderes Vertrauen der Klägerin, weil sie ihn aus einer gemeinsamen Beziehung lange Jahre kannte. Soweit er angegeben hat, er habe für seine Tätigkeit lediglich eine Art "Aufwandsentschädigung" erhalten, so erscheint auch dies plausibel. Denn aufgrund des Näheverhältnisses zur Klägerin ist er offenbar mehrfach aus Gefälligkeit kurzfristig eingesprungen, ohne hierfür Anspruch auf Arbeitsentgelt zu haben.
Was die Beitragsberechnung anhand des tariflichen Arbeitsentgelts angeht, so hat die Beklagte richtig ausgeführt, dass – unabhängig von der Tarifbindung eines Un-ternehmens – jedenfalls dann der tariflich geschuldete Lohn zu Grunde zu legen ist, wenn eine entsprechender Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist (vgl. statt vieler etwa Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 22.04.2005 – L 7 RJ 229/03 = juris Rdnr. 27). Im vorliegenden Fall ist zwar der zum 01.04.2006 in Kraft getretene Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung vom 13.12.2006 für allgemeinverbindlich erklärt worden (vgl. die Bekanntmachung vom 03.05.2007, Bundesanzeiger 2007, S. 5438). Bestehen jedoch erhebliche Zweifel am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung, so gehen diese zu Lasten des prüfenden Rentenversicherungsträgers. Er hat das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen darzutun und im Zweifel zu beweisen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.06.2010 – L 1 KR 87/08 = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben war im vorliegenden Fall nicht das tarifliche Entgelt der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen. Denn es bestehen erhebliche Zweifel am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung, die auch von der Beklagten nicht ausgeräumt werden konnten.
Grundlage für die Allgemeinverbindlicherklärung des Entgelttarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ist § 5 Abs. 1, Abs. 6 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) in der Fassung vom 31.10.2006. Danach kann die zuständige oberste Landesbehörde einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TVG) und die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG). Hinsichtlich des Vorliegens dieser Voraussetzung der Repräsentativität bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Für die Kammer bestehen bereits deshalb erhebliche Zweifel daran, dass das Quo-rum von 50% seinerzeit erreicht wurde, weil nach der im gerichtlichen Verfahren eingeholten Auskunft des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW vom 27.01.2011 und auch der Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 01.02.2011 die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu Grunde gelegt worden ist, obwohl § 5 Abs. 1 TVG von den Beschäftigten (also auch z.B. von den geringfügig Beschäftigten) ausgeht. Auch die Vorgehensweise des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW, von der ermittelten Zahl 33.460 Unternehmer abzuziehen, erscheint zweifelhaft. Denn wie die Klägerin zu Recht ausgeführt hat, sind Unternehmer auch in der Terminologie der maßgeblichen statistischen Erhebungen bereits begrifflich keine Beschäftigten. Demgegenüber hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband NRW die Zahl der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Personen (also auch der geringfügig Beschäftigten) mit 247.225 angegeben. Was die Ermittlung der sog. kleinen Zahl angeht, so hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband NRW Einschränkungen vorgenommen, die valider statistischer Grundlagen entbehren. Dies gilt etwa für die Ausführungen zum Organisationsgrad (Bl. 173 der Gerichtsakte), die weder durch entsprechende Statistiken belegt noch sonst nachvollziehbar sind. Die bestehenden Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 TVG werden bestärkt durch das Urteil des VG Düsseldorf vom 16.11.2010 betreffend den nachfolgenden Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen. In dieser Entscheidung hat das VG Düsseldorf aus Sicht der Kammer überzeugend dargelegt, dass das Quorum des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG seiner-zeit nicht erreicht worden ist. Die demnach bestehenden erheblichen Zweifel und Unsicherheiten am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 TVG gehen zu Lasten der Beklagten.
Dem steht schließlich auch nicht das im Beitragsrecht geltende Entstehungsprinzip entgegen. Denn bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen handelt es sich um einen Rechtsetzungsakt eigener Art (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24.05.1977 = BVerfGE 44, 322 ff.; BVerwG, Urteil vom 03.11.1988, 7 C 115/86 = juris Rdnr. 23 ff.), mit der Folge, dass eine Rechtswidrigkeit (oder im Hinblick auf die Berechnung des beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bereits erhebliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit, s.o.) zur anfänglichen Nichtigkeit führt. Ist die Allgemeinverbindlicherklärung aber von Anfang an nichtig, so konnten die Beiträge selbst zum Entstehungszeitpunkt nicht nach Tariflohn berechnet werden (so im Ergebnis offenbar auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.06.2010, L 1 KR 87/08 = juris).
Allerdings hat die Beklagte die für den Beigeladenen zu 5) geschuldeten Beiträge zutreffend berechnet und den Beigeladenen zu 5) insbesondere zutreffend als voll versicherungspflichtig in allen Zweigen eingestuft. Die Kammer verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 09.07.2009, denen sie sich nach eigener Prüfung anschließt. Auch für sie stellt sich die Einlassung der Klägerin, bei dem im Arbeitsvertrag ausgewiesenen Beschäfti-gungsbeginn am 13.12.2004 handele es sich um einen Schreibfehler, als Schutzbehauptung dar. Denn das vom Beigeladenen zu 5) in diesem Monat erzielte Einkommen entspricht in etwa der Hälfte des Einkommens des Folgemonats Januar 2005, in dem dieser unstreitig den gesamten Monat tätig war.
Was das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen angeht, so hat die Kammer die Angaben im Teilabhilfebescheid vom 16.04.2009 (Bl. 141 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) zu Grunde gelegt. Danach entfällt auf den Sachverhaltskomplex des Beigeladenen zu 5) ein Beitragsanteil von 610,82 Euro. Der Sachverhaltskomplex der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) macht insgesamt 2.565,56 Euro (2001,44 Euro und 564,12 Euro) aus. Der Sachverhaltskomplex der tariflichen Entlohnung macht 354,50 Euro aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass Säumniszuschläge streitwerterhöhend zu berück-sichtigen sind (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 31.8.2009 und vom 03.09.2009, L 8 B 11/09 R, und L 8 B, 12/09 R, abrufbar unter juris).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 83 %, die Klägerin 17%.
Der Streitwert wird auf 3.530,88 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nacherhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin eines Pizza-Bestellservices. Die angestellten Mitarbeiter wurden mangels Tarifbindung des Un-ternehmens untertariflich bezahlt. Unter dem 21.07.2008 führte die Beklagte bei der Firma der der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2004 bis 30.05.2008 eine Betriebsprü-fung durch.
Nach Anhörung der Klägerin unter dem 05.08.2008 forderte die Beklagte mit Be-scheid vom 05.11.2008 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 3.935,19 Euro nach. Zur Begründung führte sie aus, der als geringfügig Beschäftigter angemeldete Beigeladene zu 5) überschreite in der Zeit seiner Beschäftigung vom 01.12.2004 bis 28.02.2005 die Geringfügigkeitsgrenze, daher bestehe Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen. Ausgehend von den Daten des von der Klägerin verwandten Zeiterfassungssystems seien auch die Beigeladene zu 6) und der Beigeladene zu 7) versicherungspflichtig in allen Zweigen. Schließlich seien die Beiträge für die Beigeladenen zu 5) bis 20) nicht anhand des tatsächlich gezahlten, untertariflichen Lohnes zu berechnen, sondern anhand des geltenden Tariflohnes, da der entsprechende Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 19.02.2008 durch das seinerzeit zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung zum 01.04.2006 für allgemeinverbindlich erklärt worden sei. Die Klägerin legte am 04.12.2008 Widerspruch ein und führte aus, entgegen der Angabe im Arbeitsvertrag des Beigeladenen zu 5) habe dieser nicht zum 01.12., sondern erst zum 13.12.2004 mit seiner Tätigkeit bei der Klägerin begonnen, es handele sich um einen Schreibfehler im Arbeitsvertrag. Überdies überschreite der in den drei Monaten erzielte Durchschnittslohn nicht die Geringfügigkeitsgrenze. Die Angaben hinsichtlich der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) seien zutreffend. Die Daten aus dem Zeiterfassungssystem entsprächen nicht den tatsächlichen Arbeitsstunden dieser Beschäftigten. Aus EDV-technischen Gründen habe sich stets ein Beschäftigter mit seiner Personalnummer anmelden müssen, um das System aufrechtzuerhalten und Bestellungen ermöglichen zu können. Hierfür seien die Personalnummern der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) verwendet worden, welche ihre Nummern zu diesem Zweck auch an andere Beschäftigte weitergegeben hätten, damit jene sich damit einloggen und das System hätten aufrechterhalten können. Die Allgemeinverbindlicherklärung des besagten Tarifvertrages sei nichtig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Überdies wirke die Allgemeinverbindlicherklärung allenfalls ab dem Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe im Bundesanzeiger, somit frühestens ab dem 13.12.2006. Mit Bescheid vom 16.04.2007 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und legte den entsprechenden Entgelttarifvertrag erst ab 01.01.2007 zu Grunde. Im Übri-gen hielt sie an ihren Ausführungen fest. Es ergab sich eine Beitragsnachforderung von insgesamt 3.530,88 Euro, die Säumniszuschläge in Höhe von 163,00 Euro enthielt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2009 wies die Beklagte den weitergehenden Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 13.08.2009 erhobene Klage.
Die Klägerin verweist unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen auf ein Urteil des VG Düsseldorf vom 16.11.2010 (Az.: 3 K 8653/08), das die Allgemeinverbindlicherklärung des Folgetarifvertrages für rechtwidrig befunden hat.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 05.11.2008 in der Fassung des weiteren Bescheides vom 16.04.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest und führt vertiefend aus, selbst im Falle der Nichtigkeit der Allgemeinverbindlicherklärung sei wegen des im Beitragsrecht geltenden Entstehungsprinzips der entsprechende Tariflohn zu Grunde zu legen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 20) stellen keinen eigenen Antrag.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Auskünfte des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 25.10.2010 und vom 01.02.2011 sowie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW vom 27.01.2011 und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten vom 13.01.2011 eingeholt.
Das Gericht hat weiter die Beigeladene zu 6) und den Beigeladenen zu 7) im Rah-men der mündlichen Verhandlung in ausführlicher Weise angehört.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ge-wechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Abwesenheit der Beigeladenen zu 5) und 9) bis 19) sowie trotz Abwesenheit von Vertretern der Beigeladenen zu 1) bis 4) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil die Beigeladenen in der schriftlichen Terminsladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind, §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin wird durch die ange-fochtenen Beitragsbescheide in Höhe von 2.920,06 Euro im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie insoweit rechtswidrig sind.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialge-setzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die formell-rechtlichen Anforderungen sind gewahrt. Insbesondere hat die Beklagte § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) dadurch Rechnung getragen, dass sie die Klägerin unter dem 21.08.2008 angehört hat.
In materieller Hinsicht erweisen sich die angefochtenen Bescheide jedoch als über-wiegend rechtswidrig.
Der Umfang der Beitragspflicht richtet sich in allen Zweigen der Sozialversicherung nach dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (für die gesetzliche Krankenversicherung § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), für die gesetzliche Rentenversicherung § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), für die gesetzliche Pflegeversicherung § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) und für die Arbeitslosenversicherung § 342 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – Arbeitsför-derung, SGB III).
Die Beklagte hat das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) zu Unrecht anhand der Daten der Zeiterfassung berechnet. Der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen sind vielmehr die Angaben der Klägerin zum Umfang der geleisteten Stunden. Denn zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Angaben im Zeiterfassungssystem nicht den tatsächlich geleisteten Stunden der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) entsprechen.
Die Kammer gründet ihre Überzeugung auf die Anhörung der Klägerin sowie auf die Anhörung der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) in den beiden Verhandlungsterminen. So hat die Klägerin plausibel geschildert, dass praktisch – um das EDV-System aufrechtzuerhalten und Bestellungen zu buchen und auszuführen – mehr oder weniger ständig ein Beschäftigter über seine Code-Nr. eingeloggt sein musste. Die Klägerin und die Beigeladene zu 6) bzw. der Beigeladene zu 7) haben weiter übereinstimmend angegeben, dass hierfür in erster Linie die Code-Nummern der Beigeladenen zu 6) bzw. des Beigeladenen zu 7) benutzt worden sind. Das Zeiterfassungssystem der Firma der Klägerin musste damit zwangsläufig eine Anwesenheit dieser Beschäftigten ausweisen, die erheblich über den tatsächlichen Anwesenheitszeiten lag. Die Beigeladene zu 6) und der Beigeladene zu 7) haben weiter nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin ihnen besonderes Vertrauen entgegen gebracht hat und sie deswegen zu den Personen gehörten, mit deren Personalnummer das EDV-System aufrechterhalten werden konnte. Dass beide ihre Nummern und die Befugnis, sich hiermit einzuloggen, gegen die (ursprünglichen) Anweisungen der Klägerin auch an andere Beschäftigte weitergegeben haben, ist für die Frage nach der Beitragshöhe irrelevant. Die Beigeladene zu 6) gehörte bereits deshalb zum Personenkreis derjenigen, die sich über ihre Personalnummer in das EDV-System einloggen konnten, weil sie bereits seit 2005 im Unternehmen der Klägerin tätig war und zudem in der Nähe des Unternehmenssitzes wohnte, so dass sie in Notfällen kurzfristig vor Ort sein konnte. Der Beigeladene zu 7) genoss deshalb ein besonderes Vertrauen der Klägerin, weil sie ihn aus einer gemeinsamen Beziehung lange Jahre kannte. Soweit er angegeben hat, er habe für seine Tätigkeit lediglich eine Art "Aufwandsentschädigung" erhalten, so erscheint auch dies plausibel. Denn aufgrund des Näheverhältnisses zur Klägerin ist er offenbar mehrfach aus Gefälligkeit kurzfristig eingesprungen, ohne hierfür Anspruch auf Arbeitsentgelt zu haben.
Was die Beitragsberechnung anhand des tariflichen Arbeitsentgelts angeht, so hat die Beklagte richtig ausgeführt, dass – unabhängig von der Tarifbindung eines Un-ternehmens – jedenfalls dann der tariflich geschuldete Lohn zu Grunde zu legen ist, wenn eine entsprechender Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist (vgl. statt vieler etwa Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 22.04.2005 – L 7 RJ 229/03 = juris Rdnr. 27). Im vorliegenden Fall ist zwar der zum 01.04.2006 in Kraft getretene Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung vom 13.12.2006 für allgemeinverbindlich erklärt worden (vgl. die Bekanntmachung vom 03.05.2007, Bundesanzeiger 2007, S. 5438). Bestehen jedoch erhebliche Zweifel am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung, so gehen diese zu Lasten des prüfenden Rentenversicherungsträgers. Er hat das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen darzutun und im Zweifel zu beweisen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.06.2010 – L 1 KR 87/08 = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben war im vorliegenden Fall nicht das tarifliche Entgelt der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen. Denn es bestehen erhebliche Zweifel am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung, die auch von der Beklagten nicht ausgeräumt werden konnten.
Grundlage für die Allgemeinverbindlicherklärung des Entgelttarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ist § 5 Abs. 1, Abs. 6 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) in der Fassung vom 31.10.2006. Danach kann die zuständige oberste Landesbehörde einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TVG) und die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG). Hinsichtlich des Vorliegens dieser Voraussetzung der Repräsentativität bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Für die Kammer bestehen bereits deshalb erhebliche Zweifel daran, dass das Quo-rum von 50% seinerzeit erreicht wurde, weil nach der im gerichtlichen Verfahren eingeholten Auskunft des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW vom 27.01.2011 und auch der Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW vom 01.02.2011 die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu Grunde gelegt worden ist, obwohl § 5 Abs. 1 TVG von den Beschäftigten (also auch z.B. von den geringfügig Beschäftigten) ausgeht. Auch die Vorgehensweise des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW, von der ermittelten Zahl 33.460 Unternehmer abzuziehen, erscheint zweifelhaft. Denn wie die Klägerin zu Recht ausgeführt hat, sind Unternehmer auch in der Terminologie der maßgeblichen statistischen Erhebungen bereits begrifflich keine Beschäftigten. Demgegenüber hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband NRW die Zahl der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Personen (also auch der geringfügig Beschäftigten) mit 247.225 angegeben. Was die Ermittlung der sog. kleinen Zahl angeht, so hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband NRW Einschränkungen vorgenommen, die valider statistischer Grundlagen entbehren. Dies gilt etwa für die Ausführungen zum Organisationsgrad (Bl. 173 der Gerichtsakte), die weder durch entsprechende Statistiken belegt noch sonst nachvollziehbar sind. Die bestehenden Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 TVG werden bestärkt durch das Urteil des VG Düsseldorf vom 16.11.2010 betreffend den nachfolgenden Entgelttarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe in Nordrhein-Westfalen. In dieser Entscheidung hat das VG Düsseldorf aus Sicht der Kammer überzeugend dargelegt, dass das Quorum des § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG seiner-zeit nicht erreicht worden ist. Die demnach bestehenden erheblichen Zweifel und Unsicherheiten am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 TVG gehen zu Lasten der Beklagten.
Dem steht schließlich auch nicht das im Beitragsrecht geltende Entstehungsprinzip entgegen. Denn bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen handelt es sich um einen Rechtsetzungsakt eigener Art (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24.05.1977 = BVerfGE 44, 322 ff.; BVerwG, Urteil vom 03.11.1988, 7 C 115/86 = juris Rdnr. 23 ff.), mit der Folge, dass eine Rechtswidrigkeit (oder im Hinblick auf die Berechnung des beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bereits erhebliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit, s.o.) zur anfänglichen Nichtigkeit führt. Ist die Allgemeinverbindlicherklärung aber von Anfang an nichtig, so konnten die Beiträge selbst zum Entstehungszeitpunkt nicht nach Tariflohn berechnet werden (so im Ergebnis offenbar auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.06.2010, L 1 KR 87/08 = juris).
Allerdings hat die Beklagte die für den Beigeladenen zu 5) geschuldeten Beiträge zutreffend berechnet und den Beigeladenen zu 5) insbesondere zutreffend als voll versicherungspflichtig in allen Zweigen eingestuft. Die Kammer verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 09.07.2009, denen sie sich nach eigener Prüfung anschließt. Auch für sie stellt sich die Einlassung der Klägerin, bei dem im Arbeitsvertrag ausgewiesenen Beschäfti-gungsbeginn am 13.12.2004 handele es sich um einen Schreibfehler, als Schutzbehauptung dar. Denn das vom Beigeladenen zu 5) in diesem Monat erzielte Einkommen entspricht in etwa der Hälfte des Einkommens des Folgemonats Januar 2005, in dem dieser unstreitig den gesamten Monat tätig war.
Was das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen angeht, so hat die Kammer die Angaben im Teilabhilfebescheid vom 16.04.2009 (Bl. 141 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) zu Grunde gelegt. Danach entfällt auf den Sachverhaltskomplex des Beigeladenen zu 5) ein Beitragsanteil von 610,82 Euro. Der Sachverhaltskomplex der Beigeladenen zu 6) und des Beigeladenen zu 7) macht insgesamt 2.565,56 Euro (2001,44 Euro und 564,12 Euro) aus. Der Sachverhaltskomplex der tariflichen Entlohnung macht 354,50 Euro aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass Säumniszuschläge streitwerterhöhend zu berück-sichtigen sind (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 31.8.2009 und vom 03.09.2009, L 8 B 11/09 R, und L 8 B, 12/09 R, abrufbar unter juris).
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