L 13 AS 177/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1781/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 177/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007; die Klägerin wendet sich darüber hinaus gegen die mit Bescheid der BA vom 19. Januar 2007 verfügte teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 sowie die geforderte Erstattung für diesen Zeitraum erbrachter Leistungen in Höhe von insgesamt 167,66 EUR.

Die Klägerin, die in der streitgegenständlichen Zeit zunächst nur mit zwei ihrer Söhne, dem am 3. Dezember 1987 geborenen M. und dem am 2. März 1991 geborenen D. in einer Bedarfsgemeinschaft lebte, bezog seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der damals noch in getrennter Trägerschaft für die Gewährung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts zuständigen BA (zuständig seit 1. Januar 2011: Jobcenter; im Folgenden: Beklagter). Mit Bescheid vom 19. September 2006 hatte die BA der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 zunächst Leistungen in Höhe von 540,00 EUR monatlich bewilligt. Mit drei Bescheiden vom 31. Oktober 2006 hatte sie dann für den hier streitigen Zeitraum Dezember 2006 bis Februar 2007 die Regelleistung an M. (in Höhe von ursprünglich 276,00 EUR monatlich) um drei Mal 10 Prozent, insgesamt also um 84,00 EUR, abgesenkt, weil M. zu Meldeterminen am 28. September, 5. Oktober und 9. Oktober 2006 unentschuldigt nicht erschienen war. Ab dem 13. November 2006 hatte M. eine bis 31. Dezember 2006 befristete (Vollzeit-) Beschäftigung als Produktionshelfer aufgenommen; den ersten Lohn sollte er am 15. Dezember 2006 erhalten. Am 7. Dezember 2006 nahm die Klägerin einen weiteren Sohn, den am 6. Januar 1987 geborenen P. in ihre Wohnung auf. Die BA bewilligte der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin daraufhin Leistungen in Höhe von 702,67 EUR für den Monat Dezember 2006; für Januar und Februar 2007 betrug der Leistungsbetrag jeweils 728,00 EUR sowie für März 2007 812,00 EUR (Bewilligungsbescheid vom 13. Dezember 2006). Für alle Monate errechnete die BA einen Gesamt(regel)bedarf in Höhe von EUR 1.214,00, den sie lediglich im Dezember anteilig zu Grunde legte (EUR 1168,00). An Einkommen berücksichtigte sie nur das Kindergeld der drei Söhne, das sie bei den beiden volljährigen (M. und D.) um je EUR 30,00 bereinigte.

Ab dem 11. Dezember 2006, also vier Tage nach dem Zuzug aber noch vor Bekanntgabe des Bescheids vom 13. Dezember 2006, nahm auch P. eine Beschäftigung auf und zog außerdem zum 1. Januar 2007 wieder aus der Wohnung seiner Mutter aus. Mit Bescheid vom 19. Januar 2007 änderte die Beklagte daraufhin die Bewilligungsentscheidung für die Zeit ab 1. Dezember 2006 erneut ab. Für Dezember 2006 ergaben sich nunmehr nur noch Leistungen in Höhe von 491,34 EUR, für Januar 2007 in Höhe von 389,68 EUR und für Februar 2007 in Höhe von 386,00 EUR. Für alle drei Monate rechnete die Beklagte - neben dem Kindergeld - zusätzliches Erwerbseinkommen für M. an. Bei ihm ergab sich ein jeweils über seinem eigenen Bedarf (391,20 EUR für Dezember 2006 und 420,00 EUR für Januar und Februar 2007) liegendes Gesamteinkommen. Die sich bei M. deshalb ergebenden Einkommensüberhänge (143,33 EUR für Dezember 2006, 118,32 EUR für Januar 2007 und 122,00 EUR für Februar 2007) übertrug die Beklagte auf die ganz oder teilweise ungedeckten Bedarfe der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Ab Januar berücksichtigte sie außerdem P. nicht mehr als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Mit dem ebenfalls unter dem 19. Januar 2007 erlassenen Erstattungsbescheid forderte die Beklagte von der Klägerin die Erstattung der für Dezember 2006 und Januar 2007 entstandenen Überzahlung in Höhe von 549,65 EUR.

Am 30. Januar 2007 erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, die Beklagte habe das für M. gezahlte Kindergeld zu Unrecht als Einkommen berücksichtigt. Dieser gehe einer Arbeit nach und ziehe außerdem zum 1. Februar 2007 aus der Wohnung aus. Sie fordere deshalb eine Neuberechnung der gewährten Leistungen und wende sich auch gegen den ergangenen Erstattungsbescheid. Am 1. März 2007 zog der Lebensgefährte der Klägerin zu dieser und deren noch bei ihr wohnenden Sohn D. Die BA stellte die Leistungen daraufhin vorläufig "bis zur Klärung der Lebenssituation" vollständig ein.

Die Klägerin hat am 11. April 2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe den Auszug ihrer Söhne M. und P. jeweils gemeldet; gleichwohl werde ihr deren Einkommen, nämlich das Kindergeld, weiterhin angerechnet. Mit Bescheid vom 13. Juni 2007 hat die BA die Bewilligungsentscheidung für Dezember und Januar (zuletzt verfügt durch Bescheid vom 19. Januar 2007) erneut abgeändert. Für Dezember 2006 haben sich nunmehr Leistungen in Höhe von 624,67 EUR ergeben, für Januar 2007 in Höhe von 419,68 EUR. Für P., der im Dezember noch zur Bedarfsgemeinschaft gezählt wurde, hat die Beklagte kein Kindergeld mehr angerechnet. Stattdessen hat sie bei der Klägerin für Dezember 2006 sich aus dem Einkommensüberhang von M. ergebendes eigenes Einkommen in Höhe von 143,33 EUR und für Januar in Höhe von 118,32 EUR, jeweils abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 30,00 EUR, zu Grunde gelegt. Die Regelleistung für M. hat die BA nicht (mehr) abgesenkt. Mit an die Klägerin (für sich und als gesetzliche Vertreterin des damals noch minderjährigen D.), an M und P gerichteten Erstattungsbescheiden vom 13. Juni 2007 hat die BA auch den nur an die Klägerin gerichteten Erstattungsbescheid vom 19. Januar 2007 ersetzt und von der Klägerin nun nur noch Erstattung von 167,66 EUR, von M. 136,00 EUR und von P. 82,96 EUR gefordert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2007 hat die BA den Widerspruch gegen die Bescheide vom 19. Januar 2007 im Übrigen zurückgewiesen. Nach Erlass der Änderungsbescheide vom 13. Juni 2007 seien die angegriffenen Bescheide nicht mehr zu beanstanden.

Die Klägerin hat daraufhin vorgetragen, das für M. geleistete Kindergeld dürfe nach Aufnahme der Beschäftigung durch M. nicht mehr als Einkommen angerechnet werden. Mit Bescheid vom 24. April 2007 habe die zuständige Familienkasse die Kindergeldbewilligung für M. für Dezember 2006 aufgehoben hat und von ihr das für M. von Dezember bis Februar gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 462,00 EUR zurückfordert. Die BA ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 27. September 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat daraufhin am 22. Oktober 2007 einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Diese ist am 4. Dezember 2007 durchgeführt und die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen worden. Die Klägerin habe die ursprüngliche erhobene Untätigkeitsklage nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2007 zulässigerweise umgestellt. Die Klage, mit der die Klägerin für sich und D. nicht nur höhere Leistungen für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007, sondern auch die Aufhebung des Erstattungsbescheids (vom 13. Juni 2007) begehre, sei allerdings unbegründet. Der Klägerin und ihrem Sohn hätten für den streitgegenständlichen Zeitraum keine höheren Leistungen zugestanden; das für M. gezahlte Kindergeld sei zu Recht als Einkommen berücksichtigt worden. Vor diesem Hintergrund erweise sich auch die verfügte Erstattungsforderung als rechtmäßig.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 18. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Dezember 2007 schriftlich beim SG Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des SG sei das auch nach der Arbeitsaufnahme durch M. noch für diesen gezahlte Kindergeld nicht als bedarfsminderndes Einkommen zu berücksichtigen. Nachdem das für M. gezahlte Kindergeld zwischenzeitlich auch zurückgefordert werde, bestehe für eine Berücksichtigung als einzusetzendes Einkommen keine Grundlage mehr.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2007 aufzuheben, den Beklagten unter Abänderung der Bewilligungsbescheide vom 19. Januar 2007 und 13. Juni 2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2007 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des für ihren Sohn Marcel Domeier gezahlten Kindergeldes als Einkommen zu gewähren und den an sie gerichteten Erstattungsbescheid vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält seine Bescheide für rechtmäßig und das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (64704 BG 0001537), die Klageakte des SG (S 6 AS 1781/07) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 177/08) Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 2 und 3 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Mit Wirkung vom 1. Januar 2011 ist der Beklagte als Rechtsnachfolger an die Stelle der BA, die bis zu diesem Zeitpunkt beklagter Rechtsträger gewesen ist, getreten (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr. 5 = NJW 2011, 2538).

Gegenstand der von der Klägerin für sich und ihren Sohn D. geführten Klage - in Übereinstimmung mit dem SG geht auch der Senat davon aus, dass sich die dem Bevollmächtigten der Klägerin erteilte Vollmacht von Anfang an auch auf die Geltendmachung von Ansprüchen des D. erstreckt hat - ist zunächst der Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 Leistungen bewilligende (Änderungs-) Bescheid vom 19. Januar 2007, die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007 betreffend geändert durch Bescheid vom 13. Juni 2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2007. Diese Bescheide greift die Klägerin im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des für M. gezahlten Kindergeldes als Einkommen, an. Darüber hinaus wendet sich die Klägerin, wiederum für sich und ihren Sohn D., im Wege der isolierten Anfechtungsklage gegen den Erstattungsbescheid vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2007, mit dem der Beklagte den Erstattungsbescheid vom 19. Januar 2007 ersetzt und von der Klägerin und ihrem Sohn nur noch Erstattung geleisteten Zahlungen in Höhe von 167,66 EUR gefordert hat.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig; jedenfalls ein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II hat für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht bestanden. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angegriffenen Urteils zutreffend errechnet. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen schließt sich der Senat insoweit den Entscheidungsgründen des Urteils vom 4. Dezember 2007, insbesondere der dort vorgenommene Berechnung der Leistungsansprüche an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend zum Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass das für M. gezahlte Kindergeld zu Recht im jeweiligen Zuflussmonat als Einkommen berücksichtigt wurde. Der Umstand, dass die Kindergeldbewilligung später wegen der erfolgten Beschäftigungsaufnahme wieder aufgehoben wurde, ändert hieran nichts. Nach der Legaldefinition des § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, Rdnr. 18). Bei dem hier an die Klägerin für M. gezahlten Kindergeld handelt es sich damit im Grundsatz um laufendes Einkommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 165/10 R - veröffentlicht in Juris), das gemäß § 2 Abs. 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) für den Monat zu berücksichtigen ist, in dem es zugeflossen ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist für die Qualifizierung der zugeflossenen Leistung als Einkommen ohne Bedeutung, dass das Kindergeld wegen der erfolgten Beschäftigungsaufnahme durch M. an die Klägerin nicht mehr hätte ausgezahlt werden dürfen. Als Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II sind zwar nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30, Rdnr 16). Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung aber, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll, besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als "bereite Mittel" in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen. Insbesondere können solche Rückstellungen nicht geschützt sein, die Leistungsempfänger in Bezug auf möglicherweise eintretende, im Zeitpunkt des Zuflusses aber noch ungewisse, künftige Zahlungsverpflichtungen vornehmen (BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 165/10 R - veröffentlicht in Juris). Nachdem eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin erst mit Bescheid der Familienkasse vom 24. April 2007 verfügt worden ist und damit nicht bis zum Ablauf des Monats Februar 2007 bestanden hat, verbleibt es bei der Berücksichtigung des bis zu diesem Zeitpunkt zugeflossenen Kindergeldes, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung desselben auch tatsächlich nachgekommen ist.

Rechtsgrundlage für die mit Bescheiden vom 13. Juni 2007 verfügten (teilweisen) Aufhebung der der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligenden Bescheide ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch und § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Dies soll - rückwirkend - ab dem Zeitpunkt der Änderung erfolgen, soweit u. a. (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Insoweit ist entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auch in atypischen Fällen keine Ermessensausübung geboten.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Erst mit dem Zufluss des von M. erzielten Erwerbseinkommens konnte das für diesen gewährte Kindergeld als überschießendes Einkommen auf die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt werden. Hierin ist eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X zu sehen, die dazu geführt hat, dass der zuvor verfügte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II teilweise entfallen ist. Das von M. erzielte Erwerbseinkommen bzw. das bei der Klägerin und D. dann als Einkommen zu berücksichtigende Kindergeld erfüllt auch den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X; der Beklagte war damit berechtigt und verpflichtet, die Bewilligung von ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Wegen der Berechnung der Überzahlung nimmt der Senat wiederum auf die Entscheidungsgründe des mit der Berufung angegriffenen Urteils vom 4. Dezember 2007 Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht auch insoweit von einer weiteren Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Letztlich sind die gemäß § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 2 SGB X einzuhaltenden Fristen gewahrt.

Da somit die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 zu Recht erfolgt ist, sind die für diese Zeit zu Unrecht gezahlten Leistungen in Höhe von 167,66 EUR gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Etwaige Mängel bei der nach § 24 SGB X durchzuführenden Anhörung sind dadurch geheilt worden, dass die angegriffenen Bescheide alle für die Aufhebung und Erstattung erforderlichen Tatsachen enthalten haben und damit die Anhörung jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte bzw. sein Rechtsvergänger keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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