L 18 AS 772/12 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 28 AS 1629/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 772/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.

Das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren beanstandungsfrei abgelehnt; die erhobene und auf Gewährung von Einstiegsgeld bzw. Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungs- bzw. Verpflichtungsklage hat bei der im PKH-Verfahren (nur) gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO –). Zwar ist die Klage statthaft und die Begrenzung des Streitgegenstands insoweit zulässig, da es sich bei dem Anspruch auf Eingliederungsleistungen um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (vgl BSG SozR 4-4200 § 16 Nr 1; BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 63/09 R – juris). Der Klage sind jedoch in der Sache keine ausreichenden Erfolgsaussichten beschieden.

Gemäß § 16b Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in der seit 1. Januar 2009 geltenden und hier anwendbaren Fassung kann zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist (Satz 1). Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt (Satz 2).

Dahinstehen kann vorliegend, ob die Klägerin zum Kreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gehörte und gehört und ob sie – woran indes im Hinblick auf ihr Vorbringen Zweifel bestehen – ihre Arbeitslosigkeit durch die tatsächliche Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden selbständigen Tätigkeit bereits tatsächlich beendet hat. Denn es ist nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, ob die (geplante) Tätigkeit zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt "erforderlich" ist. Erforderlichkeit in diesem Sinne kann nur bejaht werden, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann. Hierzu ist eine Prognose anhand einer Plausibilitätsprüfung und einer Prüfung des schlüssigen Konzepts der selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (vgl BSG aaO). Nur wenn die beabsichtigte Tätigkeit eine konkrete und realistische Möglichkeit auf wirtschaftlichen Erfolg von einiger Dauer bietet und die Gewährung eines Einstiegsgeldes ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels darstellt, sind die Voraussetzungen zu einer entsprechenden Ermessensentscheidung darüber eröffnet, ob und in welchem Umfang (vgl hierzu die zum 1. August 2009 in Kraft getretene Einstiegsgeld-Verordnung) Einstiegsgeld zu gewähren ist.

Dem Beklagten steht hinsichtlich dieser Prognoseentscheidung ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (vgl zur Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung iSv § 77 Abs. 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III - BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R = SozR 4-4300 § 77 Nr 1 mwN). Liegen die Voraussetzungen einer günstigen Prognoseentscheidung vor, so hat der Beklagte sein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, ob die selbständige Tätigkeit durch Gewährung eines Einstiegsgeldes gefördert wird, und wenn ja, in welchem Umfang gefördert wird. Abzustellen ist dabei als Beurteilungszeitpunkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (vgl BSG aaO; BSG SozR 3-4100 § 36 Nrn 1, 5). Die Prognose des Beklagten, wonach die von der Klägerin zuletzt nur noch angestrebte selbständige Tätigkeit in Gestalt der Erbringung von Dienstleistungen für die Wohn- und Gewerbeimmobilienwirtschaft bei der Messung und Abrechnung von Heizenergie und Wasser (vgl im Widerspruchsverfahren vorgelegter Geschäftsplan und die am 18. Mai 2010 eingereichte Rentabilitätsplanung für 2009 bis 2011) keine dauerhafte und realistische Möglichkeit auf wirtschaftlichen Erfolg biete und sich dadurch die Eingliederungschancen der Klägerin nicht erhöhten, ist indes nicht zu beanstanden.

Auch bei einer nunmehr zumindest zunächst nicht mehr beabsichtigten Zusammenarbeit mit dem Dienstleister D M GmbH (im Folgenden: D-Gmbh) und dem damit (zunächst) verbundenen Wegfall der Lizenzgebühr iHv 26.000,- EUR ist nicht darstellbar, wie sich ohne Anschubfinanzierung und ohne Nutzung der im früheren Konzept von der Klägerin bzw deren Ehemann noch als wesentliches Element der Gründung benannten Synergieeffekte aus der Partnerschaft zur D-GmbH – und damit auch ohne Bereitstellung des Know-hows der D-GmbH – ein dauerhaft wirtschaftlich tragfähiges Unternehmen entwickeln soll. Dies gilt in Anbetracht der erheblichen Konkurrenz auf dem "Ablesemarkt", den sich drei Marktführer im Wesentlichen aufteilen, umso mehr. Die von der Klägerin vorgelegte Rentabilitätsplanung vom 18. Mai 2010 lässt auch nicht ansatzweise erkennen, welche Kosten nunmehr dafür einzuplanen sind, dass die Partnerleistungen der D-GmbH nicht mehr in Anspruch genommen werden. Schließlich war der Geschäftsplan zur Existenzgründung u.a. noch davon ausgegangen, dass erhebliche Finanzierungskosten zu sparen und sofortige Erlöse dadurch zu erzielen seien, dass die D-GmbH für die Vermietung der Messgeräteausstattung an die Kunden genutzt werde. Gleiches sollte für die Werbung, die Einkaufskonditionen, die Dienstleistungssoftware, die Vertragsformulare und den Gebietsschutz gelten. Hierfür sind in der aktuellen Rentabilitätsplanung im Wesentlichen keine bzw nur sehr geringfügige Kosten (z.B. für Werbung und Bürokosten anfangs nur jeweils 50,- EUR monatlich) angesetzt. Eine Liquiditätsplanung fehlt dem Konzept völlig, sodass angesichts der Verschuldung der Klägerin bzw ihres Ehemannes keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Hilfebedürftigkeit prognostisch entfällt. Schließlich ist auch die Umsatzplanung nicht schlüssig. Das Gericht vermag nach alledem nicht nachzuvollziehen, dass die beabsichtigte Gründung ein "Selbstläufer" sein soll und die (negative) Prognose des Beklagten rechtsfehlerhaft erstellt worden wäre. Auf die Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG ergänzend Bezug genommen.

Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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