L 11 R 5015/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2172/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5015/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.09.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1953 geborene Kläger erlernte von 1968 bis 1971 den Beruf eines Kochs und war bis Oktober 1972 in diesem Beruf tätig. Nach seiner Bundeswehrzeit war er sodann von 1974 bis 1977 als Metzger und im Anschluss daran bis Januar 2005 als Maschinenführer versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Insolvenz seines früheren Arbeitgebers. Nach den Auskünften des Nachfolgeunternehmens, der R. D. GmbH, vom 30.09.2008 und 20.10.2008 war der Kläger als Maschinenführer in Vorgesetztenfunktion (20 bis 25 Mitarbeiter) tätig und in der Lohngruppe 5.5 des maßgeblichen Tarifvertrags eingestuft. Zur Lohngruppe 5 gehören Arbeiten, die neben beruflicher Handfertigkeit und den für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnissen über Werkstoffe und Betriebsmittel ein Können erfordern, wie es entweder durch eine fachentsprechende Berufsausbildung oder durch eine entsprechende Anlernung und Übung erworben wird. Seit Juli 2007 übt der Kläger eine Tätigkeit (sog Minijob) bei einer Zahnarztpraxis in Z. im W. aus. Er arbeitet morgens und mittags zwei Stunden und übernimmt Kurierdienste (Fahrten ins Labor) sowie Aufräum- und Desinfektionsarbeiten. Der Arbeitsplatz liegt 25 km von seinem Wohnort entfernt, die Entfernung zum Labor beträgt vom Arbeitsplatz aus 15 km. Er erhält für seine Tätigkeit monatlich 163,00 EUR. Vom 01.03.2007 bis 29.10.2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Bescheinigung der Agentur für Arbeit L. vom 15.03.2007). In der Zeit vom 14.02.2003 bis zum 13.02.2008 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 13.03.2007 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes L. vom 19.04.2007).

Vom 12.02. bis 12.03.2002 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in D. teil. Im Entlassungsbericht vom 16.04.2002 wurden folgende Diagnosen genannt: konservative Behandlung eines Wurzelkompressionssyndroms L 5 links bei breitbasiger Diskusprotrussion und behandlungsbedürftiger Bluthochdruck. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig entlassen.

Am 14.02.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf diverse Arztberichte. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin T. vom 16.04.2008 ein. Diese gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: wiederkehrendes LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorwölbung L 4/L 5 sowie L 5/S 1 mit leichtem Funktionsdefizit, wiederkehrendes HWS-Syndrom (ohne neurologische Reiz- oder Ausfallserscheinungen sowie ohne Funktionsdefizit), Kniegelenksarthrose rechts bei Ruptur des vorderen Kreuzbandes und Innenmeniskusschaden mit operativer Intervention (derzeit geringes Funktionsdefizit), Knieschmerzen links, Bakerzyste (kein wesentliches Funktionsdefizit) und distale Radiustrümmerfraktur rechts mit operativer Versorgung 1977 und mittelgradigem Funktionsdefizit. Als Maschineneinrichter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Leichte bis mittelschwere Arbeiten könne er jedoch noch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Mit Bescheid vom 28.04.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Hiergegen legte der Kläger am 23.05.2008 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu permanenten Schmerzen, sodass er ständig Schmerzmittel einnehmen müsse. Er leide an Ausstrahlungen ins rechte Bein mit Lähmungserscheinungen, sodass eine Sturzgefahr bestehe. Das Bein knicke weg und gehorche nicht mehr. Außerdem habe er Schmerzen in beiden Knien. Auch könne er das rechte Handgelenk nur noch eingeschränkt bewegen. Des Weiteren sei seine psychische Belastung bislang nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte holte zunächst die Arbeitgeberauskünfte vom 30.09. und 20.10.2008 ein und ließ den Kläger sodann fachärztlich begutachten. Orthopäde Dr. W. gelangte in seinem Gutachten vom 01.02.2009 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: degeneratives unteres LWS-Syndrom bei fronto-sagittaler Fehlstellung und leichter Einschränkung der Funktion, beidseitige deutliche Gonarthrosen noch ohne wesentliches Funktionsdefizit und posttraumatische Handgelenksarthrose sowie Handwurzelarthrose rechts mit deutlicher Einschränkung der Funktion (mit Kunststofforthese versorgt). Als Maschineneinrichter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne er unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 wies der Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Denn er könne noch leichte Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Entsprechend der Arbeitgeberauskunft könne seine Tätigkeit als Maschineneinrichter dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im oberen Bereich zugeordnet werden. Er könne deshalb nach den medizinischen Feststellungen sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verwiesen werden. Diese Tätigkeit könne er mindestens sechs Stunden täglich ausüben, sodass er nicht berufsunfähig sei.

Hiergegen hat der Kläger am 29.04.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, er könne auch eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte nicht mehr ausüben.

Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Fachärztin für Anästhesie Dr. K. hat angegeben (Auskunft vom 13.10.2009), es komme zu einer Beschwerdelinderung unter Bewegung, dh beim Gehen, und zu einer Schmerzzunahme beim Sitzen und beim langen Stehen. Schmerzbedingt bestehe auch eine Beeinträchtigung des Durchschlafverhaltens. Eine körperlich leichte Berufstätigkeit, wie eine Pförtnertätigkeit mit der Möglichkeit eines Wechsels zwischen Stehen und Sitzen, ohne die Notwendigkeit von Gehen langer Gehstrecken, das Vermeiden von Heben und Tragen von schweren Lasten sowie ohne das Arbeiten in bückender Haltung, bei Nässe und Kälte könne der Kläger noch sechs Stunden täglich durchführen. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat mitgeteilt (Auskunft vom 20.10.2009), beim Kläger bestehe ein ausgeprägtes chronisches neuropathisches Schmerzsyndrom. Der Kläger sei daher nicht mehr in der Lage, auch eine körperlich leichte Berufstätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich auszuüben. Dr. G. hat seiner Auskunft zahlreiche Arztbriefe beigefügt.

Das SG hat daraufhin das Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. K. vom 02.12.2009 eingeholt. Zum Tagesablauf hat er festgehalten, der Kläger stehe gegen sechs Uhr morgens auf und arbeite dann stundenweise als Kurierfahrer. Er gehe gern spazieren, fahre Rad (auch Walking) und im Winter fahre er gern Ski. Er schlafe schlecht ein und habe einen oberflächlichen Schlaf, wobei er wegen der Schmerzen oftmals aufwache. Der Kläger leide an einer chronisch lumbalen Nervenwurzelkompression mit besonderer Betroffenheit der Wurzel L 5/S 1 rechts. Dies äußere sich in anhaltenden, vornehmlich belastungsabhängigen Nervenschmerzen mit Ausstrahlung von der lumbosakralen Übergangsregion in das rechte Bein mit begleitenden geringfügigen neurologischen Ausfällen (Schwäche der rechtsseitigen Wadenmuskulatur, geringfügige sensible Störungen im rechten Bein) und schmerzassoziierten Schlafstörungen. Durch diese Störungen würden insbesondere die körperliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nachhaltig negativ beeinträchtigt. Der Kläger könne deshalb auf nicht absehbare Zeit einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht nachgehen. Er sei eigentlich als arbeitsunfähig einzustufen. Derzeit sei unter optimalen Bedingungen allenfalls eine stundenweise Beschäftigung mit weniger als drei Stunden arbeitstäglich möglich und vertretbar.

Nach der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. He. vom 23.02.2010 hat das SG die ergänzende Stellungnahme des Dr. K. vom 30.07.2010 eingeholt, der ausführte, dass die Tages- und Freizeitaktivitäten zwar von grundlegender Bedeutung seien. Der Kläger verhalte sich aber in seinem Alltag so, wie es Experten bei chronisch Schmerzkranken forderten, um eine Chronifizierung und Maladaptation zu verhindern. Er versuche, individuell angepasst an sein Leistungs- und Beschwerdebild körperlich aktiv zu sein und zu bleiben. Dies stehe keineswegs im Widerspruch zu seiner Bewertung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Im Übrigen bestünden auch keine Hinweise auf eine relevante psychiatrische Komorbidität.

Mit Urteil vom 16.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht vom Kläger in der mündlichen Verhandlung habe gewinnen können, sowie aufgrund der ärztlichen Stellungnahme der Dr. K. sei davon auszugehen, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Einschätzung des Dr. K. und des Dr. G. überzeugten nicht. Gegen diese Einschätzung spreche bereits der persönliche Eindruck in der mündlichen Verhandlung. So habe der Kläger berichtet, dass er zahlreiche mit körperlicher Bewegung und Anstrengung verbundene Aktivitäten unternehme. So fahre er Fahrrad und gehe viel spazieren. Er sei dann gewöhnlich eine halbe Stunde bis eine Stunde unterwegs. Weiterhin führe er den gemeinsamen Haushalt mit seinem Sohn. Dabei mache er Betten, sauge Staub und putze. Ein vorhandenes Leistungsvermögen werde schließlich auch dadurch bestätigt, dass der Kläger einen Fahrdienst für eine Zahnarztpraxis übernommen habe. Hierfür müsse er immer in Bereitschaft sein und auf Anrufe und Arbeitsaufträge warten. Die Fahrtstrecken, die er hierfür von seiner privaten Wohnung mit dem PKW zurücklegen müsse, seien nicht unerheblich. An dieser Einschätzung ändere auch nichts die ergänzende Stellungnahme des Dr. K. vom 20.07.2010. Die angegebenen Tages- und Freitzeitaktivitäten sprächen letztlich dafür, dass das Leistungsvermögen nicht in relevanter Weise eingeschränkt sei. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Bei der Tätigkeit als Maschineneinrichter handle es sich um eine Tätigkeit eines angelernten Arbeiters im oberen Bereich. Der Kläger müsse sich daher auf sämtliche angelernte und auf durch Qualitätsmerkmale herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Die Beklagte habe den Kläger zu Recht auf die Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verwiesen. Eine solche Tätigkeit könne der Kläger noch sechs Stunden täglich verrichten. Die genannte Tätigkeit ermögliche es dem Kläger auch im Wechsel von Stehen und Sitzen zu arbeiten.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.10.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.10.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, nach der Leitlinie zur sozialmedizinischen Beurteilung der Leistungsfähigkeit bei Bandscheiben- und bandscheibenassoziierten Erkrankungen sei das quantitative Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Tätigkeiten zumindest zeitlich befristet aufgehoben, wenn Zeichen ständiger Nervenwurzelreizungen sowie anhaltende sensible und motorische Ausfälle oder der Nachweis einer Nervenwurzelkompression vorlägen. Dies sei bei ihm der Fall. Auch eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte könne er nicht ausüben. Denn Dr. K. habe ausgeführt, dass er eine sitzende Tätigkeit sowie Schreibtätigkeiten nicht mehr verrichten könne. Die Schreibfähigkeit sei jedoch Voraussetzung für die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den Arztbrief des Oberarztes Dr. Hu. (Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg) vom 23.11.2010 sowie den Arztbrief der Dr. K. vom 12.10.2010 vorgelegt. Dr. Hu. hat ausgeführt, er empfehle dem Kläger ein Gipskorsett, um den Anteil einer segmentalen Instabilität am Schmerzgeschehen besser einschätzen zu können. Der Kläger leide an einer hochgradigen Degeneration der Bewegungssegmente LW 4/5 und LW 5/SW 1. Dr. K. hat über eine periradikuläre Therapie im Bereich Wurzel L 5 rechts berichtet und eine Vorstellung in der Neurochiurgie vorgeschlagen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.02.2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. R. vom 20.07.2011 eingeholt. Dieser hat zum Tagesablauf des Klägers festgehalten, der Kläger gehe nach dem Frühstück zwischen 10 bis 30 Minuten (Distanz: 1 km) spazieren. Mittags koche er im Stehen und gehe dann erneut 30 bis 45 Minuten (Distanz: 2 km) spazieren. Bei Mäharbeiten, die sein Sohn durchführe, helfe er insoweit mit, als er das Gras zusammenreche. Er könne nur noch Gewichte von ca 5 kg tragen. An Weihnachten 2010 sei er für 14 Tage nach Mallorca gereist. Er fahre weiterhin gerne Rad und sei noch in der Lage, für ca 30 Minuten auf dem Rad zu sitzen und eine Strecke von 10 bis 15 km zurückzulegen. Auch wandere er gerne und gehe zum Schwimmen. Das verordnete Gipskorsett habe er nur an 2 Tagen getragen. Beim Befund hat der Gutachter festgehalten, Paresen lägen nicht vor. Der Kläger habe eine leichte Hypästhesie an der Oberschenkel- und Unterschenkelrückseite rechts angegeben. Schreibe man Zahlen auf die Oberschenkelvorderseite rechts, so könne der Kläger diese jedoch problemlos benennen. Bei einem begleiteten Spaziergang sei der Kläger in der Lage gewesen, eine Strecke von 500 m in 12 Minuten und 16 Sekunden zurückzulegen. Auch sei er in der Lage, in einen Simulator für öffentliche Verkehrsmittel einzusteigen und diesen wieder zu verlassen. Das Aus- und Ankleiden sei relativ rasch ohne Schmerzäußerungen erfolgt. Im weiteren Verlauf der mehrstündigen Exploration sei es nicht zu einem deutlichen Ablassen der Konzentrationsfähigkeit gekommen. Allenfalls im Bereich des Kurzzeitgedächtnisses sei eine leichtgradige Störung festzustellen. Bei der Fragebogenauswertung hätten sich keine Hinweise für eine depressive Störung in der Selbsteinschätzung ergeben. Es liege allenfalls ein leichtgradig gestörter psychischer Befund vor. Während der Untersuchung sei aufgefallen, dass der Kläger gut in der Lage gewesen sei, mehrere Stunden auf einem Stuhl zu sitzen. Der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer degenerativen Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Die Analyse der Alltagsaktivitäten und vor allem der nur geringgradig gestörte psychische Befund zeigten jedoch, dass die somatoforme Schmerzstörung nur leicht ausgeprägt sei. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung und ohne Akkord- bzw Fließbandarbeit sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Er sei nicht mehr in der Lage, Lasten mit einem Gewicht von über 10 kg zu heben und zu tragen. Die Tätigkeiten sollten vorzugsweise im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ausgeführt werden. Er könne aber auch noch überwiegend im Sitzen, Stehen und teilweise Gehen arbeiten. Ständige Zwangshaltungen müssten vermieden werden. Gleiches gelte für Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten. Das Treppensteigen sei hingegen noch zumutbar. Arbeiten unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sollten ebenfalls vermieden werden. Arbeiten an Büromaschinen könne der Kläger verrichten, sofern diese nicht überwiegend oder ständig auszuführen seien. Nachtschichten sollten hingegen vermieden werden. Eine besondere geistige Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung könne dem Kläger angesichts seiner überdurchschnittlichen Intelligenz ebenfalls noch zugemutet werden. Nicht mehr in Frage kämen Tätigkeiten, die eine überwiegende oder ständige fein- bzw grobmotorische Beanspruchung der rechten Hand erforderten. Eine Beschränkung des Arbeitsweges hinsichtlich der Zeitdauer liege nicht vor. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich, insbesondere seien keine besonderen Pausen notwendig.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat zunächst Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nachdem dieser mitgeteilt hat, nicht mehr zu praktizieren, hat der Senat gemäß § 109 SGG Facharzt für Neurologie Dr. Be. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.12.2011 ausgeführt, der Kläger habe intensive Rückenschmerzen, akut beim Arbeiten (Heben eines 25 kg-Sackes). Er lenke sich mit Spaziergängen, Fahrradfahren und Schwimmen ab. Er wolle etwas für seinen Körper tun und laufe seit der Arbeitslosigkeit viel. Er arbeite morgens und abends zwei Stunden in einer Zahnarztpraxis. Die Zwischenzeit verbringe er in einem Aufenthaltsraum und hole sich etwas zu Essen bzw ruhe sich aus. Abends gehe er dann noch spazieren, zwischen 1 und 1,5 km in einer Stunde. Der Kläger leide an einer somatoformen Schmerzstörung, an einer rezidivierenden leichten bis mittelschweren depressiven Episode sowie an Dysthymie. Er könne einfachere Tätigkeiten, die routinemäßig erledigt werden könnten, ohne Zeitdruck, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit verrichten. Schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten könne er hingegen nicht mehr ausüben. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne er drei bis sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche verrichten. Grund hierfür sei die verminderte Konzentrationsfähigkeit und die erhöhte Ermüdbarkeit, die Symptome einer mittelgradigen depressiven Episode seien. Der Kläger könne sich nicht über längere Zeit fehlerfrei verhalten, da er aufgrund seines gestörten Nachtschlafes schneller ermüdbar sei. Er benötige auch betriebsunübliche Pausen, die nach etwa zwei Stunden Arbeitszeit spätestens aber nach zweieinhalb bis drei Stunden durchgeführt werden sollten. Die Arbeit mit der rechten Hand sei erschwert. Beschränkungen des Arbeitsweges bestünden nicht. Die Abweichungen vom vorherigen Gutachten beruhten auf der zusätzlich abgegebenen Stellungnahme des Hausarztes und der durch ihn durchgeführten Untersuchung. Der Rhythmus und die Analyse der Alltagsaktivitäten, auf die sich Prof. Dr. R. berufe, seien durch Aussenstimmulationen gekennzeichnet. Ohne diese sei vermutlich eine geringere Antriebsmotivation beim Kläger zu verzeichnen.

Für die Beklagte hat Dr. He. am 07.02.2012 zu den eingeholten Gutachten Stellung genommen. Nach seiner Ansicht ist der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr ohne betriebsunübliche Pausen zu verrichten. Auch bestehe noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Pförtner.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.03.2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 01.02.2008 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Klage- und Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Die maßgeblichen Leiden des Klägers liegen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Beim Kläger besteht ein degeneratives unteres LWS-Syndrom bei fronto-sagittaler Fehlstellung und leichter Einschränkung der Funktion, beidseitige deutliche Gonarthrosen (noch ohne wesentliches Funktionsdefizit) sowie eine posttraumatische Handgelenksarthrose und Handwurzelarthrose rechts mit deutlicher Einschränkung der Funktion (mit Kunststofforthese versorgt). Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. W., welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte. Bereits Dr. T. hat in ihrem Gutachten, welches ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, ein wiederkehrendes LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorwölbung L 4/L 5 sowie L 5/S 1 mit leichtem Funktionsdefizit, ein wiederkehrendes HWS-Syndrom (ohne neurologische Reiz- oder Ausfallserscheinungen sowie ohne Funktionsdefizit), eine Kniegelenksarthrose rechts bei Ruptur des vorderen Kreuzbandes und Innenmeniskusschaden mit operativer Intervention (geringes Funktionsdefizit), Knieschmerzen links, Bakerzyste (kein wesentliches Funktionsdefizit) sowie die bereits genannte distale Radiustrümmerfraktur rechts mit operativer Versorgung 1977 und mittelgradigem Funktionsdefizit diagnostiziert. Im Wesentlichen entsprechende Diagnosen hat auch Dr. Hu. in seinem Arztbrief vom 23.11.2010 genannt. So hat er Lumbalgien und Lumboischialgien rechts betont, eine ausgeprägte Degeneration mit Spondylarthrose des Bewegungssegmentes LW 5/SW 1 facettengelenksbetont rechtsseitig sowie geringer ausgeprägt auch in Höhe LW 4/LW 5 (auch hier rechtsbetont) angegeben. Damit hat er die von Dr. T. in ihrem Gutachten genannten Gesundheitsstörungen bestätigt.

Darüber hinaus leidet der Kläger an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, was der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R. entnimmt. Auch Dr. Be. hat diese Gesundheitsstörung bestätigt. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Gesundheitsstörung leichten Ausprägungsgrades. Die diesbezügliche Einschätzung des Prof. Dr. R. hält der Senat im Hinblick auf die vom Kläger gegenüber dem Gutachter geschilderten Alltagsaktivitäten und den nur geringgradig gestörten psychischen Befund auch für schlüssig und nachvollziehbar. So erfolgte das Aus- und Ankleiden relativ rasch ohne Schmerzäußerungen. Zwar zeigte sich der Kläger bei der Untersuchung bedrückt und subdepressiv mit einer leichten Störung des Kurzzeitgedächtnisses sowie einer leichten Verlangsamung des formalen Gedankengutes. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit im Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung war jedoch überdurchschnittlich und weist zudem auch nicht auf eine vorzeitige Erschöpfbarkeit hin. Die Einschätzung des Prof. Dr. R. wird auch dadurch bestätigt, dass es im Verlauf der mehrstündigen Exploration nicht zu einem deutlichen Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit gekommen ist. Darüber hinaus ergibt die Analyse des Tagesablaufs und der Freizeitaktivitäten, dass beim Kläger keine sozialen Rückzugstendenzen feststellbar sind. Nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. R., die im Wesentlichen mit seinen Angaben gegenüber Dr. Be. übereinstimmen, geht der Kläger mehrmals am Tag zwischen 10 und 45 Minuten spazieren. Darüber hinaus fährt er auch Fahrrad, wandert gerne und geht zum Schwimmen. Dabei ist er noch in der Lage, für ca 30 Minuten auf dem Rad zu sitzen und eine Strecke von 10 bis 15 km zurückzulegen. Auch ist er noch in der Lage, mit dem Flugzeug zu verreisen. So hat der Kläger an Weihnachten 2010 eine vierzehntägige Reise nach Mallorca unternommen. Schließlich ist er auch noch in der Lage, an fünf Tagen in der Woche Kurierfahrten sowie Aufräum- und Desinfektionsarbeiten vier Stunden am Tag bei einer Zahnarztpraxis zu verrichten. Insbesondere bei den Kurierfahrten muss er ca 30 Minuten am Stück sitzen. Der Senat entnimmt dies ebenfalls den Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. R ... Diese Angaben hält der Senat auch für überzeugend, da der Kläger gegenüber Dr. Be. angegeben hat, zwischen seinem Haus und dem Arbeitsplatz betrage die Distanz 25 km. Aus alledem ergibt sich jedoch, dass beim Kläger keine sozialen Rückzugstendenzen erkennbar sind und er auch in der Lage ist, längere Zeit am Stück (Flug nach Mallorca, Kurierfahrten und Fahrradfahrten) zu sitzen. Dies deckt sich im Übrigen auch mit der Beobachtung des Prof. Dr. R., wonach der Kläger gut in der Lage war, mehrere Stunden während der Untersuchung auf einem Stuhl zu sitzen.

Vor dem Hintergrund der eben dargestellten Alltags- und Freizeitaktivitäten konnte sich der Senat mit Prof. Dr. R. nicht davon überzeugen, dass der Kläger – wie von Dr. Be. angenommen – an einer leichten bis mittelgradigen depressiven Episode bzw an einer Dysthymie leidet.

Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist der Kläger nicht mehr in der Lage, mittelschwere bis schwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zu vermeiden sind darüber hinaus Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie Akkord- und Fließbandarbeit. Er ist auch nicht mehr in der Lage, Lasten mit einem Gewicht von über 10 kg zu heben und zu tragen. Zu vermeiden sind darüber hinaus Tätigkeiten mit häufigem Bücken oder kniende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe. Aufgrund der durch die Schmerzerkrankung hervorgerufenen Schlafstörungen sind auch Nachtschichtarbeiten nicht mehr zumutbar. Gleiches gilt für Tätigkeiten, die eine überwiegende oder ständige fein- bzw grobmotorische Beanspruchung der rechten Hand erfordern. Die genannten Einschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R ...

In positiver Hinsicht ist der Kläger hingegen noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkung zu verrichten. Er kann hierbei derartige Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Allerdings ist er auch noch in der Lage, überwiegend zu sitzen, überwiegend zu stehen oder teilweise zu gehen, was der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R. entnimmt. Aus dessen Gutachten folgt auch, dass der Kläger noch in der Lage ist, an Büromaschinen zu arbeiten, sofern diese Arbeiten nicht überwiegen oder ständig auszuführen sind. Eine besondere geistige Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung kann dem Kläger angesichts seiner überdurchschnittlichen Intelligenz ebenfalls noch zugemutet werden.

Die genannten Tätigkeiten kann der Kläger noch sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben. Der Senat folgt diesbezüglich der schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungseinschätzung des Prof. Dr. R., wobei auch bereits Dr. T., Dr. W. und Dr. K. zu dieser Leistungseinschätzung gelangt sind. Für diese Leistungseinschätzung sprechen die nur geringfügig gestörten psychischen Befunde und die Analyse der Alltagsaktivitäten (allg zur Berücksichtigung der Tagesstrukturierung, des allgemeine Interessenspektrums und der soziale Interaktionsfähigkeit Senatsurteil vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09; Urteil vom 24.09.2009, L 11 R 742/09). Die insofern abweichende Leistungseinschätzung der Gutachter Dr. K. und Dr. Be. sowie des Hausarztes Dr. G. überzeugen hingegen nicht. Dr. G. hat seine Leistungseinschätzung in seiner Auskunft vom 20.10.2009 - ohne einen psychischen Befund zu referieren -, nicht näher begründet. Auch Dr. K. hat in seinem Gutachten keine nachvollziehbare Begründung für die von ihm angenommene Leistungseinschränkung angegeben. Vielmehr hat er allgemein ausgeführt, dass wegen der chronischen Schmerzerkrankung und der damit verbundenen Leistungseinschränkungen der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig auszuüben. Wie bereits dargelegt, führt die somatoforme Schmerzstörung jedoch nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Hierfür sprechen nicht nur der geringfügig gestörte psychische Befund, sondern auch die bereits genannten Alltags- und Freizeitaktivitäten des Klägers, die der Gutachter Dr. K. bei seiner Leistungseinschätzung nicht weiter berücksichtigt hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus seiner ergänzenden Stellungnahme. Denn auch eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter Beachtung der bereits genannten qualitativen Leistungseinschränkungen) dient - wie von Dr. K. im Hinblick auf die Tages- und Freizeitaktivitäten des Klägers angenommen - der Verhinderung einer Chronifizierung und Maladaption. Hierauf hat Prof. Dr. R. zutreffend hingewiesen. Schließlich überzeugt auch die Leistungseinschätzung des Gutachters Dr. Be. nicht, wenn man davon ausgeht, dass er die zeitliche Leistungsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden annimmt. Zwar spricht er in seinem Gutachten davon, dass der Kläger noch in der Lage sei, "drei bis sechs" Stunden an fünf Tagen in der Woche auszuüben; eine sechsstündige Leistungsfähigkeit stünde jedoch bereits einem Leistungsanspruch des Klägers entgegen. Aber auch ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen lässt sich mit dem Gutachten des Dr. Be. nicht begründen. Die von ihm hierfür zur Begründung herangezogene verminderte Konzentrationsfähigkeit, die erhöhte Ermüdbarkeit sowie die Symptome einer mittelgradig depressiven Episode konnte weder Dr. K. noch Prof. Dr. R. feststellen. Insbesondere dürfte die aktuell vom Kläger ausgeübte Kurierdiensttätigkeit sowie die Hilfe bei Desinfektions- und Aufräumarbeiten in einer Zahnarztpraxis gegen die von Dr. Be. angenommene verminderte Konzentrationsfähigkeit und gegen die erhöhte Ermüdbarkeit sprechen. Darüber hinaus geht der Senat - wie bereits dargelegt - davon aus, dass beim Kläger keine Anhaltspunkte für eine mittelgradig depressive Episode vorliegen.

Unter Beachtung der von Prof. Dr. R. und Dr. Be. erhobenen Befunde lässt sich auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht begründen. Der Kläger ist vielmehr in der Lage, eine Wegstrecke von 500 m in weniger als 20 Minuten viermal pro Tag zurückzulegen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und einen privaten Pkw zu steuern. Dies hat auch Dr. Be. bestätigt. Soweit dieser jedoch von der Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen ausgeht, überzeugt dies den Senat nicht. Er hat nicht näher dargelegt, weshalb derartige Pausen nach zwei bzw drei Stunden Arbeitszeit eingehalten werden müssen. Vielmehr ist mit Prof. Dr. R. davon auszugehen, dass der Kläger lediglich bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit ein nach ergonomischen Kriterien gestaltetes Arbeitsgerät zur Verfügung gestellt werden sollte.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01.01.2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20.04.2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist zwar vor dem 01.02.1961 geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Denn der Kläger kann sowohl medizinisch als auch sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte verwiesen werden.

Von seinem ursprünglich erlernten Beruf (Koch) hat er sich gelöst. Eine berufliche Lösung ist immer dann zu bejahen, wenn der rentenrechtlich relevante Berufswechsel freiwillig erfolgt (vgl dazu BSG 26.04.2005, B 5 RJ 27/04 R; vom 26.05.1965, 4 RJ 183/62 - SozEntsch BSG 5 § 1246 (A) Nr 18). Gibt der Versicherte seine qualifizierte Tätigkeit auf und wechselt in eine weniger qualifizierte Tätigkeit, so kann die bisher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als Hauptberuf gelten (vgl Gabke in jurisPK-SGB VI, § 240 Rdnr 38, Stand 01/2008). Eine Lösung von dem bisherigen Beruf liegt aber nur dann vor, wenn die geringer qualifizierte Tätigkeit nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer ausgeübt werden soll. Dabei muss der Lösungswille anhand äußerer Umstände erkennbar sein. Wurde die Arbeit dagegen gezwungenermaßen aufgegeben, ist zu unterscheiden (vgl dazu BSG 26.04.2005 - B 5 RJ 27/04 R; 08.10.1992 - 13 RJ 41/91): Waren dafür gesundheitliche Gründe verantwortlich, bleibt der Berufsschutz erhalten, da sich insofern gerade das versicherte Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung verwirklicht hat (vgl BSGE 2, 182, 187; BSG SozR Nr 33 zu § 1246 RVO; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 38). Hierbei müssen die gesundheitlichen Gründe nicht allein ursächlich gewesen sein; ausreichend ist, dass sie den Berufswechsel wesentlich mitverursacht haben (vgl BSGE 38, 14 ff = SozR 2600 § 45 Nr 6). Lagen hingegen andere - insbesondere betriebliche - Gründe vor, ist eine Lösung im vorerwähnten Sinne jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich der Versicherte sofort oder im Laufe der Zeit mit dem Wechsel abgefunden hat (vgl BSGE 15, 212, 214 = SozR Nr 16 zu § 35 RKG aF; BSGE 46, 121, 123 = SozR 2600 § 45 Nr 22; BSG, Urteil vom 30 07.1997, 5 RJ 20/97). Ein endgültiges Sich-Abfinden mit dem neuen, nunmehr ausgeübten Beruf kann auch im Laufe der Zeit unter dem Druck der Verhältnisse erfolgen (vgl BSGE 46, 121 = SozR 2600 § 45 Nr 22 mwN). Anders verhält es sich allerdings, wenn das Sich-Abfinden mit der dauerhaften Ausübung des geringerwertigen Berufs auf der gesundheitlichen Unfähigkeit zur Ausübung des früheren höherwertigen Berufs beruht (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 158). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger nach Absolvierung seiner Bundeswehrzeit aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit eines Kochs nicht mehr ausgeübt hat. Etwas anderes wird von ihm auch nicht behauptet.

Aufgrund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maschinenführer bzw -einsteller mit Vorgesetztenfunktion genießt der Kläger jedoch insoweit Berufsschutz, als die Tätigkeit - wie von der Beklagten und dem SG zutreffend angenommen - dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im oberen Bereich zuzuordnen ist. Hierfür sprechen die Arbeitgeberauskünfte vom 30.09. und 20.10.2008. Danach war der Kläger in die Lohngruppe 5.5 eingruppiert, die Arbeiten umfasste, die neben beruflicher Handfertigkeit und den für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnissen über Werkstoffe und Betriebsmittel ein Können erforderten, wie es entweder durch eine fachentsprechende Berufsausbildung oder durch eine entsprechende Anlernung und Übung erworben wird.

Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann jedoch auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Während den Angehörigen des unteren Bereiches grundsätzlich alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar sind, müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse (BSG 03.07.2002, B 5 RJ 18/01 R = juris Rdnr 19 mwN). Einem Angelernten des oberen Bereichs ist nach der Rechtsprechung die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte sozial zumutbar (vgl BSG 12.02.2004, B 13 RJ 49/03 R = juris Rdnr 28; Senatsurteil vom 06.11.2007, L 11 R 2356/06, nv; zuletzt LSG Baden-Württemberg 02.12.2011, L 4 R 3833/08 = juris mwN).

Die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte ist dem Kläger auch in medizinischer Hinsicht zumutbar. Sie kann überwiegend im Sitzen wie auch im Wechsel von Sitzen und Stehen und der Möglichkeit, umherzugehen, ausgeübt werden. Belastungen insbesondere durch Heben und Tragen von Lasten, besonderer Zeitdruck, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten und an laufenden Maschinen sowie durch Kälte und Nässe sind hiermit regelmäßig nicht verbunden. Entsprechende Tätigkeiten sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang vorhanden (vgl Senatsurteil vom 06.11.2007 mwN). Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besondere sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen, denn Pförtnertätigkeiten kommen in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren obere Extremitäten Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen (vgl zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger LSG Baden-Württemberg 17.10.1997, L 8 J 262/97; 11.03.2003, L 11 RJ 4573/01 mwN), sodass der Kläger mit dem vorhanden Restleistungsvermögen der rechten Hand die Tätigkeit eines Pförtners mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Eine gesundheitliche Überforderung liegt insoweit nicht vor. Denn die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte erfordert nicht eine überwiegende oder ständige fein- bzw grobmotorische Beanspruchung der rechten Hand. Im Übrigen ist der Kläger aktuell auch noch in der Lage, in einer Zahnarztpraxis Desinfektions- und Aufräumarbeiten durchzuführen, wobei der Senat davon ausgeht, dass er hierfür beide Hände einsetzen muss.

Arbeitsplätze als Pförtner sind im Übrigen nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (LSG Baden-Württemberg 28.04.2004, L 3 RJ 2939/99). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen für ihn geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 41).

Die Berufung war daher abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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