L 11 R 4358/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 22/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4358/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.08.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die am 07.07.1956 in Bosnien geborene Klägerin siedelte 1972 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie erlernte keinen Beruf und war als Arbeiterin, unterbrochen durch Kindererziehungszeiten, zuletzt von 1992 bis Dezember 2003 in einer Schokoladenfabrik tätig. Seither ist sie arbeitslos. Sie bezog sodann Arbeitslosengeld, Krankengeld und Arbeitslosengeld II. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 seit dem 22.10.2002 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes C. vom 03.11.2005). Darüber hinaus sind folgende Merkzeichen festgestellt: G, B (Bescheid des Landratsamtes C. vom 13.06.2007). Der Versicherungsverlauf enthält nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2012 Pflichtbeitragszeiten bis einschließlich 31.12.2011.

Die Klägerin, bei der 1998 die Verdachtsdiagnose Multiple Sklerose gestellt wurde, beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese holte daraufhin das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 21.04.2006 ein, der zu der Auffassung gelangte, die Klägerin leide an einer undifferenzierten Somatisierungsstörung. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten sollten mit Psychotherapie ausgeschöpft werden. Die Klägerin könne als Maschinenbedienerin noch sechs Stunden und mehr täglich arbeiten. Der Antrag wurde daraufhin von der Beklagten abgelehnt (Bescheid vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2005).

Nachdem die Klägerin im August 2006 an der rechten Hüfte operiert wurde, nahm sie vom 11.09. bis 12.10.2006 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in W. teil. Facharzt für Orthopädie Dr. R. gelangte im Entlassungsbericht vom 23.10.2006 zu der Einschätzung, die Klägerin könne als Maschinenbedienerin nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne sie unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten (Diagnosen: Pelvitrochantäres Defizit nach zementfrei implantierter Zweymüller-Hüft-TEP rechts, Coxarthrose links, somatoforme Schmerzstörung, Depression und schubförmig geringgradig progrediente Multiple Sklerose).

Am 20.03.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide an Multipler Sklerose und an den Folgen einer Hüftoperation. Nach Beiziehung zahlreicher ärztlicher Unterlagen ließ die Beklagte die Klägerin fachärztlich untersuchen. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. gelangte in seinem Gutachten vom 02.06.2007 zu der Einschätzung, die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch vollschichtig täglich arbeiten. Hinweise für eine zentralneurologische Symptomatik lägen nicht vor. Die Klägerin leide an rechtsbetonten lumboischialgieformen Beschwerden beidseits, an Hüftgelenksbeschwerden und an einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung mit Neigung zu funktioneller Beschwerdeüberlagerung. Arzt für Orthopädie Dr. S. teilte in seinem Gutachten vom 06.06.2007 mit, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne die Klägerin unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Der von der Klägerin benutzte Rollator sei aus orthopädischer Sicht nicht erforderlich. Die Hüftendoprothese sitze exakt und zeige keine Lockerungszeichen. Die Klägerin benutze den Rollator auch mehr wegen der Unsicherheiten infolge von Schwindelanfällen. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Internist L. gelangte in seinem zusammenfassenden Gutachten vom 29.06.2007 zu der Einschätzung, dass auch aus internistischer Sicht keine Leistungsminderung von Relevanz vorliege. Mit Bescheid vom 02.07.2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin ab, da sie mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch in der Lage sei, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der hiergegen am 11.07.2007 von der Klägerin eingelegte Widerspruch blieb nach der Einholung der Stellungnahme des Internisten L. vom 31.10.2007 erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007).

Hiergegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) am 02.01.2008 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie sei in ihrem Leistungsvermögen so stark eingeschränkt, dass ihr Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts von sechs Stunden und mehr in einer 5-Tage-Woche nicht mehr zugemutet werden könnten.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zunächst Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Arzt für Innere Medizin Dr. B. hat mitgeteilt (Auskunft vom 17.02.2008), die Klägerin könne aufgrund ihrer Gesundheitsstörungen (ua Fibromyalgie, depressiv-schizoaffektive Störung, Erschöpfungszustand und Multiple Sklerose) selbst eine leichte Arbeit nicht mehr drei Stunden verrichten. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. A. hat angegeben (Auskunft vom 13.02.2008), die Klägerin könne sich nur noch unter Schmerzen mit dem Rollator bewegen und sei nur noch fähig, unter zwei Stunden leichte körperliche Arbeiten im Sitzen zu verrichten. Facharzt für Orthopädie Dr. H. hat ausgeführt (Auskunft vom12.02.2008), die Klägerin könne wegen der bestehenden Coxarthrose nur noch halb- bis untervollschichtig arbeiten. Facharzt für Nervenheilkunde Dr. R. hat mitgeteilt (Auskunft vom25.02.2008), wegen der Mehrfacherkrankung könne die Klägerin keine Arbeitsleistung mehr erbringen. Neurologe und Psychiater Dr. K. hat angegeben (Auskunft vom 25.02.2008), aufgrund der neuro-psychiatrischen Gesundheitsstörungen mit zusätzlichen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, einer geregelten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Neurologe Dr. J. hat ausgeführt (Auskunft vom 05.30.2008), die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer Multiplen Sklerose mit schubförmigem Verlauf. Sie sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Das SG hat daraufhin die Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. Z. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. eingeholt.

Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 04.07.2008 angegeben, eindeutige Paresen, Muskelatrophien oder wesentliche Reflexdifferenzen im Bereich der unteren Extremitäten hätten nicht festgestellt werden können. An beiden Schultergelenken bestehe eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung für Vorhebung, Seithebung und Drehbewegungen mit positivem Impingementzeichen. An der linken Hüfte bestehe eine endgradige Funktionseinschränkung für die Drehbewegung in Beugestellung. Die Klägerin sei zwar mit dem Rollator zur Untersuchung gekommen, könne sich jedoch innerhalb des Raumes auf ebenem Boden sicher ohne Rollator frei bewegen. Zur Überwindung der vier Stufen beim Treppabgehen werde der Rollator auch angehoben. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Aus orthopädischer Sicht sei die Wegefähigkeit auch nicht eingeschränkt. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 28.08.2008 angegeben, die Klägerin leide an einer affektiv themenabhängig depressiven Stimmungsauslenkung ohne Nachweis einer Antriebsstörung und ohne Verlust der Fähigkeit, sich zu freuen. Es bestehe eine leichte Einschränkung der Vitalgefühle mit erhöhter psychosomatischer Anspannung und diffusen Schmerzangaben. Die Klägerin zeige histrionische und ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsmerkmale. Unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen (ua Vermeiden von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen aufgrund der episodisch auftretenden Schwindelsymptomatik) sei die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten acht Stunden am Tag im Rahmen einer 5-Tage-Woche auszuüben. Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen seien nicht nötig. Darüber hinaus sei auch die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. vom 12.05.2009 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Klägerin leide an einer depressiven Störung mit fehlender Lebensfreude, ausgeprägter Regression und Resignation sowie Einengung des Denkens und Fühlens auf vermehrtes Schmerzerleben. Darüber hinaus bestehe eine Gangstörung, eine sensible Störung und Schwäche der Hände, zentrale Schmerzen durch Entmarkungsherd im Rückenmark, eine neurogene Blasenstörung, eine rasche Erschöpfung im Sinne eines Fatigue-Syndroms, eine Tremorsymptomatik (nicht weiter bekannte Ursache) und neuropathische Schmerzen durch eine nachgewiesene Polyneuropathie. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Grund hierfür seien die komplexen Behinderungen. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Die Beklagte ist dem Gutachten des Prof. Dr. K. mit einer Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. entgegen getreten.

Mit Urteil vom 31.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Leistungsvermögen der Klägerin sei aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörungen nur qualitativ eingeschränkt. Unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen sei sie aber noch in der Lage, leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten im Rahmen einer 5-Tage-Woche wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus der insoweit überzeugenden Leistungsbeurteilung der Gutachter Dr. Z. und Dr. N. sowie aus den im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachtern Dr. L., Dr. B. und Dr. S ... Die Einschätzung des Dr. K. rechtfertige kein anderes Ergebnis. Die von ihm erhobenen Befunde trügen nicht die daraus gefolgerte Leistungseinschränkung. Denn das Beschwerdebild, das die Klägerin geschildert habe, weiche nicht von dem zuvor von den Amtsgutachtern Dr. N. und Dr. Z. erhobenen Beschwerdebild ab. Es sei auch nicht erkennbar, dass die multiple Sklerose zu rentenrelevanten Funktionseinschränkungen führe. Schließlich habe die Klägerin trotz dieser Diagnose ihre damalige Arbeit als Bandarbeiterin noch bis zu ihrer Kündigung im Jahr 2003 fortgeführt. Deshalb sei auch nicht den Leistungsbeurteilungen der sachverständigen Zeugen Dres. A., B., H. sowie R. zu folgen.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.09.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Gutachten des Dr. Z. sei unvollständig und lasse der Eigenanamnese viel zu wenig Raum. Der Gutachter habe auch die bei ihr vorliegenden Schmerzen nicht ordnungsgemäß ermittelt. Ihr Krankheitsbild verschlechtere sich andauernd. Das Gutachten des Dr. N. widerspreche dem des Dr. Z. schon darin, wonach der beiderseitige Einbeinstand für Herrn Z. unproblematisch habe durchgeführt werden können, aber bei Dr. N. nicht funktioniert habe. Darüber hinaus sei sie auf den ständigen Gebrauch des Rollators selbst für kurze Gehstrecken angewiesen. Dr. K. habe des Weiteren eine Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes festgestellt. Sie leide aufgrund der multiplen Sklerose nunmehr an ausgeprägten motorischen Beeinträchtigungen mit Gangunsicherheit. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin die ärztlichen Stellungnahmen des Dr. B. vom 18.10.2010 und des Dr. A. vom 26.09.2010 sowie den Arztbrief des Dr. K. vom 09.11.2010 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.09.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.03.2007 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat den Versicherungsverlauf vom 16.03.2012 vorgelegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien danach nur bis zum 31.08.2009 erfüllt. In der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2012 hat der Beklagtenvertreter angegeben, Pflichtversicherungszeiten seien von der Agentur für Arbeit bis einschließlich 31.12.2011 nachgemeldet worden. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien danach erfüllt.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. C., des Neurologen Prof. Dr. K. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. eingeholt.

Prof. Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 05.04.2011 angegeben, im Bereich der Halswirbelsäule bestehe nach klinischem Befund eine end- bis mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungsebenen. Infolge Gegenspannung sei jedoch das exakte Bewegungsausmaß nicht eindeutig beurteilbar. Hinweise für eine Reizung der von der Halswirbelsäule ausgehenden Nervenwurzeln hätten nicht bestanden. Im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehe nach klinischem Befund wohl eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungsebenen, wobei jedoch eine Verdeutlichungstendenz erkennbar gewesen sei. So werde eine Vorneigung im Stehen nur um wenige Grad nicht vorgenommen, der Langsitz auf der Untersuchungsliege könne jedoch relativ gut durchgeführt werden. Auch im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehe keine Reizung der Nervenwurzeln. Der radiologische Befund sei vielmehr altersentsprechend unauffällig gewesen. Im Bereich des rechten Hüftgelenks liege ein künstliches Hüftgelenk reizfrei ohne Hinweis für Lockerung mit freier Funktion vor. Der wohl schwerwiegendste Befund befinde sich am linken Hüftgelenk. Hier zeigten sich radiologisch hochgradige Verschleißerscheinungen mit der klinischen Folge einer eingeschränkten Beweglichkeit und Belastbarkeit (Beugung links 80° Grad; rechts 90° Grad). Darüber hinaus bestehe eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit links. Prinzipiell bestehe sowohl hinsichtlich der Befunderhebung als auch hinsichtlich der gutachterlichen Beurteilung der Befunde Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr. Z ... Allerdings seien nunmehr die Veränderungen vorangeschritten, sodass er davon ausgehe, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten drei bis weniger als sechs Stunden täglich auszuüben. Grund hierfür seien die Veränderungen im Bereich des linken Hüftgelenks. Diese könnten jedoch durch die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks nachhaltig und dauerhaft gebessert werden. Schließlich sei auch die Wegefähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.06.2011 hat Prof. Dr. C. ausgeführt, die Schmerzen beim Sitzen seien auch durch ein Keilkissen oder durch eine entsprechend angepasste Sitzfläche nur unvollständig kompensierbar.

Prof. Dr. K. hat im Gutachten vom 17.10.2011 angegeben, bei mehrfacher Durchführung und Möglichkeit des zwischenzeitlichen Ausruhens habe die Klägerin alle Kraftprüfungen im Liegen sowohl für die oberen, wie auch für die unteren Extremitäten ohne Hinweis auf latente oder manifeste Paresen durchführen können. Es bestünden auch keine muskulären Atrophien und keine Kontrakturen. In der Untersuchungssituation sei einmalig für wenige Sekunden ein einschlägiger Tremor beider oberer Extremitäten aufgetreten. Die Stimmungslage sei massiv zum depressiven Pol hin verschoben. Die Klägerin habe die Kränkung, zu Unrecht des Diebstahls im Rahmen ihrer zuletzt ausgeübten Beschäftigung in der Schokoladenfabrik beschuldigt worden zu sein, noch keineswegs überwunden. Die Klägerin leide an folgenden Gesundheitsstörungen: Depressive Störung mit depressiver Entwicklung und Somatisierungsstörung (DD Komponente einer organischen affektiven Störung), oligosymptomatische Multiple Sklerose vom schubförmigen Verlaufstyp mit bislang zwei Schüben 1998 und 2003 sowie residueller sensibler Symptomatik, Polyarthrose mit Coxarthrose beidseits sowie leichtgradigen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen ohne assoziierte neurologische Defizite, Verdacht auf rezidivierende Synkopen, diabetische Stoffwechsellage und metabolisches Syndrom. Die Schübe 1998 und 2003 seien als sehr gering zu bewerten. Sie hätten nicht zu funktionellen Einschränkungen geführt. Auch motorische Defizite im Sinne einer zentralen Parese oder Spastik lägen klinisch nicht vor. Zudem bestünden noch weitere Therapieoptionen zur Behandlung der Multiplen Sklerose, die bislang nicht ausgeschöpft seien. Die ausgeprägte depressive Störung sei funktionell als die wesentliche Gesundheitsstörung zu bewerten. Insofern werde die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens angeregt. Festzuhalten sei, dass die Gangstörung nicht durch fokal-neurologische Defizite bedingt sei. Maßgeblich seien eher die orthopädischen Erkrankungen unter Berücksichtigung des Schmerzerlebens bei depressivem Syndrom. Aktuell könne die Klägerin aufgrund der schweren Beeinträchtigung auf psychiatrischem Fachgebiet, nicht auf neurologischem Fachgebiet, auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ausüben.

Prof. Dr. W. hat in ihrem Gutachten vom 10.02.2012 festgehalten, die Klägerin habe angegeben, den Rollator draußen zu benutzen, zB wenn sie zur Tochter gehe. Die Distanz zur Tochter betrage ca 100 m. Sie besuche sie zwei bis drei Mal in der Woche. Im vergangenen Jahr sei sie mit der Tochter und dem Ehemann im Auto nach Bosnien gefahren. Man habe oft anhalten müssen, da sie nicht mehr habe sitzen können. Es falle eine Beschwielung der rechten Hand auf, jedoch keine Beschwielung der linken Hand. An beiden Händen bestehe jedoch an der Handwurzel rauhere gerötete Haut, auf die die Klägerin hingewiesen habe, wobei sie betont habe, dies habe sie erst, seit sie einen Rollator benutze. Während des Gesprächs sei kurz ein Zittern der linken Hand aufgetreten. Es bestehe aber keine Störung der Feinmotorik, wenn die Klägerin mit ihren Unterlagen und der Brille hantiere. Außerdem bestehe auch kein Gleichgewichtsproblem. Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnisstörungen seien nicht aufgefallen, auch bestehe ein gutes Aufmerksamkeitsniveau. Die affektive Resonanzfähigkeit sei gut. Inzwischen sei sicher davon auszugehen, dass die Klägerin nicht mehr schwer depressiv sei. Ein Vollbild der Somatisierungsstörung liege ebenfalls nicht vor, sodass von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung mit rezidivierenden depressiven Episoden (aktuell allenfalls leicht depressiv) auszugehen sei. Darüber hinaus leide die Klägerin an einer Multiplen Sklerose mit schubförmigem Verlauf und seltenen Schüben, an seltenem Auftreten von Synkopen sowie an einem Verdacht auf diabetische Polyneuropathie. Bei der Untersuchung habe sich zudem gezeigt, dass das Gangbild ohne Rollator besser als mit Rollator gewesen sei. Aus therapeutischer Sicht sei es deshalb wahrscheinlich sinnvoll, auf die Benutzung des Rollators zu verzichten. Die sozialen Beziehungen wirkten weitgehend ungestört und die Klägerin sei auch noch in der Lage, im Haushalt durchaus Kontrollfunktionen auszuüben. Eine quantitative Störung der Leistungsfähigkeit resultiere aus den erhobenen Befunden nicht. Aus neurologischer und psychiatrischer Sicht sei sie in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren Darstellung von Prof. Dr. C. bestehe aber wegen der Gelenkveränderungen und der damit einhergehenden Schmerzen eine auf drei bis unter sechs Stunden täglich eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Für die Beklagte hat Dr. H. (Stellungnahme vom 08.03.2012) und Dr. W. (Stellungname vom 14.03.2012) Stellung genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 02.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder ab dem 01.03.2007 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da sie noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31.12.2007 nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Klage- und Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Die maßgeblichen Leiden der Klägerin liegen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Im Bereich der Halswirbelsäule besteht eine end- bis mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungsebenen. Auch im Bereich der Lendenwirbelsäule leidet die Klägerin an einer endgradigen Einschränkung der Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungsebenen. Eine Reizung der von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Nervenwurzeln liegt jedoch nicht vor. Insofern ist auch der radiologische Befund altersentsprechend unauffällig. Im Bereich des rechten Hüftgelenks liegt ein künstliches Hüftgelenk reizfrei ohne Hinweis für Lockerung mit freier Funktion vor. Im Vordergrund stehen auf orthopädischem Fachgebiet die radiologisch hochgradigen Verschleißerscheinungen mit der klinischen Folge einer eingeschränkten Beweglichkeit und Belastbarkeit des linken Hüftgelenks (Beugefähigkeit 80° Grad). Darüber hinaus besteht eine eingeschränkte Beweglichkeit des linken Schultergelenks. Der Schürzengriff ist zwar möglich, der Nackengriff ist jedoch eingeschränkt. Die genannten krankhaften Veränderungen auf orthopädischem Fachgebiet ergeben sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. C. vom 05.04.2011. Bereits Dr. Z. hatte in seinem Gutachten vom 04.07.2008 im Wesentlichen ähnliche Befunde erhoben. Allerdings waren die von ihm erhobenen Bewegungsumfänge etwas besser als bei der Untersuchung durch Prof. Dr. C ... Auch bei Spontanbewegungen wie An- und Ausziehen oder Umdrehen war ein besseres Bewegungsausmaß zu registrieren. Insofern ist es für den Senat nachvollziehbar, wenn Prof. Dr. C. darauf hinweist, dass hinsichtlich der Befunderhebung und der gutachterlichen Beurteilung der Befunde Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr. Z. besteht, jedoch davon auszugehen ist, dass seit dessen Untersuchung im Jahr 2008 die Veränderungen vorangeschritten sind.

Darüber hinaus leidet die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet an einer oligosymptomatischen Multiplen Sklerose mit schubförmigem Verlauf (bislang zwei Schübe 1998 und 2003) sowie an einer residuellen sensiblen Symptomatik. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. K. vom 17.10.2011. Soweit dieser jedoch von einer ausgeprägten depressiven Störung ausgegangen ist, steht dem die für den Senat nachvollziehbare und schlüssige Einschätzung der Prof. Dr. W. in ihrem Gutachten vom 10.02.2012 entgegen, die dargelegt hat, dass zwar eine undifferenzierte Somatierungsstörung vorliegt, jedoch keine schwere Depression. Vielmehr leidet die Klägerin an rezidivierenden depressiven Episoden, wobei sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. allenfalls leicht depressiv war. Der Senat misst der diesbezüglichen Einschätzung der Prof. Dr. W. ein höheres Gewicht bei, als der Einschätzung des Prof. Dr. K ... Denn als Ärztin für Neurologie und Psychiatrie kann Prof. Dr. W. die psychiatrischen Gesundheitsstörungen fachlich besser beurteilen als Prof. Dr. K., dessen Fachgebiet die Neurologie ist. Darüber hinaus ergibt sich aus dem von der Klägerin gegenüber Prof. Dr. W. geschilderten Tagesablauf und dem Freizeitverhalten, dass eine mittelschwere oder gar schwere Depression nicht vorliegt. So hat die Klägerin regelmäßig Kontakt mit ihren Kindern und mit Nachbarn. Die Enkel kommen zu Besuch und sie selbst besucht zwei- bis dreimal die Woche ihre in der Nähe wohnende Tochter. Schließlich trifft sie sich auch mit Bekannten von Seiten des Schwiegersohnes. Auch war sie im Jahr 2011 im Urlaub in Bosnien. Die Einschätzung der Gutachterin Prof. Dr. W., wonach in vielen Bereichen ein erhaltenes Funktionsniveau besteht, die sozialen Beziehungen weitgehend ungestört sind und die Klägerin darüber hinaus auch noch in der Lage ist, im Haushalt Kontrollfunktionen auszuüben, überzeugt vor dem Hintergrund der eben genannten Alltagsaktivitäten der Klägerin. Hierbei weist der Senat darauf hin, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl nur Urteil vom 20.07.2011, L 11 R 5140/09; vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformen Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen wird.

Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, mittelschwere bis schwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zu vermeiden sind darüber hinaus Tätigkeiten, die mit dem Transportieren von Lasten auf den Schultern verbunden sind oder häufige Kopfzwangshaltungen erfordern. Dies gilt auch für Überkopfarbeiten, Arbeiten überwiegend oder ausschließlich im Stehen, mit häufigem Heben oder Tragen von Lasten über 10 kg und mit vorne übergebeugter Haltung. Diese - aufgrund der bereits genannten Gesundheitsstörungen nachvollziehbaren - qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. C ... Wegen der Somatisierungsstörung sind darüber hinaus Tätigkeiten mit besonderem zeitlichen Druck oder mit hohen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit zu vermeiden. Wegen der Neigung zu depressiven Episoden kann die Klägerin keine Tätigkeiten in Nachtschicht ausüben. Aufgrund der Beeinträchtigung des linken Armes sind darüber hinaus Tätigkeiten zu vermeiden, bei denen dieser häufig beansprucht oder besondere feinmotorische Fähigkeiten gefordert werden. Diese - ebenfalls nachvollziehbaren - qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten der Prof. Dr. W ...

In positiver Hinsicht ist die Klägerin hingegen noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Hierbei sollte es sich um eine überwiegend sitzende Tätigkeit handeln, mit der Möglichkeit des gelegentlichen Wechsels zwischen Sitzen, Stehen und Gehen.

Die genannten Tätigkeiten kann die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben. Dies folgt für den Senat aus dem Gutachten des Prof. Dr. K., der Prof. Dr. W. und den im Klageverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Z. und Dr. N ...

Prof. Dr. K. hat nachvollziehbar dargelegt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine Funktionseinschränkungen bestehen, die zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen. Dies hat auch Prof. Dr. W. in ihrem Gutachten bestätigt. Soweit Prof. Dr. K. davon ausgegangen ist, dass die Klägerin aufgrund psychiatrischer Beschwerden nicht mehr in der Lage ist, Tätigkeiten auszuüben, so hat dies Prof. Dr. W. nachvollziehbar und schlüssig widerlegt. Der Senat folgt insofern ihrer Einschätzung, da - wie bereits dargelegt - weder die Somatisierungsstörung noch die depressive Erkrankung einen Schweregrad erreicht hat, der zu einer zeitlichen Limitierung des Leistungsvermögens führt. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des Dr. N. in seinem Gutachten vom 28.08.2008. Soweit Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 12.05.2009 die Auffassung vertrat, die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden täglich zu verrichten, überzeugt dies den Senat nicht. Denn Prof. Dr. K. hat zur Begründung seiner Leistungseinschätzung lediglich auf die "komplexen Behinderungen" sowie auf den von der Klägerin angegebenen "imperativen Harndrang" nebst "sensibler Störung der Hände" hingewiesen. Weder die auf neurologischem noch die auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen führen jedoch zu funktionellen Leistungseinschränkungen, die sich auf die zeitliche Leistungsfähigkeit auswirken könnten. Dies haben Prof. Dr. K. (auf neurologischem Fachgebiet) und Prof. Dr. W. (auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet) ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere ist der bei Prof. Dr. K. und Prof. Dr. W. aufgetretene Tremor der Hände jeweils nur sehr kurzzeitig gewesen. Darüber hinaus hat Prof. Dr. W. in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Störung der Feinmotorik besteht, wenn die Klägerin mit ihren Unterlagen oder der Brille hantiert. Schließlich hat auch Prof. Dr. K. ausdrücklich hervorgehoben, dass die von der Klägerin angegebenen Sensibilitätsstörungen zwar mit der Erkrankung einer Multiplen Sklerose vereinbar, derzeit aber funktionell nicht als relevant anzusehen sind. Motorische Defizite im Sinne einer zentralen Parese oder einer Spastik liegen klinisch nicht vor, sodass sich insgesamt gesehen eine zeitliche Leistungseinschränkung auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht ergibt. Dies hat im Übrigen auch Dr. J. in seiner Arztauskunft vom 05.03.2008 angegeben. Aus den genannten Gründen ist auch nicht den Leistungseinschätzungen des Dr. B. vom 18.10.2010, des Dr. A. vom 26.09.2010 und des Dr. K. vom 09.11.2010 zu folgen. Soweit dieser eine schwere Gangunsicherheit diagnostiziert hat, überzeugt dies den Senat nicht. Sowohl Dr. Z., als auch Dr. N., Prof. Dr. K., Prof. Dr. C. und Prof. Dr. W. haben jeweils bestätigt, dass die Wegefähigkeit der Klägerin besteht und sie mithin in der Lage ist, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen bzw zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. In diesem Zusammenhang hat Prof. Dr. W. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gangbild der Klägerin ohne Rollator besser als mit Rollator war, weshalb sie aus therapeutischer Sicht empfohlen hat, auf die Benutzung des Rollators zu verzichten.

Auch die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet führen nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin. Soweit Prof. Dr. C. diesbezüglich eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden täglich annimmt, überzeugt dies den Senat nicht. Prof. Dr. C. hat diese zeitliche Leistungseinschränkung allein auf die Beschwerden im Bereich des linken Hüftgelenks zurückgeführt. Die Beklagte hat jedoch durch die Ärztin für Orthopädie Dr. H. (Stellungnahme vom 24.05.2011) zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Einschränkung der Hüftbeweglichkeit auf 80° Grad Beugung eine quantitative Leistungseinschränkung nicht rechtfertigt. Denn bei einer Beugefähigkeit von 80° Grad im linken Hüftgelenk kann gegebenenfalls auch mit einem handelsüblichen Keilkissen die eingeschränkte Beugefähigkeit ausgeglichen werden. Darüber hinaus besitzen zahlreiche Arbeitsstühle eine einstellbare Sitzflächenneigung, sodass durch leichtes Neigen der Sitzfläche ebenfalls ein Ausgleich einer eingeschränkten Hüftbeugung erreicht werden kann. Soweit Prof. Dr. C. in diesem Zusammenhang nur von einer "unvollständigen" Kompensation ausgeht, ist darauf hinzuweisen, dass er insbesondere bei seiner Leistungsbeurteilung die von ihm selbst wahrgenommene Verdeutlichungstendenz der Klägerin nicht kritisch reflektiert hat, sodass seine Leistungseinschätzung nicht überzeugt. Aus diesem Grund kann auch der Senat der Einschätzung der Prof. Dr. W., wonach die Gelenkveränderungen und die damit einhergehenden Schmerzen zu einer drei- bis unter sechsstündigen Leistungsfähigkeit führen, nicht überzeugen. Denn Prof. Dr. W. hat sich hierbei ausdrücklich und ausschließlich auf die für sie fachfremde Einschätzung des Prof. Dr. C. berufen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01.01.2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20.04.2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist zwar vor dem 02.01.1961 geboren. Sie hat jedoch keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Arbeiterin beschäftigt. Die Klägerin kann daher auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass ihr eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsste. Wie bereits dargelegt ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung der ebenfalls bereits genannten qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Berufsunfähigkeit liegt daher nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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