Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2231/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit L 6 SB 2923/09 durch den Vergleich vom 2. März 2011 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das auf die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) gerichtete und unter dem Aktenzeichen L 6 SB 2923/09 geführte Verfahren durch Vergleich vom 02.03.2011 erledigt worden ist.
Der 1957 geborene Kläger beantragte am 22.11.2004 die Feststellung des GdB. Das Landratsamt B.-H. holte den Befundbericht des Internisten Dr. B. vom 02.02.2005 ein und zog diverse Arztbriefe bei. Dr. M. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.02.2005 als Behinderungen einen Diabetes mellitus (Teil-GdB 20), einen Bluthochdruck (Teil-GdB 20) sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, des rechten Kniegelenks und beider Hüftgelenke (Teil-GdB 10) und bewertete den Gesamt-GdB mit 30. Mit Bescheid vom 28.02.2005 stellte das Landratsamt den GdB des Klägers mit 30 seit 22.11.2004 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 01.04.2005 Widerspruch ein. Die Versorgungsärztin K. hielt in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.06.2005 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.07.2005 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Er hat weitere Arztbriefe vorgelegt.
Dr. F. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.11.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Polyneuropathie (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 30 bewertet.
Das Sozialgericht hat Dr. B. unter dem 31.01.2007 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und verschiedene Arztbriefe beigezogen. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.04.2007 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung festgehalten.
Das Sozialgericht hat sodann von Amts wegen das aufgrund der Untersuchung vom 11.07.2007 erstellte Gutachten des Internisten und Kardiologen Prof. Dr. Z. vom 08.08.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat eine derzeit unklare Raumforderung im Bereich des linken oberen Nierenpols, eine Fettleber ohne Funktionsbeeinträchtigung der Leber, einen derzeit medikamentös gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II ohne sichere diabetische Netzhautveränderungen, eine distal betonte, relativ gering ausgeprägte Polyneuropathie, eine derzeit gut eingestellte arterielle Hypertonie mit geringgradigen Netzhautgefäßveränderungen und einer fraglich geringgradigen Septumhypertrophie ohne Beeinträchtigung der systolischen oder diastolischen Lungenvolumen-Pumpfunktion sowie ein derzeit unklares, polytopes Schmerzsyndrom beschrieben und für die Bewertung des GdB wegen des Befundes im linken oberen Nierenpol weitere Untersuchungen für erforderlich gehalten. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 13.09.2007 hat Prof. Dr. Z. ausgeführt, bis zum Beweis des Gegenteils sei zunächst von einem Tumor auszugehen, der im Falle eines Hypernephroms immer bösartig sei und dann auch dringendst operiert werden müsse. Dr. G. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.12.2007 dargelegt, bei derzeitigem Informationsstand ergebe sich keine ausreichende Grundlage für eine Höherbewertung des GdB. Hierauf hat der Kläger erneut Arztbriefe, insbesondere denjenigen des Radiologen Dr. E. vom 20.07.2007, in dem eine unauffällige Darstellung der Nieren beidseits angegeben worden ist, vorgelegt.
Daraufhin hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Internisten Dr. Ho. vom 30.06.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat einen bislang durch Diät und mit Antidiabetika eingestellten Diabetes mellitus Typ II (Teil-GdB 20), hieraus folgend eine leichtgradige periphere Polyneuropathie (Teil-GdB 10) und eine Hyerlipidämie, als Ausdruck einer autonomen Neuropathie, eine leichtgradige Harninkontinenz (Teil-GdB 10) und eine erektile Dysfunktion (Teil-GdB 20), eine die körperliche Belastbarkeit nicht beeinträchtigende arterielle Hypertonie (Teil-GdB 10) sowie als polytopes Schmerzsyndrom chronische beziehungsweise rezidivierende Beschwerden im Kreuzbeinbereich, in den Kniegelenken und im Halswirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm (Teil-GdB 30) beschrieben und den Gesamt-GdB mit 40 bewertet. Dr. G. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.10.2008 als zusätzliche Behinderungen eine Entleerungsstörung der Harnblase sowie eine erektile Dysfunktion (Teil-GdB 10) berücksichtigt und den Gesamt-GdB weiterhin mit 30 bewertet. Dr. Ho. hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 02.11.2008 ausgeführt, die unklare Raumforderung im Bereich des linken oberen Nierenpols sei durch eine erneute Ultraschalluntersuchung inzwischen widerlegt. Ferner hat er an seiner GdB-Beurteilung festgehalten. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.12.2008 ausgeführt, es ergäben sich keine Gesichtspunkte für eine höhere GdB-Bewertung. Der sodann vom Kläger vorgelegte Bericht des Diabetologen Dr. Ba. vom 04.03.2009, in dem angegeben worden ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit sei eine Insulintherapie erforderlich, hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.03.2009 nicht dazu veranlasst, die Feststellung eines höheren GdB vorzuschlagen.
Mit Beschluss vom 23.04.2009 hat das Sozialgericht unter Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.05.2009 bestimmt. Nachdem das Sozialgericht den Verlegungsantrag der ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers abgelehnt hatte, haben diese und der Beklagte auf Anregung des Sozialgerichts einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Daraufhin hat das Sozialgericht mit seinem am gleichen Tage zugestellten Beschluss vom 18.05.2009 den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
Mit dem ohne mündliche Verhandlung am 20.05.2009 ergangenen Urteil hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Diabetes mellitus sowie die Hypertonie seien jeweils mit einem Teil-GdB von 20 und die Polyneuropathie, die Inkontinenz und die erektile Dysfunktion, der Wirbelsäulenschaden sowie der Schaden im Bereich des rechten Kniegelenks und der beiden Hüftgelenke seien jeweils mit einem Teil-GdB von 10, somit der Gesamt-GdB mit 30 seit Antragstellung zu bewerten.
Der Kläger hat gegen das seinen damaligen Prozessbevollmächtigten am 27.05.2009 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.06.2009 Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist unter dem Aktenzeichen L 6 SB 2923/09 geführt worden.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Kläger die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht begehrt. Dieses habe durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden, obwohl es zunächst eine mündliche Verhandlung unter Anordnung des persönlichen Erscheinens anberaumt habe. Es habe nach Erhalt der Zustimmung für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung lediglich mitgeteilt, der Termin zur mündlichen Verhandlung werde aufgehoben, ohne einen Beschluss des Inhalts zu erlassen, dass aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehe, ohne einen Termin für die Entscheidung zu bestimmen und ohne den Beteiligten ein Schriftsatzrecht einzuräumen. Da er von der Zustimmung für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung von seiner damaligen Prozessbevollmächtigten nicht unterrichtet worden sei, habe er mithin die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung erwartet, im Rahmen derer Dr. Ba. hätte angehört werden müssen. Ferner sei davon auszugehen, dass das fertige Urteil bereits im Zeitpunkt der Verkündung vorgelegen habe.
In materiell-rechtlicher Hinsicht hat der Kläger die Feststellung eines höheren GdB begehrt. Er hat eine Stellungnahme des Dr. Ba., wonach eine Insulintherapie medizinisch absolut begründet sei, vorgelegt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Diabetes mellitus müsse mit einem höheren GdB berücksichtigt werden, da seit Juni 2009 eine Insulintherapie durchgeführt werde.
Der Senat hat Dr. Ba. unter dem 16.11.2009 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat ausgeführt, eine Insulintherapie sei am 24.06.2009 eingeleitet worden. Zusätzlich seien eine diabetische Retinopathie und eine diabetische Polyneuropathie zu berücksichtigen. Störungen der Nierenfunktion seien derzeit nur in geringem Ausmaß vorhanden. Häufige ausgeprägte oder schwere Hypoglykämien lägen derzeit nicht vor. Die Therapie sei im Augenblick noch so unzureichend, dass die Stoffwechselkontrolle weit davon entfernt sei, Hypoglykämien produzieren zu können. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.02.2010 den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 30 und unter Aufrechterhaltung der bisher versorgungsärztlich beurteilten Teil-GdB-Werte den Gesamt-GdB mit 40 seit 24.06.2009 bewertet. Er hat ferner ausgeführt, um die Qualität der Diabeteseinstellung exakt bewerten zu können, sollten die im weiteren Verlauf gemessenen Blutzucker- und HbA1c-Werte mitgeteilt werden. Hierauf basierend hat der Beklagte unter dem 16.02.2010 vergleichsweise die Feststellung des GdB mit 40 ab 24.06.2009 angeboten. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen.
Auf Anfrage des Senats hat Dr. Ba. unter dem 19.04.2010 mitgeteilt, der HbA1c-Wert habe unter Therapie von 8,5 auf 7,9 und zuletzt 7,4 % verbessert werden können. Schwere Hypoglykämien seien ebenso wie ein extrem hoher Blutzucker nicht mehr, jedoch noch häufiger deutlich erhöhte Blutzucker-Werte bis circa 220 mg/dl vorgekommen. Bezüglich der Kontrolle des Glukosestoffwechsels lasse sich also sagen, dass keine ausgeprägte Instabilität mehr vorliege, jedoch von einem guten Behandlungsergebnis noch keine Rede sein könne. Behandlungsziel bei dem Alter des Klägers und bereits festzustellender Spätschäden sei ein HbA1c-Wert unter 6,5 %. Aufgrund des beginnenden Nierenschadens und der schweren peripheren Polyneuropathie halte er einen GdB von mindestens 40 für zutreffend.
Nachdem es der Senat abgelehnt hatte, im Beschlusswege das Verfahren an das Sozialgericht zurückzuverweisen, hat der Kläger nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung die Vorsitzende und den Berichterstatter als befangen abgelehnt (Schreiben vom 25.02.2011). Mit Beschluss vom 01.03.2011 hat der Senat - in Besetzung eines Senatsmitglieds und den zwei für die abgelehnten Richter zuständigen Vertretern zweier anderer Senate - das Befangenheitsgesuch abgelehnt. Der Senat hat zur Begründung ausgeführt, dass die Vorsitzende eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht nicht in die Wege geleitet, sondern vielmehr die Sache terminiert habe, vermöge eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Denn der Kläger übersehe, dass die von ihm begehrte Zurückverweisung ein Urteil voraussetze. Mit Blick auf die Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung ergebe sich auch im Übrigen kein vernünftiger Ablehnungsgrund. Die Rüge des Klägers, der Termin sei äußerst kurzfristig anberaumt worden, treffe nicht zu, da ihm die Ladung zum Termin fast drei Wochen vor der anberaumten Sitzung zugestellt worden sei. Dass sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden, eine Ladung des Sachverständigen Dr. Ba. nicht erfolgt und auch eine sonstige Beweisaufnahme nicht signalisiert worden sei, vermöge kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden zu begründen. Eine Besorgnis der Befangenheit ergebe sich auch nicht in Bezug auf den Berichterstatter. Eine solche Besorgnis lasse sich nicht aus der sachlich gehaltenen und zudem ausdrücklich lediglich vorläufigen Meinungsäußerung des Berichterstatters über die Rechtslage ableiten. Auch treffe das Vorbringen des Klägers, der Berichterstatter habe ihm die Auflage gemacht, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, nicht zu. Vielmehr habe er lediglich auf diese Möglichkeit hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang mit der Begründung, das Gericht habe zunächst einen Sachverständigen beauftragt, der bereits erstinstanzlich aus seiner Voreingenommenheit keinen Hehl gemacht habe, eine nach seiner Auffassung mangelnde richterliche Sorgfalt rüge, genüge dies für eine Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Einlassung des Klägers, der Berichterstatter habe seinen schriftlichen Antrag auf Zurückverweisung lediglich als Anregung angesehen und keine weiteren Maßnahmen ergriffen, lasse keinen Befangenheitsgrund erkennen, zumal für die Entscheidung des Rechtsstreits die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge maßgeblich seien.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2011 hat der Kläger ausgeführt, zwei- bis viermal täglich seinen Blutzucker zu kontrollieren, dreimal täglich Insulin zu spritzen und zusätzlich Metformin einzunehmen.
Daraufhin hat sich der Beklagte auf Vorschlag des Senats im Beisein des Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Vergleich verpflichtet, den GdB mit 50 seit 24.06.2009 festzustellen sowie die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten, und ist der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Der Vergleich ist den Beteiligten vorgespielt und von ihnen genehmigt worden. Die Ausfertigungen des Vergleichs sind den Beteiligten zugestellt worden.
Seine beim Bundessozialgericht erhobene Beschwerde (B 9 SB 31/11 B) hat der Kläger zurückgenommen, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass er den Vergleich anfechten müsse.
Am 18.03.2011 hat der Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen, denn der Senat habe in korrekter Besetzung erneut über seinen Befangenheitsantrag zu entscheiden und über seinen Zurückverweisungsantrag zu verhandeln. Er hat zur Begründung ausgeführt, er habe sich durch die Verhandlung überrumpelt gefühlt und sich darauf verlassen, dass lediglich über seinen Zurückverweisungsantrag entschieden werde. Er habe sich im Termin mit seiner Diabetes-Erkrankung "grenzwertig" gefühlt und Sprachschwierigkeiten gehabt. Ferner sei über seinen Befangenheitsantrag in falscher Besetzung entschieden worden.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2009 aufzuheben, den Bescheid vom 28. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2005 abzuändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 für die Zeit vor dem 24. Juni 2009 festzustellen, hilfsweise die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit L 6 SB 2923/09 durch den Vergleich vom 2. März 2011 erledigt ist, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogene Akte L 6 SB 2923/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 6 SB 2923/09. Denn dieses ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 02.03.2011 beendet worden.
Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, zur Niederschrift des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können.
Der Prozessvergleich hat nach herrschender Meinung eine Doppelnatur. Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits eine Prozesshandlung, die den Rechtsstreit unmittelbar beendet und deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts richtet (BSG, Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 51/90; BSG, Urteil vom 26.04.1963 - 2 RU 228/59 - jeweils zitiert nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 101 Rz. 3, 17 und 17a; HK-SGG/Roller, § 101 Rz. 2).
Es sind keine prozessrechtlichen Gründe für eine Unwirksamkeit des Prozessvergleichs ersichtlich. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 02.03.2011, die eine öffentliche Urkunde darstellt, ist dem Kläger seine Erklärung zum Abschluss des Vergleiches vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Der Kläger bestreitet auch nicht, diese Erklärung abgegeben zu haben. Prozesshandlungen - wie die Zustimmung zu einem gerichtlichen Vergleich - können nur unter engen Voraussetzungen wie zum Beispiel beim Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nach § 179 SGG und §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) oder, wenn der Grundsatz von Treu und Glauben ein Festhalten an der Prozesshandlung verbietet, widerrufen werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, Vor § 60 Rz. 12a). Derartige Gründe für den Widerruf des Vergleichs und die Fortsetzung des Verfahrens, zu denen auch arglistige Täuschungen beziehungsweise Drohungen bei Vergleichsabschluss gehören, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des gerichtlichen Vergleichs nach den §§ 116 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder seine Unwirksamkeit nach § 779 Abs. 1 BGB vor. Soweit der Kläger der Auffassung ist, er habe den Vergleich irrtümlich abgeschlossen, handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Auch der Hinweis des Klägers auf Verständnisschwierigkeiten, da kein Dolmetscher geladen worden sei, verfängt nicht. Denn er hat den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht nur folgen können, sondern seinen Gesundheitszustand so geschildert, dass es zum Abschluss des Vergleichs gekommen ist. Weder er noch der ihn in der mündlichen Verhandlung begleitende Prozessbevollmächtigte haben im Übrigen etwaige Sprachschwierigkeiten geltend gemacht. Dasselbe gilt für den jetzt gemachten Hinweis des Klägers, er sei im Termin mit seiner Diabetes-Erkrankung "grenzwertig" gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen ist, die Tragweite des geschlossenen Vergleichs nicht erfassen zu können, hatte und hat der Senat nicht.
Auch die sonstigen vom Kläger vorgebrachten Einwände rechtfertigen dessen auf die Fortsetzung des Verfahrens gerichtetes Begehren nicht. Wie sich der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter durch die mündliche Verhandlung hätten überrumpelt fühlen können, da sie sich darauf verlassen hätten, dass lediglich über den zuvor schriftlich gestellten Zurückverweisungsantrag entschieden werde, erschließt sich nicht und ist auch nicht nachvollziehbar. Dagegen spricht, dass der Senat schon im Vorfeld der Verhandlung schon in seiner Verfügung vom 15.12.2010 darauf hingewiesen hatte, dass eine isoliert anfechtbare Entscheidung allein über das Zurückverweisungsbegehren nicht erfolgen werde. Auch das Vorbringen des Klägers, über seinen Befangenheitsantrag sei in falscher Besetzung entschieden worden, lässt die Wirksamkeit des geschlossenen Vergleichs unberührt. Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass das Befangenheitsgesuch in ordnungsgemäßer Besetzung abgelehnt worden ist. Denn bei Ablehnung eines oder mehrerer Mitglieder eines Senats ist der jeweilige Senat zuständig, der ohne die abgelehnten Senatsmitglieder entscheidet, sofern - wie vorliegend - nicht alle Senatsmitglieder abgelehnt sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 60 Rz. 13).
Es liegen deshalb keine Gründe für eine Unwirksamkeit des Vergleichs vor. Daher ist eine Fortsetzung des früheren Berufungsverfahrens mit einer Sachentscheidung über das Berufungsbegehren des Klägers nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das auf die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) gerichtete und unter dem Aktenzeichen L 6 SB 2923/09 geführte Verfahren durch Vergleich vom 02.03.2011 erledigt worden ist.
Der 1957 geborene Kläger beantragte am 22.11.2004 die Feststellung des GdB. Das Landratsamt B.-H. holte den Befundbericht des Internisten Dr. B. vom 02.02.2005 ein und zog diverse Arztbriefe bei. Dr. M. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.02.2005 als Behinderungen einen Diabetes mellitus (Teil-GdB 20), einen Bluthochdruck (Teil-GdB 20) sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, des rechten Kniegelenks und beider Hüftgelenke (Teil-GdB 10) und bewertete den Gesamt-GdB mit 30. Mit Bescheid vom 28.02.2005 stellte das Landratsamt den GdB des Klägers mit 30 seit 22.11.2004 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 01.04.2005 Widerspruch ein. Die Versorgungsärztin K. hielt in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.06.2005 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.07.2005 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Er hat weitere Arztbriefe vorgelegt.
Dr. F. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.11.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Polyneuropathie (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 30 bewertet.
Das Sozialgericht hat Dr. B. unter dem 31.01.2007 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und verschiedene Arztbriefe beigezogen. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.04.2007 an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung festgehalten.
Das Sozialgericht hat sodann von Amts wegen das aufgrund der Untersuchung vom 11.07.2007 erstellte Gutachten des Internisten und Kardiologen Prof. Dr. Z. vom 08.08.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat eine derzeit unklare Raumforderung im Bereich des linken oberen Nierenpols, eine Fettleber ohne Funktionsbeeinträchtigung der Leber, einen derzeit medikamentös gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II ohne sichere diabetische Netzhautveränderungen, eine distal betonte, relativ gering ausgeprägte Polyneuropathie, eine derzeit gut eingestellte arterielle Hypertonie mit geringgradigen Netzhautgefäßveränderungen und einer fraglich geringgradigen Septumhypertrophie ohne Beeinträchtigung der systolischen oder diastolischen Lungenvolumen-Pumpfunktion sowie ein derzeit unklares, polytopes Schmerzsyndrom beschrieben und für die Bewertung des GdB wegen des Befundes im linken oberen Nierenpol weitere Untersuchungen für erforderlich gehalten. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 13.09.2007 hat Prof. Dr. Z. ausgeführt, bis zum Beweis des Gegenteils sei zunächst von einem Tumor auszugehen, der im Falle eines Hypernephroms immer bösartig sei und dann auch dringendst operiert werden müsse. Dr. G. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.12.2007 dargelegt, bei derzeitigem Informationsstand ergebe sich keine ausreichende Grundlage für eine Höherbewertung des GdB. Hierauf hat der Kläger erneut Arztbriefe, insbesondere denjenigen des Radiologen Dr. E. vom 20.07.2007, in dem eine unauffällige Darstellung der Nieren beidseits angegeben worden ist, vorgelegt.
Daraufhin hat das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Internisten Dr. Ho. vom 30.06.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat einen bislang durch Diät und mit Antidiabetika eingestellten Diabetes mellitus Typ II (Teil-GdB 20), hieraus folgend eine leichtgradige periphere Polyneuropathie (Teil-GdB 10) und eine Hyerlipidämie, als Ausdruck einer autonomen Neuropathie, eine leichtgradige Harninkontinenz (Teil-GdB 10) und eine erektile Dysfunktion (Teil-GdB 20), eine die körperliche Belastbarkeit nicht beeinträchtigende arterielle Hypertonie (Teil-GdB 10) sowie als polytopes Schmerzsyndrom chronische beziehungsweise rezidivierende Beschwerden im Kreuzbeinbereich, in den Kniegelenken und im Halswirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm (Teil-GdB 30) beschrieben und den Gesamt-GdB mit 40 bewertet. Dr. G. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.10.2008 als zusätzliche Behinderungen eine Entleerungsstörung der Harnblase sowie eine erektile Dysfunktion (Teil-GdB 10) berücksichtigt und den Gesamt-GdB weiterhin mit 30 bewertet. Dr. Ho. hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 02.11.2008 ausgeführt, die unklare Raumforderung im Bereich des linken oberen Nierenpols sei durch eine erneute Ultraschalluntersuchung inzwischen widerlegt. Ferner hat er an seiner GdB-Beurteilung festgehalten. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.12.2008 ausgeführt, es ergäben sich keine Gesichtspunkte für eine höhere GdB-Bewertung. Der sodann vom Kläger vorgelegte Bericht des Diabetologen Dr. Ba. vom 04.03.2009, in dem angegeben worden ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit sei eine Insulintherapie erforderlich, hat Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.03.2009 nicht dazu veranlasst, die Feststellung eines höheren GdB vorzuschlagen.
Mit Beschluss vom 23.04.2009 hat das Sozialgericht unter Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.05.2009 bestimmt. Nachdem das Sozialgericht den Verlegungsantrag der ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers abgelehnt hatte, haben diese und der Beklagte auf Anregung des Sozialgerichts einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Daraufhin hat das Sozialgericht mit seinem am gleichen Tage zugestellten Beschluss vom 18.05.2009 den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
Mit dem ohne mündliche Verhandlung am 20.05.2009 ergangenen Urteil hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Diabetes mellitus sowie die Hypertonie seien jeweils mit einem Teil-GdB von 20 und die Polyneuropathie, die Inkontinenz und die erektile Dysfunktion, der Wirbelsäulenschaden sowie der Schaden im Bereich des rechten Kniegelenks und der beiden Hüftgelenke seien jeweils mit einem Teil-GdB von 10, somit der Gesamt-GdB mit 30 seit Antragstellung zu bewerten.
Der Kläger hat gegen das seinen damaligen Prozessbevollmächtigten am 27.05.2009 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.06.2009 Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist unter dem Aktenzeichen L 6 SB 2923/09 geführt worden.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Kläger die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht begehrt. Dieses habe durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden, obwohl es zunächst eine mündliche Verhandlung unter Anordnung des persönlichen Erscheinens anberaumt habe. Es habe nach Erhalt der Zustimmung für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung lediglich mitgeteilt, der Termin zur mündlichen Verhandlung werde aufgehoben, ohne einen Beschluss des Inhalts zu erlassen, dass aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehe, ohne einen Termin für die Entscheidung zu bestimmen und ohne den Beteiligten ein Schriftsatzrecht einzuräumen. Da er von der Zustimmung für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung von seiner damaligen Prozessbevollmächtigten nicht unterrichtet worden sei, habe er mithin die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung erwartet, im Rahmen derer Dr. Ba. hätte angehört werden müssen. Ferner sei davon auszugehen, dass das fertige Urteil bereits im Zeitpunkt der Verkündung vorgelegen habe.
In materiell-rechtlicher Hinsicht hat der Kläger die Feststellung eines höheren GdB begehrt. Er hat eine Stellungnahme des Dr. Ba., wonach eine Insulintherapie medizinisch absolut begründet sei, vorgelegt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Diabetes mellitus müsse mit einem höheren GdB berücksichtigt werden, da seit Juni 2009 eine Insulintherapie durchgeführt werde.
Der Senat hat Dr. Ba. unter dem 16.11.2009 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat ausgeführt, eine Insulintherapie sei am 24.06.2009 eingeleitet worden. Zusätzlich seien eine diabetische Retinopathie und eine diabetische Polyneuropathie zu berücksichtigen. Störungen der Nierenfunktion seien derzeit nur in geringem Ausmaß vorhanden. Häufige ausgeprägte oder schwere Hypoglykämien lägen derzeit nicht vor. Die Therapie sei im Augenblick noch so unzureichend, dass die Stoffwechselkontrolle weit davon entfernt sei, Hypoglykämien produzieren zu können. Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.02.2010 den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 30 und unter Aufrechterhaltung der bisher versorgungsärztlich beurteilten Teil-GdB-Werte den Gesamt-GdB mit 40 seit 24.06.2009 bewertet. Er hat ferner ausgeführt, um die Qualität der Diabeteseinstellung exakt bewerten zu können, sollten die im weiteren Verlauf gemessenen Blutzucker- und HbA1c-Werte mitgeteilt werden. Hierauf basierend hat der Beklagte unter dem 16.02.2010 vergleichsweise die Feststellung des GdB mit 40 ab 24.06.2009 angeboten. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot nicht angenommen.
Auf Anfrage des Senats hat Dr. Ba. unter dem 19.04.2010 mitgeteilt, der HbA1c-Wert habe unter Therapie von 8,5 auf 7,9 und zuletzt 7,4 % verbessert werden können. Schwere Hypoglykämien seien ebenso wie ein extrem hoher Blutzucker nicht mehr, jedoch noch häufiger deutlich erhöhte Blutzucker-Werte bis circa 220 mg/dl vorgekommen. Bezüglich der Kontrolle des Glukosestoffwechsels lasse sich also sagen, dass keine ausgeprägte Instabilität mehr vorliege, jedoch von einem guten Behandlungsergebnis noch keine Rede sein könne. Behandlungsziel bei dem Alter des Klägers und bereits festzustellender Spätschäden sei ein HbA1c-Wert unter 6,5 %. Aufgrund des beginnenden Nierenschadens und der schweren peripheren Polyneuropathie halte er einen GdB von mindestens 40 für zutreffend.
Nachdem es der Senat abgelehnt hatte, im Beschlusswege das Verfahren an das Sozialgericht zurückzuverweisen, hat der Kläger nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung die Vorsitzende und den Berichterstatter als befangen abgelehnt (Schreiben vom 25.02.2011). Mit Beschluss vom 01.03.2011 hat der Senat - in Besetzung eines Senatsmitglieds und den zwei für die abgelehnten Richter zuständigen Vertretern zweier anderer Senate - das Befangenheitsgesuch abgelehnt. Der Senat hat zur Begründung ausgeführt, dass die Vorsitzende eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht nicht in die Wege geleitet, sondern vielmehr die Sache terminiert habe, vermöge eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Denn der Kläger übersehe, dass die von ihm begehrte Zurückverweisung ein Urteil voraussetze. Mit Blick auf die Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung ergebe sich auch im Übrigen kein vernünftiger Ablehnungsgrund. Die Rüge des Klägers, der Termin sei äußerst kurzfristig anberaumt worden, treffe nicht zu, da ihm die Ladung zum Termin fast drei Wochen vor der anberaumten Sitzung zugestellt worden sei. Dass sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden, eine Ladung des Sachverständigen Dr. Ba. nicht erfolgt und auch eine sonstige Beweisaufnahme nicht signalisiert worden sei, vermöge kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden zu begründen. Eine Besorgnis der Befangenheit ergebe sich auch nicht in Bezug auf den Berichterstatter. Eine solche Besorgnis lasse sich nicht aus der sachlich gehaltenen und zudem ausdrücklich lediglich vorläufigen Meinungsäußerung des Berichterstatters über die Rechtslage ableiten. Auch treffe das Vorbringen des Klägers, der Berichterstatter habe ihm die Auflage gemacht, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen, nicht zu. Vielmehr habe er lediglich auf diese Möglichkeit hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang mit der Begründung, das Gericht habe zunächst einen Sachverständigen beauftragt, der bereits erstinstanzlich aus seiner Voreingenommenheit keinen Hehl gemacht habe, eine nach seiner Auffassung mangelnde richterliche Sorgfalt rüge, genüge dies für eine Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Einlassung des Klägers, der Berichterstatter habe seinen schriftlichen Antrag auf Zurückverweisung lediglich als Anregung angesehen und keine weiteren Maßnahmen ergriffen, lasse keinen Befangenheitsgrund erkennen, zumal für die Entscheidung des Rechtsstreits die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge maßgeblich seien.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2011 hat der Kläger ausgeführt, zwei- bis viermal täglich seinen Blutzucker zu kontrollieren, dreimal täglich Insulin zu spritzen und zusätzlich Metformin einzunehmen.
Daraufhin hat sich der Beklagte auf Vorschlag des Senats im Beisein des Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Vergleich verpflichtet, den GdB mit 50 seit 24.06.2009 festzustellen sowie die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten, und ist der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Der Vergleich ist den Beteiligten vorgespielt und von ihnen genehmigt worden. Die Ausfertigungen des Vergleichs sind den Beteiligten zugestellt worden.
Seine beim Bundessozialgericht erhobene Beschwerde (B 9 SB 31/11 B) hat der Kläger zurückgenommen, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass er den Vergleich anfechten müsse.
Am 18.03.2011 hat der Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen, denn der Senat habe in korrekter Besetzung erneut über seinen Befangenheitsantrag zu entscheiden und über seinen Zurückverweisungsantrag zu verhandeln. Er hat zur Begründung ausgeführt, er habe sich durch die Verhandlung überrumpelt gefühlt und sich darauf verlassen, dass lediglich über seinen Zurückverweisungsantrag entschieden werde. Er habe sich im Termin mit seiner Diabetes-Erkrankung "grenzwertig" gefühlt und Sprachschwierigkeiten gehabt. Ferner sei über seinen Befangenheitsantrag in falscher Besetzung entschieden worden.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2009 aufzuheben, den Bescheid vom 28. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2005 abzuändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 für die Zeit vor dem 24. Juni 2009 festzustellen, hilfsweise die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit L 6 SB 2923/09 durch den Vergleich vom 2. März 2011 erledigt ist, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogene Akte L 6 SB 2923/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 6 SB 2923/09. Denn dieses ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 02.03.2011 beendet worden.
Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, zur Niederschrift des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können.
Der Prozessvergleich hat nach herrschender Meinung eine Doppelnatur. Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits eine Prozesshandlung, die den Rechtsstreit unmittelbar beendet und deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts richtet (BSG, Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 51/90; BSG, Urteil vom 26.04.1963 - 2 RU 228/59 - jeweils zitiert nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 101 Rz. 3, 17 und 17a; HK-SGG/Roller, § 101 Rz. 2).
Es sind keine prozessrechtlichen Gründe für eine Unwirksamkeit des Prozessvergleichs ersichtlich. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 02.03.2011, die eine öffentliche Urkunde darstellt, ist dem Kläger seine Erklärung zum Abschluss des Vergleiches vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Der Kläger bestreitet auch nicht, diese Erklärung abgegeben zu haben. Prozesshandlungen - wie die Zustimmung zu einem gerichtlichen Vergleich - können nur unter engen Voraussetzungen wie zum Beispiel beim Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nach § 179 SGG und §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) oder, wenn der Grundsatz von Treu und Glauben ein Festhalten an der Prozesshandlung verbietet, widerrufen werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, Vor § 60 Rz. 12a). Derartige Gründe für den Widerruf des Vergleichs und die Fortsetzung des Verfahrens, zu denen auch arglistige Täuschungen beziehungsweise Drohungen bei Vergleichsabschluss gehören, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des gerichtlichen Vergleichs nach den §§ 116 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder seine Unwirksamkeit nach § 779 Abs. 1 BGB vor. Soweit der Kläger der Auffassung ist, er habe den Vergleich irrtümlich abgeschlossen, handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Auch der Hinweis des Klägers auf Verständnisschwierigkeiten, da kein Dolmetscher geladen worden sei, verfängt nicht. Denn er hat den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht nur folgen können, sondern seinen Gesundheitszustand so geschildert, dass es zum Abschluss des Vergleichs gekommen ist. Weder er noch der ihn in der mündlichen Verhandlung begleitende Prozessbevollmächtigte haben im Übrigen etwaige Sprachschwierigkeiten geltend gemacht. Dasselbe gilt für den jetzt gemachten Hinweis des Klägers, er sei im Termin mit seiner Diabetes-Erkrankung "grenzwertig" gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen ist, die Tragweite des geschlossenen Vergleichs nicht erfassen zu können, hatte und hat der Senat nicht.
Auch die sonstigen vom Kläger vorgebrachten Einwände rechtfertigen dessen auf die Fortsetzung des Verfahrens gerichtetes Begehren nicht. Wie sich der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter durch die mündliche Verhandlung hätten überrumpelt fühlen können, da sie sich darauf verlassen hätten, dass lediglich über den zuvor schriftlich gestellten Zurückverweisungsantrag entschieden werde, erschließt sich nicht und ist auch nicht nachvollziehbar. Dagegen spricht, dass der Senat schon im Vorfeld der Verhandlung schon in seiner Verfügung vom 15.12.2010 darauf hingewiesen hatte, dass eine isoliert anfechtbare Entscheidung allein über das Zurückverweisungsbegehren nicht erfolgen werde. Auch das Vorbringen des Klägers, über seinen Befangenheitsantrag sei in falscher Besetzung entschieden worden, lässt die Wirksamkeit des geschlossenen Vergleichs unberührt. Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass das Befangenheitsgesuch in ordnungsgemäßer Besetzung abgelehnt worden ist. Denn bei Ablehnung eines oder mehrerer Mitglieder eines Senats ist der jeweilige Senat zuständig, der ohne die abgelehnten Senatsmitglieder entscheidet, sofern - wie vorliegend - nicht alle Senatsmitglieder abgelehnt sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 60 Rz. 13).
Es liegen deshalb keine Gründe für eine Unwirksamkeit des Vergleichs vor. Daher ist eine Fortsetzung des früheren Berufungsverfahrens mit einer Sachentscheidung über das Berufungsbegehren des Klägers nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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