S 10 AS 1139/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 1139/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 16.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2010 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 124,65 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte erstattet dem Kläger 95% seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um höhere Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009.

Der Kläger bezieht laufend Grundsicherungsleistungen.

Er bewohnt eine ca. 65 qm große Wohnung im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Im streitgegenständlichen Zeitraum belief sich der zu entrichtende Kaltmietzins auf 245,- EUR, die kalten Nebenkosten auf 80,- EUR und die Heizkosten auf 50,- EUR.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.09.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen unter anderem für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009 in Höhe von monatlich 639,- EUR. Hierbei berücksichtigte er Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 280,- EUR, errechnet aus einem Kaltmietzins in Höhe von 190,- EUR, kalten Nebenkosten in Höhe von 54,- EUR und Heizkosten in Höhe von 36,- EUR.

Hiergegen erhob der Kläger am 19.09.2009 Widerspruch. Der Beklagte habe seine gesamten Unterkunftskosten zu tragen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Mietzins des Klägers sei unangemessen. Angemessen sei lediglich ein Kaltmietzins von 4,22 EUR/qm.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 26.05.2010 erhobenen Klage, mit der er weiterhin die Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten begehrt.

Das Konzept des Beklagten zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses sei nicht schlüssig. Es sei weder ersichtlich, dass die ausgewerteten Daten 10% des regionalen Wohnungsmarktes entsprächen, noch das der Wohnungsstandard entsprechend berücksichtigt worden sei. Angemessener Alternativwohnraum sei zudem nicht vorhanden gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 16.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2010 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das angewandte Konzept zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses sei schlüssig. Zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete erfasse er seit Jahren die in den Tageszeitungen, im Internet und in allgemein zugänglichen kostenlosen Wurfblättern wie der P, der C und dem E veröffentlichten Wohnungsinserate. Die Inserate würden in Excel-Tabellen aufgenommen. Die Tabellen seien nach der Wohnungsgröße aufgegliedert. Erfasst würden neben dem Anbieter und der jeweiligen Wohnung auch die jeweilige Stadt und - soweit angegeben - die genaue Lage, die Anzahl der Zimmer, die Größe der Wohnung, der Kaltmietpreis, die Nebenkosten, Hinweise zur Ausstattung der Wohnung sowie die Bezugsquelle und das Datum des Inserats. Im Anschluss werde die Summe der Kaltmiete durch die Summe der Wohnungsgröße dividiert. Hieraus ergebe sich der durchschnittlich angemessene Kaltmietpreis. Im Übrigen existiere für die Stadt I ein Mietspiegel. Die Werte des Mietspiegels seien als Höchstgrenze zu berücksichtigen und würden den als angemessen ermittelten Kaltmietzins in Höhe von 4,22 EUR/qm decken. Der Mietzins der Stadt I sei der höchste im Kreisgebiet.

Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 bei dem Beklagten eingereicht. Hierauf hat der Beklagte dem Kläger für das Jahr 2009 weitere Nebenkosten gewährt und hierbei monatliche Nebenkosten in Höhe von 89,65 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 52,125 EUR als angemessen berücksichtigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 16.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2010 ist insoweit rechtswidrig und beschwert den Kläger in seinen Rechten gemäß § 54 Absatz 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als der Beklagte hiermit für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 Kosten der Unterkunft (ohne Heizkosten) lediglich in Höhe von 279,65 EUR (190,- EUR Kaltmiete zzgl. 89,65 EUR Nebenkosten) und nicht in Höhe von 321,20 EUR berücksichtigt hat. Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 41,55 EUR, mithin insgesamt in Höhe von 124,65 EUR, zu gewähren. Im Übrigen war die Ablehnung rechtmäßig.

1) Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Der Beklagte steht insoweit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Absatz 1 Satz 1 SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes als (teil-) rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist. Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44b Absatz 1 Satz 1 und 2 SGB II). Gemäß § 76 Absatz 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (vgl.: BSG, Urteil vom 18.01.2011, Az.: B 4 AS 108/10 R).

2) Streitgegenstand sind allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von Oktober bis Dezember 2009. Der Kläger hat den Streitstoff in der Sache auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl.: zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 8/06 R).

Der Kläger ist leistungsberechtigt i.S.v. § 7 SGB II. Er hat gem. § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 einen Anspruch auf Übernahme seiner Kosten der Unterkunft und Heizung bis zur Höhe des Betrages der rechten Spalte der Tabelle zu § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 10% und damit bis zu 321,20 EUR sowie bis zur Grenze zu den zu hohen Heizkosten im Bundesweiten Heizspiegel. Der Beklagte hat kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses verwendet.

Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

a) Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ohne Heizkosten im Sinne einer abstrakten Obergrenze, bis zu deren Höhe die Aufwendungen zu übernehmen sind, errechnet sich in der Regel aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter (sog. Produkttheorie vgl. BSG, Urteil vom 7. 11. 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 3). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff, also ein ausfüllungsbedürftiger Wertungsmaßstab, ist. Ihm wohnt der Gedanke der Begrenzung inne, hier der der Bestimmung einer Mietobergrenze. Diese Mietobergrenze ist unter Berücksichtigung der Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems festzulegen. Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen. Sein Lebensmittelpunkt soll geschützt werden. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Da die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, kann die Mietobergrenze weder der Höhe nach pauschal noch überregional definiert werden. Die Mietobergrenze ist vielmehr auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 50/09 R). Ein Konzept liegt nur dann vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich Orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall. Zusammengefasst sind nach diesen Grundsätzen an ein solches Konzept folgende Schlüssigkeitsanforderungen zu stellen:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen, - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze (vgl.: BSG, a.a.O.).

Ein Konzept ist nur schlüssig, wenn es nach diesen Kriterien erstellt worden ist. Das Gericht überprüft, ob der Grundsicherungsträger zutreffende Wertungen vorgenommen hat, also das von ihm gewählte Konzept schlüssig ist und somit die Wertungen rechtfertigt. Prüfungsansatz sind hierbei die Ergebnisse des Grundsicherungsträgers unter Beachtung der oben aufgezeigten Mindeststandards, die gewährleisten, dass dem Zweck der Leistungsgewährung entsprechend dem Hilfebedürftigen im konkreten Umfeld bezahlbarer und dem ihm zustehenden Standard entsprechender Wohnraum finanziert wird. Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung das Konzept als mangelbehaftet, ist es wiederum Aufgabe des Grundsicherungsträgers hier nachzubessern. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellen (vgl.: BSG, a.a.O).

Das von dem Beklagten ermittelte Konzept zur Ermittlung des angemessenen Mietzinses genügt nicht den Anforderungen, die an ein solches zu stellen sind. Zwar muss der Grundsicherungsträger zur Feststellung der Beschaffenheit des örtlichen Mietwohnungsmarktes nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel im Sinne der §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen. Allerdings muss die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben.

Die von dem Beklagten ermittelten Mietzinswerte beruhen nach seinen Angaben auf der Auswertung der Anzeigen in den Tageszeitungen sowie weiterer frei zugänglicher Angebote. Aus den ermittelten Werten hat der Beklagte sodann für die Wohnungen unterschiedlicher Größe einen durchschnittlichen Wert ermittelt.

Dem Konzept des Beklagten mangelt es bereits an der Berücksichtigung des Wohnungsstandards. Zwar hat der Beklagte – soweit sich Angaben aus den Anzeigen ergaben – vereinzelt Merkmale des Wohnungsstandards vermerkt; diese allerdings nicht berücksichtigt. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die zu Grunde gelegte Datenbasis mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes entspricht und daher repräsentativ ist. Nach den vorgelegten ausgewerteten Daten hat der Beklagte im Zeitraum vom 22.12.2009 bis zum 13.04.2011 lediglich 49 Wohnungen berücksichtigt. Unabhängig davon, dass die vorgelegten Datensätze für einen Einpersonenhaushalt überwiegend nicht aus dem hier streitgegenständlichen Zeitraum stammen, lässt sich der Auflistung entnehmen, dass Angebote aus dem Internet lediglich von der Seite www.wohnen-owl.de berücksichtigt wurden. Die Datenbank immobilienscout24.de z.B. wurde nicht berücksichtigt.

Die Mängel des Konzepts werden auch nicht durch den Mietspiegel der Stadt I geheilt. Soweit der Beklagte diesen als Höchstgrenze heranzieht, kann dem nicht gefolgt werden. Der Mietspiegel gilt ausdrücklich nur für das Gebiet der Stadt I. Für die übrigen Ortschaften des Kreises enthält er gerade keine Daten. Es kann auch nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die durchschnittlichen Mieten in den übrigen Ortschaften, die des Stadtgebietes nicht überschreiten. Zwar mag dies vielfach zutreffen. Allerdings gibt es auch Ortschaften außerhalb von Städten, die höhere Mieten als das Stadtgebiet aufweisen. Die generelle Annahme des Beklagten ist eine Hypothese und würde diesen von seiner Verpflichtung befreien, Ermittlungen für den Wohnort des Klägers anzustellen. Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass der Beklagte für die kalten Nebenkosten keinerlei Konzept vorgelegt hat. Diese blieben bei der ausgewerteten Datenbasis unberücksichtigt.

Dem Gericht waren auch keine Daten zugänglich, um das System der Beklagten nachzubessern. Für den Wohnort des Klägers existieren weder ein Mietspiegel noch anderweitige aussagekräftige Mietdatenbanken. War es dem Gericht somit nicht möglich, hinreichende Feststellungen für den streitgegenständlichen Zeitraum und den Vergleichsraum zu treffen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen zu übernehmen. Allerdings kann die Übernahme der tatsächlichen Kosten nicht unbegrenzt erfolgen. Es gibt eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben", die sich in der Tabelle zu § 12 WoGG findet. Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind. Die Heranziehung der Tabellenwerte ersetzt jedoch die für den Vergleichsraum und den konkreten Zeitraum festzustellende Referenzmiete nicht. Sie dient lediglich dazu, die zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen zu begrenzen. Da insoweit eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen. Ferner wird ein "Sicherheitszuschlag" zum jeweiligen Tabellenwert im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraumes als erforderlich angesehen. Denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete war (BSG, a.a.O.).

Der Wohnort des Klägers fällt unter die Mietstufe I im Sinne der Tabelle zu § 12 WoGG. Der Wert der rechten Spalte belief sich in Gemeinden mit der Mietstufe I für einen Alleinstehenden auf 292,00 EUR. Hierauf war ein weiterer Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% und somit in Höhe von 29,20 EUR vorzunehmen. Der Beklagte hat die weiteren Kosten der Unterkunft bis zu dieser Höchstgrenze zu tragen.

Der Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, auch den weiteren, die Angemessenheitsgrenze überschreitenden, Mietzins in Höhe von 3,80 EUR zu übernehmen. Dem Kläger war eine Senkung seiner Unterkunftskosten weder unmöglich noch unzumutbar.

Gem. § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II sind die tatsächlichen Unterkunftskosten, soweit sie die nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II angemessenen überschreiten, nur dann zu übernehmen, wenn es dem Leistungsempfänger nicht möglich oder zuzumuten ist, seine Aufwendungen durch Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Art und Weise zu senken.

Nach Auffassung der Kammer hat der Kläger nicht darlegen können, dass ihm eine Senkung seiner Unterkunftskosten nicht möglich oder unzumutbar war. Damit die Übernahme unangemessener Kosten der Unterkunft ihren exzeptionellen Charakter behält, sind an die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit strenge Anforderungen zu stellen. Die Erstattung nicht angemessener Kosten der Unterkunft bleibt der durch sachliche Gründe (Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit) zu rechtfertigende Ausnahmefall. Eine objektive Unmöglichkeit der Kostensenkung dürfte nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein; das Vorliegen einer Unzumutbarkeit bedarf der besonderen Begründung (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 R). Aufgrund dieses exzeptionellen Charakters der Übernahme von unangemessenen Unterkunftskosten ist es zunächst an dem Hilfebedürftigen, gegenüber dem Leistungsträger substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihm nicht zugänglich ist (BVerwG, Urteil vom 11.09.2000, Az.: 5 C 9/00). Erst, wenn der Hilfebedürftige aufgrund eigener ausreichender Suchbemühungen den Nachweis geführt hat, dass es zu dem abstrakt angemessenen Mietzins im konkreten zeitlichen und räumlichen Rahmen keine Wohnungen anzumieten gibt, ist es an der Beklagten, konkret angemessen Wohnraum nachzuweisen (vgl. SG Reutlingen, Urteil vom 30.09.2008, Az.: S 2 AS 198/08). § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II sieht zum Schutz der Hilfebedürftigen bereits eine im Regelfall sechsmonatige Frist zur Übernahme unangemessener Unterkunftskosten vor. Begehrt der Empfänger von Grundsicherungsleistungen die Übernahme unangemessener Unterkunftskosten über diesen Zeitraum hinaus, so liegt es an ihm, die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen darzulegen.

Der Kläger hat zur Überzeugung der Kammer keine hinreichend intensiven Kostensenkungsbemühungen dargelegt, aus denen geschlossen werden könnte, dass ihm eine Kostensenkung nicht möglich war. Die pauschale Behauptung, es sei keine angemessene Wohnung vorhanden gewesen, reicht insoweit nicht aus.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Heizkosten. Der Beklagte hat bereits die maximal angemessenen Heizkosten übernommen. Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II sind grundsätzlich auch die tatsächlichen Heizkosten des Hilfebedürftigen zu übernehmen. Diese tatsächlichen Kosten sind als angemessen anzusehen, sofern nicht besondere Umstände Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können daraus gewonnen werden, dass Richtwerte, die sich aus der Anwendung repräsentativer kommunaler oder - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen – bundesweiter Heizspiegel ergeben, signifikant überschritten werden. Für die Bestimmung des Richtwerts auf Grund dieses bundesweiten Heizspiegels sind zunächst die Heizungsart und die insgesamt zu beheizende Fläche des Hauses zu ermitteln, in dem die betreffende Wohnung gelegen ist. Danach ist ein Produkt zu bilden aus der für den jeweiligen Haushalt angemessenen Wohnfläche, die sich wie bei den Unterkunftskosten nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Absatz 1 WoFG bzw § 5 Absatz 2 WoBindG aF richtet, und den Werten, ab denen die Heizkosten pro Quadratmeter nach dem (bundesweiten oder kommunalen) Heizspiegel für den jeweiligen Heizträger als "zu hoch" angesehen werden müssen (vgl.: BSG, Urteil vom 20.08.2009, Az.: B 14 AS 65/08 R). Nach dieser Berechnungsgrundlage hat der Beklagte Heizkosten in Höhe von maximal 52,125 EUR (13,90 EUR x 45qm / 12 Monate) zu übernehmen. Das Wohnhaus des Klägers hat eine Gesamtgröße von 100 bis 250 qm und wird mit Heizöl geheizt. Die angemessene Größe der Wohnung eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II in Nordrhein-Westfalen für Alleinstehende belief sich im Jahr 2009 auf 45qm. Sie bestimmte sich nach Ziff 5.7.1.a) der VV-WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8.3.2002, 396, 400) (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 27/09 R). Nach dem Bundesweiten Heizspiegel, der mangels eines örtlichen Heizspiegels anzuwenden ist, sind für mit Heizöl beheizte Häuser mit einer Wohnfläche von bis zu 250 qm im Jahr 2009 Kosten von über 13,90 je qm und Jahr zu hoch.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG

III. Die Kammer hat die gemäß § 144 Absatz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftige Berufung zugelassen, weil die Rechtssache im Sinne des § 144 Absatz 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.

Dr. Bolte
Rechtskraft
Aus
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