Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 456/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2693/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.5.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.06.2003.
Die 1940 geborene Klägerin, die seit 1.12.2005 Regelaltersrente (Bescheid vom 28.11.2005; monatlicher Zahlbetrag 191,64 EUR) bezieht, war seit 1.7.1999 im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses als Flötenlehrerin beim Z. Musikschule / Volkshochschule Nördlicher B., E. (Musikschule E.) auf der Grundlage eines Werkvertrags vom 1.7./10.8.1999 bzw. eines Honorarvertrags vom 15./28.12.1999 tätig.
Im Jahr 2006 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Musikschule E. durch und stellte fest, dass die Klägerin als selbständige Lehrerin gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung sein könnte.
Mit Schreiben vom 20.10.2006 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes selbständig Tätiger. Unter 9.11.2006 zeigte der Bevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf das genannte Schreiben der Beklagten die Vertretung der Klägerin an und beantragte Akteneinsicht. Nach Rückgabe der Akten am 8.1.2007 erinnerte die Beklagte die Klägerin (deren Bevollmächtigten) mit Schreiben vom 23.4.2007 an die Vorlage des Fragebogens. nachdem hierauf nicht reagiert worden war, erging unter dem 11.7.2007 ein weiteres Erinnerungsschreiben, worauf der Bevollmächtigte der Klägerin Fristverlängerung bis 30.9.2007 beantragte. auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte der Bevollmächtigte der Klägerin am 7.10.2007 mit, der Fragebogen sei ausgefüllt und werde bis Ende Oktober übersandt. Nachdem dies nicht geschehen war, erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 7.11.2007 erneut an die Vorlage des Fragebogens. Unter dem 4.12.2007 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin (wiederum) Fristverlängerung bis 20.12.2007. Da der Fragebogen auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt worden war, erging ein weiteres Erinnerungsschreiben der Beklagten vom 11.1.2008. Der ausgefüllte Fragebogen (mit dem Datum des 29.1.2008) ging schließlich am 30.1.2008 bei der Beklagten ein.
In dem Fragebogen ist angegeben, die Klägerin habe an der Musikschule E. als Flötenlehrerin Unterricht in Block- und Querflöte erteilt. Die Tätigkeit habe sie regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt; das monatliche Arbeitseinkommen habe 325 EUR bzw. (ab 1.4.2003) 400 EUR nicht überstiegen. Arbeitnehmer habe sie nicht beschäftigt. Vor Beginn ihrer Unterrichtstätigkeit sei sie an der Musikschule nicht angestellt gewesen.
Mit Bescheid vom 31.1.2008 stellte die Beklagte Versicherungspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.11.2005 fest und forderte die Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von 19.306,74 EUR.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs vom 20.02.2008 wurde vorgetragen, es habe Scheinselbständigkeit und während der Zeit vom 1.12.2001 bis 31.12.2004 Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Tätigkeit vorgelegen. Die Beitragsforderungen bis 30.6.2003 seien verjährt. Die Klägerin beantragte hilfsweise die Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. la SGB VI.
Nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2005 berechnete die Beklagte die Beitragsschuld neu.
Mit Bescheid vom 9.2.2009 gab die Beklagte der Klägerin auf, für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.6.2003 (nunmehr noch) Beiträge in Höhe von 2.592,69 EUR nachzuzahlen. Mit Bescheid vom 26.5.2009 wurde der Nachzahlungsbetrag (unter Korrektur eines Fehlers in der Dateneingabe) auf 2.592,45 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 26.3.2009 stellte die Beklagte Versicherungsfreiheit ab 1.7.2003 gem. § 5 Abs. 2 SGB VI fest; die Klägerin habe nur eine geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt.
Mit Bescheiden vom 13.3.2009 und 15.4.2009 setzte die Beklagte (u.a.) Säumniszuschläge fest. Mit Bescheiden vom 30.3.2009 und 14.5.2009 wurden diese Bescheide hinsichtlich der Säumniszuschläge wieder aufgehoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 9.2.2009 und 26.3.2009 abgeholfen worden ist. Außerdem entscheid sie, dass der Klägerin die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens zur Hälfte erstattet werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. la SGB VI gehe ins Leere, weil die Klägerin nicht (wie in § 6 Abs. 1a SGB VI vorausgesetzt) nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, sondern als selbständige Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig sei (vgl. auch BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -). Der erstgenannte Versicherungspflichttatbestand, der bestimmte Selbständige in den Schutz der Rentenversicherung habe (neu) einbeziehen sollen, sei zum 1.1.1999 eingeführt worden und gegenüber dem bereits länger bestehenden Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nachrangig. Man habe der Beitragsberechnung die einschlägigen Steuerbescheide zugrunde gelegt.
Am 26.1.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Sie trug vor, man müsse sie für die streitige Zeit von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. la SGB VI befreien. Der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gehen dem Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vor. Sie wolle jedenfalls keine Beiträge nachzahlen. Die Beitragsforderung sei verjährt. Die Beklagte müsse neun Zehntel der Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens erstatten.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.5.2011 wies das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. la SGB VI würden gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtige Personen von der Versicherungspflicht befreit. Die Klägerin sei aber nicht nach dieser Vorschrift, sondern als selbständige Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig gewesen. Für die Zeit vom 1.12.2001 bis zum 30.6.2003 müsse sie Beiträge in Höhe von 2.592,69 EUR nachzahlen. Die Beitragsforderung sei wegen Hemmung der Verjährung nicht verjährt. Gem.§ 25 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sei bei der Prüfung der Beitragszahlung bei versicherungspflichtigen Selbstständigen die Verjährung für die Dauer der Prüfung gehemmt, es sei denn, die Prüfung werde unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen, die die prüfende Stelle zu vertreten habe. Die Beiträge für Dezember 2001 seien spätestens am 15.1.2002 fällig geworden (§ 23 SGB IV) und wären mit Ablauf des 31.12.2006 verjährt gewesen. Die Beklagte habe die Prüfung der Beitragszahlung mit Schreiben vom 20.10.2006 (Übersendung des Fragebogens zur Feststellung der Pflichtversicherung) eingeleitet; dieses Schreiben habe die Klägerin jedenfalls im November 2006 erhalten, da sich ihr Bevollmächtigter unter Bezugnahme auf dieses Schreiben im November 2006 an die Beklagte gewandt habe. Das Verfahren sei nicht durch Verschulden der Beklagten unterbrochen, sondern durch mehrfache Erinnerungen betrieben worden. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe jeweils Fristverlängerung beantragt und den ausgefüllten Fragebogen schließlich erst am 30.1.2008 übersandt, worauf die Beklagte sogleich den (Nachforderungs-)Bescheid vom 31.1.2008 erlassen habe. Die im Widerspruchsbescheid getroffene Kostengrundentscheidung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Nachforderung sei zwar auf 2.592,69 EUR (etwa ein Zehntel des ursprünglichen Nachforderungsbetrags von 19.306,74 EUR) vermindert worden. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Klägerin für einen Zeitraum von 48 Monaten (1.12.2001 bis 30.11.2005) Versicherungsfreiheit geltend gemacht habe und der Widerspruch lediglich für einen Zeitraum von 29 Monaten (1.7.2003 bis 30.11.2005 - etwa 60 %) erfolgreich gewesen sei. Außerdem seien der Befreiungsantrag nach § 6 Abs. la SGB VI und die Verjährungseinrede erfolglos geblieben.
Auf den ihr am 4.6.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.6.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Die Beklagte müsse die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu 9/10 übernehmen; maßgeblich sei allein die Verminderung des Nachforderungsbetrags. Auf die übrigen vom Sozialgericht angeführten Gesichtspunkte komme es für die Kostengrundentscheidung nicht an. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gehe der Bestimmung des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vor. Mit der erstgenannten Vorschrift habe der Gesetzgeber nicht den sozialen Schutz von Selbständigen erweitern, sondern der Rentenversicherung zusätzliche Einnahmen verschaffen wollen. An dem Begehren nach Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die, wenn überhaupt, nur nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI eingetreten sein könne, werde festgehalten. Sie sei Scheinselbständige gewesen. Die Beitragsforderung sei verjährt. Verjährungshemmung sei nicht eingetreten, da der Beklagten aus rechtswidrigem Handeln kein Vorteil erwachsen könne. § 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV stelle eine Übergangsvorschrift dar und sei auf Verfahren nach dem Jahr 2005 nicht anwendbar. Für die lange Verfahrensdauer sei ihr Bevollmächtigter nicht verantwortlich. Sie habe schon im Antrag auf Altersrente vom 30.8.2005 angegeben, seit 1.7.1999 wegen selbständiger Tätigkeit keine Beiträge entrichtet zu haben. Die Beklagte hätte das Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht daher nicht erst im Oktober 2006 einleiten dürfen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.5.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 31.1.2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2.2009 und 26.3.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 zu verurteilen, sie für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.6.2003 gem. § 6 Abs. 1 a SGB VI von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien und die in den genannten Bescheiden in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.5.2009 verfügte Nachzahlung von Beiträgen (in Höhe von - noch - 2.592,45 EUR) aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Abänderung der im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 getroffenen Kostengrundentscheidung zu verurteilen, ihr die notwendigen Aufwendungen zur Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren zu 9/10 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
I. Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und gem. § 151 SGG zulässig. Das gilt auch in Ansehung des Hilfsantrags, der sich auf die Abänderung der im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 gem. § 63 SGB X getroffenen Kostengrundentscheidung richtet. Hierfür gilt zwar § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (Senatsurteil vom 20.10.2010, - L 5 KA 5688/09 -; auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 3.8.2011, - L 7 R 16/09 -), wonach die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts bedarf, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt; der Beschwerdewert von 750 EUR dürfte nicht überschritten sein. Gem. § 5 ZPO (i. V. m. § 202 SGG) werden (auch für den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) aber mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet (zum Haupt- und Hilfsanspruch, Meyer-Ladewig, SGG § 144 Rdnr. 17). Der (unstreitig) ohne Zulassung der Berufung statthafte Hauptantrag der Klägerin "zieht" so den zulassungsbedürftigen Hilfsantrag gleichsam "mit" (a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22.9.2010, - L 10 AS 886/10 -).
II. Die Berufung ist nicht begründet.
1.) Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie auf die Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht gerichtet ist. Über den geltend gemachten Befreiungsanspruch ist durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Die richtige Klageart ist damit ausschließlich die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Diese ist jedoch vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung und Durchführung des Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 77, 78 Abs. 1 SGG unzulässig.
Der Antrag auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1a SGB VI von der Versicherungspflicht ist erst mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.1.2008 hilfsweise gestellt worden. Im Widerspruchsbescheid wird hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser Antrag mangels Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ins Leere gehe. Im Tenor wird lediglich der Widerspruch zurückgewiesen. Gegen die Annahme einer Ausgangsentscheidung über die beantragte Befreiung durch die Widerspruchsbehörde spricht zudem, dass sie zum Erlass einer Ausgangsentscheidung funktional und sachlich nicht zuständig gewesen wäre (BSG, Urteil vom 18.10.2005 – B 4 RA 21/05 R – und vom 20.07.2010 – B 2 U 19/09 R -, jeweils veröffentlicht in Juris).
Dementsprechend fehlt es nicht nur am Widerspruchsverfahren, sondern bereits an einer Ausgangsentscheidung. Auf eine Nachholung hinzuwirken, bestand angesichts der Aussichtslosigkeit und Mutwilligkeit dieses klägerischen Begehrens kein Anlass. Die Klägerin beansprucht eine Befreiung gem. § 6 Abs. 1a SGB VI und damit eine Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, obwohl sie unstreitig nicht nach dieser Vorschrift versicherungspflichtig ist. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sah und sieht das Gesetz nicht vor (vgl. unten). Daher ist die Beurteilung im Widerspruchsbescheid zutreffend, dass der Antrag ins Leere geht. Damit ist auch ein Bescheidungsinteresse nicht ersichtlich.
Unabhängig hiervon ist das Befreiungsbegehren aus den gleichen Gründen auch in der Sache aussichtslos. Die Klägerin ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig (vgl. unten). Von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kann der selbständig tätige Lehrer nicht gem. § 6 Abs. 1a SGB VI befreit werden. Nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift werden (nur) gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtige Personen, also selbständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, von der Versicherungspflicht befreit. Auf Versicherungspflichtige nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist § 6 Abs. 1a SGB VI nicht anwendbar (BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -; Urt. v. 12.10.2000, - B 12 RA 2/99 R -). Dagegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG; Urt. v. 23.11.2005, a. a. O.). Auch andere Befreiungsregelungen (etwa § 231 Abs. 5 oder 6 SGB VI) sind nicht einschlägig; über solche streiten die Beteiligten nicht.
2.) Auch im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg. Der Bescheid vom 31.1.2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.3.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat der Klägerin rechtsfehlerfrei die Nachzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen (zuletzt noch) in Höhe von 2.592,45 EUR aufgegeben. Die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 ist ebenfalls rechtmäßig.
Gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind selbständig tätige Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig zur Rentenversicherung. Diese Vorschrift ist verfassungsmäßig und gültig (BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25.7.2007, - 1 BvR 2134/05 -). Für den rentenversicherungsrechtlichen Begriff des Lehrers genügt es, wenn eine spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt wird. Eine besondere pädagogische Ausbildung oder ein durch Ausbildungsordnungen geregeltes Berufsbild des (selbstständigen) Lehrers ist nicht notwendig. Der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gilt auch für solche selbstständig tätigen Lehrer, die i. S. d. § 2 Satz 1 KSVG als selbstständige Künstler Musik lehren, solange eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht begonnen hat (LSG, Bad.-Württ., Urt. v. 27.3.2007 - L 13 R 2395/06 -; BSG, Urt. v. 12.12.2007, - B 12 KR 8/07 R - zu Instrumentallehrern an einer Musikschule; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.4.2009, - L 8 R 145/08 -, jeweils veröffentlicht in Juris).
Versicherungspflichtige Selbständige müssen die geschuldeten Beiträge gem. § 169 Nr. 1 SGB VI selbst tragen und die Beiträge auch selbst zahlen (§ 173 SGB VI). Deswegen sind sie gem. § 190a Abs. 1 Satz 1 SGB VI verpflichtet, sich innerhalb von 3 Monaten nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden. Im Übrigen sind die in § 196 Abs. 1 SGB VI festgelegten Auskunfts- und Mitteilungspflichten zu erfüllen. Danach müssen Versicherte oder Personen, für die eine Versicherung durchgeführt werden soll, soweit sie nicht bereits nach § 28o SGB IV auskunftspflichtig sind, dem Träger der Rentenversicherung über alle Tatsachen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der den Trägern der Rentenversicherung übertragenen Aufgaben erforderlich sind, auf Verlangen unverzüglich Auskunft erteilen (Nr. 1) und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitteilen (Nr. 2).
Für die Verjährung der von den selbständig Tätigen zu zahlenden Beiträge gilt die allgemeine Regelung des § 25 SGB IV. Gem. § 25 Abs. 1 Satz SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie - nach Maßgabe des § 23 SGB IV (in der jeweils geltenden Fassung) - fällig geworden sind. Gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Nach § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Praktisch bedeutsam sind vor allem die Regelungen des § 25 Abs. 2 Satz 2 bis 6 SGB IV; sie wurden durch Art. 4 Nr. 11 des Gesetzes v. 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1983) mit Wirkung vom 1.1.2001 eingefügt und sind daher hier ohne weiteres anwendbar.
Gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 - 6 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt (Satz 2), es sei denn, die Prüfung wird unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (Satz 4). Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem von dem Versicherungsträger in seiner Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag (Satz 5). § 25 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 SGB IV gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend.
§ 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV betrifft (u.a.) gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV versicherungspflichtige selbständige Lehrer. Die Vorschrift verweist auf die Prüfungen nach §§ 212, 212a und 212b SGB VI und erfasst Prüfungen zur Feststellung der Versicherungspflicht und der Pflicht zur Beitragszahlung. § 212 SGB VI regelt die Überwachung der rechtzeitigen und vollständigen Zahlung der Pflichtbeiträge, soweit sie (etwa gem. §§ 173, 169 Nr. 1 SGB VI) unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu zahlen sind. Diese sind zur Prüfung der Beitragszahlung berechtigt (§ 212 Satz 2 SGB VI). § 212b SGB VI erlaubt (seit 1.1.2005) die Prüfung der Beitragszahlung bei den versicherungspflichtigen Selbständigen (vor Ort).
3.) Die Klägerin ist nach diesen Vorgaben zweifellos gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der vom 1.1.2001 bis 30.6.2003 ausgeübten Tätigkeit als Flötenlehrerin an der Musikschule E. versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung gewesen. Die Klägerin ist (in der noch streitigen Zeit: 1.12.2001 bis 30.6.2003) als selbständige Flötenlehrerin an der Musikschule E. tätig gewesen und hat keine Arbeitnehmer beschäftigt. Daher war sie gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung. Sie war nicht in der Künstlersozialversicherung versichert und hat auch nicht als angestellte Flötenlehrerin in einem Beschäftigungsverhältnis zur Musikschule (bzw. deren Träger) gem. § 7 Abs. 1 SGB IV gestanden. Der Unterrichtstätigkeit lag ein Anstellungsvertrag (Arbeitsvertrag) nicht zugrunde und die Klägerin war in den Betrieb der Musikschule auch nicht als abhängig Beschäftigte eingegliedert.
Die Klägerin muss die nicht gezahlten Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen (§§ 173, 169 Nr. 1 SGB VI). Fehler bei der Beitragsbemessung (§ 165 SGB VI) sind nach der Neuberechnung der Beiträge durch Bescheide vom 9.2. und 26.5.2009 weder ersichtlich noch geltend gemacht.
Die Beitragsansprüche für Dezember 2001 bis Juni 2003 sind wegen Hemmung der Verjährung nicht verjährt.
Der Beitrag für Dezember 2001 ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der seinerzeit noch maßgeblichen Gesetzesfassung am 15.1.2002 fällig geworden (vgl. auch BSG, Urt. v. 27.7.2011, - B 12 R 19/09 R -). Die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wäre mit Ablauf des Jahres 2006 verstrichen gewesen, entsprechendes gilt für die übrigen im Jahr 2002 fällig gewordenen Beitragsansprüche. Im Jahr 2003 fällig gewordene Beitragsansprüche wären mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt gewesen. Die Verjährung war aber (jedenfalls) für die Monate November 2006 bis (einschließlich) Januar 2008 gehemmt, weswegen die Verjährungsfrist um den Hemmungszeitraum von 15 Monaten zu verlängern ist. Der Beitragsanspruch für den am längsten zurückliegenden Monat Dezember 2001 verjährte deswegen nicht zum 31.12.2006, sondern frühestens zum 31.3.2008. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch aber bereits durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 31.1.2008 bzw. Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.5.2009) geltend gemacht und die Verjährung dadurch gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X (erneut) gehemmt worden. Entsprechendes gilt für die übrigen im Jahr 2002 bzw. die im Jahr 2003 fällig gewordenen Beitragsansprüche.
Die Hemmung der Verjährung hat gem. § 25 Abs. 2 Satz 4 und 6 SGB IV im Oktober 2006 begonnen. Mit Schreiben vom 20.10.2006 hat die Beklagte der Klägerin nämlich einen Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes selbständig Tätiger übersandt. Das stellt eine i. S. d. § 8 SGB X nach außen wirkende und der Klägerin (durch Zugang des Fragebogens naturgemäß bekannt gewordene) behördliche Tätigkeit dar, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet (vgl. hierzu auch BSG, Urt. v. 27.7.2011, - B 12 R 19/09 R -) und mit der ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und damit (auch i. S. d. § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV) begonnen worden ist (§ 18 Satz 2 Nr. 1 SGB X - zur Einleitung von Statusverfahren etwa Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -). Bei diesem Verwaltungsverfahren handelt es sich um ein Verfahren zur Prüfung der Beitragszahlung bei versicherungspflichtigen Selbständigen i. S. d. § 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV i. V. m. §§ 212 ff. SGB VI. Dass das Verfahren über längere Zeit nicht hat fortgesetzt werden können bzw. unterbrochen war, hindert die Hemmung der Verjährung nicht (§ 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Die Gründe hierfür hat nämlich nicht die Beklagte, sondern die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter zu vertreten. Nach Lage der Dinge hat der Bevollmächtigte der Klägerin den Fortgang des Verwaltungsverfahrens durch sein Verhalten verzögert. Die Beklagte hat ihn mehrfach nach erfolgter Akteneinsicht und wiederholten Anträgen auf Fristverlängerung an die Vorlage des ausgefüllten Fragebogens erinnern müssen (Erinnerungsschreiben vom 23.4.2007, 11.7.2007, 7.11.2007, 11.1.2008). Die Klägerin hat ihre Mitwirkungs- und Auskunftspflichten aus § 196 Abs. 1 SGB VI nachhaltig verletzt. Es ist nichts dafür ersichtlich, aus welchen Gründen der der Klägerin übersandte Fragebogen nicht i. S. d. § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unverzüglich hat ausgefüllt und zurückgesandt werden können. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat im Übrigen offenkundig unrichtige Angaben gemacht, als er am 7.10.2007 behauptet hatte, der Fragebogen sei bereits ausgefüllt, nachdem der - schließlich am 30.1.2008 übersandte - Fragebogen das Datum des 29.1.2008 trägt. Unter dem 31.1.2008 (am Tag nach Eingang des Fragebogens) hat die Beklagte den (ersten) Nachforderungsbescheid vom 31.1.2008 erlassen, der durch die Bescheide vom 9.2. und 26.5.2009 abgeändert worden ist. Mit der Bekanntgabe dieses Bescheids hat die Hemmung der Verjährung geendet (§ 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Der Zeitraum von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens im Oktober 2010 bis zum Erlass des Bescheids vom 31.1.2008 (ca. 15 Monate von November 2006 bis Januar 2008) ist gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen, wodurch diese entsprechend verlängert wird.
Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte hätte schon auf ihren Rentenantrag vom 30.8.2005 ein Prüfverfahren einleiten müssen, ist rechtlich nicht von Belang; außerdem genügt hierfür die Angabe, seit 1.7.1999 wegen selbständiger Tätigkeit keine Beiträge entrichtet zu haben, nicht, nachdem daraus Anhaltspunkte für eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit (etwa nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) nicht abzuleiten sind.
4.) Die nach näherer Maßgabe des § 63 SGB X getroffene Kostengrundentscheidung des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 ist ebenfalls rechtmäßig. Die Verminderung des im Bescheid vom 31.3.2008 festgesetzte Nachforderungsbetrags (19.306,74 EUR) durch Abhilfebescheid vom 9.2. bzw. 26.5.2009 auf 2.592,45 EUR ist für das Maß des Erfolges des von der Klägerin gegen den Bescheid vom 31.1.2008 eingelegten Widerspruchs nicht allein entscheidend. Der Anspruch wird durch § 63 Abs. 1 Satz 3 SGB X dem Umfange nach eingeschränkt. "Verschulden" ist in diesem Zusammenhang verfahrensrechtlich als Außerachtlassen der im Verwaltungsverfahren gebotenen Sorgfalt zu verstehen. Es geht damit nicht an, seinen Mitwirkungspflichten und obliegenheiten schuldhaft erst im Widerspruchsverfahren nachzukommen und aufgrund einer hierdurch erst ermöglichten Abhilfe die Erstattung der Kosten des – vermeidbar gewesenen – Vorverfahrens zu beanspruchen. Nach diesen Grundsätzen ist der bereits im Verwaltungsverfahren durch ihren Bevollmächtigten vertretenen Klägerin Verschulden anzulasten bzw. zuzurechnen, da die Angaben im Fragebogen teilweise unzutreffend (Dauer der Geringfügigkeit) waren und der Erfolg des Widerspruchs im Wesentlichen auf Unterlagen (Einkommensteuerbescheide) beruht, die bereits im vorangegangenen Verfahren vorgelegt hätten werden sollen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X). Die hälftige Erstattung der Aufwendungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.06.2003.
Die 1940 geborene Klägerin, die seit 1.12.2005 Regelaltersrente (Bescheid vom 28.11.2005; monatlicher Zahlbetrag 191,64 EUR) bezieht, war seit 1.7.1999 im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses als Flötenlehrerin beim Z. Musikschule / Volkshochschule Nördlicher B., E. (Musikschule E.) auf der Grundlage eines Werkvertrags vom 1.7./10.8.1999 bzw. eines Honorarvertrags vom 15./28.12.1999 tätig.
Im Jahr 2006 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Musikschule E. durch und stellte fest, dass die Klägerin als selbständige Lehrerin gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung sein könnte.
Mit Schreiben vom 20.10.2006 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes selbständig Tätiger. Unter 9.11.2006 zeigte der Bevollmächtigte der Klägerin unter Bezugnahme auf das genannte Schreiben der Beklagten die Vertretung der Klägerin an und beantragte Akteneinsicht. Nach Rückgabe der Akten am 8.1.2007 erinnerte die Beklagte die Klägerin (deren Bevollmächtigten) mit Schreiben vom 23.4.2007 an die Vorlage des Fragebogens. nachdem hierauf nicht reagiert worden war, erging unter dem 11.7.2007 ein weiteres Erinnerungsschreiben, worauf der Bevollmächtigte der Klägerin Fristverlängerung bis 30.9.2007 beantragte. auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte der Bevollmächtigte der Klägerin am 7.10.2007 mit, der Fragebogen sei ausgefüllt und werde bis Ende Oktober übersandt. Nachdem dies nicht geschehen war, erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 7.11.2007 erneut an die Vorlage des Fragebogens. Unter dem 4.12.2007 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin (wiederum) Fristverlängerung bis 20.12.2007. Da der Fragebogen auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt worden war, erging ein weiteres Erinnerungsschreiben der Beklagten vom 11.1.2008. Der ausgefüllte Fragebogen (mit dem Datum des 29.1.2008) ging schließlich am 30.1.2008 bei der Beklagten ein.
In dem Fragebogen ist angegeben, die Klägerin habe an der Musikschule E. als Flötenlehrerin Unterricht in Block- und Querflöte erteilt. Die Tätigkeit habe sie regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt; das monatliche Arbeitseinkommen habe 325 EUR bzw. (ab 1.4.2003) 400 EUR nicht überstiegen. Arbeitnehmer habe sie nicht beschäftigt. Vor Beginn ihrer Unterrichtstätigkeit sei sie an der Musikschule nicht angestellt gewesen.
Mit Bescheid vom 31.1.2008 stellte die Beklagte Versicherungspflicht der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.11.2005 fest und forderte die Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von 19.306,74 EUR.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs vom 20.02.2008 wurde vorgetragen, es habe Scheinselbständigkeit und während der Zeit vom 1.12.2001 bis 31.12.2004 Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Tätigkeit vorgelegen. Die Beitragsforderungen bis 30.6.2003 seien verjährt. Die Klägerin beantragte hilfsweise die Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. la SGB VI.
Nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2005 berechnete die Beklagte die Beitragsschuld neu.
Mit Bescheid vom 9.2.2009 gab die Beklagte der Klägerin auf, für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.6.2003 (nunmehr noch) Beiträge in Höhe von 2.592,69 EUR nachzuzahlen. Mit Bescheid vom 26.5.2009 wurde der Nachzahlungsbetrag (unter Korrektur eines Fehlers in der Dateneingabe) auf 2.592,45 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 26.3.2009 stellte die Beklagte Versicherungsfreiheit ab 1.7.2003 gem. § 5 Abs. 2 SGB VI fest; die Klägerin habe nur eine geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt.
Mit Bescheiden vom 13.3.2009 und 15.4.2009 setzte die Beklagte (u.a.) Säumniszuschläge fest. Mit Bescheiden vom 30.3.2009 und 14.5.2009 wurden diese Bescheide hinsichtlich der Säumniszuschläge wieder aufgehoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 9.2.2009 und 26.3.2009 abgeholfen worden ist. Außerdem entscheid sie, dass der Klägerin die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens zur Hälfte erstattet werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. la SGB VI gehe ins Leere, weil die Klägerin nicht (wie in § 6 Abs. 1a SGB VI vorausgesetzt) nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, sondern als selbständige Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig sei (vgl. auch BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -). Der erstgenannte Versicherungspflichttatbestand, der bestimmte Selbständige in den Schutz der Rentenversicherung habe (neu) einbeziehen sollen, sei zum 1.1.1999 eingeführt worden und gegenüber dem bereits länger bestehenden Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nachrangig. Man habe der Beitragsberechnung die einschlägigen Steuerbescheide zugrunde gelegt.
Am 26.1.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Sie trug vor, man müsse sie für die streitige Zeit von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. la SGB VI befreien. Der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gehen dem Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vor. Sie wolle jedenfalls keine Beiträge nachzahlen. Die Beitragsforderung sei verjährt. Die Beklagte müsse neun Zehntel der Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens erstatten.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.5.2011 wies das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. la SGB VI würden gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtige Personen von der Versicherungspflicht befreit. Die Klägerin sei aber nicht nach dieser Vorschrift, sondern als selbständige Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig gewesen. Für die Zeit vom 1.12.2001 bis zum 30.6.2003 müsse sie Beiträge in Höhe von 2.592,69 EUR nachzahlen. Die Beitragsforderung sei wegen Hemmung der Verjährung nicht verjährt. Gem.§ 25 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sei bei der Prüfung der Beitragszahlung bei versicherungspflichtigen Selbstständigen die Verjährung für die Dauer der Prüfung gehemmt, es sei denn, die Prüfung werde unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen, die die prüfende Stelle zu vertreten habe. Die Beiträge für Dezember 2001 seien spätestens am 15.1.2002 fällig geworden (§ 23 SGB IV) und wären mit Ablauf des 31.12.2006 verjährt gewesen. Die Beklagte habe die Prüfung der Beitragszahlung mit Schreiben vom 20.10.2006 (Übersendung des Fragebogens zur Feststellung der Pflichtversicherung) eingeleitet; dieses Schreiben habe die Klägerin jedenfalls im November 2006 erhalten, da sich ihr Bevollmächtigter unter Bezugnahme auf dieses Schreiben im November 2006 an die Beklagte gewandt habe. Das Verfahren sei nicht durch Verschulden der Beklagten unterbrochen, sondern durch mehrfache Erinnerungen betrieben worden. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe jeweils Fristverlängerung beantragt und den ausgefüllten Fragebogen schließlich erst am 30.1.2008 übersandt, worauf die Beklagte sogleich den (Nachforderungs-)Bescheid vom 31.1.2008 erlassen habe. Die im Widerspruchsbescheid getroffene Kostengrundentscheidung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Nachforderung sei zwar auf 2.592,69 EUR (etwa ein Zehntel des ursprünglichen Nachforderungsbetrags von 19.306,74 EUR) vermindert worden. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Klägerin für einen Zeitraum von 48 Monaten (1.12.2001 bis 30.11.2005) Versicherungsfreiheit geltend gemacht habe und der Widerspruch lediglich für einen Zeitraum von 29 Monaten (1.7.2003 bis 30.11.2005 - etwa 60 %) erfolgreich gewesen sei. Außerdem seien der Befreiungsantrag nach § 6 Abs. la SGB VI und die Verjährungseinrede erfolglos geblieben.
Auf den ihr am 4.6.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.6.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Die Beklagte müsse die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu 9/10 übernehmen; maßgeblich sei allein die Verminderung des Nachforderungsbetrags. Auf die übrigen vom Sozialgericht angeführten Gesichtspunkte komme es für die Kostengrundentscheidung nicht an. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gehe der Bestimmung des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vor. Mit der erstgenannten Vorschrift habe der Gesetzgeber nicht den sozialen Schutz von Selbständigen erweitern, sondern der Rentenversicherung zusätzliche Einnahmen verschaffen wollen. An dem Begehren nach Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die, wenn überhaupt, nur nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI eingetreten sein könne, werde festgehalten. Sie sei Scheinselbständige gewesen. Die Beitragsforderung sei verjährt. Verjährungshemmung sei nicht eingetreten, da der Beklagten aus rechtswidrigem Handeln kein Vorteil erwachsen könne. § 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV stelle eine Übergangsvorschrift dar und sei auf Verfahren nach dem Jahr 2005 nicht anwendbar. Für die lange Verfahrensdauer sei ihr Bevollmächtigter nicht verantwortlich. Sie habe schon im Antrag auf Altersrente vom 30.8.2005 angegeben, seit 1.7.1999 wegen selbständiger Tätigkeit keine Beiträge entrichtet zu haben. Die Beklagte hätte das Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht daher nicht erst im Oktober 2006 einleiten dürfen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.5.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 31.1.2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2.2009 und 26.3.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 zu verurteilen, sie für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.6.2003 gem. § 6 Abs. 1 a SGB VI von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien und die in den genannten Bescheiden in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.5.2009 verfügte Nachzahlung von Beiträgen (in Höhe von - noch - 2.592,45 EUR) aufzuheben,
hilfsweise,
die Beklagte unter Abänderung der im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 getroffenen Kostengrundentscheidung zu verurteilen, ihr die notwendigen Aufwendungen zur Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren zu 9/10 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
I. Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und gem. § 151 SGG zulässig. Das gilt auch in Ansehung des Hilfsantrags, der sich auf die Abänderung der im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 gem. § 63 SGB X getroffenen Kostengrundentscheidung richtet. Hierfür gilt zwar § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (Senatsurteil vom 20.10.2010, - L 5 KA 5688/09 -; auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 3.8.2011, - L 7 R 16/09 -), wonach die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts bedarf, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt; der Beschwerdewert von 750 EUR dürfte nicht überschritten sein. Gem. § 5 ZPO (i. V. m. § 202 SGG) werden (auch für den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) aber mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet (zum Haupt- und Hilfsanspruch, Meyer-Ladewig, SGG § 144 Rdnr. 17). Der (unstreitig) ohne Zulassung der Berufung statthafte Hauptantrag der Klägerin "zieht" so den zulassungsbedürftigen Hilfsantrag gleichsam "mit" (a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22.9.2010, - L 10 AS 886/10 -).
II. Die Berufung ist nicht begründet.
1.) Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie auf die Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht gerichtet ist. Über den geltend gemachten Befreiungsanspruch ist durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Die richtige Klageart ist damit ausschließlich die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Diese ist jedoch vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung und Durchführung des Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 77, 78 Abs. 1 SGG unzulässig.
Der Antrag auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1a SGB VI von der Versicherungspflicht ist erst mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.1.2008 hilfsweise gestellt worden. Im Widerspruchsbescheid wird hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser Antrag mangels Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ins Leere gehe. Im Tenor wird lediglich der Widerspruch zurückgewiesen. Gegen die Annahme einer Ausgangsentscheidung über die beantragte Befreiung durch die Widerspruchsbehörde spricht zudem, dass sie zum Erlass einer Ausgangsentscheidung funktional und sachlich nicht zuständig gewesen wäre (BSG, Urteil vom 18.10.2005 – B 4 RA 21/05 R – und vom 20.07.2010 – B 2 U 19/09 R -, jeweils veröffentlicht in Juris).
Dementsprechend fehlt es nicht nur am Widerspruchsverfahren, sondern bereits an einer Ausgangsentscheidung. Auf eine Nachholung hinzuwirken, bestand angesichts der Aussichtslosigkeit und Mutwilligkeit dieses klägerischen Begehrens kein Anlass. Die Klägerin beansprucht eine Befreiung gem. § 6 Abs. 1a SGB VI und damit eine Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, obwohl sie unstreitig nicht nach dieser Vorschrift versicherungspflichtig ist. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sah und sieht das Gesetz nicht vor (vgl. unten). Daher ist die Beurteilung im Widerspruchsbescheid zutreffend, dass der Antrag ins Leere geht. Damit ist auch ein Bescheidungsinteresse nicht ersichtlich.
Unabhängig hiervon ist das Befreiungsbegehren aus den gleichen Gründen auch in der Sache aussichtslos. Die Klägerin ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig (vgl. unten). Von der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kann der selbständig tätige Lehrer nicht gem. § 6 Abs. 1a SGB VI befreit werden. Nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift werden (nur) gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtige Personen, also selbständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind, von der Versicherungspflicht befreit. Auf Versicherungspflichtige nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist § 6 Abs. 1a SGB VI nicht anwendbar (BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -; Urt. v. 12.10.2000, - B 12 RA 2/99 R -). Dagegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG; Urt. v. 23.11.2005, a. a. O.). Auch andere Befreiungsregelungen (etwa § 231 Abs. 5 oder 6 SGB VI) sind nicht einschlägig; über solche streiten die Beteiligten nicht.
2.) Auch im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg. Der Bescheid vom 31.1.2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.3.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat der Klägerin rechtsfehlerfrei die Nachzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen (zuletzt noch) in Höhe von 2.592,45 EUR aufgegeben. Die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 18.1.2010 ist ebenfalls rechtmäßig.
Gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind selbständig tätige Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig zur Rentenversicherung. Diese Vorschrift ist verfassungsmäßig und gültig (BSG, Urt. v. 23.11.2005, - B 12 RA 9/04 R -; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25.7.2007, - 1 BvR 2134/05 -). Für den rentenversicherungsrechtlichen Begriff des Lehrers genügt es, wenn eine spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt wird. Eine besondere pädagogische Ausbildung oder ein durch Ausbildungsordnungen geregeltes Berufsbild des (selbstständigen) Lehrers ist nicht notwendig. Der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gilt auch für solche selbstständig tätigen Lehrer, die i. S. d. § 2 Satz 1 KSVG als selbstständige Künstler Musik lehren, solange eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht begonnen hat (LSG, Bad.-Württ., Urt. v. 27.3.2007 - L 13 R 2395/06 -; BSG, Urt. v. 12.12.2007, - B 12 KR 8/07 R - zu Instrumentallehrern an einer Musikschule; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.4.2009, - L 8 R 145/08 -, jeweils veröffentlicht in Juris).
Versicherungspflichtige Selbständige müssen die geschuldeten Beiträge gem. § 169 Nr. 1 SGB VI selbst tragen und die Beiträge auch selbst zahlen (§ 173 SGB VI). Deswegen sind sie gem. § 190a Abs. 1 Satz 1 SGB VI verpflichtet, sich innerhalb von 3 Monaten nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden. Im Übrigen sind die in § 196 Abs. 1 SGB VI festgelegten Auskunfts- und Mitteilungspflichten zu erfüllen. Danach müssen Versicherte oder Personen, für die eine Versicherung durchgeführt werden soll, soweit sie nicht bereits nach § 28o SGB IV auskunftspflichtig sind, dem Träger der Rentenversicherung über alle Tatsachen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der den Trägern der Rentenversicherung übertragenen Aufgaben erforderlich sind, auf Verlangen unverzüglich Auskunft erteilen (Nr. 1) und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitteilen (Nr. 2).
Für die Verjährung der von den selbständig Tätigen zu zahlenden Beiträge gilt die allgemeine Regelung des § 25 SGB IV. Gem. § 25 Abs. 1 Satz SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie - nach Maßgabe des § 23 SGB IV (in der jeweils geltenden Fassung) - fällig geworden sind. Gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Nach § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Praktisch bedeutsam sind vor allem die Regelungen des § 25 Abs. 2 Satz 2 bis 6 SGB IV; sie wurden durch Art. 4 Nr. 11 des Gesetzes v. 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1983) mit Wirkung vom 1.1.2001 eingefügt und sind daher hier ohne weiteres anwendbar.
Gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 - 6 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt (Satz 2), es sei denn, die Prüfung wird unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (Satz 4). Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem von dem Versicherungsträger in seiner Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag (Satz 5). § 25 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 SGB IV gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend.
§ 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV betrifft (u.a.) gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV versicherungspflichtige selbständige Lehrer. Die Vorschrift verweist auf die Prüfungen nach §§ 212, 212a und 212b SGB VI und erfasst Prüfungen zur Feststellung der Versicherungspflicht und der Pflicht zur Beitragszahlung. § 212 SGB VI regelt die Überwachung der rechtzeitigen und vollständigen Zahlung der Pflichtbeiträge, soweit sie (etwa gem. §§ 173, 169 Nr. 1 SGB VI) unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu zahlen sind. Diese sind zur Prüfung der Beitragszahlung berechtigt (§ 212 Satz 2 SGB VI). § 212b SGB VI erlaubt (seit 1.1.2005) die Prüfung der Beitragszahlung bei den versicherungspflichtigen Selbständigen (vor Ort).
3.) Die Klägerin ist nach diesen Vorgaben zweifellos gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der vom 1.1.2001 bis 30.6.2003 ausgeübten Tätigkeit als Flötenlehrerin an der Musikschule E. versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung gewesen. Die Klägerin ist (in der noch streitigen Zeit: 1.12.2001 bis 30.6.2003) als selbständige Flötenlehrerin an der Musikschule E. tätig gewesen und hat keine Arbeitnehmer beschäftigt. Daher war sie gem. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung. Sie war nicht in der Künstlersozialversicherung versichert und hat auch nicht als angestellte Flötenlehrerin in einem Beschäftigungsverhältnis zur Musikschule (bzw. deren Träger) gem. § 7 Abs. 1 SGB IV gestanden. Der Unterrichtstätigkeit lag ein Anstellungsvertrag (Arbeitsvertrag) nicht zugrunde und die Klägerin war in den Betrieb der Musikschule auch nicht als abhängig Beschäftigte eingegliedert.
Die Klägerin muss die nicht gezahlten Rentenversicherungsbeiträge nachzahlen (§§ 173, 169 Nr. 1 SGB VI). Fehler bei der Beitragsbemessung (§ 165 SGB VI) sind nach der Neuberechnung der Beiträge durch Bescheide vom 9.2. und 26.5.2009 weder ersichtlich noch geltend gemacht.
Die Beitragsansprüche für Dezember 2001 bis Juni 2003 sind wegen Hemmung der Verjährung nicht verjährt.
Der Beitrag für Dezember 2001 ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der seinerzeit noch maßgeblichen Gesetzesfassung am 15.1.2002 fällig geworden (vgl. auch BSG, Urt. v. 27.7.2011, - B 12 R 19/09 R -). Die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wäre mit Ablauf des Jahres 2006 verstrichen gewesen, entsprechendes gilt für die übrigen im Jahr 2002 fällig gewordenen Beitragsansprüche. Im Jahr 2003 fällig gewordene Beitragsansprüche wären mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt gewesen. Die Verjährung war aber (jedenfalls) für die Monate November 2006 bis (einschließlich) Januar 2008 gehemmt, weswegen die Verjährungsfrist um den Hemmungszeitraum von 15 Monaten zu verlängern ist. Der Beitragsanspruch für den am längsten zurückliegenden Monat Dezember 2001 verjährte deswegen nicht zum 31.12.2006, sondern frühestens zum 31.3.2008. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch aber bereits durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 31.1.2008 bzw. Änderungsbescheide vom 9.2. und 26.5.2009) geltend gemacht und die Verjährung dadurch gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X (erneut) gehemmt worden. Entsprechendes gilt für die übrigen im Jahr 2002 bzw. die im Jahr 2003 fällig gewordenen Beitragsansprüche.
Die Hemmung der Verjährung hat gem. § 25 Abs. 2 Satz 4 und 6 SGB IV im Oktober 2006 begonnen. Mit Schreiben vom 20.10.2006 hat die Beklagte der Klägerin nämlich einen Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes selbständig Tätiger übersandt. Das stellt eine i. S. d. § 8 SGB X nach außen wirkende und der Klägerin (durch Zugang des Fragebogens naturgemäß bekannt gewordene) behördliche Tätigkeit dar, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet (vgl. hierzu auch BSG, Urt. v. 27.7.2011, - B 12 R 19/09 R -) und mit der ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und damit (auch i. S. d. § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV) begonnen worden ist (§ 18 Satz 2 Nr. 1 SGB X - zur Einleitung von Statusverfahren etwa Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -). Bei diesem Verwaltungsverfahren handelt es sich um ein Verfahren zur Prüfung der Beitragszahlung bei versicherungspflichtigen Selbständigen i. S. d. § 25 Abs. 2 Satz 6 SGB IV i. V. m. §§ 212 ff. SGB VI. Dass das Verfahren über längere Zeit nicht hat fortgesetzt werden können bzw. unterbrochen war, hindert die Hemmung der Verjährung nicht (§ 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Die Gründe hierfür hat nämlich nicht die Beklagte, sondern die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter zu vertreten. Nach Lage der Dinge hat der Bevollmächtigte der Klägerin den Fortgang des Verwaltungsverfahrens durch sein Verhalten verzögert. Die Beklagte hat ihn mehrfach nach erfolgter Akteneinsicht und wiederholten Anträgen auf Fristverlängerung an die Vorlage des ausgefüllten Fragebogens erinnern müssen (Erinnerungsschreiben vom 23.4.2007, 11.7.2007, 7.11.2007, 11.1.2008). Die Klägerin hat ihre Mitwirkungs- und Auskunftspflichten aus § 196 Abs. 1 SGB VI nachhaltig verletzt. Es ist nichts dafür ersichtlich, aus welchen Gründen der der Klägerin übersandte Fragebogen nicht i. S. d. § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unverzüglich hat ausgefüllt und zurückgesandt werden können. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat im Übrigen offenkundig unrichtige Angaben gemacht, als er am 7.10.2007 behauptet hatte, der Fragebogen sei bereits ausgefüllt, nachdem der - schließlich am 30.1.2008 übersandte - Fragebogen das Datum des 29.1.2008 trägt. Unter dem 31.1.2008 (am Tag nach Eingang des Fragebogens) hat die Beklagte den (ersten) Nachforderungsbescheid vom 31.1.2008 erlassen, der durch die Bescheide vom 9.2. und 26.5.2009 abgeändert worden ist. Mit der Bekanntgabe dieses Bescheids hat die Hemmung der Verjährung geendet (§ 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Der Zeitraum von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens im Oktober 2010 bis zum Erlass des Bescheids vom 31.1.2008 (ca. 15 Monate von November 2006 bis Januar 2008) ist gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen, wodurch diese entsprechend verlängert wird.
Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte hätte schon auf ihren Rentenantrag vom 30.8.2005 ein Prüfverfahren einleiten müssen, ist rechtlich nicht von Belang; außerdem genügt hierfür die Angabe, seit 1.7.1999 wegen selbständiger Tätigkeit keine Beiträge entrichtet zu haben, nicht, nachdem daraus Anhaltspunkte für eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit (etwa nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) nicht abzuleiten sind.
4.) Die nach näherer Maßgabe des § 63 SGB X getroffene Kostengrundentscheidung des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2010 ist ebenfalls rechtmäßig. Die Verminderung des im Bescheid vom 31.3.2008 festgesetzte Nachforderungsbetrags (19.306,74 EUR) durch Abhilfebescheid vom 9.2. bzw. 26.5.2009 auf 2.592,45 EUR ist für das Maß des Erfolges des von der Klägerin gegen den Bescheid vom 31.1.2008 eingelegten Widerspruchs nicht allein entscheidend. Der Anspruch wird durch § 63 Abs. 1 Satz 3 SGB X dem Umfange nach eingeschränkt. "Verschulden" ist in diesem Zusammenhang verfahrensrechtlich als Außerachtlassen der im Verwaltungsverfahren gebotenen Sorgfalt zu verstehen. Es geht damit nicht an, seinen Mitwirkungspflichten und obliegenheiten schuldhaft erst im Widerspruchsverfahren nachzukommen und aufgrund einer hierdurch erst ermöglichten Abhilfe die Erstattung der Kosten des – vermeidbar gewesenen – Vorverfahrens zu beanspruchen. Nach diesen Grundsätzen ist der bereits im Verwaltungsverfahren durch ihren Bevollmächtigten vertretenen Klägerin Verschulden anzulasten bzw. zuzurechnen, da die Angaben im Fragebogen teilweise unzutreffend (Dauer der Geringfügigkeit) waren und der Erfolg des Widerspruchs im Wesentlichen auf Unterlagen (Einkommensteuerbescheide) beruht, die bereits im vorangegangenen Verfahren vorgelegt hätten werden sollen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X). Die hälftige Erstattung der Aufwendungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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