L 4 KR 223/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2224/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 223/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung von EUR 15.904,00 für eine stationäre Behandlung in der nicht als Vertragskrankenhaus zugelassenen My Way Betty Ford Klinik in B. B. (im Folgenden: Privatklinik).

Der am 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er begab sich am 01. Februar 2010 zur stationären Behandlung in die genannte Privatklinik (Diagnosen: Abhängigkeit und Entzug von Alkohol - F10.2, F10.3; vorläufiger Entlassungsbericht des Dr. R., Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in der Privatklinik, vom 05. März 2010). Ein Merkblatt der Klinik nannte eine Regeldauer der Behandlung von 28 Tagen bei täglichen Behandlungskosten von EUR 497,00. Im Fall des Klägers wurde die Behandlung aus nicht näher bekannten Gründen auf 32 Tage verlängert. Am 05. März 2010 wurde er entlassen. Die Privatklinik berechnete dem Kläger in der Rechnung vom 05. März 2010 für die stationäre Behandlung insgesamt EUR 15.904,00 (32 Tage à EUR 497,00), die der Kläger bezahlte.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2010, also während des Verlaufs der Behandlung, bat Dr. R. die Beklagte "namens des Patienten" um Kostenübernahme. Der Kläger sei am 01. Februar 2010 akut zur Entgiftung und anschließenden Entwöhnung aufgenommen worden. Ein unmittelbarer Behandlungsantritt sei unbedingt erforderlich gewesen, um den Patienten vor einer weiteren Zunahme der psychischen und körperlichen Folgen bewahren zu können. Die Behandlung werde nach einem integrativen Konzept durchgeführt und beinhalte psychodynamische und verhaltenstherapeutische Elemente. Der Kläger zeige sich gut motiviert und die Therapieansätze der Klinik würden ihn dabei unterstützen bis hin zur Einleitung einer ambulanten Nachbetreuung am Wohnort.

Die Beklagte lehnte es ab, die Kosten dieses Krankenhausaufenthaltes zu tragen (Bescheid vom 25. Februar 2010), weil die Privatklinik nicht zu den zugelassenen Krankenhäusern im Sinne des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gehöre. Ferner unterrichtete die Beklagte die Privatklinik unter dem 25. Februar 2010, dass die stationäre Behandlung des Klägers nicht zu ihren (der Beklagten) Lasten durchgeführt werden könne, weil sie (die Privatklinik) kein zugelassenes Krankenhaus sei.

Der Kläger erhob unter Beifügung der Rechnung vom 05. März 2010 über eine Summe der Behandlungskosten von EUR 15.904,00 Widerspruch. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er nach 20 jähriger Mitgliedschaft nicht die Kosten für die Entgiftung erhalte. Es sei akuter Handlungsbedarf notwendig gewesen. Eine Einweisung in eine zugelassene Einrichtung wäre nach den Recherchen seiner behandelnden Ärzte Dr. S. und Sf. frühestens Ende März (2010) möglich gewesen. Angesichts seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer eines mittelständigen Unternehmens mit 330 Mitarbeitern sei es für ihn die einzigste Chance gewesen, kurzfristig in den Entzug zu gehen, um für die beginnende Geschäftssaison ab April wieder seine Aufgaben aufnehmen zu können. Der stationäre Aufenthalt sei sehr erfolgreich gewesen. Die Qualität der Ärzte und Therapeuten sei auf höchstem Niveau, was auch die relativ kurze Aufenthaltsdauer im Vergleich zu zugelassenen Einrichtungen erkläre.

Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2010 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Versicherte hätten Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus. Unter diesen Krankenhäusern stehe dem Versicherten die Wahl frei. Die in Anspruch genommene Privatklinik sei kein Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen. Zur Behandlung des Krankheitsbildes hätten Vertragseinrichtungen zur Verfügung gestanden. Sofern ein sofortiger Entzug unumgänglich gewesen sein sollte, hätte dieser auch in einer Vertragseinrichtung kurzfristig realisiert werden können. Der Kläger habe sich ohne Zustimmung der Beklagten in die am 01. Februar 2010 beginnende stationäre Behandlung begeben. Damit habe er der Beklagten die Möglichkeit genommen, auf andere zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Der Entscheidung der Krankenkasse dürfe nicht dadurch vorgegriffen werden, dass die angestrebte Behandlung außerhalb des gesetzlichen Systems durchgeführt und die Prüfung in ein Verfahren der Kostenerstattung verlagert werde. Dies entlaste auch den Versicherten vom Risiko, die Kosten selbst tragen zu müssen, wenn ein Ausnahmetatbestand nicht vorliege. Der Beklagten seien auch keine Kosten erspart worden. Auch eine besonders moderne technische Ausstattung oder ein herausragender Ruf des Arztes bildeten nicht den Maßstab der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf eine über den beschriebenen gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung bestehe demgemäß grundsätzlich kein Anspruch.

Mit der am 17. Juni 2010 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er verwies nochmals darauf, nach den Recherchen seiner behandelnden Ärzte Dr. S. und Sf. (vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Letzteren vom 10. August 2010) sei ein Entzug unverzüglich erforderlich gewesen, da eine Gefährdung vorgelegen habe, auch die Gefahr einer Fremdgefährdung, etwa durch Verkehrsunfall in der Tätigkeit als Werksleiter. In ein Vertragskrankenhaus hätte er wohl erst Ende März 2010 aufgenommen werden können. Nachdem die Geschäftssaison im April beginne, hätte er eine Verzögerung zu gravierend nachteiligen Betriebsabläufen geführt. Dem Versicherten könnten allenfalls die entstandenen Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden. Die Beklagte möge offenlegen, wie sie hinsichtlich der zugelassenen Krankenhäuser kalkuliere. Schließlich stehe der Beklagten ein Ermessen zu, welches sie überhaupt nicht ausgeübt habe.

Die Beklagte trat unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheids der Klage entgegen.

Das SG wies den Kläger mit eingehenden Darlegungen vom 16. Juli 2010 und 15. September 2010 auf die aus den Gründen des Widerspruchsbescheids geringe Erfolgsaussicht des verfolgten Begehrens hin.

Durch Urteil vom 07. Dezember 2010 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, für den Bereich einer stationären Krankenhausbehandlung konkretisiere § 108 SGB V das Prinzip der Sachleistung dahin, dass die Krankenkassen Leistungen nur in zugelassenen Krankenhäusern durchführen und erbringen dürfen. Anhaltspunkte dafür, dass die Behandlung tatsächlich unaufschiebbar gewesen sei, bestünden nicht. Der Kläger habe trotz Nachfrage nicht erläutert, welche Bemühungen er unternommen habe, um eine Behandlung in einer zugelassenen Klinik antreten zu können. Dass er in einer zugelassenen Klinik erst Ende März (2010) habe unterkommen können, sei spekulativ und stehe mit den Erfahrungen nicht in Übereinstimmung, nachdem entsprechende Behandlungen in den Zentren für Psychiatrie auch kurzfristig durchgeführt werden könnten. Auch eine unrechtmäßige Leistungablehnung durch die Beklagte sei nicht gegeben. Der Kläger habe ohne vorherige Antragstellung und ohne Wissen der Beklagten einen nicht zugelassenen Leistungserbringer in Anspruch genommen. Mithin fehle der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen einer Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistung. Auch das Interesse des Klägers, aus beruflichen Gründen die Behandlung kurzfristig antreten zu können, falle in die private Sphäre und könne einen Leistungsanspruch über die Gesetzessystematik hinaus nicht begründen. Wirtschaftliche Erwägungen, nämlich dass die Behandlung in der Privatklinik deutlich kürzer gewesen sei als in einer zugelassenen Klinik, könnten ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 247/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) folge kein günstigeres Ergebnis, nachdem es sich nicht um eine schwere, regelmäßig tödlich verlaufende oder gleichwertige Erkrankung gehandelt habe. Im Übrigen hätten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausreichend Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Der Hinweis auf eine fehlerhafte Ermessensbetätigung gehe fehl, da sich § 39 Abs. 2 SGB V nur darauf beziehe, dass sich Versicherte in ein anderes zugelassenes Krankenhaus begeben als das in der Einweisung genannte. Eine Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes im Ermessenswege sei hierdurch nicht legitimiert.

Gegen das am 21. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Januar 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, die beanspruchte Privatklinik sei zu der erforderlichen sofortigen ärztlichen Behandlung am besten geeignet gewesen. Dies hätte vom SG ermittelt werden müssen. Es gehe auch nicht an, die bei einer späteren Behandlung drohenden beruflichen Schäden der privaten Sphäre zuzurechnen. Auch dürfe wirtschaftlichen Erwägungen nicht jede Bedeutung abgesprochen werden. Es sei auch nochmals auf die Bescheinigung des Arztes Sf. vom 10. August 2010 Bezug zu nehmen. Wenn nach Einschätzung eines Arztes eine Maßnahme unverzüglich zu erfolgen habe, könne nicht verlangt werden, noch vorher die Zustimmung der Krankenkasse einzuholen. Bei Einlieferung eines Schwerverletzten in ein nicht zugelassenes Krankenhaus würde sich die Krankenkasse kaum darauf berufen können, sie sei vorher nicht eingeschaltet worden. Die geltend gemachte Erstattungsforderung werde gemäß Rechnung der Klinik vom 05. März 2010 auf EUR 15.904,00 beziffert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2010 zu verurteilen, EUR 15.904,00 nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18. Februar 2010 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie entgegnet, es sei für einen Leistungsanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausschlaggebend, ob nach Ansicht der behandelnden Ärzte die Privatklinik am besten geeignet gewesen sei. Es reiche aus, dass zur Vertragsbehandlung zugelassene Kliniken geeignet gewesen wären und damit die Privatklinik nicht die alleinige Möglichkeit gewesen sei. Die berufliche Tätigkeit sei für die Beurteilung, ob eine Behandlungsalternative in einer Vertragsklinik bestehe, nicht heranzuziehen. Es sei dem Versicherten zuzumuten, ein zur Vertragsbehandlung zugelassenes Krankenhaus aufzusuchen, auch wenn die Behandlungszeit dort möglicherweise länger dauern sollte. Es habe nach alledem kein zwingender Grund bestanden, das Sachleistungssystem zu verlassen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, Kosten für die stationäre Behandlung in der Privatklinik vom 01. Februar bis 05. März 2010 in Höhe von EUR 15.904,00 zu erstatten. Auch eine teilweise Erstattung kommt nicht in Betracht.

1. Der Kläger hat nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt § 13 Abs. 2 SGB V deshalb nicht in Betracht.

2. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt damit nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind einem Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war.

a) Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, dass dem Kläger dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V).

Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne vorher die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4 2500 § 13 Nr. 12). Dieses Verfahren ist entgegen früherer Andeutung (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 1993 - 1 RK 37/92 - SozR 3-2500 § 34 Nr. 2) auch zu fordern in Fällen, in denen von vornherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. eingehend BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre - Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden - Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und ggf. aufzuzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen. Dem kann nicht der Einwand der "Förmelei" entgegengehalten werden, weil der Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V unmissverständlich einen Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Ablehnung und Kostenlast verlangt (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - aaO und 02. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15)

Der Kläger hat seinen Antrag auf Kostenerstattung erst am 15. Februar 2010 in der Privatklinik, die kein zugelassener Leistungserbringer für stationäre Behandlungen ist, da sie weder eine Hochschulklinik noch ein Plankrankenhaus ist sowie auch nicht über einen Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen verfügt, gestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die stationäre Behandlung vom 01. Februar bis 05. März 2010 bereits begonnen. Die insoweit geltend gemachte Kostenerstattung betrifft damit zunächst einen Zeitraum, der bereits bei Antragstellung in der Vergangenheit lag. In der Zeit vor dieser Behandlung hatte der Kläger keinerlei Kontakt mit der Beklagten aufgenommen, um sie über die in der Privatklinik durchgeführte Behandlung zu unterrichten. Dadurch hat er der Beklagten die Möglichkeit genommen, die Notwendigkeit und Übernahmefähigkeit der Behandlung in der Privatklinik sowie die gestellte Diagnose zu überprüfen und gegebenenfalls andere Behandlungsmethoden und eine andere Klinik vorzuschlagen. Der Kläger hat sich folglich eine Leistung besorgt, ohne die Beklagte einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die nach dem Antragszeitpunkt bis 05. März 2010 stattgefundene stationäre Behandlung. Denn der Kläger war zu dieser weiteren Behandlung zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten bereits entschlossen, wie aus dem Antragsschreiben hervorgeht. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 war deshalb auch für den weiteren stationären Aufenthalt bis 05. März 2010 nicht ursächlich für die anlässlich dieses stationären Aufenthalts entstandenen Kosten.

Eine vorherige Anfrage bei der Beklagten war dem Kläger zumutbar. Statt sich auf die behauptete Recherche der behandelnden Ärzte zu verlassen, hätte vielmehr eine solche Anfrage erfolgen müssen. Es ist gerade auch Aufgabe der Krankenkassen, ihren Versicherten auch eine gegebenenfalls kurzfristig erforderlich werdende notwendige Behandlung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund hätte es auch nahe gelegen, dass die den Kläger behandelnden Ärzte ihn darüber aufklären, dass eine Krankenhausbehandlung als Sachleistung nur in einem zugelassenen Krankenhaus erbracht werden kann und ihm auch raten, sich wegen der Leistungserbringung als Sachleistung an die Beklagte zu wenden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 16).

b) Der stationäre Aufenthalt in der Privatklinik war auch nicht unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V.

Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht. Die medizinische Dringlichkeit ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn neben der Unaufschiebbarkeit wird vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG, Urteil vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; Urteil vom 02. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Grund hierfür ist wiederum, dass nur bei einer Vorabprüfung die Krankenkassen ihre Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden Beratungsaufgaben erfüllen können, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und gegebenenfalls aufzuzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen.

Eine solche medizinische Unaufschiebbarkeit oder Dringlichkeit hat hier nicht vorgelegen. Der stationäre Aufenthalt musste nicht derart kurzfristig erbracht werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger offenkundig schon seit längerer Zeit an der Suchterkrankung litt. Zudem haben nach dem Vortrag des Klägers die ihn behandelnden Ärzte nach einem Krankenhaus gesucht, so dass – wie unter a) bereits dargelegt – auch Gelegenheit bestanden hätte, die Beklagte vorab mit der Frage der stationären Krankenhausbehandlung zu befassen.

c) Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheitert außerdem an dem Umstand, dass der Kläger keinen Sachleistungsanspruch auf die stationären Behandlungen in der Privatklinik hatte.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteile vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12; vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12).

Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Nr. 5 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung (notwendige) Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus im Sinn von § 108 SGB V. Außer Hochschulkliniken (Nr. 1) und Plankrankenhäusern (Nr. 2) gehören hierzu (Nr. 3) Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Die Privatklinik ist weder im Krankenhausplan aufgenommen noch unterhält sie einen Versorgungsvertrag. Die Beschränkung der zugelassenen Leistungserbringer kann nur für Notfälle (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 09. Oktober 2001 - B 1 KR 6/01 R- SozR 3-2500 § 13 Nr. 25) und im Fall von Systemstörungen durchbrochen werden

Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss und ein zugelassenes Krankenhaus nicht aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 9 und 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Behandlungsbedürftigkeit mit der Erforderlichkeit baldiger Entscheidung bedingt noch keine Behandlungsdringlichkeit in diesem Sinne. Eine derart dringende Eilbedürftigkeit lag beim Kläger aus den bereits unter a) und b) genannten Gründen nicht vor. Der Fall des Klägers unterscheidet sich von dem der Einlieferung eines Schwerverletzten. Bei einem Schwerverletzten besteht in der Regel umgehende Behandlungsbedürftigkeit. Die Notfallbehandlung eines nicht zugelassenen Krankenhauses darf jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu welchem eine umgehende Verlegung des Patienten in ein zugelassenes Krankenhaus möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 5/08 R - SozR 4 2500 § 109 Nr. 6). Abgesehen davon hätte die Privatklinik, wenn ein Notfall vorgelegen hätte, unmittelbar mit der Beklagten abrechnen müssen und dem Kläger selbst keine Rechnungen über durchgeführte Notfallbehandlungen stellen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 9/05 R - m.w.N.; Beschluss vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 114/06 B ; beide veröffentlicht in Juris).

Auch eine Systemstörung in dem Sinne, dass kein zugelassenes Krankenhaus zur Verfügung stand, das zur Behandlung der beim Kläger diagnostizierten Erkrankungen in der Lage gewesen wäre, lag nicht vor. Die Behandlung des Klägers wäre auch in einem zugelassenen Krankenhaus möglich gewesen. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, weshalb hierauf verwiesen wird, besteht kein begründeter Zweifel daran, dass die beim Kläger durchgeführte Behandlung in den Zentren für Psychiatrie hätte erbracht werden können.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Übernahme der Kosten. Insbesondere steht ihm auch kein Anspruch auf die Kosten zu, die in einem zugelassenen Krankenhaus für die stationären Behandlungen angefallen wären. Das BSG hat für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringerrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Kostenträger entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (z.B. zum Leistungsrecht: Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 21; zum Vertragsarztrecht: Urteil vom 08. September 2004 - B 6 KA 14/03 R - SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ihre Steuerungsaufgabe könnten die Regelungen über die Zulassung zur Leistungserbringung nicht erfüllen, wenn das Privatkrankenhaus die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Nach der genannten ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen Regelungen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Dies wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt oder dem Vertragskrankenhaus als sonstigem Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind.

Ein Kostenerstattungsanspruch besteht insoweit schließlich auch nicht deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass der Kläger Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart hat. Abgesehen davon, dass dies nach den Ausführungen der Beklagten, wonach aufgrund eines möglichen Mindererlösausgleichs der Vertragskrankenhäuser die Krankenkassen bei Inanspruchnahme von Leistungen in Krankenhäusern außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zumindest teilweise nichts ersparen dürften, würde dies auch dazu führen, dass die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden könnte (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B -, veröffentlicht in juris).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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