S 40 AS 5436/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 5436/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Angemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft in Dresden ab dem 1.12.2010
1. Der Beklagte wird in Abänderung des Bescheides vom 09.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2011 verurteilt, der Klägerin für den Leistungszeitraum vom 01.06.2011 bis 31.07.2011 und vom 01.09.2011 bis 30.11.2011 über die bereits anerkannten Beträge von 688,90 EUR hinaus weitere Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich jeweils 13,55 EUR zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte hat über das angenommene Teilkostengrundanerkenntnis hinaus weitere 13/50 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen, die der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch II (im Folgenden: SGB II) für den Leistungszeitraum vom 1.6.2011 bis 30.11.2011 zu zahlen sind.

Die 1957 geborene, erwerbsfähige und arbeitslose Klägerin wohnte ursprünglich in einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem früheren Ehemann. Nach der Trennung zog die Klägerin zum 1.6.2008 in die auch heute noch von ihr bewohnte Wohnung in der Z. Str., Dresden. Schon vor dem Umzug hatte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft gemäß § 22 Abs. 2 SGB II gestellt, den der Beklagte wegen Unangemessenheit der Mietkosten der neuen Wohnung abgelehnt hatte. Die Klägerin erklärte daraufhin handschriftlich am 7.4.2008: "Hiermit bestätige ich, die unangemessenen Kosten für die Miete selbst zu tragen." Die von der Klägerin seitdem bewohnte Wohnung hat eine Gesamtgröße von 50,18 m². Die Miethöhe betrug im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 256,50 EUR Grundmiete zuzüglich einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100,- EUR. Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral. Die Klägerin erzielte im streitbefangenen Leistungszeitraum weder eigenes Einkommen, noch verfügte sie über einzusetzendes Vermögen. Unter dem 7.7.2011 erstellte der Vermieter der Klägerin die Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2010, wonach der Klägerin im Ergebnis ein Guthaben von 194,62 EUR zustehe. Am 26.7.2011 erging sodann eine korrigierte Betriebskostenabrechnung, weil eine Rechnungsposition vergessen worden war; diese wies nunmehr ein Guthaben von 96,89 EUR aus. Auf Wunsch der Klägerin schrieb der Vermieter das Guthaben von 96,89 EUR am 26.7.2011 auf ihrem Mietkonto gut.

Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 18.4.2011 gewährte der Beklagte der Klägerin mit dem Bescheid vom 9.5.2011 Leistungen für den Leistungszeitraum vom 1.6.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von insgesamt 672,70 EUR, wovon 364,- EUR auf die Regelleistung und 308,70 EUR auf die Kosten der Unterkunft entfielen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.8.2011 zurück. In den Gründen wurde ausgeführt, dass der Beklagte für seine Berechnung von einer angemessenen Bruttokaltmiete für einen 1-Personenhaushalt in Höhe von 252,45 EUR gemäß dem Stadtratsbeschluss vom 24.1.2008 ausgegangen sei. Die Gesamtnebenkostenvorauszahlung sei mangels einer eindeutigen Regelung im Mietvertrag vom Beklagten im Verhältnis von 55 % (kalte Betriebskosten) zu 45 % (Heizkosten) aufgeteilt worden. Von der Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 45,- EUR sei sodann eine Warmwasserpauschale in Höhe von 6,64 EUR in Abzug gebracht worden.

Die Klägerin hat fristgerecht am 27.9.2011 Klage erhoben.

Sie trägt vor, dass höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft zu erbringen seien, weil die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten der Klägerin monatlich 356,50 EUR betragen würden und diese Unterkunftskosten auch nicht unangemessen hoch seien. Den vom Beklagten ermittelten maximal angemessenen Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt in Höhe einer Bruttokaltmiete von 252,45 EUR liege zwar der Stadtratsbeschluss vom 24.1.2008 zu Grunde. Die dort ermittelten Werte beruhten indessen nicht auf einer zutreffenden Datengrundlage. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Übernahme ihrer vollständigen Wohnkosten, denn diese lägen unterhalb der obersten Grenzwerte, die aus der Wohngeldtabelle zu § 12 Wohngeldgesetz zu entnehmen seien.

Am 24. 11. 2011 beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden neue Angemessenheitsgrenzen für die Bruttokaltmiete im Rahmen des § 22 SGB II und legte zugleich fest, dass diese Grenzwerte ab dem 1.12.2010 anzuwenden seien. Dem lag ein von der Landeshauptstadt Dresden in Auftrag gegebenes Gutachten des I. GmbH (im Folgenden: I.-Institut) vom 24.10.2011 zur Ermittlung von Richtwerten für Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt Dresden zu Grunde. Nach dem Stadtratsbeschluss soll die angemessene Bruttokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt 276,- EUR monatlich betragen. Der Beklagte gab daraufhin mit Schriftsatz vom 20.12.2011 das Teilanerkenntnis ab, dass der Klägerin die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1.6.2011 bis 30.11.2011 mit der Maßgabe gewährt würden, dass Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 321,- EUR monatlich berücksichtigt würden. Der Beklagte erkannte zudem an, ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen zu wollen. Auch bei diesem Teilanerkenntnis hatte der Beklagte die von der Klägerin geschuldete, einheitliche Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100,- EUR monatlich dergestalt aufgeteilt, dass 55,- EUR auf die sogenannten kalten Betriebskosten und 45,- EUR auf die Heizkosten entfallen. Bereits am 12.12.2011 hatte der Beklagte zudem einen Änderungsbescheid erlassen, der dieses Teilanerkenntnis zum Inhalt hatte (VV Bl. 527).

Die Klägerin nahm das Teilanerkenntnis und Teilkostengrundanerkenntnis an. Sie vertritt gleichwohl die Rechtsauffassung, dass auch die Bestimmung der neuen Angemessenheitsobergrenze nicht auf einem sogenannten schlüssigen Konzept beruhe, welches das Bundessozialgericht jedoch gefordert habe. Im Einzelnen ist die Klägerin der Auffassung, dass für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 50 m² als angemessen anzusehen sei. In die Angebotsberechnung seien jedoch in erheblichem Umfang kleinere Ein-Raum-Wohnungen eingestellt worden, die letztlich unzumutbar seien. Dies betreffe insbesondere die in Dresden häufig anzutreffenden ca. 26 m² großen Ein-Raum-Wohnungen in Plattenbauweise. Die Bestimmung der Leerstandreserven sei problematisch, da nicht erkennbar sei, inwieweit sich diese auf das gesamte Stadtgebiet verteilten oder lediglich in bestimmten Stadtteilen konzentrierten. Bedenken bestünden auch hinsichtlich der Selektion bestimmter Nachfragergruppen, wie zum Beispiel der sogenannten "anerkannten Überschreiter" oder der unter 25-Jährigen. Die Klägerin zieht darüber hinaus in Zweifel, dass die zur Berechnung herangezogene Datenbank über die Bedarfsgemeinschaften tatsächlich auf dem aktuellen Stand des Stichtages (31.12.2010) gewesen sei. Schließlich sei auch zweifelhaft, ob hinreichend Wohnungen zu dem vom Beklagten angesetzten Preis tatsächlich verfügbar seien. Eigene Recherchen der Prozessvertreterin der Klägerin in Immobilienportalen hätten insofern nur wenige Wohnungsangebote ergeben; allein die Prozessvertreterin der Klägerin vertrete jedoch eine Vielzahl von Bedarfsgemeinschaften, deren Wohnungen angeblich unangemessen seien. Nach Auffassung der Klägerin könne aufgrund des fehlenden Konzeptes und der unzureichenden Datenerhebung eine kommunale Angemessenheitsgrenze nicht ermittelt werden, so dass letztlich die Wohngeldtabelle des § 12 WoGG mit einem Aufschlag von 10 % als Angemessenheitsgrenze herangezogen werden müsse. Die Mietkosten der Klägerin lägen deutlich unter diesen Beträgen.

Mit einem weiteren Teilanerkenntnis vom 27.4.2012 erkannte der Beklagte an, dass die Klägerin für den Leistungszeitraum vom 1.6.2011 bis 30.11.2011 einen monatlichen Leistungsanspruch nach dem SGB II in Höhe von 688,90 EUR (bestehend aus 364,- EUR Regelleistung und 324,90 EUR für die Kosten der Unterkunft) habe. Hierbei hatte der Beklagte nunmehr einer Durchschnittsermittlung des I.-Instituts entsprechend angenommen, dass von den 100,- EUR Nebenkostenvorauszahlung 48,9 %, mithin 48,90 EUR, auf die Heizkosten entfielen. Die Klägerin hat auch dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Die Klägerin beantragt,

Den Bescheid des Beklagten vom 9.5.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.8.2011 und des Änderungsbescheids vom 12.12.2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den Leistungszeitraum vom 1.6.2011 bis 30.11.2011 über die bereits anerkannten Beträge von 688,90 EUR hinaus weitere Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich (356,50 EUR - 324,90 EUR) = 31,60 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die ergangenen Bescheide. Die dem Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 zu Grunde liegenden Berechnungen ermittelten auf Basis des qualifizierten Mietspiegels der Stadt Dresden sowie des Verhältnisses zwischen den Häufigkeiten angemessener verfügbarer Wohnungen und unangemessen wohnender und somit versorgungsbedürftiger Bedarfsgemeinschaften einen Richtwert für die abstrakt angemessene Bruttokaltmiete. Danach sei eine Bruttokaltmiete in Höhe von 276,- EUR für die Zeit ab dem 1.12.2010 für einen Ein-Personen-Haushalt als angemessen zu betrachten. Dem Gericht sei das dem Stadtratsbeschluss zu Grunde liegende Gutachten des I.-Instituts vom 24.10.2011 bekannt und in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Soweit die 10. Kammer des Sozialgerichts Dresden die Ermittlung der aus dem I.-Gutachten ersichtlichen Angemessenheitsgrenzen in Frage gestellt habe, werde vorsorglich auf die ergänzenden Stellungnahmen des I.-Instituts vom 16.2.2012 und 9.5.2012 Bezug genommen, die weitere Ausführungen enthielten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Das Gutachten des I.-Instituts vom 24.10.2011 und dessen ergänzende Stellungnahmen vom 16.2.2012 und 9.5.2012 lagen ebenfalls vor und waren gleichfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.

Sie ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bewilligungsbescheid vom 9.5.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.8.2011 zulässig (§ 54 Abs. 4 SGG) und über die inzwischen abgebenen Teilanerkenntnisse des Beklagten hinaus teilweise begründet. Die streitbefangenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie waren daher abzuändern. Der Leistungsantrag hat Erfolg, soweit der Klägerin für den Leistungszeitraum vom 1.6.2011 bis 31.7.2011 und vom 1.9.2011 bis 30.11.2011 lediglich Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich 688,90 EUR gezahlt wurden, denn der Klägerin standen monatlich 702,45 EUR zu. Im Übrigen war die Klage indessen abzuweisen, denn über diesen Betrag hinausgehende Leistungen waren der Klägerin nicht zuzusprechen. Für den Monat August 2011 war die Klage ganz abzuweisen, denn in diesem Monat sind der Klägerin mit den streitbefangenen Bescheiden bereits höhere Leistungen bewilligt worden, als ihr zugestanden haben.

I. Die im streitgegenständlichen Leistungszeitraum erwerbsfähige und hilfebedürftige (§ 7 Abs. 1 SGB II) Klägerin hat im Rahmen ihres, nach der neuen Rechtslage ab dem 1.1.2011 nunmehr einen einheitlichen Streitgegenstand bildenden Anspruchs auf Leistungen der Grundsicherung nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II unstrittig zunächst Anspruch auf Zahlung des Regelbedarfs gemäß § 20 Abs. 1 SGB II, der im hier betroffenen Leistungszeitraum monatlich 364,- EUR beträgt.

Die Kammer teilt die vom SG Berlin in seinem Vorlagebeschluss vom 5.4.2012 (S 55 AS 9238/12, juris) geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze für den vorliegenden Fall einer allein lebenden Klägerin nicht. Das SG Berlin hatte insbesondere beanstandet, dass sich für den im dortigen Verfahren betroffenen Personenkreis von mit Kindern und minderjährigen Jugendlichen zusammenlebenden erwachsenen Partnern eine unzutreffende Bedarfsermittlung daraus ergebe, dass sie von den Bedarfen der Alleinlebenden abgeleitet würden, ohne die sich aus der Familiensituation ergebende besondere Bedarfslage überhaupt nur zu erfassen (Münder, Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, Soziale Sicherheit, Sonderheft September 2011, 80 f; Lenze in NVwZ 2011, 1104, 1105). Jedoch müsse diese besondere Bedarfssituation erfasst, bewertet und umgesetzt werden.

Da im vorliegenden Verfahren jedoch keine Bedarfsgemeinschaft mit Kindern betroffen ist, ist die Kammer der Auffassung, dass die Ermittlung des Regelbedarfes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Da die Klägerin weder Vermögen besessen, noch Einkommen erzielt hat, hat der Beklagte auch zutreffend in dem Bescheid vom 9.5.2011 weder Einkommen noch Vermögen angerechnet. Ansprüche der Klägerin auf die Gewährung von Mehrbedarf sind ebenfalls nicht gegeben.

II. Außerdem hat die Klägerin nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Im vorliegenden Fall sind (mit Ausnahme des Monats August 2011) insgesamt 338,45 EUR als angemessene Unterkunftskosten der Klägerin anzusetzen. Die tatsächlichen Unterkunftskosten der Klägerin in Höhe von monatlich 356,50 EUR sind unangemessen. Als Angemessenheitsgrenze für einen Ein-Personen-Haushalt ist nicht die vom Beklagten angewandte Bruttokaltmiete von 276,- EUR heranzuziehen, die durch den Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden 24.11.2011 beschlossen wurde. Diese durch den Beklagten gezogene Grenze der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft beruht nicht auf einem sogenannten schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 22 Abs. 1 SGB II, der die Kammer folgt. Die von der Kammer ermittelte Angemessenheitsgrenze in Höhe einer Bruttokaltmiete von 288,45 EUR folgt aus dem Mietspiegeldatensatz des qualifizierten Mietspiegels der Landeshauptstadt Dresden 2010. Hierbei sind kalte Betriebskosten in Höhe der durchschnittlich entstehenden Betriebskosten für Miethaushalte in Dresden einzubeziehen, die sich aus den erhobenen Daten der Bürgerumfrage 2010 entnehmen lassen (1,16 EUR/m²). Die tatsächlichen Heizkosten der Klägerin sind in voller Höhe, d.h. in Höhe von 50,- EUR/ Monat zu übernehmen, weil keine Hinweise auf ein unwirtschaftliches oder unvernünftiges Heizverhalten vorliegen und die monatlichen Vorauszahlungen im Übrigen auch nach ihrer Höhe nicht die Kosten übersteigen, bei deren Überschreiten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von einem unwirtschaftlichen Heizverhalten auszugehen wäre. Im Einzelnen:

1) Der tatsächliche Bedarf der Klägerin für die Kosten der Unterkunft im hier strittigen Leistungszeitraum ist zunächst in eine Bruttokaltmiete (Grundmiete zuzüglich kalter Nebenkosten) von monatlich 306,50 EUR und eine Heizkostenvorauszahlung von monatlich 50,- EUR aufzuteilen.

Die tatsächliche Miethöhe der Klägerin betrug im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 256,50 EUR Grundmiete zuzüglich einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 100,- EUR. Da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer folgt, die Angemessenheit der Heizkosten getrennt von der Angemessenheit der sogenannten Bruttokaltmiete zu ermitteln ist (grundlegend BSG, Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R und BSG, Urt. v. 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, juris, dort insb. Randnummer 24 ff, beide zitiert nach juris), musste im vorliegenden Fall festgestellt werden, wie hoch die Bruttokaltmiete einerseits und die Heizkosten der Klägerin andererseits tatsächlich sind. Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass die einheitliche monatliche Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung bei fehlender Tilgungsbestimmung durch Mieter und Vermieter nur hälftig auf die sogenannten kalten und warmen Betriebskosten aufgeteilt werden kann. Dagegen kann die Vorauszahlung nicht prozentual anhand des Verhältnisses von kalten und warmen Betriebskosten in einer erst sehr viel später erstellten Betriebskostenabrechnung oder anhand des Verhältnisses der in Dresden durchschnittlich gezahlten kalten und warmen Betriebskosten aufgeteilt werden.

Die gesetzlichen Bestimmungen des SGB II enthalten keine Regelung dazu, wie eine einheitliche Betriebskostenvorauszahlung aufgeteilt werden muss. Die Vorschrift des § 366 BGB, die die Anrechnung einer Leistung auf mehrere Forderungen regelt, kann ebenfalls nicht herangezogen werden, weil diese Vorschrift nur Anwendung findet, wenn der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist. Nach dem Mietvertrag schuldet die Klägerin jedoch nicht zwei verschiedene Zahlungen, sondern lediglich eine Betriebskostenvorauszahlung. Aus den von der Klägerin im Klageverfahren nachgereichten Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2010 und 2009 ergibt sich folgerichtig, dass der Vermieter der Klägerin auch bei der Abrechnung der Betriebs- und Heizkosten zunächst eine Gesamtaufstellung sämtlicher Kosten mit den einzelnen Berechnungspositionen, die sich aus kalten und warmen Nebenkosten zusammensetzen, vornimmt und diesen sodann im Gegenzug die gesamte Vorauszahlungen der Klägerin für die kalten und warmen Betriebskosten gegenüberstellt.

Auch eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB führt im vorliegenden Fall nicht weiter. § 366 Abs. 2 BGB hat folgenden Wortlaut: "Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt." Da hier jedoch erst mit der (sehr viel später erstellten) Betriebskostenabrechnung selbst das Verhältnis der einzelnen Rechnungspositionen zueinander bekannt wird, kann die anteilige Tilgung nicht in analoger Anwendung des § 366 BGB bestimmt werden, weil die konkrete Höhe der anteiligen Tilgung bis zur Betriebskostenabrechnung selbst im Ungewissen bliebe.

In Ermangelung anderer gesetzlicher Vorgaben teilt die Kammer die einheitliche Betriebskostenvorauszahlung gleichmäßig auf kalte und warme Betriebskosten auf.

Bislang hat der beklagte die erst im Klageverfahren vorgelegte Betriebskostenabrechnung nicht zum Anlass genommen, einen auf § 48 SGB X zu stützenden Änderungsbescheid für den Monat August zu erlassen, weil im Monat August 2011 die der Klägerin im Juli 2011 zugeflossene Betriebskostenrückerstattung von den Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II abzuziehen ist. Die Kammer hat daher keinen Anlass, darüber zu entscheiden, in welcher Höhe die Unterkunftskosten durch einen solchen Änderungsbescheid konkret festzusetzen wären, da jedenfalls hinreichend sicher feststeht, dass die Klägerin nach der derzeitigen Bescheidlage bereits überzahlt ist. Gleichwohl erlaubt sich die Kammer den Hinweis, dass aus der Betriebskostenabrechnung genauer berechnet werden könnte, ob es bei den Heizkosten oder kalten Betriebskosten zu Nachforderungen oder Rückerstattungen gekommen ist. Diese weist aus, dass die Klägerin insgesamt 448,27EUR warme Betriebskosten und 654,84 EUR kalte Betriebskosten entstanden sind, Vorauszahlungen wurden in Höhe von insgesamt 1.200,- EUR geleistet, die sich nach Meinung der Kammer jeweils zur Hälfte auf kalte und warme Betriebskosten aufteilen. Die Problematik der fehlenden Genauigkeit bei einer einheitlichen Betriebskostenvorauszahlung lässt sich demzufolge in dem Monat, in dem die Betriebskostengutschrift zufließt, "auflösen", denn ersichtlich ist die Klägerin bei den kalten Betriebskosten einer Nachforderung von 54,84 EUR ausgesetzt, die nach der Auffassung der Kammer wegen der die Angemessenheitsgrenze übersteigenden Bruttokaltmiete der Klägerin vom Beklagten nicht zu übernehmen wäre, während das Guthaben der Klägerin bei den Heizkosten 151,73 EUR beträgt und gemäß der Anrechnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II von den Unterkunftskosten abzuziehen wäre.

Im Gegensatz zu dieser hälftigen Aufteilung ist auch die in dem letzten Teilanerkenntnis des Beklagten zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung, dass die Vorauszahlung im Verhältnis von 48,9 % (Heizkosten) zu 51,1 % (kalte Betriebskosten) aufzuteilen sei, nicht vorzugswürdig. Diese Lösung löst sich zwar von den erst nachträglich zu erwartenden konkreten Betriebskostenabrechnungen bzw. von Betriebskostenabrechnungen der vergangenen Jahre, die bei Antragstellung schon vorliegen könnten und den Rechtsnachteilen, die eine solche Bezugnahme mit sich bringen könnte. Sie ist im Gegensatz zu der von der Kammer vorgenommenen hälftigen Teilung jedoch mit dem Nachteil behaftet, dass eine erneute statistische Auswertung der Betriebskosten in der nächsten kommunalen Bürgerumfrage zu einem neuen Ergebnis führen könnte. Dies würde dann die Frage aufwerfen, ob eine Korrektur vorzunehmen wäre und wie lange diese zurückreichen müsste. Eine hälftige Aufteilung bringt dagegen zuverlässige Rechtssicherheit und Klarheit für alle Fälle, in denen Mieter und Vermieter bürgerlichrechtlich zulässig eine einheitliche Betriebskostenvorauszahlung vereinbaren und in denen aber die Betriebskostenvorauszahlung zur Ermittlung der sozialrechtlichen Ansprüche des Betroffenen gleichwohl auf kalte und warme Betriebskosten aufgeteilt werden muss.

2) Die Klägerin hat nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfes für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 288,45 EUR Bruttokaltmiete zuzüglich der Heizkostenvorauszahlung von 50,- EUR. Die darüber hinausgehenden tatsächlichen monatlichen Mietkosten der Klägerin (Bruttokaltmiete von 306,50 EUR zuzüglich Heizkostenvorauszahlung von 50,- EUR) sind nicht zu berücksichtigen, weil diese unangemessen hoch sind.

a) § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vermittelt der Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung ihres Bedarfes für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Dabei ist die Angemessenheit als unbestimmter Rechtsbegriff der vollständigen gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Nach der gesetzlichen Konzeption bestehen keine Beurteilungs- oder Entscheidungsspielräume der Verwaltung (vgl. hierzu statt vieler BSG, Urt. v. 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R, (Duisburg), juris; a.A. offensichtlich SächsLSG, Beschl. v. 29.5.2012, L 7 AS 24/12 B ER, juris). Der Begriff "angemessen" im Gesetz bringt einerseits den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck, dass Leistungsempfänger nach dem SGB II ihre grundlegenden und verfassungsrechtlich garantierten Grundbedürfnisse des Wohnens befriedigen können sollen. Andererseits stellt der Begriff "angemessen" aber auch eine Begrenzung dar, weil durch diese Regelung verhindert werden soll, dass über die grundlegenden Bedürfnisse hinausgehende Kosten durch die Allgemeinheit übernommen werden müssen.

Die Kammer ist mit dem Bundessozialgericht der Auffassung, dass für die Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Standard der Unterkunft festgelegt werden müssen. Dabei ist auch darauf zu achten, dass der zutreffende räumliche Vergleichsmaßstab angewendet wird. Sodann ist der Quadratmeterpreis auf dem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung zu ermitteln, die den vorgenannten Kriterien entspricht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vergleiche zuletzt BSG, Urt. v. 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R, juris). Die angemessenen Kosten der Unterkunft sind sodann als Produkt zwischen der als angemessen erachteten Quadratmetergröße mit der als angemessen ermittelten Bruttokaltmiete für eine einfache Wohnung im räumlichen Vergleichsmaßstab zu ermitteln (Produkttheorie). Die Angemessenheit der Heizkosten muss (s.o. S. 8) isoliert von den Unterkunftskosten bestimmt werden.

Die Kammer folgt dem Bundessozialgericht auch dahingehend, dass ein gleichmäßiges und rechtmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraumes nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (also insbesondere die Ermittlung des für einfachen Wohnraum zu zahlenden Bruttokaltquadratmeterpreises) auf der Grundlage eines überprüfbaren sogenannten "schlüssigen Konzeptes" erfolgt. Das schlüssige Konzept soll hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden.

Das "schlüssige Konzept" ist somit nichts anderes, als die Methode, mit der der Grundsicherungsträger die Angemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft bestimmen muss. Die Methode ist dabei kein Selbstzweck außerhalb der gesetzlichen Regelung, sondern sie soll sicherstellen, dass die einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnisse des Hilfeempfängers Berücksichtigung finden und damit das Tatbestandsmerkmal der "Angemessenheit" erfüllt ist. Dass jede Berechnungsmethode auch gewisse Unzulänglichkeiten hat, ist dabei hinzunehmen, weil es keine Methoden gibt, die gänzlich frei davon sind. Gleichwohl stellen die vom Bundessozialgericht aufgestellten Bedingungen für ein schlüssiges Konzept sicher, dass der gesetzgeberische Zweck der Vorschrift trotz dieser Bedenken erfüllt werden kann. Die Bedingungen, die das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung nennt, sind damit gleichsam als Eckpunkte oder "Mindeststandards" (so auch BSG, Urt. v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, dort Rn. 24) zu verstehen, die bei einer Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze mindestens erfüllt sein müssen, damit die verfassungsrechtlich garantierten Rechte von Sozialleistungsempfängern, die in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II eine gesetzliche Ausprägung erfahren haben, in der konkreten Anwendung dieses Gesetzes hinreichende Berücksichtigung finden.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die sich die Kammer zu Eigen macht, bedeutet "Konzept" ein planmäßiges Vorgehen des Grundssicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Ein Konzept ist schlüssig, d.h. eine geeignete Berechnungsmethode zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen, wenn mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung) - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnung – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße - Angaben über den Beobachtungszeitraum - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel) - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten - Validität der Datenerhebung - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwerte oder Kappungsgrenze)

b) Nach diesen Maßgaben ist die konkrete Bestimmung der Angemessenheitsgrenze, die die Landeshauptstadt Dresden auf der Grundlage der Berechnungen des I.-Instituts vorgenommen hat, rechtlich zu beanstanden, denn diese stellt kein "schlüssiges Konzept" dar. Die durch den Stadtrat am 24.11.2011 beschlossenen Obergrenzen für Wohnkosten sind demzufolge auch nicht die angemessenen Kosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

aa) Das I.-Institut geht in seiner Methodik von der Überlegung aus, dass es wenig sinnvoll sei, "abstrakte Richtwerte festzulegen, zu denen der aktuelle Wohnungsmarkt konkret keine Wohnungen in ausreichender Zahl vorhalte" (vgl. S. 5 des Gutachtens). Daher berücksichtigt das I.-Institut bereits bei der Festlegung der Angemessenheitsgrenze eine "abstrakte Verfügbarkeit bzw. Häufigkeit angemessener Wohnungen". Die Angemessenheitsgrenze wird nicht allein durch eine Analyse des zur Verfügung stehenden Angebots ermittelt. Vielmehr liegt die Angemessenheitsgrenze laut I.-Institut an dem Punkt, an dem sich das monatliche Angebot in einem bestimmten Eignungssegment mit der monatlichen Nachfrage durch Leistungsempfänger nach Wohnungen in diesem Segment trifft. Durch die Einbeziehung der Nachfrageseite in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze will das I.-Institut gewährleisten, dass in der Regel mit den maximal zu gewährenden Leistungen für die Bruttokaltmiete auch eine Wohnung konkret angemietet werden kann. Damit soll dieses sogenannte "Wohnungsmarktmodell" für jeden unangemessen wohnenden Leistungsempfänger ein angemessenes Wohnungsangebot suchen.

bb) Das Bundessozialgericht hatte in den bisher ergangenen Entscheidungen zu der Berechnung der Angemessenheitsgrenze für Wohnkosten bislang keinen Anlass, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine derartige Methode, welche Angebot und Nachfrage gegenüberstellt, überhaupt geeignet ist, um eine grundsicherungsrelevante Angemessenheitsgrenze zu berechnen. Dies liegt daran, dass die bislang zur Entscheidung gestellten Berechnungsmethoden ausschließlich - entsprechend den vorstehend bereits dargestellten Schritten - die "Angebotsseite" beleuchtet hatten. Dabei wurde auf der Grundlage eines einfachen oder qualifizierten Mietspiegels untersucht, welche Bruttokaltmiete für einfachen und abstrakt angemessenen Wohnraum gezahlt werden musste. Von diesem Vorgehen unterscheidet sich die Berechnungsmethode der Landeshauptstadt Dresden grundsätzlich, weil sie auf eine derartige Vorbestimmung des einfachen und abstrakt angemessenen Wohnraums ganz überwiegend verzichtet und eine Berechnung ausschließlich über den Preis vornimmt. Dies ist nach Auffassung der Kammer grundsätzlich zulässig. Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht einer solchen Methode, bei der zur Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze grundsätzlich auch die abstrakte Verfügbarkeit von Wohnungen bereits in der Berechnung selbst berücksichtigt wird, nicht entgegen (vgl. dazu auch die Ausführungen des SächsLSG, Beschl. v. 29.5.2012, L 7 AS 24/12 B ER, dort insb. S.18, noch nicht veröffentlicht).

cc) Die konkrete angebots-/nachfrageorientierte Berechnungsweise des I.-Instituts, die sich der Beklagte auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 24.11.2011 zu Eigen macht, beachtet aber die für ein schlüssiges Konzept erforderlichen "Eckpunkte" nicht. Insbesondere sind einige der in die Berechnung übernommenen Daten nach den vorstehenden Maßgaben zu beanstanden. Darüber hinaus sind aber auch einige Grundannahmen, die in der Berechnung mathematisch korrekt umgesetzt worden sind, aus rechtlichen Gründen fehlerhaft.

Nach Auffassung der Kammer ist zunächst festzuhalten, dass auch bei dem von der Landeshauptstadt Dresden gewählten Wohnungsmarktmodell jeder einzelne Faktor, der letztlich in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze eingeflossen ist, auf hinreichend validen, d.h. insbesondere auch hinreichend aktuellen und belastbaren Daten beruhen muss, die ausschließlich im Vergleichsraum selbst erhoben worden sind. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Daten handelt, die das I.-Institut auf der Angebots- oder auf der Nachfrageseite berücksichtigt. Denn das Ergebnis des I.-Instituts beruht letztlich auf der Verknüpfung sämtlicher erhobener Faktoren. Deswegen muss auch jeder dieser Faktoren den Anforderungen entsprechen. Es ist hingegen nicht ausreichend, wenn ausschließlich der Mietspiegeldatensatz diesen Vorgaben entspricht und die übrigen Berechnungen aufgrund von Daten oder Annahmen erfolgen, die weniger hohen Qualitätsanforderungen genügen. Soweit hier gelegentlich seitens des Beklagten vorgetragen worden ist, dass sich die bereits im Vorfeld von anderen Kammern des Sozialgerichts beanstandeten Berechnungsfaktoren nur "unwesentlich" auf das Ergebnis auswirkten, oder aber soweit behauptet wurde, dass die Datenerhebung möglicherweise zwar nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts genügt hätte, aber gleichwohl aufgrund der mathematisch statistischen Überlegenheit zu "besseren Ergebnissen" oder einer "realitätsnäheren Abbildung des Wohnungsmarktes" führen würde, hält die Kammer dies für unbeachtlich. Schließlich ist auch das Ergebnis, welches die Landeshauptstadt auf der Basis des I.-Gutachtens beschlossen hat, ein Ergebnis auf EUR und Cent. Es reklamiert für sich die absolute Richtigkeit, daher können potentielle Abweichungen im Rechenweg, die sich zu Lasten der Hilfeempfänger auswirken könnten, grundsätzlich nicht hingenommen werden.

Wie oben bereits ausführlich dargestellt wurde, geht es im Bereich der Grundsicherung nicht darum, mathematisch/statistisch belastbare volkswirtschaftliche Rechenmodelle zu liefern, sondern es geht um den grundrechtlich verankerten Anspruch von Hilfeempfängern auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Die vom Bundessozialgericht aufgestellten und von der Kammer übernommenen Eckpunkte oder Mindeststandards sind verfassungsrechtlich erforderlich, um diesen Anspruch mindestens zu sichern und daher auch mit mathematischen, statistischen oder volkswirtschaftlichen Argumenten nicht "verhandelbar". Gerade weil es um Grundsicherung und um das menschenwürdige Existenzminimum geht, können auch kleinere mathematische Unsicherheiten im Rechenweg nicht toleriert werden, ohne dass das Gericht im Einzelnen nachzuvollziehen hätte, in welcher Größenordnung diese das Ergebnis beeinflussen. Sobald ein Verstoß gegen die Mindeststandards festgestellt wird, liegt kein schlüssiges Konzept mehr vor.

Die Kammer beanstandet die Berechnung an mehreren Stellen:

- In die Angebotsseite hat das I.-Institut in nicht unerheblichen Umfang leerstehenden Wohnraum einbezogen, von dem nicht hinreichend feststeht, ob dieser Wohnraum einfachen grundlegenden Wohnbedürfnissen vom Standard her noch genügt. Insoweit hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zwar erläutert, dass bereits in der Anfrage an die Wohnungsunternehmen ausdrücklich nach so genanntem "marktaktiven" Leerstand gefragt worden sei, also nach Leerstand, der von den Wohnungsunternehmen derzeit auch auf dem Markt angeboten werde. Daher habe der Beklagte aus den Antworten schließen dürfen, dass der mitgeteilte Leerstand auch zumutbar sei. Dem folgt die Kammer jedoch nicht, weil es keine allgemeingültige Definition des Begriffs "marktaktiv" gibt, der diese Schlussfolgerung trägt. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass es überwiegend unwahrscheinlich sein dürfte, dass eine höhere Anzahl dieser Leerstände den Eignungsklassen 1 und 2 der Dresdner Mietspiegeltabelle zuzuordnen ist, weil die Anzahl dieser unzumutbar ausgestatteten Wohnungen durch die Sanierungstätigkeit seit 1990 deutlich zurückgegangen ist. Gleichwohl ist es aber nicht auszuschließen, dass in dem Leerstand, der von den angefragten Wohnungsunternehmen mitgeteilt worden ist, solche Wohnungen enthalten waren. Die Fragestellung des Beklagten nach "marktaktivem Leerstand" gibt insoweit nur Auskunft darüber, ob der Eigentümer meint, die Wohnung vermieten zu können. Sie besagt aber gerade nicht ausdrücklich, dass die angebotene Wohnung tatsächlich zumutbar ist und über ein Badezimmer und eine Heizung verfügt. Dies hätte der Beklagte vielmehr ermitteln müssen.

Die Kammer hat allerdings keine Bedenken dagegen, dass auf der Angebotsseite eine nicht unerhebliche Anzahl von Ein-Raum-Wohnungen berücksichtigt wird, die in Plattenbauweise überwiegend in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet worden sind und – je nach konkretem Bautyp - eine Wohnungsgröße von ca. 26 m² haben. Die Kammer hält diese Wohnungen nicht für grundsätzlich unzumutbar für alleinstehende Leistungsempfänger. Dabei hat sich die Kammer insbesondere von der Überlegung leiten lassen, dass dieser Wohnungstyp, der in ganz Sachsen und daher auch in Dresden weit verbreitet ist, schon durch seine Häufigkeit als prägend für einfache und bescheidene, aber eben gleichwohl zumutbare Wohnbedürfnisse angesehen werden kann. Zwar sind inzwischen die Wohnungsverhältnisse grundsätzlich verändert im Gegensatz zu dem durch eine starke Wohnungsnot geprägten Mietmarkt zu DDR Zeiten. Die Kammer kann aber nicht feststellen, dass es Hilfeempfängern unzumutbar wäre, mit einer Wohnfläche von 26 m² auszukommen. Hierbei ist außerdem der (standardisierte) günstige Zuschnitt dieser Wohnungen zu berücksichtigen, der ebenfalls dazu beiträgt, dass einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen noch genügt wird. Es ist sicherlich zutreffend, dass bei der Wohnungsgröße, die der Festlegung einer abstrakten Höchstgrenze zugänglich ist, auch die Feststellung einer abstrakten Mindestgrenze möglich sein muss. Die Kammer lässt indes offen, wo genau diese Mindestgrenze anzusetzen ist, weil noch kleinere Wohnungen als die vorgenannten in dem vom I.-Institut auf der Angebotsseite herangezogenen Mietspiegeldatensatz nicht enthalten sind.

- Die Kammer bemängelt jedoch auf der Angebotsseite den sogenannten Mehrfachinserate-Faktor, weil dieser anhand von Daten berechnet wird, von denen nicht feststeht, ob sie für Dresden hinreichend repräsentativ und valide sind.

Der Beklagte hat der Kammer in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass die verfügbaren Wohnungen auf der Angebotsseite nach dem Konzept des I.-Instituts durch eine Auswertung eines längeren Zeitraums (anhand der jährlich neu vermieteten Wohnungen in Dresden) ermittelt werden. Da die Angemessenheitsgrenze insgesamt aber dann auf der Grundlage einer punktuellen Bewertung eines Monats berechnet werde, sei es zwingend erforderlich, das ermittelte Angebot auf den Betrachtungsmonat umzurechnen. Dies hält die Kammer für mathematisch plausibel. In dem Gutachten des I.-Instituts ist der genaue Rechenweg auf Seite 23 erläutert und in der Tabelle 6 auf Seite 24 dargestellt. Nach dem Gutachten wird die Anzahl der jährlich auf den Markt kommenden Mietwohnungen dazu zunächst durch zwölf (Monate) geteilt. Nach den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung dient der Mehrfachinseratefaktor sodann dazu, mathematisch darzustellen und einzuberechnen, dass ein gewisser Teil der jährlich auf den Markt kommenden Mietwohnungen länger als einen Monat leer steht und damit auch länger als einen Monat auf dem Mietmarkt verfügbar sein kann.

Die Kammer hat Bedenken, ob es vorliegend eines Mehrfachinseratefaktors tatsächlich bedarf. Das Mietwohnungsangebot dürfte durch die Aufteilung der durchschnittlich pro Jahr neu vermieteten Wohnungen auf einzelne Monate bereits hinreichend dargestellt sein. Denn das I.-Institut hat das zur Verfügung stehende Angebot gerade nicht durch eine Auswertung der in Dresden durch Inserate angebotenen Wohnungen über mehrere Monate ermittelt, sondern, was zulässig ist, anhand der Kommunalen Bürgerumfrage durch eine Betrachtung der tatsächlich vorhandenen Mietwohnungen, von denen jeweils ein bestimmter Prozentsatz im Jahr auf den Markt kommt. Folglich bedarf es bei dieser Art der Angebotsermittlung eines Mehrfachinseratefaktors nicht, um die Anzahl der monatlich zur Neuvermietung zur Verfügung stehenden Wohnungen zu ermitteln. Der Fakt, dass es bei manchen Wohnungen länger dauert, bis diese einen Nachmieter finden, dürfte hingegen dadurch bereits ausgeschaltet worden sein, dass das I.-Gutachten auf den Anteil der tatsächlichen Neuvermietungen im Jahr 2009 im Vergleich zum Gesamtbestand und nicht auf die Anzahl der inserierten Wohnungen abgestellt hat.

Die Kammer kann dies aber offen lassen, denn selbst wenn es einen plausiblen und belastbaren Grund dafür gäbe, dass hier zusätzlich ein Mehrfachinseratefaktor berücksichtigt werden muss, ist dieser jedenfalls unzureichend ermittelt. Auch wenn das Portal www.immodaten.net als sogenannte Metadatenbank über hinreichend viele Datensätze verfügte, mit denen es einen Mehrfachinseratefaktor errechnen könnte, bleibt offen, welcher örtliche Vergleichsraum genau herangezogen worden ist, Daten welchen Alters und welcher Menge in die Berechnung eingeflossen sind und inwieweit diese Daten tatsächlich belastbar sind. Zwar hat das I.-Institut in der sogenannten Stellungnahme I vom 16.2.2012 als Reaktion auf den Beschluss der 10. Kammer in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 AS 6969/11 ER ausgeführt, dass die Daten von www.immodaten.net sehr gut seien und sogar für andere statistische Erhebungen Verwendung fänden. Mit diesem Argument wird indessen den Vorgaben, die das Bundessozialgericht an die Datenerhebung aufgestellt hat und die die Kammer sich zu Eigen macht, nicht genüge getan. Denn die grundlegende Kritik, dass nicht hinreichend festgestellt werden kann, wie valide und aktuell die Datengrundlage tatsächlich ist, die bereits von der 10. Kammer formuliert worden war, ist nicht entkräftet und die Fragen nach Aktualität, Repräsentativität und Erhebungsraum sind gerade nicht beantwortet.

Die Berechnung des I.-Instituts vermag auch insoweit nicht zu überzeugen, als ein einheitlicher Mehrfachinseratefaktor über alle Wohnungsgrößen verwendet worden ist, weil hiermit gegen den Grundsatz verstoßen wird, dass grundsätzlich nach Wohnungsgrößen zu differenzieren ist. Die Kammer zieht nicht in Zweifel, dass die Angabe des I.-Instituts, dass es "keine statistisch signifikanten Unterschiede" gebe, zutreffend ist. In der Berechnung der Angebotsmenge macht es sich aber in Anbetracht der Bedeutung dieses Gewichtungsfaktors bemerkbar, mit welchem Multiplikationsfaktor in der Zeile G von Tabelle 6 gerechnet wird. Die Abweichungen bei den einzelnen Wohnungsgrößen mögen daher tatsächlich so klein sein, dass man sie als "statistisch" nicht signifikant bezeichnen kann, bei der Multiplikation wirken sich Unterschiede aber gleichwohl aus, auch wenn sie gering sind.

Außerdem kritisiert die Kammer grundsätzlich, dass die Landeshauptstadt in der Tabelle 6 mit der Zahl der neu vermieteten Wohnungen des Jahres 2009 gerechnet hat, obwohl im Zeitpunkt der Berechnung bereits die Zahlen des Jahres 2010 zur Verfügung gestanden haben müssen, die mit der kommunalen Bürgerumfrage 2010 erfasst worden sind. Selbst wenn hier durch den Zeitplan der Bürgerumfrage (die Fragebögen wurden bereits im September 2010 verschickt) noch nicht alle Monate des Jahres 2010 abgelaufen gewesen sein sollten, wäre es plausibler gewesen, jedenfalls für drei Quartale mit den aktuelleren Werten zu arbeiten. Die Kammer hält es insoweit für unvereinbar mit dem Sinn und Zweck der Berechnung einer Angemessenheitsgrenze, die für den Zeitraum ab dem 1.12.2010 gelten soll, wenn älteres Datenmaterial aus 2009 herangezogen wird, obwohl jüngeres Datenmaterial von 2010 vorhanden ist (vgl. auch BSG, Urt. v. 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – Rn 28 nach juris).

- Auf der Nachfrageseite beanstandet die Kammer, dass die unter 25-jährigen Leistungsempfänger überhaupt nicht berücksichtigt worden sind, sondern unter Verweis auf die für sie nach der Auffassung der Landeshauptstadt Dresden zumutbaren Wohngemeinschaftszimmer vollständig ausgeklammert wurden. Dies hat rechnerisch die Konsequenz, dass die durch das I.-Institut errechnete Angemessenheitsgrenze nach unten sinkt, weil diese direkt von der Zahl der Nachfrager abhängig ist. Das Argument des Beklagten, dass die unter 25-jährigen Leistungsempfänger zu der Angemessenheitsgrenze, die ohne ihre Einbeziehung ermittelt werde, jedenfalls mit günstigen Wohngemeinschaftszimmern versorgt werden könnten, verfängt insofern nicht. Nach Auffassung der Kammer dürfen die unter 25-jährige Leistungsempfänger schon aus Rechtsgründen nicht in der Berechnung ausgeklammert werden. Die diesem Rechenschritt zu Grunde liegende Rechtsauffassung, dass für unter 25-jährige Hilfeempfänger, die durch einen früheren Auszug bei den Eltern oder durch frühere Berufstätigkeit etc. bereits eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden und nicht mehr bei ihren Eltern leben, eine andere Zumutbarkeitsgrenze für Wohnraum gilt, als für Hilfeempfänger die über 25 Jahre alt sind, findet im Gesetz keine Stütze. Es ist zwar zutreffend, dass in § 22 Abs. 5 SGB II Sonderregelungen für unter 25-jährige Leistungsempfänger getroffen werden. Diese Sonderregelungen beschränken nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nur die Umzugsmöglichkeiten für unter 25-jährige, die aus dem Haushalt der Eltern ausziehen wollen. Sie sagen indessen nichts darüber aus, dass unter 25-jährigen Hilfeempfänger, die bereits eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden dürfen und unangemessen teuer wohnen, nur in ein Wohngemeinschaftszimmer einziehen dürfen.

- Auf der Nachfrageseite ist des Weiteren zu beanstanden, dass der Beklagte die Bedarfsgemeinschaften, die unangemessen wohnen und demzufolge tatsächlich umziehen müssten, nur zu 1/6 berücksichtigt.

Der Beklagte hat dem Gericht in der mündlichen Verhandlung genauer erläutert, dass sich die Gruppe der sogenannten "Überschreiter" sowohl aus den Personen zusammensetzt, die in den letzten 6 Monaten eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, als auch aus den Personen, die bereits länger zurückliegend eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, aber gleichwohl nicht umgezogen sind und deswegen nur noch gekappte Unterkunftskosten erhalten. Mit dem Faktor 1/6 habe die Stadt Dresden in dem Konzept zum Ausdruck bringen wollen, dass diese Personen nicht alle im gleichen Monat umziehen würden, sondern innerhalb von 6 Monaten mit angemessenem Wohnraum versorgt werden könnten. Empirisch könne sogar aus dem SGB II-Datensatz belegt werden, dass die Leistungsempfänger noch seltener umzögen.

Dieser Ansatz vermag aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen: Das Konzept der Landeshauptstadt Dresden beruht auf einer Gegenüberstellung von Nachfrage nach billigem Wohnraum und dem Angebot, wobei ein repräsentativer Monat betrachtet wird. Jede Erhöhung des Angebots bzw. jede Verringerung der Nachfrage wirkt sich konkret auf die so ermittelte Angemessenheitsgrenze aus, die an dem Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve liegt. Im vorliegenden Fall wurde die Gruppe der potentiell Nachfragenden durch den Faktor 1/6 deutlich verringert, was auch die Angemessenheitsgrenze verringert, weil die (jetzt) geringere Nachfrage durch weniger Angebote und damit zu einem günstigeren Preis befriedigt werden kann. Dabei berücksichtigt das Konzept jedoch nicht, dass Personen, die gerade eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, nicht erst in sechs Monaten umziehen müssen, sondern auch bereits früher umziehen dürften, nämlich sobald sie eine angemessene neue Wohnung gefunden haben und ihre bisherige Wohnung aufgeben können und wollen. Wenn nun die Angemessenheitsgrenze dadurch vermindert wird, dass diese Nachfrager nur zu 1/6 zählen, bedeutet dies in der Konsequenz, dass hierdurch eine Angemessenheitsgrenze fixiert wird, die es den Personen, die gerade eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben, rechnerisch unmöglich macht, vor Ablauf des 6. Monats eine neue Wohnung anzumieten, da das (rechnerisch vorhandene) Angebot für sie erst nach 6 Monaten zur Verfügung steht. Die zu niedrige Angemessenheitsgrenze zwingt diese Personengruppe also gleichsam, von ihrem Recht zum Umzug keinen sofortigen Gebrauch zu machen. Dies widerspricht dem Gesetz, weil dort eine solche Pflicht nicht verankert ist. Dagegen muss nach Auffassung der Kammer die möglicherweise empirisch richtige Feststellung, dass in der Vergangenheit eher eine geringere Umzugstätigkeit festzustellen war, zurückstehen, denn die Berechnungsmethode darf im Ergebnis nicht dazu führen, dass Personen von ihrem Umzugsrecht keinen sofortigen Gebrauch machen dürfen. Genau dies würde aber durch die dadurch zu niedrig festgesetzte Angemessenheitsgrenze festgeschrieben.

Hinsichtlich der Nachfragegruppe, deren Kostensenkungsaufforderung bereits länger als 6 Monate zurückliegt und die gleichwohl nicht umgezogen sind, bedeutet die Verringerung der Nachfrage um den Faktor 1/6 ebenfalls, dass diese Gruppe zu dem von der Landeshauptstadt als angemessen ermittelten Preis gar nicht vor Ablauf von weiteren 6 Monaten umziehen kann, weil das rechnerisch ermittelte Angebot dafür "nicht ausreicht". Dies überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Auf der Angebotsseite wird nämlich ein von den großen und mittleren Eigentümern angebotener Leerstand in der Berechnung vollständig berücksichtigt, obwohl empirisch ebenfalls feststehen dürfte, dass dieser Leerstand nicht in einem Monat bezogen werden kann oder wird. Das Konzept berücksichtigt diesen Leerstand jedoch vollständig exakt in dem Monat, der der Betrachtung zugrunde gelegt wird. Wieso dann dem vollständig ermittelten Angebot nicht auch die vollständige Nachfrage gegenübergestellt wird, vermochte der Beklagte nicht zu plausibilisieren. Grundsätzlich kann zwar nach Auffassung der Kammer die Angemessenheitsgrenze in einer Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage berechnet werden. Dazu muss auch ein repräsentativer Monat gewählt werden. Wird jedoch, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu erläutern versucht hat, der Nachfrage-"Berg" durch eine empirische Sichtweise so verringert, dass rechnerisch jeder Nachfrager innerhalb von 6 Monaten ein Angebot unterhalb der Angemessenheitsgrenze finden kann, dann muss auch der Angebots-"Berg" (denn nichts anderes ist die Leerstandsreserve) empirisch nach den gleichen Maßstäben behandelt werden. Es ist insoweit zwar zutreffend, dass die Berechnungsmethode letztlich nicht die Konsequenz haben darf, dass ein riesiger Leerstand an günstigerem Wohnraum durch die Festsetzung einer zu hohen Angemessenheitsgrenze über einen längeren Zeitraum gleichsam aufrecht erhalten wird. Die von der Landeshauptstadt Dresden vorgenommene Berechnung geht aber davon aus, dass in jedem Monat nur 1/6 der tatsächlich potentiell vorhandenen Nachfrager ihre Nachfrage durch den Bezug von sämtlichen günstigen derzeit leerstehenden Wohnungen stillen kann, die aber gleichwohl in jedem Monat vorhanden seien. Dies kann auch im Hinblick darauf nicht richtig sein, dass nach dem Bezug einer leerstehenden Wohnung durch einen unangemessen wohnenden Hilfeempfänger nun dessen alte Wohnung in die Leerstandsreserve hineinfällt, denn die alte Wohnung liegt ja gerade über der Angemessenheitsgrenze und steht damit rechnerisch im nächsten Betrachtungsmonat dem nächsten nachfragenden Sechstel der umzugswilligen Überschreiter zu dem von der Landeshauptstadt Dresden als angemessen angesehenen Preis gerade nicht zur Verfügung.

- Die Kammer beanstandet auch die Art und Weise, wie der Beklagte die sogenannten "anerkannten Überschreiter" aus der Nachfrage herausgerechnet hat. Hier ist zunächst grundsätzlich anzuführen, dass Personen, die eine unangemessen teure Wohnung bewohnen, aber aus individuellen Gründen nicht umziehen müssen, sondern die vollen Unterkunftskosten erhalten, natürlich auf der Nachfrageseite in dem Berechnungsmodell des I.-Instituts nicht berücksichtigt werden müssen. Denn diese Personen müssen nicht mit billigerem Wohnraum versorgt werden. In der mündlichen Verhandlung musste der Beklagte indessen einräumen, dass in der Zahl der sogenannten "anerkannten Überschreiter" auch Personen enthalten sein könnten, die bereits eine Kostensenkungsaufforderung erhalten haben und demzufolge durchaus nachfragerelevant sein könnten. Der Mitarbeiter der Landeshauptstadt Dresden aus der Statistikstelle hat dem Gericht insoweit nachvollziehbar und glaubwürdig dargestellt, dass die Gruppe der "anerkannten Überschreiter" diejenigen Personen seien, deren Wohnungskosten über der derzeitigen Angemessenheitsgrenze der Landeshauptstadt Dresden lägen und die gleichwohl die vollständigen Unterkunftskosten erhielten. Hierbei werde aber nach seiner Erinnerung nicht danach differenziert, ob bereits eine Kostensenkungsaufforderung ergangen sei. Die Kammer kann hieraus nur schließen, dass nicht hinreichend ermittelt worden ist, ob aus der Tabelle der "anerkannten Überschreiter" doch Personen auf der Nachfrageseite in die Berechnung einzustellen sind.

- Die Kammer beanstandet auch die konkrete Berechnung der Nachfragekonkurrenz. Dabei handelt es sich um die Einbeziehung eines Faktors in die Berechnung, mit dessen Hilfe mathematisch dargestellt werden kann, dass nicht nur die Leistungsbezieher den ermittelten, tatsächlich vorhandenen günstigen Wohnraum nachfragen, sondern auch andere Haushalte, die keine Transferleistungen beziehen. Die Kammer hat sich anhand der Darstellungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen lassen, dass nur die differenzierte Berücksichtigung dieses Faktors, die in Tabelle 8 auf S. 29 des Gutachtens des I.-Instituts dargestellt und nach Wohnungsgrößen und Preisgruppen gestaffelt ist, methodisch dazu geeignet ist, um in dem von der Landeshauptstadt gewählten Berechnungsmodus zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen, weil sich die Nachfragekonkurrenz in den einzelnen Wohnungsmarktsegmenten sehr unterschiedlich darstellt. Der Projektleiter des I.-Instituts, Herr Dr. v. M., hat dies anschaulich im Einzelnen erläutert. Gerade aber bei diesem wichtigen Faktor musste der Beklagte zugestehen, dass hierfür keine lokalen und aktuellen Daten der Landeshauptstadt Dresden in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, weil weder die Kommunale Bürgerumfrage noch andere Datenerhebungen diese komplexen Beziehungen statistisch repräsentativ und valide abbilden. Die Kammer konnte auch durchaus nachvollziehen, warum das I.-Institut an dieser Stelle zur Behebung des "Dilemmas" auf die Mikrozensuserhebung Wohnen aus dem Jahr 2006 zurückgegriffen und dort die Daten anderer ostdeutscher "aufstrebender" Großstädte herangezogen hat. Die Erläuterung, dass diese Daten nach wissenschaftlichen Maßstäben besser geeignet seien und die Fehlerquote durch die Multiplikation mit einem "vergleichenden Arbeitslosigkeitsfaktor" verringert werde, mag volkswirtschaftlich vielleicht sogar richtig sein, aber kann gleichwohl nicht überdecken, dass diese Daten den juristischen Mindestanforderungen an ein schlüssiges Konzept nicht genügen können, weil sie einerseits zu alt und andererseits nicht im maßgeblichen Vergleichsraum erhoben worden sind. Wie bereits oben ausgeführt wurde, sind diese Standards auch unter Berücksichtigung einer beabsichtigten höheren Genauigkeit schlicht nicht verhandelbar, denn die Daten zur Nachfragekonkurrenz müssen letztlich denselben Qualitätsanforderungen genügen wie die Daten, die zur Ermittlung des Preisniveaus auf dem Wohnungsmarkt herangezogen werden. Wenn Dresden nicht über Daten verfügen würde, mit denen sich ermitteln ließe, welche Preise auf dem Wohnungsmarkt konkret zu zahlen sind, weil – zum Beispiel – keine Mietspiegelerhebungen und Bürgerumfragen durchgeführt worden wären, dürfte gleichwohl nicht der Mietspiegeldatensatz von Leipzig, Halle oder Erfurt verwendet werden. Dies wäre im Übrigen auch dann nicht zulässig, wenn die dortigen Ergebnisse noch mit dem Verhältnis der Arbeitslosenquoten multipliziert würden, denn für die Ermittlung einer kommunalen Angemessenheitsgrenze sind die benötigten Daten vielmehr immer lokal, zeitnah und hinreichend umfangreich zu erheben. Diese Forderung würde schließlich auch nicht dadurch obsolet, dass die Daten der anderen Städte nach wissenschaftlichen Maßgaben um so viel besser geeignet wären, als die bislang in Dresden tatsächlich verfügbaren Daten. Genauso verhält es sich hier mit der Nachfragekonkurrenz: Im Konzept der Landeshauptstadt Dresden ist sie unverzichtbar, aber die Datenerhebung hat bislang gerade nicht im örtlichen Vergleichsraum und auch nicht innerhalb eines im Verhältnis zum Gültigkeitszeitraum der Angemessenheitsgrenzen akzeptablen Beobachtungszeitraums stattgefunden.

Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass schließlich auch die mathematische Rundung der Angemessenheitsgrenze auf glatte Eurobeträge zu beanstanden ist. Für die Kammer ist weder eine mathematische noch eine rechtliche Begründung ersichtlich, die es rechtfertigen könnte, diese Rundung zu Lasten der Hilfeempfänger vorzunehmen. Dies wirkt sich zwar im vorliegenden Fall bei den Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften nicht aus, weil hier zu Gunsten der Betroffenen aufgerundet wurde. Die Kammer erlaubt sich dennoch diesen Hinweis, da dieser Fehler auf der Hand liegt und die Rundung im Übrigen in dem Gutachten des I.-Instituts an keiner Stelle erwähnt wird.

dd) Die Kammer hatte keine Veranlassung, dem Beklagten Gelegenheit zu einer "Nachbesserung" seines Konzeptes zu geben. Sieht man einmal davon ab, dass eine Nacherhebung der für die Berechnung der Nachfragekonkurrenz erforderlichen Daten ohnehin längere Zeit dauern dürfte, ohne dass verlässlich feststeht, dass sie überhaupt nachgeholt werden kann, gibt es aber auch keine rechtlichen Gründe, die dies erfordern. Insbesondere folgt die Kammer dem Sächsischen Landessozialgericht nicht dahingehend, dass hinsichtlich der Auswahl eines Konzeptes bzw. einer Berechnungsmethode eine Einschätzungsprärogative der Verwaltung bestehe, die das Gericht anschließend dazu zwinge, selbst bei festgestellter Unschlüssigkeit des Konzeptes ausschließlich in dem vom Beklagten gewählten Berechnungsmodus zu bleiben. Hierfür lassen sich auch die verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltungsrechte der Kommunen gerade nicht fruchtbar machen, weil der Gesetzgeber hier ausdrücklich nur in den neuen Satzungsvorschriften einen Entscheidungsspielraum der Kommunen vorgesehen hat. Dagegen hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich mit dem Begriff der Angemessenheit einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Kammer folgt dem Bundessozialgericht zwar dahingehend, dass der Grundsicherungsträger, der nicht über ein schlüssiges Konzept verfügt, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten ist, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (vgl. BSG, Urt. v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, dort Rn. 25). Zu Recht wird an dieser Stelle indessen nicht die Forderung aufgestellt, dass das LSG, an welches der Rechtsstreit in diesem Urteil zurückverwiesen wurde, in einem ganz bestimmten Berechnungsmodus vorzugehen habe, sondern das Bundessozialgericht beschränkt sich auf die Forderung, dass das Landessozialgericht anhand der vom Beklagten gelieferten Daten bzw. der von ihm zusätzlich im Rahmen der Ermittlungspflicht angeforderten Daten festzustellen habe, ob die vom Beklagten gewählte Mietobergrenze im streitigen Zeitraum angemessen war bzw. welche andere Referenzmiete hätte zu Grunde gelegt werden müssen. Soweit auch das Bundessozialgericht in einigen älteren Entscheidungen schon "Beurteilungsspielräume" oder Einschätzungsprärogativen des Grundsicherungsträgers angedeutet hat, ist es eine dogmatisch überzeugende Begründung hierfür stets schuldig geblieben (zur dogmatischen Problematik eines Gestaltungsspielraums der kommunalen Träger vgl. auch Groth, jurisPR-SozR 12/2010 Anm. 2).

Die gesetzliche Regelung, die eine umfassende gerichtliche Kontrolle erlaubt, hat nach Auffassung der Kammer somit die Konsequenz, dass das Gericht an einer eigenen Berechnung der Angemessenheitsgrenze auch nach einer anderen Methode nicht gehindert ist, wenn es in der mündlichen Verhandlung - wie vorliegend - die Unschlüssigkeit des Konzeptes feststellt. In Ermangelung eines schlüssigen Konzepts des Beklagten ist das Gericht grundsätzlich gehalten, anhand der zur Verfügung stehenden Zahlen ein eigenes Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten zu erstellen.

ee) Für einen Ein- Personen-Haushalt ist nach Auffassung der Kammer eine Bruttokaltmiete von 288,45 EUR angemessen.

Bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten hat sich die Kammer maßgeblich an dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.12.2011 (B 4 AS 19/11 R, juris) orientiert und dabei die diesen Vorgaben entsprechende, durch das I.-Institut anhand des Mietspiegeldatensatzes erstellte Tabelle auf Seite 13 der Stellungnahme I vom 16.2.2012 verwendet. Diese Berechnung wurde vom Beklagten als Reaktion auf richterliche Hinweise und Beschlüsse der 10. Kammer des Sozialgerichts Dresden erstellt und ist nach richterlicher Aufforderung auch zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Die Berechnungsweise genügt den Vorgaben des Bundessozialgerichts an die bei der Festlegung einer Angemessenheitsgrenze zwingend zu beachtenden Mindeststandards. Sie ist daher taugliche Grundlage im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die schlüssige Berechnung einer Angemessenheitsgrenze durch das Gericht.

Dabei dürfte zwischen den Beteiligten unstrittig sein, dass das gesamte Stadtgebiet von Dresden hier den maßgeblichen Vergleichsraum darstellt. Das Gebiet der Landeshauptstadt Dresden ist ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund der räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachteten homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Diesen räumlichen Vergleichsmaßstab hat auch der qualifizierte Mietspiegel jeweils zu Grunde gelegt. Die Kammer ist außerdem der Auffassung, dass als vorrangige Möglichkeit vor Heranziehung der Wohngeldtabelle zunächst ein Rückgriff auf den qualifizierten Mietspiegel für Dresden vorzunehmen ist, um aus den vom Beklagten gelieferten Daten selbst ein schlüssiges Konzept zu erstellen (so auch BSG, Urt. v. 18.2.2010, B 14 AS 73/08 R, juris, dort Rn. 29). Es bestehen außerdem keine Bedenken dagegen, bei den kalten Betriebskosten die Durchschnittswerte anzusetzen, die in der kommunalen Bürgerumfrage 2010 mit durchschnittlich 1,16 EUR pro Quadratmeter ermittelt worden sind (so auch BSG, Urt. v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, juris, dort Orientierungssatz Nr. 5). Bei der kommunalen Bürgerumfrage, die auf der Satzung der Landeshauptstadt Dresden vom 21.6.2007 über die Durchführung kommunaler Bürgerumfragen beruht, sind nach den Erkenntnissen der Kammer statistisch-mathematisch anerkannte Methoden beachtet worden, die eine hinreichende Repräsentativität der Daten gewährleisten. Die Kammer hat daher keinen Zweifel daran, dass die aus der kommunalen Bürgerumfrage extrahierte Betriebskostenübersicht die durchschnittlich in der Landeshauptstadt Dresden im Jahr 2010 zu zahlenden Betriebskosten wiedergibt. Man mag dem entgegenhalten, dass im Oktober 2010, als die kommunale Bürgerumfrage durchgeführt wurde, noch keine Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2010 vorgelegen haben können. Da indessen Nebenkostenvorauszahlungen vom Vermieter angepasst werden können und dürfen, geht die Kammer gleichwohl davon aus, dass die in der Kommunalen Bürgerumfrage 2010 erfassten Daten eine hinreichende Repräsentativität besitzen. An dieser Stelle müssten ohnehin sämtliche statistischen Erhebungen an die Grenze ihrer Realitätstreue gelangen, weil man nichts erfragen kann, was noch nicht bekannt ist. Darum geht es indessen bei der Ermittlung von Daten zur Feststellung einer angemessenen Bruttokaltmiete für einfachen Wohnraum auch nicht. Denn es soll nicht erfragt werden, welche Nebenkosten im folgenden Jahr konkret abgerechnet werden, sondern die Daten sollen eine Einschätzung dazu erlauben, zu welchem Preis angemessener Wohnraum in Dresden im Zeitpunkt der Betrachtung grundsätzlich angemietet werden kann.

Die Tabelle 1 auf Seite 13 der Stellungnahme vom 16.2.2012 zeigt - unter Berücksichtigung sogenannter "Größenkorridore" - gewichtete Mittelwerte, die mit dem Mietspiegeldatensatz errechnet wurden. Diese Mittelwerte weisen aus, welche Mietpreise in Dresden für bestimmte Wohnungsgrößen und Ausstattungsklassen bezahlt wurden. Dabei folgt die Kammer dem I.-Institut dahingehend, dass die Berechnung mit dem Mietspiegeldatensatz an sich zu genaueren Ergebnissen führt, als die Berechnung mit der Mietspiegeltabelle, weil die Berechnung mit der Mietspiegeltabelle durch die dort schon in den Zellen vorgenommenen Rundungen zu Ungenauigkeiten führt. Der Mietspiegeldatensatz war weder um die bereits vermieteten Wohnungen zu bereinigen, noch waren die Preise früherer Mietvertragsabschlüsse zu inflationieren (vgl. BSG, Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R, juris, dort Rn. 22). Soweit die Datenerhebung für den Dresdner qualifizierten Mietspiegel in einigen Zellen nicht zu hinreichenden Rückläufen geführt hat und dementsprechend für einzelne Mietspiegelzellen nicht hinreichend viele Datensätze zur Verfügung stehen, kann dies durch die Berücksichtigung der Flächenkorridore mathematisch/statistisch dergestalt bereinigt werden, dass durch die Hinzuziehung von Werten aus anderen Mietspiegelzellen eine größere Datenmenge und damit auch eine bessere statistische Verlässlichkeit gewährleistet wird ("Größenkorridore"). Entsprechend dem Urteil des BSG vom 20.12.2011 (B4 AS 19/11 R, juris) wurde schließlich eine Gewichtung durchgeführt. Diese stellt sicher, dass ein ausreichender Bestand an einbezogenen Wohnungen vorhanden und damit angemessene Wohnungen verfügbar sind.

Die Kammer hat sich zudem in der mündlichen Verhandlung die Erstellung der Tabelle 1 auf Seite 13 der genannten Stellungnahme noch einmal durch den Projektleiter des I.-Instituts, Herrn Dr. v. M., erläutern lassen, um sicherzustellen, dass die hinter dieser Tabelle stehende Berechnung die Vorgaben des Bundessozialgerichtes tatsächlich umsetzt. Dies wurde letztlich bestätigt und von den übrigen Verfahrensbeteiligten auch nicht in Frage gestellt. Die Kammer hatte daher keine Veranlassung, diese Berechnung durch einen Gutachter nochmals durchführen zu lassen, weil der Beklagte den Auflagen des Gerichtes, die erforderlichen Daten und Berechnungen zur Verfügung zu stellen, insoweit vollumfänglich nachgekommen ist.

Aus dieser Tabelle war die angemessene Bruttokaltmiete/Quadratmeter aus der Spalte D zu entnehmen; sie beträgt folglich 6,41 EUR/m². Dieser Wert war sodann mit der abstrakt als angemessen anzusehenden maximalen Wohnungsgröße von 45 m² zu multiplizieren, was im Ergebnis für einen Ein-Personen-Haushalt eine angemessene Bruttokaltmiete von monatlich 288,45 EUR ergibt.

Wie das SächsLSG (a.a.O.) ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von 45 m² abstrakt angemessen ist. Die Kammer lässt dahinstehen, ob dies der Verwaltungsvorschrift zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 SächsAGSGB vom 7.6.2010 (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen) zu entnehmen ist. Der bisherigen Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, lässt sich zur Festlegung von abstrakten Wohnflächengrenzen entnehmen, dass 1. auf die landesrechtlichen Bestimmungen zum sozialen Wohnungsbau deswegen abzustellen ist, weil es in diesen Vorschriften um die potentiellen Leistungsbezieher geht, 2. dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zukommt, 3. die abstrakt angemessene Wohnfläche einheitlich für das Bundesland zu bestimmen ist, 4. die Rechtsform dieser Vorschriften nicht entscheidend ist und schließlich 5. eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnflächen nur dann vertretbar erscheint, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existieren.

Wegen des Außerkrafttretens der früher geltenden Bestimmungen zum sozialen Wohnungsbau kommt es bei der Neureglung von Angemessenheitsgrenzen entscheidend auf den Aspekt der Rechtssicherheit und Verbindlichkeit an. Für die Kammer bestehen insoweit Zweifel, dass das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz mit der genannten Verwaltungsvorschrift die einheitliche Anwendung der Grenzen für den gesamten Freistaat durchsetzen kann, weil das Staatsministerium für Soziales nur die Aufsicht über die Jobcenter inne hat, während das Innenministerium für die Optionskommunen als Rechtsaufsichtsbehörde tätig wird. Gleichwohl hält die Kammer eine Größe von 45 m² für einen Ein-Personen-Haushalt für abstrakt angemessen und schließt dies im Wege eines "Erst-Recht-Schlusses" aus der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zum Vollzug der Sächsischen Trennungsgeldverordnung (VwV-SächsTGV). Diese Vorschrift regelt für den Freistaat Sachsen verbindlich, wann es einem Landesbeamten zuzumuten ist, umzuziehen. Wenn aber für einen alleinstehenden Landesbeamten eine Wohnung mit einer Größe von 45 m² abstrakt angemessen ist, dann muss dies erst Recht für einen alleinstehenden Leistungsempfänger nach dem SGB II gelten.

Die Angemessenheitsgrenze darf indessen nicht unter Einbeziehung der sogenannten "guten Wohnlagen" ermittelt werden (wie in Spalte C der Tabelle 1 berechnet), sondern diese sind aus dem Mietspiegeldatensatz herauszunehmen. Hilfeempfänger nach dem SGB II haben Anspruch auf Zahlungen, mit denen einfache und grundlegende Wohnbedürfnisse befriedigt werden können. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren empirischen Feststellungen, dass sich dieser Anspruch in Dresden nur auf die einfachen und mittleren Wohnlagen erstreckt. Die Preise, die in den Dresdner Villenvierteln und bevorzugten Lagen gezahlt werden, betreffen Wohnraum, der für Leistungsbezieher nach dem SGB II nicht prägend ist. Der ohne Einbeziehung der guten Wohnlagen berechnete Mittelwert von 6,41 EUR Bruttokaltmiete pro Quadratmeter bietet gleichwohl noch die Gewähr, dass Wohnraum zu diesem Preis über den gesamten Vergleichsraum von Dresden hinweg ohne die Gefahr einer Segregation (Ghettobildung) verfügbar ist. Immerhin stellt diese Zahl den Median von nahezu 80 % des Wohnungsmarktes in der Größe um 45 m² dar. Auch ohne eine konkrete Verfügbarkeitsprüfung kann die Kammer daher feststellen, dass zu diesem Preis in Dresden eine für einen Alleinstehenden angemessene Wohnung hätte angemietet werden können.

Die Kammer ist hingegen nicht der Auffassung, dass auch der Neubau ab 1991 herausgerechnet werden müsste (wie in Spalte E der Tabelle 1 berechnet). Mit der zunehmenden Ausselektierung von Wohnungssegmenten steigt einerseits die Gefahr der Segregation, andererseits kann die Kammer anhand der Datenlage auch nicht feststellen, dass der gesamte Neubau ab 1991 abstrakt für Leistungsbezieher unangemessen ist und durchgängig über die einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnisse hinausgeht. Es fehlt nach Auffassung der Kammer hinreichend verlässliches Datenmaterial, aus dem diese Schlussfolgerung gezogen werden könnte. Dem Mietspiegel lässt sich insoweit zwar entnehmen, dass der Neubau ab 1991 durchweg den höheren Ausstattungsklassen zuzuordnen ist. Jedenfalls aber bei der Ausstattungsklasse vier und fünf lässt sich nach Auffassung der Kammer noch nicht feststellen, dass diese grundsätzlich zu "luxuriös" für SGB II-Leistungsempfänger wäre und eine Herausnahme der gesamten Baualtersklasse aus den Berechnungen rechtfertigen könnte (vgl. auch BSG, Urt. v. 13.4.2011, B 14 AS 85/09 R, juris, dort Rn. 23).

3) Die tatsächliche, nach den vorstehenden Ausführungen unangemessen hohe Bruttokaltmiete der Klägerin im strittigen Leistungszeitraum war auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen.

Nach dieser Vorschrift sind die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft ungeachtet dessen, ob sie die angemessene Referenzmiete überschreiten, solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Solche Gründe werden von der Klägerin nicht vorgebracht und sind auch sonst für die Kammer nicht ersichtlich. Die Klägerin, die bereits im Jahr 2008 ohne eine Zusicherung des Leistungsträgers in ihre neue Wohnung umgezogen war, kann nicht geltend machen, dass ihr im streitbefangenen Leistungszeitraum als einem solchen "Übergangszeitraum" in jedem Fall die tatsächlichen Mietkosten zu erstatten seien. Die Klägerin hat zwar keine ausdrückliche Kostensenkungsaufforderung erhalten. Gleichwohl wusste sie und nahm dies auch in Kauf, dass die von ihr neu angemietete Wohnung zu teuer sein könnte. Der Klägerin war damit hinreichend verdeutlicht, dass der Beklagte die Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft in der neuen Wohnung für unangemessen hält (vgl. BSG, Urt. v. 6.4.2011, B 4 AS 119/10 R, juris, dort Rn. 39). In einem solchen Fall ist der Beklagte berechtigt, für weitere Leistungszeiträume nach dem Umzug lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen, ohne der Klägerin zuvor eine weitere Kostensenkungsaufforderung schicken zu müssen und ohne einen weiteren Übergangszeitraum zu Gunsten der Klägerin anzunehmen. Denn die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen berücksichtigt bereits die Verfügbarkeit des Wohnraums, so dass im Umkehrschluss davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin anstelle der zu teuren Wohnung auch eine Wohnung mit angemessener Miethöhe hätte anmieten und beziehen können.

Andererseits ist die von der Klägerin abgegebene Erklärung, dass sie die Mehrkosten für die von ihr damals als "zu teuer" mitgeteilten Wohnung übernehmen werde, ohne weitere Auswirkungen auf den hier streitbefangenen Leistungszeitraum. Grundsätzlich kann zwar auch auf Sozialleistungen verzichtet werden. Dieser Verzicht wirkt jedoch nicht in die Zukunft, so dass die Klägerin von ihrer Bereitschaft, die Mehrkosten zu der vom Beklagten für angemessen angesehenen Miete aus der Regelleistung zu finanzieren, für die Zukunft wieder Abstand nehmen kann (§ 46 Abs. 1 SGB I). Dies hat die Klägerin hier durch die Einlegung des Widerspruchs gegen den streitbefangenen Leistungsbewilligungsbescheid auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.

4) Die Leistungsansprüche der Klägerin in den hier streitgegenständlichen Monaten berechnen sich daher wie folgt: Regelsatz 364,- EUR zuzüglich angemessene Bruttokaltmiete von 288,45 EUR zuzüglich tatsächliche Heizkosten der Klägerin, an deren Angemessenheit kein Zweifel besteht = Gesamtanspruch monatlich 702,45 EUR. Zu den Heizkosten kann sich die Kammer auf die Feststellung beschränken, dass die tatsächlichen Heizkosten der Klägerin unter den Werten liegen, die sich errechneten, wenn man die oberen Grenzwerte des bundesweiten Heizspiegels 2012 für das Abrechnungsjahr 2011 als Vergleichsmaßstab für unangemessene Heizkosten heranzöge (vgl. BSG, Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 70/08 R und BSG, Urt. v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R, beide juris ). Bislang hat der Beklagte lediglich einen Zahlungsanspruch in Höhe von 688,90 EUR anerkannt, so dass sich eine Differenz von monatlich 13,55 EUR ergibt. Diese noch offenen Zahlungsansprüche der Klägerin waren wegen der Änderung des § 41 Abs. 2 SGB II zum 1.1.2011 nicht zu runden.

Im Monat August ist die Klägerin bereits überzahlt, weil die Betriebskostenrückerstattung von ihren Unterkunftskosten abzuziehen gewesen wäre, § 22 Abs- 1 Satz 4 SGB II. Für den Monat August 2011 ergibt sich deswegen kein weitergehender Zahlungsanspruch.

Der Beklagte war daher in entsprechender Abänderung der streitbefangenen Bescheide zu weiteren monatlichen Zahlungen für den 1.6.2011 bis 31.7.2011 und für den 1.9.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 13,55 EUR zu verurteilen. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreites. Das Gericht hat insoweit zur Ermittlung der Kostenquote das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung ursprünglich insgesamt monatliche Leistungen in Höhe von 47,80 EUR (356,50 EUR - 308,70 EUR) im Streit standen. Hierzu hat das Gericht das endgültige Obsiegen der Klägerin (teilweise durch Anerkenntnis des Beklagten, teilweise durch dieses Urteil in Höhe von 29,75 EUR) ins Verhältnis gesetzt. Außerdem hat das Gericht die vollständige Klagabweisung für den Monat August 2011 eingerechnet. Die tenorierte weitergehende Kostentragungspflicht berücksichtigt zudem das bereits angenommene Teilkostengrundanerkenntnis des Beklagten (in Höhe von ¼).

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 SGG.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts noch ungeklärt ist, ob zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich auch eine Berechnungsmethode verwendet werden kann, die nicht lediglich das zur Verfügung stehende Angebot analysiert, sondern die konkrete Nachfrage nach Wohnraum berücksichtigt und die Angemessenheitsgrenze sodann an dem Punkt festlegt, wo sich das monatliche Angebot in einem bestimmten Eignungssegment mit der monatlichen Nachfrage durch Leistungsempfänger nach Wohnungen in diesem Segment trifft. Beim Sozialgericht Dresden sind überdies viele Verfahren anhängig anhängig, in denen die Rechtmäßigkeit der in dem Stadtratsbeschluss der Landeshauptstadt Dresden vom 24.11.2011 niederlegten Obergrenzen für Unterkunftskosten streitentscheidend ist. Diese Frage ist daher grundsätzlich klärungsbedürftig.
Rechtskraft
Aus
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