S 40 AS 3905/10

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 3905/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Anrechnung einer Betriebskostenrückerstattung bei ursprünglich fehlerhafter Festsetzung der Unterkunftskosten in vorläufigen Leistungsbewilligungsbescheiden
Bemerkung
Bei der Anrechnung einer Betriebskostenrückerstattung ist es unerheblich, ob der Hilfeempfänger auch in dem in dieser Betriebskostenabrechnung zu Grunde liegenden Zeitraum leidtungsberechtigt gewesen ist und wenn ja, ob ihm die vollen oder lediglich die a
1. Der Bescheid des Beklagten vom 7.4.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2010 wird aufgehoben, soweit der Erstattungsbetrag für den Monat März 2009 die Summe von 234,33 EUR und für den Monat März 2010 die Summe von 259,18 EUR übersteigt. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Der Beklagte hat 5 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. 4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen als Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bezeichneten Verwaltungsakt, mit dem ihm die für die Monate März 2009 und März 2010 ursprünglich bewilligten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 520,97 EUR nachträglich wieder entzogen werden.

Der 1971 geborene Kläger bezieht seit Oktober 2006 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in unterschiedlicher Höhe. Er bewohnte durchgängig seit dem 1.10.2001 eine ca. 40 m² große Wohnung in der S.-straße in D. Nach dem Mietvertrag ist die Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung (ein halbes Zimmer als Galerie) mit einer Einbauküche, sowie im Badezimmer mit Schrank, Regal und Beleuchtung ausgestattet. Für die Wohnung bezahlt der Kläger seit Mietbeginn eine Nettokaltmiete von 240,31 EUR monatlich zuzüglich einer Vorauszahlung von 38,35 EUR für die kalten Betriebskosten und in Höhe von 38,34 EUR für die Heizkosten. Die Warmwasserbereitung erfolgte über die zentrale Heizungsanlage.

Wegen der noch nicht vorliegenden Nachweise über die Einkünfte des Klägers aus einer Beschäftigung Ende 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26.11.2008 zunächst vorläufige Leistungen (§ 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III) nach dem SGB II für den Leistungszeitraum vom 22.10.2008 bis einschließlich 31.03.2009. Dabei wurden dem Kläger für den Monat März 2009, der hier streitgegenständlich ist, vorläufige Leistungen in Höhe von 637,33 EUR bewilligt, die sich aus der Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 286,33 EUR zusammensetzten. Bei diesen Kosten der Unterkunft hatte der Beklagte eine Grundmiete in Höhe von 216,28 EUR, eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 31,70 EUR und eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 38,35 EUR berücksichtigt. Soweit sich hier Abweichungen zu der tatsächlich gezahlten Miete des Klägers ergeben, beruhte diese Abweichung in Höhe von 10 % bei der Grundmiete ersichtlich auf der Rechtsauffassung des Beklagten, dass für die in der Wohnung vorhandene Möblierung ein Abschlag von 10 % gerechtfertigt sei. Der Abzug bei den Heizkosten beruhte auf dem Abzug einer Warmwasserpauschale in Höhe von 6,64 EUR, da in der Wohnung des Klägers die Warmwasserbereitung über die Heizungsanlage durchgeführt wird. Nachdem der Kläger die Nachweise über die Höhe seiner Einkünfte Ende 2008 vorgelegt hatte, erließ der Beklagte am 17.02.2009 zwei Bescheide. Der erste war mit der Überschrift "Endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches, Erstattung von zu Unrecht gewährten Leistungen nach § 40 SGB II i. V. m. § 328 SGB III" überschrieben. In diesem Bescheid wurde ausgeführt, dass für den Zeitraum vom 22.10.2008 bis 31.10.2008 eine Überzahlung in Höhe von 10,78 EUR entstanden sei, die der Kläger zu erstatten habe. Der zweite Bescheid war überschrieben mit dem Begriff "Änderung" und bewilligte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.11.2008 bis 30.11.2008 Leistungen in Höhe von nunmehr 101,14 EUR.

Im Februar 2009 erhielt der Kläger eine Betriebskostenrückerstattung in Höhe von 258,23 EUR gutgeschrieben. Die Gutschrift erfolgte durch Einreichung per Scheck.

Seit dem 01.08.2009 war der Kläger sodann als Hausmeister teilzeitbeschäftigt. Er erzielte ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 450,- EUR. Dies entspricht einem Nettoeinkommen in Höhe von 389,24 EUR. Das Einkommen war monatlich gleich hoch. Wegen der zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig feststehenden Höhe des Einkommens des Klägers aus einer zusätzlichen selbständigen Tätigkeit bewilligte der Beklagte dem Kläger mit dem gemäß § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 SGB III vorläufigen Leistungsbescheid vom 7.9.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1.10.2009 bis 31.3.2010 in Höhe von monatlich 405,18 EUR. Dieser Betrag setzte sich aus der Regelleistung, abzüglich des angerechneten Einkommens in Höhe von 119,- EUR und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 286,18 EUR zusammen. Bei diesen Kosten der Unterkunft hatte der Beklagte eine monatliche Nettokaltmiete von 216,28 EUR, eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 31,55 EUR und eine Betriebskostenvorauszahlung von 38,35 EUR berücksichtigt. Soweit sich bei diesen Zahlen Abweichungen zu der tatsächlich gezahlten Miete des Klägers ergeben, beruhten diese bei der Grundmiete darauf, dass der Beklagte wiederum 10 % der Nettokaltmiete für die vorhandene Möblierung abgezogen hatte. Die Differenz bei den Heizkosten beruhte auf dem Abzug der in Folge der höheren Regelleistung nun auf 6,79 EUR gestiegenen Warmwasserpauschale.

Im Februar 2010 erhielt der Kläger eine Betriebskostenrückerstattung in Höhe von 283,50 EUR. Die Gutschrift erfolgte wiederum durch die Einreichung eines Schecks.

Am 07.04.2010 erließ der Beklagte einen Bescheid, der mit "Änderung zum Bescheid vom 08.09.2009 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes" überschrieben war. Ohne einen Hinweis auf eine etwaig weiterhin bestehende Vorläufigkeit der Einkommensberechnung bewilligte der Beklagte dem Kläger in diesem Bescheid nunmehr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 424,34 für den Leistungszeitraum vom 1.10.2009 bis 31.1.2010 und in Höhe von monatlich 425,94 EUR für den Leistungszeitraum vom 1.2.2010 bis 28.2.2010. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Änderungen eingetreten seien, weil nach Vorlage der Einkommensnachweise die Einkommensanrechnung zu korrigieren sei. Die Änderungen betrafen nur den Regelleistungsanteil.

Im September 2009 erhielt der Beklagte erstmals Kenntnis von möglichen Betriebskostengutschriften des Klägers, die letzten Unterlagen reichte der Kläger auf Anforderung des Beklagten am 22.3.2010 ein. Mit dem hier streitbefangenen, als "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid" bezeichneten Verwaltungsakt vom 7.4.2010 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 27.11.2008 und vom 8.9.2009 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeiträume vom 1.3.2009 bis 31.3.2009 und für den 1.3.2010 bis 31.3.2010 teilweise, insgesamt in Höhe von 520,97 EUR auf. Für den Erstattungszeitraum 1.3.2009 bis 31.3.2009 wurden die zu erstattenden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 258,23 EUR beziffert, im Monat März 2010 wurden die zu erstattenden Leistungen für Unterkunft und Heizung mit 262,74 EUR angegeben. Zur Begründung stellte der Beklagte auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.5.2010 zurück.

Der Kläger hat fristgerecht am 23.6.2010 Klage erhoben. Der Kläger räumt ein, dass er die Betriebskostenguthaben jeweils erhalten habe, er sei jedoch teilweise in den Zeiträumen, für die die Betriebskosten abgerechnet worden seien, berufstätig gewesen. Da die Guthaben folglich in einem Zeitraum ohne Leistungsbezug nach dem SGB II entstanden seien, seien sie als Vermögen zu betrachten und nicht als Einkommen. Er stimme daher dem sogenannten Zuflussprinzip nicht zu.

Der Kläger beantragt, sachdienlich gefasst,

den Bescheid des Beklagten vom 7.4.2010 in Gestalt des Widerspruchsbeschei- des vom 27.5.2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die ergangenen Bescheide. Es komme nicht darauf an, ob die Betriebskostenguthaben in Zeiten mit oder ohne Leistungsbezug entstanden seien. Dies ergebe sich im Umkehrschluss im Übrigen daraus, dass der Beklagte im Falle einer Betriebskostennachforderung einstehen müsse, auch wenn die Betriebskostennachforderung in Zeiten entstanden sei, in denen der Betreffende noch nicht im Leistungsbezug gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs. 2 SGG.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen die aus der Anrechnung der Betriebskostengutschriften resultierende, den Kläger belastende Festsetzung von Erstattungsforderungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.

Der Bescheid vom 7.4.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.5.2010 ist überwiegend rechtmäßig. Er ist zwar im eigentlichen Sinne kein Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X. Er kann aber auf die Ermächtigungsgrundlage des § 328 SGB III gestützt werden und auf dieser Grundlage die Leistungshöhe für die Kosten der Unterkunft in den Monaten 3/2009 und 3/2010 endgültig festsetzen und die Differenz zu den bisher erbrachten Leistungen erstattet verlangen. Bei der Berechnung des Erstattungsbetrags sind allerdings Rechenfehler unterlaufen, die zu der tenorierten Teilaufhebung führen.

1. Der Beklagte war bereits nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 3 SGB II berechtigt, den tatsächlichen Leistungsanspruch des Klägers für die Monate März 2009 und März 2010 (neu) endgültig festzusetzen und die zuviel erbrachten, zunächst nur vorläufig bewilligten Leistungen erstattet zu verlangen. Anders als der Beklagte meint, bedurfte es im vorliegenden Fall keines Rückgriffs auf § 48 SGB X. Für die hier strittigen Leistungsmonate 3/2009 und 3/2010 waren nämlich zu keinem Zeitpunkt Leistungen nach dem SGB II endgültig bewilligt wurden. Soweit es im Nachgang an die vorläufigen Leistungsbewilligungsbescheide des Beklagten nach Vorlage von Einkommensnachweisen des Klägers eine endgültige Leistungsfestsetzung durch "Änderungsbescheide" gegeben hatte, bezogen diese sich ausdrücklich nur auf ganz bestimmte Leistungsmonate, für die die Leistungen endgültig festgesetzt wurden. Diesen Bescheiden lässt sich objektiv erkennbar gerade kein Wille des Beklagten entnehmen, dass mit der endgültigen Leistungsfestsetzung für diese speziell genannten Monate zugleich eine Regelung für die nicht genannten Monate getroffen werden sollte, etwa mit dem Inhalt, dass insoweit die ursprünglich nur vorläufig gewährten Leistungen nunmehr als endgültige Leistungsbewilligungen fortgelten sollten. Dies hätte zumindest vorausgesetzt, dass in den Änderungsbescheiden klar zum Ausdruck gekommen wäre, dass der Beklagte damit den gesamten ursprünglichen vorläufigen Bewilligungszeitraum einer endgültigen Regelung zugeführt haben wollte. Nach dem jeweiligen Tenor der Änderungsbescheide und deren Begründung lässt sich ein solcher Wille des Beklagten aber nicht erkennen.

2. Der Bescheid ist rechtswidrig und deswegen teilweise aufzuheben, soweit die Erstattungsforderung für den Monat März 2009 die Summe von 234,33 EUR und für den Monat März 2010 die Summe von 259,18 EUR übersteigt.

Im Monat März 2009 ist von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Klägers nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II die Betriebskostenrückerstattung in Höhe von 258,23 EUR, die der Kläger im Monat Februar 2009 erhalten hat, vollständig abzuziehen. Außerdem ist eine Warmwasserpauschale in Höhe von 1,8029 % der Regelleistung (vergleiche BSG, Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 8/09R, juris) abzuziehen, weil die Warmwasserbereitung des Klägers über die zentrale Heizungsanlage erfolgt. Die Regelleistung des alleinstehenden Klägers im März 2009 betrug 351,- EUR, die Warmwasserpauschale daher 6,33 EUR. Die dem Kläger endgültig zustehenden Kosten der Unterkunft belaufen sich demzufolge richtigerweise auf 317,- EUR - 6,33 EUR - 258,23 EUR = 52,44 EUR, gerundet 52,- EUR (§ 41 Abs. 2 SGB II). Daraus ergibt sich, dass der Kläger für den Monat März 2009 nur 234,33 EUR und nicht 258,23 EUR zu erstatten hat, weil ihm mit dem vorläufigen Leistungsbewilligungsbescheid vom 26.11.2008 Kosten der Unterkunft in Höhe von vorläufig 286,33 EUR bewilligt worden waren (286,33 EUR - 52,- EUR = Erstattungsbetrag 234,33 EUR).

Im Monat März 2010 ist von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Klägers nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II die Betriebskostenrückerstattung in Höhe von 283,50 EUR, die der Kläger im Monat Februar 2010 erhalten hat, vollständig abzuziehen. Die Regelleistung des alleinstehenden Klägers im März 2010 betrug 359,- EUR, die Warmwasserpauschale daher 6,47 EUR. Diese ist ebenfalls abzuziehen. Die dem Kläger endgültig zustehenden Kosten der Unterkunft belaufen sich demzufolge richtigerweise auf 317,- EUR - 6,47 EUR - 283,50 EUR = 27,03 EUR, gerundet 27,- EUR (§ 41 Abs. 2 SGB II). Daraus ergibt sich, dass der Kläger für den Monat März 2010 nur 259,18 EUR und nicht 262,74 EUR zu erstatten hat, weil ihm mit dem vorläufigen Leistungsbewilligungsbescheid vom 7.9.2009 Kosten der Unterkunft in Höhe von vorläufig 286,18 EUR bewilligt worden waren (286,18 EUR - 27,- EUR = Erstattungsbetrag 259,18 EUR).

Zu den vorstehenden Berechnungen im Einzelnen:

Der Beklagte ist bei der endgültigen Leistungsfestsetzung grundsätzlich nicht daran gehindert, nachträglich zugeflossenes Einkommen zu berücksichtigen, welches im Zeitpunkt der vorläufigen Leistungsbewilligung nicht vorhersehbar war und insoweit auch nicht "Ursache" der Vorläufigkeit oder als Grund für die Vorläufigkeit des Leistungsbewilligungsbescheids ausdrücklich genannt werden konnte. Bei einer nur vorläufigen Leistungsbewilligung kann kein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Klägers entstehen. Solange die Leistungen nicht endgültig festgesetzt sind, bleiben sie für den Betroffenen stets mit dem Risiko behaftet, dass der Beklagte eine neue und zutreffende Berechnung durchführt und die überzahlten Beträge erstattet verlangt. Der Kläger hätte es im Übrigen auch in der Hand gehabt, für die nicht von den Änderungsbescheiden betroffenen Leistungsmonate schon früher eine endgültige Leistungsfestsetzung herbeizuführen, indem er einen entsprechenden Antrag gestellt hätte.

a) Die Betriebskostenrückerstattungen sind von den tatsächlich geschuldeten Kosten der Unterkunft in dem jeweiligen Anrechnungsmonat abzuziehen und nicht von den durch die früheren vorläufigen Leistungsbewilligungsbescheide bewilligten Unterkunftskosten oder von den angemessenen Unterkunftskosten.

§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II bestimmt, dass Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die hierfür im Folgemonat entstehenden Aufwendungen mindern. Dem Wortlaut dieser Vorschrift lässt sich gerade nicht entnehmen, dass Betriebskostenguthaben die angemessenen Unterkunftskosten mindern. Die Vorschrift spricht lediglich von dem nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstehenden Aufwendungen. Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind bei Mietwohnungen der nach dem Mietvertrag geschuldete Kaltmietzins und die Nebenkosten. Auch die systematische Auslegung ergibt zur Überzeugung der Kammer, dass Betriebskostenguthaben auf diese tatsächlichen Aufwendungen anzurechnen sind. Während in § 22 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB II ausdrücklich auf die Angemessenheitsgrenze Bezug genommen wird, findet sich in Satz 4 dieser Vorschrift gerade keine derartige Einschränkung. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass Betriebskostenguthaben die angemessenen Kosten mindern, so hätte er dies auch ausdrücklich geregelt. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II nimmt insoweit auch keinen Bezug auf Satz 1 dieser Vorschrift (ebenso SG Dresden, Urt. v. 16.1.2012, S 36 AS 7571/10, juris).

Die Anrechnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist auch nicht so zu verstehen, dass Betriebskostenrückerstattungen von den durch die ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheide bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung abzuziehen wären. Im vorliegenden Fall, in dem sowohl für den Monat März 2009 als auch für den Monat März 2010 lediglich vorläufige Bewilligungsbescheide ergangen sind, liegt dies auf der Hand, denn es gibt noch gar keine bestandskräftige, endgültige Bewilligung. Aber auch in den Fällen, in denen Betriebskostenrückerstattungen erst nach einer endgültigen und bestandskräftigen Bewilligungsentscheidung zufließen und die Bewilligungsentscheidungen deswegen nachträglich nach § 48 SGB X zu ändern sind, gibt es nach Auffassung der Kammer keinen Anlass dafür, die in dem ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheid genannten Kosten der Unterkunft als maßgeblich anzusehen und die Betriebskostenrückerstattung von dieser Summe abzuziehen. Denn auch hier würde die nachträgliche Änderung nach § 48 SGB X eine Bestandskraftdurchbrechung darstellen, so dass auf den ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheid gerade nicht mehr zurückgegriffen werden kann. Dies alles spricht umso mehr dafür, dass die gesetzliche Regelung so auszulegen ist, dass es auf die tatsächlich gezahlten Unterkunftskosten ankommt.

Die Kammer verkennt zwar nicht, dass es hierdurch zu der Situation kommen kann, dass Hilfeempfänger, die tatsächlich unangemessene Unterkunftskosten haben, bei der Anrechnung der Betriebskostengutschrift gleichsam besser gestellt werden. Dies folgt indessen aus der gesetzlichen Regelung und ist daher hinzunehmen (vgl. auch SG Dresden, Urt. v. 16.1.2012, S 36 AS 7571/10, juris).

b) Die Betriebskostenrückerstattungen sind vollständig anzurechnen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Kläger in dem durch den Vermieter abgerechneten Zeitraum im (vollständigen) Leistungsbezug gewesen wäre. Es kommt auch nicht darauf an, ob die vollständigen oder lediglich die vom Beklagten für angemessen erachteten Unterkunftskosten im Abrechnungszeitraum gewährt worden sind. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist die gesamte Betriebskostengutschrift ohne Rücksicht auf derartige Differenzierungen anzurechnen. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II differenziert weder zwischen Betriebskostenerstattungen aus der Zeit vor und aus der Zeit während des Leitungsbezugs noch zwischen Rückzahlungen aus Zeiträumen, in denen der kommunale Träger nur reduzierte Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen und aus Zeiträumen, in denen der Hilfebedürftige die tatsächlichen Unterkunftskosten erhalten hat. Entscheidend ist allein, dass der Hilfebedürftige eine Betriebskostenrückzahlung oder ein Guthaben erhalten hat.

Wegen dieses eindeutigen Wortlauts ergibt sich nach Auffassung der Kammer kein Spielraum für eine (aus teleologischen Gründen) einschränkende Auslegung. Im Übrigen lässt sich dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II keine Einschränkung dahingehend entnehmen, dass Betriebskostenerstattungen nur anteilig anzurechnen sind, wenn im Abrechnungszeitraum keine Leistungen nach dem SGB II gewährt oder wegen Überschreitung der Angemessenheitsgrenze nicht die vollen Unterkunftskosten übernommen worden sind. Mit der Einfügung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II sollten die zuvor bestehenden Anrechnungsprobleme beseitigt werden. Die Neuregelung sollte indes nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass Betriebskostenrückzahlungen nicht mehr als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II anzusehen sind. Auch nach Einfügung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II sind Betriebskostenerstattungen als Einkommen zu qualifizieren, welches lediglich einer besonderen Anrechnung unterliegt. Auch dies spricht letztlich für die volle Anrechnung der Rückzahlung. Für die Anrechnung von Einkommen ist nämlich allein entscheidend, wann dieses zufließt (sog. Zuflussprinzip). Unerheblich ist, wann es erwirtschaftet wurde.

c) Aus der Betriebskostenerstattung war auch kein auf die Warmwasserbereitung entfallender Anteil herauszurechnen. Es ist zwar zutreffend, dass die Kosten für die Warmwasserbereitung nicht von dem Beklagten als Kosten der Unterkunft gewährt werden, sondern von dem Hilfebedürftigen aus der Regelleistung aufzubringen sind. Dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist indes nicht zu entnehmen, dass von einem Betriebskostenguthaben der auf die Warmwasserbereitung entfallende Anteil in Abzug zu bringen ist. Ungeachtet dessen ist der Betriebskostenabrechnung nicht zu entnehmen, welche Rückzahlungsbeträge konkret auf die Warmwasserbereitung entfallen.

d) Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass von der Miete des Klägers ein Abschlag in Höhe von 10 % für die Möblierung der Wohnung vorzunehmen wäre. Die vorliegend in der Miete enthaltene, anteilige Vergütung für die Zurverfügungstellung und Nutzungsberechtigung von Möbeln (Einbauküche und Badezimmerausstattung) ist unabtrennbarer Teil der Gesamtkosten der Mietsache. Diese Kosten waren für den Kläger unausweichlich und sind somit als Unterkunftskosten grundsätzlich berücksichtigungsfähig (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rn 32 m.w.Nw.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Kammer erschien es angesichts des überwiegenden Unterliegens des Klägers angemessen, den Beklagten lediglich mit 5 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten.

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Frage, ob Betriebskostenrückzahlungen von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft abzuziehen sind oder von den gekappten (d.h. angemessenen) Kosten der Unterkunft, ist, soweit der Kammer bekannt, bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Nach Auffassung der Kammer ist diese Frage jedoch grundsätzlich klärungsbedürftig, da beim erkennenden Gericht zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle anhängig sind, in denen es für die Lösung darauf ankommt, von welchem Betrag die Betriebskostenrückerstattung abgezogen werden muss.
Rechtskraft
Aus
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