Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 4 AL 778/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 129/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 12. Oktober 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 und um die Rückforderung des auf diesen Anspruch gewährten Vorschusses.
Der Kläger war ab dem 1. Juli 1999 aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 30. Juni 1999 bei der R Innovation und Umwelt GmbH (im Folgenden R. GmbH) als Monteur beschäftigt. An der R. GmbH war der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer Re (im Folgenden R.) mit einem Anteil von 18.000 EUR (von 25.000 EUR) beteiligt. Dieser betrieb zudem ein Einzelunternehmen, welches im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Anlagevermögen an die R. GmbH vermietete, aber auch selbst unternehmerisch im gleichen Geschäftsbereich wie die R. GmbH tätig war. Er war zudem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Apparate- und Anlagenbau D GmbH (im Folgenden AAD), die am 7. Mai 2002 im Handelsregister eingetragen wurde und die eine Gewerbeausübung zum 9. November 2001 anmeldete.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 19. November 2001 wurde die R. GmbH in "J Kläranlagenbau GmbH" umfirmiert, der Sitz der Gesellschaft nach Je verlegt, der Gegenstand des Unternehmens in "Vertrieb von Kläranlagen" geändert und F K (im Folgenden K.) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt; der diesbezügliche Eintrag in das Handelsregister ist nicht erfolgt (im Folgenden wird die Gesellschaft weiter als R. GmbH bezeichnet). Mit notariellem Vertrag vom 19. November 2001 veräußerten die Gesellschafter der R. GmbH mit Ausnahme der Gesellschafterin A ihre Geschäftsanteile an A S (im Folgenden S.). Mit Übernahmevertrag vom 20. November 2001, unterzeichnet von S. und R., vereinbarten die R. GmbH und die AAD u.a., dass sämtliche Sachanlagegüter der R. GmbH an die AAD übergehen. Mit Übernahmeverträgen vom 12. November 2001 wurden verschiedene Arbeitnehmer der R. GmbH von der AAD übernommen, nicht jedoch solche Arbeitnehmer, die wie der Kläger nicht im Bereich Apparate- und Anlagenbau, sondern in den Bereichen Haustechnik oder Kleinkläranlagenbau tätig waren.
Unter dem 19. Dezember 2002 wurde ein Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit des Klägers bei dem Einzelunternehmen R. ab dem 1. Januar 2002 geschlossen. Mit Schreiben vom 23. Januar 2002 kündigte der Kläger – wie die anderen Arbeitnehmer, die nicht von der AAD übernommen worden waren – sein Arbeitsverhältnis mit der R. GmbH zum 31. Dezember 2001. Ausstehende Lohnzahlungen der R. GmbH für Oktober und November 2001 waren durch R. übernommen worden. Offen blieb danach nach den Angaben des Klägers der Lohn für Dezember 2001 in Höhe von 1962,24 EUR netto (2856 brutto); zum Nachweis hierfür beruft sich der Kläger auf eine Entgeltabrechnung, die unter dem Namen der R. GmbH ausgestellt wurde, mithin nicht unter der neuen Firma J Kläranlagenbau GmbH und auch nicht unter Angabe des neuen Firmensitzes, sondern unter dem früheren Firmensitz, welcher auch der Sitz des Einzelunternehmens des R. war.
Der Kläger beantragte am 31. Januar 2002 die Gewährung von Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 bei der Beklagten unter Berufung auf die genannte Gehaltsabrechnung. Mit Bescheid vom 28. Februar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss nach § 186 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Höhe von 803 EUR.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27. März 2002 (Aktenzeichen: 63 IN 50/02) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH eröffnet. In seinem Gutachten vom 25. März 2002 führte der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt K unter anderem aus, dass die bei der R. GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisse zum 12. November 2001 von der AAD übernommen worden seien und dass der Geschäftsbetrieb der R. GmbH damit und mit der Übertragung von Gegenständen des beweglichen Sachanlagevermögens sowie der Anzeige dieser Rechtsgeschäfte an die Auftraggeber faktisch seit November 2001 eingestellt worden sei. Eine Auftragslage sei nicht zu verzeichnen.
Nachdem der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 7. Mai 2003 mitgeteilt hatte, dass ein Betriebsübergang auf die AAD spätestens am 19. November 20001 stattgefunden habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juli 2003 den Insolvenzgeldantrag ab und forderte die Erstattung des gezahlten Vorschusses. Am 19. November 2001 habe ein Betriebsübergang gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die AAD stattgefunden, so dass über den 19. November 2001 hinaus kein Arbeitsverhältnis des Klägers mehr zur R. GmbH bestanden habe. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2003).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht hat der Kläger vorgetragen, es habe kein Betriebsübergang auf die AAD stattgefunden, er habe über den 19. November 2001 hinaus und damit auch im Dezember wie bisher für die R. GmbH mit den gleichen Kollegen und auf der gleichen Baustelle weiter gearbeitet. Er hat die arbeitsgerichtliche Klageschrift der R. GmbH (unter der neuen Firma erhoben), mit der diese nach Zugang der Kündigungsschreiben vom 23. Januar 2002 die Feststellung begehrte, dass kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Er hat zudem vorgetragen, dass es nach seiner Erinnerung eine Versammlung gegeben habe, bei der R. über den Verkauf der Firma informiert habe und darauf hingewiesen habe, die neuen Gesellschafter würden alles Nähere noch sagen. Bis dahin solle auf den Baustellen weiter gearbeitet werden. Die neuen Gesellschafter habe er jedoch nicht mehr gesehen.
Das Sozialgericht hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft (1755 Js 5396/02) gegen R. beigezogen, zu deren Inhalt auf die sich in der Gerichtsakte befindlichen Auszüge Bezug genommen wird. Es hat zudem die Gerichtsakten zu dem Verfahren S 9 AL 787/03 beigezogen. Auf deren Inhalt - insbesondere zum Ergebnis der Vernehmungen des R. und des K. - wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 15. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2003 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld für Dezember 2001 zu gewähren. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe zum 19. November 2001 kein Betriebsübergang stattgefunden.
Hiergegen richtet sich die am 18. April 2008 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Auffassung vertritt, offene Arbeitsentgeltansprüche beständen wegen eines zum 19. November 2001 erfolgten Betriebsübergangs nicht. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Arbeitsleistung im Dezember 2001 für die R. GmbH erbracht habe.
Der Senat hat die Akte des Landgerichts Cottbus zum Az. 3 O 422/02, die Insolvenzakte vom AG Cottbus (H 63 IN 50/02) sowie eine Anklageschrift und eine Urteilsabschrift zum Verfahren vor dem Landgericht Cottbus zum Aktenzeichen 22 KLs 8/06 beigezogen. Es hat schließlich die Akten des Landessozialgerichts zum Verfahren L 16 AL 541/06 (erstinstanzlich S 9 AL 787/03) beigezogen. Auf den Inhalt der Aktenstücke, insbesondere auf das Vorbringen des Klägers Nenn (im Folgenden N.) im Verfahren L 16 AL 541/06, wird Bezug genommen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass – ebenso wie in dem dem Verfahren L 16 AL 541/06 zugrunde liegenden Sachverhalt – ein Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen die R. GmbH für Dezember 2001 nicht bestehe. Es habe vielmehr ein Arbeitsverhältnis zu R. bestanden. Dass die Arbeitsleistungen erbracht worden seien, sei unstreitig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 12. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit demjenigen vergleichbar sei, der dem Verfahren L 16 AL 541/06 zugrunde gelegen habe, denn er habe im Gegensatz zum dortigen Kläger N. sich Arbeitsentgeltansprüche gegen die R. GmbH erarbeitet. Er habe zunächst für drei bis vier Monate bis in den Dezember 2001 hinein auf einer Baustelle in B, bei der eine Kläranlage für eine Revierförsterei errichtet worden sei, und danach im Dezember 2001 auf dem B Gelände in C gearbeitet; dieses könne durch den Zeugen R K bestätigt werden. Die Baustellen seien fließend ineinander übergegangen, so dass es sich ihm nicht aufgedrängt habe, für einen anderen Arbeitgeber tätig zu sein. Da es üblich gewesen sei, dass über Weihnachten bis Silvester Betriebsferien genommen wurden, habe er ab dem 24. Dezember 2001 (Montag) nicht mehr gearbeitet. Die Absprachen auf der Baustelle seien jeweils über den Meister N. erfolgt. Er sei davon ausgegangen, dass die Arbeit auch vergütet wird.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 zu. Die Rückforderung der Erstattung der Beklagten kann sich auf § 186 Satz 4 SGB III (in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) stützen.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und 1. bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Insolvenzereignis), für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Maßgebliches Insolvenzereignis ist vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27. März 2002. Selbst wenn die R. GmbH ihre Betriebstätigkeit bereits zum 19. November 2001 vollständig eingestellt haben sollte, wie etwa der Insolvenzverwalter in seinem Bericht vom 6. Mai 2002 angegeben hat, läge darin nicht das maßgebliche Insolvenzereignis. Denn jedenfalls die weitere Voraussetzung für ein Insolvenzereignis im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht kommt, wäre nicht erfüllt. Insoweit zeigt die spätere, bei unveränderter Sachlage erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dass ein Anschein der Masselosigkeit zum Zeitpunkt der (möglichen) Betriebseinstellung objektiv nicht bestanden hat (vgl. Krodel in: Niesel/Brand, SGB III-Kommentar, § 183 Rz. 47).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt für Dezember 2001 gegenüber der R. GmbH nachgewiesen. Selbst wenn ein (vollständiger) Betriebsübergang auf die AAD am 19. oder 20. November 2001 nicht stattgefunden haben sollte, ist nicht festzustellen, dass der Kläger im Dezember 2001 Arbeitsleistungen gerade für die R. GmbH erbracht hat und entsprechend einen Anspruch auf Arbeitsentgelt erworben hat. Dieses ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers selbst, aus den Aussagen von R. und K. in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und in dem sozialgerichtlichen Verfahren zum Aktenzeichen L 16 AL 541/06 sowie aus dem Gutachten des Insolvenzverwalters vom 25. März 2002 und dessen Bericht vom 6. Mai 2002.
Nach dem sich daraus bietenden Gesamtbild ist nicht zweifelsfrei belegt, dass der Kläger einen Arbeitsentgeltanspruch gegenüber der R. GmbH für Dezember 2001 erworben hat und nicht etwa gegen das Einzelunternehmen des R. Die Tätigkeit des Klägers im Dezember 2001 beruht danach nicht auf einer Weisung der R. GmbH nach dem 19. November 2001. Nach dem Vorbringen des Klägers selbst beruhte die Weiterarbeit auf den Baustellen auf einer Aussage des R. in einer nach Übertragung der Geschäftsanteile anberaumten Versammlung und auf Absprachen mit N ... Weisungen der neuen Gesellschafter bzw. des neuen Geschäftsführers der R. GmbH sind dagegen nicht erteilt worden. Auch sonst liegen keine zweifelsfreien Belege dafür vor, dass die Tätigkeit des Klägers im Dezember 2001 gerade für die R. GmbH erfolgte. Wenn eine Forderung für das Bauvorhaben einer Revierförsterei (welches bereits vor Dezember bearbeitet worden war) durch den Insolvenzverwalter für die R. GmbH geltend gemacht worden ist, folgt daraus noch nicht, dass die Tätigkeit des Klägers auch für die R. GmbH erfolgte. Aus dem Sachstandsbericht des Insolvenzverwalters vom 6. Mai 2002 zum Berichtstermin zum 16. Mai 2002 ergibt sich dagegen vielmehr, dass im November 2001 Überleitungsverträge hinsichtlich laufender Aufträge der R. GmbH auf die Einzelfirma R. geschlossen worden sein sollen. Im Gutachten des Insolvenzverwalters vom 25. März 2002 wird entsprechend ausgeführt, es sei bekannt geworden, dass R. gegenüber beteiligten Vertragspartnern angezeigt habe, dass bislang von der R. GmbH erbrachte Leistungen durch das Einzelunternehmen fertig gestellt würden. Offene Aufträge seien durch die R. GmbH nach dem 19. November 2001 nicht bearbeitet worden.
Dieses wird auch durch die Aussagen von R. und K. im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bestätigt. In der Beschuldigtenvernehmung des R. sagte dieser aus, dass bei der Übernahme der Geschäftsanteile ursprünglich vereinbart gewesen sein soll, dass die "J Kläranlagen GmbH" auch die Arbeitnehmer übernehmen sollte, die im Kläranlagenbau beschäftigt waren. Bis dahin habe "das Einzelunternehmen praktisch als Subunternehmen für die J Kläranlagenbau GmbH die bereits vorhandenen Aufträge zum Kläranlagenbau übernommen". Auch wenn er weiter ausgesagt hat, dass die Übernahme der Arbeitnehmer, die im Kläranlagenbau beschäftigt gewesen seien, in das Einzelunternehmen R. erst im Januar 2002 erfolgt sei, dass das Anlagevermögen, das zur Durchführung von weiteren Arbeiten im Kläranlagenbau notwendig gewesen sei, zwar im Eigentum der Einzelfirma gestanden habe, aber jederzeit von der "J Kläranlagenbau GmbH" hätte angemietet werden können, und dass es nicht stimme, dass diese am 19. November 2001 ohne Arbeitnehmer übernommen worden sei, ergibt sich daraus nicht, dass die Arbeiten für die Beendigung alter Aufträge der R. GmbH im Dezember 2001 durch diese und nicht durch das Einzelunternehmen des R. durchgeführt worden sind. Denn den weiteren Ausführungen des R. ist zu entnehmen, dass die weitere Durchführung bestehender Aufträge nur durch ihn verantwortet und angewiesen worden ist. Über die Weiterführung der bestehenden Baustellen sei in einer Belegschaftsversammlung am Tag nach dem Verkauf der Geschäftsanteile durch ihn informiert worden. Die alten Aufträge im Kläranlagenbau seien dann im Rahmen des Einzelunternehmens weitergeführt worden. Es habe sich um längerfristige Geschäftsbeziehungen gehandelt, die nicht ohne weiteres abgebrochen werden sollten. R. habe das (ohne Absprache mit S. oder K.) so entschieden, weil er davon ausgegangen sei, dass die beiden sich ihren Entschluss noch einmal überlegen würden und dann noch diese Aufträge weiter ausführen würden. So habe er verhindern können, dass die Baustellen über einen gewissen Zeitraum brachliegen. Diese Aufträge seien mit den Arbeitnehmern ausgeführt worden, die nach seiner Auffassung durch die R. GmbH (bzw. J Kläranlagen GmbH) weiter hätten beschäftigt werden müssen. Auch wenn es keine Absprache gegeben habe, sei er davon ausgegangen, dass sich das schon regeln werde. Die Ausführung der Arbeiten im Dezember 2001 unter der Verantwortung des R. lässt sich auch aus einer Stellungnahme des R. im Strafverfahren vom 9. Dezember 2002 ableiten, wonach er unter dem 21. Dezember 2001 bestätigt habe, die Arbeitnehmer des Bereiches Anlagenbau seien in die AAD übernommen worden und die Arbeitnehmer der Bereiche Haustechnik und Kleinkläranlagenbau in die bereits bestehende Einzelfirma R ...
Dass die Durchführung der bestehenden Aufträge durch R. erfolgt ist, ergibt sich auch aus der Zeugenvernehmung des K ... Dieser sagte aus, dass Arbeitnehmer nicht hätten übernommen werden sollen und dass er davon ausgegangen sei, dass die R. GmbH praktisch nicht mehr arbeite, sondern dass sämtliche Beschäftigte in die neue GmbH (AAD) übernommen wurden und dass alte Verträge nur durch diese oder die Einzelfirma übernommen würden. Wegen einer erhaltenen Rechnung für eine Miettoilette sei er im Dezember auf eine Baustelle in D-K gefahren und habe dort festgestellt, dass die Arbeiten wohl durch die Einzelfirma des R weitergeführt worden seien. Die Arbeitnehmer seien nicht informiert worden, dass die R. GmbH in der bisherigen Form nicht mehr existiere. Er sei bis Januar 2002 davon ausgegangen, keine Arbeitnehmer zu beschäftigen. Im Dezember sei ein früherer Arbeitnehmer der R. GmbH wegen einer Lohnforderung zu ihm gekommen. Diese habe ihm dabei erklärt, weiterhin seine Anweisungen von R. zu erhalten und auf den Baustellen zu arbeiten, die von R. angewiesen wurden. K. hat schließlich auch im Verfahren S AL 9 787/03 ausgesagt, dass ihm im Nachhinein bekannt geworden sei, dass Arbeitnehmer auch über den 19. November 2001 in der Firma R. GmbH eingestellt gewesen seien, dass diese aber ab dem 19. November 2001 für das Einzelunternehmen des R. eingesetzt worden seien, welches noch Aufträge abgewickelt habe, deren Auftragnehmer eigentlich die R. GmbH gewesen sei. Daraus ergibt sich, dass K. für die R. GmbH nach dem 19. November 2001 keine Weisungen an Arbeitnehmer erteilt hat und auch keine bestehenden Aufträge abgewickelt hat.
Aus dem Vorbringen des N., der als Vorgesetzter für den Kläger im hiesigen Verfahren auch im Dezember 2001 tätig war, in dem Termin zur mündlichen Verhandlung im Verfahren L 16 AL 541/06 ergibt sich des Weiteren, dass N. nach der ihm bekannt gewordnen Umfirmierung der R. GmbH, des Verkaufs der Geschäftsanteile und der Einsetzung des K. als Geschäftsführer so weiter gemacht habe wie bisher. N. konnte nicht darlegen, welcher Person bzw. welchen Personen die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts oblag. Dass N. sich keiner Direktionsbefugnis der R. GmbH bzw. des neuen Geschäftsführers oder der neuen Gesellschafter ausgesetzt sah, ergibt sich exemplarisch aus der Inanspruchnahme von Urlaub Ende Dezember 2001. Auf die Frage, bei wem er den Ende Dezember genommenen Urlaub beantragt habe und wer ihm den Urlaub bewilligt habe, antwortete N. im Verfahren L 16 AL 541/06 nur "Gute Frage". Die fehlende Weisungsunterworfenheit gegenüber der R. GmbH ergibt sich danach erst Recht auch für den Kläger im hiesigen Verfahren, der Weisungen für seine Tätigkeit in Absprachen mit N. erhalten hat. Soweit der Kläger Ende Dezember 2001 Urlaub genommen hat, ist auch dieses jedenfalls nicht mit der R. GmbH abgestimmt worden; vielmehr ist anscheinend in Absprache mit N. die unter R. geübte Praxis fortgesetzt worden. Denn dieser hat ausgesagt, dass es bei ihm so üblich gewesen sei, dass ab Mitte Dezember jeweils Urlaub genommen worden sei.
Nach diesen Aussagen ist nichts dafür ersichtlich, dass die R. GmbH nach dem 19. November 2001 von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hätte und dass die Arbeitnehmer Weisungen von ihr erhalten hätten. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass die Arbeitnehmer sich (weiterhin) Weisungen des R. unterworfen haben, der zu solchen aber nur noch befugt war, wenn er diese im Rahmen seines Einzelunternehmens erteilt hätte. R. hat auch die Entgelte für die Monate Oktober und November 2001 gezahlt und die Arbeitnehmer, die nicht bereits am 12. November in die AAD übernommen wurden, jedenfalls zum 1. Januar 2002 in sein Einzelunternehmen übernommen. Die unter dem 23. Januar 2002 erfolgten Kündigungen durch die betroffenen Arbeitnehmer hat ebenfalls R. angeregt. Sofern sich der Kläger auf die von ihm vorgelegte Gehaltsabrechnung stützt, so ist diese nach der Aussage des damalig zum Geschäftsführer bestellten K. nicht durch diesen erstellt worden; dagegen hat R. für möglich gehalten, dass sie durch ihn ausgestellt worden ist, was die Verwendung des früheren Firmensitzes erklären würde.
Der vorliegende Sachverhalt weicht dabei nicht wesentlich ab von demjenigen, der der Entscheidung des LSG vom 14. November 2007 – L 16 AL 541/06 zugrunde lag, in dem ein Anspruch auf Insolvenzgeld des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, dem N., Streitgegen-stand war.
Der Vernehmung des vom Kläger benannten Zeugen C bedurfte es nicht; dass der Kläger auch im Dezember 2001 auf den bisherigen Baustellen weiter gearbeitet hat, ist unstreitig.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich die R. GmbH im Annahmeverzug (§§ 293, 294 BGB) befunden hätte und ein Anspruch auf Arbeitsentgelt nach § 615 BGB somit auch ohne Arbeitsleistung bestanden hätte. Hierfür wäre vorausgesetzt, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat und Willens ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber die Arbeitsleistung tatsächlich nicht annimmt. Zwar ist durch die Übertragung der Geschäftsanteile das Arbeitsverhältnis unberührt geblieben. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu einer Arbeitsleistung gerade für die R. GmbH Willens und in der Lage war, da er eine solche Leistung bereits in Absprache mit N., jedoch möglicherweise gerade nicht für die R. GmbH, sondern für den R. erbracht hat. Erforderlich wäre zudem mangels Vorliegens einer arbeitgeberseitigen Kündigung, dass der Kläger seine Arbeitsleistung der R. GmbH (bzw. der J Kläranlagenbau GmbH) angeboten hätte, wofür nichts ersichtlich ist (vgl. dazu das im Parallelverfahren ergangene Urteil des LSG).
Die Rückforderung des gezahlten Vorschusses kann sich schließlich auf § 186 Satz 4 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung stützen, wonach ein vom Arbeitsamt nach § 186 Satz 1 SGB III gezahlter Vorschuss zu erstatten ist, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 und um die Rückforderung des auf diesen Anspruch gewährten Vorschusses.
Der Kläger war ab dem 1. Juli 1999 aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 30. Juni 1999 bei der R Innovation und Umwelt GmbH (im Folgenden R. GmbH) als Monteur beschäftigt. An der R. GmbH war der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer Re (im Folgenden R.) mit einem Anteil von 18.000 EUR (von 25.000 EUR) beteiligt. Dieser betrieb zudem ein Einzelunternehmen, welches im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Anlagevermögen an die R. GmbH vermietete, aber auch selbst unternehmerisch im gleichen Geschäftsbereich wie die R. GmbH tätig war. Er war zudem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Apparate- und Anlagenbau D GmbH (im Folgenden AAD), die am 7. Mai 2002 im Handelsregister eingetragen wurde und die eine Gewerbeausübung zum 9. November 2001 anmeldete.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 19. November 2001 wurde die R. GmbH in "J Kläranlagenbau GmbH" umfirmiert, der Sitz der Gesellschaft nach Je verlegt, der Gegenstand des Unternehmens in "Vertrieb von Kläranlagen" geändert und F K (im Folgenden K.) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt; der diesbezügliche Eintrag in das Handelsregister ist nicht erfolgt (im Folgenden wird die Gesellschaft weiter als R. GmbH bezeichnet). Mit notariellem Vertrag vom 19. November 2001 veräußerten die Gesellschafter der R. GmbH mit Ausnahme der Gesellschafterin A ihre Geschäftsanteile an A S (im Folgenden S.). Mit Übernahmevertrag vom 20. November 2001, unterzeichnet von S. und R., vereinbarten die R. GmbH und die AAD u.a., dass sämtliche Sachanlagegüter der R. GmbH an die AAD übergehen. Mit Übernahmeverträgen vom 12. November 2001 wurden verschiedene Arbeitnehmer der R. GmbH von der AAD übernommen, nicht jedoch solche Arbeitnehmer, die wie der Kläger nicht im Bereich Apparate- und Anlagenbau, sondern in den Bereichen Haustechnik oder Kleinkläranlagenbau tätig waren.
Unter dem 19. Dezember 2002 wurde ein Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit des Klägers bei dem Einzelunternehmen R. ab dem 1. Januar 2002 geschlossen. Mit Schreiben vom 23. Januar 2002 kündigte der Kläger – wie die anderen Arbeitnehmer, die nicht von der AAD übernommen worden waren – sein Arbeitsverhältnis mit der R. GmbH zum 31. Dezember 2001. Ausstehende Lohnzahlungen der R. GmbH für Oktober und November 2001 waren durch R. übernommen worden. Offen blieb danach nach den Angaben des Klägers der Lohn für Dezember 2001 in Höhe von 1962,24 EUR netto (2856 brutto); zum Nachweis hierfür beruft sich der Kläger auf eine Entgeltabrechnung, die unter dem Namen der R. GmbH ausgestellt wurde, mithin nicht unter der neuen Firma J Kläranlagenbau GmbH und auch nicht unter Angabe des neuen Firmensitzes, sondern unter dem früheren Firmensitz, welcher auch der Sitz des Einzelunternehmens des R. war.
Der Kläger beantragte am 31. Januar 2002 die Gewährung von Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 bei der Beklagten unter Berufung auf die genannte Gehaltsabrechnung. Mit Bescheid vom 28. Februar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss nach § 186 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Höhe von 803 EUR.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27. März 2002 (Aktenzeichen: 63 IN 50/02) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH eröffnet. In seinem Gutachten vom 25. März 2002 führte der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt K unter anderem aus, dass die bei der R. GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisse zum 12. November 2001 von der AAD übernommen worden seien und dass der Geschäftsbetrieb der R. GmbH damit und mit der Übertragung von Gegenständen des beweglichen Sachanlagevermögens sowie der Anzeige dieser Rechtsgeschäfte an die Auftraggeber faktisch seit November 2001 eingestellt worden sei. Eine Auftragslage sei nicht zu verzeichnen.
Nachdem der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 7. Mai 2003 mitgeteilt hatte, dass ein Betriebsübergang auf die AAD spätestens am 19. November 20001 stattgefunden habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juli 2003 den Insolvenzgeldantrag ab und forderte die Erstattung des gezahlten Vorschusses. Am 19. November 2001 habe ein Betriebsübergang gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die AAD stattgefunden, so dass über den 19. November 2001 hinaus kein Arbeitsverhältnis des Klägers mehr zur R. GmbH bestanden habe. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2003).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht hat der Kläger vorgetragen, es habe kein Betriebsübergang auf die AAD stattgefunden, er habe über den 19. November 2001 hinaus und damit auch im Dezember wie bisher für die R. GmbH mit den gleichen Kollegen und auf der gleichen Baustelle weiter gearbeitet. Er hat die arbeitsgerichtliche Klageschrift der R. GmbH (unter der neuen Firma erhoben), mit der diese nach Zugang der Kündigungsschreiben vom 23. Januar 2002 die Feststellung begehrte, dass kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Er hat zudem vorgetragen, dass es nach seiner Erinnerung eine Versammlung gegeben habe, bei der R. über den Verkauf der Firma informiert habe und darauf hingewiesen habe, die neuen Gesellschafter würden alles Nähere noch sagen. Bis dahin solle auf den Baustellen weiter gearbeitet werden. Die neuen Gesellschafter habe er jedoch nicht mehr gesehen.
Das Sozialgericht hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft (1755 Js 5396/02) gegen R. beigezogen, zu deren Inhalt auf die sich in der Gerichtsakte befindlichen Auszüge Bezug genommen wird. Es hat zudem die Gerichtsakten zu dem Verfahren S 9 AL 787/03 beigezogen. Auf deren Inhalt - insbesondere zum Ergebnis der Vernehmungen des R. und des K. - wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 12. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 15. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2003 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld für Dezember 2001 zu gewähren. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe zum 19. November 2001 kein Betriebsübergang stattgefunden.
Hiergegen richtet sich die am 18. April 2008 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Auffassung vertritt, offene Arbeitsentgeltansprüche beständen wegen eines zum 19. November 2001 erfolgten Betriebsübergangs nicht. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Arbeitsleistung im Dezember 2001 für die R. GmbH erbracht habe.
Der Senat hat die Akte des Landgerichts Cottbus zum Az. 3 O 422/02, die Insolvenzakte vom AG Cottbus (H 63 IN 50/02) sowie eine Anklageschrift und eine Urteilsabschrift zum Verfahren vor dem Landgericht Cottbus zum Aktenzeichen 22 KLs 8/06 beigezogen. Es hat schließlich die Akten des Landessozialgerichts zum Verfahren L 16 AL 541/06 (erstinstanzlich S 9 AL 787/03) beigezogen. Auf den Inhalt der Aktenstücke, insbesondere auf das Vorbringen des Klägers Nenn (im Folgenden N.) im Verfahren L 16 AL 541/06, wird Bezug genommen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass – ebenso wie in dem dem Verfahren L 16 AL 541/06 zugrunde liegenden Sachverhalt – ein Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen die R. GmbH für Dezember 2001 nicht bestehe. Es habe vielmehr ein Arbeitsverhältnis zu R. bestanden. Dass die Arbeitsleistungen erbracht worden seien, sei unstreitig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 12. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit demjenigen vergleichbar sei, der dem Verfahren L 16 AL 541/06 zugrunde gelegen habe, denn er habe im Gegensatz zum dortigen Kläger N. sich Arbeitsentgeltansprüche gegen die R. GmbH erarbeitet. Er habe zunächst für drei bis vier Monate bis in den Dezember 2001 hinein auf einer Baustelle in B, bei der eine Kläranlage für eine Revierförsterei errichtet worden sei, und danach im Dezember 2001 auf dem B Gelände in C gearbeitet; dieses könne durch den Zeugen R K bestätigt werden. Die Baustellen seien fließend ineinander übergegangen, so dass es sich ihm nicht aufgedrängt habe, für einen anderen Arbeitgeber tätig zu sein. Da es üblich gewesen sei, dass über Weihnachten bis Silvester Betriebsferien genommen wurden, habe er ab dem 24. Dezember 2001 (Montag) nicht mehr gearbeitet. Die Absprachen auf der Baustelle seien jeweils über den Meister N. erfolgt. Er sei davon ausgegangen, dass die Arbeit auch vergütet wird.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Insolvenzgeld für den Monat Dezember 2001 zu. Die Rückforderung der Erstattung der Beklagten kann sich auf § 186 Satz 4 SGB III (in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) stützen.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und 1. bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Insolvenzereignis), für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Maßgebliches Insolvenzereignis ist vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 27. März 2002. Selbst wenn die R. GmbH ihre Betriebstätigkeit bereits zum 19. November 2001 vollständig eingestellt haben sollte, wie etwa der Insolvenzverwalter in seinem Bericht vom 6. Mai 2002 angegeben hat, läge darin nicht das maßgebliche Insolvenzereignis. Denn jedenfalls die weitere Voraussetzung für ein Insolvenzereignis im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht kommt, wäre nicht erfüllt. Insoweit zeigt die spätere, bei unveränderter Sachlage erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dass ein Anschein der Masselosigkeit zum Zeitpunkt der (möglichen) Betriebseinstellung objektiv nicht bestanden hat (vgl. Krodel in: Niesel/Brand, SGB III-Kommentar, § 183 Rz. 47).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt für Dezember 2001 gegenüber der R. GmbH nachgewiesen. Selbst wenn ein (vollständiger) Betriebsübergang auf die AAD am 19. oder 20. November 2001 nicht stattgefunden haben sollte, ist nicht festzustellen, dass der Kläger im Dezember 2001 Arbeitsleistungen gerade für die R. GmbH erbracht hat und entsprechend einen Anspruch auf Arbeitsentgelt erworben hat. Dieses ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers selbst, aus den Aussagen von R. und K. in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und in dem sozialgerichtlichen Verfahren zum Aktenzeichen L 16 AL 541/06 sowie aus dem Gutachten des Insolvenzverwalters vom 25. März 2002 und dessen Bericht vom 6. Mai 2002.
Nach dem sich daraus bietenden Gesamtbild ist nicht zweifelsfrei belegt, dass der Kläger einen Arbeitsentgeltanspruch gegenüber der R. GmbH für Dezember 2001 erworben hat und nicht etwa gegen das Einzelunternehmen des R. Die Tätigkeit des Klägers im Dezember 2001 beruht danach nicht auf einer Weisung der R. GmbH nach dem 19. November 2001. Nach dem Vorbringen des Klägers selbst beruhte die Weiterarbeit auf den Baustellen auf einer Aussage des R. in einer nach Übertragung der Geschäftsanteile anberaumten Versammlung und auf Absprachen mit N ... Weisungen der neuen Gesellschafter bzw. des neuen Geschäftsführers der R. GmbH sind dagegen nicht erteilt worden. Auch sonst liegen keine zweifelsfreien Belege dafür vor, dass die Tätigkeit des Klägers im Dezember 2001 gerade für die R. GmbH erfolgte. Wenn eine Forderung für das Bauvorhaben einer Revierförsterei (welches bereits vor Dezember bearbeitet worden war) durch den Insolvenzverwalter für die R. GmbH geltend gemacht worden ist, folgt daraus noch nicht, dass die Tätigkeit des Klägers auch für die R. GmbH erfolgte. Aus dem Sachstandsbericht des Insolvenzverwalters vom 6. Mai 2002 zum Berichtstermin zum 16. Mai 2002 ergibt sich dagegen vielmehr, dass im November 2001 Überleitungsverträge hinsichtlich laufender Aufträge der R. GmbH auf die Einzelfirma R. geschlossen worden sein sollen. Im Gutachten des Insolvenzverwalters vom 25. März 2002 wird entsprechend ausgeführt, es sei bekannt geworden, dass R. gegenüber beteiligten Vertragspartnern angezeigt habe, dass bislang von der R. GmbH erbrachte Leistungen durch das Einzelunternehmen fertig gestellt würden. Offene Aufträge seien durch die R. GmbH nach dem 19. November 2001 nicht bearbeitet worden.
Dieses wird auch durch die Aussagen von R. und K. im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bestätigt. In der Beschuldigtenvernehmung des R. sagte dieser aus, dass bei der Übernahme der Geschäftsanteile ursprünglich vereinbart gewesen sein soll, dass die "J Kläranlagen GmbH" auch die Arbeitnehmer übernehmen sollte, die im Kläranlagenbau beschäftigt waren. Bis dahin habe "das Einzelunternehmen praktisch als Subunternehmen für die J Kläranlagenbau GmbH die bereits vorhandenen Aufträge zum Kläranlagenbau übernommen". Auch wenn er weiter ausgesagt hat, dass die Übernahme der Arbeitnehmer, die im Kläranlagenbau beschäftigt gewesen seien, in das Einzelunternehmen R. erst im Januar 2002 erfolgt sei, dass das Anlagevermögen, das zur Durchführung von weiteren Arbeiten im Kläranlagenbau notwendig gewesen sei, zwar im Eigentum der Einzelfirma gestanden habe, aber jederzeit von der "J Kläranlagenbau GmbH" hätte angemietet werden können, und dass es nicht stimme, dass diese am 19. November 2001 ohne Arbeitnehmer übernommen worden sei, ergibt sich daraus nicht, dass die Arbeiten für die Beendigung alter Aufträge der R. GmbH im Dezember 2001 durch diese und nicht durch das Einzelunternehmen des R. durchgeführt worden sind. Denn den weiteren Ausführungen des R. ist zu entnehmen, dass die weitere Durchführung bestehender Aufträge nur durch ihn verantwortet und angewiesen worden ist. Über die Weiterführung der bestehenden Baustellen sei in einer Belegschaftsversammlung am Tag nach dem Verkauf der Geschäftsanteile durch ihn informiert worden. Die alten Aufträge im Kläranlagenbau seien dann im Rahmen des Einzelunternehmens weitergeführt worden. Es habe sich um längerfristige Geschäftsbeziehungen gehandelt, die nicht ohne weiteres abgebrochen werden sollten. R. habe das (ohne Absprache mit S. oder K.) so entschieden, weil er davon ausgegangen sei, dass die beiden sich ihren Entschluss noch einmal überlegen würden und dann noch diese Aufträge weiter ausführen würden. So habe er verhindern können, dass die Baustellen über einen gewissen Zeitraum brachliegen. Diese Aufträge seien mit den Arbeitnehmern ausgeführt worden, die nach seiner Auffassung durch die R. GmbH (bzw. J Kläranlagen GmbH) weiter hätten beschäftigt werden müssen. Auch wenn es keine Absprache gegeben habe, sei er davon ausgegangen, dass sich das schon regeln werde. Die Ausführung der Arbeiten im Dezember 2001 unter der Verantwortung des R. lässt sich auch aus einer Stellungnahme des R. im Strafverfahren vom 9. Dezember 2002 ableiten, wonach er unter dem 21. Dezember 2001 bestätigt habe, die Arbeitnehmer des Bereiches Anlagenbau seien in die AAD übernommen worden und die Arbeitnehmer der Bereiche Haustechnik und Kleinkläranlagenbau in die bereits bestehende Einzelfirma R ...
Dass die Durchführung der bestehenden Aufträge durch R. erfolgt ist, ergibt sich auch aus der Zeugenvernehmung des K ... Dieser sagte aus, dass Arbeitnehmer nicht hätten übernommen werden sollen und dass er davon ausgegangen sei, dass die R. GmbH praktisch nicht mehr arbeite, sondern dass sämtliche Beschäftigte in die neue GmbH (AAD) übernommen wurden und dass alte Verträge nur durch diese oder die Einzelfirma übernommen würden. Wegen einer erhaltenen Rechnung für eine Miettoilette sei er im Dezember auf eine Baustelle in D-K gefahren und habe dort festgestellt, dass die Arbeiten wohl durch die Einzelfirma des R weitergeführt worden seien. Die Arbeitnehmer seien nicht informiert worden, dass die R. GmbH in der bisherigen Form nicht mehr existiere. Er sei bis Januar 2002 davon ausgegangen, keine Arbeitnehmer zu beschäftigen. Im Dezember sei ein früherer Arbeitnehmer der R. GmbH wegen einer Lohnforderung zu ihm gekommen. Diese habe ihm dabei erklärt, weiterhin seine Anweisungen von R. zu erhalten und auf den Baustellen zu arbeiten, die von R. angewiesen wurden. K. hat schließlich auch im Verfahren S AL 9 787/03 ausgesagt, dass ihm im Nachhinein bekannt geworden sei, dass Arbeitnehmer auch über den 19. November 2001 in der Firma R. GmbH eingestellt gewesen seien, dass diese aber ab dem 19. November 2001 für das Einzelunternehmen des R. eingesetzt worden seien, welches noch Aufträge abgewickelt habe, deren Auftragnehmer eigentlich die R. GmbH gewesen sei. Daraus ergibt sich, dass K. für die R. GmbH nach dem 19. November 2001 keine Weisungen an Arbeitnehmer erteilt hat und auch keine bestehenden Aufträge abgewickelt hat.
Aus dem Vorbringen des N., der als Vorgesetzter für den Kläger im hiesigen Verfahren auch im Dezember 2001 tätig war, in dem Termin zur mündlichen Verhandlung im Verfahren L 16 AL 541/06 ergibt sich des Weiteren, dass N. nach der ihm bekannt gewordnen Umfirmierung der R. GmbH, des Verkaufs der Geschäftsanteile und der Einsetzung des K. als Geschäftsführer so weiter gemacht habe wie bisher. N. konnte nicht darlegen, welcher Person bzw. welchen Personen die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts oblag. Dass N. sich keiner Direktionsbefugnis der R. GmbH bzw. des neuen Geschäftsführers oder der neuen Gesellschafter ausgesetzt sah, ergibt sich exemplarisch aus der Inanspruchnahme von Urlaub Ende Dezember 2001. Auf die Frage, bei wem er den Ende Dezember genommenen Urlaub beantragt habe und wer ihm den Urlaub bewilligt habe, antwortete N. im Verfahren L 16 AL 541/06 nur "Gute Frage". Die fehlende Weisungsunterworfenheit gegenüber der R. GmbH ergibt sich danach erst Recht auch für den Kläger im hiesigen Verfahren, der Weisungen für seine Tätigkeit in Absprachen mit N. erhalten hat. Soweit der Kläger Ende Dezember 2001 Urlaub genommen hat, ist auch dieses jedenfalls nicht mit der R. GmbH abgestimmt worden; vielmehr ist anscheinend in Absprache mit N. die unter R. geübte Praxis fortgesetzt worden. Denn dieser hat ausgesagt, dass es bei ihm so üblich gewesen sei, dass ab Mitte Dezember jeweils Urlaub genommen worden sei.
Nach diesen Aussagen ist nichts dafür ersichtlich, dass die R. GmbH nach dem 19. November 2001 von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hätte und dass die Arbeitnehmer Weisungen von ihr erhalten hätten. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass die Arbeitnehmer sich (weiterhin) Weisungen des R. unterworfen haben, der zu solchen aber nur noch befugt war, wenn er diese im Rahmen seines Einzelunternehmens erteilt hätte. R. hat auch die Entgelte für die Monate Oktober und November 2001 gezahlt und die Arbeitnehmer, die nicht bereits am 12. November in die AAD übernommen wurden, jedenfalls zum 1. Januar 2002 in sein Einzelunternehmen übernommen. Die unter dem 23. Januar 2002 erfolgten Kündigungen durch die betroffenen Arbeitnehmer hat ebenfalls R. angeregt. Sofern sich der Kläger auf die von ihm vorgelegte Gehaltsabrechnung stützt, so ist diese nach der Aussage des damalig zum Geschäftsführer bestellten K. nicht durch diesen erstellt worden; dagegen hat R. für möglich gehalten, dass sie durch ihn ausgestellt worden ist, was die Verwendung des früheren Firmensitzes erklären würde.
Der vorliegende Sachverhalt weicht dabei nicht wesentlich ab von demjenigen, der der Entscheidung des LSG vom 14. November 2007 – L 16 AL 541/06 zugrunde lag, in dem ein Anspruch auf Insolvenzgeld des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, dem N., Streitgegen-stand war.
Der Vernehmung des vom Kläger benannten Zeugen C bedurfte es nicht; dass der Kläger auch im Dezember 2001 auf den bisherigen Baustellen weiter gearbeitet hat, ist unstreitig.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich die R. GmbH im Annahmeverzug (§§ 293, 294 BGB) befunden hätte und ein Anspruch auf Arbeitsentgelt nach § 615 BGB somit auch ohne Arbeitsleistung bestanden hätte. Hierfür wäre vorausgesetzt, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat und Willens ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber die Arbeitsleistung tatsächlich nicht annimmt. Zwar ist durch die Übertragung der Geschäftsanteile das Arbeitsverhältnis unberührt geblieben. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu einer Arbeitsleistung gerade für die R. GmbH Willens und in der Lage war, da er eine solche Leistung bereits in Absprache mit N., jedoch möglicherweise gerade nicht für die R. GmbH, sondern für den R. erbracht hat. Erforderlich wäre zudem mangels Vorliegens einer arbeitgeberseitigen Kündigung, dass der Kläger seine Arbeitsleistung der R. GmbH (bzw. der J Kläranlagenbau GmbH) angeboten hätte, wofür nichts ersichtlich ist (vgl. dazu das im Parallelverfahren ergangene Urteil des LSG).
Die Rückforderung des gezahlten Vorschusses kann sich schließlich auf § 186 Satz 4 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung stützen, wonach ein vom Arbeitsamt nach § 186 Satz 1 SGB III gezahlter Vorschuss zu erstatten ist, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
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