Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 163 U 538/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 328/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten nach dem tödlichen Unfall ihres Ehemannes (Versicherter) Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die 1962 geborene Klägerin und der 1961 geborene Versicherte schlossen 1991 in B die Ehe. Die Klägerin brachte ihren aus ihrer vorangegangenen Ehe hervorgegangenen, 1984 geborenen Sohn, der Versicherte brachte seine aus seiner früheren Ehe hervorgegangene, ebenfalls 1984 in B geborene Tochter in die Ehe ein. Die Familie hielt zunächst unter der Anschrift L Allee, wo sie mit ihrem Erstwohnsitz gemeldet war, eine Vierraumwohnung inne. Nachdem die Tochter des Versicherten ausgezogen war, mieteten die Eheleute 2004 zusammen mit dem Sohn der Klägerin unter derselben Anschrift eine 63 m² große Dreiraumwohnung an, welche sie vollständig einrichteten. Der Sohn der Klägerin zog im März 2007 in die Einraumwohnung W, um. Damals war der Versicherte seit April 1994 bei der W GmbH, als Monteur beschäftigt. Die Klägerin war – und ist heute bei demselben Arbeitgeber - in Berlin im Lebensmitteleinzelhandel teilzeitbeschäftigt, und zwar von 1996 bis 2009 zu 64,86 % der vollen Arbeitszeit (25,95 Stunden/Woche). Die einfache Wegstrecke zwischen der Berliner Wohnung der Eheleute und der Arbeitsstelle des Versicherten betrug etwa 5 km.
Die Eheleute erwarben 1997 und 2001 nacheinander die sanierungsbedürftigen Hausgrundstücke in der S Straße 20 und 19 J Ortsteil S, mit dem Ziel, ihren Familienwohnsitz unter Einschluss der Eltern der Klägerin nach Maßgabe des in Eigenleistung erzielten Baufortschritts von B nach S zu verlagern. Die Eheleute bezogen ab 1999 im Hinblick auf die Investitionen für die S Straße 20 Eigenheimzulage. Mit ihrem Zweitwohnsitz waren sie seit dem Jahr 2000 unter der Anschrift S Straße 20 gemeldet. Die Klägerin und der Versicherte sanierten die Häuser etagenweise. Das Haus Nr. 20 wird im ersten Obergeschoss und Dachgeschoss seit 1999 von den Eltern der Klägerin als Wohnung genutzt. Das Erdgeschoss des Hauses Nr. 20 nutzten die Klägerin und der Versicherte seit 1999 als Wohnung. Das Haus Nr. 19 war 2004 bezugsfertig. Zunächst hatten die Eheleute dort für ihren Sohn ein Zimmer im Obergeschoss vorgehalten. Im Übrigen nutzten die Eheleute seit 2004 die gesamte Wohnung des Hauses Nr. 19. Nachdem ihr Sohn in W eine Arbeitsstelle gefunden hatte, bezog er 2009 die für ihn zwischenzeitlich eingerichtete Einliegerwohnung im Haus Nr. 20. Ab 2009 ist die Klägerin mit dem Erstwohnsitz in S gemeldet.
In der Zeit bis 2007 verbrachte der Versicherte jedes Wochenende in S und fuhr gelegentlich auch unter der Woche nach Arbeitsende dorthin, etwa um Material für die Außenarbeiten des Grundstücks und geplante Dachdeckerarbeiten dorthin zu bringen, wofür ihm seine Arbeitgeberin die Nutzung des Firmenfahrzeugs genehmigte. In diesen Fällen übernachtete er dann dort auch. Die Klägerin fuhr immer, wenn es ihre Beschäftigung zuließ, nach S. Die Eheleute wurden in B zur Steuer veranlagt; sie machten die Fahrten nach S steuerlich nicht geltend. Die einfache Wegstrecke zwischen der Wohnung in Sund der Arbeitsstelle des Versicherten beträgt etwa – zum Beispiel nach der Routenplanung auf www.viamichelin.de - 103 km auf der kürzesten Route beziehungsweise 104 km oder 145 km auf den schnellsten Routen; die angegebenen Fahrzeiten liegen zwischen 1:55 h und 2:03 h.
Am 20. Juli 2007 endete die Arbeitsschicht des Versicherten um 16.15 Uhr auf einer Baustelle seiner Arbeitgeberin. Er fuhr mit einem Lastkraftwagen seiner Arbeitgeberin zu ihrem oben genannten Sitz, welchen er gegen 17.30 Uhr mit seinem Personenkraftwagen verließ. Er erlitt auf der Fernverkehrsstraße B bei T einen Unfall, indem er ungebremst gegen einen Baum auf der linken Fahrbahnseite fuhr. Er wurde am Unfallort notärztlich versorgt. Die Bergungsarbeiten dauerten ungefähr eine Stunde lang. Er wurde mit einem um 18.41 Uhr gerufenen Rettungshubschrauber in die C, verbracht, wo er gegen 20.30 Uhr aufgenommen wurde. Er erlag am 23. Juli 2007 seinen Verletzungen und wurde in S beigesetzt.
Auf die Unfallanzeige der Arbeitgeberin des Versicherten hin leitete die Beklagte ein Verwaltungsverfahren ein, welches sie mit Bescheid vom 24. Januar 2008 abschloss. Darin lehnte sie eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 20. Juli 2007 ab und stellte fest, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Anspruch auf Leistungen nach §§ 63 ff. des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) nicht bestehe, weil der Tod des Versicherten nicht infolge eines Arbeitsunfalls eingetreten sei. Er habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu seinem Zweitwohnsitz in S befunden, welcher um ein Vielfaches weiter entfernt gewesen sei als der Erstwohnsitz in der LAllee. Die Entfernungen stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis, so dass ein Wegeunfall nicht anerkannt werden könne.
Die Klägerin erhob am 20. Februar 2008 Widerspruch. Sie führte zunächst zur Begründung aus, der Versicherte habe sich unmittelbar auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zu seinem Zweitwohnsitz befunden. Seit 1997 sei der Wohnort in S für ihn und sie selbst und ihre Kinder Lebensmittelpunkt gewesen, "weil wir uns hier ein Eigenheim – in Eigenleistung – geschaffen haben." In der weiteren Widerspruchsbegründung führte die Klägerin unter anderem aus, der Versicherte habe die Wohnung in der L Allee lediglich als Arbeitswohnung bezeichnet. Er habe bereits damals mit B als Wohnort abgeschlossen gehabt. Es sei zwar noch eine Küche für die B Wohnung gekauft, diese jedoch so abgemessen worden, dass sie sofort in die vorhandene Küche in S hätte eingebaut werden können. Der Versicherte habe sich schon damals um eine geeignete Arbeitsstelle im Raum J umgetan, ohne eine solche zu finden. Bereits im Dezember 2006 habe er sich mit seinem Onkel besprochen, den Wohnsitz in S als Erstwohnsitz und den B Wohnsitz als Zweitwohnung anzumelden, weil der Baufortschritt es zugelassen habe und Steuersparmöglichkeiten hätten genutzt werden sollen. Dieser Schritt habe 2007 unternommen werden sollen. Allein der Unfall habe dies verhindert. Die B Wohnung habe nur solange gehalten werden sollen, bis die Eheleute im Raum J eine entsprechende Arbeitsstelle gefunden hätten. Sie hätten jede freie Minute zum Aus- und Aufbau ihres "Nestes" genutzt, welches sie bereits bewohnt hätten. Sie seien ins Gemeindeleben fest integriert gewesen. Der Versicherte habe sich bei dörflichen Aktionen (Wald-, Bau-, Reparaturarbeiten insbesondere im Sanitär- und Heizungsbereich und Verschönerungsarbeiten) eingebracht.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2008 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Wegeunfall ausscheide. Der Lebensmittelpunkt des Versicherten sei angesichts der in B liegenden Wohnung und Arbeitsstellen der Eheleute weiterhin in B gewesen. Die Wohnung in S sei ein so genannter dritter Ort und der Weg dorthin nicht versichert, da dieser um das 24-fache länger als der Weg zur B Wohnung sei. Auch lägen nicht die Voraussetzungen für eine Familienheimfahrt vor.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 27. Mai 2008 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und darauf verwiesen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch der Weg zur ständigen Familienwohnung geschützt sei. Sie hat im Übrigen ihr vorprozessuales Vorbringen vertieft.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. November 2009 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Fahrt nach S habe nicht dem Versicherungsschutz unterlegen. Es stehe nicht zur richterlichen Überzeugung fest, dass die Wohnung in S Lebensmittelpunkt des Versicherten gewesen sei, auch wenn die Eheleute die Wohnung in der L Allee nur noch als Arbeitswohnung empfunden hätten. Maßgeblich sei, dass die Arbeitsstätten der Eheleute in B gewesen seien. Beide seien dort seit Jahren einer regelmäßigen und vollschichtigen Beschäftigung nachgegangen. Es habe sich damals auch Verwandtschaft in B befunden. So habe auch der Sohn der Klägerin eine eigene Wohnung in der L Allee gehabt und sich in B auf Arbeitssuche befunden. Ferner hätten die Eheleute über eine vollständig eingerichtete Wohnung verfügt, welche zudem als Erstwohnsitz gemeldet gewesen sei. Auch sei die Steuererklärung in B abgegeben worden, wobei die Abgabenordnung bestimme, dass eine Steuererklärung bei mehreren Wohnsitzen dort abzugeben sei, wo sich der Steuerpflichtige vorwiegend aufhalte. Schließlich hätten die Eheleute ihre Fahrtkosten nach S nicht als Werbungskosten geltend gemacht. Der Versicherte habe sich ferner nicht auf einer geschützten Familienheimfahrt befunden. Der Weg nach S sei auch nicht als Weg zu einem so genannten dritten Ort in den Versicherungsschutz einbezogen gewesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26. November 2009 zugestellte Urteil am 23. Dezember 2009 Berufung eingelegt und an ihrem bisherigen Vorbringen festgehalten. Sie legt Erklärungen ihrer Eltern vom 16. Dezember 2009 und eines befreundeten Arbeitskollegen des Versicherten vom 15. Dezember 2009 vor, ferner eine von ihr als Aufenthaltsnachweis bezeichnete Aufstellung ihrer in Berlin und S verbrachten Zeiten ab dem Jahr 2005.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung des Unfalls vom 20. Juli 2007 als Arbeitswegeunfall Sterbegeld und Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Sterbegeld oder Witwenrente unter Anerkennung des Unfalls des Versicherten am 20. Juli 2007 als Arbeitsunfall.
Grundvoraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Sterbegeld und Witwenrente ist nach §§ 1 Nr. 2, 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3, S. 2 SGB VII, dass der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.
Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle zunächst Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zu Tod führen.
Für eine Berufskrankheit oder einen vom Versicherten während seiner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII geschützten Beschäftigung als Monteur eingetretenen Unfall liegen von vornherein keine Anhaltspunkte vor.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit und nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben.
Vorliegend lassen sich zunächst nicht die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII annehmen.
Die vorgenannte Vorschrift nennt nur den Ort der Tätigkeit als Anfang und Ende des versicherten Weges. Der Versicherungsschutz setzt nicht voraus, dass der Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit von der Wohnung des Versicherten aus angetreten oder wieder erreicht wird. In der genannten Vorschrift ist allein der Ort der Tätigkeit als Ende des Hinweges oder als Ausgangspunkt des Rückweges festgelegt. Infolgedessen muss der Hinweg weder von der Wohnung aus angetreten werden noch der Rückweg in der Wohnung enden. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist, ob der Weg zur Arbeitsstätte rechtlich wesentlich von dem Vorhaben des Versicherten geprägt ist, seine versicherte Tätigkeit am Ort der Tätigkeit aufzunehmen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, zitiert nach juris Rn. 18). In diesem Sinne fordert die Vorschrift, wie dies auch in ihrem Wortlaut ("zusammenhängenden") zum Ausdruck kommt, einen inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten betrieblichen Tätigkeit – hier zum Weg zur oder von der Arbeitsstätte – gehört. Der zeitliche und räumliche Zusammenhang ist dabei zwar ein Indiz, reicht jedoch allein nicht aus. Hinzukommen muss eine entsprechende finale Handlungstendenz des Betreffenden. Fehlt es an der Handlungstendenz und damit am inneren Zusammenhang, so besteht selbst dann kein Versicherungsschutz, wenn sich der Unfall auf der Wegstrecke ereignet, welche der Betreffende gewöhnlich auf dem Weg zur Arbeit geht oder fährt (BSG, Urteil vom 03. Dezember 2002 – B 2 U 18/02 -, zitiert nach juris Rn. 17). Die Frage stellt sich in der Regel allerdings nur, wenn nicht die eigene Wohnung oder die gewöhnliche Unterkunft, sondern ein anderer – so genannter dritter Ort - Ausgangs- oder Endpunkt des nach oder von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges ist. Handelt es sich bei dem Ausgangs- beziehungsweise Endpunkt dagegen um die Wohnung des Versicherten, so wird grundsätzlich ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit angenommen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, zitiert nach juris Rn. 18 f.). Somit beginnt der Weg im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in der Regel beim Verlassen des häuslichen Bereichs und endet beim Erreichen dieses Bereichs (BSG, a.a.O.; Jung, in: Jahn, SGB für die Praxis – SGB VII, 54. Ergänzungslieferung 2010, § 8 Rn. 121). Wege zu oder von einem anderen, das heißt dritten Ort sind nur unter folgenden Voraussetzungen versichert: Der Betreffende muss sich vor dem Weg zur versicherten Tätigkeit längere Zeit, mindestens zwei Stunden lang, am dritten Ort aufgehalten oder zumindest beabsichtigt haben, sich dort mindestens zwei Stunden lang aufzuhalten, wobei das Gleiche für den Weg von der versicherten Tätigkeit zum dritten Ort gilt (BSG, a.a.O., Rn. 19 ff.). Zudem muss der Weg vom bzw. zum dritten Ort in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg zum bzw. vom Ort der versicherten Tätigkeit stehen, wobei neben der Länge des Wegs dem Umstand entscheidende Bedeutung zukommt, ob sich die Betätigung am dritten Ort positiv auf die Leistungsfähigkeit oder die Leistungsbereitschaft des Betreffenden auswirkt oder ob sie nur eigenwirtschaftlichen Zwecken dient. Für die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens versicherter Tätigkeit muss der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen, während für die kausale Verknüpfung zwischen ihr und dem Unfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (BSG, Urteil vom 03. Dezember 2002 – B 2 U 18/02 -, zitiert nach juris Rn. 17 und 21).
Dies zugrunde gelegt fehlt es an einem inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges nach S und der versicherten Beschäftigung in B. Es steht nicht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG zur hiernach erforderlichen Überzeugung des Senats fest, dass der Versicherte üblicherweise, das heißt in den meisten Fällen seine Arbeitsstelle in B von der in S belegenen Wohnung aus erreichte. Vielmehr tat er dies von seiner nur rund 5 km entfernten B Wohnung in der L Allee aus, welche er eben zu diesem Zweck zusammen mit der Klägerin als "Arbeitswohnung" vorhielt. Nur zum Wochenende hin und gelegentlich unter der Woche nahm der Versicherte den direkten Weg zwischen seiner Arbeitsstelle und der in S gelegenen Wohnung, ohne hierdurch dieser Wegstrecke bereits das Gepräge als ständigem oder üblichem, mithin mit dem Erreichen seiner Arbeitsstelle innerlich zusammenhängenden Arbeitsweg zu geben. Dies wird unter anderem dadurch belegt, dass sich die Eheleute selbst im Jahr 2007, als die Wohnung in S bereits bezugsfertig war, noch nicht von ihrer als Erstwohnsitz gemeldeten B Wohnung lösten, und zwar weder tatsächlich noch melderechtlich, indem sie die Wohnung in der L Allee als Erstwohnsitz beibehielten. Dem entspricht das Vorbringen der Klägerin, dass sie und der Versicherte letztlich die B Wohnung so lange behalten wollten, bis im Umkreis ihrer S Wohnung eine geeignete Arbeitsstelle gefunden hätten.
Diese Wegstrecke, auf welcher der Versicherte schließlich verunglückte, erscheint auch nicht unter dem Gesichtspunkt versichert, dass es sich bei S um einen geschützten dritten Ort gehandelt hätte. Zwar hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Versicherte am 20. Juli 2007, als er sich auf den Weg nach S begab, beabsichtigte, sich dort längere Zeit, das heißt länger als zwei Stunden aufzuhalten; vielmehr erscheinen nach dem in tatsächlicher Hinsicht durchweg plausiblen Vorbringen der Klägerin vernünftige Zweifel daran ausgeschlossen, dass der Versicherte das Wochenende in S verbringen wollte. Jedoch steht der Weg nach S aufgrund seiner Länge außer Verhältnis zum jedenfalls ein 20-faches kürzeren Weg in die L Allee. Auch vermag der Senat im Weg nach S keine Betriebsdienlichkeit zu erkennen, welche ihn trotz seiner Länge schutzwürdig im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung erscheinen ließe. Vielmehr verfolgte der Versicherte mit der Fahrt nach S lediglich eigenwirtschaftliche Zwecke, welche in der Zusammenkunft mit Familienangehörigen oder in der weiteren Sanierung der dortigen Wohnhäuser bestanden.
Auch die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII lassen sich nicht annehmen.
Versichert ist nach dieser Vorschrift der unmittelbare direkte Weg von und zur ständigen Familienwohnung (etwa Jung, a.a.O., § 8 Rn. 151; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 16/02 R -, zitiert nach juris Rn. 19). Ständige Familienwohnung ist die Wohnung, die ständig, das heißt für längere Zeit den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet, wofür allein die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse zum Unfallzeitpunkt maßgebend sind, bei deren Prüfung insbesondere auch soziologische und psychologische Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Kriterien für den im Wege einer wertenden Betrachtungsweise zu ermittelnden Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten sind unter anderem das Ausmaß der sozialen Kontakte zu anderen Personen. Bei einem verheirateten Versicherten zum Beispiel befindet sich daher der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse im Allgemeinen an dem Ort, an dem sich der Ehepartner und die gemeinsamen Kinder nicht nur vorübergehend aufhalten. Daneben sind aber bei der Feststellung des Mittelpunkts der Lebensverhältnisse in gleicher Weise objektive Kriterien in die Wertung mit einzubeziehen, in denen dann die subjektiven Verhältnisse unter Umständen ihre Bestätigung finden. So kann beispielsweise die Gestaltung der Wohnverhältnisse darüber Auskunft geben, ob eine ständige Familienwohnung vorliegt oder nicht. Aus einer polizeilichen Anmeldung von Wohnsitzen lässt sich in der Regel demgegenüber noch kein verlässlicher Rückschluss auf die tatsächliche Wohnsituation ziehen (BSG, a.a.O.).
Der Senat hat aus den nachvollziehbaren Gründen des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils ebenfalls durchgreifende Zweifel daran, dass es sich im Unfallzeitpunkt bei der Wohnung in S um die ständige Familienwohnung im vorstehenden Sinne handelte. Unstreitig lag der Lebensmittelpunkt der Eheleute, bis die Wohnungen in S tatsächlich bezugsfertig waren, in B. Der Versicherte ist gebürtiger B. Seine Tochter wurde ebenfalls in B geboren. Die Eheleute schlossen 1991 in B die Ehe, hatten eben dort zumindest seit 1994 bzw. 1996 ihre festen Arbeitsstellen und hielten eben die Wohnung in B inne. Hiervon ausgehend vermag der Senat auch für die Zeit von der erstmaligen Bezugsfertigkeit der Wohnung des Hauses Nr. 19 in San bis zum Unfall des Versicherten eine entscheidende Lösung von B als Lebensmittelpunkt nicht zu erkennen. Nach Würdigung aller Umstände erscheint im Unfallzeitpunkt die Wohnung in der L Allee in B weiterhin als Lebensmittelpunkt der Familie. Hierfür spricht der Umstand, dass beide Eheleute, auch nachdem die Wohnungen in S bezugsfertig geworden waren, im Unfallzeitpunkt ihre B Arbeitsstellen und Wohnung beibehielten. Dementsprechend lag ein Großteil der effektiv gemeinsam verbrachten Zeit zwangsläufig in B, indem die Eheleute wegen der großen Entfernung der S Wohnung von ihren B Arbeitsstellen aus einen vollständigen Haushalt in B führen und dort regelmäßig übernachten mussten. So übernachtete die Klägerin ihrer eigenen Aufstellung zufolge im Jahr 2007 bis zum Tod des Versicherten am 23. Juli 2007 – trotz einer fast dreiwöchigen Urlaubsabwesenheit im Juni 2007 – immerhin 93mal in B, weil sie selbst zum Unfallzeitpunkt zwar nur in Teilzeit, aber doch immerhin zu fast zwei Dritteln der vollen Arbeitszeit in B arbeitete. Teilweise verbrachte sie auch die Wochenenden arbeitsbedingt in B, so dass sich die Eheleute dann – wenn überhaupt - auch wochenends nur in B sehen konnten. Dass der Versicherte seinen Lebensmittelpunkt nicht in S hatte, wird im Übrigen dadurch deutlich, dass die Eheleute noch 2004 – als beide Häuser in S schon bezugsfertig waren – nicht nur innerhalb B, sondern sogar innerhalb derselben Haus-Nr. in der L Allee umzogen, was die praktische Verbundenheit zu B als Ort ihrer Arbeitswohnung belegt. So lösten sich die Eheleute auch damals nicht von ihrem überkommenen örtlichen Lebensmittelpunkt.
Ein in S liegender Lebensmittelpunkt der Familie wurde auch nicht durch den Sohn der Klägerin vermittelt. Vielmehr spricht der Umzug des Sohns der Klägerin aus der B Wohnung im Jahr 2007 für einen weiterhin in B liegenden Lebensmittelpunkt der Familie. Ihr Sohn entfernte sich nämlich, indem er am 01. März 2007 aus der elterlichen Wohnung in B innerhalb B und des Geltungsbereichs derselben Postleitzahl in den W Weg verzog, nicht weit von ihrer damals wie auch im Unfallzeitpunkt als Erstwohnung gemeldeten Wohnung.
Dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in B lag, wird unter anderem auch dadurch bestätigt, dass die B Wohnung als Erstwohnsitz gemeldet war und eine Ummeldung erst 2009 stattfand und dass die Fahrten nach S nicht steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Ihrem tatsächlichen Lebensmittelpunkt entsprechend führte die Klägerin den gesamten Schriftverkehr mit der Beklagten und dem Gericht bis zum Ende des erstinstanzlichen Verfahrens zumeist unter Ihrer B Anschrift. Bei alldem wird nicht verkannt, dass es nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin, zum Beispiel nach dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 22. März 2008 und ihrer Berufungsbegründung nachvollziehbar erscheint, dass sie sich mit dem Versicherten bereits im Unfallzeitpunkt in S heimisch fühlte und für die Zukunft dort Ihren Lebensmittelpunkt plante. Diese emotionale Verbundenheit mit ihrem damaligen Zweitwohnsitz, welche sich insbesondere in ihrem Aufwand bei den Sanierungsarbeiten an ihrem dortigen Grundeigentum äußerte, reicht indes nicht für die Herstellung der nötigen richterlichen Überzeugung aus, dass – nach Würdigung aller Umstände – bereits im Unfallzeitpunkt ihr Lebensmittelpunkt tatsächlich in S begründet war. Dabei verkennt der Senat nicht, dass mit der von der Klägerin überwiegend in S verbrachten Zeit, mit der sozialen Einbindung der Eheleute in das S Ortsleben und mit der Ansiedlung ihrer Eltern Umstände vorliegen, welche für einen in S gelegenen Lebensmittelpunkt sprechen. Diese Umstände geben nach Auffassung des Senats der S Wohnung jedoch im Unfallzeitpunkt noch nicht das Gepräge eines entsprechenden Lebensmittelpunkts des Versicherten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzlicher Bedeutung ist, vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten nach dem tödlichen Unfall ihres Ehemannes (Versicherter) Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die 1962 geborene Klägerin und der 1961 geborene Versicherte schlossen 1991 in B die Ehe. Die Klägerin brachte ihren aus ihrer vorangegangenen Ehe hervorgegangenen, 1984 geborenen Sohn, der Versicherte brachte seine aus seiner früheren Ehe hervorgegangene, ebenfalls 1984 in B geborene Tochter in die Ehe ein. Die Familie hielt zunächst unter der Anschrift L Allee, wo sie mit ihrem Erstwohnsitz gemeldet war, eine Vierraumwohnung inne. Nachdem die Tochter des Versicherten ausgezogen war, mieteten die Eheleute 2004 zusammen mit dem Sohn der Klägerin unter derselben Anschrift eine 63 m² große Dreiraumwohnung an, welche sie vollständig einrichteten. Der Sohn der Klägerin zog im März 2007 in die Einraumwohnung W, um. Damals war der Versicherte seit April 1994 bei der W GmbH, als Monteur beschäftigt. Die Klägerin war – und ist heute bei demselben Arbeitgeber - in Berlin im Lebensmitteleinzelhandel teilzeitbeschäftigt, und zwar von 1996 bis 2009 zu 64,86 % der vollen Arbeitszeit (25,95 Stunden/Woche). Die einfache Wegstrecke zwischen der Berliner Wohnung der Eheleute und der Arbeitsstelle des Versicherten betrug etwa 5 km.
Die Eheleute erwarben 1997 und 2001 nacheinander die sanierungsbedürftigen Hausgrundstücke in der S Straße 20 und 19 J Ortsteil S, mit dem Ziel, ihren Familienwohnsitz unter Einschluss der Eltern der Klägerin nach Maßgabe des in Eigenleistung erzielten Baufortschritts von B nach S zu verlagern. Die Eheleute bezogen ab 1999 im Hinblick auf die Investitionen für die S Straße 20 Eigenheimzulage. Mit ihrem Zweitwohnsitz waren sie seit dem Jahr 2000 unter der Anschrift S Straße 20 gemeldet. Die Klägerin und der Versicherte sanierten die Häuser etagenweise. Das Haus Nr. 20 wird im ersten Obergeschoss und Dachgeschoss seit 1999 von den Eltern der Klägerin als Wohnung genutzt. Das Erdgeschoss des Hauses Nr. 20 nutzten die Klägerin und der Versicherte seit 1999 als Wohnung. Das Haus Nr. 19 war 2004 bezugsfertig. Zunächst hatten die Eheleute dort für ihren Sohn ein Zimmer im Obergeschoss vorgehalten. Im Übrigen nutzten die Eheleute seit 2004 die gesamte Wohnung des Hauses Nr. 19. Nachdem ihr Sohn in W eine Arbeitsstelle gefunden hatte, bezog er 2009 die für ihn zwischenzeitlich eingerichtete Einliegerwohnung im Haus Nr. 20. Ab 2009 ist die Klägerin mit dem Erstwohnsitz in S gemeldet.
In der Zeit bis 2007 verbrachte der Versicherte jedes Wochenende in S und fuhr gelegentlich auch unter der Woche nach Arbeitsende dorthin, etwa um Material für die Außenarbeiten des Grundstücks und geplante Dachdeckerarbeiten dorthin zu bringen, wofür ihm seine Arbeitgeberin die Nutzung des Firmenfahrzeugs genehmigte. In diesen Fällen übernachtete er dann dort auch. Die Klägerin fuhr immer, wenn es ihre Beschäftigung zuließ, nach S. Die Eheleute wurden in B zur Steuer veranlagt; sie machten die Fahrten nach S steuerlich nicht geltend. Die einfache Wegstrecke zwischen der Wohnung in Sund der Arbeitsstelle des Versicherten beträgt etwa – zum Beispiel nach der Routenplanung auf www.viamichelin.de - 103 km auf der kürzesten Route beziehungsweise 104 km oder 145 km auf den schnellsten Routen; die angegebenen Fahrzeiten liegen zwischen 1:55 h und 2:03 h.
Am 20. Juli 2007 endete die Arbeitsschicht des Versicherten um 16.15 Uhr auf einer Baustelle seiner Arbeitgeberin. Er fuhr mit einem Lastkraftwagen seiner Arbeitgeberin zu ihrem oben genannten Sitz, welchen er gegen 17.30 Uhr mit seinem Personenkraftwagen verließ. Er erlitt auf der Fernverkehrsstraße B bei T einen Unfall, indem er ungebremst gegen einen Baum auf der linken Fahrbahnseite fuhr. Er wurde am Unfallort notärztlich versorgt. Die Bergungsarbeiten dauerten ungefähr eine Stunde lang. Er wurde mit einem um 18.41 Uhr gerufenen Rettungshubschrauber in die C, verbracht, wo er gegen 20.30 Uhr aufgenommen wurde. Er erlag am 23. Juli 2007 seinen Verletzungen und wurde in S beigesetzt.
Auf die Unfallanzeige der Arbeitgeberin des Versicherten hin leitete die Beklagte ein Verwaltungsverfahren ein, welches sie mit Bescheid vom 24. Januar 2008 abschloss. Darin lehnte sie eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 20. Juli 2007 ab und stellte fest, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Anspruch auf Leistungen nach §§ 63 ff. des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) nicht bestehe, weil der Tod des Versicherten nicht infolge eines Arbeitsunfalls eingetreten sei. Er habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu seinem Zweitwohnsitz in S befunden, welcher um ein Vielfaches weiter entfernt gewesen sei als der Erstwohnsitz in der LAllee. Die Entfernungen stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis, so dass ein Wegeunfall nicht anerkannt werden könne.
Die Klägerin erhob am 20. Februar 2008 Widerspruch. Sie führte zunächst zur Begründung aus, der Versicherte habe sich unmittelbar auf dem Weg von seiner Arbeitsstätte zu seinem Zweitwohnsitz befunden. Seit 1997 sei der Wohnort in S für ihn und sie selbst und ihre Kinder Lebensmittelpunkt gewesen, "weil wir uns hier ein Eigenheim – in Eigenleistung – geschaffen haben." In der weiteren Widerspruchsbegründung führte die Klägerin unter anderem aus, der Versicherte habe die Wohnung in der L Allee lediglich als Arbeitswohnung bezeichnet. Er habe bereits damals mit B als Wohnort abgeschlossen gehabt. Es sei zwar noch eine Küche für die B Wohnung gekauft, diese jedoch so abgemessen worden, dass sie sofort in die vorhandene Küche in S hätte eingebaut werden können. Der Versicherte habe sich schon damals um eine geeignete Arbeitsstelle im Raum J umgetan, ohne eine solche zu finden. Bereits im Dezember 2006 habe er sich mit seinem Onkel besprochen, den Wohnsitz in S als Erstwohnsitz und den B Wohnsitz als Zweitwohnung anzumelden, weil der Baufortschritt es zugelassen habe und Steuersparmöglichkeiten hätten genutzt werden sollen. Dieser Schritt habe 2007 unternommen werden sollen. Allein der Unfall habe dies verhindert. Die B Wohnung habe nur solange gehalten werden sollen, bis die Eheleute im Raum J eine entsprechende Arbeitsstelle gefunden hätten. Sie hätten jede freie Minute zum Aus- und Aufbau ihres "Nestes" genutzt, welches sie bereits bewohnt hätten. Sie seien ins Gemeindeleben fest integriert gewesen. Der Versicherte habe sich bei dörflichen Aktionen (Wald-, Bau-, Reparaturarbeiten insbesondere im Sanitär- und Heizungsbereich und Verschönerungsarbeiten) eingebracht.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2008 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Wegeunfall ausscheide. Der Lebensmittelpunkt des Versicherten sei angesichts der in B liegenden Wohnung und Arbeitsstellen der Eheleute weiterhin in B gewesen. Die Wohnung in S sei ein so genannter dritter Ort und der Weg dorthin nicht versichert, da dieser um das 24-fache länger als der Weg zur B Wohnung sei. Auch lägen nicht die Voraussetzungen für eine Familienheimfahrt vor.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 27. Mai 2008 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und darauf verwiesen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch der Weg zur ständigen Familienwohnung geschützt sei. Sie hat im Übrigen ihr vorprozessuales Vorbringen vertieft.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. November 2009 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Fahrt nach S habe nicht dem Versicherungsschutz unterlegen. Es stehe nicht zur richterlichen Überzeugung fest, dass die Wohnung in S Lebensmittelpunkt des Versicherten gewesen sei, auch wenn die Eheleute die Wohnung in der L Allee nur noch als Arbeitswohnung empfunden hätten. Maßgeblich sei, dass die Arbeitsstätten der Eheleute in B gewesen seien. Beide seien dort seit Jahren einer regelmäßigen und vollschichtigen Beschäftigung nachgegangen. Es habe sich damals auch Verwandtschaft in B befunden. So habe auch der Sohn der Klägerin eine eigene Wohnung in der L Allee gehabt und sich in B auf Arbeitssuche befunden. Ferner hätten die Eheleute über eine vollständig eingerichtete Wohnung verfügt, welche zudem als Erstwohnsitz gemeldet gewesen sei. Auch sei die Steuererklärung in B abgegeben worden, wobei die Abgabenordnung bestimme, dass eine Steuererklärung bei mehreren Wohnsitzen dort abzugeben sei, wo sich der Steuerpflichtige vorwiegend aufhalte. Schließlich hätten die Eheleute ihre Fahrtkosten nach S nicht als Werbungskosten geltend gemacht. Der Versicherte habe sich ferner nicht auf einer geschützten Familienheimfahrt befunden. Der Weg nach S sei auch nicht als Weg zu einem so genannten dritten Ort in den Versicherungsschutz einbezogen gewesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26. November 2009 zugestellte Urteil am 23. Dezember 2009 Berufung eingelegt und an ihrem bisherigen Vorbringen festgehalten. Sie legt Erklärungen ihrer Eltern vom 16. Dezember 2009 und eines befreundeten Arbeitskollegen des Versicherten vom 15. Dezember 2009 vor, ferner eine von ihr als Aufenthaltsnachweis bezeichnete Aufstellung ihrer in Berlin und S verbrachten Zeiten ab dem Jahr 2005.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anerkennung des Unfalls vom 20. Juli 2007 als Arbeitswegeunfall Sterbegeld und Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Sterbegeld oder Witwenrente unter Anerkennung des Unfalls des Versicherten am 20. Juli 2007 als Arbeitsunfall.
Grundvoraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Sterbegeld und Witwenrente ist nach §§ 1 Nr. 2, 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3, S. 2 SGB VII, dass der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.
Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle zunächst Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zu Tod führen.
Für eine Berufskrankheit oder einen vom Versicherten während seiner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII geschützten Beschäftigung als Monteur eingetretenen Unfall liegen von vornherein keine Anhaltspunkte vor.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit und nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben.
Vorliegend lassen sich zunächst nicht die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII annehmen.
Die vorgenannte Vorschrift nennt nur den Ort der Tätigkeit als Anfang und Ende des versicherten Weges. Der Versicherungsschutz setzt nicht voraus, dass der Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit von der Wohnung des Versicherten aus angetreten oder wieder erreicht wird. In der genannten Vorschrift ist allein der Ort der Tätigkeit als Ende des Hinweges oder als Ausgangspunkt des Rückweges festgelegt. Infolgedessen muss der Hinweg weder von der Wohnung aus angetreten werden noch der Rückweg in der Wohnung enden. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist, ob der Weg zur Arbeitsstätte rechtlich wesentlich von dem Vorhaben des Versicherten geprägt ist, seine versicherte Tätigkeit am Ort der Tätigkeit aufzunehmen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, zitiert nach juris Rn. 18). In diesem Sinne fordert die Vorschrift, wie dies auch in ihrem Wortlaut ("zusammenhängenden") zum Ausdruck kommt, einen inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten betrieblichen Tätigkeit – hier zum Weg zur oder von der Arbeitsstätte – gehört. Der zeitliche und räumliche Zusammenhang ist dabei zwar ein Indiz, reicht jedoch allein nicht aus. Hinzukommen muss eine entsprechende finale Handlungstendenz des Betreffenden. Fehlt es an der Handlungstendenz und damit am inneren Zusammenhang, so besteht selbst dann kein Versicherungsschutz, wenn sich der Unfall auf der Wegstrecke ereignet, welche der Betreffende gewöhnlich auf dem Weg zur Arbeit geht oder fährt (BSG, Urteil vom 03. Dezember 2002 – B 2 U 18/02 -, zitiert nach juris Rn. 17). Die Frage stellt sich in der Regel allerdings nur, wenn nicht die eigene Wohnung oder die gewöhnliche Unterkunft, sondern ein anderer – so genannter dritter Ort - Ausgangs- oder Endpunkt des nach oder von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges ist. Handelt es sich bei dem Ausgangs- beziehungsweise Endpunkt dagegen um die Wohnung des Versicherten, so wird grundsätzlich ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit angenommen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, zitiert nach juris Rn. 18 f.). Somit beginnt der Weg im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in der Regel beim Verlassen des häuslichen Bereichs und endet beim Erreichen dieses Bereichs (BSG, a.a.O.; Jung, in: Jahn, SGB für die Praxis – SGB VII, 54. Ergänzungslieferung 2010, § 8 Rn. 121). Wege zu oder von einem anderen, das heißt dritten Ort sind nur unter folgenden Voraussetzungen versichert: Der Betreffende muss sich vor dem Weg zur versicherten Tätigkeit längere Zeit, mindestens zwei Stunden lang, am dritten Ort aufgehalten oder zumindest beabsichtigt haben, sich dort mindestens zwei Stunden lang aufzuhalten, wobei das Gleiche für den Weg von der versicherten Tätigkeit zum dritten Ort gilt (BSG, a.a.O., Rn. 19 ff.). Zudem muss der Weg vom bzw. zum dritten Ort in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg zum bzw. vom Ort der versicherten Tätigkeit stehen, wobei neben der Länge des Wegs dem Umstand entscheidende Bedeutung zukommt, ob sich die Betätigung am dritten Ort positiv auf die Leistungsfähigkeit oder die Leistungsbereitschaft des Betreffenden auswirkt oder ob sie nur eigenwirtschaftlichen Zwecken dient. Für die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens versicherter Tätigkeit muss der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen, während für die kausale Verknüpfung zwischen ihr und dem Unfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (BSG, Urteil vom 03. Dezember 2002 – B 2 U 18/02 -, zitiert nach juris Rn. 17 und 21).
Dies zugrunde gelegt fehlt es an einem inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges nach S und der versicherten Beschäftigung in B. Es steht nicht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG zur hiernach erforderlichen Überzeugung des Senats fest, dass der Versicherte üblicherweise, das heißt in den meisten Fällen seine Arbeitsstelle in B von der in S belegenen Wohnung aus erreichte. Vielmehr tat er dies von seiner nur rund 5 km entfernten B Wohnung in der L Allee aus, welche er eben zu diesem Zweck zusammen mit der Klägerin als "Arbeitswohnung" vorhielt. Nur zum Wochenende hin und gelegentlich unter der Woche nahm der Versicherte den direkten Weg zwischen seiner Arbeitsstelle und der in S gelegenen Wohnung, ohne hierdurch dieser Wegstrecke bereits das Gepräge als ständigem oder üblichem, mithin mit dem Erreichen seiner Arbeitsstelle innerlich zusammenhängenden Arbeitsweg zu geben. Dies wird unter anderem dadurch belegt, dass sich die Eheleute selbst im Jahr 2007, als die Wohnung in S bereits bezugsfertig war, noch nicht von ihrer als Erstwohnsitz gemeldeten B Wohnung lösten, und zwar weder tatsächlich noch melderechtlich, indem sie die Wohnung in der L Allee als Erstwohnsitz beibehielten. Dem entspricht das Vorbringen der Klägerin, dass sie und der Versicherte letztlich die B Wohnung so lange behalten wollten, bis im Umkreis ihrer S Wohnung eine geeignete Arbeitsstelle gefunden hätten.
Diese Wegstrecke, auf welcher der Versicherte schließlich verunglückte, erscheint auch nicht unter dem Gesichtspunkt versichert, dass es sich bei S um einen geschützten dritten Ort gehandelt hätte. Zwar hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Versicherte am 20. Juli 2007, als er sich auf den Weg nach S begab, beabsichtigte, sich dort längere Zeit, das heißt länger als zwei Stunden aufzuhalten; vielmehr erscheinen nach dem in tatsächlicher Hinsicht durchweg plausiblen Vorbringen der Klägerin vernünftige Zweifel daran ausgeschlossen, dass der Versicherte das Wochenende in S verbringen wollte. Jedoch steht der Weg nach S aufgrund seiner Länge außer Verhältnis zum jedenfalls ein 20-faches kürzeren Weg in die L Allee. Auch vermag der Senat im Weg nach S keine Betriebsdienlichkeit zu erkennen, welche ihn trotz seiner Länge schutzwürdig im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung erscheinen ließe. Vielmehr verfolgte der Versicherte mit der Fahrt nach S lediglich eigenwirtschaftliche Zwecke, welche in der Zusammenkunft mit Familienangehörigen oder in der weiteren Sanierung der dortigen Wohnhäuser bestanden.
Auch die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII lassen sich nicht annehmen.
Versichert ist nach dieser Vorschrift der unmittelbare direkte Weg von und zur ständigen Familienwohnung (etwa Jung, a.a.O., § 8 Rn. 151; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 16/02 R -, zitiert nach juris Rn. 19). Ständige Familienwohnung ist die Wohnung, die ständig, das heißt für längere Zeit den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet, wofür allein die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse zum Unfallzeitpunkt maßgebend sind, bei deren Prüfung insbesondere auch soziologische und psychologische Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Kriterien für den im Wege einer wertenden Betrachtungsweise zu ermittelnden Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten sind unter anderem das Ausmaß der sozialen Kontakte zu anderen Personen. Bei einem verheirateten Versicherten zum Beispiel befindet sich daher der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse im Allgemeinen an dem Ort, an dem sich der Ehepartner und die gemeinsamen Kinder nicht nur vorübergehend aufhalten. Daneben sind aber bei der Feststellung des Mittelpunkts der Lebensverhältnisse in gleicher Weise objektive Kriterien in die Wertung mit einzubeziehen, in denen dann die subjektiven Verhältnisse unter Umständen ihre Bestätigung finden. So kann beispielsweise die Gestaltung der Wohnverhältnisse darüber Auskunft geben, ob eine ständige Familienwohnung vorliegt oder nicht. Aus einer polizeilichen Anmeldung von Wohnsitzen lässt sich in der Regel demgegenüber noch kein verlässlicher Rückschluss auf die tatsächliche Wohnsituation ziehen (BSG, a.a.O.).
Der Senat hat aus den nachvollziehbaren Gründen des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils ebenfalls durchgreifende Zweifel daran, dass es sich im Unfallzeitpunkt bei der Wohnung in S um die ständige Familienwohnung im vorstehenden Sinne handelte. Unstreitig lag der Lebensmittelpunkt der Eheleute, bis die Wohnungen in S tatsächlich bezugsfertig waren, in B. Der Versicherte ist gebürtiger B. Seine Tochter wurde ebenfalls in B geboren. Die Eheleute schlossen 1991 in B die Ehe, hatten eben dort zumindest seit 1994 bzw. 1996 ihre festen Arbeitsstellen und hielten eben die Wohnung in B inne. Hiervon ausgehend vermag der Senat auch für die Zeit von der erstmaligen Bezugsfertigkeit der Wohnung des Hauses Nr. 19 in San bis zum Unfall des Versicherten eine entscheidende Lösung von B als Lebensmittelpunkt nicht zu erkennen. Nach Würdigung aller Umstände erscheint im Unfallzeitpunkt die Wohnung in der L Allee in B weiterhin als Lebensmittelpunkt der Familie. Hierfür spricht der Umstand, dass beide Eheleute, auch nachdem die Wohnungen in S bezugsfertig geworden waren, im Unfallzeitpunkt ihre B Arbeitsstellen und Wohnung beibehielten. Dementsprechend lag ein Großteil der effektiv gemeinsam verbrachten Zeit zwangsläufig in B, indem die Eheleute wegen der großen Entfernung der S Wohnung von ihren B Arbeitsstellen aus einen vollständigen Haushalt in B führen und dort regelmäßig übernachten mussten. So übernachtete die Klägerin ihrer eigenen Aufstellung zufolge im Jahr 2007 bis zum Tod des Versicherten am 23. Juli 2007 – trotz einer fast dreiwöchigen Urlaubsabwesenheit im Juni 2007 – immerhin 93mal in B, weil sie selbst zum Unfallzeitpunkt zwar nur in Teilzeit, aber doch immerhin zu fast zwei Dritteln der vollen Arbeitszeit in B arbeitete. Teilweise verbrachte sie auch die Wochenenden arbeitsbedingt in B, so dass sich die Eheleute dann – wenn überhaupt - auch wochenends nur in B sehen konnten. Dass der Versicherte seinen Lebensmittelpunkt nicht in S hatte, wird im Übrigen dadurch deutlich, dass die Eheleute noch 2004 – als beide Häuser in S schon bezugsfertig waren – nicht nur innerhalb B, sondern sogar innerhalb derselben Haus-Nr. in der L Allee umzogen, was die praktische Verbundenheit zu B als Ort ihrer Arbeitswohnung belegt. So lösten sich die Eheleute auch damals nicht von ihrem überkommenen örtlichen Lebensmittelpunkt.
Ein in S liegender Lebensmittelpunkt der Familie wurde auch nicht durch den Sohn der Klägerin vermittelt. Vielmehr spricht der Umzug des Sohns der Klägerin aus der B Wohnung im Jahr 2007 für einen weiterhin in B liegenden Lebensmittelpunkt der Familie. Ihr Sohn entfernte sich nämlich, indem er am 01. März 2007 aus der elterlichen Wohnung in B innerhalb B und des Geltungsbereichs derselben Postleitzahl in den W Weg verzog, nicht weit von ihrer damals wie auch im Unfallzeitpunkt als Erstwohnung gemeldeten Wohnung.
Dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in B lag, wird unter anderem auch dadurch bestätigt, dass die B Wohnung als Erstwohnsitz gemeldet war und eine Ummeldung erst 2009 stattfand und dass die Fahrten nach S nicht steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht wurden. Ihrem tatsächlichen Lebensmittelpunkt entsprechend führte die Klägerin den gesamten Schriftverkehr mit der Beklagten und dem Gericht bis zum Ende des erstinstanzlichen Verfahrens zumeist unter Ihrer B Anschrift. Bei alldem wird nicht verkannt, dass es nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin, zum Beispiel nach dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 22. März 2008 und ihrer Berufungsbegründung nachvollziehbar erscheint, dass sie sich mit dem Versicherten bereits im Unfallzeitpunkt in S heimisch fühlte und für die Zukunft dort Ihren Lebensmittelpunkt plante. Diese emotionale Verbundenheit mit ihrem damaligen Zweitwohnsitz, welche sich insbesondere in ihrem Aufwand bei den Sanierungsarbeiten an ihrem dortigen Grundeigentum äußerte, reicht indes nicht für die Herstellung der nötigen richterlichen Überzeugung aus, dass – nach Würdigung aller Umstände – bereits im Unfallzeitpunkt ihr Lebensmittelpunkt tatsächlich in S begründet war. Dabei verkennt der Senat nicht, dass mit der von der Klägerin überwiegend in S verbrachten Zeit, mit der sozialen Einbindung der Eheleute in das S Ortsleben und mit der Ansiedlung ihrer Eltern Umstände vorliegen, welche für einen in S gelegenen Lebensmittelpunkt sprechen. Diese Umstände geben nach Auffassung des Senats der S Wohnung jedoch im Unfallzeitpunkt noch nicht das Gepräge eines entsprechenden Lebensmittelpunkts des Versicherten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzlicher Bedeutung ist, vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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