Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4091/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2305/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.04.2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 13.07.2007 streitig.
Der 1951 geborene und als Kraftfahrer tätige Kläger bezieht aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 02.03.2005, der zu einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit rechts und zu einer Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks und der Beuge-Streckfähigkeit der Finger rechts mit inkomplettem Faustschluss geführt hat, eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.; Anerkenntnis der Beklagten vom 05.11.2009 in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn [SG] S 7 U 1370/08).
Am 13.07.2007 stieg er aus seinem Lastkraftwagen (Lkw) aus und verdrehte sich bei einer Ausstiegshöhe von 50 cm das linke Knie, als er auf unebenem Boden auftrat. Es kam hierbei zu einem Riss des Innenmeniskus des linken Kniegelenkes und zu einer Innenbandzerrung links. Der Kläger arbeitete zunächst weiter und stellte sich am 23.07.2007 bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vor, die eine Kniebandinnenzerrung links diangostizierte und den Kläger an den Durchgangsarzt S. verwies. Dieser diagnostizierte ebenfalls eine Kniebandinnenzerrung links und versorgte den Kläger mit einem elastischen Salbenverband. Als Röntgenergebnis hielt er am linken Kniegelenk fest, dass keine knöcherne Verletzung bestehe und sich ein Stieda-Pellegrini-Schatten nach alter Innenbandverletzung bei sonst glatt begrenzten Gelenkflächen gezeigt habe. Am 20.08.2007 suchte der Kläger die Durchgangsärzte Dres. R. und K. auf, die angaben, das Röntgenergebnis habe am linken Knie ebenfalls keine Zeichen für eine knöcherne Verletzung ergeben und die Kniegelenkskonturen seien bei straffer Bandführung unauffällig gewesen. Der Kläger sei voraussichtlich in einer Woche wieder arbeitsfähig. Eine weitere Behandlung fand am 06.09.2007 statt, bei der Dres. R. und K. weiterhin eine schmerzhafte Streckhemmung des linken Kniegelenks mit leichtem nicht punktionsbedürftigem Erguss sowie Zeichen für eine Einklemmung des vorderen Horns vom Innenmeniskus feststellten. Das von ihnen veranlasste MRT vom 06.09.2012 ergab ein ausgeprägtes Markraumödem und zarte Rissbildungen im Bereich des Innenmeniskus. Disloziierte Meniskusanteile waren nicht abzugrenzen. Vom 17.10. bis 22.10.2007 wurde der Kläger in der orthopädischen Klinik Markgröningen stationär behandelt (arthroskopische hintere Kreuzbandersatzplastik und Innenmeniskuslappenrissresektion). Am 09.11.2007 wurde durch den Arbeitgeber der Unfall vom 13.07.2007 bei der Beklagten angezeigt.
Vom 27.03. bis 16.04.2008 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der BG-Unfallklinik T ... Das eingeholte MRT vom 15.4.2008 zeigte ein intaktes vorderes Kreuzband mit strukturintakter hinterer Kreuzbandersatzplastik. Am 20.06.2008 erfolgte dort stationär eine retrograde Anbohrung des rechten Kniegelenks.
In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 gab dieser an, das vom Kläger gezeigte groteske Gangbild lasse sich medizinisch nicht objektivieren. Ein radiologisches Gutachten werde angeregt. Der Radiologe Prof. Dr. C. kam in dem radiologischen Zusatzgutachten vom 08.12.2008 zu der Einschätzung, bei der Distension/Partialruptur des hinteren Kreuzbandes handele es sich um ein lange zurückliegendes Geschehen. Eine unfallbedingte frische Ruptur des hinteren linken Kreuzbandes erscheine höchst unwahrscheinlich. In seinem zusammenfassenden Gutachten vom 09.03.2009 gelangte Prof. Dr. Weise zu der Auffassung, dass keine unfallbedingte MdE bestehe. Wesentliche Unfallfolgen lägen nicht mehr vor.
Mit Bescheid vom 02.04.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 13.07.2007 ab. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert sei. Als gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden anerkannt: operativ behandelter, folgenlos ausgeheilter Riss des Innenmeniskus am linken Kniegelenk sowie folgenlos ausgeheilte Innenbandzerrung nach Zerrung des linken Kniegelenks. Die Gangstörung beider Beine, die Schädigung des hinteren Kreuzbandes und des Außenbandes am linken Knie, der Morbus Ahlbäck am rechten Knie und der Speichentrümmerbruch rechts seien nicht Folge des Arbeitsunfalls. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2009 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18.11.2009 Klage beim SG erhoben (Az.: S 6 U 4091/09) und im Wesentlichen geltend gemacht, er leide seit dem Unfall vom 13.07.2007 an einer Gehbehinderung und Schmerzen, die ihm jedwede freie Bewegung unmöglich machten. Zur weiteren Begründung hat er die Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vom 29.11.2010 vorgelegt, wonach er sich bei ihr seit dem 07.03.1991 in hausärztlicher Behandlung befinde. Es lägen keine orthopädischen bzw. radiologischen Befunde aufgrund einer Knieerkrankung bis zum Arbeitsunfall vom 13.07.2007 vor.
Das SG hat zunächst Röntgen- und CT-Bilder beigezogen und dann das Gutachten des Unfallchirurgen Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 eingeholt. Die Kniegelenksbeweglichkeit hat er wie folgt angegeben: links 0-0-70 Grad und rechts 0-0-120 Grad. Die festgestellten Änderungen am linken Knie könnten nicht als unfallbedingt angesehen werden. Eine möglicherweise bis zum Unfallereignis kompensierte Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes sei erst durch das Unfallereignis manifest geworden. Die Unfallfolgen vom 13.07.2007 bedingten einen Grad der MdE von unter 10 v. H ... Dem Gutachten des Prof. Dr. W. vom 09.03.2009 sei zuzustimmen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. S. vom 10.01.2012 eingeholt. Die aktive Beweglichkeit im Bereich des linken Knies habe 0-0-85 Grad betragen. Hinsichtlich des linken Knies könne ein Vorschaden nicht angenommen werden. Zu beachten sei, dass es bei dem Unfall am 13.07.2007 nicht zu einem Sturz gekommen sei. Auch sei die Arbeit danach nicht eingestellt worden, sodass ein verletzungskonformer Erstbefund oder ein verletzungskonformer Verlauf nicht vorliege. Ein schwerer Kniebinnenschaden, insbesondere unter Beteiligung des hinteren Kreuzbandes hätte zumindest zu einer deutlichen Beschwerdesymptomatik mit zeitnahen Arztbesuchen führen müssen. Der erste nach dem Ereignis erhobene klinische Untersuchungsbefund spreche aufgrund der nicht nachweisbaren Ergussbildung bereits gegen einen schwerwiegenden Kniebinnenschaden. Eine akute Verletzung des hinteren Kreuzbandes als Folge des Ereignisses vom 13.07.2007 könne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die kernspintomographisch nachgewiesenen älteren Veränderungen des Innenbandes und des hinteren Kreuzbandes hätten die Bedeutung einer Schadensanlage. Diese Schadensanlage habe die operative Behandlung vom 18.10.2007 veranlasst. Als Unfallfolge sei es zu einer Distorsion des linken Knies gekommen, die jedoch eine MdE über die 26. Woche hinaus nicht bedinge.
Mit Urteil vom 19.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, es schließe sich dem Gutachten des Dr. B. an, der zu dem gleichen Ergebnis wie Prof. Dr. C. gelangt sei. Diese Einschätzung teile schließlich auch Dr. S ... Demnach sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers infolge des Unfalls nicht um 20 v. H. gemindert. Aus dem Riss des Innenmeniskus und dem Ödem resultierten keine Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten seien. Die Bandverletzungen seien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Daher sei der Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls nicht geführt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07.05.2012 zugestellte Urteil hat dieser am 31.05.2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Gutachter kämen allesamt zu anderen Theorien und damit zu anderen Ergebnissen. Keines der Gutachten könne letztendlich klären, woher die gesundheitlichen Beschwerden und Leiden herrührten. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass er vor dem Arbeitsunfall am 13.07.2007 vollkommen beschwerdefrei gewesen sei. Die Beschwerden seien erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall aufgetreten und damit habe auch sein Leidensweg begonnen. Aus den ärztlichen Unterlagen vor dem Unfall könne nicht entnommen werden, dass Beschwerden am Knie vorgelegen hätten. Diese Tatsache könnten auch seine ehemaligen Kollegen bezeugen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 zu verurteilen, ihm ab dem 03.12.2007 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweise n.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 13.07.2007 eine Verletztenrente zu gewähren.
Gemäß § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld [§ 45 SGB VI] und Rente [§ 56 SGB VII]). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Bei dem Unfall des Klägers am 13.07.2007 handelt es sich um einen Arbeitsunfall in diesem Sinne, denn er stieg am genannten Tag im Rahmen seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer aus seinem Lkw aus und verdrehte sich bei einer Ausstiegshöhe von 50 cm das linke Knie, als er auf unebenem Boden auftrat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis im Bescheid 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 selbst als Versicherungsfall bezeichnet und es damit als Arbeitsunfall angesehen. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsschäden im Bereich des linken Knies Unfallfolgen sind (haftungsausfüllende Kausalität) und ob hierdurch eine MdE um mindestens 20 v. H. eingetreten ist.
Der Senat vermag indessen nicht festzustellen, dass die nach dem genannten Arbeitsunfall vom Kläger geklagten Bewegungseinschränkungen im Bereich des linken Knies ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann der Senat vorliegend nicht feststellen, dass eine etwaige Verletzung des hinteren Kreuzbandes am linken Knie, das allein die vom Kläger geklagten Bewegungseinschränkungen rechtfertigen könnte, auf das Unfallereignis vom 13.07.2007 zurückzuführen ist. Der Senat stützt sich hierbei auf die im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 und 09.03.2009, des Prof. Dr. C. vom 08.12.2008, des Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 und des Dr. S. vom 10.01.2012, die allesamt im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten. Alle genannten Gutachter sind zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Kläger im Rahmen des Unfallereignisses am 13.07.2007 lediglich eine Distorsionsverletzung am linken Knie zugezogen hat. Die genannte Verletzung hat zu einer horizontalen Rissbildung im Innenmeniskus-Hinterhornbereich sowie zu einer zweitgradigen Läsion des Ligamentum collaterale mediale geführt. Auch Ärztin L. und Arzt S. diagnostizierten zeitnah (am 23.07.2007) nur eine Kniebandinnenzerrung links.
Eine traumatische Verletzung des hinteren Kreuzbandes kann hingegen nicht als unfallbedingt festgestellt werden. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. W. vom 09.03.2009, wobei zu diesem Ergebnis auch Dr. B. und Dr. S. in ihren bereits genannten Gutachten gelangten. Diese Einschätzung hält der Senat auch für schlüssig und überzeugend. Denn die Insuffizienz des hinteren linken Kreuzbandes ist auf ein weit zurückliegendes Trauma zurückzuführen. Dies haben Prof. Dr. C. (radiologisches Zusatzgutachten vom 08.12.2008) und Prof. Dr. W. (Gutachten vom 09.02.2009) unter Auswertung der MRT vom 06.09.2007 und 15.04.2008 nachvollziehbar dargelegt. Erkennbar war bei der kernspintomographischen Untersuchung vom 06.09.2007 eine Läsion des Innenmeniskus im Hinterhornbereich links. Eine frische Verletzung des hinteren Kreuzbandes konnte nicht festgestellt werden. Dr. S. hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass der vom Kläger ihm gegenüber geschilderte und vom Senat festgestellte Unfallhergang auch nicht für eine massive Traumatisierung des linken Kniegelenks spricht. Im Übrigen hat der Kläger seine Tätigkeit nicht eingestellt und suchte seine Hausärztin L. erst am 23.07.2007 auf. Auch insofern liegen keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine massive Traumatisierung des linken Kniegelenks durch das Unfallereignis vom 13.07.2007 vor.
An diesem Ergebnis ändert auch die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegte Bescheinigung seiner Hausärztin L. vom 29.11.2010 nichts, wonach sich der Kläger bei ihr seit dem 07.03.1991 in hausärztlicher Behandlung befinde und keine orthopädischen bzw. radiologischen Befunde aufgrund einer Knieerkrankung bis zum Arbeitsunfall vom 13.07.2007 vorlägen. Denn es ist davon auszugehen, dass eine möglicherweise bis zum Unfallereignis kompensierte Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes erst durch das Unfallereignis manifest geworden ist. Der Senat stützt sich hierbei auf die auch insoweit überzeugende Einschätzung des Dr. S ...
Die Distorsion des linken Knies im Rahmen des Unfallereignisses am 13.07.2007 hat zu keiner über die 26. Woche hinausgehenden MdE geführt. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfall- bzw. Berufskrankheitsfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Urteil vom 05.09.2006, - B 2 U 25/05 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe besteht im Hinblick auf das Unfallereignis vom 13.07.2007 keine über die 26. Woche hinausgehende MdE von mindestens 10 v. H ... Der Senat stützt sich auch hierbei auf die bereits genannten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 und 09.03.2009, des Prof. Dr. C. vom 08.12.2008, des Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 und des Dr. S. vom 10.01.2012. Abweichende medizinische Einschätzungen bestehen nicht, sodass der Senat den Klägereinwand, wonach die Gutachter "allesamt zu anderen Theorien und damit zu anderen Ergebnissen" kämen, nicht teilen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 13.07.2007 streitig.
Der 1951 geborene und als Kraftfahrer tätige Kläger bezieht aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 02.03.2005, der zu einer Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit rechts und zu einer Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks und der Beuge-Streckfähigkeit der Finger rechts mit inkomplettem Faustschluss geführt hat, eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.; Anerkenntnis der Beklagten vom 05.11.2009 in dem Verfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn [SG] S 7 U 1370/08).
Am 13.07.2007 stieg er aus seinem Lastkraftwagen (Lkw) aus und verdrehte sich bei einer Ausstiegshöhe von 50 cm das linke Knie, als er auf unebenem Boden auftrat. Es kam hierbei zu einem Riss des Innenmeniskus des linken Kniegelenkes und zu einer Innenbandzerrung links. Der Kläger arbeitete zunächst weiter und stellte sich am 23.07.2007 bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vor, die eine Kniebandinnenzerrung links diangostizierte und den Kläger an den Durchgangsarzt S. verwies. Dieser diagnostizierte ebenfalls eine Kniebandinnenzerrung links und versorgte den Kläger mit einem elastischen Salbenverband. Als Röntgenergebnis hielt er am linken Kniegelenk fest, dass keine knöcherne Verletzung bestehe und sich ein Stieda-Pellegrini-Schatten nach alter Innenbandverletzung bei sonst glatt begrenzten Gelenkflächen gezeigt habe. Am 20.08.2007 suchte der Kläger die Durchgangsärzte Dres. R. und K. auf, die angaben, das Röntgenergebnis habe am linken Knie ebenfalls keine Zeichen für eine knöcherne Verletzung ergeben und die Kniegelenkskonturen seien bei straffer Bandführung unauffällig gewesen. Der Kläger sei voraussichtlich in einer Woche wieder arbeitsfähig. Eine weitere Behandlung fand am 06.09.2007 statt, bei der Dres. R. und K. weiterhin eine schmerzhafte Streckhemmung des linken Kniegelenks mit leichtem nicht punktionsbedürftigem Erguss sowie Zeichen für eine Einklemmung des vorderen Horns vom Innenmeniskus feststellten. Das von ihnen veranlasste MRT vom 06.09.2012 ergab ein ausgeprägtes Markraumödem und zarte Rissbildungen im Bereich des Innenmeniskus. Disloziierte Meniskusanteile waren nicht abzugrenzen. Vom 17.10. bis 22.10.2007 wurde der Kläger in der orthopädischen Klinik Markgröningen stationär behandelt (arthroskopische hintere Kreuzbandersatzplastik und Innenmeniskuslappenrissresektion). Am 09.11.2007 wurde durch den Arbeitgeber der Unfall vom 13.07.2007 bei der Beklagten angezeigt.
Vom 27.03. bis 16.04.2008 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der BG-Unfallklinik T ... Das eingeholte MRT vom 15.4.2008 zeigte ein intaktes vorderes Kreuzband mit strukturintakter hinterer Kreuzbandersatzplastik. Am 20.06.2008 erfolgte dort stationär eine retrograde Anbohrung des rechten Kniegelenks.
In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 gab dieser an, das vom Kläger gezeigte groteske Gangbild lasse sich medizinisch nicht objektivieren. Ein radiologisches Gutachten werde angeregt. Der Radiologe Prof. Dr. C. kam in dem radiologischen Zusatzgutachten vom 08.12.2008 zu der Einschätzung, bei der Distension/Partialruptur des hinteren Kreuzbandes handele es sich um ein lange zurückliegendes Geschehen. Eine unfallbedingte frische Ruptur des hinteren linken Kreuzbandes erscheine höchst unwahrscheinlich. In seinem zusammenfassenden Gutachten vom 09.03.2009 gelangte Prof. Dr. Weise zu der Auffassung, dass keine unfallbedingte MdE bestehe. Wesentliche Unfallfolgen lägen nicht mehr vor.
Mit Bescheid vom 02.04.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen des Unfalls vom 13.07.2007 ab. Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch lägen nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert sei. Als gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden anerkannt: operativ behandelter, folgenlos ausgeheilter Riss des Innenmeniskus am linken Kniegelenk sowie folgenlos ausgeheilte Innenbandzerrung nach Zerrung des linken Kniegelenks. Die Gangstörung beider Beine, die Schädigung des hinteren Kreuzbandes und des Außenbandes am linken Knie, der Morbus Ahlbäck am rechten Knie und der Speichentrümmerbruch rechts seien nicht Folge des Arbeitsunfalls. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2009 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18.11.2009 Klage beim SG erhoben (Az.: S 6 U 4091/09) und im Wesentlichen geltend gemacht, er leide seit dem Unfall vom 13.07.2007 an einer Gehbehinderung und Schmerzen, die ihm jedwede freie Bewegung unmöglich machten. Zur weiteren Begründung hat er die Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vom 29.11.2010 vorgelegt, wonach er sich bei ihr seit dem 07.03.1991 in hausärztlicher Behandlung befinde. Es lägen keine orthopädischen bzw. radiologischen Befunde aufgrund einer Knieerkrankung bis zum Arbeitsunfall vom 13.07.2007 vor.
Das SG hat zunächst Röntgen- und CT-Bilder beigezogen und dann das Gutachten des Unfallchirurgen Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 eingeholt. Die Kniegelenksbeweglichkeit hat er wie folgt angegeben: links 0-0-70 Grad und rechts 0-0-120 Grad. Die festgestellten Änderungen am linken Knie könnten nicht als unfallbedingt angesehen werden. Eine möglicherweise bis zum Unfallereignis kompensierte Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes sei erst durch das Unfallereignis manifest geworden. Die Unfallfolgen vom 13.07.2007 bedingten einen Grad der MdE von unter 10 v. H ... Dem Gutachten des Prof. Dr. W. vom 09.03.2009 sei zuzustimmen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. S. vom 10.01.2012 eingeholt. Die aktive Beweglichkeit im Bereich des linken Knies habe 0-0-85 Grad betragen. Hinsichtlich des linken Knies könne ein Vorschaden nicht angenommen werden. Zu beachten sei, dass es bei dem Unfall am 13.07.2007 nicht zu einem Sturz gekommen sei. Auch sei die Arbeit danach nicht eingestellt worden, sodass ein verletzungskonformer Erstbefund oder ein verletzungskonformer Verlauf nicht vorliege. Ein schwerer Kniebinnenschaden, insbesondere unter Beteiligung des hinteren Kreuzbandes hätte zumindest zu einer deutlichen Beschwerdesymptomatik mit zeitnahen Arztbesuchen führen müssen. Der erste nach dem Ereignis erhobene klinische Untersuchungsbefund spreche aufgrund der nicht nachweisbaren Ergussbildung bereits gegen einen schwerwiegenden Kniebinnenschaden. Eine akute Verletzung des hinteren Kreuzbandes als Folge des Ereignisses vom 13.07.2007 könne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die kernspintomographisch nachgewiesenen älteren Veränderungen des Innenbandes und des hinteren Kreuzbandes hätten die Bedeutung einer Schadensanlage. Diese Schadensanlage habe die operative Behandlung vom 18.10.2007 veranlasst. Als Unfallfolge sei es zu einer Distorsion des linken Knies gekommen, die jedoch eine MdE über die 26. Woche hinaus nicht bedinge.
Mit Urteil vom 19.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, es schließe sich dem Gutachten des Dr. B. an, der zu dem gleichen Ergebnis wie Prof. Dr. C. gelangt sei. Diese Einschätzung teile schließlich auch Dr. S ... Demnach sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers infolge des Unfalls nicht um 20 v. H. gemindert. Aus dem Riss des Innenmeniskus und dem Ödem resultierten keine Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten seien. Die Bandverletzungen seien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Daher sei der Nachweis der Ursächlichkeit des Unfalls nicht geführt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07.05.2012 zugestellte Urteil hat dieser am 31.05.2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Gutachter kämen allesamt zu anderen Theorien und damit zu anderen Ergebnissen. Keines der Gutachten könne letztendlich klären, woher die gesundheitlichen Beschwerden und Leiden herrührten. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass er vor dem Arbeitsunfall am 13.07.2007 vollkommen beschwerdefrei gewesen sei. Die Beschwerden seien erst unmittelbar nach dem Arbeitsunfall aufgetreten und damit habe auch sein Leidensweg begonnen. Aus den ärztlichen Unterlagen vor dem Unfall könne nicht entnommen werden, dass Beschwerden am Knie vorgelegen hätten. Diese Tatsache könnten auch seine ehemaligen Kollegen bezeugen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 zu verurteilen, ihm ab dem 03.12.2007 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweise n.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 13.07.2007 eine Verletztenrente zu gewähren.
Gemäß § 26 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld [§ 45 SGB VI] und Rente [§ 56 SGB VII]). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Bei dem Unfall des Klägers am 13.07.2007 handelt es sich um einen Arbeitsunfall in diesem Sinne, denn er stieg am genannten Tag im Rahmen seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer aus seinem Lkw aus und verdrehte sich bei einer Ausstiegshöhe von 50 cm das linke Knie, als er auf unebenem Boden auftrat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis im Bescheid 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2009 selbst als Versicherungsfall bezeichnet und es damit als Arbeitsunfall angesehen. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsschäden im Bereich des linken Knies Unfallfolgen sind (haftungsausfüllende Kausalität) und ob hierdurch eine MdE um mindestens 20 v. H. eingetreten ist.
Der Senat vermag indessen nicht festzustellen, dass die nach dem genannten Arbeitsunfall vom Kläger geklagten Bewegungseinschränkungen im Bereich des linken Knies ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte - konkrete und klar definierte (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O) - Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann der Senat vorliegend nicht feststellen, dass eine etwaige Verletzung des hinteren Kreuzbandes am linken Knie, das allein die vom Kläger geklagten Bewegungseinschränkungen rechtfertigen könnte, auf das Unfallereignis vom 13.07.2007 zurückzuführen ist. Der Senat stützt sich hierbei auf die im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 und 09.03.2009, des Prof. Dr. C. vom 08.12.2008, des Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 und des Dr. S. vom 10.01.2012, die allesamt im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten. Alle genannten Gutachter sind zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Kläger im Rahmen des Unfallereignisses am 13.07.2007 lediglich eine Distorsionsverletzung am linken Knie zugezogen hat. Die genannte Verletzung hat zu einer horizontalen Rissbildung im Innenmeniskus-Hinterhornbereich sowie zu einer zweitgradigen Läsion des Ligamentum collaterale mediale geführt. Auch Ärztin L. und Arzt S. diagnostizierten zeitnah (am 23.07.2007) nur eine Kniebandinnenzerrung links.
Eine traumatische Verletzung des hinteren Kreuzbandes kann hingegen nicht als unfallbedingt festgestellt werden. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. W. vom 09.03.2009, wobei zu diesem Ergebnis auch Dr. B. und Dr. S. in ihren bereits genannten Gutachten gelangten. Diese Einschätzung hält der Senat auch für schlüssig und überzeugend. Denn die Insuffizienz des hinteren linken Kreuzbandes ist auf ein weit zurückliegendes Trauma zurückzuführen. Dies haben Prof. Dr. C. (radiologisches Zusatzgutachten vom 08.12.2008) und Prof. Dr. W. (Gutachten vom 09.02.2009) unter Auswertung der MRT vom 06.09.2007 und 15.04.2008 nachvollziehbar dargelegt. Erkennbar war bei der kernspintomographischen Untersuchung vom 06.09.2007 eine Läsion des Innenmeniskus im Hinterhornbereich links. Eine frische Verletzung des hinteren Kreuzbandes konnte nicht festgestellt werden. Dr. S. hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass der vom Kläger ihm gegenüber geschilderte und vom Senat festgestellte Unfallhergang auch nicht für eine massive Traumatisierung des linken Kniegelenks spricht. Im Übrigen hat der Kläger seine Tätigkeit nicht eingestellt und suchte seine Hausärztin L. erst am 23.07.2007 auf. Auch insofern liegen keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine massive Traumatisierung des linken Kniegelenks durch das Unfallereignis vom 13.07.2007 vor.
An diesem Ergebnis ändert auch die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegte Bescheinigung seiner Hausärztin L. vom 29.11.2010 nichts, wonach sich der Kläger bei ihr seit dem 07.03.1991 in hausärztlicher Behandlung befinde und keine orthopädischen bzw. radiologischen Befunde aufgrund einer Knieerkrankung bis zum Arbeitsunfall vom 13.07.2007 vorlägen. Denn es ist davon auszugehen, dass eine möglicherweise bis zum Unfallereignis kompensierte Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes erst durch das Unfallereignis manifest geworden ist. Der Senat stützt sich hierbei auf die auch insoweit überzeugende Einschätzung des Dr. S ...
Die Distorsion des linken Knies im Rahmen des Unfallereignisses am 13.07.2007 hat zu keiner über die 26. Woche hinausgehenden MdE geführt. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfall- bzw. Berufskrankheitsfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Urteil vom 05.09.2006, - B 2 U 25/05 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe besteht im Hinblick auf das Unfallereignis vom 13.07.2007 keine über die 26. Woche hinausgehende MdE von mindestens 10 v. H ... Der Senat stützt sich auch hierbei auf die bereits genannten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 20.11.2008 und 09.03.2009, des Prof. Dr. C. vom 08.12.2008, des Dr. B. vom 29.06.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20.10.2010 und 24.02.2011 und des Dr. S. vom 10.01.2012. Abweichende medizinische Einschätzungen bestehen nicht, sodass der Senat den Klägereinwand, wonach die Gutachter "allesamt zu anderen Theorien und damit zu anderen Ergebnissen" kämen, nicht teilen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved