Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3830/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3846/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.08.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war ab 1969 als ungelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2000 ist er arbeitslos und teilweise versicherungsfrei geringfügig beschäftigt.
Nach bereits erfolglos durchgeführten Rentenverfahren (Rentenantrag vom 20.09.2004, Ablehnungsbescheid vom 11.10.2004, Widerspruchsbescheid vom 08.12.2004; Rentenantrag vom 14.04.2008, Ablehnungsbescheid vom 09.07.2008, ablehnender Überprüfungsbescheid vom 11.12.2008) beantragte der Kläger am 03.12.2009 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach Beiziehung ärztlicher Berichte ließ die Beklagte den Kläger fachärztlich begutachten. In dem Gutachten des sozialmedizinischen Zentrums in K. vom 26.02.2010 stellte der Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. ein Lumbalsyndrom, eine Funktionsstörung des linken Schultergelenks nach Abriss und offener Refixation der Rotatorenmanschette im Dezember 2002 und Restbeschwerden am linken Kniegelenk nach Knieoperation 1994 fest, woraus er nur qualitative Leistungseinschränkungen ableitete. Der Nervenarzt Dr. B. leitete aus den Befunden einer ausreichend kontrollierten funktionellen Schlafstörung, Adipositas, Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden ohne Anhalt für assoziierte neurologische Komplikationen oder radikuläre Ausfälle, blande beginnender diabetischer Polyneuropathie und leicht akzentuierte Persönlichkeitszüge ohne eigenständigen Krankheitswert den Ausschluss von Nacht- oder Wechselschicht, von Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten ab. Arzt für Innere Medizin Dr. M. teilte eine coronare Herzkrankheit mit Zustand nach 2-fach-Bypassoperation 2004 ohne Hinweise auf akute Durchblutungsstörungen des Herzens und mit guter systolischer Herzfunktion, unzureichend eingestellter Blutzucker, Bluthochdruck, Übergewicht und Stoffwechselstörung mit, die einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit von sechs Stunden oder mehr täglich nicht entgegenstünden.
Mit Bescheid vom 04.03.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf der Grundlage dieses Ermittlungsergebnisses ab.
Der Widerspruch des Klägers vom 22.03.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keinen Berufsschutz genieße.
Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 14.09.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, er sei wegen seiner Erkrankungen nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich zu arbeiten. Es wurde ein vorläufiger Entlassbericht des Krankenhauses M. vom 28.01.2011 sowie ein Verlegungsbericht des Krankenhauses M. vom 26.01.2011 in Kopie vorgelegt. In dem Verlegungsbericht vom 26.01.2011 wird eine akute nekrotisierende Appendicitis mit perityphlitischem Abszess mit diffuser Peritonitis diagnostiziert. Es habe sich kein Hinweis auf eine eosinophile, lymphozytäre oder kollagene Kolitis, eine Colitis ulcerosa, einen Morbus Crohn oder einen malignen Tumor ergeben. Aus dem vorläufigen Entlassbericht vom 28.01.2011 ergibt sich, dass am 27.01.2011 ein umschriebenes Ulcus bulbusspitzenwärts Bulbusboden diagnostiziert wurde, sauber fibrinbelegt mit einer deutlichen Abheilungstendenz. Magenerosionen bzw. kleine Ulcera im Antrum waren abgeheilt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.08.2011 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfülle, weil er zumindest noch leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne und auch keinen besonderen Berufsschutz genieße. Hierauf verweise das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Soweit der Kläger zur Begründung seiner Klage vortrage, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich seit Erstellung des Widerspruchsbescheids verschlechtert, habe er nicht vorgetragen, worin die Verschlechterung bestehen solle und welche neuen Befunde sich hieraus ergäben bzw. ob ein Arzt überhaupt neue Befunde erhoben habe. Der von ihm vorgelegte Bericht über eine stationäre Behandlung vom 13.01.2011 bis 28.01.2011 wegen einer akuten nekrotisierenden Appendicitis enthalte keine neuen Befunde, die auf eine Leistungsminderung auf Dauer hindeuteten, sondern allenfalls eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bedingten. Der intra- und postoperative Verlauf hinsichtlich der Appendektomie vom 13.01.2011 sei nach dem vorgelegten Bericht unauffällig gewesen, ebenso der histologische Befund des entnommenen Gewebes. Entsprechendes gelte für die im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes erhobene leichte chronisch-aktive Corpusgastritis. Auch soweit der Kläger vortrage, er sei an einer mittelgradigen Depression erkrankt, seien keine neuen Befunde vorgetragen, die eine vom Gutachten des Dr. B. abweichende Beurteilung rechtfertigten, weswegen keine weiteren Ermittlungen angezeigt gewesen seien.
Gegen dieses ihm am 29.08.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.09.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, ihm sei im angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.08.2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Unrecht versagt worden. Tatsächlich habe sich sein Gesundheitszustand seit seinem Erstantrag immer weiter verschlechtert. Er sei nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich zu arbeiten. Es wurden erneut der vorläufige Entlassbericht des Krankenhauses M. vom 28.01.2011 sowie der Verlegungsbericht des Krankenhauses M. vom 26.01.2011 in Kopie vorgelegt. Darüber hinaus wird geltend gemacht, die Depressionen seien wesentlich schwerer geworden als sie es zum Zeitpunkt der Antragstellung gewesen wären. Ein entsprechendes Attest des Nervenarztes Dr. G. werde nachgereicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.08.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig. Sie hat eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. M. vom 02.12.2011 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass aus einer akuten Blinddarmentzündung und einem anschließenden Magengeschwür mit Blutung keine überdauernden quantitativen Leistungseinschränkungen resultierten. Ansonsten seien im Klageverfahren keine neuen medizinischen Gesichtspunkte gegenüber der ausführlichen Begutachtung festgestellt worden. Auch die schwere depressive Störung, die von Dr. G. wohl seit langem vorbeschrieben werde, lasse sich nicht untermauern.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. Sch., Internist, Betriebsmedizin, Sozialmedizin vom 03.05.2012. Dieser hat aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 29.03.2012 folgende Diagnose erhoben:
1. Koronare Herzkrankheit mit Hinweisen für beginnenden Herzmuskelschaden nach Herzinfarkt und zweifacher Bypassoperation 2004 2. Essentielle Hypertonie 3. Metabolisches Syndrom und minimale Polyneuropathie bei derzeit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus und Adipositas. Steatosis hepatis 5. Geringgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks nach Operation einer traumatisch verursachten Ruptur der Rotatorenmanschette 2003 6. Obstruktives Schlafapnoesyndrom 7. Anamnestisch depressive Episoden
Auf dieser Grundlage ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten könne, wenn sie nicht mit Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Nachtschicht, besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und besonderer Selbst- oder Fremdgefährdung (Fahr- und Steuertätigkeiten, Absturzgefahr, Arbeit an ungeschützt laufenden Maschinen etc.) verbunden seien.
Der Kläger ist dieser Beurteilung entgegengetreten und hat weiter geltend gemacht, die Diagnosen koronare Herzkrankheit mit Hinweisen für beginnenden Herzmuskelschaden nach Herzinfarkt und zweifacher Bypassoperation 2004, essentielle Hypertonie, metabolisches Syndrom und minimale Polyneuropathie bei derzeit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus und Adipositas, steatosis hepatis, geringgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks nach Operation einer traumatisch verursachten Ruptur der Rotatorenmanschette 2003 ließen keine leichten Tätigkeiten mehr als drei Stunden täglich zu. Zu einer höher frequentierten Arbeitstätigkeit sei er nicht mehr in der Lage.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Verfügung vom 04.06.2012 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, da er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig ist.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1). Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Danach ist der Kläger weder voll- noch teilerwerbsgemindert, weil er nach Überzeugung des Senats noch sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen in der Woche unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann. Der Senat stützt sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr Sch., der die medizinischen Beurteilungen im Verwaltungsverfahren aktuell noch einmal sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch im Bezug auf das hieraus folgende Leistungsvermögen überzeugend bestätigt hat. Dieser hat zu den somatischen Beeinträchtigungen ausgeführt, die schon seit Jahren bestehende koronare Herzerkrankung, die beim Kläger in 2004 zu einem Herzinfarkt geführt und eine Bypassoperation erforderlich gemacht habe, bedinge aktuell keine relevante quantitative Leistungsminderung. Das Belastungs-EKG habe wegen muskulärer Ermüdung - ohne jegliche Herzbeschwerden oder pathologische EKG-Veränderungen - auf niedriger Stufe beendet werden müssen. Auch laborchemisch (BNP) hätten sich allenfalls minimale Hinweise auf eine beginnende Herzmuskelschädigung gefunden. Die Parameter für die Sauerstoffsättigung im Blut seien während der Belastung, ebenso wie das Blutdruckverhalten völlig normal gewesen. Auch die derzeit nicht insulinpflichtige Diabeteserkrankung - obwohl bei einem HbA1 c von über 9% schlecht eingestellt, wobei das Hauptproblem angesichts eines BMI von 35 kg/cm² die Disziplin bei der Kalorienzufuhr sei - schränke die Leistungsfähigkeit nicht ein, da bisher noch nie Episoden von Unterzuckerung berichtet worden seien. Die bei der Ultraschalluntersuchung festgestellte Fettleber wirke sich nicht funktional aus. Die durch die diabetische Grunderkrankung bedingte leichtgradige Polyneuropathie (generalisierte Nervenschädigung) führe derzeit nicht zu klinischer Symptomatik. Da hier jedoch auch die Tiefensensibilität betroffen sein könne, die für die Feinmotorik des Bewegungsapparates wichtig sei, müssten Tätigkeiten mit Sturz- oder Absturzgefahr (z.B. Höhenarbeit, auf Treppen, Leitern oder Gerüsten) unterbleiben. Die nach einem Autounfall erforderlich gewordene Operation der linken Schulter in 2003 habe zur Folge, dass Tätigkeiten mit einseitiger Beanspruchung des linken Armes oder Überkopfarbeit unterbleiben müssten. Die durch das Schlafapnoesyndrom verursachten Schlafstörungen bedingten die Vermeidung von Nachtschichttätigkeit, außerdem müssten - wegen der Möglichkeit des "Sekundenschlafs" am Tage - auch Tätigkeiten mit Absturzgefahr sowie Fahr-‚ Steuer- und Überwachungstätigkeiten, also alle Tätigkeiten mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung unterbleiben. Eine besondere Pausenregelung sei nicht erforderlich. Es ist schlüssig, wenn der Sachverständige auf der Grundlage dieser überzeugenden, mit den im Verwaltungsverfahren erhobenen im Wesentlichen übereinstimmenden Befunde leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten - unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen - für sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche für möglich hält.
Ebenso überzeugend hat der Sachverständige die Vorbegutachtung hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigung bestätigt und hierzu ausgeführt, bei insgesamt deutlicher Unzufriedenheit mit dem Leben und nachvollziehbaren finanziellen Sorgen sei keine schwerwiegende emotionale Beeinträchtigung fassbar oder aus den berichteten Alltagsaktivitäten abzuleiten gewesen. Auch sprächen die Laborbefunde gegen eine regelmäßige Einnahme der nervenärztlich verordneten antidepressiven Medikamente. Eine intensivere leitliniengerechte psychotherapeutische Behandlung habe bisher nicht stattgefunden. Insofern werde nicht von einer relevant leistungsmindernden depressiven Störung ausgegangen und eine spezielle Begutachtung auf diesem Fachgebiet für entbehrlich gehalten. Auch dies ist für den Senat überzeugend und schlüssig. Der Kläger selbst hat angegeben, lediglich einmal pro Quartal zu Dr. G. zu gehen, was – neben dem fehlenden Nachweis der Medikamenteneinnahme - gegen einen schweren Befund spricht, für den es auch in der Untersuchung keine Hinweise gab. Der Sachverständige hat hierzu mitgeteilt, dass der Kläger pünktlich zur Untersuchung, an Körper und Kleidung ordentlich und gepflegt, unauffällig zurecht gemacht, erschienen sei. Präsenz bzw. Vigilanz seien im gesamten Gesprächsverlauf ohne Einschränkungen, die Psychomotorik im normalen Rahmen, die mimische Begleitung des Gesprächs adäquat und die Orientierung in allen Qualitäten uneingeschränkt vorhanden gewesen. Das Denken sei formal geordnet und unauffällig sowie inhaltlich ohne Hinweise auf wahnhafte oder zwanghafte Denkinhalte, die Gedächtnisleistungen im normalen Bereich, ohne Hinweise auf Störungen der Merkfähigkeit bzw. des Kurz- oder Langzeitgedächtnisses sowie das Konzentrationsvermögen und die Ausdauer im normalen Bereich gewesen. Der Rapport sei ohne Probleme gelungen. Der Kläger sei freundlich zugewandt mit vorhandener Schwingungsfähigkeit und ausgeglichener Stimmungslage ohne Zeichen für höherwertige emotionale Störungen gewesen.
Der Senat geht insoweit davon aus, dass der Kläger jedenfalls leichte körperliche Arbeiten ohne Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Nachtschicht, besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und besonderer Selbst- oder Fremdgefährdung (Fahr- und Steuertätigkeiten, Absturzgefahr, Arbeiten an ungeschützt laufenden Maschinen etc.) noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese qualitativen Einschränkungen begründen nicht die Notwendigkeit der Benennung einer Verweisungstätigkeit. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 sowie Entscheidungen des BSG vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17, vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R -, vom 25. März 1998 - B 5 RJ 46/97 R - und vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R - SozR 3-2600 § 44 Nr. 12 jeweils veröffentlicht in Juris). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage des Vorliegens voller Erwerbsminderung, führt dies hier zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Bei dem Kläger lag weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die sein Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Einer Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht.
Der Kläger, der im Besitz eines Führerscheins und eines Pkw ist, ist auch nicht in der Wegefähigkeit eingeschränkt und benötigt keine betriebsunüblichen Pausen.
Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor; der Kläger ist nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier entsprechend der zu § 43 SGB VI a.F. entwickelten Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das Bundessozialgericht hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.) ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Ferner ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
Der Kläger war zuletzt als ungelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Er kann damit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war ab 1969 als ungelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2000 ist er arbeitslos und teilweise versicherungsfrei geringfügig beschäftigt.
Nach bereits erfolglos durchgeführten Rentenverfahren (Rentenantrag vom 20.09.2004, Ablehnungsbescheid vom 11.10.2004, Widerspruchsbescheid vom 08.12.2004; Rentenantrag vom 14.04.2008, Ablehnungsbescheid vom 09.07.2008, ablehnender Überprüfungsbescheid vom 11.12.2008) beantragte der Kläger am 03.12.2009 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach Beiziehung ärztlicher Berichte ließ die Beklagte den Kläger fachärztlich begutachten. In dem Gutachten des sozialmedizinischen Zentrums in K. vom 26.02.2010 stellte der Facharzt für Orthopädie Dr. Sch. ein Lumbalsyndrom, eine Funktionsstörung des linken Schultergelenks nach Abriss und offener Refixation der Rotatorenmanschette im Dezember 2002 und Restbeschwerden am linken Kniegelenk nach Knieoperation 1994 fest, woraus er nur qualitative Leistungseinschränkungen ableitete. Der Nervenarzt Dr. B. leitete aus den Befunden einer ausreichend kontrollierten funktionellen Schlafstörung, Adipositas, Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden ohne Anhalt für assoziierte neurologische Komplikationen oder radikuläre Ausfälle, blande beginnender diabetischer Polyneuropathie und leicht akzentuierte Persönlichkeitszüge ohne eigenständigen Krankheitswert den Ausschluss von Nacht- oder Wechselschicht, von Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten ab. Arzt für Innere Medizin Dr. M. teilte eine coronare Herzkrankheit mit Zustand nach 2-fach-Bypassoperation 2004 ohne Hinweise auf akute Durchblutungsstörungen des Herzens und mit guter systolischer Herzfunktion, unzureichend eingestellter Blutzucker, Bluthochdruck, Übergewicht und Stoffwechselstörung mit, die einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit von sechs Stunden oder mehr täglich nicht entgegenstünden.
Mit Bescheid vom 04.03.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf der Grundlage dieses Ermittlungsergebnisses ab.
Der Widerspruch des Klägers vom 22.03.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keinen Berufsschutz genieße.
Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 14.09.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, er sei wegen seiner Erkrankungen nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich zu arbeiten. Es wurde ein vorläufiger Entlassbericht des Krankenhauses M. vom 28.01.2011 sowie ein Verlegungsbericht des Krankenhauses M. vom 26.01.2011 in Kopie vorgelegt. In dem Verlegungsbericht vom 26.01.2011 wird eine akute nekrotisierende Appendicitis mit perityphlitischem Abszess mit diffuser Peritonitis diagnostiziert. Es habe sich kein Hinweis auf eine eosinophile, lymphozytäre oder kollagene Kolitis, eine Colitis ulcerosa, einen Morbus Crohn oder einen malignen Tumor ergeben. Aus dem vorläufigen Entlassbericht vom 28.01.2011 ergibt sich, dass am 27.01.2011 ein umschriebenes Ulcus bulbusspitzenwärts Bulbusboden diagnostiziert wurde, sauber fibrinbelegt mit einer deutlichen Abheilungstendenz. Magenerosionen bzw. kleine Ulcera im Antrum waren abgeheilt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.08.2011 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid vom 17.08.2010 zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfülle, weil er zumindest noch leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne und auch keinen besonderen Berufsschutz genieße. Hierauf verweise das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Soweit der Kläger zur Begründung seiner Klage vortrage, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich seit Erstellung des Widerspruchsbescheids verschlechtert, habe er nicht vorgetragen, worin die Verschlechterung bestehen solle und welche neuen Befunde sich hieraus ergäben bzw. ob ein Arzt überhaupt neue Befunde erhoben habe. Der von ihm vorgelegte Bericht über eine stationäre Behandlung vom 13.01.2011 bis 28.01.2011 wegen einer akuten nekrotisierenden Appendicitis enthalte keine neuen Befunde, die auf eine Leistungsminderung auf Dauer hindeuteten, sondern allenfalls eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bedingten. Der intra- und postoperative Verlauf hinsichtlich der Appendektomie vom 13.01.2011 sei nach dem vorgelegten Bericht unauffällig gewesen, ebenso der histologische Befund des entnommenen Gewebes. Entsprechendes gelte für die im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes erhobene leichte chronisch-aktive Corpusgastritis. Auch soweit der Kläger vortrage, er sei an einer mittelgradigen Depression erkrankt, seien keine neuen Befunde vorgetragen, die eine vom Gutachten des Dr. B. abweichende Beurteilung rechtfertigten, weswegen keine weiteren Ermittlungen angezeigt gewesen seien.
Gegen dieses ihm am 29.08.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.09.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, ihm sei im angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.08.2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Unrecht versagt worden. Tatsächlich habe sich sein Gesundheitszustand seit seinem Erstantrag immer weiter verschlechtert. Er sei nicht mehr in der Lage, drei Stunden täglich zu arbeiten. Es wurden erneut der vorläufige Entlassbericht des Krankenhauses M. vom 28.01.2011 sowie der Verlegungsbericht des Krankenhauses M. vom 26.01.2011 in Kopie vorgelegt. Darüber hinaus wird geltend gemacht, die Depressionen seien wesentlich schwerer geworden als sie es zum Zeitpunkt der Antragstellung gewesen wären. Ein entsprechendes Attest des Nervenarztes Dr. G. werde nachgereicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.08.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 04.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig. Sie hat eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. M. vom 02.12.2011 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass aus einer akuten Blinddarmentzündung und einem anschließenden Magengeschwür mit Blutung keine überdauernden quantitativen Leistungseinschränkungen resultierten. Ansonsten seien im Klageverfahren keine neuen medizinischen Gesichtspunkte gegenüber der ausführlichen Begutachtung festgestellt worden. Auch die schwere depressive Störung, die von Dr. G. wohl seit langem vorbeschrieben werde, lasse sich nicht untermauern.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. Sch., Internist, Betriebsmedizin, Sozialmedizin vom 03.05.2012. Dieser hat aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 29.03.2012 folgende Diagnose erhoben:
1. Koronare Herzkrankheit mit Hinweisen für beginnenden Herzmuskelschaden nach Herzinfarkt und zweifacher Bypassoperation 2004 2. Essentielle Hypertonie 3. Metabolisches Syndrom und minimale Polyneuropathie bei derzeit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus und Adipositas. Steatosis hepatis 5. Geringgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks nach Operation einer traumatisch verursachten Ruptur der Rotatorenmanschette 2003 6. Obstruktives Schlafapnoesyndrom 7. Anamnestisch depressive Episoden
Auf dieser Grundlage ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten könne, wenn sie nicht mit Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Nachtschicht, besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und besonderer Selbst- oder Fremdgefährdung (Fahr- und Steuertätigkeiten, Absturzgefahr, Arbeit an ungeschützt laufenden Maschinen etc.) verbunden seien.
Der Kläger ist dieser Beurteilung entgegengetreten und hat weiter geltend gemacht, die Diagnosen koronare Herzkrankheit mit Hinweisen für beginnenden Herzmuskelschaden nach Herzinfarkt und zweifacher Bypassoperation 2004, essentielle Hypertonie, metabolisches Syndrom und minimale Polyneuropathie bei derzeit nicht insulinpflichtigem Diabetes mellitus und Adipositas, steatosis hepatis, geringgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks nach Operation einer traumatisch verursachten Ruptur der Rotatorenmanschette 2003 ließen keine leichten Tätigkeiten mehr als drei Stunden täglich zu. Zu einer höher frequentierten Arbeitstätigkeit sei er nicht mehr in der Lage.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Verfügung vom 04.06.2012 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, da er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig ist.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1). Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Danach ist der Kläger weder voll- noch teilerwerbsgemindert, weil er nach Überzeugung des Senats noch sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen in der Woche unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann. Der Senat stützt sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr Sch., der die medizinischen Beurteilungen im Verwaltungsverfahren aktuell noch einmal sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch im Bezug auf das hieraus folgende Leistungsvermögen überzeugend bestätigt hat. Dieser hat zu den somatischen Beeinträchtigungen ausgeführt, die schon seit Jahren bestehende koronare Herzerkrankung, die beim Kläger in 2004 zu einem Herzinfarkt geführt und eine Bypassoperation erforderlich gemacht habe, bedinge aktuell keine relevante quantitative Leistungsminderung. Das Belastungs-EKG habe wegen muskulärer Ermüdung - ohne jegliche Herzbeschwerden oder pathologische EKG-Veränderungen - auf niedriger Stufe beendet werden müssen. Auch laborchemisch (BNP) hätten sich allenfalls minimale Hinweise auf eine beginnende Herzmuskelschädigung gefunden. Die Parameter für die Sauerstoffsättigung im Blut seien während der Belastung, ebenso wie das Blutdruckverhalten völlig normal gewesen. Auch die derzeit nicht insulinpflichtige Diabeteserkrankung - obwohl bei einem HbA1 c von über 9% schlecht eingestellt, wobei das Hauptproblem angesichts eines BMI von 35 kg/cm² die Disziplin bei der Kalorienzufuhr sei - schränke die Leistungsfähigkeit nicht ein, da bisher noch nie Episoden von Unterzuckerung berichtet worden seien. Die bei der Ultraschalluntersuchung festgestellte Fettleber wirke sich nicht funktional aus. Die durch die diabetische Grunderkrankung bedingte leichtgradige Polyneuropathie (generalisierte Nervenschädigung) führe derzeit nicht zu klinischer Symptomatik. Da hier jedoch auch die Tiefensensibilität betroffen sein könne, die für die Feinmotorik des Bewegungsapparates wichtig sei, müssten Tätigkeiten mit Sturz- oder Absturzgefahr (z.B. Höhenarbeit, auf Treppen, Leitern oder Gerüsten) unterbleiben. Die nach einem Autounfall erforderlich gewordene Operation der linken Schulter in 2003 habe zur Folge, dass Tätigkeiten mit einseitiger Beanspruchung des linken Armes oder Überkopfarbeit unterbleiben müssten. Die durch das Schlafapnoesyndrom verursachten Schlafstörungen bedingten die Vermeidung von Nachtschichttätigkeit, außerdem müssten - wegen der Möglichkeit des "Sekundenschlafs" am Tage - auch Tätigkeiten mit Absturzgefahr sowie Fahr-‚ Steuer- und Überwachungstätigkeiten, also alle Tätigkeiten mit erhöhter Selbst- oder Fremdgefährdung unterbleiben. Eine besondere Pausenregelung sei nicht erforderlich. Es ist schlüssig, wenn der Sachverständige auf der Grundlage dieser überzeugenden, mit den im Verwaltungsverfahren erhobenen im Wesentlichen übereinstimmenden Befunde leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten - unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen - für sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche für möglich hält.
Ebenso überzeugend hat der Sachverständige die Vorbegutachtung hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigung bestätigt und hierzu ausgeführt, bei insgesamt deutlicher Unzufriedenheit mit dem Leben und nachvollziehbaren finanziellen Sorgen sei keine schwerwiegende emotionale Beeinträchtigung fassbar oder aus den berichteten Alltagsaktivitäten abzuleiten gewesen. Auch sprächen die Laborbefunde gegen eine regelmäßige Einnahme der nervenärztlich verordneten antidepressiven Medikamente. Eine intensivere leitliniengerechte psychotherapeutische Behandlung habe bisher nicht stattgefunden. Insofern werde nicht von einer relevant leistungsmindernden depressiven Störung ausgegangen und eine spezielle Begutachtung auf diesem Fachgebiet für entbehrlich gehalten. Auch dies ist für den Senat überzeugend und schlüssig. Der Kläger selbst hat angegeben, lediglich einmal pro Quartal zu Dr. G. zu gehen, was – neben dem fehlenden Nachweis der Medikamenteneinnahme - gegen einen schweren Befund spricht, für den es auch in der Untersuchung keine Hinweise gab. Der Sachverständige hat hierzu mitgeteilt, dass der Kläger pünktlich zur Untersuchung, an Körper und Kleidung ordentlich und gepflegt, unauffällig zurecht gemacht, erschienen sei. Präsenz bzw. Vigilanz seien im gesamten Gesprächsverlauf ohne Einschränkungen, die Psychomotorik im normalen Rahmen, die mimische Begleitung des Gesprächs adäquat und die Orientierung in allen Qualitäten uneingeschränkt vorhanden gewesen. Das Denken sei formal geordnet und unauffällig sowie inhaltlich ohne Hinweise auf wahnhafte oder zwanghafte Denkinhalte, die Gedächtnisleistungen im normalen Bereich, ohne Hinweise auf Störungen der Merkfähigkeit bzw. des Kurz- oder Langzeitgedächtnisses sowie das Konzentrationsvermögen und die Ausdauer im normalen Bereich gewesen. Der Rapport sei ohne Probleme gelungen. Der Kläger sei freundlich zugewandt mit vorhandener Schwingungsfähigkeit und ausgeglichener Stimmungslage ohne Zeichen für höherwertige emotionale Störungen gewesen.
Der Senat geht insoweit davon aus, dass der Kläger jedenfalls leichte körperliche Arbeiten ohne Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen, Nachtschicht, besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und besonderer Selbst- oder Fremdgefährdung (Fahr- und Steuertätigkeiten, Absturzgefahr, Arbeiten an ungeschützt laufenden Maschinen etc.) noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese qualitativen Einschränkungen begründen nicht die Notwendigkeit der Benennung einer Verweisungstätigkeit. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 sowie Entscheidungen des BSG vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17, vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R -, vom 25. März 1998 - B 5 RJ 46/97 R - und vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R - SozR 3-2600 § 44 Nr. 12 jeweils veröffentlicht in Juris). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage des Vorliegens voller Erwerbsminderung, führt dies hier zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Bei dem Kläger lag weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die sein Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Einer Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht.
Der Kläger, der im Besitz eines Führerscheins und eines Pkw ist, ist auch nicht in der Wegefähigkeit eingeschränkt und benötigt keine betriebsunüblichen Pausen.
Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor; der Kläger ist nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier entsprechend der zu § 43 SGB VI a.F. entwickelten Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das Bundessozialgericht hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.) ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Ferner ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
Der Kläger war zuletzt als ungelernter Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Er kann damit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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