L 5 KA 5778/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 8782/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5778/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 197.301,73 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Berichtigung der Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007 wegen Überschreitens der Punktzahlobergrenze aus der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin sowie die Rückforderung von insgesamt 197.301,73 EUR.

Der Kläger ist ein Medizinisches Versorgungszentrum in E.-N., das aus einer Gemeinschaftspraxis hervorgegangen ist.

Mit Bescheid vom 21.11.2003 genehmigte der Zulassungsausschuss für Ärzte im Zulassungsbezirk N. die Zulassung von Dr. K. Sch., Praktische Ärztin, zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen eines Jobsharings und die gemeinschaftliche Praxis mit den bereits niedergelassenen Ärzten, Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. R: und hausärztliche Internistin Dr. A. Sch., ab dem 01.01.2004. In dem Bescheid wurden vom Zulassungsausschuss quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (auf der Basis der Abrechnungsergebnisse der Gemeinschaftspraxis R:/Sch. in den Quartalen II/2002 bis I/2003 zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts) als Obergrenzen für die Leistungserbringung wie folgt festgesetzt: II/2002 III/2002 IV/2002 I/2003 1.820.827 1.755.342 1.750.068 1.861.130

Mit Bescheid vom 01.10.2004 genehmigte der Zulassungsausschuss die Umwandlung der Gemeinschaftspraxis in ein Medizinisches Versorgungszentrum unter Leitung von Dr. R: und Dr. Sch. ab dem 01.10.2004 und sprach zugleich die Genehmigung zur Anstellung von Dr. Sch. aus. Dabei bestimmte der Zulassungsausschuss in Analogie zu § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V die Fortgeltung der im Bescheid vom 21.11.2003 festgelegten Obergrenzen. Die Genehmigung endete am 31.12.2008 mit dem Ende der Anstellung von Dr. Sch ...

Für das Jahr 2005 vergütete die Beklagte dem Kläger ein Gesamthonorar von 391 483,32 EUR. Mit Bescheid vom 2.7.2008 (Bl. 46a LSG-Akte) forderte die Beklagte die Zurückzahlung von 45 242,79 EUR (bezogen auf das Gesamthonorar sind dies 11,57 %) wegen Überschreitung der festgelegten Gesamtpunktzahlvolumen. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch; das Verfahren ruht.

Das Gesamthonorar der Kläger für das Jahr 2006 belief sich auf 449 336,43 EUR. Mit Bescheid vom 10.02.2009 forderte die Beklagte von dem Kläger aufgrund sachlich-rechnerischer Berichtigung der Honorarabrechnungen für die Quartale I/2006 bis IV/2006 Honorar in Höhe von insgesamt 113.196,97 EUR (bezogen auf das Gesamthonorar 25,19%) zurück. Zur Begründung wurde eine Überschreitung der Punktzahlobergrenzen aus dem Anstellungsverhältnis angegeben. Im Bescheid wurden folgende Berechnungen dargelegt:

Quartal Punktzahlobergrenze Punktzahl FG- Anpassungs- Abgerechnete Differenz ab dem 2. Durchschnitt faktor Punkte Leistungsjahr für 2006 I/06 1.861.130 1.222.485 0,9704 2.574.867,5 713.737,5 II/06 1.931.318 1.145.446 0,9882 2.539.867,5 608.549,5 III/06 1.755.342 1.057.578 0,9584 2.521.982,5 766.640,5 IV/06 1.750.068 1.188.579 0,9023 2.703.165,0 953.097,0

Quartal Überschreitung Kat. 1 Punktwert Kat. 2 Punktwert Rückforderung I/06 713.737,5 713.737,5 0,0371 0 0,0037 26.479,66 EUR II/06 608.549,5 608.549,5 0,0382 0 0,0038 23.246,59 EUR III/06 766.640,5 766.640,5 0,0353 0 0,0036 27.062,41 EUR IV/06 953.097,0 953.097,0 0,0382 0 0,0038 36.408,31 EUR 113.196,31 EUR Hiergegen legte der Kläger am 23.02.2009 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 10.03.2009 forderte die Beklagte von dem Kläger aufgrund sachlich-rechnerischer Berichtigung der Honorarabrechnungen für die Quartale I/2007 bis IV/2007 Honorar in Höhe von insgesamt 84.104,76 EUR (bezogen auf das Gesamthonorar für das Jahr 2007 von 469 056,65 EUR sind dies 17,93 %) zurück. Zur Begründung wurde auch hier eine Überschreitung der Punktzahlobergrenzen angegeben. In den Anlagen wurden folgende Berechnungen ausgewiesen:

Quartal Punktzahlobergrenze Punktzahl FG- Anpassungs- Abgerechnete Differenz ab dem 2. Durchschnitt Faktor Punkte Leistungsjahr für 2007 I/07 2.093.310 1.242.216 1,0914 2.777.800,0 684.490,0 II/07 2.167.788 1.163.244 1,1765 2.635.775,0 467.987,0 III/07 1.992.852 1.115.950 1,0881 2.396.282,0 403.430,0 IV/07 2.000.318 1.246.850 1,0314 2.512.143,3 511 825,3

Quartal Überschreitung Kat. 1 Punktwert Kat. 2 Punktwert Rückforderung I/07 684.490,0 684.490,0 0,0398 0 0,0039 27.242,70 EUR II/07 467.987,0 467.987,0 0,0390 0 0,0038 18.251,49 EUR III/07 403.430,0 403.430,0 0,0376 0 0,0036 15.168,97 EUR IV/07 511.825,3 511.825,3 0,0458 0 0,0044 23.441,60 EUR 84.104,76 EUR

Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 19.03.2009 Widerspruch ein und machte zur Begründung beider Widersprüche im Wesentlichen geltend, es sei Aufgabe der Beklagten gewesen noch vor Erlass der Honorarbescheide quartalsweise die Einhaltung der Obergrenzen zu überprüfen. Dies habe die Beklagte versäumt. Sie habe die Erbringung und Abrechnung der Leistungen des MVZ in Kenntnis aller Umstände längere Zeit (Oktober 2004 bis Juli 2008) unbeanstandet vorgenommen. Hätte sie die Abrechnung - wie es ihre Pflicht gewesen sei - vollständig überprüft, wäre eine etwaige Überschreitung sogleich aufgefallen. Vor Erlass der Rückforderungsbescheide sei von der Beklagten indes kein Hinweis ergangen, dass eine Überschreitung der Obergrenzen vorliege. Zudem habe die Beklagte es unterlassen, die Obergrenzen anzupassen und die Anpassungsfaktoren dem Kläger mitzuteilen. Daher sei es dem Kläger nicht möglich gewesen zu prüfen, ob eine Überschreitung vorliege. Eine nachträgliche Korrektur sei nicht möglich, da die Beklagte die Überschreitungen wissentlich geduldet habe. Der Kläger habe auf den Bestand der Honorarbescheide vertrauen dürfen.

Für ihre vertragsärztliche Tätigkeit im Jahr 2008 wurden dem Kläger 442 509,64 EUR vergütet und damit ein Betrag, der nur unwesentlich unter dem Honorar für 2006 von 449 336,43 EUR liegt. Für 2008 beläuft sich die Rückforderung wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumen ausweislich des Bescheids vom 19.9.2009 jedoch nur auf 8 234,60 EUR.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 30.11.2009 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 10.2.2009 und 10.3.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Berechnung der Über- bzw. Unterschreitung der Obergrenzen erfolge rückwirkend, da es edv-technisch nicht möglich sei, die Einhaltung der Obergrenzen vor Versand der Honorarbescheide zu prüfen. Eine manuelle Prüfung der Einhaltung der Obergrenzen bei Erstellung der Honorarbescheide würde bei ca. 900 Jobsharing-Praxen in Baden-Württemberg zu einer erheblichen Verzögerung der Honorarauszahlungen führen. Jedoch hätte der Kläger bei Erhalt der Honorarabrechnung für sich diese Prüfung sogleich durchführen können. Eine Überprüfung während des laufenden Quartals sei sogar möglich, wenn die Praxis mit einem EDV-System ausgestattet sei, das entsprechende Berechnungen erlaube. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da ihm die Obergrenzen bekannt gewesen seien. Die Honorarbescheide hätten zudem vorläufigen Charakter und könnten innerhalb von vier Jahren sachlich-rechnerisch berichtigt werden. Die Ermittlung der Anpassungsfaktoren im ersten Leistungsjahr sei durch die Beklagte erfolgt.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 23.12.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Widerspruchsbegründung wiederholt. Ergänzend hat er geltend gemacht, die Beklagte habe bis zum Überprüfungsverfahren immer anstandslos die Honoraransprüche erfüllt. Eine zeitnahe Kürzung wegen Überschreitens der Obergrenzen, wie dies in der Zeit des Bestehens der Gemeinschaftspraxis der Fall gewesen sei, habe nicht stattgefunden. Die Beklagte habe dadurch einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Dem Kläger sei es nicht möglich gewesen, die Einhaltung der Obergrenzen zu überwachen. Die damals verwendete Software habe keine entsprechende Funktion enthalten. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu keiner Zeit Bescheide oder Informationen darüber erteilt habe, wie die Obergrenzen angepasst würden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, hat ergänzend zu den in den Bescheiden enthaltenen Begründungen ausgeführt, die Honorarbescheide stünden unter dem Vorbehalt der sachlich-rechnerischen Berichtigung. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne nicht entstehen. Die Obergrenzen seien dem Kläger bekannt gewesen. Mit seiner Erklärung vor dem Zulassungsausschuss habe der Kläger die Einhaltung der Obergrenzen garantiert. Hierauf zu achten, sei zuvörderst Obliegenheit des Vertragsarztes. Die Obergrenzen seien an den neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) 2000plus angepasst worden, wobei sich allerdings nur für das zweite Quartal eine Änderung ergeben habe. Die Anpassungsfaktoren seien ermittelt worden aus der festgesetzten Obergrenze dividiert durch den Punktzahlvolumenschnitt der Fachgruppe im Jahr 2004. Die Multiplikation der Anpassungsfaktoren mit den jeweiligen Fachgruppendurchschnitten habe zu keiner Verbesserung geführt. Die Rückforderung für das Jahr 2007 sei auf der Grundlage angepasster erhöhter Obergrenzen erfolgt. Die Berechnung ergebe sich dabei aus der Darstellung auf Seite 59 der Verwaltungsakte. Diese zeige, dass die "alten" Obergrenzen wegen und in Höhe der Fallwertzuschläge erhöht worden seien. Diese "neuen" Obergrenzen seien durch die Fachgruppendurchschnitte des Basisjahres 2004 dividiert worden und hätten die "neuen" Anpassungsfaktoren, nämlich 1,0914, 1,1765, 1,0881 und 1,0314 ergeben. Da aber die Multiplikation dieser "neuen" Anpassungsfaktoren mit den Fachgruppendurchschnitten der aktuellen Quartale des Jahres 2007 niedrigere Obergrenzen ergeben hätten, sei es bei den festgesetzten verblieben. Die Punktwertproblematik habe keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit. Die Beklagte habe nur das zurückgefordert, was sie ursprünglich ausbezahlt habe. Der Kläger habe das Punktzahlgrenzvolumen (PZGV) nicht ausgeschöpft, weshalb alle abgerechneten Punkte mit dem vollen PZGV-Punktwert vergütet worden seien. Auch wenn sie mit den Kassen einen neuen HVV vereinbare, beschränkte sich die Problematik im hier betroffenen Bereich der BD K. allein auf die Punktwertproblematik; denn der HVV für den Bereich der BD K. habe im Zeitraum der Quartale 2/05 bis 4/07 bereits arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen vorgesehen. Dementsprechend werde sich nachträglich weder das PZGV der Kläger noch der Fachgruppenschnitt in Punkten ändern. Da nicht davon auszugehen sei, dass der Punktwert niedriger als ausbezahlt vereinbart werden werde und ein höherer Punktwert wegen des Verbots der reformatio in peius nicht zu Lasten der Kläger, also nicht zu einer höheren Berichtigungssumme als bereits festgesetzt führen würde, bestünden bezüglich der Höhe der Rückforderungsbeträge keine rechtlichen Bedenken.

Mit Urteil vom 10.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, die sachlich-rechnerische Berichtigung vorzunehmen. Die streitgegenständlichen Honorarabrechnungen des Klägers seien fehlerhaft gewesen, da sie die im Zulassungsbescheid vom 01.10.2004 festgesetzten Punktzahlobergrenzen überschritten hätten. Die auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V in Verbindung mit § 23c Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsplRL) beruhenden Obergrenzen seien mit Zulassungsbescheid vom 01.10.2004 sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindend mit der Folge, dass die Obergrenzen der abrechenbaren Punktzahlen bei der Berechnung des Honoraranspruchs des Klägers zu beachten seien. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Anhand des Zulassungsbescheides sei von vornherein bekannt gewesen, bis zu welcher Grenze Leistungen abgerechnet werden durften. Entgegen der Auffassung des Klägers sei es nicht vorrangige Aufgabe der Beklagten gewesen, die Einhaltung der Obergrenzen zu überwachen. Es sei vielmehr primär die Obliegenheit des Klägers selbst gewesen, dies zu tun. Schließlich profitiere der Kläger von einer Ausnahmeregelung, die es ihm ermögliche, in einem gesperrten Planungsbereich eine Ärztin anzustellen. Die vom Bundessozialgericht entschiedenen Fallgestaltungen, in denen ausnahmsweise Vertrauensschutz anerkannt werde (BSG, Urt. v. 08.02.2006, B 6 KA 12/05 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 1, m. w. N.), seien vorliegend nicht gegeben. Insbesondere hätte eine nachträgliche Korrektur nicht deshalb unterbleiben müssen, weil die Beklagte das Honorar über längere Zeit hinweg ohne Anwendung der Obergrenzen ausbezahlt habe. Die vorliegende Situation sei mit einer "wissentlichen Duldung einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung" nicht vergleichbar (vgl. dazu: BSG, Urt. v. 12.12.2001, B 6 KA 3/01 R, BSGE 89, 90; Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 93/96 R, SozR 3-2500 § 135 Nr. 6). Es sei zwar davon auszugehen, dass der Beklagten die für die Ermittlung einer Überschreitung notwendigen Zahlen nicht erst bei Erlass der Berichtigungsbescheide bekannt geworden seien. Gleichwohl habe der Kläger aus dem Umstand, dass die Beklagte das Honorar - anders als zu Zeiten des Bestehens der Gemeinschaftspraxis - nicht zeitnah nach Erlass der betroffenen Honorarbescheide berichtigt habe, nicht schließen dürfen, dass die Obergrenzen ganz entfallen würden. Den Mitgliedern des Klägers seien die Obergrenzen wie auch der Umfang der erbrachten Leistungen bekannt gewesen. Schließlich seien anders als im Fall der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.06.2004 (B 6 KA 34/03 R, BSGE 93, 69) vorliegend die Besonderheiten des vertragsärztlichen Vergütungssystems tangiert. Die Richtigstellung der Abrechnungen sei demnach nicht zu beanstanden gewesen. Auch die Rückforderungsbeträge ließen keine Fehler zuungunsten des Klägers erkennen. Soweit die Beklagte ihren Berechnungen höhere Obergrenzen zugrunde gelegt habe, als in den Zulassungsbescheiden ausgewiesen, werde der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die von der Beklagten angesetzten Anpassungsfaktoren seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Entsprechend der Vorgaben des § 23 f BedarfsplRL sei eine Berechnung der Anpassungsfaktoren auf Grundlage des ersten Leistungsjahres erfolgt. Die so errechneten Anpassungsfaktoren lägen ausweislich der Anlage zum Bescheid vom 10.02.2009 der Berechnung der Punktzahldifferenzen im Jahr 2006 zugrunde. Soweit für 2007 andere Anpassungsfaktoren herangezogen worden seien, sei der Kläger hierdurch nicht beschwert, da höhere und damit für ihn günstigere Anpassungsfaktoren angesetzt worden seien. Schließlich seien die Honorarrückforderungen auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der damalige Honorarverteilungsvertrag (HVV) der Beklagten wegen fehlender fester Punktwerte gegen höherrangiges Recht verstoßen habe (vgl. BSG, Urt. v. 17.03.2010, B 6 KA 43/08 R, BSGE 106, 56). Die Rückforderungsbeträge seien auf Basis der an den Kläger bezahlten Honorare berechnet worden. Es werde mithin lediglich Honorar zurückgefordert, das an den Kläger für die betreffenden Quartale ausbezahlt worden sei.

Gegen dieses ihm am 01.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, hier sei eine sachlich-rechnerische Berichtigung jedenfalls ohne Beachtung von Vertrauensschutz-Vorschriften nicht zulässig. Vor Bildung des MVZ seien bei der Gemeinschaftspraxis stets entsprechende Begrenzungsmaßnahmen durchgeführt worden, weswegen er davon ausgegangen sei, dass die Berichtigung weiterhin automatisch erfolgen werde. Es sei zunächst nicht primär seine Aufgabe, die Grenzen des Jobsharings zu beachten. Denn dann wäre bei konsequenter Beachtung der Jobsharing-Grenzen der Arzt berechtigt/verpflichtet, eine weitere ärztliche Behandlung von in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten abzulehnen. Dies würde jedoch gegen seine bundesmantelvertraglichen Pflichten verstoßen. Daher sei es vielmehr auf der Vergütungsebene primäre Aufgabe der Beklagten, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig bereits bei der Honorarabrechnung entsprechende Begrenzungsvorschriften des Jobsharings beachtet habe. Wenn die Beklagte dies in der Folge unterlasse, setze sie auf Grund der Änderung des Abrechnungsverhaltens einen Vertrauenstatbestand, der eine sachlich-rechnerische Berichtigung ohne Prüfung von Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht mehr zulasse (BSG vom 13.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - Rn 31). Des Weiteren sei der Berichtigungsbescheid der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Vorhersehbarkeit bzw. des kleinen Anteils einer sachlich-rechnerischen Berichtigung rechtswidrig. Grundlage für die gesamte Betrachtungsweise sei das Urteil des BSG vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - Rn 33). Diese Rechtsprechung sei durch die Urteile des BSG vom 26.06.2002 - B 6 KA 26/01 R - dort Rn 20 und vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - dort Rn 21 ausdrücklich nochmals bestätigt worden. Dort seien 15 % noch als kleinerer Anteil angesehen worden. Berücksichtige man hier die im Tatbestand aufgeführten Zahlen, so sei festzustellen, dass die Grenze von 15 % erheblich überschritten worden sei, wobei die Betrachtung nicht an den Eurobeträgen ausgerichtet werde, sondern der Einfachheit halber anhand der abgerechneten Punkte, die jedoch ausweislich der Honorarbescheide nach einem einheitlichen Punktwert vergütet worden seien:

• Quartal I/2006 Punktzahlobergrenze: 1.861.130 Punkte, abgerechnete Punkte 2.574.867,5 Punkte, Differenz: 713.737,5 Punkte entspricht 27,72 %, • Quartal II/2006 Punktzahlobergrenze: 1.931.318 Punkte, abgerechnete Punkte 2.539.867,5 Punkte, Differenz: 608.549,5 Punkte entspricht 23,97 %, • Quartal III/2006 Punktzahlobergrenze: 1.755.342 Punkte, abgerechnete Punkte 2 521.982,5 Punkte, Differenz: 766.640,5 Punkte entspricht 30,04 %, • Quartal IV/2006 Punktzahlobergrenze: 1.750.068 Punkte, abgerechnete Punkte 2.703.165 Punkte, Differenz: 953.097 Punkte entspricht 35,26 %

Im Durchschnitt sei mithin für das Kalenderjahr 2006 eine Berichtigung in Höhe von 29,34 % vorgenommen worden.

Auch im Kalenderjahr 2007 seien erhebliche Kürzungen vorgenommen worden. • Quartal I/2007 Punktzahlobergrenze: 2.093.310 Punkte, abgerechnete Punkte 2.777.800 Punkte, Differenz: 684.490 Punkte entspricht 24,64 %, • Quartal II/2007 Punktzahlobergrenze: 2.167.788 Punkte, abgerechnete Punkte 2.635.775 Punkte, Differenz: 467.987 Punkte entspricht 17,76 %, • Quartal III/2007 Punktzahlobergrenze: 1.992.852 Punkte, abgerechnete Punkte 2.396.282 Punkte, Differenz: 403.430 Punkte entspricht 16,84 %, • Quartal IV/2007 Punktzahlobergrenze: 2.000.318 Punkte, abgerechnete Punkte 2.512.143,3 Punkte, Differenz: 511.825,3 Punkte entspricht 20,37 %.

Für das Kalenderjahr 2007 habe mithin eine durchschnittliche Kürzung von 19,90 % vorgelegen. Unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung sei die Grenze von 15 % bei Weitem überschritten worden. Daher sei unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, § 45 SGB X anzuwenden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2011 und die Bescheide vom 10.02.2009 und 10.03.2009 in der Gestalt der Widerspruchbescheide vom 30.11.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig. Die Annahme des Klägers, dass es nicht primär seine Aufgabe, sondern ihre gewesen sei, auf die Einhaltung der Obergrenzen auf Vergütungsebene zu achten, sei unzutreffend. Eine sachlich-rechnerische Berichtigung sei ohne Beachtung von Vertrauensschutzgesichtspunkten zulässig gewesen. Der Kläger könne sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.03.1996) zur langjährigen Erbringung fachfremder Leistungen berufen. Zum einen sei dieser Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Zum anderen habe das BSG dort gerade ausgeführt, dass allein aus der unbeanstandeten Abrechnung fachfremder Leistungen gerade kein Vertrauensschutz erwachse. Es liege hier auch kein Fall individuell fehlerhafter Anwendung gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorschriften vor. Sie habe die Honorarabrechnungen nicht im Hinblick auf die Einhaltung der Obergrenzen überprüft. Dies sei vielmehr gesonderten Prüfungsverfahren, die in die hier angefochtenen Rückforderungsbescheide mündeten, vorbehalten. Auch das weitere vom Kläger zitierte Urteil des BSG vom 31.10.2001 sei hier nicht einschlägig. Denn auch diese Rechtsprechung setze einen in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallenden Fehler voraus, weswegen die Beklagte nur unter den dort dargelegten Einschränkungen nachträglich eine sachlich-rechnerische Berichtigung vornehmen könne. Das Urteil des BSG enthalte insbesondere keine generelle Berichtigungsuntergrenze auch für Fälle, in denen der Fehler in der Sphäre des Arztes liege. Deshalb komme es auf die vom Kläger für die jeweiligen Quartale dargestellten Berichtigungsumfänge nicht an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten des SG und der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit stehen bezüglich der Quartale I/06 bis IV/07 Honorarkürzungen in Höhe von 197.301,73 EUR.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

I. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid ist nicht deshalb formell rechtswidrig, weil der Kläger vor seinem Erlass entgegen § 24 Abs. 1 SGB X nicht angehört worden ist. Der Mangel der Anhörung kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X dadurch geheilt werden, dass dem Betroffenen durch die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit gegeben wird, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern. Das ist im vorliegenden Fall geschehen.

II. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. 1. a) Die Beklagte ist auf Grund von § 106 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Artikel 1 Nr. 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I 2190, 2217) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das SGB V eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen. Durch die Einfügung von § 106 a in das SGB V ist eine Änderung der zuvor durch die Bestimmungen der Bundesmantelverträge geregelten sachlich-rechnerischen Berichtigung weder hinsichtlich deren Voraussetzungen noch hinsichtlich deren Rechtsfolgen erfolgt (BSG, Urteil vom 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R -, veröffentlicht in Juris), weswegen die zu den früheren Rechtsgrundlagen ergangene Rechtsprechung des BSG weiterhin Anwendung findet.

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - abgerechnet worden sind. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelungswerks, also mit den Einheitlichen Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (BSG, Urteil vom 05.11.2008 a.a.O.). Die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung zur Richtigstellung bedeutet im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des ursprünglichen Honorarbescheides. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 14.12.2005 B 6 KA 17/ 05 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Kassenärztliche Vereinigung ist generell zur Rücknahme unrichtiger und rechtswidriger Honorarbescheide berechtigt und verpflichtet; denn einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung ist nach der Vorschrift des § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnungen. Die Vorschrift differenziert dabei nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Sie erfasst alle Unrichtigkeiten der Honorarbescheide und berechtigt zur Rücknahme von Honorarbescheiden, soweit diese dadurch rechtswidrig waren. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheids und damit seine Unrichtigkeit im Sinne der Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen sind (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - und BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris).

Die Bestimmungen über die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigung, ärztliche Honoraranforderung und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, verdrängen in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen der §§ 45 ff. SGB X. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Normen des SGB V, erlassen worden sind (ständige Rechtsprechung des BSG vgl. Urteil vom 30.06.2004 a.a.O. m.w.N. aus der Rechtsprechung des BSG). Dies bedeutet, dass ein Mitverschulden der Beklagten an einer Überzahlung rechtlich nicht mit zu berücksichtigen ist.

Die genannten Berichtigungsvorschriften stellen somit bereichsspezifische Sonderregelungen dar mit der Folge, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und Vertrauensschutz auf deren Bestand nur in besonderen Konstellationen anerkannt werden kann.

b) Ausgehend von dieser Rechtslage waren die ursprünglich ergangenen Honorarbescheide für die Quartale I/2006 und IV/2007 sachlich-rechnerisch von Amts wegen durch die Beklagte zu berichtigen, da diese Honorarbescheide im Zeitpunkt der Berichtigung sachlich-rechnerisch unrichtig waren. Sie berücksichtigten nicht die Überschreitung der maßgeblichen Punktzahlobergrenze im Bescheid des Zulassungsausschusses vom 01.10.2004.

In Ausführung des Regelungsauftrags in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 SGB V hat der Gemeinsame Bundesauschuss Regelungen zur Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Rechtsgebietes getroffen. Nach Nr. 3 Angestellte-Ärzte-Richtlinien, die ab 01.04.2007 durch § 23k BedarfsplRL i.V.m. §§ 23c bis f BedarfsplRL in entsprechender Anwendung ohne inhaltliche Änderung ersetzt wurden, legt der Zulassungsausschuss im Falle der Beschäftigung von angestellten Ärzten in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest. Diese Punktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannte Punktzahlanforderung um nicht mehr als 3 % überschritten wird. Die hierauf beruhende Festsetzung mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 01.10.2004, der bestandskräftig geworden ist, ist für alle Beteiligten bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 –; nachfolgend BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B –, jeweils veröffentlicht in Juris; Urteil des Senats vom 26.9.2012 - L 5 KA 4604/11). Mit der bestandskräftigen Festsetzung durch den Zulassungsausschuss ist die Punktzahlobergrenze festgelegt.

Die Honorarbescheide für die Quartale I/2006 und IV/2007 waren unrichtig, weil auch die Punkte, die die – nach Anpassung unveränderte (vgl. unten) - Punktzahlobergrenze für die Quartale I/2006 bzw. IV/2007 überschritten haben, abgerechnet worden sind. Die Berechnungen in den angegriffenen Bescheiden zeigen, dass die Ermittlung des Umfangs der Überschreitung der Punktzahlobergrenze nicht zu Lasten des Klägers rechtsfehlerhaft erfolgt ist und daher das Kürzungsvolumen nicht zu groß ist, eine Verletzung der Rechte des Klägers insoweit jedenfalls nicht vorliegt.

Der Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 01.10.2004 bestimmte die Fortgeltung der mit Bescheid vom 21.11.2003 anlässlich der Zulassung von Dr. Katrin Sch. zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen eines Jobsharings ab dem 01.01.2004 bereits errechneten und seitdem geltenden Obergrenzen. Damit galten zunächst für das erste Leistungsjahr des MVZ folgende Gesamtpunktzahlvolumina: II/2004 III/2004 IV/2004 I/2004 1.820.827 1.755.342 1.750.068 1.861.130

Diese waren ab dem zweiten Leistungsjahr anzupassen. Nach Nr. 3.4 Angestellte-Ärzte-Richtlinien bzw. ab 01.04.2007 nach § 23k Abs. 1 BedarfsplRL i.V.m. § 23c Satz 5 und § 23f BedarfsplRL in entsprechender Anwendung werden die im ersten Leistungsjahr vom Zulassungsausschuss aus dem Bezugszeitraum festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina quartalsbezogen dem Punktzahlvolumen des jeweiligen Fachgruppendurchschnitts gegenübergestellt und in Prozent vom Fachgruppendurchschnitt ausgedrückt. Ab dem zweiten Leistungsjahr wird das individuelle quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis durch den Anteil des im ersten Leistungsjahr ermittelten Anpassungsfaktors am Fachgruppendurchschnitt ermittelt.

Quartal FG-Durchschnitt OG neu APF neu (20+80)/2 2004 I/03 1.917.945,5 1.861.130 0,9704 II/02 1.842.569,5 1.820.827 0,9882 III/02 1.831.481,5 1.755.342 0,9584 IV/02 1.939.475.5 1.750.068 0,9023 (vgl. auch S. 70 SG-Akte).

Die sich hieraus ergebende Herabsetzung der Obergrenzen hat die Beklagte nicht vorgenommen, sondern, da sich keine Erhöhung der Obergrenzen ab dem Quartal I/2005 ergab, weiterhin die ursprünglich festgesetzten Obergrenzen zugrunde gelegt. Nachdem ab dem Quartal II/2005 der EBM 2000plus galt, passte die Beklagte die Gesamtpunktzahlvolumina an, mit dem Ergebnis, dass lediglich die Grenze für das jeweils zweite Quartal sich erhöhte. Für dieses legte die Beklagte nun eine Punktzahlobergrenze von 1.931.318 fest.

Diese Berechnungen bildeten die Grundlage für die Berichtigung der Honorarberechnungen für die Quartale I/2006 bis IV/2006:

Quartal Punktzahlobergrenze Punktzahl FG- Anpassungs- Abgerechnete Differenz ab dem 2. Durchschnitt faktor Punkte Leistungsjahr für 2006 I/06 1.861.130 1.222.485 0,9704 2.574.867,5 713.737,5 II/06 1.931.318 1.145.446 0,9882 2.539.867,5 608.549,5 III/06 1.755.342 1.057.578 0,9584 2.521.982,5 766.640,5 IV/06 1.750.068 1.188.579 0,9023 2.703.165,0 953.097,0

Bei der Berichtigung für das Jahr 2007 wurde demgegenüber ein neuer Anpassungsfaktor (APF) zu Grunde gelegt, den die Beklagte, nachdem sie die Obergrenzen aufgrund von Fallwertzuschlägen erhöht hatte, entsprechend der dargelegten Berechnungsweise auf der Basis des ersten Leistungsjahres durch Division der neuen Obergrenze durch den "alten" Fachgruppendurchschnitt je Quartal des Jahres 2004 ermittelte. Die Beklagte hat insoweit auf die Berechnung auf S. 59 der Verwaltungsakte verwiesen: Basis- Fälle Fallwert- OG alt OG neu quartal zuschlag ab 4/06

I/03 1786 232.180,0 1.861.130,0 2.093.310,0 II/02 1819 236.470,0 1.931.318,0 2.167.788,0 III/02 1827 237.510,0 1.755.342.0 1.992.852,0 IV/02 1925 250.250,0 1.750.068,0 2.000 318,0

Basis- FG-Durchschnitt OG neu APF neu quartal (20+80)/2 2004 I/03 1.917.945,5 2.093.310,0 1,0914 II/02 1.842.569,5 2.167.788,0 1,1765 III/02 1.831.481,5 1.992.852,0 1,0881 IV/02 1.939.475.5 2.000.318,0 1,0314

Auch hier senkte sie die nun "neuen" Obergrenzen nicht im Wege der Anpassung mittels des "neuen" Anpassungsfaktors, sondern behielt diese bei, da die neuen Punktzahlvolumen jeweils größer waren als das Produkt aus dem Fachgruppendurchschnitt der Quartale des Jahres 2007 mit den "neuen" Anpassungsfaktoren.

Die aufgrund der Fallwertzuschläge erhöhten Obergrenzen bewirkten gegenüber den ursprünglich festgesetzten damit jeweils entsprechend geringere Kürzungen pro Quartal:

Quartal Punktzahlobergrenze Punktzahl FG- Anpassungs- Abgerechnete Differenz neu Durchschnitt Faktor neu Punkte für 2007 I/07 2.093.310 1.242.216 1,0914 2.777.800,0 684.490,0 II/07 2.167.788 1.163.244 1,1765 2.635.775,0 467.987,0 III/07 1.992.852 1.115.950 1,0881 2.396.282,0 403.430,0 IV/07 2.000.318 1.246.850 1,0314 2.512.143,3 511 825,3

Es kann offen bleiben, ob die Beklagte die ursprünglich festgesetzten Obergrenzen nicht im Wege der Anpassung hätte absenken müssen (vgl. auch Pawlita; in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 101 SGB V, Rn.161; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.05.2008 - L 3 KA 8/07 -, veröffentlich in Juris). Ebenso kann offen bleiben, ob sie eine Erhöhung der durch den Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenzen aufgrund der Fallwerterhöhung hat selbst vornehmen dürfen oder beim Zulassungsausschuss beantragen müssen. Denn in beiden Fällen ist die fragliche Vorgehensweise für den Kläger günstig.

2. Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Honorarbescheide stets zunächst nur als vorläufig anzusehen sind und kein Vertrauensschutz besteht, liegen nicht vor.

Zunächst ist klarzustellen, dass die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung sich auf die Frage erstreckt, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Der in den Honorarbescheiden enthaltene Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung hat damit für die Berichtigung keine Bedeutung. Diese erfolgt vielmehr, wie dargelegt, auf der Grundlage einer in Hinblick auf sachlich-rechnerische Richtigkeit grundsätzlich bestehenden Vorläufigkeit von Honorarbescheiden.

a) Einer der Fälle, in denen die Vorläufigkeit nicht mehr bestand und eine Korrektur nur noch auf der Grundlage von § 45 SGB X möglich war, liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R und 08.12.2006 - B 6 KA 12 /05 R -, veröffentlicht in Juris) sind die besonderen Richtigstellungsvorschriften nicht mehr anwendbar, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (aa) oder soweit die Kassenärztliche Vereinigung ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat (bb), indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüfte und vorbehaltlos bestätigte.

aa) Die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides, die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, veröffentlicht in Juris, m.w.N.) am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt, ist eingehalten. Der älteste Honorarbescheid für das Quartal I/2006 dürfte Ende Mai/Anfang Juni 2006 ergangen sein, die Berichtigungsbescheide datierten vom 10.02.2009 und 10.03.2009, weswegen die Vierjahresfrist eingehalten ist.

bb) Auch liegt kein "Verbrauch" in der Weise vor, dass bereits eine sachlich-rechnerische Richtigstellung erfolgt wäre, die erneut von der Beklagten korrigiert worden wäre. Nach dem Urteil des BSG vom 14.12.2005 (a.a.O.) ist die Befugnis zu sachlich-rechnerischer Richtigstellung "verbraucht", wenn die KV die Honoraranforderungen des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat, indem sie z.B. auf den Rechtsbehelf des Vertragsarztes hin die ursprüngliche Richtigstellung eines bestimmten Gebührenansatzes ohne jede Einschränkung wieder rückgängig macht. Durch solche Überprüfung und Bestätigung entfällt die spezifische Vorläufigkeit eines vertragsärztlichen Honorarbescheides und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften. Das Gleiche gilt, wenn die KV eine Honorarabrechnung im Rahmen eines Vergleiches bestätigt (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. b) Die Honoraränderung und -rückforderung kann ferner nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw. - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honoraranforderung des Vertragsarztes beziehen darf. (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2002 a.a.O. und vom 14.12.2005 a.a.O. mit Billigung einer Minderung um 12 % bzw. 15 %). Wenn - wie vorliegend - eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, ist es dabei nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls kommt in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, veröffentlicht in Juris). Ob diese Aussagen, die im Zusammenhang mit einer nachträglichen grundsätzlichen Änderung des Honorarverteilungsgefüges entwickelt wurden, überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen Geltung beanspruchen oder allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte bezogen sind, hat das BSG offen gelassen (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, veröffentlicht in Juris). Dies bedarf auch hier keiner Klärung. Denn, auch wenn hier die Rückforderungen zwischen 16,84 % und 35,26 % liegen, nötigt dieser Umstand nicht dazu, die Richtigstellungen den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. In der Rechtsprechung des BSG ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl. BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, jeweils RdNr. 21 m.w.N.), ohne dass dieser Wert ausdrücklich als Obergrenze bezeichnet worden ist. Auch diesen Wert maßvoll überschreitende Rückforderungsanteile liegen jedenfalls noch deutlich unter der in der Rechtsprechung des BSG als inakzeptabel genannten "Hälfte" des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages (BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -, veröffentlicht in Juris).

Im Übrigen entfällt nach Überzeugung des Senats die Einschränkung der Richtigstellung des Honorars auf "kleinere Anteile" dann, wenn der Vertragsarzt die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung unschwer hätte erkennen können. Denn jedenfalls, soweit Vertrauensschutz - wie hier vgl. unten - nicht besteht, können die vorgenannten Grundsätze nicht dazu führen, dass diejenigen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig in erheblichem Umfang zu viel abgerechnet haben, gegenüber denjenigen, die dies lediglich in geringem Umfang getan haben, privilegiert werden. Erhebliche Überschreitungen können nicht allein wegen der damit verbundenen Höhe der Rückforderung zu einem Rabatt auf den Rückzahlungsbetrag führen.

c) Der Anwendungsvorrang der Berichtigungsvorschriften vor § 45 SGB X schließt es nicht aus, bei den Maßstäben, nach denen in solchen Ausnahmefällen auch im Rahmen der Honorarberichtigungsverfahren den betroffenen Ärzten Vertrauensschutz zu gewähren ist, auf die einzelnen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m Abs. 4 SGB X zurückzugreifen. Ein Fall, bei dem trotz Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz zu beachten ist, liegt nicht vor.

Ein solcher Ausnahmefall ist anzunehmen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung hinzuweisen (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 200 ff. m.N.) und dadurch schützenswertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen wurde, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret tangieren (BSG, Urteil vom 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, veröffentlicht in Juris), insbesondere nicht verteilungsrelevant sind (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 204 ff. m.N.). Um solche Sachverhaltskonstellationen geht es hier nicht.

Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während längerer Zeit begründet dagegen jedenfalls für sich gesehen keinen Vertrauensschutz (vgl. Clemens a.a.O. Rn. 210 f. m.N.). Die früher einzelfallbezogenen Vertrauensschutzerwägungen hat das BSG insbesondere durch die Herausstellung der Fallgruppe "Richtigstellungsbefugnis verbraucht" weiterentwickelt und schärfer konturiert. Neben diesem Falltypus noch Raum zu geben für einen allgemeinen Vertrauensschutz aufgrund fehlerhafter Honorierung während längerer Zeit würde dieser Konturierung und der dadurch gewonnenen Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Auch kann aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht etwa abgeleitet werden, die Kassenärztlichen Vereinigungen müssten, wenn sie seit längerer Zeit eine bestimmte Abrechnungsweise praktiziert haben, vor deren Änderung dies angemessene Zeit vorher ankündigen (Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V, Rn. 210 f. m.w.N.). Dementsprechend kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die Quartale I/2006 bis IV/2007 zunächst jeweils ohne Kürzung aufgrund der Obergrenzen abgerechnet worden sind.

d) Aber auch, wenn man zugunsten des Klägers annehmen wollte, dass § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X hier zu beachten sind, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die KV im Rahmen einer nachträglichen Honorarberichtigung Vertrauensschutzgesichtspunkte zu beachten hat, sind diese den Regelungen des § 45 Abs. 2 und 4 SGB X zu entnehmen. Damit ist für eine Berichtigung eines Honorarbescheides insoweit zwar nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind (BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -, veröffentlicht in Juris). Auch in diesem Fall ist ein Honorarbescheid aber zwingend auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Die Prüfung der Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X im Rahmen der auf § 106a SGB V gestützten nachträglichen Berichtigung ergibt, dass das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der ursprünglichen Bescheide ausgeschlossen war. Die Beklagte beruft sich zu Recht auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X von der Fehlerhaftigkeit der Honorarberechnungen für die Quartale I/2006 und IV/2007.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X kann sich der durch einen Verwaltungsakt Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). Maßgeblicher Zeitpunkt für die grob fahrlässige Unkenntnis ist der der Bekanntgabe des aufzuhebenden Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 22.03.1995 – 10 RKg 10/89 - veröffentlicht in Juris).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist dem Kläger jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des Gesetzes anzulasten. Der Kläger kannte die Punktzahlobergrenze aus dem Bescheid vom 21.11.2003 und konnte den Honorarabrechnungen auch ohne Weiteres entnehmen, dass auch die diese Grenze überschreitenden Punkte abgerechnet worden sind. Mit Bescheid vom 01.10.2004 war vom Zulassungsausschuss ausdrücklich festgestellt worden, dass die Obergrenzen aus diesem Bescheid fortgalten. Der Kläger hatte damit keine Veranlassung anzunehmen, dass diese Punktzahlobergrenzen, ohne irgendeinen erkennbaren Grund ihre Gültigkeit verloren hätten, nur weil sie in den Honorarbescheiden ab I/2006 nicht unmittelbar berücksichtigt worden und bis zum Erlass der streitgegenständlichen Bescheide keine Berichtigungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Bescheide erfolgt waren. Falls er dennoch vom Wegfall der Obergrenzen ausgegangen sein sollte, war dies zumindest grob fahrlässig. Einfache und naheliegende Überlegungen hätten hier vielmehr dazu geführt, bei der Beklagten nachzufragen. Auch der Umstand, dass nach Angaben der Beklagten alle später gestrichenen Punkte innerhalb des Regelleistungsvolumens abgerechnet worden waren, ändert daran nichts, vielmehr hätte bei einem Auseinanderdriften von Jobsharing-Punktzahlvolumenobergrenze und Regelleistungsvolumen ebenfalls Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, welche Punktzahlen denn tatsächlich vergütet werden.

Auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den eingetretenen Überzahlungen führt nicht zu einem Vertrauensschutz des Klägers, weswegen nicht weiter abzuklären ist, ob und in welchem Schweregrad die Beklagte ein Mitverschulden trifft. Offen bleiben muss daher, ob die Beklagte eine (Schadensminderungs-)Verpflichtung trifft, alle in ihrer Kraft stehenden und ihr zumutbaren Vorkehrungen zu unternehmen, um Vertragsärzte nicht in so hohe Schadenssummen hineingeraten zu lassen, wie im vorliegenden Fall geschehen. Wie oben dargelegt kommt § 45 SGB X bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen - wie hier - nicht zur Anwendung, weil § 45 SGB X im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I von den spezielleren Vorschriften des SGB V und der auf Grund diese Gesetzbuches ergangenen untergesetzlichen Normen verdrängt wird. Damit findet auch die in § 45 Abs. 1 und 3 SGB X vorgesehene Ermessensabwägung bei rückwirkend aufgehobenen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakten nicht statt, die sonst in Fällen des Sozialversicherungsrechts die Möglichkeit gibt, Behördenverschulden zugunsten von Versicherten zu berücksichtigen (BSG SozR 1300 § 45 Nr. 2). Darauf, dass die Beklagte die genannten Entscheidungen vom 21.11.2003 und 01.10.2004 ebenso kannte, kommt es, entgegen der Ansicht des Klägers, deshalb nicht an. Denn das BSG, dem sich der Senat anschließt, geht davon aus, dass selbst ein grobes Verschulden der Behörde lediglich ein Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen des § 45 Abs. 1 und 3 SGB X ist und dass das Verschulden an der fehlerhaften Entscheidung lediglich beim Ermessen i.S. des § 45 Abs. 1 und 3 SGB X erheblich ist und damit in den Fällen, in denen, wie hier, Ermessen aufgrund sonderrechtlicher Vorschriften nicht auszuüben ist, außer Betracht bleibt (zu § 152 Abs. 2 AFG BSG, Beschluss vom 21.06.2001 - B 7 AL 18/01 B -; vgl. auch zu § 330 Abs. 2 SGB III LSG Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2008 - L 13 AS 651/07 - m.w.N. jeweils veröffentlicht in Juris).

3. Auch die Höhe der Rückforderung ist nicht zu beanstanden.

Die Höhe des Rückforderungsbetrags - zurückgefordert wurde nur die tatsächlich ausbezahlte Vergütung pro Punkt - wird vom Kläger nicht durch konkrete Beanstandungen in Frage gestellt. Er hält die nachträglich rückwirkende Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide insgesamt für rechtswidrig, rügt dabei aber nicht Einzelheiten der rechnerischen Umsetzung.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Der Kläger wendet sich gegen eine bezifferte Honorarkürzung und damit ist in dieser Höhe der Streitwert festzusetzen.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der hier aufgeworfenen Rechtsfragen zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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