L 22 R 1117/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 3241/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1117/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2010 geändert. Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 wird aufgehoben, soweit er für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis 31. Oktober 2003 den vom Kläger zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 1648,64 Euro als zu erstatten festgesetzt hat. Der Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 wird aufgehoben hinsichtlich des Versichertenanteils zur Krankenversicherung. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klage gegen die Beigeladene wird abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die nachträgliche Erhebung von Pflichtbeiträgen zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. April 2002 bzw. vom 01. Mai 2004 bis 30. November 2005 in Höhe von insgesamt 4.300,93 Euro sowie gegen die Erhebung von Pflichtbeiträgen zur Krankenversicherung zum 01. Januar 2009. Außerdem begehrt er von der Beigeladenen, ihm 4.393 Euro zu erstatten und die seit dem 01. November 2007 einbehaltenen Beiträge zu ersetzen.

Der im August 1936 geborene Kläger, der deutscher Staatsangehöriger ist, ist seit 1961 und nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Elektroingenieur im Jahr 1991 als freiwilliges Mitglied bei der Beigeladenen krankenversichert. Wegen eines beruflich bedingten überwiegenden Auslandsaufenthaltes in U bestand eine so genannte Anwartschaftsversicherung ab 01. Dezember 1994 für die Krankenversicherung und ab 01. Januar 1995 auch für die Pflegeversicherung. Im Dezember 1999 verlegte der Kläger auch seinen Wohnsitz vollständig nach U.

Nachdem die Beigeladene vom im März 1999 gestellten Rentenantrag des Klägers Kenntnis erlangt hatte, teilte sie ihm mit Schreiben vom 07. April 1999 u. a. mit, dass der Rentenversicherungsträger sie über die Bewilligung der Rente informieren und sie sich dann mit dem Kläger in Verbindung setzen werde. Außerdem unterrichtete sie den Kläger darüber, dass die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner nicht gegeben seien, weil er die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe. Darüber informierte sie auch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) unter gleichzeitiger Stornierung ihrer früheren Meldung, wonach der Kläger bis März 1999 freiwillig krankenversichert und nach § 20 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) pflichtversichert in der Pflegeversicherung gewesen sei.

Mit Bescheid vom 07. Dezember 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab 01. September 1999 bei 49,3207 persönlichen Entgeltpunkten. Sie wies darauf hin, dass für die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland eine Auslandsrente festzustellen sei. Den Antrag auf Beitragszuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung lehnte sie ab, da sich der Kläger gewöhnlich im vertragslosen Ausland aufhalte und daher nach § 111 Abs. 2 SGB VI kein Anspruch bestehe.

Im März 2003 bat der Kläger die Beigeladene um Auskunft zum Krankenversicherungsverhältnis eines Rentners, vor allem darum, welche Beiträge er zu leisten habe und welcher Anteil von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, von der er seit September 1999 Rente beziehe, übernommen werden müsse. Nachdem die Beigeladene den Kläger zur Übersendung einer Kopie seines Rentenbescheides aufgefordert hatte, damit das Versicherungsverhältnis aktualisiert werden könne, da der Kläger derzeit als Anwartschaftsversicherter keinen Leistungsanspruch habe, übermittelte sie ihm mit Schreiben vom 28. Oktober 2003 die Anspruchsbescheinigung auf Sachleistungen mit der Bitte, sie unverzüglich bei der örtlich zuständigen Stelle der Nationalen Kasse für Gesundheitsversicherung abzugeben. Er erhalte danach die ungarischen Krankenscheine, womit er die Leistungen nach ungarischem Recht beanspruchen könne. Auch wenn er diese Leistungen nicht in Anspruch nehme, stelle die Beigeladene keine ergänzenden Leistungen zur Verfügung. Dies gelte selbst dann, wenn das ungarische Recht bestimmte Leistungen, die er aus der Bundesrepublik Deutschland kenne, nicht vorsehe.

Unter dem 30. September 2003 hatte die Beigeladene dem Kläger gegenüber bereits festgestellt, dass er aufgrund seines Rentenbezuges ab 01. April 2002 in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig sei. Der Beklagten wurde dies am 21. November 2003 ebenfalls gemeldet. Nach mehrfachem Schriftwechsel blieb die Beigeladne gegenüber der Beklagten bei ihrer Auffassung.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2005 stellte die Beklagte die Altersrente für langjährig Versicherte daraufhin ab 01. Dezember 2005 unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 07. Dezember 1999 neu fest. Sie verfügte, dass ab diesem Zeitpunkt von der monatlichen Rente von 1.288,75 Euro ein Beitragsanteil des Rentners zum Krankenversicherungsbeitrag von 82,48 Euro zuzüglich eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages von 11,60 Euro sowie ein Pflegeversicherungsbeitrag von 21,91 Euro einbehalten wird, so dass der monatliche Zahlbetrag 1.172,76 Euro beträgt. Zur Begründung ist ausgeführt, die aus technischen Gründen als Neufeststellung durchgeführte Neuberechnung der Rente sei erfolgt, weil sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis ab 01. April 2002 geändert habe. Der Kläger sei in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert. Es wurde darauf hingewiesen, dass noch geprüft werde, ob eine rückwirkende Bescheidaufhebung erfolge.

Mit Bescheid vom 07. Dezember 2005 stellte die Beklagte die Altersrente für langjährig Versicherte außerdem für die Zeit vom 01. April 2002 bis 30. November 2005 neu fest und verfügte, dass der festgestellte überzahlte Betrag von 4.300,93 Euro zu erstatten sei. Es sei vorgesehen, die Überzahlung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Diese Verrechnung sei nach § 255 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 60 SGB XI zulässig, soweit der Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt werde. Es werde Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Die Überzahlung ermittelte die Beklagte bei einer monatlichen Rente ab 01. April 2002 von 1.248,51 Euro, ab 01. Juli 2002 von 1.275,43 Euro und ab 01. Juli 2003 von 1.288,75 Euro mit einem vom Kläger monatlich zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung ab 01. April 2002 von 82,40 Euro, ab 01. Juli 2002 von 87,36 Euro, ab 01. Juli 2003 von 88,28 Euro und ab 01. Juli 2005 von 82,48 Euro zuzüglich eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages von 11,60 Euro sowie mit einem vom Kläger monatlich zu tragenden Beitrag zur Pflegeversicherung ab 01. Mai 2004 von 21,91 Euro.

Mit dem am 16. März 2006 eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die "rückwirkende Veranlagung" in Höhe von 4.300,93 Euro. Sofern sein Widerspruch erfolglos sein sollte, werde er den Betrag in monatlichen Raten von 100 Euro abbezahlen. Er wies darauf hin, dass er in den letzten Jahren ohne Krankenversicherungsschutz gewesen sei. Die Beiträge für seine Anwartschaftsversicherung habe er auch nach Rentenbeginn fortgezahlt. Ein Wahlrecht sei ihm nicht angeboten worden. Die Beigeladene habe ihm lediglich am 12. März 2004 ein auf seinem Beitragskonto vorhandenes Guthaben von 288,96 Euro ohne irgendeine Begründung überwiesen. Für seine Anwartschaftsversicherung habe er insgesamt 12.808,64 DM und 361,20 Euro bezahlt, wovon die genannten 288,96 Euro zurückgezahlt worden seien. Sämtliche Gesundheitskosten habe er ab 01. Dezember 1994 selbst getragen. Durch die Nichtbeantwortung seiner im März 2003 an die Beigeladene gestellten Anfrage habe diese eine rechtzeitige Beitragszahlungsaufnahme verhindert. Im November 2007 habe er von der ungarischen Krankenversicherung die Aufforderung erhalten, das im November 2003 ausgestellte Dokument zurückzugeben, weil die Beigeladene eine Beendigung der Krankenversicherung zum 31. Oktober 2007 mitgeteilt gehabt habe. Die Beigeladene habe ihm dazu mit Schreiben vom 03. Dezember 2007 mitgeteilt, dass sie seine Einschreibung bei dem ungarischen Versicherungsträger zum 31. Oktober 2007 beendet habe, weil er deren Anfrage nach seinem Wohnsitz nicht beantwortet habe. Er habe die Bestätigung seines Wohnsitzes jedoch im August 2007 an diese gesandt. Die Beigeladene verlange von ihm Rechnungen über selbstbezahlte Behandlungskosten, über die bekannterweise man in U keine Rechnungen erhalte. Er lege gegen die Kündigung der Krankenversicherung ab 01. November 2007 und den trotzdem erfolgten monatlichen Abzug der Beiträge Widerspruch ein. Der Kläger legte sein Schreiben vom 13. März 2003 und das Antwortschreiben der Beigeladenen vom 28. März 2003 vor.

Die Beklagte holte die Auskünfte der Beigeladenen vom 18. September 2006, 17. März 2007, 24. September 2007 und 04. Dezember 2008 ein, denen das Schreiben der Beigeladenen an den Kläger vom 05. Juni 2008 beigefügt war.

Darin teilte sie mit, dass die Krankenversicherungspflicht auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. März 2000 beruhe. Im Falle des Klägers habe diese Krankenversicherungspflicht erst nach dem 30. September 2002 festgestellt werden können. Eine Wahlmöglichkeit der freiwilligen Versicherung habe nicht bestanden, da am 01. April 2002 lediglich eine Anwartschaftsversicherung vorgelegen habe. Die Beiträge für die Zeit nach dem 01. April 2002 seien am 04. November 2003 erstattet worden. Das Guthaben von 288,96 Euro sei aufgrund eines fehlenden Ersatzanspruches seitens der Beklagten an den Kläger ausgezahlt worden. Da der Kläger seinen Wohnsitz in U habe, habe er die Leistungen im Rahmen der Leistungsaushilfe in Anspruch genommen. Diese Leistungsaushilfe sei zum 31. Oktober 2007 wegen fehlender Mitwirkung beendet worden. Es werde derzeit geprüft, ob eine Wiederaufnahme der Leistungsaushilfe möglich sei. Ein Verzicht auf die Beiträge für Zeiträume ohne Leistungserbringung sei nicht möglich.

Im genannten Schreiben vom 05. Juni 2008 teilte die Beigeladene dem Kläger mit, dass sie erst durch dessen Schreiben vom 13. März 2003 von der Bewilligung der Rente erfahren habe, worauf die Auswirkungen des Beschlusses des BVerfG vom 15. März 2000 geprüft worden seien. Da der Kläger zum 01. April 2002 zwar freiwillig, jedoch nicht als freiwillig versicherter Rentner freiwillig versichert gewesen sei, habe zu keinem Zeitpunkt ein Wahlrecht auf die freiwillige Versicherung bestanden. Die Leistungen, die er in Uin Anspruch genommen habe und die den gesetzlichen Leistungen entsprächen, könne er, soweit die Originalrechnungen noch vorlägen, zur Überprüfung einer Erstattung einreichen. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sei die Beklagte verpflichtet, die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner ab 01. April 2002 durchzuführen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 hatte die Beigeladene den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05. Juni 2008 (bestandskräftig) zurückgewiesen: Die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner beginne mit dem 01. April 2002.

Mit dem dem Kläger am 07. April 2009 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 27. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07. Dezember 2005 zurück: Der Rentenversicherungsträger sei gesetzlich verpflichtet, die Beiträge zur Krankenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit seinen Beitragsanteilen an die gesetzliche Krankenversicherung weiterzuleiten (§ 255 SGB V). Durch die Beigeladene sei entschieden worden, dass der Kläger für die Zeit vom 01. April 2002 an in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei. Die nachträgliche Forderung sei auch noch nicht verjährt. Da es sich dabei um nachträglich einzubehaltende Beiträge/Beitragsanteile und nicht um die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Rentenbeträge handele, seien die Vorschriften der §§ 45, 48 und 50 SGB X nicht anzuwenden.

Mit Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 verfügte die Beklagte, dass der ab 01. Januar 2009 vom Kläger zu tragende neue Anteil am Krankenversicherungsbeitrag 107,41 Euro beträgt, so dass ihm bei einer monatlichen Rente von 1.309,96 Euro nach Einbehalt dieses Beitragsanteils und des Pflegeversicherungsbeitrages von 25,54 Euro eine monatliche Rente von 1.177,01 Euro zu zahlen ist.

Mit der am 06. Juli 2009 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat sich der Kläger gegen die "Eintreibung" von Krankenversicherungsbeiträgen ohne jeden Versicherungsschutz gewandt.

Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und bestätigt, im Oktober 2003 eine Bescheinigung über Anspruch auf Sachleistungen in U erhalten zu haben. Er hat u. a. das Schreiben der Beigeladenen vom 03. Dezember 2007 vorgelegt, in dem ihm mitgeteilt wird, dass seine Einschreibung beim ungarischen Versicherungsträger zum 31. Oktober 2007 beendet worden sei.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. August 2010 die Klage abgewiesen: Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 und der Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 seien rechtmäßig. Der Kläger sei seit dem 01. April 2002 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und seit dem 01. Mai 2004 in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Aus dieser Versicherungspflicht folge die Pflicht zur Beitragszahlung. Da der Beitragsanteil des Klägers von der Beklagten nicht einbehalten worden sei, sei er nach § 255 Abs. 2 SGB V nachzuerheben. Diese Vorschrift enthalte keinen Ermessensspielraum und auch keine Regelung über einen irgendwie gearteten Vertrauensschutz. Sie sei vielmehr so zu verstehen, dass der Rentenversicherungsträger bei Nichterfüllung der Abführungspflicht die rückständigen Beiträge von der Rente abziehen müsse, unabhängig davon, ob dem Renten- oder Krankenversicherungsträger ein Verschulden zur Last falle. Eine solche Nacherhebung von Beiträgen verstoße grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben, jedenfalls wenn sie innerhalb der Grenzen der Verjährung erfolge. Die Grenzen der Verjährung nach § 25 Abs. 1 SGB IV seien beachtet worden, denn zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im Dezember 2005 sei die vierjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Weiteren Einschränkungen unterliege die Nacherhebung nicht. Über die Höhe der von der laufenden Rente nachträglich einzubehaltenden Beträge sei mit den angefochtenen Bescheiden noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden, so dass dies vorliegend nicht streitgegenständlich sei. Die Beitragserhebung im Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 sei hinsichtlich der Beitragshöhe ebenfalls nicht zu beanstanden.

Gegen den ihm am 31. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 30. November 2010 eingelegte Berufung des Klägers.

Er trägt vor, sein Begehren richte sich nicht gegen das ausführende Organ, die Beklagte, sondern gegen die Beigeladene. Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 sei die einzige Mitteilung über die rückwirkende Krankenversicherung, so dass er dagegen vorgegangen sei. Aus seiner Sicht hätte sich die Beigeladene vor dem 01. April 2002 bei ihm melden müssen, um ihm mitzuteilen, wie er im Ausland krankenversichert sein könne. Da diese jedoch nichts getan habe, habe er sich mit der deutschen Botschaft in U in Verbindung gesetzt gehabt. Diese habe ihm geraten, sich an die Beigeladene zu wenden, was mit seinem Schreiben vom 13. März 2003 geschehen sei. Über zu zahlende Beiträge sei ihm vor Erlass des Bescheides vom 07. Dezember 2005 nichts mitgeteilt worden.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2010 sowie den Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 und den Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 aufzuheben, 2. die Beigeladene zu verurteilen, ihm 4.300,93 Euro zu erstatten und die seit dem 01. November 2007 widerrechtlich einbehaltenen Beiträge zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hat in der mündlichen Verhandlung den Bescheid vom 03. Dezember 2007 zum Ende der Einschreibung in Umit Wirkung vom 01. November 2007 aufgehoben und erklärt, dass sie auf den Versichertenanteil zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01. November 2007 bis 31. Dezember 2012, den sie dem Kläger erstatten wird, verzichtet.

Sie hält im Übrigen die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis 31. Oktober 2003 ist durch die Einwendung der Störung der Wechselbeziehung zwischen der Beitrags- und der Leistungsseite bzw. des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) der Anspruch der Beklagten auf den vom Kläger zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung im Umfang von insgesamt 1648,64 Euro erloschen. Im Übrigen sind diese Bescheide rechtmäßig. Der Kläger schuldet Pflichtbeiträge zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung für die Zeit vom 01. November 2003 bzw. vom 01. Mai 2004 bis 30. November 2005 in Höhe von insgesamt 2652,29 Euro. Der Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 ist rechtswidrig, nachdem die Beigeladene (auch insoweit) auf den Versichertenanteil zur Krankenversicherung verzichtet hat. Der Kläger schuldet daher zum 01. Januar 2009 einen Beitragsanteil zur Krankenversicherung von 107,41 Euro nicht.

Die weitergehende gegen die Beigeladene gerichtete Klage ist ungeachtet ihrer in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung unzulässig. Über das klägerische Begehren, 4.300,93 Euro zu erstatten und die seit dem 01. November 2007 einbehaltenen Beiträge zu ersetzen, hat die Beigeladene bisher nicht durch Verwaltungsakt entschieden. Soweit die Beigeladene erklärt hat, sie werde dem Kläger seinen Versichertenanteil zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01. November 2007 bis 31. Dezember 2012 erstatten, ist er im Übrigen zwischenzeitlich nicht mehr beschwert.

Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 findet seine Rechtsgrundlage in § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V.

Diese Vorschrift ist Teil der Regelungen über die Zahlung der Beiträge.

Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge (zur Krankenversicherung) von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Davon abweichend sah § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der maßgebenden Fassung des Art. 4 Nr. 20 Buchstabe a Gesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2261) vor, dass Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen haben, von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen zu zahlen sind.

Ist bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach § 255 Abs. 1 SGB V unterblieben, sind die rückständigen Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten; § 51 Abs. 2 SGB I gilt entsprechend (§ 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V als maßgebliche Rechtsgrundlage).

Diese Rechtsgrundlage gilt auch hinsichtlich der Zahlung der Beiträge der gesetzlichen Pflegeversicherung.

§ 60 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB XI regelt: Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Es gelten u. a. die §§ 253 bis 256 SGB V entsprechend.

Die Beklagte als Rentenversicherungsträger ist damit bei Rentnern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung pflichtversichert sind, für die Entscheidung über die Tragung und Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sachlich zuständig. Auch wenn es grundsätzlich Aufgabe des Versicherungsträgers ist, bei dem die Versicherung besteht, nicht nur über die Versicherungspflicht sondern auch über die Beitragspflicht, die Beitragshöhe und die Beitragstragung zu entscheiden, trifft insoweit § 255 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V eine abweichende Bestimmung, wonach bei diesen Rentnern der Rentenversicherungsträger für die Entscheidung über die Beitragspflicht, Beitragshöhe und Beitragstragung zuständig ist (Bundessozialgericht - BSG - , Urteil vom 18. Juli 2007 - B 12 R 21/06 R, abgedruckt in BSGE 99, 19 = SozR 4-2500 § 241 a Nr. 1; BSG, Urteil vom 29. November 2006 - B 12 RJ 4/05 R, abgedruckt in BSGE 97, 292 = SozR 4-3300 § 59 Nr. 1). Dies gilt jedenfalls solange, wie dazu, insbesondere für den Bereich der Krankenversicherung, keine Entscheidung der Krankenkasse vorliegt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 RA 2/01 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 247 Nr. 2 zum maßgebenden Beitragssatz).

Daraus folgt, dass der Rentenversicherungsträger befugt ist, den vom Rentner zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung und den zu tragenden Beitrag zur Pflegeversicherung festzusetzen und, soweit bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung dieser Beiträge unterblieben ist, auch die vom Rentner zu zahlenden rückständigen Beiträge in einer Gesamtsumme festzustellen. Nur wenn, so § 255 Abs. 2 Satz 2 SGB V, die Rente nicht mehr gezahlt wird, obliegt der Einzug von rückständigen Beiträgen der zuständigen Krankenkasse.

Der Rentenversicherungsträger ist mithin im Rahmen der Nacherhebung solcher Beiträge nach § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht verpflichtet, neben der Festsetzung der vom Rentner zu tragenden Beiträge zugleich die in § 255 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V vorgesehene Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I vorzunehmen (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 66/87, abgedruckt in SozR 2200 § 393 a Nr. 3; BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88, zitiert nach juris: zu der dem § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V entsprechenden aus § 393 a Abs. 1 Reichsversicherungsordnung - RVO - hergeleiteten Rechtslage). Der Rentenversicherungsträger ist dementsprechend (lediglich) gehindert, den festgesetzten vom Rentner zu erstattenden Gesamtbetrag in einer Summe außerhalb der Regelung des § 51 Abs. 2 SGB I zu fordern (BSG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 12 RK 66/87 und 12 RK 23/88). Soweit der Rentenversicherungsträger sich auf die Festsetzung des zu erstattenden Gesamtbetrages beschränkt, beschränkt sich darauf auch eine gerichtliche Überprüfung. Ob und inwieweit eine Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I wirksam vom Rentenversicherungsträger verfügt werden wird, ist folglich erst auf die Rechtsbehelfe hin zu überprüfen, die vom Rentner gegen einen Bescheid erhoben werden, mit dem im Wege der Aufrechnung rückständige Beiträge aus der zu zahlenden Rente einbehalten worden sind.

Mit dem Bescheid vom 07. Dezember 2005 beschränkte sich die Beklagte dem Kläger gegenüber auf die Festsetzung des von ihm zu erstattenden überzahlten Betrages, nämlich der Beitragsanteile für die Krankenversicherung und der Beiträge zur Pflegeversicherung. Die Zahlung dieses Betrages von insgesamt 4.300,93 Euro forderte sie hingegen mit diesem Bescheid nicht, denn sie kündigte ihre Absicht an, die Verrechnung der Überzahlung mit der Rente in einer Summe oder in angemessenen monatlichen Teilbeträgen vorzunehmen, also, nachdem dem Kläger zugleich Gelegenheit gegeben wurde, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern, die Überzahlung erst zukünftig nach Maßgabe des § 51 Abs. 2 SGB I durch Einbehalt von der Rente geltend zu machen.

Die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 255 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V liegen vor.

Bei der Zahlung der Altersrente ist die Einbehaltung von Beiträgen zur Krankenversicherung ab 01. April 2002 und zur Pflegeversicherung ab 01. Mai 2004 bis 30. November 2005 unterblieben, die der Kläger als Versicherungspflichtiger aus seiner Rente zu tragen hatte und die von der Beklagten bei der Zahlung dieser Altersrente einzubehalten gewesen wären.

Der Kläger ist aufgrund seines Rentenbezuges ab 01. April 2002 in der Krankenversicherung und ab 01. April 2004 auch in der Pflegeversicherung versicherungspflichtig.

Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ergibt sich hierbei allerdings nicht aus dem bei Rentenantragstellung im März 1999 geltenden § 5 Abs. 1 Nr. 11 erster Halbsatz SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2266), wonach versicherungspflichtig Personen sind, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 SGB V versichert waren.

Der Kläger erfüllte bei Rentenantragstellung im März 1999 diese Voraussetzungen nicht.

Nach dem Versicherungsverlauf des Bescheides vom 07. Dezember 1999 nahm der Kläger zum 03. August 1953 erstmals eine Erwerbstätigkeit auf. Nach diesem Versicherungsverlauf war er wegen einer Beschäftigung versicherungspflichtig, wobei er deswegen, seit 1961 bei der Beigeladenen, krankenversicherungspflichtig bzw. wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig krankenversichert war (vgl. das Schreiben der Beigeladenen vom 05. Juni 2008 und den Vortrag des Klägers während des Widerspruchsverfahrens im Schreiben vom 30. Oktober 2006). Nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Elektroingenieur zu Januar 1991 (vgl. das letztgenannte Schreiben des Klägers und den Versicherungsverlauf des Bescheides vom 07. Dezember 1999) war der Kläger bei der Beigeladenen (weiterhin) freiwilliges Mitglied.

An dieser freiwilligen Mitgliedschaft änderte der beruflich bedingte überwiegende Auslandsaufenthalt in Ungarn nichts, weswegen die so genannte Anwartschaftsversicherung für die Krankenversicherung ab 01. Dezember 1994 und auch für die Pflegeversicherung ab 01. Januar 1995 bis wenigstens März 1999, dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung, bestand. Diese so genannte Anwartschaftsversicherung hat ausschließlich für die Höhe der Beiträge Bedeutung.

Eine freiwillige Mitgliedschaft endet (abgesehen vom Fall der Nichtzahlung fälliger Beiträge nach dem bis zum 31. März 2007 geltenden Recht) mit dem Tod des Mitglieds, mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft oder mit dem Wirksamwerden der Kündigung. Erfolgt keine Kündigung, besteht die Mitgliedschaft auch bei einem Aufenthalt im Ausland fort. Allerdings ruht nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthaltes erkranken, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Verpflichtung des freiwilligen Mitgliedes zur Beitragszahlung (§ 252 Abs. 1 Satz 1, § 250 Abs. 2 SGB V) wird dadurch nicht berührt. Allerdings sah § 240 Abs. 4 a SGB V, eingefügt mit Wirkung vom 12. August 1998 (Art. 3 Nr. 2 Buchstabe b Gesetz vom 06. August 1998 - BGBl I 1998, 2005), vor, dass für freiwillige Mitglieder die Satzung der Krankenkasse die beitragspflichtigen Einnahmen abweichend von § 240 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 SGB V regeln kann, solange für sie und ihre nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen der Anspruch auf Leistungen während eines beruflich bedingten Auslandsaufenthalts oder nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ruht; dabei durften 10 v. H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht unterschritten werden. Mit Wirkung zum 01. April 2007 (Art. 1 Nr. 157 Buchstabe b des Gesetzes vom 26. März 2007 - BGBl I 2007, 378) ist diese Vorschrift dahingehend geändert worden, dass der Beitragsbemessung für diese freiwilligen Mitglieder 10 v. H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zugrunde zu legen sind.

Die Neuregelung des § 240 Abs. 4 a SGB V führt - so Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit in Bundestags-Drucksache 13/11021, S. 11 - eine Art beitragsrechtliche Anwartschaftsversicherung ein, weil die jetzigen Beitragsregelungen gesetzlich krankenversicherte Mitglieder in ihrer beruflichen Flexibilität benachteiligen. Die Neuregelung gibt der Krankenkasse die Möglichkeit, durch Satzungsbestimmung festzulegen, dass (u. a.) freiwillig Versicherte während eines beruflichen Auslandsaufenthaltes, der zum Ruhen aller Leistungsansprüche führt, nur Beiträge aufgrund einer deutlich unterhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V liegenden Bemessungsgrundlage zu zahlen haben, wenn sie ihre Mitgliedschaft freiwillig fortsetzen. Die Regelung über die Anwartschaftsversicherung ist nicht anzuwenden, wenn Ansprüche bei Auslandsaufenthalten, zum Beispiel innerhalb der Europäischen Union oder aufgrund von Sozialversicherungsabkommen bestehen. Damit wurde eine gegenüber dem früheren Recht eindeutige Rechtsgrundlage geschaffen. Bis dahin sahen die Krankenkassen ihre Befugnis zur Regelung der so genannten Anwartschaftsversicherung in § 243 Abs. 1 SGB V, wonach der Beitragssatz entsprechend zu ermäßigen war, wenn kein Anspruch auf Krankengeld besteht oder die Krankenkasse aufgrund von Vorschriften dieses Buches für einzelne Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt. Darauf wird in der genannten Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit Bezug genommen und ausgeführt: Krankenkassen stützen bisherige - teilweise rechtswidrige - Anwartschaftsversicherungen auf die bisherige Regelung des Satzes 1 (des § 243 SGB V).

Die Vorschrift des § 243 SGB V fand jedenfalls im Fall des Klägers als einem freiwilligen Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung auch hinsichtlich des Beitrages zur gesetzlichen Pflegeversicherung Anwendung. Allerdings war nach § 57 Abs. 4 SGB XI die entsprechende Anwendung dieser Regelung nicht angeordnet, obwohl nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 SGB XI der Anspruch auf Leistungen (der Pflegeversicherung) ebenfalls ruht, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält, wobei lediglich bei einem vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 und 3 SGB XI etwas anderes gilt.

Ungeachtet dessen, ob im Fall des Klägers die so genannte Anwartschaftsversicherung ab 01. Dezember 1994 für die Krankenversicherung und ab 01. Januar 1995 auch für die Pflegeversicherung zu Recht durchgeführt wurde und geringere Beiträge als nach dem Gesetz vorgesehen erhoben wurden, ändert dies nichts daran, dass mangels Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft der Kläger auch während seines Auslandsaufenthalts in Ungarn freiwilliges Mitglied der Beigeladenen bis wenigstens März 1999, dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung, blieb.

Bei dieser Sachlage ist ausgeschlossen, dass der Kläger seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied (der Beigeladenen) war.

Ausgehend von der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im August 1953 und der Stellung des Rentenantrages im März 1999 errechnet sich als zweite Hälfte der Zeitraum von Dezember 1975 bis März 1999. In diesem Zeitraum von 268 Kalendermonaten müsste im Umfang von neun Zehnteln, also von 241 Kalendermonaten (20 Jahre und ein Monat), eine Pflichtversicherung bestanden haben. Dies ist allein schon bei einer freiwilligen Versicherung wegen der von Januar 1991 bis März 1999 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Elektroingenieur ausgeschlossen.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 erster Halbsatz SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 war der Kläger somit wegen des Bezuges der Altersrente nicht in der Krankenversicherung versicherungspflichtig. Er wurde dies jedoch zum 01. April 2002.

Mit Beschluss vom 15. März 2000 hat das BVerfG, abgedruckt in BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr. 42, entschieden: § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 ist mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar, soweit Personen, die nach dem 31. Dezember 1993 einen Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt haben, nur dann in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert sind, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung versichert waren. Soweit die Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, kann sie bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31. März 2002, weiter angewendet werden. Kommt es innerhalb der Frist nicht zu einer gesetzlichen Neuregelung, so bestimmt sich der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner ab 01. April 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 1988, 2477).

Da es bis zum 31. März 2002 nicht zu einer gesetzlichen Neuregelung gekommen ist, war § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (wie zwischenzeitlich mit Wirkung zum 01. April 2007 durch die entsprechende gesetzliche Regelung nach Art. 1 Nr. 2 Buchstabe d des Gesetzes vom 26. März 2007 - BGBl I 2007, 378 - klargestellt) anzuwenden. Danach gilt: Versicherungspflichtig sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren.

Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen, denn er war, wie oben dargelegt, seit 1961 und damit auch während des gesamten Zeitraums von Dezember 1975 bis März 1999 Mitglied der Beigeladenen.

Dem Eintritt von Versicherungspflicht steht nicht der Aufenthalt des Klägers in Ungarn entgegen.

Nach § 3 Nr. 2 SGB IV gelten die Vorschriften unter anderem über die Versicherungspflicht zwar, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, (nur) für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben. Allerdings bestimmt § 6 SGB IV, dass Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben.

Insoweit gehen das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit vom 02. Mai 1998 (BGBl II 1999, 902) - DUSVA, am 01. Mai 2000 in Kraft getreten (Bekanntmachung über das In-Kraft-Treten des deutsch-ungarischen Abkommens über soziale Sicherheit vom 23. März 2000; BGBl II 2000, 644) und nach dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union mit Wirkung zum 01. Mai 2004 die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vor.

Bezogen auf das DUSVA folgt dies aus folgenden Vorschriften: Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 2 Buchstabe a DUSVA bezieht sich dieses Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung sowie den Schutz der erwerbstätigen Mutter, soweit sie die Erbringung von Geld- und Sachleistungen durch die Träger der Krankenversicherung zum Gegenstand haben, und auf die ungarischen Rechtsvorschriften über die von der Sozialversicherung zu erbringenden Geld- und Sachleistungen bei Krankheit und Mutterschaft. Es bezieht sich nach Art. 3 Nr. 1 DUSVA auf Staatsangehörige eines Vertragsstaates als unmittelbar erfasste Personen. Die vom persönlichen Geltungsbereich dieses Abkommens unmittelbar erfassten Personen, die sich gewöhnlich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhalten, stehen bei Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates dessen Angehörigen gleich (Art. 4 Abs. 1 DUSVA). Bezieht eine Person nur aus der Rentenversicherung eines Vertragsstaats eine Rente oder hat sie nur eine Rente beantragt, so gilt die Bestimmung über die Gleichstellung der Hoheitsgebiete (Art. 5) in Bezug auf Versicherungspflicht nach den Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung der Rentner entsprechend (Art. 18 Abs. 3 DUSVA). Ergänzend zu diesen Regelungen ordnet Ziffer 13 zu Art. 18 des Abkommens in Buchstabe c des Schlussprotokolls zum Abkommen vom 02. Mai 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit vom 02. Mai 1998 (BGBl II 1999, 918) an: Ist der Bezieher einer Rente nach den deutschen Rechtsvorschriften oder der Antragsteller auf eine solche Rente, der sich gewöhnlich im Hoheitsgebiet der Republik Ungarn aufhält, aufgrund des Absatzes 3 nach den deutschen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung versicherungspflichtig, geht diese Versicherungspflicht unbeschadet des Abs. 4 einer Versicherungspflicht nach den ungarischen Rechtsvorschriften vor.

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sieht folgendes vor:

Diese Verordnung gilt für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene (Art 2 Abs. 1). Die Personen, für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen (Art 3 Abs. 1). Der Geltungsbereich der Abkommen über soziale Sicherheit, die aufgrund von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe c) weiterhin anwendbar sind, wird auf alle von dieser Verordnung erfassten Personen erstreckt, soweit Anhang III nichts anderes bestimmt (Art 3 Abs. 3).

Soweit die Artikel 7, 8 und 46 Absatz 4 nichts anderes bestimmen, tritt diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs an die Stelle der Abkommen über soziale Sicherheit, die ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten in Kraft sind (Art 6 Buchstabe a). Ungeachtet des Artikels 6 bleiben einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit anwendbar, die von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung geschlossen wurden, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist, soweit diese Bestimmungen in Anhang III aufgeführt sind (Art 7 Abs. 2 Buchstabe c).

In Anhang III (vgl. dazu A. Nr. 80 und B. Nr. 80) ist bezogen auf die Krankenversicherung (und Pflegeversicherung), insbesondere zur Versicherungspflicht, keine fortgeltende Regelung des DUSVA aufgeführt, so dass die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 das DUSVA vollständig verdrängt hat.

Das DUSVA und die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, die nach dem persönlichen und sachlichen Geltungsbereich auf den Kläger Anwendung finden, haben jeweils die Gleichstellung der Staatsgebiete angeordnet, so dass der Aufenthalt in Ungarn einem Aufenthalt in Deutschland gleichsteht.

Ist der Kläger somit ab 01. April 2002 in der Krankenversicherung versicherungspflichtig, so ist er dies auch in der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Dies folgt aus § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 11 SGB XI. Danach gilt: Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach u. a. § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

Die Beigeladene stellte das Bestehen von Versicherungspflicht ab 01. April 2002 gegenüber dem Kläger unter dem 30. September 2003 fest. An dieser Entscheidung hielt sie im Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 fest, mit dem sie den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05. Juni 2008 bestandskräftig, da dagegen vom Kläger keine Klage erhoben wurde, zurückwies. Die Entscheidung der Beigeladenen über die Feststellung von Versicherungspflicht ab 01. April 2002 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 07. Dezember 1999, wie ausgeführt, zu Recht zugrunde gelegt.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seinen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung insbesondere rechtzeitig erklärt haben könnte.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V können der Versicherung innerhalb von 6 Monaten nach dem Eintritt der Versicherungspflicht Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beitreten, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand, die aber nicht die Vorsicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der seit dem 01. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und die deswegen bis zum 31. März 2002 freiwillige Mitglieder waren.

Die Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 6 SGB V genannten Versicherungsberechtigten beginnt mit dem Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V (§ 188 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Der Beitritt ist schriftlich zu erklären (§ 188 Abs. 3 SGB V).

Eine solche Beitrittserklärung gab der Kläger nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist seit dem Eintritt von Versicherungspflicht am 01. April 2002, also bis zum 30. September 2002, ab. Nach dem 01. April 2002 wandte sich der Kläger überhaupt erstmals im März 2003 an die Beigeladene mit der Bitte um Auskunft zum Krankenversicherungsverhältnis eines Rentners. Kenntnis von der Bewilligung der Altersrente erlangte die Beigeladene, wie in ihrem Schreiben vom 05. Juni 2008 mitgeteilt, erst durch das Schreiben des Klägers vom 13. März 2003.

Der Ablauf der sechsmonatigen Frist zur Erklärung des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung kann allerdings ausnahmsweise unschädlich sein. Die Beigeladene als Krankenkasse kann Beratungs- und Hinweispflichten haben, so dass insbesondere eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 27 SGB X wegen der Versäumung der Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung in Betracht kommen kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 16/07 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 9 Nr. 2; BSG, Urteil vom 14. Mai 2002 - B 12 KR 14/01 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 9 Nr. 4; BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 36/90, abgedruckt in SozR 3-2200 § 176 b Nr. 1). Insoweit könnte von Bedeutung sein, dass die Beigeladene bis zum heutigen Zeitpunkt die Ansicht vertritt, dass der Kläger kein Wahlrecht besitzt, also die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V, nicht erfüllt, weil bis zum 31. März 2002 lediglich eine so genannte Anwartschaftsversicherung vorgelegen habe bzw. der Kläger zwar freiwillig, jedoch nicht als freiwillig versicherter Rentner freiwillig versichert gewesen sei. Über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwecks Beitritts zur freiwilligen Versicherung (bzw. der Bewilligung des Rechts auf freiwillige Versicherung aus einem anderen Rechtsinstitut: vgl. dazu BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980 - 12 RK 34/80, abgedruckt in BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr 44; BSG, Urteil vom 30. November 1983 - 5a RKn 9/82, abgedruckt in BSGE 56, 61 =SozR 2200 § 313 Nr 7) hat jedoch die Beigeladene zu entscheiden. Solange eine solche Entscheidung nicht erfolgt ist (und solange damit auch ihre unter dem 30. September 2003 gegenüber dem Kläger getroffene Feststellung von Versicherungspflicht ab 01. April 2002 Bestand hat), ist sowohl die Beklagte als auch der Senat gehindert, wegen des Bestehens einer freiwilligen Versicherung eine Versicherungspflicht ab 01. April 2002 zu verneinen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger im Falle des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung überhaupt einen beitragsrechtlichen Vorteil erlangt. So ist im entsprechenden Gesetzentwurf zur Schaffung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V (Bundestag-Drucksache 14/8099 S. 3, 4) ausgeführt: Soweit die hiervon Betroffenen (also diejenigen, die vom 01. April 2002 an versicherungspflichtig werden) bis zum 31. März 2002 freiwillig versichert sind, führt der Eintritt der Versicherungspflicht zwar in der Regel zu einer erheblichen Beitragsentlastung, weil sie zugleich geringere Beiträge auf Versorgungsbezüge entrichten müssen und die Beitragspflicht sonstiger Einnahmen entfällt. Verfügen die Betroffenen neben der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch über keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen, müssen sie vom 01. April 2002 an einen höheren Krankenversicherungsbeitrag entrichten, da von ihrer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung von diesem Zeitpunkt anstelle des ermäßigten Beitragssatzes der allgemeine Beitragssatz erhoben wird. Außerdem müssten diejenigen, die als freiwillige Mitglieder Kostenerstattung nach § 13 SGB V gewählt haben, als Versicherungspflichtige wieder zur Inanspruchnahme von Sachleistungen zurückkehren. Dieser Versichertengruppe soll aus Gründen des Bestands- und Vertrauensschutzes die Möglichkeit gegeben werden, Beitragsmehrbelastungen zu vermeiden. Die Gesetzeserläuterungen machen deutlich, dass die Wahl des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung von vielfältigen Erwägungen abhängig sein kann, so dass eine entsprechende Beratung durch die Krankenkasse in jedem Einzelfall auch im Interesse des Rentners sachdienlich ist.

Ist der Kläger somit ab dem 01. April 2002 in der Krankenversicherung und in der Pflegeversicherung versicherungspflichtig, so schuldet er die von der Beklagten für die Zeit vom 01. April 2002 bis 30. November 2005 geforderten Beiträge zur Krankenversicherung und die für die Zeit vom 01. Mai 2004 bis 30. November 2005 geforderten Beiträge zur Pflegeversicherung.

Nach § 249 a SGB V in der Fassung des Art. 4 Nr. 17 des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2261) tragen Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte. Nach der ab 01. Juli 2005 geltenden Fassung des § 249 a SGB V in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3445) tragen Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte; den zusätzlichen Beitragssatz trägt der Rentner allein.

Für die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 11 SGB XI versicherten Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Tragung der Beiträge u. a. § 250 Abs. 1 SGB V entsprechend; die Beiträge aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sind von dem Mitglied allein zu tragen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der Fassung des Art. 10 Nr. 7 des Gesetzes vom 24. März 1997 - BGBl I 1997, 594 - und des Art. 6 Nr. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 - BGBl I 2003, 3013).

Diesen Vorschriften entsprechend hat die Beklagte den vom Kläger zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung lediglich hälftig, jedoch den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag und den Pflegeversicherungsbeitrag in voller Höhe gegenüber dem Kläger festgesetzt.

Die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung richten sich einerseits nach § 237 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB V. Danach werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Es gilt u. a. § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Renten der allgemeinen Rentenversicherung sowie Renten der knappschaftlichen Rentenversicherung einschließlich der Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung gelten. Die Höhe wird andererseits durch § 247 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 10. Mai 1995 (BGBl. I 1995, 678) bestimmt, wonach bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse gilt. Daneben bestimmt § 241 a Abs. 1 Satz 1 SGB V (zum 01. Juli 2005 durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe c des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 - BGBl I 2004, 3445 - eingefügt und in Kraft bis 31. Dezember 2008 - Art. 1 Nr. 160 des Gesetzes vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, 378), dass für Mitglieder ein zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,9 v. H. gilt; die übrigen Beitragssätze vermindern sich in demselben Umfang.

Die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung richten sich zum einen nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, wonach bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung unter anderem § 237 SGB V gilt, und zum anderen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der bis 30. Juni 2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl I 1994, 1014, 1015), wonach der Beitragssatz ab 01. Juli 1996 bundeseinheitlich 1,7 v. H. der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder beträgt.

Die Beklagte hat diesen Vorschriften entsprechend zutreffend die Höhe der Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung ermittelt. Sie hat dabei trotz des weiteren Aufenthalts in Ungarn nicht die Regelungen der so genannten Anwartschaftsversicherung berücksichtigt.

Dies folgt zum einen schon daraus, dass eine sog. Anwartschaftsversicherung lediglich bei freiwilliger Mitgliedschaft bestehen kann, und zum anderen daraus, dass der Kläger Sachleistungen beanspruchen kann.

Er hatte zunächst Anspruch auf Sachleistungen der Krankenversicherung nach dem DUSVA und nach dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union mit Wirkung zum 01. Mai 2004 Anspruch auf Sachleistungen der Kranken- und Pflegeversicherung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71.

Im DUSVA ist dazu über die bereits oben genannten Vorschriften hinaus geregelt: Einschränkende Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen, das Erbringen von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats abhängen, gelten nicht für die von diesem Abkommen unmittelbar erfassten Personen, die sich im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten (Art. 5 Satz 1 DUSVA). Bei Anwendung der Bestimmung über die Gleichstellung der Hoheitsgebiet (Art. 5) sind die Sachleistungen in der Bundesrepublik Deutschland von einer vom Anspruchsberechtigten zu wählenden Krankenkasse am Aufenthaltsort, in der Republik Ungarn von der Nationalen Kasse für Gesundheitsversicherung, soweit nicht eine andere Stelle zuständig ist, zu erbringen. Für die Erbringung der Sachleistungen gelten die für den Träger des Aufenthaltsorts maßgebenden Rechtsvorschriften; für die Dauer der Leistungen, den Kreis der zu berücksichtigenden Angehörigen sowie die sich hierauf beziehenden Rechtsvorschriften über das Leistungsstreitverfahren gelten jedoch die für den zuständigen Träger maßgebenden Rechtsvorschriften (Art. 16 Abs. 1 und 2 DUSVA). Ergänzend dazu bestimmt Art. 7 der Vereinbarung zur Durchführung des Abkommens vom 02. Mai 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit vom 02. Mai 1998 (BGBl II 1999, 922), dass zum Bezug von Sachleistungen nach u. a. den Art. 5 und 16 des Abkommens der Berechtigte dem Träger des Aufenthaltsortes eine vom zuständigen Träger ausgestellte Bescheinigung vorzulegen hat.

Zum Sachleistungsanpruch bestimmt die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Folgendes: Nach Art 4 Abs. 1 Buchstabe a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gilt diese Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die dort im Einzelnen aufgeführte Leistungsarten betreffen, wie insbesondere Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft. Dazu regelt Art 28 Abs. 1 Buchstabe a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 bezogen auf Rentner: Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zum Bezug einer Rente oder nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zum Bezug von Renten berechtigt ist und keinen Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats hat, in dessen Gebiet er wohnt, erhält dennoch diese Leistungen für sich und seine Familienangehörigen, sofern - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 18 und Anhang VI - nach den Rechtsvorschriften des Staates, aufgrund deren die Rente geschuldet wird, oder zumindest eines der Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, Anspruch auf Leistungen bestünde, wenn er im Gebiet des betreffenden Staates wohnte. Die Sachleistungen gewährt der Träger des Wohnorts für Rechnung des in Absatz 2 bezeichneten Trägers (also des Trägers, zu dessen Lasten die Sachleistungen gehen), als ob der Rentner nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug einer Rente berechtigt wäre und Anspruch auf Sachleistungen hätte. Ergänzend bestimmt Art 29 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 574/72: Ein Rentner hat für den Bezug von Sachleistungen nach Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 28 a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem er wohnt, sich und seine im selben Mitgliedstaat wohnenden Familienangehörigen beim Träger des Wohnorts eintragen zu lassen und dabei eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass er aufgrund der Rechtsvorschriften, nach denen eine Rente geschuldet wird, für sich und seine Familienangehörigen Anspruch auf Sachleistungen hat. Diese Bescheinigung wird nach Art 29 Abs. 2 Satz 1 Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Antrag des Rentners von dem oder von einem der zur Zahlung einer Rente verpflichteten Träger oder gegebenenfalls von dem Träger, der über den Anspruch auf Sachleistungen zu entscheiden hat, ausgestellt, sobald der Rentner die Voraussetzung für den Anspruch auf Sachleistungen erfüllt.

Von Art. 28 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 wird auch die Pflegeversicherung erfasst. Nach der Gesetzesbegründung zum SGB XI (Bundestags-Drucksache 12/5262, S. 82) ist eine eigenständige soziale Pflegeversicherung wegen ihrer Nähe zur gesetzlichen Krankenversicherung vom sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfasst, auch wenn das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht in Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ausdrücklich erwähnt ist. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist die Pflegeversicherung als Teil der sozialen Sicherheit einem in Art. 4 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 genannten Risikobereich zuzuordnen. Die Pflegeversicherung soll insbesondere Vorbeugung und Rehabilitation gegenüber der Pflege fördern und der häuslichen Pflege den Vorzug vor der Pflege im Heim geben. Leistungen dieser Art bezwecken somit im wesentlichen eine Ergänzung der Leistungen der Krankenversicherung, mit der sie auch organisatorisch verknüpft sind, um den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern. Sie sind daher ungeachtet gewisser Besonderheiten "Leistungen bei Krankheit" im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 (EuGH, Urteil vom 05. März 1998 - C-160/96, abgedruckt in SozR 3-3300 § 34 Nr. 2).

Diese Vorschriften regeln die Sachleistungsaushilfe und gewährleisten den Sachleistungsanspruch der Krankenversicherung bzw. der Pflegeversicherung des Wohnstaates für den Rentner auch dann, wenn zumindest in einem der Staaten, aus denen der Berechtigte eine Rente erhält, dem Grunde nach Anspruch auf Sachleistungen besteht.

Es gibt auch bezogen auf den Sachverhalt des Klägers keine Regelung des über- und zwischenstaatlichen Rechts, die in einem solchen Fall den Einbehalt der Beiträge aus der Rente verbieten würde. Allein die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 trifft dazu überhaupt Bestimmungen, die jedoch vorliegend nicht entgegenstehen.

Nach Art 33 Abs. 1 Verordnung EWG Nr. 1408/71 gilt: Der Träger eines Mitgliedstaats, der eine Rente schuldet, darf, wenn die für ihn geltenden Rechtsvorschriften vorsehen, dass von dem Rentner zur Deckung der Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft Beiträge einbehalten werden, diese Beiträge von der ihm geschuldeten Rente in der nach den betreffenden Rechtsvorschriften berechneten Höhe einbehalten, soweit die Kosten der Leistungen aufgrund der Artikel 27, 28, 28 a, 29, 31 und 32 zu Lasten eines Trägers des genannten Mitgliedstaats gehen. Letzteres ist nach Art 28 Abs. 2 Buchstabe a Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 der Fall, wenn der Rentner Anspruch auf diese Sachleistungen aufgrund der Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats hat, da der zuständige Träger dieses Staates die Kosten übernimmt.

Nach den genannten Regelungen hatte der Kläger Anspruch auf Sachleistungen. Die zur Inanspruchnahme dieser Sachleistungen auszustellende Bescheinigung wurde dem Kläger von der Beigeladenen mit Schreiben vom 28. Oktober 2003 als Anspruchsbescheinigung auf Sachleistungen übermittelt.

Aufgrund der zum 01. April 2002 rückwirkend festgestellten Versicherungspflicht und der Nacherhebung von Pflichtbeiträgen konnte allerdings der Kläger die ihm zustehenden Sachleistungen vor Ausstellung der Anspruchsbescheinigung tatsächlich nicht in Anspruch nehmen und kann ihm für die Beigeladene die Nationale Kasse für Gesundheitsversicherung solche Sachleistungen nicht mehr erbringen.

Bei dieser Fallgestaltung liegt jedoch eine schwere Störung des Äquivalenzprinzips vor, die dem Versicherten mehrere Möglichkeiten eröffnet, diesem zu begegnen.

Soweit der Versicherte Kostenerstattung begehrt, wandelt sich der ursprüngliche Naturalleistungsanspruch in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch um, weil nur so dem das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis prägenden Äquivalenzprinzip ausreichend Rechnung getragen werden kann. Das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis als Instrument der Daseinsvorsorge kennzeichnet, dass unter den Beteiligten gegenseitige Rechte und Pflichten bestehen. Die Wechselbeziehung zwischen Beitragsanspruch des Krankenversicherungsträgers und Leistungsanspruch des Versicherten im Sinne eines Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips ist offenkundig gestört, wenn der Träger aus dem Versicherungsverhältnis einseitig Rechtspositionen in Gestalt von Beitragsansprüchen gegen den Versicherten ableitet, ohne dafür diesem gegenüber selbst nur das Risiko einer möglichen Gewährung von Versicherungsschutz durch Gewährung von Sozialleistungen zu tragen. Eine solche Äquivalenzstörung wird hingenommen werden können, wenn sie auf ein dem Versicherten nach dem Inhalt des sozialrechtlichen Versicherungsverhältnis vorwerfbares Verhalten zurückgeht. In Fällen aber, in denen in einer bestimmten zurückliegenden Zeitspanne bei dem Versicherten nicht anders als beim Krankenversicherungsträger allein die schlichte Unkenntnis über die Kraft Gesetzes eingetretene Krankenversicherungspflicht ursächlich dafür war, dass der Versicherte den Naturalleistungsanspruch nicht geltend machte und der Träger Beiträge trotz Fälligkeit (zunächst) nicht erhob, kann der Versicherte nicht beitragspflichtig sein, ohne zugleich einen Leistungsanspruch zu haben: Eine solche schwere Störung des Äquivalenzprinzips ist nicht hinnehmbar, weil kein Grund ersichtlich ist, der es rechtfertigen könnte, dass bei der für beide Teile des Versicherungsverhältnisses gleichen, ihr Verhalten bestimmenden und erklärenden subjektiven Ausgangslage - Unwissenheit über das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses schon in der Vergangenheit - der eine Teil (Träger) für die gleiche Zeit nur (durch Beitragsanspruch ohne Leistungsverpflichtung) begünstigt, der andere Teil (Versicherter) für die gleiche Zeit ausschließlich (durch Beitragspflicht ohne Leistungsanspruch) benachteiligt wäre. Diese nach allem nicht tolerierbare Äquivalenzstörung ist dadurch hintan zu halten, dass dem Versicherten aus dem Versicherungsverhältnis derjenige Schutz gewährt wird, der bei dieser Sachlage noch erbringbar ist (BSG, Urteil vom 04. Oktober 1988 - 4/11 a RK 2/87, abgedruckt in SozR 2200 § 182 Nr. 113).

Soweit der Versicherte keine Kostenerstattung begehrt, weil diese keinen hinreichenden Ausgleich darstellt, weil entweder insbesondere fraglich ist, ob er zur Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen auf eigene Kosten imstande war (BSG, Urteil vom 04. Juni 1991 - 12 RK 52/90, abgedruckt in BSGE 69, 20 = SozR 3-2200 § 381 Nr 2), oder weil sich - neben dem Umstand, dass nach dem damaligen Recht der RVO eine solche Erstattung dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung wegen des Sachleistungsprinzips grundsätzlich fremd war (was wegen der zum 01. Januar 1989 erfolgten gesetzlichen Normierung des Kostenerstattungsanspruchs in § 13 SGB V zwischenzeitlich nicht mehr der Fall ist) - die Bedeutung des Versicherungsschutzes nicht in der Entlastung von bereits aufgewendeten Krankheitskosten erschöpft, denn der Krankenversicherungsschutz soll dem Versicherten auch ermöglichen, vorbeugend alle sachgerechten Maßnahmen zur Erhaltung seiner Gesundheit zu ergreifen, oder weil eine zusätzlichen Beitragszahlung an eine Privatversicherung erfolgt ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980 - 12 RK 34/80; BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 3/83, abgedruckt in SozR 2200 § 313 Nr 8) oder weil - wie vorliegend - mangels Nachweises von Kosten, nämlich des Nicht(mehr)vorhandenseins von Rechnungen über selbstbezahlte Behandlungskosten, eine Kostenerstattung praktisch unmöglich ist, kann der Versicherte gegen einen Beitragsanspruch die anspruchsvernichtende Einwendung der Störung der Wechselbeziehung zwischen der Beitrags- und der Leistungsseite bzw. des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) resultierend aus dem Grundsatz von Treu und Glauben geltend machen (BSG, Urteil vom 04. Juni 1991 - 12 RK 52/90; BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980 - 12 RK 34/80; BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 3/83; BSG, Urteil vom 09.10.1984 - 12 RK 46/82, abgedruckt in BSGE 57, 179 = SozR 2200 § 517 Nr 8). Das treuwidrige Verhalten ist darin zu sehen, dass, obwohl weder die Krankenkasse noch der Rentenversicherungsträger den Versicherten über seine Rechtsstellung (mit einem Anspruch auf Sachleistungen) unterrichtet haben, gleichwohl ein Beitragsanspruch festgestellt wird. Bei rückwirkender Feststellung der Mitgliedschaft wird eine Art Wahlrecht des Inhalts eröffnet, entweder Leistungen in Anspruch zu nehmen und dann auch die Beiträge zu entrichten oder die Entrichtung von Beiträgen zu verweigern und sich damit etwaiger Leistungsansprüche zu begeben. Ein solches Verhalten mag zwar das Versicherungsrisiko verschieben, muss aber für die Zeit einer Ungewissheit über das Bestehen der Mitgliedschaft hingenommen werden, wenn nicht der Schwebezustand, der dem Versicherten nicht zuzurechnen ist, allein zu dessen Lasten gehen soll. Sollte andererseits der Versicherte in Zukunft etwa noch Kostenerstattung für dieselbe Zeit begehren, könnte sich die Krankenkasse außer auf Verjährung ihrerseits auf ein widersprüchliches, gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten berufen (BSG, Urteil vom 04. Juni 1991 - 12 RK 52/90).

Der Kläger hat bereits mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 07. Dezember 2005 mit dem Hinweis darauf, dass er ohne Krankenversicherungsschutz gewesen sei, seine sämtlichen Gesundheitskosten selbst getragen habe und die Beigeladene von ihm Rechnungen über selbstbezahlte Behandlungskosten, über die er keine Rechnungen erhalten habe, verlange, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er bezogen auf die "rückwirkende Veranlagung" die Einwendung der Störung der Wechselbeziehung zwischen der Beitrags- und der Leistungsseite bzw. des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) geltend macht.

Diese Störung der Wechselbeziehung geht nicht auf ein vorwerfbares Verhalten des Klägers zurück. Insbesondere hat es der Kläger nicht pflichtwidrig unterlassen, der Beigeladenen die Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte mitzuteilen. Die Beigeladene selbst setzte mit ihrem Schreiben vom 07. April 1999 an den Kläger die Ursache dafür, dass die unterlassene Mitteilung darüber nicht pflichtwidrig war. Sie teilte ihm darin nämlich mit, dass der Rentenversicherungsträger die Beigeladene über die Bewilligung der Rente informieren und sich die Beigeladene dann mit dem Kläger in Verbindung setzen werde. Im Hinblick darauf durfte der Kläger davon ausgehen, nach Bewilligung der Altersrente gegenüber der Beigeladenen nichts Weiteres veranlassen zu müssen.

Soweit der Kläger gehindert war, Sachleistungen in Ungarn in Anspruch zu nehmen, und soweit die Beklagte gleichwohl Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung festgestellt hat, also für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis 31. Oktober 2003, ist durch diese Einwendung der Anspruch der Beklagten auf den vom Kläger zu tragenden Beitragsanteil zur Krankenversicherung für diesen Zeitraum im Umfang von insgesamt 1648,64 Euro (ab April 2002 3 x 82,40 Euro, ab Juli 2002 12 x 87,36 Euro und ab Juli 2003 4 x 88,28 Euro) erloschen.

Der Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009 ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit zu erstattende Beiträge zur Krankenversicherung von 1648,64 Euro festgesetzt wurden.

Im Übrigen sind diese Bescheide nicht zu beanstanden.

Mithin ist wegen eines Sachleistungsanspruches aus der Pflegeversicherung die Nacherhebung von Beiträgen zur Pflegeversicherung ab 01. Mai 2004 gleichfalls gerechtfertigt.

Die von der Beklagten im Bescheid vom 07. Dezember 2005 festgesetzten zu erstattenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind auch nicht verjährt.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

Danach könnten allenfalls die vor dem 01. Januar 2001 entstandenen Beiträge verjährt sein. Die von der Beklagten festgesetzten zu erstattenden Beiträge gehören dazu nicht.

Weiteren Einschränkungen unterliegt die Nacherhebung von Beiträgen nicht.

Da es nicht um eine rückwirkende Herabsetzung der früher - ohne Abzug der Beiträge - ausgezahlten Rente, sondern um eine nachträgliche Erhebung der Beiträge durch Einbehaltung von der laufenden Rente geht, denn die Rente selbst und ihre Berechnungselemente bleiben davon unberührt, finden die Regelungen der §§ 44 ff. SGB X keine Anwendung (BSG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 12 RK 66/87 und 12 RK 23/88). Damit ist insbesondere die Ausübung von Ermessen ausgeschlossen, denn die maßgebende Vorschrift des § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V ordnet die Nacherhebung als zwingendes Recht an.

Da diese Vorschrift nicht auf Verschulden abstellt, kommt es dementsprechend nicht darauf an, ob am Unterlassen der rechtzeitigen Erhebung der Beiträge den Rentenversicherungsträger oder die Krankenkasse oder den Rentner ein Verschulden trifft.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Nacherhebung der Beiträge im Übrigen gegen Treu und Glauben verstoßen, insbesondere der Beitragsanspruch verwirkt sein könnte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist zwar als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt. Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aber voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechtes während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde und auch tatsächlich darauf vertraut und sein Verhalten demgemäß darauf eingerichtet hat, so dass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind bis auf einen bloßen Zeitablauf nicht erfüllt. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger keinerlei Handlungen vorgenommen, die die Schlussfolgerung beim Kläger hätten hervorrufen können, die Beklagte werde die Beitragsforderungen nicht mehr geltend machen. Darüber hinaus hat der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass er - seit Aushändigung der Anspruchsbescheinigung auf Sachleistungen - diese Sachleistungen in Ungarn in Anspruch nehmen durfte, ohne dafür Beiträge aus seiner Rente zahlen zu müssen, insbesondere nachdem ihm bereits am 04. November 2003 die für die Zeit nach dem 01. April 2002 zur so genannten Anwartschaftsversicherung gezahlten Beiträge (bis auf einen Restbetrag von 288,96 Euro, der ihm am 12. März 2004 erstattet wurde) zurückgezahlt worden waren. Die Tatsache, dass er aus der Rente Beiträge zu leisten hatte, war dem Kläger, wie seinem Schreiben vom 13. März 2003 zu entnehmen ist, auch bekannt, denn er bat darin die Beigeladene um Auskunft, vor allem darum, welche Beiträge er zu leisten habe und welcher Anteil von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übernommen werden müsse.

Die Festsetzung der vom Kläger für die Zeit vom 01. November 2003 bzw. vom 01. Mai 2004 bis 30. November 2005 zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2652,29 Euro erweist sich nach alledem als rechtmäßig.

Der Bescheid vom 09. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2009 ist, soweit die Beklagte verfügte, dass der ab 01. Januar 2009 vom Kläger zu tragende neue Anteil am Krankenversicherungsbeitrag 107,41 Euro beträgt, so dass ihm bei einer monatlichen Rente von 1.309,96 Euro nach Einbehalt dieses Beitragsanteils und des Pflegeversicherungsbeitrages von 25,54 Euro eine monatliche Rente von 1.177,01 Euro zu zahlen ist, insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen eigenen Anteil am Krankenversicherungsbeitrag zu zahlen, nachdem die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung (auch insoweit) darauf verzichtet hat.

Die Berufung hat daher nur teilweise Erfolg.

Die im Berufungsverfahren im Wege der Klageänderung erhobene weitergehende Klage gegen die Beigeladene ist unzulässig. Es fehlt an einem Verwaltungsakt, mit dem die Beigeladene über das Begehren des Klägers, ihm 4.300,93 Euro zu erstatten und die seit dem 01. November 2007 widerrechtlich einbehaltenen Beiträge zu ersetzen, entschieden hat. Diese Klage ist als Leistungsklage unzulässig.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann nach § 54 Abs. 4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

Diese Vorschriften regeln die Anfechtungsklage, die Anfechtungs- und Leistungsklage und die Verpflichtungsklage. Sie knüpfen alle am Erfordernis eines Verwaltungsaktes an. Für die Klagebefugnis genügt mithin, ist aber auch erforderlich, dass behauptet wird, durch einen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, denn der Kläger trägt gerade nicht vor, über sein erhobenes Begehren sei ein Verwaltungsakt bereits ergangen.

Nach § 54 Abs. 5 SGG kann zwar mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor. Hauptanwendungsfall hierfür ist der so genannte Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, wenn sich die Beteiligten also nicht im Über-Unterordnungsverhältnis gegenüber stehen und deswegen eine Leistung nicht durch Verwaltungsakt einseitig festgesetzt werden darf. Im Verhältnis zum leistungsbegehrenden Bürger ist die Verwaltung jedoch grundsätzlich befugt, das Rechtsverhältnis einseitig zu regeln. Ausschließlich dann, wenn der Bürger keine verbindliche Regelung begehrt, also der Tatbestand eines Verwaltungsaktes nach § 31 Satz 1 SGB X bereits begrifflich ausgeschlossen ist, kommt eine solche allgemeine Leistungsklage in Betracht. Eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes scheidet damit aus, wenn (lediglich) Auskunft und Beratung, Akteneinsicht oder die Abgabe einer Willenserklärung geltend gemacht wird (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 54 Rdnr. 41).

Eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist vorliegend somit unzulässig, so dass die Klage gegen die Beigeladene abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Danach ist der Kläger gegenüber der Beklagten im Wesentlichen zur Hälfte erfolgreich gewesen. Die Klage gegen die Beigeladene hat hingegen keinen Erfolg gehabt, so dass die Erstattung weiterer außergerichtlicher Kosten ausscheidet.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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