S 14 SO 1019/11

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 14 SO 1019/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2011 verurteilt, dem Kläger die Kosten für die Bestattung von Frau L. F. in Höhe von 1.667,77 ? gemäß § 74 SGB XII zu erstatten. 2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die Bestattung der Mutter des Klä-gers in Höhe von insgesamt 1.667,77 ?. Die Mutter des Klägers, Frau L. F., verstarb im Alter von 74 Jahren am 12.12.2009 in Oels-nitz. Vor ihrem Tod bezog Frau F. Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Beklagten. Die Verstorbene verfügte über kein nennenswertes Vermögen. Der nächste Familienangehörige der Verstorbenen ist der Kläger als Sohn. Der Kläger und dessen Sohn und Tochter haben die Erbschaft ausgeschlagen. Mit Schreiben vom 25.01.2010 (bei der Beklagten am 08.02.2010 eingegangen) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Bestattung seiner Mutter. Der Beklagte führte daraufhin eine Einkommens- und Vermögensprüfung des Klägers durch. Die-ser verweigerte unter Berufung auf § 1611 BGB die Auskunft und trug vor, dass es ihm nicht zumutbar sei, die Kosten der Bestattung für seine Mutter zu tragen, da diese ihn vernachläs-sigt, geschlagen und verwahrlosen lassen habe. Er habe bei seinen Großeltern und seinem Vater und der zweiten Ehefrau des Vaters gelebt. Die Mutter habe keine Unterhaltszahlungen geleistet und sich nie um den Kläger gekümmert. Nach einer Bestattungskostenübersicht sind Gesamtkosten für die Bestattung der Mutter des Klägers von insgesamt 1.667,77 ? entstanden, die vom Kläger beglichen wurden. Der Kläger war zuvor unter Androhung von Zwangsmitteln von der Stadt Stolberg aufgefordert worden, die Bestattung seiner verstorbenen Mutter als nächster Angehöriger zu veranlassen und ein Bestattungsinstitut zu beauftragen. Mit Bescheid vom 18.10.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab. Sie begründete dies damit, dass eine Kostentragung dem Kläger zumutbar sei, da er die Bedürf-tigkeit nicht nachgewiesen habe. Eine besondere Härte liege nicht vor. Den gegen die Ableh-nung eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2011 zurück. Mit seiner am 10.02.2011 beim Sozialgericht Gotha erhobenen Klage macht der Kläger gel-tend, ein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten ergäbe sich daraus, dass zerrüttete Familienverhältnisse vorgelegen hätten. Die Verstorbene habe bereits den elterlichen Haus-halt verlassen, als er erst drei Jahre alt gewesen sei. Ein familiäres Zusammenleben habe nie stattgefunden. Er sei von seiner Mutter vernachlässigt und geschlagen worden. Diese sei al-koholabhängig gewesen. Unterhaltszahlungen habe sie nicht geleistet. Er habe während der erneuten Ehe seiner Mutter kurze Zeit bei dieser gelebt. Aber auch dort und in dieser Zeit sei er von dieser vernachlässigt und geschlagen worden, so dass er nach kurzer Zeit wieder zu seinen Großeltern und seinem Vater habe ziehen müssen. Er sei völlig verwahrlost gewesen. Kontaktversuche, die er später versucht habe, seien aufgrund der Trunkenheit und Teilnahms-losigkeit der Mutter des Klägers von dieser zurückgewiesen worden und Kontakte seien nicht mehr zustande gekommen.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 18.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 01.02.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Bestattung seiner Mutter in Höhe von 1.667,77 ? zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dem Kläger sei es zumutbar die Beerdigungskosten selbst zu tragen. Ein-kommens- und Vermögensunterlagen habe er nicht vorgelegt. Das Vorbringen zur familiären Situation des Klägers sei nur bedingt nachprüfbar, könne aber im konkreten Fall nicht geeig-net sein, die Unzumutbarkeit der Übernahme der Kosten zu begründen. Gestörte Familienver-hältnisse allein könnten nicht dazu führen, die Bestattungspflicht und die Kostentragungs-pflicht von der Familie auf die Allgemeinheit zu verlagern. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezo-genen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die im vorliegenden Gerichtsverfahren ge-wechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme und Erstattung der Bestattungskosten für seine Mutter in Höhe von 1.667, 77 ?. Gemäß § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung nur übernommen, soweit es dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, sie zu tragen. Die Zumut-barkeit hat dabei einen wirtschaftlichen und einen persönlichen Aspekt. Der Kläger war rechtlich zur Bestattung seiner Mutter verpflichtet. Nach § 10 des Sächsi-schen Bestattungsgesetzes sind die Kinder des Verstorbenen als nächste Verwandte bestat-tungspflichtig, wenn ein Ehepartner nicht vorhanden ist. Die verstorbene Frau F. war verwit-wet. Danach war der Kläger als Sohn und nächster Verwandter bestattungspflichtig. Da es sich bei § 74 SGB XII um einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigener Art handelt, hat derjenige, der die Übernahme von Bestattungskosten beantragt, nicht nur ?bereite Mittel? einzusetzen, sondern auch etwaige aus Anlass des Todes entstandene Ansprüche durchzuset-zen, wozu auch Ansprüche auf Kostenersatz gegen vorrangig oder gleichrangig Verpflichtete gehören (Schellhorn, SGB XII, § 74 Rdn. 11). Der Kläger müsste sich also zunächst um die Durchsetzung der ihm zustehenden Ersatzansprüche gegenüber dem "Fiskus" bemühen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist es Sache des Klägers darzulegen und ggf. zu beweisen, dass an-derweitige Ansprüche nicht bestehen bzw. nicht durchsetzbar sind (vgl. Schlette, a.a.O., K § 74 Rdn. 11, m.w.N.), wozu allein eine telefonische Nachfrage nicht genügt. Nach der Recht-sprechung des Schleswig-Holsteinischen LSG (Beschluss vom 9. Oktober 2008 ? L 9 434/08 SO ER ?) können Kosten der Bestattung nicht aus Steuermitteln übernommen werden, wenn der Kostenersatzbegehrende nicht nachgewiesen hat, dass er keinen Ausgleich von anderen Bestattungsverpflichteten erlangen kann bzw. diesen die Bestattung nicht zumutbar ist; sei ein Bestattungsverpflichteter nicht zu ermitteln, so dass keine Feststellungen zu dessen finanziel-len Verhältnissen getroffen werden könnten, so gehe dies zu Lasten des Kostenersatzbe-gehrenden. Diese Rechtsprechung hat durch die Entscheidung des BSG vom 29. September 2009 (B 8 SO 23/08 R, in juris) eine Einschränkung dahingehend erfahren, dass zweifelhafte Ausgleichsansprüche keine Berücksichtigung finden dürfen. Im vorliegenden Fall bestehen unzweifelhaft keine Ausgleichsansprüche gegenüber dem "Fiskus" als festgestelltem Erbe nach Frau F ... Nach § 1936 BGB in Verbindung mit § 2011 BGB haftet der Fiskus als Erbe nur mit dem Nachlass. Ein Nachlass, der Vermögenswert be-sitzt, ist jedoch nicht vorhanden. Insofern bestehen keine Ausgleichsansprüche, auf die die Beklagte verweist bzw. vor deren Feststellung sie einen Anspruch von vornherein ablehnen könnte. Ob dem Kläger die Tragung der Kosten der Beerdigung seiner Mutter finanziell zumutbar ist, kann hier dahingestellt bleiben. Der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zu-gemutet werden kann, ergibt sich insbesondere aus den allgemeinen Grundsätzen des Sozial-hilferechts (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009, m.w.N.). Bedürftigkeit bzw. Unzu-mutbarkeit muss nach Sinn und Zweck der Regelung des § 74 SGB XII zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Bestattungsunternehmens vorliegen. Resultiert die Unzumutbar-keit (allein) aus der Bedürftigkeit, muss diese auch noch zum Zeitpunkt der (letzten) Behör-denentscheidung vorliegen. Spätere Veränderungen der finanziellen Verhältnisse wirken sich nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 29 September 2009, a.a.O.). Im Fall des Klägers sind keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer finanziellen Notlage ersichtlich. Solche hat er auch nicht vorgetragen. Auch die Frage, dass sich die Zumutbarkeit des Vermögenseinsatzes nicht nach den Regelungen des Sozialhilferechts, sondern allein nach den Kriterien des § 1603 BGB bestimme (so Bayerischer VGH, Urteil v. 27. Oktober 2005 ? 12 B 03.756 ?; Berlit in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 74 Rdn. 9) kann hier deshalb unbe-antwortet bleiben. Denn die Kostentragung ist für den Kläger aber deshalb unzumutbar, weil persönliche Gründe entgegenstehen. Durch § 74 SGB XII können die finanziellen Belastungen dieser Verpflichtung von der All-gemeinheit übernommen werden. Dies ist allerdings hier nur bei persönlicher Unzumutbar-keit gerechtfertigt. Die Unzumutbarkeit der Kostentragung ist ein gerichtlich voll überprüfba-rer unbestimmter Rechtsbegriff, der nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles ausfül-lungsbedürftig ist. Dabei beschränkt sich die Zumutbarkeit nicht auf eine finanzielle Zumut-barkeit, sondern lässt auch Raum für andere (Un-) Zumutbarkeitsgründe, etwa solche persön-licher Natur. Bei der Gewichtung der wirtschaftlichen Auswirkungen sind u.a. die rechtliche und soziale Nähe und zwischenmenschliche Beziehungen zum Verstorbenen zu berücksichti-gen. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis (z.B. Kinder, Geschwister) oder die rechtliche Beziehung (z.B. Ehe- oder Lebenspartner) zu dem Verstorbenen war, desto geringer sind in der Regel die Anforderungen an die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes (BSG, Urteil vom 29. September 2009, a.a.O.). Herangezogen werden kann für die Auslegung der "Zumutbarkeit aus persönlichen Gründen" die von der verwaltungsgerichtlichen Recht-sprechung herausgearbeiteten Kriterien zur Bestattungspflicht und Übernahme der Bestat-tungskosten für einen nahen Angehörigen, (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1965 ? 1 BvR 513/65 ?, BVerfGE 19, 342; Beschluss vom 6. Juni 1989 ? 1 BvR 921/85 ? BVerf-GE 80, 137; Beschluss vom 8. Januar 2007 ? 1 BvR 1117/03 ?, NJW 2007, 2389, Oberver-waltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Juli 2009 ? 19 A 448/07 ?, nach juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 ? 4 ZB 07.2815 ?, BayVBl. 2009, 537; Ober-verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 27. Dezember 2007 ? 1 A 40/07 ?, Juris; VG Halle, Urteil vom 20. November 2009 ? 4 A 318/09 ?, Juris; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 16. Januar 2007 ? 11 K 1326/06 ?, Juris). Danach kann die Heranziehung eines (öffentlich-rechtlichen) Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten in solchen Fällen unverhältnismäßig sein, in denen die Familienverhältnisse so nachhaltig gestört sind, dass die Übernahme der Bestattungskosten für den Pflichtigen als grob unbillig anzusehen ist. Ent-scheidend ist immer das Verhältnis des Einzelfalles. Bei zerrütteten Verwandtschaftsverhält-nissen sind höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit, Kosten der Bestattung zu tragen, zu stellen. (Grube-Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 74 Rdn. 35). Zur Beurteilung der Frage, wann die Heranziehung zu den Bestattungskosten als unverhältnismäßig angesehen werden kann, sind zudem die einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen in § 1579 BGB und § 1611 BGB mit der Maßgabe heranzuziehen, dass ein Absehen von der Kostenheranziehung allenfalls dann in Betracht kommen kann, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem ver-gleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehöri-gen vorliegt, wie es sich beispielsweise in Missbrauchsfällen oder vergleichbaren schwerwie-genden Verfehlungen ausdrücken kann (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 ? 4 ZB 07.2815 ?, BayVBl 2009, 537; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 27. Dezember 2007 ? 1 A 40/07 ?, Juris). Hat der Verstorbene gegenüber dem Verpflichteten schwere Verfehlungen (z.B. Körperverletzungen, sexueller Missbrauch, gröbliche Verletzung von Unterhaltspflichten) begangen, so kann trotz eines engen Näheverhältnisses die Kosten-tragung unzumutbar sein. Werden solche schwerwiegenden Gesichtspunkte seitens des Kos-tenschuldners im Heranziehungsverfahren geltend gemacht, sind sie von der zuständigen Be-hörde daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang eine Heranziehung zum Kosten-ersatz erfolgen kann. Allerdings muss es sich dabei um schwere Verfehlungen handeln, wie sie sich regelmäßig in Straftaten von erheblichem Gewicht gegenüber den Angehörigen reali-sieren. Allein die Tatsache der Entfremdung zwischen den Angehörigen, ein zerrüttetes fami-liäre Verhältnis, fehlende Nähe oder Unterhaltspflichtverletzungen von geringer Tragweite, genügen für die Annahme der Unverhältnismäßigkeit nicht (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 ? L 9 SO 226/10 ? Juris). Hielte man dies für ausreichend, würde das in der heutigen Zeit, in der gelockerte familiäre Verhältnisse nichts Ungewöhnliches sind, dazu füh-ren, dass der Staat und damit die Allgemeinheit in vielen Fällen die Bestattungskosten tragen müsste. Dies würde aber zu einer Abkehr von den Regelungen der Bestattungsgesetze führen, die grundsätzlich die nächsten Verwandten des Verstorbenen (allein aufgrund des bestehen-den Verwandtschaftsverhältnisses) als bestattungspflichtig ansehen. Im Falle des Klägers ist vom Vorliegen einer solchen schweren Verfehlung der Verstorbenen auszugehen. Auch die Beklagte zweifelt im Grunde nicht am Vorliegen eines solchen Um-standes, der die Heranziehung des Klägers zu den Bestattungskosten als grob unbillige Härte erscheinen lässt. Sie verweist ihn nur zunächst -zu Unrecht- auf einen zuvor durchzusetzenden Erstattungsanspruch gegen den Fiskus Die von der Verstorbenen begangenen Taten sind solch schwere Verfehlungen gegen den Kläger. Sie richteten sich unmittelbar gegen den Kläger persönlich. Er wurde von der Mutter geschlagen und vernachlässigt. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zwischen dem Kläger und seiner Mutter niemals eine persönliche Beziehung bestanden hat. Ein familiäres Zusammenleben hat nie stattgefunden. Der Kläger hat insoweit und unbestritten vorgetragen, seine Mutter sei Alkoholikerin gewesen und habe ihn geschlagen, vernachlässigt und ver-wahrlosen lassen. Seine Mutter habe das elterliche Zuhause verlassen, als er ca. drei Jahre alt gewesen sei. Er sei bei seinem Vater und seinen Großeltern aufgewachsen. Seine Mutter habe nach der Scheidung der Ehe mit seinem Vater kurze Zeit später erneut geheiratet. Er habe nach der Eheschließung seiner Mutter kurze Zeit bei dieser gelebt. Aber auch dort und in die-ser Zeit sei er von dieser vernachlässigt und geschlagen worden, so dass er nach kurzer Zeit wieder zurück zu seinen Großeltern und seinem Vater habe ziehen müssen. Er sei völlig ver-wahrlost gewesen. Kontaktversuche seien aufgrund ihrer Trunkenheit und Teilnahmslosigkeit von seiner Mutter zurückgewiesen worden und Kontakte seien nicht mehr zustande gekom-men. Unterhaltszahlungen habe sie nicht geleistet. Die für den damals minderjährigen Kläger resultierenden Folgen rechtfertigen nach der Über-zeugung des Gerichts die Annahme der groben Unbilligkeit der Heranziehung zu den Bestat-tungskosten in diesem Fall. Denn durch das Verlassen und die Zurückweisung durch die Mut-ter ist dem Kläger die gesamte, ihn schützende familiäre Struktur genommen worden. Er musste bei seinen Großeltern leben. Auch nach der Wiederverheiratung der Mutter kam es zu keiner Aussöhnung. Vielmehr wurde er wieder geschlagen und vernachlässigt. Das Verwahr-losenlassen des Klägers in dieser Phase seines Lebens führte dazu, dass der Kläger nach kur-zer Zeit bei seiner Mutter wieder in die Obhut seiner Großeltern gegeben werden musste. Er-schwerend kommt hinzu, dass der Vater des Klägers schwerbehindert war. Die durch das Verhalten der Mutter des Klägers ausgelöste Abwendung des Klägers von ihr war so grundle-gend und nachhaltig, dass die die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht begründenden Um-stände es nicht mehr rechtfertigen können, den Kläger zu den Kosten der Bestattung heranzu-ziehen. Die von der Beklagten abgelehnte Kostenübernahme/-erstattung missachtet dieses durch das Verhalten der Mutter des Klägers in seiner Gesamtheit negierte familiäre Verhält-nis. Die Gesamtabwägung aller Gründe lässt deshalb nicht mehr erkennen, dass die Beklagte mit der Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Bestattung die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt hat. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten für die Bestattung seiner Mutter zu er-statten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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