L 4 KR 3215/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 1303/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3215/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus einer einmal gezahlten Kapitalleistung.

Die am 1944 geborene Klägerin ist seit 01. Januar 1971 Mitglied der beklagten Krankenkasse (Beklagte zu 1) sowie seit 1995 Mitglied bei der beklagten Pflegekasse (Beklagte zu 2). Seit 01. Dezember 2004 ist sie als Rentnerin pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin war bei ihrem Ehemann K. K. (im Folgenden: K.K.) in dessen Fliesenfachgeschäft beschäftigt. Am 21. Januar 1977 schloss K.K. als Versicherungsnehmer unter der Anschrift 7XXXX Z., L.-weg für die Klägerin zum 01. Dezember 1976 eine Lebensversicherung (Versicherungsnummer X/XXXX) bei der R + V Lebensversicherung AG (im Folgenden: Lebensversicherungs-AG) ab. Nach dem Anhang 2L zum Versicherungsvertrag wurde die Versicherung nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) abgeschlossen. Ablauftermin der Versicherung war der 01. Dezember 2004. Die erste Beitragsrate wurde von der Firma K.K. an die Lebensversicherungs-AG bezahlt. Die weiteren Raten entrichtete die Klägerin selbst, da die Raten - wie aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht des Finanzamts R. vom 20. März 1979, der an die Firma K.K., Fliesenlegerfachgeschäft, L.-weg, 7XXXX Z. gerichtet war, hervorgeht - nicht mehr als Betriebsausgabe gebucht werden konnten. Zum Ablauftermin zahlte die Lebensversicherungs-AG der Klägerin aus dieser Lebensversicherung Euro 97.364,67 aus.

Mit Schreiben vom 26. November 2004 meldete die Lebensversicherungs-AG der Beklagten zu 1) den Ablauf der Lebensversicherung zum 01. Dezember 2004 und ein meldepflichtiges Guthaben von Euro 97.364,67. Durch Bescheid vom 04. Februar 2005 setzte die Beklagte zu 1) für die Zeit ab 01. Januar 2005 Beiträge aus dieser gezahlten Kapitalleistung in Höhe von insgesamt Euro 134,68 (Krankenversicherung Euro 120,89, Pflegeversicherung Euro 13,79) fest. Der Berechnung der Beiträge legte sie den Betrag von Euro 811,37 (1/120 von Euro 97.364,67) sowie die Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und 1,7 v.H. zur Pflegeversicherung zugrunde. Dieser Bescheid war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 20. Mai 2005 zur Zahlung der rückständigen Beiträge für die Zeit vom 01. Januar bis 30. April 2005 aufgefordert hatte, erhob die Klägerin mit Schreiben vom 24. Mai 2005, das noch im Mai 2005 bei der Beklagten zu 1) einging, Widerspruch. Die Versicherung sei nur für einen Monat über die Firma K.K. geführt worden. Sodann sei sie in das Privatvermögen überführt worden. Von einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis könne deshalb nicht ausgegangen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2005 wies der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss auch im Namen der Beklagten zu 2) den Widerspruch zurück. Der Gesetzgeber habe § 229 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zum 01. Januar 2004 durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) geändert. Danach unterlägen alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienten, der Beitragspflicht, ebenso Kapitalabfindungen. Die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen, die als Kapitalleistung gewährt würden, gelte für alle Versorgungszusagen - auch in laufenden Verträgen, bei denen der Versicherungs-/Versorgungsfall nach dem 31. Dezember 2003 eintrete. Für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen sei nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V der Zahlbetrag der Kapitalleistungen auf zehn Jahre (dies entspreche 1/120 monatlich) umzulegen; § 226 Abs. 2 SGB V finde Anwendung, d.h. die Beitragsentrichtung unterbleibe, wenn der monatliche Betrag 1/120 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nicht übersteige. Für die der Rente vergleichbaren Einnahmen werde im Gesetz der Begriff ?Versorgungsbezüge? verwendet. § 229 Abs. 1 SGB V enthalte eine abschließende Aufzählung der bei der Festsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen zu berücksichtigenden Versorgungsbezüge. Diese habe gemeinsam, dass sie an eine (frühere) Erwerbstätigkeit anknüpften. Ein solcher Zusammenhang sei bei den Leistungen aus einer Direktversicherung oder im Rahmen einer Pensionszusage (Direktzusage) generell und bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Form von Unterstützungskassen, Pensionskassen und Pensionsversorgungen üblicherweise gegeben. Ein Zusammenhang bestehe nicht, wenn der Arbeitgeber weder Zuschüsse noch Aufwendungen leiste und auch keine sonstige Einbindung des Arbeitgebers bei der Beschaffung der Altersvorsorge erkennbar sei (z.B. bei der reinen privaten Altersvorsorge). Unerheblich für die Zuordnung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu den Versorgungsbezügen sei, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert habe. Dies bedeute, dass die Leistungen selbst dann zu den Versorgungsbezügen im Sinne des § 226 Abs. 1 SGB V gehörten, wenn und soweit sie auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhten. Hieraus sei abzuleiten, dass derjenige, der aufgrund einer bestimmten (früheren) Berufstätigkeit Mitglied einer entsprechenden Versorgungseinrichtung geworden sei, für seine zusätzliche Altersversorgung nicht irgendeine Form der privaten Vorsorge gewählt habe, sondern sich der betrieblichen Altersversorgung bediene und deren Vorteile nutze. Nach alledem sei davon auszugehen, dass die Zahlung des einmaligen Kapitalbetrags an die Klägerin Ausfluss betrieblicher Altersversorgung sei und damit Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung bestehe. Ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (dies seien seit 01. Januar 2004 Euro 2.415,00, 1/120 davon seien monatlich Euro 120,75) werde überschritten, weshalb die Beitragsentrichtung nicht unterbleiben dürfe.

Am 02. August 2005 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und machte ergänzend geltend, dass der Arbeitgeber weder einen Zuschuss noch Aufwendungen geleistet habe und auch in sonstiger Weise bei der Verschaffung der Altersversorgung nicht eingebunden gewesen sei. Dafür spreche auch, dass, nachdem die Firma K.K. in eine GmbH umgewandelt worden sei, zu keinem Zeitpunkt der Versicherungsvertrag geändert worden sei. Das Vorgehen der Beklagten verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Es trete eine evidente Ungleichbehandlung dadurch ein, dass die Zahlung eines Monatsbetrags über den Arbeitgeber zu einer völlig andersartigen Beurteilung der Rechtssache führe, wie wenn alle Beiträge, auch dieser eine Beitrag, durch sie, die Klägerin, bezahlt worden wäre. Die Klägerin legte die durch die Lebensversicherungs-AG mit Blick auf die Bezugsberechtigung erfolgte und an die Firma K.K. gerichtete Bestätigung der Berichtigung des Versicherungsscheins vom 14. November 1986 vor.

Die Beklagten traten der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Ergänzend führten sie aus, dem Versicherungsvertrag sei zu entnehmen, dass die Versicherung nach den Bestimmungen des BetrAVG abgeschlossen worden sei. Versicherungsnehmer sei der damalige Arbeitgeber K.K. gewesen. Die steuerliche Behandlung der Versicherungsbeiträge sei für die Beurteilung, ob ein Versorgungsbezug vorliege oder nicht, ohne jegliche Bedeutung, ebenso, wer die Versicherungsbeiträge aufgebracht habe.

Nachdem das SG mit Beschluss vom 16. Juni 2006 mit Blick auf eine bevorstehende Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) das Ruhen des Verfahrens angeordnet hatte, rief die Klägerin am 19. Februar 2010 das Verfahren wieder an. Die Beklagte erwiderte hierauf, dass ausgehend von der Entscheidung des BSG vom 12. Dezember 2007 (- B 12 KR 6/06 R - in juris) die gesamte Kapitalleistung als Versorgungsbezug im Sinne von § 229 SGB V der Beitragspflicht unterliege, unabhängig davon, ob die Finanzierung der Leistung ganz oder nur teilweise im Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben stehe. Wegen einer beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfassungsbeschwerde (1 BvR 739/08) schlug die Beklagte jedoch ein weiteres Ruhen des Verfahrens vor. Nachdem auch die Klägerin einen weiteren Ruhensantrag gestellt hatte, ordnete das SG mit Beschluss vom 15. März 2010 erneut das Ruhen des Verfahrens an.

Am 21. April 2011 rief die Klägerin das Verfahren wieder an. Sie trug ergänzend vor, nicht die formale Inhaberschaft der Vertragsbeziehung, sondern wie die Vertragsbeziehung betrieblich gehandhabt worden sei, sei entscheidend. Hieraus ergebe sich, dass auf die steuerliche Behandlung abzustellen sei. Aus dem vorgelegten Bericht des Finanzamts R. gehe eindeutig hervor, dass es sich nicht um eine betriebliche Altersversorgung gehandelt habe, sondern lediglich ein Beitrag als betrieblich veranlasst anzusehen sei. Die Klägerin legte noch ihre Gehaltsabrechnungen des Jahres 1996, Kontoauszüge der Jahre 2000 bis 2003, ein Schreiben des K.K. an die Lebensversicherungs-AG vom 09. Dezember 1997 mit Blick auf das Konto, von dem die Lebensversicherungsbeiträge abgebucht werden sollten, und eine Bestätigung des Steuerberaters der Firma K.K. P. S. vom 11. Juni 2012, wonach in den Jahren 1994 bis 2004 die Beiträge zur Lebensversicherung der Klägerin nicht als Betriebsausgabe von der K. GmbH gebucht worden seien und früher zurückliegende Buchungsjahre nicht vorlägen, vor.

Die Beklagte trat der Klage weiter entgegen. Nach den Versicherungsunterlagen sei durchgehend K.K. und damit der Arbeitgeber Versicherungsnehmer gewesen (Verweis auf Beschluss des BVerfG vom 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08 - in juris).

Mit Urteil vom 12. Juni 2012 wies das SG, das allein die zu 1) beklagte Krankenkasse als Beklagte führte, die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die an die Klägerin ausgezahlte Kapitalleistung unterliege der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die der Klägerin ausgezahlte Kapitalleistung sei nach § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 237 SGB V als beitragspflichtige Einnahme anzusehen. Mit Versicherungsbeginn am 01. Dezember 1976 sei von K.K. zugunsten der Klägerin eine Direktversicherung als betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen worden. Dies sei ausdrücklich dem Anhang zum Vertrag zu entnehmen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Versicherungsnehmer K.K. unter Angabe der Privatanschrift und nicht die Firma K.K. Fliesenstudio im Vertrag aufgeführt werde. Gewollt worden sei von den Beteiligten, wie ausdrücklich im Vertrag aufgenommen, die betriebliche Altersvorsorge. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Firma des K.K. habe fortbestanden. Eine Vertragsänderung sei nicht erfolgt. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts sei damit nicht verlassen worden. Auch daraus, dass bei der Umwandlung der Firma K.K. in eine GmbH keine Umschreibung des Vertrags auf die GmbH erfolgt sei, ergäbe sich keine andere Einschätzung (vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG), Urteil vom 01. März 2011 - L 11 KR 2421/09 - in juris). Maßgeblich sei, dass der Arbeitgeber im Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses Versicherungsnehmer geblieben sei. Die Klägerin habe nicht in diese Stellung eingewechselt. Eine Änderung des Vertrags sei nicht vorgenommen worden. Aus der Tatsache, dass die steuerrechtlichen Vorteile der gewählten betrieblichen Altersversorgung von der Klägerin bzw. der Firma K.K. nicht bzw. nur teilweise hätten genutzt werden können, leite es, das SG, keine andere rechtliche Beurteilung her. Einmalzahlungen aus einer Direktversicherung seien auch dann als Versorgungsbezüge zur Beitragsbemessung heranzuziehen, wenn sie auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten beruhten. Die vorzunehmende ?institutionelle? Abgrenzung nehme allein darauf Bezug, ob die Rente der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen sei, Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs blieben unberücksichtigt. Die Zahlung von Beiträgen durch die Klägerin lasse hiernach die Zuordnung zur betrieblichen Altersvorsorge nicht entfallen. Das Versicherungsverhältnis sei von den Vertragschließenden nicht aus dem betrieblichen Bezug gelöst worden, Versicherungsnehmer sei der Arbeitgeber geblieben. Wegen der vorzunehmenden typisierenden Betrachtung komme es auch nicht darauf an, ob die Klägerin tatsächlich aus der Versicherung Vorteile gegenüber einer rein privatfinanzierten Lebensversicherung gehabt habe, die die auferlegte Beitragspflicht aufwiegen könnten.

Gegen das ihr am 16. Juli 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Juli 2012 Berufung eingelegt. Vertiefend hat sie ausgeführt, dass der Auffassung des SG, wonach das Versicherungsverhältnis nicht aus dem betrieblichen Bezug heraus gelöst worden sei, nicht gefolgt werden könne. Der Vertrag sei auf K.K., L.-weg in 7XXXX Z. und damit nicht unter der Betriebsstätte, sondern unter der Privatanschrift ausgestellt worden. Eine Lösung aus dem betrieblichen Umfeld sei damit überhaupt nicht möglich gewesen, da die Versicherungsleistung nie dem betrieblichen Bereich zugeordnet gewesen sei. Eine Herauslösung hätte demzufolge, wenn überhaupt, nur über eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgen können. Auf jeden Fall müsse im vorliegenden Fall die Beitragsbesteuerung anteilig gekürzt werden und dürfe sich, ausgehend von einer Laufzeit der Versicherung von 24 Jahren, mithin 24 Jahresbeiträgen, nur auf 1/24 belaufen.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2012 und den Bescheid vom 04. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2005 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG die Beitragspflicht weiterhin für gegeben.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Die Berufung betrifft Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für mehr als ein Jahr, nämlich laufende Beiträge.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 04. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2005. Mit dem Bescheid vom 04. Februar 2005 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wegen des von der Lebensversicherungs-AG gezahlten Kapitalbeitrags fest. Gegen die Festsetzung der Beitragspflicht hat die Klägerin auch gegen den nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 04. Februar 2005 mit Schreiben vom 24. Mai 2005, das noch im Mai 2005 und damit fristgerecht (§ 66 Abs. 2 SGG) bei der Beklagten zu 1) einging, Widerspruch eingelegt und später Klage erhoben. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 20. Mai 2005 handelt es sich im Gegensatz dazu nicht um eine neue Festsetzung der Beiträge, vielmehr beinhaltet dieses Schreiben nur eine Zahlungsaufforderung. Mit Blick auf die Festsetzung der Beiträge wurde insoweit keine neue Regelung getroffen. Dieses Schreiben ist deshalb nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Im Hinblick darauf hat der Senat den Antrag der Klägerin entsprechend sachgerecht gefasst (§ 123 SGG).

Da die Beteiligten trotz entsprechender Aufforderung und gesetzlicher Verpflichtung (§ 96 Abs. 2 SGG) dem Senat keine weiteren Beitragsbescheide vorgelegt haben, geht der Senat davon aus, dass weitere Beitragsbescheide, die den Bescheid vom 04. Februar 2005 änderten, nicht ergingen, unabhängig davon, dass sich der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung nach Erlass des Bescheids vom 04. Februar 2005 änderte und seit 01. Januar 2009 15,5 v.H. beträgt.

Der Bescheid vom 04. Februar 2005 ist zwar nicht ausdrücklich auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassen worden. Im Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2005 ist jedoch ausdrücklich angegeben, dass dieser hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung auch im Namen der Beklagten zu 2) ergehe. Da damit auch die Beklagte zu 2) erlassende Behörde der streitbefangenen Bescheide ist und die Klägerin sich von vornherein auch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung aus der ausgezahlten Kapitalleistung gewandt hat, hat der Senat das Rubrum ergänzt und die bei der Beklagten zu 1) errichtete Pflegekasse als Beklagte zu 2) geführt.

2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 12. Juni 2012 zutreffend entschieden, dass die Beklagten die im Bescheid vom 04. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2005 errechneten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus der Kapitalleistung, die die Lebensversicherungs-AG der Klägerin zum 01. Dezember 2004 in Höhe von Euro 97.364,67 auszahlte, zu Recht fordern. Dieser Beitrag unterliegt in voller Höhe der anteiligen (in Höhe von monatlich Euro 811,37) Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken und Pflegeversicherung.

a) Der Umfang der Beitragspflicht beurteilt sich nach dem Versichertenstatus der Klägerin in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden, nämlich ab 01. Januar 2005 als pflichtversicherte Rentnerin in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner.

Nach § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern neben der Rente der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde gelegt. Nach § 237 Satz 2 SGB V gelten u.a. §§ 226 Abs. 2 SGB V und 229 SGB V entsprechend. Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind der Beitragsbemessung bei versicherungspflichtigen Beschäftigten u.a. zugrunde zu legen 1. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, 2. der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, 3. der Zahlbetrag, der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge), 4. das Arbeitseinkommen, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird. Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der mit Wirkung vom 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003, BGBl. I, S. 2190). Nach § 226 Abs. 2 SGB V sind jedoch die nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V zu bemessenden Beiträge nur zu entrichten, wenn diese monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV übersteigen. Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung bei Mitgliedern der Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die §§ 226 bis 238 und § 244 SGBV entsprechend. Die Beitragsbemessung folgt daher den gleichen Regeln wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Klägerin hat eine Kapitalleistung der Lebensversicherungs-AG im Dezember 2004 ausgezahlt erhalten. Bei dieser der Klägerin ausgezahlten Kapitalleistung handelt es sich um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V, der gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 SGB V der Beitragsbemessung ab 01. Januar 2005 zugrunde zu legen ist, weil es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 BetrAVG alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88 - BAGE 65, 215). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 44/94 - SozR 3-2500 § 229 Nr. 12). Es ist typisierend auf einen allgemeinen Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Die gesetzliche Regelung unterwirft mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht. Diese sog. institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente oder die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 12. November 2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 und vom 30. März 2011 - B 12 KR 16/10 R - SozR 4-2500 § 229 Nr. 12). Nur derjenige, der aufgrund einer bestimmten früheren Berufstätigkeit Mitglied einer entsprechenden Einrichtung werden kann und dieses Recht ausübt, bedient sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge, sondern schließt sich der betrieblichen Altersversorgung an und macht sich damit im gewissen Umfang deren Vorteile nutzbar (BSG, Urteil vom 30. März 2011 a.a.O.). Diese institutionelle Abgrenzung stellt auch aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich ein geeignetes Kriterium dar, um beitragspflichtige Versorgungsbezüge und beitragsfreie private Lebensversicherungen voneinander abzugrenzen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06. September 2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4 2500 § 229 Nr. 10 und Kammerbeschluss vom 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08 - a.a.O.).

Ein solcher typisierender Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit der Klägerin und der von der Lebensversicherungs-AG gezahlten Kapitalleistung besteht. Denn die der Klägerin ausgezahlte Kapitalleistung beruht auf der von der Firma K.K., ihrem früheren Arbeitgeber, abgeschlossenen Lebensversicherung, die nach der Anl. 2L zum Versicherungsvertrag vom 21. Januar 1977 ausdrücklich eine betriebliche Altersversorgung darstellte. Für die Beitragspflicht ist insoweit allein der Zeitpunkt der Zahlung und nicht der Vertragsabschluss maßgeblich. Liegt der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeitpunkt - wie vorliegend im Dezember 2004 -, unterliegt sie nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V der Beitragspflicht (zuletzt BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 KR 24/09 R - in juris).

Dass die Klägerin ab dem zweiten Beitrag die Beiträge allein getragen hat, beseitigt nicht den Charakter der Kapitalversicherung als Versicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 30. März 2011 - B 12 KR 24/09 R - a.a.O. m.w.N.; auch BVerfG, Beschlüsse vom 6. September 2010 - 1 BvR 739/08 - und 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08 - a.a.O.). Einer Beitragspflicht unterliegen nur die Kapitalleistungen nicht, die auf Prämien beruhen, die für Zeiträume gezahlt wurden, in denen der Arbeitnehmer und nicht ein Arbeitgeber Versicherungsnehmer des Kapitallebensversicherungsvertrages war (BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 a.a.O.; BSG, Urteile vom 30. März 2011 a.a.O.). Dies war vorliegend zu keiner Zeit der Fall. Versicherungsnehmer war und blieb K.K ...

Etwas anderes ergibt sich insoweit nicht deshalb, weil nach dem Vortrag der Klägerin im Versicherungsvertrag die Privatanschrift des K.K. und nicht die Firmenanschrift der Firma K.K. angegeben sei. Ob es sich bei der Anschrift L.-weg in - damals - 7XXXX Z. tatsächlich allein um die Privatanschrift handelte, woran Zweifel bestehen, nachdem auch der Bericht des Finanzamts R. vom 20. März 1979, der an die Firma K.K. Fliesenlegerfachgeschäft gerichtet war, an die Anschrift L.-weg, 7XXXX Zimmern adressiert war, kann dahingestellt bleiben. Denn mit der Verwendung der Privatanschrift des K.K. geht der betriebliche Bezug dieser Lebensversicherung nicht verloren. Maßgebend ist nicht die Anschrift des Versicherungsnehmers, sondern die Tatsache des betrieblichen Bezugs und dieser war nach der Anl. 2L zum Versicherungsvertrag vom 21. Januar 1977 - wie bereits ausgeführt - eindeutig gegeben.

Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass eine Änderung der Versicherungsnehmerschaft nicht möglich gewesen wäre, da - so die Klägerin - von Anfang an der betriebliche Bezug gefehlt habe. Abgesehen davon, dass hier - wie ausgeführt - ein betrieblicher Bezug gegeben war, wäre auch bei einer privaten Altersvorsorge des Ehemanns für die Klägerin eine Änderung des Vertrags jederzeit möglich gewesen.

Unerheblich ist auch, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgte. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung wird bei einer Direktversicherung nicht durch den steuerlichen Zusammenhang hergestellt, sondern ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (vgl. zuletzt BSG, Urteile vom 30. März 2011 - B 12 KR 24/09 R und B 12 KR 16/10 R - a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 14/11 - nicht veröffentlicht).

b) Gegen die Berücksichtigung von Versorgungsbezügen für die Bemessung der Beiträge versicherungspflichtiger Rentner zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 1988 - 2 BvL 18/84 -, SozR 2200 § 180 Nr. 46). Die Beitragspflicht auch der einmalig gezahlten Kapitalleistung der betrieblichen Altersversorgung verstößt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 12. November 2008 a.a.O., m.w.N.) und des BVerfG (Nichtannahmebeschlüsse vom 07. April 2008 - 1 BvR 1924/07 - a.a.O. und 06. September 2010 a.a.O. sowie Kammerbeschluss vom 28. September 2010 a.a.O.), der der Senat folgt, nicht gegen das Verfassungsrecht, und zwar weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art. 14, 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG. Die im Beschäftigungsverhältnis wurzelnde, auf einer bestimmten Ansparleistung während des Erwerbslebens beruhende einmalige Zahlung einer Kapitalleistung ist nicht grundsätzlich anders zu bewerten als eine auf gleicher Ansparleistung beruhende, laufende Rentenleistung. Die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, insbesondere den Betroffenen zumutbar, weil der Gesetzgeber berechtigt ist, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Der Vertrauensschutz der betroffenen Versicherten wird dabei nicht unzumutbar beeinträchtigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. September 2010 a.a.O.).

Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Kammerbeschluss vom 28. September 2010, a.a.O.; dem folgend nunmehr auch BSG, Urteile vom 30. März 2011 - B 12 KR 24/09 R und B 12 KR 16/10 R - a.a.O.). Eine solche Fallkonstellation liegt bei der Klägerin nicht vor.

c) Die Höhe der monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung haben die Beklagten zutreffend berechnet. Die Beklagte zu 1) sah als beitragspflichtige Einnahme den von der Lebensversicherungs-AG gemeldeten Betrag von Euro 97.364,67, 1/120 hiervon sind Euro 811,37. Unter Berücksichtigung der im Jahre 2005 maßgeblichen Beitragssätze (zur gesetzlichen Krankenversicherung 14,9 v.H., zur sozialen Pflegeversicherung 1,7 v.H.) ergeben sich die festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung. Diese Berechnung folgt aus § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des GMG, in Kraft seit 01. Januar 2004. Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgabe kommt die von der Klägerin hilfsweise begehrte Berechnung ausgehend von der Laufzeit der Versicherung von 24 Jahren, abgesehen davon, dass die Lebensversicherung eine Laufzeit von 28 Jahren hatte, nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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