L 5 KR 3491/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3201/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3491/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.07.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf Kapitalleistungen aus betrieblicher Altersvorsorge.

Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Rentner kranken- und pflegeversichert. Er war von 1987 bis zum 31.12.2002 bei der U.-I.-Gesellschaft tätig, zuletzt als deren Geschäftsführer. Zu seinen Gunsten wurden vier Kapitallebensversicherungsverträge (Nr. 2? 1?, Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ... und Nr. 2 ... 1 ...) bei der A. Lebensversicherungs-AG zur betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus der U.-I.-Gesellschaft wurden die Versicherungspolicen zum 01.01.2003 auf ihn als Versicherungsnehmer umgeschrieben.

Mit Schreiben vom 13.11.2009, 18.03.2010 und vom 22.04.2010 teilte die A. Lebensversicherungs-AG der Beklagten mit, dass der Kläger aus den Verträgen Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ... und Nr. 2 ... 1 ... Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von 187.517,11 Euro (zum 01.12.2009), 64.661,80 Euro (zum 01.04.2010) und 68.834,87 Euro (zum 03.05.2010) erhalten habe.

Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheiden vom 24.11.2009, 21.04.2010 und 30.04.2010 fest, dass die ausgezahlten Kapitalleistungen als Versorgungsbezüge beitragspflichtig seien und setzte die darauf entfallenden Beiträge für jeweils zehn Jahre in Höhe von monatlich 267,21 Euro, 92,14 Euro und 63,67 Euro fest. Hiergegen erhob der Kläger jeweils Widerspruch und führte in einem Schreiben vom 16.07.2010 hierzu aus, er werde die Fiktion, dass es sich bei den Versicherungen um Direktversicherungen mit steuerlicher Begünstigung und damit um ein Ausnutzen der Vorteile einer betrieblichen Altersvorsorge handele, widerlegen. Er verwies insoweit auf die vier Säulen seiner Vergütung, das monatliche Gehalt, eine jährliche Tantieme, den Aufbau einer berufsständischen Versorgung und den Aufbau von 4 Kapitallebensversicherungen. Er habe sich bei den Gehaltsvereinbarungen für eine starke Vorsorge entschieden.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit einem auch im Namen der Pflegekasse erlassenen Widerspruchsbescheid vom 11.08.2010 zurück. Bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern unterlägen neben der Rente auch vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht (§ 237 i.V.m. § 229 SGB V). Seit einer Gesetzesänderung vom 01.01.2004 gelte dies auch für kapitalisierte Auszahlungen von Lebensversicherungen, wenn eine Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart sei. Dies bewirke eine Gleichstellung mit Rentnern, deren Betriebsrenten monatlich ausgezahlt würden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die entsprechenden Vorschriften in einer Vielzahl von Urteilen für rechtmäßig erachtet. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe dies bestätigt. Das BSG habe eine Beitragspflicht auch für solche Zahlungen bejaht, die auf Versicherungsbeiträgen beruhten, die der Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erbracht habe. Eine Entscheidung des BVerfG hierzu stehe noch aus.

Nach einer Mitteilung der A. vom 21.09.2010 an die Beklagte erhielt der Kläger schließlich aus der Versicherung Nr. 2 ... 1 ... eine Auszahlung von 143.471,89 Euro. Die Beklagte teilte dem Kläger am 18.10.2010 hierzu mit, dass auch dieser Betrag grundsätzlich der Beitragspflicht unterliege. Da der Kläger jedoch bereits den Höchstbeitrag zahle, wirke sich dies nicht aus, soweit sich nicht innerhalb des maßgeblichen 10-Jahrezeitraums eine andere Beitragseinstufung ergebe. Hiergegen erhob der Kläger am 05.11.2010 Widerspruch.

Breits am 06.09.2010 hatte der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben: Er ließ vortragen, die Beiträge sämtlicher Kapitallebensversicherungen seien zunächst zu 100% von seinem Arbeitgeber aufgebracht und entsprechend seinem Steuersatz vom Arbeitgeber versteuert worden. Beispielsweise habe sich im Kalenderjahr 2002 bei einer Gesamtjahresprämie von 20.657,30 Euro ein geldwerter Vorteil von 40.397,70 Euro ergeben, der dem Bruttogehalt zugeschlagen worden sei. Er habe während des gesamten Versicherungsverlaufes der vier Versicherungen mit seinem Einkommen oberhalb der sozialversicherungsrechtlich relevanten Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Desweiteren müsse berücksichtigt werden, dass er mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 aus den Diensten der U.-I.-GmbH ausgeschieden sei und ab dem 01.01.2003 die Versicherungsprämien aus eigenen Mitteln weiter bestritten habe. Die Versicherungspolicen sämtlicher Versicherungen seien daher zum 01.01.2003 auf ihn als Versicherungsnehmer umgeschrieben worden. Der Aufbau der streitigen Lebensversicherungen sei ausschließlich aus versteuertem Einkommen erfolgt, das zum Zeitpunkt des Zuflusses nicht der Beitragsbemessung unterlegen habe, da die Lohnzahlungen regelmäßig die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hätten. Hätte der Arbeitgeber seinerzeit die für die Lebensversicherungen verwendeten Zahlungen direkt an den Kläger ausgezahlt, wären hieraus keine Sozialversicherungsabgaben erhoben worden. Er hätte diese Beträge dann dazu verwenden können, eine private Lebensversicherung aufzubauen, ohne dass das entsprechende Kapital später der Beitragsbemessung unterworfen worden wäre. Daher verstoße es gegen seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen, wenn die entsprechenden Auszahlungen jetzt mit Beiträgen belastet würden. Im Übrigen habe er zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht damit rechnen müssen, dass zu einem späteren Auszahlungszeitpunkt Sozialabgaben fällig werden würden. Er berief sich auf die Entscheidung des BVerfG vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08), aus der folge, dass Auszahlungen aus einer Lebensversicherung zumindest insoweit nicht mit Beiträgen belastet werden dürften, als der Versicherte die Beiträge aus eigenen Mitteln bestritten habe und als Versicherungsnehmer fungiert habe. Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2010 werde von der Klage erfasst.

Die Beklagte berücksichtigte die Rechtsprechung des BVerfG aus dem Urteil vom 28.09.2010 und bat den Kläger um Vorlage von Nachweisen der A. Lebensversicherungs-AG, aus denen sich der Leistungsbetrag ergebe, der jeweils auf betrieblichen Zahlungen vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis beruhe. Der Kläger legte daraufhin Schreiben der A. vom 31.01.2011 vor, wonach sich die betrieblichen Anteile der Lebensversicherungen auf 107.138,17 Euro, 38.003,53 Euro, 41.019,18 Euro und 65.138,38 Euro beliefen.

Mit Änderungsbescheiden vom 14.03.2011 setzte die Beklagte die Versicherungsbeiträge auf der Grundlage dieser Beträge für jeweils 10 Jahre in Höhe von 152,67 Euro ab dem 01.10.2010, 54,16 Euro ab dem 01.05.2010, 58,45 Euro ab dem 01.06.2010 und 92,82 Euro ab dem 01.11.2010 fest und teilte dies dem Sozialgericht mit Schreiben vom 17.03.2011 mit. Sie erklärte sich bereit, aufgrund dieses Teilanerkenntnisses die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu übernehmen und den Rechtsstreit insoweit für erledigt zu erklären.

Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis an, hielt aber im Übrigen an seiner Klage fest, da auch die betrieblichen Anteile der Kapitallebensversicherung nach seiner Auffassung nicht der Beitragspflicht unterworfen werden dürften. Nach Auffassung des LSG Hessen (Beschluss vom 21.02.2011 (L 1 KR 327/10 B-ER) könnten bei der Bemessung der Versicherungsbeiträge von freiwilligen Mitgliedern die Zahlungen der privaten Lebensversicherungen derzeit generell nicht berücksichtigt werden. Unerheblich sei hierbei, dass er heute ?krankenversicherungspflichtiger Rentner? sei; während seiner aktiven Berufszeit sei er ?freiwilliger Versicherter? gewesen.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 07.07.2011 ab.

Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V würden auch Einnahmen, die einer Rente vergleichbar seien (Versorgungsbezüge), der Beitragspflicht unterliegen. Dies werde in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dahin konkretisiert, dass hierunter auch Renten der betrieblichen Altersversorgung bzw. der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst fielen. Wenn anstelle einer regelmäßig monatlich wiederkehrenden Zahlung der Versorgungsbetrag in einer Summe ausgezahlt werde, gelte 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag. Die Beitragspflicht umfasse jedoch längstens einen Zeitraum von 120 Monaten bzw. zehn Jahren (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Gleiches gelte auch für die gesetzliche Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 1 SGB XI). Das BSG habe hierzu mehrfach entschieden, dass die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ihrer Struktur nach eine reine Risikoversicherung darstelle, so dass keine strenge Äquivalenz zwischen den gezahlten bzw. geschuldeten Beiträgen und den in Anspruch genommenen Leistungen bzw. dem versicherten Risiko erforderlich sei. Vielmehr gebiete es der Grundsatz der Solidarität, dass die Beitragsbemessung alleine nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten erfolge. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn der Ertrag der betrieblichen Altersversorgung der Beitragsbemessung unterworfen werde, obwohl im Vorfeld schon der betreffende Arbeitslohn beitragspflichtig gewesen sei. Durch die Auszahlung der betrieblichen Altersversorgung werde die Leistungsfähigkeit des Versicherten deutlich gesteigert. Das Bundesverfassungsgericht habe in der dargestellten Rechtslage unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung keinen Verfassungsverstoß erblickt (Beschluss vom 07.04.2008 - 1 BvR 1924/07). Mit Beschluss vom 28.09.2010 habe das BVerfG (1 BvR 1660/08) diese Rechtsauffassung teilweise modifiziert: für Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhten, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt habe. Wenn auch solche Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen würden, überschreite dies die Grenzen ?zulässiger Typisierung?. Denn eine solche Auszahlung aus der Lebensversicherung könne nicht mehr von einer Auszahlung aus einer rein privat abgeschlossenen Lebensversicherung unterschieden werden. Dem habe die Beklagte in ihren Bescheiden vom 14.03.2011 Rechnung getragen, indem sie nur noch den ?betrieblichen Anteil? der jeweiligen Lebensversicherungen der Beitragserhebung unterworfen habe. Die mit den Bescheiden vom 14.03.2011 geforderten Beiträge seien daher rechtmäßig. Es sei sachgerecht, die Beitragserhebung für versicherungspflichtige Rentner in erster Linie an ihrer aktuellen ?Leistungsfähigkeit? auszurichten, so dass der Umstand, dass der betriebliche Anteil der Lebensversicherungen auf Einkommen beruhe, für das bereits Sozialabgaben bzw. Steuern entrichtet worden seien, keine ausschlaggebende Bedeutung haben könne. Die Ausführungen des Klägers, er würde heute keine Beiträge schulden, wenn der Arbeitgeber die entsprechenden Beträge an ihn als Arbeitslohn ausgezahlt hätte und er daraus eine rein private Lebensversicherung finanziert hätte, seien lediglich hypothetisch. Für die Beitragserhebung im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung komme es ausschließlich auf die ?tatsächlichen Verhältnisse? an, so dass ?hypothetische Alternativerwägungen? eine Beitragslast nicht ausschließen könnten. Auch mag es zutreffen, dass der Kläger bzw. sein Arbeitgeber bei Abschluss der Versicherungsverträge nicht damit hätten rechnen können bzw. müssen, dass es durch die Gesetzesänderung zum 01.01.2004 später zu einer Beitragserhebung kommen werde. Darin liege nach der Entscheidung des BVerfG vom 07.04.2008 (1 BvR 1924/07) keine verfassungsrechtlich verbotene Rückwirkung. Nichts anderes folge aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des hessischen Landessozialgerichts vom 21.02.2011 (L 1 KR 327/10 B-ER). Denn die Beklagte habe zutreffend darauf hingewiesen, dass sich diese Entscheidung lediglich auf die Beitragserhebung bzw. Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Mitgliedern bezieht. Der Kläger sei jedoch als Rentner versicherungspflichtig. Alleine der Umstand, dass der Kläger früher freiwillig versichert gewesen sei, sei unerheblich, denn die Beitragserhebung knüpfe an den aktuellen Versicherungsstatus an.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.08.2011 Berufung einlegen lassen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Mannheim sei die Beitragserhebung aus den Lebensversicherungen, auch soweit der Zeitraum vor dem 01.01.2003 betroffen sei, rechtswidrig. Insoweit liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vor. Der Gesetzgeber habe die Erträge aus privaten Lebensversicherungen pflichtversicherter Rentner keiner Beitragspflicht unterworfen. Die Zahlungsweise unterscheide sich hier aber nicht wesentlich von der Einzahlung auf private Kapitallebensversicherungsverträge. Es könne nicht darauf ankommen, wer die Verträge abgeschlossen habe. Hätte der Arbeitgeber die für die Lebensversicherungen des Klägers verwendeten Gelder direkt an den Kläger ausgezahlt, hätte der Kläger diese Beträge zum Aufbau einer privaten Lebensversicherung nutzen können, ohne dass die Erträge der Beitragsbemessung durch die Beklagte unterlegen hätten. Damit würde aber der vom Gesetzgeber des Betriebsrentenrechts gewünschte Zweck der betrieblichen Altersversorgung ausgehöhlt. Es handele sich dabei auch nicht lediglich um eine ?hypothetische Alternativerwägung?, wie das Sozialgericht ausführe. Das Bundesverfassungsgericht habe diese Überlegungen zur Rechtfertigung der vorgenommenen Gleichbehandlung des ungleichen Sachverhalts in seiner Entscheidung vom 28.09.2010, - 1 BvR 1660/08 - selbst in seine Überlegungen mit einbezogen. Der Kläger sehe sich außerdem in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutz verletzt. Noch zum Zeitpunkt der Umschreibung der Versicherungsverträge zum 01.01.2003 sei für den Kläger nicht ersichtlich gewesen, dass er sich mit der Auszahlung der Versicherungssummen einer Beitragspflicht der Beklagten gegenüber sehen werde. Dem Kläger seien daher jedwede Gestaltungsmöglichkeiten abgeschnitten gewesen, um die finanzielle Absicherung seines Lebensabends zu planen. Hätte der Kläger gewusst, dass die Gesetzesänderung anstehe und zukünftig die Auszahlungsbeträge aus den Lebensversicherungen beitragspflichtig werden würden, hätte er die Auszahlung der Rückkaufwerte der Lebensversicherungen zum 31.12.2002 mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsvertrag beantragt. Da die Beiträge in der gesamten Laufzeit der Versicherungen - mehr als 20 Jahre lang - aus versteuertem Einkommen des Klägers bezahlt worden seien, seien die Versicherungsverträge insgesamt ab der Änderung wie private Lebensversicherungen zu behandeln. Im Falle des Klägers sei das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen den Zeiträumen bis zum 31.12.2002 und dem Zeitraum ab 01.01.2003 der Weg der Überweisung der Beitragszahlungen an die A. Lebensversicherung AG vom Konto des Arbeitgebers bzw. vom Konto des Klägers gewesen.

Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.07.2011 und die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und trägt vor, entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten unterliege der jeweilige betriebliche Anteil der Kapitalleistung aus den Versicherungen Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ... und Nr. 2 ... 1 ... der Beitragspflicht. Die entsprechenden betrieblichen Anteile würden sich aus den Schreiben der A. Lebensversicherungs-AG vom 31.01.2011 ergeben. Es liege kein Grund vor, die betrieblichen Anteile aus den ehemaligen Direktversicherungen des Klägers nicht der Beitragspflicht zu unterwerfen. Ebenso wenig sei eine Verletzung des Klägers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG zu erkennen.

Mit Schreiben vom 02.07.2012 hat die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG- zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind lediglich noch die Änderungsbescheide der Beklagten vom 14.03.2011 für die vier Lebensversicherungen. Damit wurden die zuvor ergangenen Bescheide vom 24.11.2009, 21.04.2010 und 30.04.2010 dahingehend abgeändert, dass anstelle des gesamten Auszahlungsbetrages nur der von der A. jeweils unter dem 31.01.2011 mitgeteilte betriebliche Anteil an der Kapitalleistung der Beitragspflicht unterworfen wurde. Der Bescheid vom 18.03.2011 betreffend die Lebensversicherung Nr. 2 ... 1 ... wurde dahingehend geändert, dass diese nunmehr hinsichtlich des betrieblichen Anteils an der Kapitalleistung ebenfalls der Beitragspflicht unterworfen wurde. Die zuvor ergangenen Beitragsbescheide sowie der Widerspruchsbescheid vom 11.08.2010 sind durch diese Änderungsbescheide ersetzt worden. Soweit bezüglich der Lebensversicherungen Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ... und Nr. 2 ... 1 ... zuvor höhere Beiträge aufgrund der Grundlage der gesamten Kapitalleistungen festgesetzt worden sind, hat die Beklagte diese mit den Änderungsbescheiden aufgehoben und der Kläger dieses Anerkenntnis schon im erstinstanzlichen Verfahren angenommen.

Die Änderungsbescheide vom 14.03.2011 sind auch im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat damit vom Kläger zu Recht Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge jeweils aus den betrieblichen Anteilen der Kapitallebensversicherungen Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ..., Nr. 2 ... 1 ... und Nr. 2 ... 1 ... der A. Lebensversicherungs-AG erhoben.

Rechtsgrundlage der Beitragserhebung sind die §§ 229, 237, 248, 250 Abs. 1 Nr. 1, 252 des Fünften Buches Sozialgesetzbuches - SGB V. Maßgeblich ist das zum Zeitpunkt der Auszahlung der streitgegenständlichen Beträge (hier zum 01.12.2009, 01.04.2010, 03.05.2010 und 01.10.2010) geltende Recht. Mangels anderslautender Übergangsregelung ist deswegen insbesondere § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des am 01.01.2004 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 143 GMG vom 14.11.2003, BGBl I S. 2190, anzuwenden (vgl. dazu auch KassKomm-Peters, SGB V § 229 Rdnr. 16 a.E.). Damit ist eine unzulässige Rückwirkung der Norm nicht eingetreten. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu unmissverständlich entschieden, dass eine Leistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 Regelung 2 SGB V der Beitragspflicht unterliegt, wenn der Versicherungsfall nach dem 31.12.2003 eintritt und der Anspruch auf eine vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeitpunkt entsteht (BSG, Urteil vom 13.09.2006 - B 12 KR 5/06 R - in Juris).

Gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i. V. m § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V gelten als der Rente vergleichbare beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtiger Rentner auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt werden. Nach § 248 Satz 1 SGB V ist für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der volle allgemeine Beitragssatz anzuwenden. Die Beiträge tragen die Versicherungspflichtigen allein (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Mangels anderweitiger Regelung in den §§ 253 ff. SGB V haben sie die Beiträge aus Renten der betrieblichen Altersversorgung i. S. d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch selbst zu zahlen (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Gem. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der seit 01.01.2004 geltenden Fassung gilt ein 1/120 einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung für längstens 120 Monate als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wenn eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist. Die beitragsrechtliche Berücksichtigung einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung auf fiktiver Grundlage ist für einen begrenzten Zeitraum als Rente der betrieblichen Altersversorgung in gesetzlich bestimmter monatlicher Höhe erlaubt, wenn diese Leistung unabhängig von den Zahlungsmodalitäten den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 SGB V - hier der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V - zuzuordnen ist, d.h. sie ihre Wurzel in einem der in § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V enumerativ aufgeführten Rechtsverhältnisse hat. Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen sind auch dann zur Beitragsbemessung heranzuziehen, wenn sie als solche bereits ursprünglich oder nachträglich vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden waren. Liegt der Versicherungsfall (wie der Eintritt von Berufsunfähigkeit oder das Erreichen des Rentenalters) nach dem 31.12.2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeitpunkt, unterliegt sie gem. § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V der Beitragspflicht (BSG, Urt. v. 25.04.2007, B 12 KR 25/05 R - m. w. N. zur Rechtsprechung, auch (zusammenfassend) BSG, Urt. v. 12.11.2008, - B 12 KR 9/08 R -).

Für die Anwendung des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V kommt es nicht auf die formale Bezeichnung der Leistung, sondern auf ihre materielle-objektive Eigenart an (BSG, Urt. v. 26.03.1996, - 12 RK 44/94 -). Hierfür sind arbeitsrechtliche Begriffsbildungen oder Rechtsinstitute ebenso wenig maßgeblich wie die Legaldefinitionen des BetrAVG. Vielmehr ist der Begriff der ?betrieblichen Altersversorgung? in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V eigenständig krankenversicherungsrechtlich zu verstehen und kann insbesondere über den Anwendungsbereich des BetrAVG hinausgehen. Erforderlich (und ausreichend) ist, dass die Leistung einen Betriebsbezug aufweist, Versorgungsfunktion hat und Gehaltsabhängigkeit vorliegt. Unter Betriebsbezug ist ein Bezug zum bisherigen Arbeitsleben des Versicherten zu verstehen. Versorgungsfunktion liegt vor, wenn die Leistung den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist, sie also - wie der Begriff ?Versorgungsbezüge? in § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V verdeutlicht - für den Arbeitnehmer Einkommensersatz- und für dessen Hinterbliebene Unterhaltsersatzfunktion hat (vgl. BSG, Urt. v. 10.03.1994, - 12 RK 30/91 -, auch etwa BSG, Urt. v. 26.03.1996, - 12 RK 44/94 ? zu Leistungen in einem Sozialplan). Gehaltsabhängigkeit bedeutet, dass die Versorgungsleistung der Höhe nach vom Gehalt aus dem Arbeitsverhältnis abhängt (BSG, Urt. v. 15.12.1994, - 12 RK 57/92 -). Die Versorgung kann (verwaltungs-)technisch oder organisatorisch etwa als Direktversicherung, Pensionszusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse oder Pensionsfond ausgestaltet werden (vgl. dazu auch § 1 Abs. 2 BetrAVG).

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte zu Recht Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die dem Kläger von der A. Lebensversicherungs-AG ausbezahlte Kapitalleistung aus den betrieblichen Anteilen der vier Kapitallebensversicherungen erhoben. Die Finanzierung der Kapitallebensversicherungen war ein vereinbarter Gehaltsbestandteil des Klägers. Die Beklagte hat die Kapitalzahlungen zu Recht als Versorgungsbezüge angesehen, auf monatliche Bezüge umgelegt und aus den sich ergebenden Beträgen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge errechnet; Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt und begründet, warum die Beitragserhebung durch die Beklagte rechtmäßig ist. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen und verweist insoweit auf die Entscheidungsgründe im Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf den Vortrag im Berufungsverfahren ist lediglich ergänzend auszuführen, dass es sich auch nach Auffassung des Senats um eine rein hypothetische Erwägung handelt, ob der Kläger im Falle des Ausbezahlens der vom Arbeitgeber geleisteten Versicherungsbeiträge als Gehaltszahlung an ihn selbst diese Beträge in eine private Kapitallebensversicherung gezahlt hätte. Tatsächlich ist hier die Vorsorge nicht in Form einer privaten Lebensversicherung getroffen worden, sondern der Kläger hat sich für die Form der betrieblichen Altersvorsorge entschieden. Maßgeblich ist insoweit allein, wer während des Arbeitsverhältnisses die Stellung des Versicherungsnehmers innehatte. Handelt es sich - wie hier - um eine Direktversicherung, bei der der Arbeitsgeber als Versicherungsnehmer auftritt, ist es nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht entscheidend, wer die Beiträge gezahlt hat. Selbst wenn diese vom Kläger selbst entrichtet worden wären, wäre noch der für die Beitragspflicht ausschlaggebende Betriebsbezug gegeben.

Denn das BVerfG hat in seinem Urteil vom 28.09.2010 - anknüpfend an die institutionelle Abgrenzung des BSG - streng danach differenziert, ob die der Beitragspflicht unterworfene Kapitalzahlung auf Beiträgen beruht, die zu einem Zeitpunkt geleistet wurden, zu dem der Arbeitgeber Versicherungsnehmer des Lebensversicherungsvertrages war, es sich also um eine betriebliche Altersvorsorge in Form der Direktversicherung handelt, oder ob die Beiträge vom versicherten Arbeitnehmer nach dessen Eintritt als Versicherungsnehmer in den Versicherungsvertrag gezahlt wurden. Nur für den letzteren Fall sieht das BVerfG in der Unterwerfung der daraus erwirtschafteten Kapitalleistung unter die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, da sich derartige Beiträge nicht von den Beitragszahlungen in rein private Lebensversicherungen unterscheiden, deren Versicherungsleistung nicht der gesetzlichen Beitragspflicht unterliegt. Sofern aber der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist, es sich also der Form nach um eine Direktversicherung handelt, kommt es nicht darauf an, von wem die Beitragszahlungen erbracht werden, da sich der Betriebsbezug allein durch die Einbindung des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer ergibt. Erst mit dem Übergang dieser Versicherungsnehmereigenschaft auf den versicherten Arbeitnehmer entfällt der Betriebsbezug, so dass die Versicherung erst ab diesem Zeitpunkt einer rein privaten Lebensversicherung gleichsteht. Dies hat der Senat bereits wiederholt entschieden (vgl. Urteil vom 08.06.2011 - L 5 KR 4594/09 -, Beschlüsse vom 13.07.2011 - L 5 KR 4829/10 ER-B - und zuletzt vom 05.06.2012 - L 5 KR 3041/11 -). Veranlassung hiervon abzuweichen, bestand im vorliegenden Verfahren nicht.

Soweit der Kläger eine Verletzung von Art. 2 GG mit der Begründung geltend macht, ihm seien jedwede Gestaltungsmöglichkeiten abgeschnitten gewesen, um die finanzielle Absicherung seines Lebensabends zu planen, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Wenn der Kläger mit der Entscheidung für die betriebliche Altersvorsorge in Form der Direktversicherung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht die optimale und ertragreichste Form der Absicherung gewählt hat, ist dies im wirtschaftlichen Leben hinzunehmen, ohne dass dadurch das Freiheitsrecht aus Art. 2 GG betroffen wäre. Die Beitragspflicht aus betrieblichen Versorgungsbezügen knüpft vielmehr an dem das Sozialversicherungsrecht prägenden Grundsatz der Solidarität und damit an die Leistungsfähigkeit an. Eine Rechtsverletzung des Klägers ist deshalb für den Senat nicht erkennbar.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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