L 19 AS 1847/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 122/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1847/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 338/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 22.09.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begeht die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 20.07.2009 bis zum 15.05.2011.

Der am 00.00.1963 geborene Kläger beantragte am 03.07.2009 Leistungen nach dem SGB II. Er gab an, er werde bis zum 19.07.2009 Arbeitslosengeld I i. H. v. täglich 36,11 Euro beziehen. Zu seinem Vermögen gab der Kläger - unter Vorlagen von Kopien des Sparbuches und der Kontenauszüge - an, er verfüge über ein Girokonto mit einem Guthaben von 590,34 Euro zum 21.07.2009 und ein Sparbuch mit einem Guthaben von 211,15 Euro zum 21.07.2009.

Des Weiteren sei er Inhaber einer Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz.

Hierzu legte der Kläger Unterlagen und Angaben seines Versicherers vor, aus denen sich ergibt, dass er eine am 01.10.1978 beginnende kombinierte Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz mit einem vereinbarten Ablaufdatum zum 30.09.2023 abgeschlossen hat, die keinem Verwertungsausschluss nach § 168 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), unterliegt.

Bei Rückkauf der Versicherung zum 01.08.2009 stünde einer Summe bereits gezahlter Beiträge von 11.598,38 Euro ein Rückkaufwert inkl. Überschussbeteiligung von 12.756,69 Euro gegenüber bei einer bislang erreichten Garantieleistungen von 23.391,00 Euro zum Ablauf am 01.10.2023.

Mit Schreiben vom 29.07.2009 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung seines Leistungsantrages an. Der Kläger machte daraufhin die Unwirtschaftlichkeit der angesonnenen Verwertung seiner Lebensversicherung und den damit einhergehenden Verlust seiner Berufsunfähigkeitsversicherung geltend.

Mit Bescheid vom 23.07.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, weil sein nach der Summe der eingezahlten Beiträge im Verhältnis zum Rückkaufswert wirtschaftlich verwertbares Vermögen von 13.558,48 Euro die insgesamt zustehenden Freibeträge von 7650,00 Euro übersteige.

Mit Bescheid vom 07.12.2009 wies der Kreis L1 den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 22.12.2009 hat der Kläger Klage erhoben und angegeben, seine Lebensversicherung sei ausschließlich zu seiner Altersvorsorge bestimmt; bei ihrer Auflösung verliere er zugleich seine Vorsorge gegen den Eintritt von Berufsunfähigkeit.

Entgegen der Annahme der Beklagten sei die Verwertung der Lebensversicherung auch unwirtschaftlich, weil er bei vorzeitiger Auflösung des Vertrages seine bis zum 01.10.2023 zu erwartende weitere Überschussbeteiligung verlieren werde.

Im Übrigen habe ihn bei der Antragstellung niemand darüber belehrt, dass er sich gegen den Zwang zur Auflösung seiner Lebensversicherung durch Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses wappnen könne. Insofern komme in Betracht, Leistungen bei Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches rückwirkend ab Antragstellung zu gewähren. Einen Verwertungsausschluss werde er aber nur vereinbaren, sobald dies sicher feststehe.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

Gegen den am 05.10.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.10.2011 Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein Begehren weiter.

Auf Aufforderung des Senates hat der Kläger mitgeteilt, der streitige Zeitraum sei begrenzt durch die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung am 16.05.2011. In der Zwischenzeit habe er von privaten Darlehen und dem Ertrag einer geringfügigen Tätigkeit ab März 2011 gelebt. Die Lebensversicherung sei auch bislang nicht gekündigt oder einem Verwertungsausschluss unterworfen worden. Der Kläger hat einen Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 07.02.2012 vorgelegt und zum Beleg seiner Behauptung, er könne Berufsunfähigkeitsschutz nach Kündigung seiner Versicherung nicht erneut erlangen, die Auskunft eines Versicherungsvertreters vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 22.09.2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2009 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit vom 20.07.2009 bis 15.05.2011 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Richtige Beklagte ist die durch den Bürgermeister vertretene Stadt L, der dem Kreis L1 als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchen die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen hat. (§ 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II im Kreis L1 vom 20.06.2008). Passiv legitimiert ist, wer dem Hilfebedürftigen im Außenverhältnis materiell zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist bzw. wäre.

Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 23.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2009, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers vom 03.07.2009 abgelehnt hat. Bei vollständiger Ablehnung von Grundsicherungsleistung nach dem SGB II wäre danach grundsätzlich über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten möglichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zu entscheiden (vgl. BSG Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 160/10 R), der Kläger hat sein Begehren jedoch im Berufungsverfahren auf den Zeitraum vom 20.07.2009 bis zum 15.05.2011 beschränkt.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23.09.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2009 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten in der Zeit vom 20.07.2009 bis zum 15.05.2011 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu.

Der Kläger erfüllte zwar die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II, insofern er das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte, sowie erwerbsfähig war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hatte.

Er war jedoch nicht hilfebedürftig im Sinne vom §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II.

Hilfebedürftig ist hiernach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigten Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).

Diese Voraussetzung erfüllte der Kläger nicht, weil er im gesamten streitigen Zeitraum über verwertbares Vermögen oberhalb der zustehenden Vermögensfreibeträge verfügte, dessen Verwertung wirtschaftlich zumutbar möglich war und keine besondere Härte bedeutet hätte.

Die bei Antragstellung nachgewiesenen Geldbestände auf dem Girokonto und einem Sparkonto sowie der Rückkaufwert der Lebensversicherung stellen zu berücksichtigendes Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II dar, an dessen Verwertbarkeit im Sinne einer tatsächlichen, jedenfalls innerhalb von 6 Monaten möglichen wirtschaftlichen Nutzbarmachung (vgl. BSG Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R und vom 23.05.2012 - B 14 AS 100/11 R) keine Zweifel bestehen.

Die Verwertung insbesondere der Lebensversicherung ist auch nicht nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Halbsatz 1 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich.

Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstandes ist ausschließlich nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der (aktuell) auf dem Markt zu erzielenden Geldwert in einem deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen" Wert steht (hierzu und im folgenden BSG Urteil v. 23.05.2012 - B 14 AS 100/11 R).

Hierbei ist bei fest kalkulierbaren Wertanlagen wie z. B. Kapitallebensversicherungen auf den Anschaffungswert abzustellen, bei anderen Wertanlagen stellt der Anschaffungswert lediglich ein Indiz für die Frage der Unwirtschaftlichkeit dar, die sich im Übrigen - ohne feste Grenze der Unwirtschaftlichkeit - aus dem Verkehrswert ergibt. (BSG a. a. O.).

Bei der streitgegenständlichen Lebensversicherung handelt es sich um eine kalkulierbare Geldanlage. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist schon deshalb nicht gegeben, weil bei einem realisierbaren Rückkaufwert von 12.756,69 Euro zum 01.08.2009 der als Summe der eingezahlten Beiträge von 11.598,38 Euro errechnete Anschaffungswert überschritten wird.

Die in ähnlichen Fallgestaltungen oft auftretende Frage, welcher Verlust bei der Veräußerung von Lebensversicherungen hinzunehmen ist, ohne dass eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit ihrer Verwertung angenommen werden muss (vgl. z. B. BSG Urteil v. 15.04.2008 - B 14 AS 27/07 R), stellt sich daher nicht.

Entgegen der Annahme des Klägers ergibt sich eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit auch nicht daraus, dass er bei vorzeitiger Auflösung seiner Versicherung die erwartete Überschussbeteiligung für die Zeit bis zum vorgesehen Ablauftermin verlöre. Denn bei der Beurteilung, ob eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6, 1. Halbsatz SGB II vorliegt, ist nur der aktuelle Verkaufspreis dem Substanzwert gegenüber zu stellen. Gewinnerwartungen bleiben außer Betracht (zusammenfassend BSG Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R mit Nachweisen der vorhergehenden Rechtsprechung).

Das Vermögen des Klägers ist nur im Rahmen der ihm zustehenden altersabhängigen Vermögensfreibeträge geschützt, nicht aber als Altersvorsorge nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II oder wegen eines Verwertungsausschlusses nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II.

Das Vermögen des Klägers ist in Höhe der dem Kläger nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 4 SGB II zustehenden Freibeträge von der Verwertung ausgenommen.

Der Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II betrug im gesamten streitigen Zeitraum durchgängig 750,00 Euro, der Grundfreibetrag i. H. v. 150,00 Euro je vollendetem Lebensjahr nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II bei dem zu Beginn des streitigen Zeitraumes 44-jährigen Kläger anfänglich 6600,00 Euro, zum Ende des streitigen Zeitraumes 6900,00 Euro.

Nach Abzug der Summe dieser Freibeträge vom festgestellten Vermögen verbleibt - die Lebensversicherung ist weiterhin ungekündigt - durchgängig verwertbares Vermögen, das im Übrigen nicht geschützt ist.

Die Lebensversicherung des Klägers ist nicht als Altersvorsorge im Sinne des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II geschützt. Bei der Geldanlage des Klägers handelt es sich weder um eine sog. "Riester-Anlageform" noch liegt eine Zertifizierung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vor (vgl. zu diesen Erfordernissen BSG im Urteil vom 15.08.2008 - B 14 AS 27/07 R).

Auch der Kläger selbst sieht seine Lebensversicherung nicht vorrangig als zur Alterssicherung bestimmt an. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass er im gesamten Verfahrensverlauf - auch in Kenntnis der bestehenden Möglichkeit - keinen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 bzw. § 168 Abs. 3 VVG vereinbart hat in Verbindung mit seiner Bekundung, er habe keinen Verwertungsausschluss vereinbart, um im Notfall eine Rücklage zu haben.

Die Lebensversicherung gewährt ihm auch keine geldwerten Ansprüche, die seiner Altersversorgung dienen und nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II von der Verwertung ausgeschlossen sind, weil eine unwiderrufliche vertragliche Vereinbarung zu ihrem Verwertungsausschluss getroffen wurde. Denn der Kläger hat einen solchen Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 bzw. § 168 Abs. 3 VVG mit seinem Versicherungsunternehmen bis zur mündlichen Verhandlung des Senates nicht vereinbart.

Es wäre auch nicht möglich, ihn im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches aufgrund eines behaupteten Beratungsfehlers so zu stellen, als hätte er bereits anfänglich einen Verwertungsausschluss vereinbart. Denn der sozialrechtliche Herstellungsanspruch erlaubt auf der Rechtsfolgenseite nur Gestaltungen, die sich durch zulässige Amtshandlungen herbeiführen lassen, nicht dagegen die Ersetzung von tatsächlichen Umständen - wie hier dem Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung - denen gestaltenden Entscheidungen von Privatpersonen zugrunde liegen.

Die vertragliche Vereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer über den Ausschluss der Verwertbarkeit einer Lebensversicherung vor dem Eintritt in den Ruhestand kann daher nicht im Wege des Sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R und Beschluss v. 16.12.2008 - B 4 AS 77/08 B).

Die Verwertung der Lebensversicherung ist dem Kläger auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie für ihn eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 2. Halbsatz SGB II).

Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R m.w.N., vgl. auch Urteil des Senats vom 27.02.2012 - L 19 AS 2027/10) handelt es sich bei dem im Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alt SGB II verwendeten Begriff "besondere Härte" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Ob von einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alt SGB II auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Demnach setzt § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist nicht allein der Verlust der Altersvorsorge und dessen Zeitpunkt, sondern beides nur zusammen mit einer Versorgungslücke geeignet, eine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II darzustellen. Es sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (BSG Urteile vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R und - B 14 AS 27/07 R).

Eine infolge längerer Zeiten der Arbeitslosigkeit drohende Verringerung der Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung ist kein Härtegesichtspunkt. Hierbei verwirklicht sich ein Risiko, das grundsätzlich im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung durch Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten abgedeckt wird und einen Härtefall daher nicht begründen kann (BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14 AS 27/07).

Die infolge seines Unfalles ehemals beim Kläger vorhandene Beitragslücke in der gesetzlichen Rentenversicherung ist nach dem vorgelegten Versicherungsverlauf vom 07.02.2012 durch Pflichtbeitragszeiten aus Schadensersatz vom 17.08.1987 bis zum 28.02 1990 geschlossen worden.

Nach seinen Angaben dem Senat gegenüber hat der Kläger ab dem 16.05.2011 bis zur mündlichen Verhandlung versicherungspflichtig gearbeitet und steht in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis.

Es kann jedoch auch so dahinstehen, ob sich eine Absicherungslücke aus der (Erwerbs-) Biographie des Klägers ergibt.

Denn eine private Vorsorge wie hier die Lebensversicherung könnte auch vor dem Hintergrund einer festgestellten Versorgungslücke nur dann unter Härtegesichtspunkten verschont bleiben, wenn objektivierbar wäre, dass der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat. Diese Disposition müsste sicherstellen, dass ein Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand zumindest erheblich erschwert ist (vgl. nur BSG Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr 39; Spellbrink, ZfS 2000, 193, 201 ff). Die Lebensversicherung des Klägers ist schon am 30.09.2023 fällig. Der dann 60-jährige Kläger wird jedoch nach aktueller Rechtslage erst mit 66 Jahren und 10 Monaten aus Altersgründern rentenberechtigt sein, vgl. § 7a SGB II.

Es ist auch sonst nicht erkennbar, dass die Lebensversicherung ausschließlich zur Altersvorsorge des Klägers bestimmt ist, da er deren Verwendung disponibel halten will und keinen Verwertungsausschluss vereinbart hat (vgl. BSG Urteil vom 15.08.2008 - B 14/7b AS 68/06 R).

Der vom Kläger in den Vordergrund gestellte drohende Verlust auch seines Berufsunfähigkeitsschutzes bei Auflösung der Lebensversicherung führt nicht zu Annahme einer besonderen Härte, die eine Verwertung unzumutbar erscheinen ließe.

Tatsächlich droht dem Kläger kein endgültiger Verlust des Schutzes gegen die Folgen von Berufsunfähigkeit.

Insoweit ist alleine belegt, dass der Neuabschluss einer Versicherung bei fortgeschrittenem Alter und verringerter Gesundheit wirtschaftlich nachteilig wäre im Vergleich zur Fortführung der langjährig bestehenden und in jungen Jahren abgeschlossenen Versicherung. Auch sieht der Senat eine gute Möglichkeit, dass eine Fortführung der Versicherung gegen der Berufsunfähigkeit bei Aufkündigung der Lebensversicherung - wenngleich möglicherweise unter ungünstigeren als den bisherigen Beitragsbedingungen - in Betracht gekommen wäre. Hierzu gibt es keine weiteren Erkenntnisse, dies schon deshalb, weil der Kläger eine Auflösung seiner Versicherung im gesamten Verfahrensverlauf weder teilweise noch insgesamt in Betracht gezogen oder sich hierum bemüht hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stellt der Verlust privatversicherungsrechtlichen Schutzes gegen das Risiko eintretender Berufsunfähigkeit keinen Gesichtspunkt dar, der dem Zwang zur Verwertung anderweitig nicht geschützten vorhandenen Vermögens im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchenden nach dem SGB II entgegen stehen könnte (BSG Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 52/06 R zum Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes bei Verwertung einer Lebensversicherung bei einem 1951 geborenen Kläger; BSG Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R zum Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes im Rahmen einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit garantierter Kapitalerstattung bei einem 1953 geborenen Kläger).

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass der am 14.05.1963 geborene Kläger nicht zur Personengruppe der vor dem 02.01.1961 geborenen Personen gehört, die ihren Schutz gegen Berufsunfähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung auch nach dessen Abschaffung aufgrund einer Vertrauensschutzregelung behalten haben hat (§ 240 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch - gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI); zur Begründung vgl. BTDrs. 14/4230 Rn 29).

Denn mit der Abschaffung des Schutzes bei Berufsunfähigkeit in der gesetzlichen Pflichtversicherung hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er diesen Schutz für nicht unverzichtbar im Rahmen des beitragsfinanzierten, auf aus Eigenmitteln erworbenen Anwartschaften aufgebauten Schutzsystems des SGB VI gehalten hat.

Dies erlaubt zur Überzeugung des Senates die Folgerung, dass ein privatrechtlicher Schutz gegen den Eintritt von Berufsunfähigkeit erst recht im steuerfinanziertem System der Grundsicherung nach dem SGB II nicht als unverzichtbar anzusehen ist und daher auch dem Grunde keinen Härtegesichtspunkt im Rahmen von § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II 2. Halbsatz darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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