L 16 AS 90/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 443/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 90/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II ist eine Personenmehrheit nach dem SGB II nur dann von rechtlicher Bedeutung, wenn die Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft vorliegen. Dies gilt auch bei der Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten.
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.01.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der 1948 geborene Kläger bezog in den Jahren 2005 bis 2009 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Er wohnt seit 1996 mit seinem 1987 geborenen Sohn (S.) in einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 61,5 qm und einer Gesamtmiete von 476,90 EUR; die Kaltmiete beträgt 409,03 EUR (zuvor 800 DM), die kalten Nebenkosten 41,96 EUR, die Heizkosten 14,38 EUR und die Kosten für Warmwasser 11,53 EUR (Mietbescheinigung vom 16.12.2004). Seit Abschluss der Ausbildung im Juli 2006 arbeitet S. als Großhandelskaufmann. Sein Nettoverdienst betrug 839,14 EUR im Juli 2007, 903,22 EUR im August 2007, 839,14 EUR im September 2007, 839,14 EUR im Oktober 2007, 1222,76 EUR im November 2007 und 852,17 EUR im Dezember 2007.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2007 Leistungen in Höhe von 576,25 EUR (davon 231,25 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung); im Berechnungsbogen wurde erläutert, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gleichen Teilen auf die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt worden seien (Bescheid vom 09.01.21007). Nach einem Schreiben des Beklagten vom 09.01.2007 mit dem Inhalt, dass die Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen würden und er verpflichtet sei, bis zum 01.05.2007 die Kosten zu senken, wurden ihm mit Änderungsbescheid vom 10.04.2007 Leistungen für die Zeit von 01.05.2007 bis 30.06.2007 nur noch in Höhe von 510,76 EUR bewilligt (davon 165,76 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung).

Auf den Fortzahlungsantrag vom 26.06.2007 hin bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 mit Bescheid vom 09.07.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 512,76 EUR (davon 165,76 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2007 wurde der Bescheid vom 09.07.2007 dahingehend gefasst, dass die zu erstattenden Kosten der Unterkunft und Heizung auf 176,19 EUR bemessen wurden und der dem Kläger monatlich zustehende Betrag auf 523,19 EUR festgesetzt wurde; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ab 01.05.2007 nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen seien, und diese sich auf 176,19 EUR, die Hälfte von 352,38 EUR, belaufen würden. Bei der Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten sei die Anzahl der Bewohner zugrunde zu legen, unabhängig davon, ob es sich um eine Wohn-, Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft handele. Bei einem Zwei-Personen-Haushalt für Wohnraum in der Gemeinde A-Stadt sei eine Miete von 338 EUR angemessen. Dabei sei die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter der Wohnungen im maßgeblichen räumlichen Bereich - nach den noch laufenden Ermittlungen zur Erstellung eines Mietspiegels: 5,20 EUR/ qm im unteren Preissegment - mit der angemessenen Wohnfläche für zwei Personen (65 qm) multipliziert worden. Zusätzlich seien die Heizkosten in Höhe von 14,38 EUR zu berücksichtigen, nicht aber die Kosten für Warmwasseraufbereitung, die bereits durch die Regelleistung abgegolten seien. Mit einem weiteren Bescheid vom 30.08.2007 wurden die dem Kläger für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 zustehenden Leistungen nochmals in Höhe von 523,19 EUR bewilligt.

Der Kläger hat am 01.10.2007 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung weiterer 55,06 EUR pro Monat für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 begehrt. Er hat bestritten, dass sein Bedarf für Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang übersteige. Der Beklagte hat erwidert, dass nach Abschluss der Ermittlungen des Landkreises Passau zur Erstellung eines Mietspiegels die angemessenen Unterkunftskosten für einen Zwei-Personen-Haushalt bei monatlich 338,65 EUR (5,21 EUR/qm x 65 qm) liegen würden (Kaltmiete ohne Kosten für Heizung und Warmwasser). Für den Mietspiegel seien die Mietpreise von 1398 Wohnungen im Landkreis Passau zugrunde gelegt worden.

Das Sozialgericht Landshut hat den Beklagten mit Urteil vom 15.01.2009 unter entsprechender Änderung des angefochtenen Bescheids vom 09.07.2007, des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2007 und des Bescheids vom 30.08.2007 verurteilt, dem Kläger im Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich weiteren 55,06 EUR zu gewähren, und die Berufung zugelassen. Der Kläger habe tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 232,69 EUR. Seine Unterkunftskosten seien angemessen im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Bei Prüfung der Angemessenheit sei allein auf die Person des Klägers abzustellen, da die Bedarfsgemeinschaft des Klägers nur aus einer Person bestehe. S. sei nicht gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, weil er in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt aus seinem Erwerbseinkommen selbst zu bestreiten.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 23.04.2009 zugestellte Urteil am 18.05.2009 Berufung eingelegt. Er vertritt die Auffassung, dass es sich um eine ungerechtfertigte Besserstellung des Klägers handele, wenn die angemessenen Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde gelegt werden. Das Zusammenleben des Klägers mit seinem Sohn entspreche einer typischen Bedarfsgemeinschaft, es sei eben nicht von einer bloßen Wohngemeinschaft auszugehen. Aufgrund der Vater-Sohn-Beziehung sei davon auszugehen, dass eine besondere Verbundenheit und gegenseitige Verantwortlichkeit nach wie vor bestehe und nicht wegen der Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4, 2. Halbsatz SGB II "urplötzlich" ende. Noch deutlicher werde dies bei der Fallkonstellation, dass eine Alleinerziehende mit ihrem zweijährigen Kind, welches aufgrund Einkommens aus Unterhalt und Kindergeld nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, zusammenlebe. Der Mutter wären die angemessenen Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt zu gewähren. In diesen häufig auftretenden Fällen könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass es sich um eine reine Wohngemeinschaft handelt. Zudem zeichne sich die Mutter-Kind-Beziehung sicherlich durch eine besondere Verbundenheit und (gegenseitige) Verantwortlichkeit aus. Der Beklagte sei der Auffassung, dass das Bundessozialgericht über Fallkonstellationen von unter 25jährigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammen wohnen und ihren Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen oder Vermögen sichern können, weder am 18.06.2008 noch zu einem anderen Zeitpunkt entschieden habe.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.01.2009 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 09.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2007 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.01.2009 zurückzuweisen.

Das Sozialgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass hier das Urteil des BSG vom 18.06.2008 zugrunde zu legen sei. Danach sei ein Hilfebedürftiger, der nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, als allein stehend anzusehen. Soweit der Beklagte auf die Fallkonstellation einer Alleinerziehenden mit ihrem zweijährigen Kind verweise, sei dies mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nicht zu vergleichen.

Das zunächst unter dem Aktenzeichen L 16 AS 327/09 geführte Verfahren ist auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 02.10.2009 zum Ruhen gebracht worden. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil sie im Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.01.2009 zugelassen worden ist, und auch fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 SGG).

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht Landshut hat zu Recht entschieden, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 Anspruch auf zusätzliche Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 55,06 EUR hat. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind teilweise rechtswidrig und entsprechend abzuändern.

Das gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähige Jobcenter ist im Lauf des Verfahrens als Rechtsnachfolger an die Stelle der zunächst beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Das Passivrubrum ist dementsprechend von Amts wegen berichtigt worden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 09.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2007 sowie der ausführende Bescheid vom 30.08.2007, soweit es um den Anspruch des Klägers auf Kosten der Unterkunft und Heizung geht. Der Kläger hat seine Klage in zulässiger Weise auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich beim Streit um die Kosten der Unterkunft und Heizung um einen abtrennbaren selbstständigen Anspruch (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012, B 4 AS 109/11 R, Juris Rn. 12).

Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er erfüllt die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 SGB II. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 65. Lebensjahr; er ist erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II). Er ist auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. §§ 9, 11,12 SGB II. § 9 Abs. 5 SGB II steht der Annahme von Hilfebedürftigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum nicht entgegen.

Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Hilfebedürftige von Verwandten oder von Verschwägerten, mit denen sie in Haushaltsgemeinschaft leben, Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. § 1 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) trifft die konkretisierende Regelung, dass Leistungen von Verwandten und Verschwägerten in der Haushaltsgemeinschaft nur erwartet werden können, wenn diesen Angehörigen ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebensunterhaltsniveau verbleibt (vgl. BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 6/06 R, Juris Rn. 16). Das monatliche Einkommen, das S. im Zeitraum von Juli bis Dezember 2007 zufloss, ist nicht ausreichend gewesen, um die Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II auszulösen. Er verdiente monatlich maximal 900 EUR. Lediglich im November 2007 hatte er wegen der Auszahlung eines Weihnachtsgeldes ein höheres Nettoeinkommen, nämlich 1.222,76 EUR. Nach Abzug der Absetzbeträge (100 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2, 140 EUR + 32,23 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II in der 2007 geltenden Fassung) ergibt sich ein bereinigtes Einkommen von 950,53 EUR, das den Freibetrag des § 1 Abs. 2 Alg II-V in Höhe von 921,25 EUR (345 EUR + 345 EUR + 231,25 EUR) nur um 29,38 EUR übersteigt.

Der Kläger kann weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in der von ihm beantragten Höhe von monatlich 55,06 EUR beanspruchen. Rechtsgrundlage ist § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächliche Aufwendungen von monatlich 232,19 EUR (dazu 1.). Die angemessenen Aufwendungen beliefen sich auf 260,50 EUR (dazu 2.). Zusätzlich zu den vom Beklagten bereits bewilligten 176,19 EUR stehen dem Kläger daher die beantragten weiteren 55,06 EUR monatlich zu.

1. Die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung beliefen sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf monatlich 232,19 EUR. Bei gemeinsamer Nutzung einer Unterkunft sind im Regelfall die Kosten anteilig pro Kopf aufzuteilen; dies gilt auch dann, wenn die Wohnung gemeinsam mit Personen genutzt wird, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören (vgl. nur BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 58/06 R, Juris Rn. 33; Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06, Juris Rn. 19). Die auf den Kläger entfallende Hälfte der Gesamtmiete (mit kalten und warmen Nebenkosten) in Höhe von 476,90 EUR beläuft sich auf 238,45 EUR. Nach Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung in Höhe von 6,26 EUR (Pauschale), die bereits von der Regelleistung gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst sind, verbleibt ein Betrag 232,19 EUR.

2. Die Unterkunftskosten des Klägers sind angemessen im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die angemessenen Kosten ergeben sich aus dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und angemessenem, sich in der Miethöhe niederschlagenden Wohnstandard (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, Juris Rn. 24). Nach den Ermittlungen des Beklagten zur ortsüblichen Miete (Mietspiegel) ist im Wohnort des Klägers im unteren Preissegment ein Quadratmeterpreis von 5,21 EUR anzusetzen. Bei Berücksichtigung einer angemessenen Wohnfläche von 50 qm errechnet sich eine angemessene (Netto-) Miete von 260,50 EUR.

Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße sind die Wohnraumgrößen zugrunde zu legen, die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau gelten (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R, Juris Rn. 19; Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 15/09 R, Juris Rn. 16). Nach den in Bayern bis 31.12.2007 geltenden Wohnraumförderungsbestimmungen 2003 (Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 11.11.2002, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 18.05.2007) steht dem Kläger als Einzelperson und bei Nutzung einer Zwei-Zimmer-Wohnung eine Wohnfläche von bis zu 50 qm zu.

Wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, ist für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche nicht von einem Zwei-Personen-Haushalt auszugehen, sondern allein auf den Kläger abzustellen, weil der in der Wohnung des Klägers lebende S. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht (mehr) Mitglied der Bedarfsgemeinschaft war. Da S. nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2006 genug verdiente, um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, ist der Tatbestand gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht mehr erfüllt. Nach dieser Vorschrift gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

Der Kläger ist "allein stehend" im Sinn des § 20 Abs. 2 SGB II. Allein stehend im Rechtssinn ist jeder, der nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 6/06 R, Juris Rn. 18; Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06, Juris Rn. 21). Rechtlich unerheblich ist, ob der Kläger und S. eine Haushaltsgemeinschaft bilden und welcher Grad der Verbundenheit und gegenseitigen Verantwortlichkeit zwischen dem Kläger und seinem Sohn besteht. Abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft nicht. Nach dem SGB II ist eine Personenmehrheit nur dann von Bedeutung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 SGB II vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06, Juris Rn. 21; außerdem Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 8/08 R; Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 17/09 R; Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.06.2012, L 13 AS 246/09). Wie das BSG in der Entscheidung vom 18.06.2008 (B 14/11b AS 61/06) dargelegt hat, gilt dies gerade auch bei der Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten. Im Übrigen bestätigt die Regelung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch bei den Unterkunftskosten nur den Anknüpfungspunkt des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft gibt. Danach sind Unterkunftskosten, die den angemessenen Umfang übersteigen, so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Kosten zu senken.

Entgegen der Auffassung des Beklagten führt es nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Klägers, wenn die angemessenen Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde gelegt werden. Wie das BSG in der Entscheidung vom 18.06.2008 (B 14/11b AS 61/06) hervorgehoben hat, würde es im Gegenteil eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung bedeuten, wenn dem in einer Wohngemeinschaft wohnenden allein stehenden Hilfebedürftigen im Rahmen der Bestimmung der abstrakten Angemessenheit eine geringere Quadratmeterzahl zugebilligt würde als dem tatsächlich allein wohnenden Hilfebedürftigen. Dies ist nicht anders zu beurteilen, wenn wie hier hilfebedürftiger Vater und nicht hilfebedürftiger erwachsener Sohn zusammenwohnen.

Zu Unrecht bezweifelt der Beklagte, dass die Entscheidung des BSG vom 18.06.2008 (B 14/11b AS 61/06) für den hier vorliegenden Fall eines nicht hilfebedürftigen, 20jährigen Kindes, das mit einem hilfebedürftigen Elternteil zusammenwohnt, Bedeutung hat. Für die rechtliche Einordnung kommt es darauf an, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, wobei in der Fallgruppe gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II entscheidend ist, ob das unter 25jährige Kind seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann. Ist dies der Fall, liegt keine Bedarfsgemeinschaft vor und der hilfebedürftige Elternteil ist ungeachtet des Umstands, dass er mit seinem Kind eine Wohnung teilt, zwecks Berechnung der ihm zustehenden Leistungen allein stehend im Rechtssinn.

Der vom Beklagten angesprochene Fall eines nicht hilfebedürftigen zweijährigen Kindes, das mit seiner hilfebedürftigen alleinerziehenden Mutter zusammenlebt, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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