L 13 R 661/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 4219/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 661/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 18/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Sowohl im Hinblick auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als auch auf solche zur Teilhabe am Arbeitsleben hat die Abgrenzung des Zuständigkeitsbereichs der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits danach zu erfolgen, ob ein begehrtes Hilfsmittel dem medizinischen Ausgleich der Behinderung dienst (dann Zuständigkeit der Krankenversicherung) oder ob es ausschließlich für Verrichtungen bei bestimmten Berufen oder Berufsausbildungen benötigt wird (dann Zuständigkeit der Rentenversicherung.
2. Hat ein erstangegangener Rentenversicherungsträger den Antrag auf Beschaffung eines Hörgeräts nicht fristgerecht an die "eigentlich" zuständige Krankenkasse abgegeben, hat er die Verpflichtung, einen Anspruch aus allen Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004, Az.: B 7 AL 16/04 R; BSG, Urteil vom 26.06.2007, Az.: B 1 KR 34/06 R). Er hat damit auch diejenigen Leistungen zu erbringen, für die "eigentlich" die Krankenkasse zuständig ist (BSG, Urteil vom 21.08.2008, Az.: B 13 R 33/07 R) und damit auch solche aus § 33 Abs. 1 SGB V.
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 23. Juli 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2009 verurteilt, 946,50 Euro an die Klägerin sowie 946,50 Euro an die Firma H. G. GmbH zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein Hörgerät der Firma G. (Marke "P.") in Höhe von insgesamt 1.893.- Euro hat.

Die 1972 geborene Klägerin ist an Taubheit grenzend schwerhörig mit einem Grad der Behinderung von 100 und Merkzeichen RF. Die Klägerin ist in der Sachbearbeitung im Bereich Rehabilitanden und Schwerbehinderte in der Agentur für Arbeit W. tätig. Hier muss sie nach eigenen Angaben sowohl mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch mit Kunden des Reha-Teams kommunizieren.

Die Klägerin beschaffte im Februar 2003 ein digitales Hörgerät für das rechte Ohr, im Januar 2004 ein digitales Hörgerät für das linke Ohr.

Mit Antrag vom 15. Juli 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme von Kosten für Hörgeräte der Firma G. in Höhe von bei 3.780.- Euro. Eine Verstärkung weit über das normale Maß von durchschnittlich Hörbehinderten sei erforderlich. Das ausgewählte Hörgerät zeichne sich durch eine geringe Rückkopplungstendenz bei gleichzeitig extrem starker, frequenzabhängig einstellbarer Verstärkung des Tonsignals aus. Verbessert werde insbesondere die Koordinierung des Wortverstehens bei gleichzeitiger Beobachtung der Lippen des Sprechenden. Dies sei insbesondere am Arbeitsplatz notwendig, zumal im Einzelfall auch ausländische Kunden mit starkem Akzent bedient werden müssten.

Die Bundesagentur für Arbeit bestätigte, dass die Klägerin als Angestellte an Besprechungen in der Agentur teilnehmen müsste. Im alltäglichen Berufsleben würden die Hörgeräte eine große Hilfe und Erleichterung darstellen.

Die Klägerin legte einen Bericht des Hörgeräteakustikermeisters vor, wonach die Versorgung mit den Geräten P. zum heutigen Stand der Technik die einzige Möglichkeit darstelle, einen Hörverlust, wie er bei der Klägerin vorliege, mit deutlicher Verbesserung zu versorgen. Nicht mehr wahrnehmbare Frequenzen würden von diesem Gerät in den noch hörfähigen Bereich transportiert und so für den Schwerhörigen wieder wahrnehmbar. Vorgelegt wurde ferner ein Kostenvoranschlag in Höhe von 3.780.- EUR.

Der Antrag wurde mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 12. September 2008 abgelehnt. Die Krankenversicherung habe die für die Berufsausübung erforderlichen Hilfsmittel als medizinischen Ausgleich einer Behinderung zur Verfügung zu stellen. Eine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers bestehe nur, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. nur für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und dieses Hilfsmittel bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Dies sei hier nicht der Fall, da keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennbar sei.

Mit gleichlautendem Antrag vom 13. Januar 2009 begehrte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten in Höhe von 3.780 Euro für Hörgeräte der Firma G. von der Beklagten. Ein gleichlautender Antrag an die Bundesagentur für Arbeit wurde von dieser mit Schreiben vom 14. Januar 2009 zuständigkeitshalber ebenfalls an die Beklagte abgegeben.

Der Antrag wurde von der Beklagten mit angefochtenem Bescheid vom 3. Februar 2009 abgelehnt. Neue Tatsachen seien gegenüber der letzten Antragstellung nicht vorgetragen worden. Bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Sachbearbeiterin sei das Tragen dieser technischen Hilfe erforderlich. Es handele sich jedoch um eine medizinische Grundversorgung, da die Klägerin generell auf diese Hörhilfen angewiesen sei. Die Anforderungen in ihrer Berufstätigkeit ließen keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen. Die persönlich und telefonisch geführte Kommunikation mit anderen Gesprächspartnern zum Beispiel bei einer dienstlichen Besprechung sei Teil ihrer Berufsausübung. Ebenso bestünden an vielen Arbeitsplätzen ungünstige Geräuschkulissen.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie benötige für den Kontakt mit Kunden und bei den Teamsitzungen an ihrer Arbeitsstelle eine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten. Eine Grundversorgung sei an ihrer Arbeitsstelle nicht hilfreich.

Der ärztliche Dienst der Beklagten erklärte, bei einer der Hörstörung und den beruflichen Anforderungen adäquaten Hörgeräteversorgung sei der Bezugsberuf weiter zumutbar.

Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2009 zurückgewiesen. Die Versorgung mit Hörhilfen gehöre grundsätzlich nicht zu den Leistungen der Beklagten. Nach §§ 27, 32 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse auch die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Hörhilfen seien Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V. Eine Leistungsgewährung seitens der Beklagte könne nur in Betracht kommen, wenn die Hörhilfe als höherwertige Hörgeräteversorgung über die Basisversorgung erforderlich sei, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Klägerin benötige das höherwertige Hörgerät auch in Alltagssituationen außerhalb der Berufstätigkeit, um am sozialen Leben teilnehmen zu können. Von einer besonderen speziellen beruflichen Betroffenheit, die Hörgeräte nur im Beruf der Mitarbeiterin bei der Agentur für Arbeit erforderlich mache, sei nicht auszugehen.

Bei der beigeladenen Ersatzkasse Hamburg Münchener beantragte die Klägerin erstmals am 26. September 2008 die Erstattung der Kosten der Hörgeräte der Firma G. in Höhe von 3780.- Euro. Ein schwächeres Gerät reiche nicht mehr aus und sie brauche demzufolge leistungsstärkere. Die Kosten dafür seien wesentlich höher als bei den schwächeren Geräten.

Mit Schreiben vom 5. November 2008 wies die Beigeladene darauf hin, dass leistungsstarke Hörgeräte aus der vertraglichen Grundlage zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und den gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der Festbeträge durch den Leistungserbringer zur Verfügung zu stellen seien. Eine Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge sei ausgeschlossen.

Mit Schreiben vom 7. Januar 2009, bei der Beigeladenen eingegangen am 13. Januar 2009, begehrte die Klägerin erneut unter Beifügung der befürwortenden Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit die Übernahme der Kosten für das Hörgerät von der Beigeladenen.

Die Beigeladene erklärte daraufhin mit Schreiben vom 25. März 2009, sie beteilige sich in Höhe der bestehenden Festbeträge (insgesamt 1218,50 Euro) an den Kosten der Hörgeräte. Eine Kostenübernahme von 3.780 Euro müsse abgelehnt werden. Nach den vorliegenden Audiogrammen sei bei der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit der Klägerin kein Sprachverstehen möglich. Die danach noch mögliche akustische Orientierung sei bei branchenüblicher Kalkulation und nach vertraglicher Grundlage orientiert an den vorliegenden Audiogrammen, den technischen Daten und Empfehlungen auch mit Hörgeräten nach Festbeträgen sicherzustellen.

Nach einem internen Vermerk der Beigeladenen könne die Versicherte auch mit Hörgeräten nichts hören. Sie verstehe absolut nichts. Sie besitze durch die Hörgeräte nur eine räumliche Orientierung. Dieser Effekt werde aber auch durch die Festbetrags-Hörgeräte erzielt.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2010, bei der Beigeladenen eingegangen am 14. Januar 2010 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für die Hörgeräte und verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2009. Sie legte eine Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustiker vom 12. Januar 2010 sowie Tonaudiogramme vor. Der Hörgeräteakustiker erklärte, diese Geräteversorgung bei der Klägerin habe immer wieder die bekannten Probleme bereitet, da bei allen Hochverstärkungsgeräten die Rückkopplungsneigung entsprechend hoch gewesen sei. Bei deshalb möglichst perfekt abdichtenden Ohrpassstücken und damit verbundener Mangelbelüftung des Gehörgangs sei es auch immer wieder zu Reizungen des äußeren Gehörgangs gekommen. Seit Februar 2007 biete P. eine Technik an, welche eine überragende Rückkopplungssicherheit biete. Es könne mit wesentlich weniger stark abdichtenden Otoplastiken gearbeitet werden. Dementsprechend komme es seltener zu Reizungen im Gehörgang. Auch werde der Bereich der Wahrnehmung zusätzlich erweitert. Alternativ getestete Geräte ohne Frequenzbereichserweiterung seien wie ausgeschaltet empfunden worden. Es seien insgesamt vier weitere Geräte getestet worden, hiervon drei Festbetragsgeräte.

Die Beigeladene fragte daraufhin bei ihrem medizinischen Dienst an, ob das von der Klägerin begehrte Hörgerät das einzige sei, womit die Klägerin ausreichend und zweckmäßig versorgt werden könne und somit eine volle Kostenübernahme gerechtfertigt sei. Der medizinische Dienst der Beklagten äußerte hierzu die Auffassung, diese Problematik bestehe nicht, da nach den Versorgungsverträgen die Verpflichtung bestehe, den Versicherten ausreichende und eigenanteilsfreie Hörsysteme anzubieten. Die Entscheidung des BSG vom 18. Dezember 2009 sei eine Einzelfallentscheidung.

Mit Bescheid vom 12. März 2010 lehnte die Beigeladene eine Anwendung des Urteils des Bundessozialgerichts ab. Bei diesem Urteil sei ein Schwerbehinderter betroffen gewesen, für den kein Hörgerät zum Festbetrag oder einem zwischen dessen Krankenkasse und dem Hörgeräteakustiker geschlossenen Vertrag für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung zur Verfügung gestanden habe. Diese Krankenkasse habe zu diesem Zeitpunkt noch keinen Versorgungsvertrag mit dem Hörgeräteakustiker abgeschlossen gehabt. Daher sei diese Krankenkasse verurteilt worden, ihren Versicherten mit digitalen Hörgeräten zu versorgen. Die Beigeladene habe jedoch mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker seit Jahren vertraglich vereinbart, dass der Hörgeräteakustikermeister mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote mit analogen oder bei Bedarf auch digitalen Hörgeräten unterbreite, die geeignet seien, den festgestellten individuellen Hörverlust angemessen auszugleichen. Dies gelte für alle Schwierigkeitsgrade. Somit sei die Beigeladene bei ihrer Bewilligung der gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung habe mitgeteilt, dass eine Versorgung innerhalb der geltenden Versorgungsverträge möglich sei.

Der gegen den Bescheid vom 12. März 2010 erhobene Widerspruch wurde im folgenden ruhend gestellt.

Die Klägerin hat gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und vorgetragen, die Klägerin benötige aufgrund ihrer speziellen Tätigkeit als Sachbearbeiterin in der Agentur für Arbeit eine höherwertige Hörgeräteversorgung über die Basisversorgung hinaus. Sie müsse mündliche und fernmündliche Gespräche mit den Kunden und Kollegen durchführen. Es gebe Tätigkeiten, bei denen eine Kommunikation wesentlich weniger erforderlich sei als bei der der Klägerin. Die Klägerin müsse sich teilweise täglich mit Publikumsverkehr auseinandersetzen. Es treffe nicht zu, dass die Klägerin auch außerhalb der Berufstätigkeit für die Bewältigung von Alltagssituationen und der Teilnahme am sozialen Leben ein höherwertigeres Hörgerät bedürfe, um den Ausgleich der Schwerhörigkeit zu garantieren. Es seien auch schon Missverständnisse unter den Kollegen vorgekommen, da einige Begrifflichkeiten sehr ähnlich und über das Mundbild für die Klägerin nicht immer eindeutig zu verstehen seien. Auch befinde sich am Arbeitsplatz der Klägerin ein Drucker, der störende Nebengeräusche produziere. Die Klägerin teile sich auch ein Büro mit einer Kollegin. Hier ergebe sich aus geführten Telefonaten eine Geräuschkulisse, die ständig unregelmäßig vorhanden sei und ausgeglichen werden müsse, damit die Klägerin ihre Arbeit ausüben könne. Durch die geringe Rückkopplungstendenz des begehrten Hörgeräts bei gleichzeitig extrem starker, frequenzabhängig einstellbarer Verstärkung der Tonsignales, sei eine optimale Anpassung an das Hörvermögen der Klägerin möglich. Abzustellen sei auf den konkreten Arbeitsplatz der Klägerin. Ausschließlich die beantragten Hörgeräte seien geeignet, die Hörbehinderung der Klägerin angemessen zu kompensieren. Die Klägerin habe auch einige andere Hörgeräte ausprobiert.

Beigefügt war eine Stellungnahme des technischen Beratungsdienstes der Agentur für Arbeit R ... Danach werde durch das ausgewählte Hörgerät eine optimale Anpassung an das Hörvermögen der Klägerin ermöglicht. Verbessert werde insbesondere die Koordinierung des Wortverstehens bei gleichzeitiger Beobachtung der Lippen des Sprechenden. Dies sei insbesondere am Arbeitsplatz notwendig, zumal im Einzelfall auch ausländische Kunden mit starkem Akzent bedient werden müssten. Das Angebot der Firma G. sei im Kostenansatz angemessen.

Die Beklagte hat auf § 33 SGB V verwiesen. Bei den Hörgeräten handele es sich um Hilfsmittel im Sinne dieser Bestimmung, so dass kein Anspruch gegen die Beklagte bestehe. Die gesetzliche Krankenversicherung sei für die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die auf diese Körperbehinderungen direkt wirken, auch dann zuständig, wenn sie der Eingliederung eines Behinderten in das private, gesellschaftliche oder berufliche Leben dienen. Insoweit sei stets die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben. Eine Kostenübernahme für Hilfsmittel wie Hörgeräte als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Rentenversicherung komme nur in Betracht, wenn dieses Hilfsmittel ausschließlich zum Ausgleich einer Behinderung bei Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflichen Bildungsmaßnahmen benötigt werde. Kommunizieren unter dem Vorhandensein einer Geräuschkulisse am Arbeitsplatz gehöre zu jeglicher beruflichen Tätigkeit. Eine spezielle berufsbedingte Notwendigkeit der Hörgeräteversorgung könne hieraus nicht hergeleitet werden. Die Verständigung am Arbeitsplatz sei notwendiger Bestandteil jeglicher Berufsausübung und damit fehle es an der spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit, die die Leistungspflicht der Beklagten begründe. Schwierigkeiten bei der Verständigung würden an jedem Arbeitsplatz Probleme bereiten.

Die Klägerin führte hierzu aus, nicht jede Bürotätigkeit erfordere auch den Umgang mit Kunden. Die Klägerin sei Publikumsverkehr ausgesetzt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 8. Juli 2010 abgewiesen. Ein Anspruch gegen die Beklagte bestehe nicht. Eine besondere berufliche Betroffenheit der Klägerin liege nicht vor. Für eine Eintrittspflicht der Rentenversicherung sei dann kein Raum, wenn bereits die Krankenversicherung dem Grunde nach verpflichtet sei, eine Leistung im Rahmen der Krankenhilfe zum Zwecke der Heilung, Besserung, Linderung oder Verhütung der Verschlimmerung eines regelwidrigen Körperzustands zu gewähren. Erst wenn sich aus der konkreten beruflichen Situation der Klägerin eine besondere, über die Grundbedürfnisse hinausgehende Anforderung an das Höhervermögen ergebe, sei eine Eintrittspflicht der Rentenversicherung denkbar. Die Hörminderung der Klägerin mache eine höherwertige Hörgeräteversorgung jedoch auch im alltäglichen Leben notwendig. So gehöre die Fähigkeit, menschliche Sprache auch in geräuschvoller Umgebung oder in größeren Gruppen verstehen zu können, zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens.

Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte sei erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX. Die Beklagte habe den Antrag nicht an die Beigeladene weitergeleitet und sei daher zuständiger Rehabilitationsträger. Das SG habe zu Unrecht kein Sachverständigengutachten eingeholt. Bei der Klägerin bestehe eine erhöhte Anforderung an ein spezifisches Hören. Jedenfalls bestehe auch ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung gegenüber der Beigeladenen. Bei der Klägerin sei eine gegenüber den Festbetragsgeräten höherwertige Hörmittelversorgung medizinisch notwendig. Dies habe der Hörgeräteakustiker in seinem Kostenvoranschlag vom 9. Juni 2008 bestätigt. Ein anderes Gerät, welches die gleiche Leistung erbringe und zum Festbetrag erhältlich sei, gebe es nicht auf dem Markt. Die Beklagte selbst habe ein konkretes anderweitiges, preiswerteres Hörgerät auch nicht benannt. Sie gehe selbst davon aus, dass die Klägerin auf dieses spezielle digitale Hörgerät angewiesen sei. Auch die Beigeladene habe kein anderes Hörgerät benannt. Der Hörgeräteakustiker habe dargelegt, dass dieses Gerät die einzige Möglichkeit darstelle, einen Hörverlust, wie er bei der Klägerin vorliege, mit deutlicher Verbesserung zu versorgen.

Die Beigeladene hat darauf hingewiesen, dass der nach §14 SGB IX leistungspflichtige Träger den Antrag nur ablehnen könne, wenn sich ein entsprechender Anspruch aus keinem der für die Rehabilitationsträger gemäß § 6 SGB IX geltenden Gesetze herleiten lasse. Ein Anspruch gegen die Beigeladene bestehe nicht. Insoweit wurde erneut auf den zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und dem Verband der Angestellten Krankenkassen geschlossenen Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen verwiesen. Danach habe der Leistungserbringer eigenanteilsfreie Angebote zum angemessenen Ausgleich des Hörverlustes bei allen Schwierigkeitsgraden vorzuhalten. Der Hörgeräteakustiker sei als Vertragspartner verpflichtet gewesen, der Klägerin eine sozialmedizinisch ausreichende Versorgung ohne Eigenanteil anzubieten.

Die Beklagte hat auf das Urteil des BSG vom 17. Dezember 2009 hingewiesen, wonach die Krankenversicherung alles zu übernehmen habe, was einen medizinischen Gebrauchsvorteil begründe, nicht hingegen das, was nur den Komfort verbessere. Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenze die Leistungspflicht der Krankenkasse dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreiche. Das Sozialgericht habe daher folgerichtig festgestellt, dass die Krankenkasse als Kostenträgerin in Betracht komme.

Der Senat hat einen Befundbericht des HNO-Arztes Dr. C. beigezogen, in dem der Klägerin eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits, ein Zustand nach Neuropathia vestibularis links, eine rezidivierende Otitis externa sowie ein Cerumenobturans bescheinigt wird.

Die Klägerin hat erklärt, sie habe insgesamt vier Hörgeräte getestet. Das von der Firma G. GmbH zur Verfügung gestellte Hörgerät P. links habe sie noch nicht bezahlt, für das entsprechende Gerät rechts habe sie 946,50 Euro an den Hörgeräteakustiker entrichtet. Eine entsprechende Quittung wurde vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, zu verurteilen, der Klägerin 946,50 Euro zu zahlen sowie sie von den Kosten für das selbstbeschaffte Hörgerät links gegenüber der Firma H. G. GmbH freizustellen und 946,50 Euro an die Firma H. G. GmbH zu erstatten.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG, der Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2009 abgewiesen. Die Klägerin hat gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX einen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen in Höhe von 946,50.- Euro für das von der Klägerin selbst beschaffte und bezahlte Hörgerät der Firma G. (Marke "P.") rechts und gem. § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX analog auf Bezahlung eines Betrags in Höhe von 946,50 Euro an die Firma G. für das von ihr selbst beschaffte Hörgerät links derselben Marke.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 S. 1 bis 4 SGB IX).

Die Beklagte hat als erstangegangener Träger die Beschaffung eines Hörgeräts der Firma G. (Marke "P.") zu Unrecht abgelehnt.

Erstangegangener Träger in Bezug auf die von der Klägerin begehrte Leistung ist die Beklagte, da der erste Antrag der Klägerin auf Beschaffung dieses Hörgeräts am 15. Juli 2008 bei der Beklagten gestellt wurde. Unerheblich ist, dass dieser Antrag bereits mit bestandskräftigem Bescheid abgelehnt worden ist. Das BSG hat bereits entschieden, dass die ("formelle") Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers sich auch nicht dadurch ändert, dass dieser das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines - und sei es bindenden - Verwaltungsakt abschließt (BSG, Urteil vom 21. August 2008, Az. B 13 R 33/07 R, Rdn. 31). Das BSG hat diese Aussage im Hinblick auf einen dann gestellten Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X getroffen. Nach den Ausführungen des BSG bleibe ein Sozialleistungsträger in einem solchen Fall im Hinblick auf einen Überprüfungsantrag erstangegangener Träger. Zwar hat hier die Klägerin ihren Antrag gegenüber der Beklagten wiederholt. Dies ändert aber nichts daran, dass der erste Sozialleistungsträger, der mit der Frage konfrontiert worden ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Beschaffung eines Hörgeräts der Firma G. (Marke "P.") hat, die Beklagte ist. Der Status als erstangegangener Träger geht durch eine erstmalige bestandskräftige Ablehnung nicht verloren. Es spricht daher viel dafür, auch bei der Stellung eines wiederholten Antrags und Entscheidung hierüber im Rahmen eines so genannten Zweitbescheids ebenso wie bei der Stellung eines Überprüfungsantrags bei der Frage, welcher Sozialleistungsträger erstangegangener Träger ist, auf den Zeitpunkt des ersten Antrags abzustellen. Es gibt keinen sachlichen Grund, die Klägerin in diesem Zusammenhang anders zu stellen, als wenn die Beklagte den wiederholten Antrag der Klägerin als Überprüfungsantrag ausgelegt und entsprechend verbeschieden hätte.

Jedenfalls muss dies aber in der hier vorliegenden besonderen Fallkonstellation gelten:

Nach bestandskräftiger Ablehnung des ersten Antrags durch die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2008 hat die Klägerin bei der Beigeladenen am 26. September 2008 das streitgegenständliche Hörgerät beantragt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 5. November 2008 abgelehnt. Zwar enthält dieser Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, die Ablehnung wurde also nicht nach Ablauf der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 SGG bestandskräftig. Die Klägerin hat jedoch gegen die Ablehnung ihres Antrags durch den Bescheid der Beigeladenen vom 26. September 2008 auch nicht innerhalb der Jahresfrist der §§ 84 Abs. 2 S. 3, 66 Abs. 2 SGG Widerspruch eingelegt. Sie hat vielmehr zeitgleich am 14. Januar 2009 sowohl bei der Beigeladenen als auch bei der Beklagten einen erneuten Antrag auf Beschaffung dieses Hörgeräts gestellt. Jedenfalls bei zeitgleicher Neuantragstellung nach vorheriger Ablehnung der Erstanträge hält es der Senat für gerechtfertigt, bei der Bestimmung des erstangegangenen Trägers darauf abzustellen, bei welchem der Sozialleistungsträger zuerst ein (Erst)Antrag auf diese konkrete Leistung eingegangen war. Im vorliegenden Fall war dies der Antrag vom 15. Juli 2008 an die Beklagte, der von dieser nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Frist an die Beigeladene abgegeben worden ist. Zu demselben Ergebnis käme man, wenn man den erneuten Antrag bei der Beklagten im Sinne der Meistbegünstigungstheorie als Überprüfungsantrag iSd § 44 SGB X auslegen würde.

Durch die nach § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit haben andere Leistungsträger und damit auch die Beigeladene ihre Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Teilhabeleistungen nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen verloren. Daraus ergibt sich die Pflicht der Beklagten, Leistungen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen unter Beachtung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Versorgung mit dem begehrten Hörgerät ergibt sich nicht aus Vorschriften des Rentenversicherungsrechts, wobei hier eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation gem. §§ 10 Abs. 1 , 15 Abs. 1 S. 1 SGB VI i.V.m. §§ 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 SGB IX oder Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des §§ 10 Abs. 1, 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX in Betracht käme, sondern aus § 33 SGB V, der einen Anspruch auf Versorgung mit einem im Einzelfall erforderlichen Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich vorsieht.

Nach § 10 Abs. 1 S. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2. bei denen voraussichtlich
a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann
b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann
c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

Gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auch Hilfsmittel. Es handelt sich hierbei um Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind.

Nach § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6 SGB IX umfassen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um dem Betreuten eine angemessene und geeignete Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Nach der Nr. 1 des Abs. 3 werden auch Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich vermittlungsunterstützender Leistungen erfasst.

Hörgeräte sind - neben Hilfsmitteln - auch Leistungen zur Rehabilitation, da der Ausgleich einer Behinderung im Vordergrund steht und nicht die Behandlung einer Krankheit (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Rdn. 8; vgl. auch Roters in KassKomm, SGB V, § 11 Rdn. 13).

Ein Anspruch auf "Kosten für Hilfsmittel" als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 9, 10, 11, 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr.1 und 6, Abs. 8 S. 1 Nr. 4 SGB IX scheidet schon deshalb aus, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig sind. § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX bestimmt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Hilfsmittel umfassen, "es sei denn, dass ... solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können". Da dies für Hilfsmittel gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX der Fall ist, scheidet eine Qualifizierung der Hörgeräte als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 2008, Az. B 13 R 33/07 R).

Aber auch ein Anspruch auf Beschaffung von Hörgeräten als Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kommt nicht in Betracht. Sowohl im Hinblick auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als auch auf solche zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt generell, dass die Abgrenzung des Zuständigkeitsbereichs der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits danach zu erfolgen hat, ob das Hilfsmittel dem medizinischen Ausgleich der Behinderung dient (dann Zuständigkeit der Krankenversicherung) oder ob es ausschließlich für Verrichtungen bei bestimmten Berufen oder Berufsausbildungen benötigt wird (dann Zuständigkeit der Rentenversicherung).

Ein Hilfsmittel ist gem. § 33 Abs. 1 SGB V immer dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis betrifft. Das Hörgerät ermöglicht die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktionen selbst bzw. erleichtert diese. Es befriedigt das allgemeine Grundbedürfnis des täglichen Lebens in Form des Hörens. Damit ist ein unmittelbarer Behinderungsausgleich betroffen mit der Folge, dass Versicherte einen Anspruch auf die Hörgeräteversorgung haben, die die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt. Insoweit gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Deshalb kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgegenüber für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az. B 3 KR 20/08).

Für diese Auslegung spricht auch die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 2 SGB VI, wonach zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz nur erbracht wird, wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich und soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung oder als Hilfe nach dem 5. Kapitel des SGB XII zu erbringen ist. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 24. Juni 1980, Az. B 1 RA 51/79) gebilligt, wonach ein Anspruch auf Hilfsmittel als Leistung zur medizinischen Rehabilitation zulasten der Rentenversicherung dann nicht besteht, wenn berufliche Belange des Versicherten nur mitberührt werden und diese nicht den wesentlichen Zweck der Leistung darstellen. Die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 2 SGB VI enthält nach Auffassung des Senats einen allgemeinen Grundsatz, der auf andere Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX übertragbar ist. Denn es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür erkennbar, Hörgeräte oder andere Hilfsmittel insoweit anders zu behandeln als Zahnersatz.

Nach Auffassung des Senats ist das von der Klägerin beschaffte Hörgerät nicht ausschließlich zum Ausgleich einer Behinderung für eine bestimmte oder die spezielle Berufsausübung der Klägerin als Sachbearbeiterin im Bereich Rehabilitanden und Schwerbehinderte in der Agentur für Arbeit W. erforderlich, sondern generell für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit und insbesondere auch für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Eine Vergleichbarkeit mit Fällen, in denen eine beruflich bedingte Teilhabeleistung anzunehmen ist (zum Beispiel die Notwendigkeit eines speziellen Hörgeräts für einen Klavierstimmer, wobei die spezielle Ausformung des Hörgeräts weder für die Teilnahme am Alltagsleben noch für die üblichen Anforderungen der Berufswelt erforderlich ist, sondern allein im Hinblick auf die bei der Stimmung eines Instruments gesteigerten Anforderungen an das Hörvermögen) ist hier nicht gegeben. Eine Kommunikation in Form von Gesprächen, Teambesprechungen oder Telefonaten findet in gleicher oder ähnlicher Form auch in den meisten anderen beruflichen Tätigkeiten und darüber hinaus auch im Alltagsleben statt, nicht nur in der konkreten, von der Klägerin verrichteten Tätigkeit. Ebenso ist die Klägerin Störschall nicht nur an ihrem jetzigen Arbeitsplatz, sondern auch in vielen Bereichen des täglichen Lebens etwa im Straßenverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Einkaufs- und kulturellen Einrichtungen ausgesetzt und wäre dies auch bei zahlreichen anderen beruflichen Tätigkeiten. Ein Anspruch der Klägerin auf das von ihr gewünschte Hörgerät in Form einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation gemäß §§ 15 Abs. 1 SGB VI, 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 Abs. 1 SGB IX oder einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 10 Abs. 1, 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX bestand daher mangels einer speziellen beruflichen Notwendigkeit zu keinem Zeitpunkt.

Ursprünglich lag damit also keine Zuständigkeit der Beklagten zur Beschaffung des Hörgeräts der Firma G. (Marke "P.") aus rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften vor, sondern vielmehr ausschließlich eine Zuständigkeit der Beigeladenen. Nachdem die Beklagte den Vorgang aber nicht fristgerecht an die "eigentlich" zuständige Beigeladene abgegeben hatte, hat sie die Verpflichtung, einen Anspruch der Klägerin aus allen Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind (BSG, Urteil vom 26.10.2004, Az. B 7 AL 16/04 R; BSG, Urteil vom 26.6.2007, Az. B 1 KR 34/06 R). Sie hat damit auch diejenigen Leistungen zu erbringen, für die "eigentlich" die Krankenkasse zuständig ist (BSG, Urteil vom 21.8.2008, Az. B 13 R 33/07 R) und damit auch solche aus § 33 SGB V. Im Zweifel will der behinderte Mensch die für ihn günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen, so dass der gestellte Antrag umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az. B 3 KR 20/08).

Nach dem Sinn und Zweck des § 14 SGB IX ist dabei unerheblich, ob § 33 SGB V auch einen Anspruch auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation vermittelt oder nicht. Die Regelung des § 14 Abs. 1, 2 SGB IX bezweckt, möglichst schnell eine verbindliche Entscheidung darüber herbeizuführen, welcher Sozialleistungsträger dafür zuständig ist, einem behinderten Menschen einen Ausgleich für seine Behinderung zu verschaffen oder deren Folgen soweit möglich abzumildern. Dem behinderten Menschen soll höchstens einmal und auch nur in einer kurz bemessenen Frist von 14 Tagen zugemutet werden, von einem Sozialleistungsträger zuständigkeitshalber an einen anderen verwiesen zu werden. Die Vorschrift will insbesondere vermeiden, dass ein auf Ausgleich seiner Behinderung angewiesener Mensch eventuell erst nach Monaten erfährt, dass der von ihm angegangene Sozialleistungsträger für die von ihm begehrte Leistung nicht zuständig ist. Dieses gesetzliche Anliegen gilt unabhängig davon, ob es sich bei der begehrten Leistung um solche zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw. zur medizinischen Rehabilitation oder um Sachleistungen im Sinne des § 33 SGB V handelt. Den Betroffenen kann nicht zugemutet werden, die gesetzlichen Differenzierungen zwischen diesen einzelnen Leistungsarten zu überblicken und seine Antragstellung danach auszurichten. Der Rentenversicherungsträger ist daher verpflichtet, auch Ansprüche aus § 33 SGB V zu prüfen, wenn er es versäumt hat, einen entsprechenden Antrag fristgemäß an die zuständige Krankenkasse abzugeben (vgl. in diesem Sinne deutlich BSG, Urteil vom 21. August 2008, Az. B 13 R 33/07 R; ebenso BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az. B 5 R 5/07, Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. November 2011, Az. L 5 R 445/11). § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX, wonach sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetzen richtet, wird aus diesen Gründen durch § 14 Abs. 1, 2 SGB IX überlagert.

Auch aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG vom 18. Mai 2011, Az. B 3 KR 10/10 R, wonach sich eine nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX begründete Zuständigkeit auf alle Rechtsgrundlagen erstreckt, die rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind, folgt nichts anderes. Denn das BSG hat hier nicht ausgeführt, dass sich die nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX ergebende Zuständigkeit nur auf rehabilitationsrechtlich vorgesehene Rechtsgrundlagen erstreckt. Zu einer Entscheidung der Frage, ob ein erstangegangener Rentenversicherungsträger im Falle einer unterlassenen Abgabe an die zuständige Krankenkasse auch einen Anspruch des Versicherten aus § 33 SGB V zu prüfen hat, bestand in dem dem BSG vorliegenden Fall kein Anlass. Denn in diesem war erstangegangene Träger eine Krankenkasse, so dass von dieser unzweifelhaft zu prüfen war, ob der dortige Versicherte einen Anspruch gemäß § 33 SGB V auf die von ihm begehrte Leistung (hier: Sportrollstuhl) hat.

Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass bei einem Versicherten, der ein Hörgerät zunächst bei der Krankenkasse beantragt, Ansprüche aus § 33 SGB V und gemäß § 14 SGB IX aus den für die Rentenversicherung geltenden Bestimmungen zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu prüfen wären. Beantragt der Versicherte hingegen dieselbe Leistung zunächst beim Rentenversicherungsträger, würde ein möglicher Anspruch aus § 33 SGB V nicht überprüft. Ein sachlicher Grund für diese unterschiedliche Prüfungsintensität ist nicht erkennbar.

Es bestand grundsätzlich ein Anspruch der Klägerin gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 3. Alternative SGB V gegen die Beklagte auf eine Hörgeräteversorgung mit dem beantragten Hörgerät. Diese Leistung hat die Beklagte daher mit dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX abgelehnt.

Gemäß § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit dieses Mittel nicht als allgemeine

Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Hörgeräte sind unzweifelhaft Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1990, Az. 3 RK 31/89). Sie sind weder als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen noch nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen.

Das Hörgerät Marke "P." ist auch ein Hilfsmittel, das erforderlich ist, um die bei der Klägerin unstrittig vorliegende Behinderung in Form einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit auszugleichen. Die Leistung dieses Geräts ist auch zweckmäßig und wirtschaftlich und überschreitet nicht das Maß des Notwendigen (vgl. § 12 Abs. 1 SGB V).

An der grundsätzlichen Notwendigkeit einer Hörgeräteversorgung für die Klägerin besteht kein Zweifel. Diese hat die Beigeladene durch Zahlung des Festbetrags konkludent anerkannt. Auch die Beklagte stellt diese nicht die Abrede, sondern verweist vielmehr auf die Zuständigkeit der Beigeladenen.

Ist eine bestimmte Hörhilfe notwendig im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, so hat der Versicherungsträger die Hörhilfe - von Zuzahlungen abgesehen - in vollem Umfang zu gewähren. Dies gilt aber nur, wenn eine gegenüber den Festbetragsgeräten höherwertige Hörmittelversorgung medizinisch notwendig ist. Denn grundsätzlich erfüllt die Krankenkasse mit der Zahlung des Festbetrages ihre Leistungspflicht (§ 12 Abs. 2 SGB V). Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag, der eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots darstellt, begrenzt die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung aber dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht. (Sächsisches LSG, Urteil vom 7. Februar 2012, Az. L 5 R 286/11).

Nach den Feststellungen des Hörgeräteakustikermeisters, die den Senat überzeugen und denen er sich anschließt, reichen die Festbetragsgeräte im besonderen Fall der Klägerin nicht aus. Die Klägerin hat insgesamt vier weitere Geräte, darunter drei Festbetrags-Geräte, getestet. Nur das später beschaffte Gerät war jedoch in der Lage, die Kommunikation der Klägerin zu verbessern. Dieses Gerät verfügt über eine Hörbereichserweiterung, welches die nicht hörbaren Frequenzen in den hörbaren Bereich verschiebt. Damit wird der Bereich der Wahrnehmung und der Ansprechbarkeit für die Klägerin zusätzlich erweitert. Auch hat dieses Gerät eine überragende Rückkopplungssicherheit, das die Verwendung weniger stark abdichtender Otoplastiken erlaubt. Hierdurch kommt es zu einer besseren Belüftung des Gehörgangs und damit seltener zu Reizungen im Gehörgang und den damit verbundenen Beschwerden.

Weder von Seiten der Beklagten noch von Seiten der Beigeladenen wurden diese Feststellungen des Hörgeräteakustikermeisters substantiiert bestritten. Der Klägerin wurde weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen ein Festbetrags-Hörgerät benannt, das in gleicher Weise geeignet gewesen wäre, die konkret vorliegende Behinderung der Klägerin auszugleichen. Falls ein Leistungsträger der Auffassung ist, es sei eine Versorgung zum Festbetrag möglich, ist er im Rahmen seiner gegenüber dem Versicherten bestehenden Beratungspflicht (vgl. § 14 S. 1, 2 SGB I) gehalten, ein konkretes, ebenso geeignetes Gerät sowie einen Hörgeräteakustiker zu benennen, der bereit wäre, dieses Gerät anzupassen. Hierzu ist es jedoch nicht gekommen. Die Beklagte hat in Bezug auf diese Frage ebenfalls auf den Anpassbericht des Hörgeräteakustikermeisters verwiesen und keine konkrete Alternative benannt. In ihrem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte ausgeführt, es werde nicht bestritten, dass das Hörvermögen durch spezielle Hörgeräte, die über der Festbetragsregelung der Krankenkasse liegen, verbessert werden könne. Der medizinische Dienst der Beigeladenen hat insoweit nur dargetan, die Entscheidung des BSG aus dem Jahr 2009 sei eine Einzelfallentscheidung. Unter Berücksichtigung der insoweit eindeutigen Aussage des Hörgeräteakustikermeisters über die nur bei dem von der Klägerin ausgewählten Hörgerät vorliegenden Vorteile und der Bestätigung des technischen Beratungsdienstes der Bundesagentur für Arbeit, wonach durch das begehrte Hörgerät eine optimale Anpassung an das Hörvermögen der Klägerin erreicht werde, steht damit für den Senat fest, dass nur das von der Klägerin selbst beschaffte Gerät in der Lage ist, die Hörbehinderung bestmöglich auszugleichen. Andere Geräte hätten für den Ausgleich der konkret bei der Klägerin vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausgereicht. Sie wären keine ausreichende Versorgung im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V für die bei der Klägerin vorliegende Behinderung.

Auch bei der vom BSG in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009, Az. B 3 KR 20/08 R, für nötig erachteten generalisierenden Betrachtungsweise ergibt sich nichts anderes. Für den Senat sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die vom Hörgeräteakustikermeister dargelegten Defizite bei der Versorgung einer hochgradigen Schwerhörigkeit nur bei der Klägerin auftreten. Ihr Versorgungsbedarf weist keinen Unterschied zu demjenigen anderer hochgradig Schwerhöriger auf. Weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen wurde dargetan, dass bei der Klägerin ein Sonderfall vorliegen könnte. Gerade in Bezug auf Fälle mit hochgradiger Schwerhörigkeit - ein solcher liegt bei der Klägerin unzweifelhaft und unstrittig vor - sind bereits diverse Gerichte zu der Erkenntnis gelangt, dass die Versorgung mit Festbetragsgeräten wegen Verständigungsdefiziten insbesondere in geräuschvoller Umgebung unzureichend ist; ein solcher Fall lag auch der oben zitierten Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2009 zu Grunde, die umfangreiche Rechtsprechungsnachweise enthält.

Zu einer Einholung eines Gutachtens von Amts wegen fühlt sich der Senat angesichts dieser Umstände nicht gedrängt. Weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen wurde auch die Einholung eines Gutachtens beantragt.

Die Beklagte kann sich dabei - ebenso wenig wie es die Beigeladene könnte - im Außenverhältnis zu der Klägerin darauf berufen, ein Hörgeräteakustiker habe seine Verpflichtungen aus dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und dem Verband der Angestellten Krankenkassen sowie dem Arbeiter Ersatzkassenverband (BIHA-Vertrag) nicht eingehalten. Ein solcher Verstoß ist allein eine Frage im Innenverhältnis der Krankenversicherung zum Hörgeräteakustiker relevant, der unter Umständen zu einem Regress, eine Abmahnung oder einer Vertragsstrafe berechtigen kann. Durch eine derartige vertragliche Regelung kann weder die Krankenkasse noch der im Rahmen der Regelungen der §§ 14,15 SGB IX an die Stelle der Krankenkasse tretende Leistungsträger - hier die Beklagte - den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zulasten der Versicherten einengen.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Leistung dieses Geräts zweckmäßig und wirtschaftlich ist und nicht das Maß des Notwendigen überschreitet (vgl. § 12 Abs. 1 SGB V). Der technische Beratungsdienst der Agentur für Arbeit hat bestätigt, dass das Angebot der Firma G. GmbH im Kostenansatz angemessen ist. Gesichtspunkte, die demgegenüber für eine Unwirtschaftlichkeit oder Unzweckmäßigkeit sprechen könnten, wurden weder von der Beklagten noch der Beigeladenen aufgezeigt.

Der Anspruch der Klägerin auf Beschaffung dieser Hörgeräte ist allerdings erloschen, da die Klägerin sich diese bereits selbst beschafft hat.

Anstelle des zu Unrecht abgelehnten Anspruchs auf Beschaffung dieses Hörgeräts tritt gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX der Anspruch auf Erstattung des von ihr für das Hörgerät rechts bereits selbst bezahlten Betrags in Höhe von 946,50 Euro sowie gemäß §15 Abs. 1 S. 4 SGB IX analog die Bezahlung desselben Betrags an den Hörgeräteakustikermeister für das Hörgerät links (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 10. Februar 2000, Az. B 3 KR 26/99 R unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 SGB V). Der Senat kann es dabei offen lassen, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX in Fallgestaltungen wie diesen unmittelbar anzuwenden ist, weil sie trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Teilhabeleistungen normiert (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az. B 5 R 5/07 R) oder ob dieses Ergebnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V resultiert (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 2008, Az. B 13 R 33/07 R). Eine unterschiedliches Ergebnis resultiert aus diesen verschiedenen Sichtweisen nicht.

Ein Kostenerstattungsanspruch scheitert auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungserbringung und Kostenbelastung. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des zuständigen Leistungsträgers - hier also der Beklagten - beruhen. Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung über das Begehren nicht entschieden hat. Eine Leistung ist unter Umgehung des vorgesehenen Beschaffungsweges "selbst verschafft", wenn bereits vor der Entscheidung des zuständigen Leistungsträgers ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versicherten und Leistungserbringer abgeschlossen wurde. Unschädlich sind damit Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie etwa die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte (Helbig, § 13 SGB V, Rn. 58, m.w.N.). Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Hörgeräte jedenfalls erst nach der zweiten, hier angefochtenen abschlägigen Entscheidung der Beklagten vom 3. Februar 2009 beschafft. Dies steht für den Senat fest aufgrund der Angaben des Hörgeräteakustikermeisters im Rahmen seines Anpassungsberichts vom 3. Februar 2010. Daraus geht hervor, dass der Klägerin noch am 9. Dezember 2009 andere Geräte alternativ angepasst, von der Klägerin jedoch "subjektiv wie ausgeschaltet empfunden wurden". Die Testphase war also selbst im Dezember 2009 noch nicht abgeschlossen, eine endgültige verbindliche Festlegung auf die hier streitgegenständlichen Hörgeräte lag damit noch nicht vor. Auch die Bezahlung des einen Hörgeräts sowie die Auskehrung des Festbetrags an den Hörgeräteakustikermeister aufgrund des Bescheids der Beigeladenen vom 25.03.2009 ist erst nach der zweiten abschlägigen Entscheidung der Beklagten erfolgt.

Die Beklagte war daher nach alledem unter Aufhebung des entgegenstehenden Urteils des Sozialgerichts Regensburg und der ablehnenden Bescheide der Beklagten antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung (§ 197 SGG) berücksichtigt, dass die Klägerin erfolgreich gewesen ist. Der Senat hat dabei dem Umstand, dass die Klägerin zunächst ersichtlich irrtümlich einen höheren Betrag ohne Berücksichtigung des von der Krankenkasse übernommenen Festbetrags geltend gemacht hat, keine erhebliche Bedeutung zugemessen.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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