Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 1670/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 25.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 wird angeordnet. 2. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und die gerichtlichen Kosten für das Antragsverfahren (S 26 R 1670/12 ER). 3. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.682,03 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Antragsgegnerin hat nach Anhörung unter dem 25.11.2011 im Rahmen einer Betriebsprüfung einen Beitragsbescheid erlassen, mit dem sie von der Antragstellerin (einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) Sozialversicherungsbeiträge und darauf entfallende Säumniszuschläge fordert, insgesamt in Höhe von 22.728,13 EUR. Der Widerspruchsbescheid vom 19.06.2012 ging den Bevollmächtigten der Antragstellerin (ausweislich des Stempels auf dem Bescheid Bl. 7 der Gerichtsakte) erst am 25.06.2012 zu. Die Antragstellerin hat dann fristgerecht innerhalb von einem Monat nach Zugang dieses Widerspruchsbescheides am 23.07.2012 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin bzw. Beklagten Klage erhoben, und ferner unter dem 25.07.2012 auch beantragt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet wird.
Zur Begründung der Klage bzw. des Antrages bezieht sich die Antragstellerin bzw. Klägerin sinngemäß auf ihr bisheriges Vorbringen und die von ihr eingereichten Schriftsätze und trägt insbesondere vor, dass die Beklagte sich nicht zur Begründung ihrer Forderung auf eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des potenziell einschlägigen Tarifvertrages stützen könne, weil die Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 05.09.2008 schon vom Verwaltungsgerichts Düsseldorf für rechtswidrig gehalten werde. Die Antragstellerin könne sich somit – anders als die Beklagte bzw. Antragsgegnerin – auf ihr günstige Rechtsprechung berufen. Die vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2008 angestellten Erwägungen ließen sich auch auf eine frühere Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2006 ausdehnen und seien insoweit geeignet, auch für Zeiträume von Dezember 2006 bis Mai 2007 die von der Beklagten geforderten höheren Sozialversicherungsbeiträge zu Fall zu bringen, eben weil die Antragstellerin bzw. Klägerin nicht gesetzlich bzw. durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung verpflichtet gewesen sei, höhere Gehälter zu zahlen als bereits gewährt. Außerdem vermöge sich die Beklagte nicht auf eine vermeintliche Nachwirkung des früheren Tarifvertrages zu berufen, falls die Rechtswidrigkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bestätigt werden sollte. Die Nachwirkung nach dem Tarifvertragsgesetz betreffe anders gelagerte Fälle (Schriftsatz vom 29.08.2012 zu Punkt 3). Die Beklagte vermöge sich auch nicht darauf zu berufen, an einer zeitnahen Durchsetzung von Beitragsforderung bestehe dann schon Interesse, wenn aufgrund der Durchsetzung von Beitragsforderungen ein Insolvenzverfahren drohe. Die Beklagte verkenne nämlich dabei, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit sämtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entweder der Rückschlagsperre nach § 88 der Insolvenzordnung oder aber der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff der Insolvenzordnung unterlägen. Die Antragstellerin wäre jedoch bereit, auf die behaupteten Rückstände unter Vorbehalt des Ausgangs der Klage eine Zahlung in Höhe von monatlich 500 EUR zu leisten, sofern die aufschiebende Wirkung der Klage seitens der Beklagten bzw. Antragsgegnerin akzeptiert würde.
Die Beklagte beharrt dagegen, insbesondere aus den Gründen ihres Schriftsatzes vom 15.08.2012, auf der Vollziehbarkeit ihrer Bescheide. Sie wäre zwar grundsätzlich nicht abgeneigt, der Ratenzahlung zuzustimmen. Die Klägerin müsste aber bestimmte Beträge von ca. 1100 EUR bereits jetzt ohne Ratenzahlung leisten, es müsste quotiert werden welche Einzugsstelle was von den 500 EUR bekomme, es müssten Angaben zur Verzinsung seitens der Einzugsstellen gemacht werden, eine Bürgschaft aufgebracht werden und es müsste auch eine Einigung über die Kosten erfolgen, bevor sie bereit wäre, sich zu einer aufschiebenden Wirkung der Klage näher zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte S 26 R 1670/12 ER wie auch auf den Inhalt der Klageakte S 26 R 1600/12 und den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II. Dem Antrag der Antragstellerin war stattzugeben.
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Denn die Klage der Antragstellerin gegen den Beitragsforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides – die auch fristgerecht erhoben wurde innerhalb eines Monats –, hat nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. In diesem Fall kann – wie hier – einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG beantragt werden dahingehend, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs der Klage anzuordnen. Die Klägerin kann als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch in eigenem Namen klagen, was inzwischen die Obergerichte seit dem Jahr 2001 immer wieder bestätigt haben. Für die örtliche Zuständigkeit kommt es hier auch auf den Sitz der GbR in W an (vgl. auch BSG Beschluss vom 19.12.207 – B 12 SF 10/07 S –, wonach es auf den Sitz der GbR und nicht der Gesellschafter ankommt); mithin ist das Sozialgericht Düsseldorf für die Klage und den Antrag der Klägerin örtlich zuständig.
Der Antrag der Antragstellerin ist nach Durchsicht der Akten als auch begründet anzusehen. Angesichts der Höhe der geltend gemachten Beitragsforderung nebst Säumniszuschlägen von 22.728,13 EUR, die die Klägerin bzw. Antragstellerin als kleines Geschäftslokal wirtschaftlich deutlich belastet bzw. gefährdet (aus den nachvollziehbaren Gründen auf Seite 6 zu II der Antragsschrift vom 25.07.2012), und angesichts der von der Antragstellerin bzw. Klägerin aufgezeigten potenziellen Einwände gegen eine Heranziehung des Tarifvertrages von 2008 oder 2006 wie auch angesichts der aufgezeigten Einwände gegen eine potenzielle "Nachwirkung" ist nun eine Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes anderseits vorzunehmen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86 a Abs. 2 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen und ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte, zur Folge hätte. Danach ist der Antrag der Antragstellerin nach summarischer Prüfung begründet. Angesichts der für die Klägerin durchaus beachtlichen Höhe der geltend gemachten – potenzielle existenzgefährdenden - Beitragsforderung nebst Säumniszuschlägen, und angesichts des Umstandes, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 16.11.2010 (3 K 8653/08) im Sinne auch der Klägerin dieses Rechtsstreits entschieden hat, das zumindest ein Tarifvertrag, auf den sich die Beklagte beruft, nicht allgemeinverbindlich sei, sind doch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erhobenen Beitragsnachforderung gesät, die sich möglicherweise auch auf Zeiträume erstrecken, in denen noch ein anderer Tarifvertrag galt. Es erscheint durchaus geboten abzuwarten, wie das Oberverwaltungsgericht in der immer noch offenen Berufung (Az.: 4 A 46/11) entscheiden wird; möglicherweise sind dort auch Äußerungen zu erwarten – eventuell als obiter dictum –, ob und inwieweit die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages von 2008 eventuell Nachwirkungen zu begründen geeignet ist oder nicht. Es erscheint auch durchaus zweifelhaft, ob eine Nachwirkung nach dem Tarifvertragsgesetz eingreift, weil die Regelung des § 4 Abs. 5 TVG möglicherweise nicht den hier zu beurteilenden Sachverhalt trifft, dass es hier um eine Ablösung eines Tarifvertrages geht bzw. die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages. Demgegenüber vermögen die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 15.08.2012 nicht zu verfangen, insbesondere nicht der Einwand der Beklagten, sie habe gerade deshalb ein berechtigtes hohes Interesse an der zeitnahen Durchsetzbarkeit, weil anderenfalls Zahlungsunfähigkeit drohe. Wenn dem so wäre, gäbe es bei existenzgefährdenden Forderungen praktisch keinen Anwendungsfall von einstweiligem Rechtsschutz. Das rechtsstaatlich garantierte Recht auf einstweiligen Rechtsschutz würde im Übrigen auch verweigert, wenn im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz erst noch diejenigen Ermittlungen durchzuführen wären, die die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 04.09.2012 dem Gericht bzw. der Antragstellerin angesonnen hat. Dem war deshalb nicht weiter nachzugehen. Außerdem kann die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes – hier in Form der Gewährung aufschiebender Wirkung der Klage – nicht allein durch den Umstand vereitelt werden, dass möglichweise ein Teilbetrag von gut 1.100 EUR unabhängig von den derzeitigen Einwänden der Antragstellerin geschuldet wäre; das ist vielmehr im Rahmen der Hauptsache zu prüfen und kann kein geeignetes Hindernis sein, einstweiligen Rechtsschutz insgesamt zu verneinen bzw. zu blockieren, durch das bloße In-den-Raum-Stellen von Zahlenmaterial, das die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 04.09.2012 auch nicht näher substanziiert hat. Die Prüfung dieser Positionen muss daher gegenwärtig dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Insgesamt spricht hier mehr für als gegen die Aussetzung der Vollziehung bzw. mehr für als gegen die aufschiebende Wirkung der Klage wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (vgl. § 68 a Abs. 3 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung für das Antragsverfahren folgt aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 197 a SGG.
III. Der Streitwert war nach § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 GKG nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, nachdem sich das erstinstanzliche (Antrags-) Verfahren mit diesem Beschluss über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erledigt hat. Hier war für den Rechtsstreit betreffend Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge ein Streitwert von 25 % der streitigen Gesamtforderung (22.728,13 EUR) festzusetzen, also ein Betrag von 5.682,03 EUR. Die Bewertung des Streitwerts für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit 25 % der streitigen Gesamtnachforderung entspricht allgemein der Rechtsprechung (unter anderem LSG NRW Beschluss vom 02.09.2009 – L 8 B 15/09 R). Dabei sind bei der Bestimmung des Streitwerts auch die in der Gesamtforderung der Beklagten enthaltenen Säumniszuschläge zu berücksichtigen, wie hier geschehen. Dies hat auch bereits das LSG NRW in mehreren Entscheidungen bestätigt (u. a. in der bereits oben genannten Entscheidung vom 02.09.2009). Denn Säumniszuschläge gemäß § 24 SGB IV gehören nicht zu den in § 43 Abs. 1 GKG genannten – den Streitwert nicht erhöhenden – Nebenforderungen. Sie wirken also auch streitwerterhöhend bzw. streitwertmitbestimmend, sodass 1/4 von 22.728,13 EUR festzusetzen war.
Gründe:
I. Die Antragsgegnerin hat nach Anhörung unter dem 25.11.2011 im Rahmen einer Betriebsprüfung einen Beitragsbescheid erlassen, mit dem sie von der Antragstellerin (einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) Sozialversicherungsbeiträge und darauf entfallende Säumniszuschläge fordert, insgesamt in Höhe von 22.728,13 EUR. Der Widerspruchsbescheid vom 19.06.2012 ging den Bevollmächtigten der Antragstellerin (ausweislich des Stempels auf dem Bescheid Bl. 7 der Gerichtsakte) erst am 25.06.2012 zu. Die Antragstellerin hat dann fristgerecht innerhalb von einem Monat nach Zugang dieses Widerspruchsbescheides am 23.07.2012 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin bzw. Beklagten Klage erhoben, und ferner unter dem 25.07.2012 auch beantragt, dass die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet wird.
Zur Begründung der Klage bzw. des Antrages bezieht sich die Antragstellerin bzw. Klägerin sinngemäß auf ihr bisheriges Vorbringen und die von ihr eingereichten Schriftsätze und trägt insbesondere vor, dass die Beklagte sich nicht zur Begründung ihrer Forderung auf eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des potenziell einschlägigen Tarifvertrages stützen könne, weil die Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 05.09.2008 schon vom Verwaltungsgerichts Düsseldorf für rechtswidrig gehalten werde. Die Antragstellerin könne sich somit – anders als die Beklagte bzw. Antragsgegnerin – auf ihr günstige Rechtsprechung berufen. Die vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2008 angestellten Erwägungen ließen sich auch auf eine frühere Allgemeinverbindlichkeitserklärung von 2006 ausdehnen und seien insoweit geeignet, auch für Zeiträume von Dezember 2006 bis Mai 2007 die von der Beklagten geforderten höheren Sozialversicherungsbeiträge zu Fall zu bringen, eben weil die Antragstellerin bzw. Klägerin nicht gesetzlich bzw. durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung verpflichtet gewesen sei, höhere Gehälter zu zahlen als bereits gewährt. Außerdem vermöge sich die Beklagte nicht auf eine vermeintliche Nachwirkung des früheren Tarifvertrages zu berufen, falls die Rechtswidrigkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bestätigt werden sollte. Die Nachwirkung nach dem Tarifvertragsgesetz betreffe anders gelagerte Fälle (Schriftsatz vom 29.08.2012 zu Punkt 3). Die Beklagte vermöge sich auch nicht darauf zu berufen, an einer zeitnahen Durchsetzung von Beitragsforderung bestehe dann schon Interesse, wenn aufgrund der Durchsetzung von Beitragsforderungen ein Insolvenzverfahren drohe. Die Beklagte verkenne nämlich dabei, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit sämtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entweder der Rückschlagsperre nach § 88 der Insolvenzordnung oder aber der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff der Insolvenzordnung unterlägen. Die Antragstellerin wäre jedoch bereit, auf die behaupteten Rückstände unter Vorbehalt des Ausgangs der Klage eine Zahlung in Höhe von monatlich 500 EUR zu leisten, sofern die aufschiebende Wirkung der Klage seitens der Beklagten bzw. Antragsgegnerin akzeptiert würde.
Die Beklagte beharrt dagegen, insbesondere aus den Gründen ihres Schriftsatzes vom 15.08.2012, auf der Vollziehbarkeit ihrer Bescheide. Sie wäre zwar grundsätzlich nicht abgeneigt, der Ratenzahlung zuzustimmen. Die Klägerin müsste aber bestimmte Beträge von ca. 1100 EUR bereits jetzt ohne Ratenzahlung leisten, es müsste quotiert werden welche Einzugsstelle was von den 500 EUR bekomme, es müssten Angaben zur Verzinsung seitens der Einzugsstellen gemacht werden, eine Bürgschaft aufgebracht werden und es müsste auch eine Einigung über die Kosten erfolgen, bevor sie bereit wäre, sich zu einer aufschiebenden Wirkung der Klage näher zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte S 26 R 1670/12 ER wie auch auf den Inhalt der Klageakte S 26 R 1600/12 und den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II. Dem Antrag der Antragstellerin war stattzugeben.
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Denn die Klage der Antragstellerin gegen den Beitragsforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides – die auch fristgerecht erhoben wurde innerhalb eines Monats –, hat nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. In diesem Fall kann – wie hier – einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG beantragt werden dahingehend, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs der Klage anzuordnen. Die Klägerin kann als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch in eigenem Namen klagen, was inzwischen die Obergerichte seit dem Jahr 2001 immer wieder bestätigt haben. Für die örtliche Zuständigkeit kommt es hier auch auf den Sitz der GbR in W an (vgl. auch BSG Beschluss vom 19.12.207 – B 12 SF 10/07 S –, wonach es auf den Sitz der GbR und nicht der Gesellschafter ankommt); mithin ist das Sozialgericht Düsseldorf für die Klage und den Antrag der Klägerin örtlich zuständig.
Der Antrag der Antragstellerin ist nach Durchsicht der Akten als auch begründet anzusehen. Angesichts der Höhe der geltend gemachten Beitragsforderung nebst Säumniszuschlägen von 22.728,13 EUR, die die Klägerin bzw. Antragstellerin als kleines Geschäftslokal wirtschaftlich deutlich belastet bzw. gefährdet (aus den nachvollziehbaren Gründen auf Seite 6 zu II der Antragsschrift vom 25.07.2012), und angesichts der von der Antragstellerin bzw. Klägerin aufgezeigten potenziellen Einwände gegen eine Heranziehung des Tarifvertrages von 2008 oder 2006 wie auch angesichts der aufgezeigten Einwände gegen eine potenzielle "Nachwirkung" ist nun eine Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes anderseits vorzunehmen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86 a Abs. 2 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen und ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte, zur Folge hätte. Danach ist der Antrag der Antragstellerin nach summarischer Prüfung begründet. Angesichts der für die Klägerin durchaus beachtlichen Höhe der geltend gemachten – potenzielle existenzgefährdenden - Beitragsforderung nebst Säumniszuschlägen, und angesichts des Umstandes, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 16.11.2010 (3 K 8653/08) im Sinne auch der Klägerin dieses Rechtsstreits entschieden hat, das zumindest ein Tarifvertrag, auf den sich die Beklagte beruft, nicht allgemeinverbindlich sei, sind doch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erhobenen Beitragsnachforderung gesät, die sich möglicherweise auch auf Zeiträume erstrecken, in denen noch ein anderer Tarifvertrag galt. Es erscheint durchaus geboten abzuwarten, wie das Oberverwaltungsgericht in der immer noch offenen Berufung (Az.: 4 A 46/11) entscheiden wird; möglicherweise sind dort auch Äußerungen zu erwarten – eventuell als obiter dictum –, ob und inwieweit die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages von 2008 eventuell Nachwirkungen zu begründen geeignet ist oder nicht. Es erscheint auch durchaus zweifelhaft, ob eine Nachwirkung nach dem Tarifvertragsgesetz eingreift, weil die Regelung des § 4 Abs. 5 TVG möglicherweise nicht den hier zu beurteilenden Sachverhalt trifft, dass es hier um eine Ablösung eines Tarifvertrages geht bzw. die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrages. Demgegenüber vermögen die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 15.08.2012 nicht zu verfangen, insbesondere nicht der Einwand der Beklagten, sie habe gerade deshalb ein berechtigtes hohes Interesse an der zeitnahen Durchsetzbarkeit, weil anderenfalls Zahlungsunfähigkeit drohe. Wenn dem so wäre, gäbe es bei existenzgefährdenden Forderungen praktisch keinen Anwendungsfall von einstweiligem Rechtsschutz. Das rechtsstaatlich garantierte Recht auf einstweiligen Rechtsschutz würde im Übrigen auch verweigert, wenn im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz erst noch diejenigen Ermittlungen durchzuführen wären, die die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 04.09.2012 dem Gericht bzw. der Antragstellerin angesonnen hat. Dem war deshalb nicht weiter nachzugehen. Außerdem kann die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes – hier in Form der Gewährung aufschiebender Wirkung der Klage – nicht allein durch den Umstand vereitelt werden, dass möglichweise ein Teilbetrag von gut 1.100 EUR unabhängig von den derzeitigen Einwänden der Antragstellerin geschuldet wäre; das ist vielmehr im Rahmen der Hauptsache zu prüfen und kann kein geeignetes Hindernis sein, einstweiligen Rechtsschutz insgesamt zu verneinen bzw. zu blockieren, durch das bloße In-den-Raum-Stellen von Zahlenmaterial, das die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 04.09.2012 auch nicht näher substanziiert hat. Die Prüfung dieser Positionen muss daher gegenwärtig dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Insgesamt spricht hier mehr für als gegen die Aussetzung der Vollziehung bzw. mehr für als gegen die aufschiebende Wirkung der Klage wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (vgl. § 68 a Abs. 3 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung für das Antragsverfahren folgt aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 197 a SGG.
III. Der Streitwert war nach § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 GKG nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, nachdem sich das erstinstanzliche (Antrags-) Verfahren mit diesem Beschluss über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erledigt hat. Hier war für den Rechtsstreit betreffend Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge ein Streitwert von 25 % der streitigen Gesamtforderung (22.728,13 EUR) festzusetzen, also ein Betrag von 5.682,03 EUR. Die Bewertung des Streitwerts für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit 25 % der streitigen Gesamtnachforderung entspricht allgemein der Rechtsprechung (unter anderem LSG NRW Beschluss vom 02.09.2009 – L 8 B 15/09 R). Dabei sind bei der Bestimmung des Streitwerts auch die in der Gesamtforderung der Beklagten enthaltenen Säumniszuschläge zu berücksichtigen, wie hier geschehen. Dies hat auch bereits das LSG NRW in mehreren Entscheidungen bestätigt (u. a. in der bereits oben genannten Entscheidung vom 02.09.2009). Denn Säumniszuschläge gemäß § 24 SGB IV gehören nicht zu den in § 43 Abs. 1 GKG genannten – den Streitwert nicht erhöhenden – Nebenforderungen. Sie wirken also auch streitwerterhöhend bzw. streitwertmitbestimmend, sodass 1/4 von 22.728,13 EUR festzusetzen war.
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