Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1406/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3413/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2008.
Der am 1953 in Pakistan geborene Kläger reiste im Jahre 1977 in das Bundesgebiet ein. Er erlernte keinen Beruf und war von 1978 mit Unterbrechungen als Arbeiter, zuletzt von 1991 bis April 1999 (Kündigung durch den Arbeitgeber) als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker versicherungspflichtig beschäftigt. Er verletzte sich am 15. April 1997 bei einem Arbeitsunfall die rechte Hand. Er stach sich an der Spitze eines Entgratungsmessers, nachfolgend kam es wegen einer Infektion zu einer Hohlhandphlegmone. Er bezog wegen dieses Arbeitsunfalles Verletztengeld, zuletzt vom 17. November 1998 bis 8. Februar 1999 und vom 16. April bis 6. Juni 1999. Die (damalige) Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik zahlte ihm wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles ab 1. November 1998 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H., die sie mit Bescheid vom 24. März 2006 auf seinen Antrag abfand. Sein Begehren, eine Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach Nrn. 4301 und 4302 der Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen, blieb erfolglos. Seit Mai 1999 ist er arbeitslos und bezieht seit 11. Juni 1999 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Der Antrag des Klägers vom 14. Oktober 1999, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu zahlen, blieb erfolglos (Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten [im Folgenden einheitlich Beklagte] vom 9. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2000, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz [SG] vom 26. Februar 2004 - S 4 RJ 239/01 -, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 13. Dezember 2005 - L 9 RJ 1129/04 -). Das LSG stellte fest, beim Kläger bestehe ein Kraft- und Beweglichkeitsdefizit des rechten Handgelenks nach einer Stichverletzung der rechten Hohlhand, ein Asthma bronchiale mit leichter chronischer Bronchitis auf der Grundlage eines hyperreagiblen Bronchialsystems mit multiplen Allergiesierungen, eine Arthralgie beider Kniegelenke, eine Degeneration der Rotatorenmanschetten des rechten Schultergelenks, ein oral behandelter, ungenügend eingestellter Diabetes mellitus sowie ein Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten ohne volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über zehn kg, ohne Überkopfarbeiten, ohne Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Arbeiten an gefährlichen Maschinen, ohne Einwirkung von inhalativen Reizstoffen, Kälte, Wärme und Nässe sowie ohne Akkord-, Fließband- und Schichtarbeiten vollständig zu verrichten. Auch den Antrag des Klägers vom 21. Dezember 2006 auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie zugleich auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lehnte die Beklagte mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 22 Februar 2007 ab.
Der Kläger beantragte am 15. Juli 2008 erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. R. nannte als Diagnosen in seinem Gutachten vom 8. September 2008 eine verminderte Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nach dem Arbeitsunfall, einen Diabetes mellitus, eine Schlafapnoe und eine somatoforme Störung. Weiter führte er aus, eine geordnete Untersuchung der rechten Hand sei nicht durchführbar gewesen. Der Kläger habe jedoch berichtet, die Verhältnisse hätten sich seit dem Arbeitsunfall 1997 nicht geändert. Auch der Diabetes sei wie in den früheren Gutachten wiederholt beschrieben unbefriedigend eingestellt. Eine Motivation, an dieser Situation etwas zu ändern, lasse sich nicht erkennen. Symptome, die bei aktuell entgleistem Diabetes auftreten könnten, lägen nicht vor. Hinweise für wesentliche Sekundärkomplikationen seien ebenfalls nicht festzustellen. Möglicherweise bestehe eine anfängliche periphere Polyneuropathie. Das in den früheren Gutachten festgestellte Leistungsvermögen gelte weiterhin. Der Kläger könne die letzte Tätigkeit als Montagearbeiter nur noch unter drei Stunden, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr ausüben. Mit Bescheid vom 10. September 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 29. April 2009). Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dem Kläger seien noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ohne die Notwendigkeit des Ersteigens von Treppen, Leitern und Gerüsten, ohne erhöhte Unfallgefahr, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe, Kälte und Nässe, ohne die Notwendigkeit der vollen Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sowie ohne regelmäßige Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Sein bisheriger Beruf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Montagearbeiter, die dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Der Kläger müsse sich auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen, die ihm noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien.
Der Kläger erhob am 19. Mai 2009 Klage beim SG. Wie im Wesentlichen bereits mit dem Widerspruch machte er geltend, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht in ausreichender Form gewürdigt. Seine Bemühungen, in eine Erwerbstätigkeit zurückzukehren, seien gescheitert, weil er seit der Verletzung im Jahre 1997 seine rechte Hand nicht mehr einsetzen könne. Zudem seien eine Vielzahl von zusätzlichen leistungsmindernden Erkrankungen aufgetreten, die eine regelmäßige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verböten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte den Kläger behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Neurologe und Psychiater Dr. St. berichtete in seiner Auskunft vom 27. Oktober 2009 über eine einmalige Untersuchung am 13. Februar 2009, wo bei eingeschränkter Mitarbeit keine sicheren motorischen Ausfälle objektivierbar und keine trophische Störungen im Bereich der rechten Hand vorhanden gewesen seien. Eine vorgeschlagene schmerztherapeutische Intervention habe der Kläger abgelehnt. Dr. K., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin sowie Schmerztherapie des Krankenhauses Wangen, teilte mit (Auskunft vom 4. Dezember 2009), bei der Vorstellung des Klägers am 12. Oktober 2009 habe lediglich eine orientierende körperliche Untersuchung erfolgen können. Der Kläger habe einen Schmerzfragebogen nicht ausgefüllt sowie einen Termin zur Wiedervorstellung nicht wahrgenommen. Arzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Diabetologie Dr. W. gab an (Auskunft vom 7. Dezember 2009), den Kläger bis 9. Juni 2009 behandelt zu haben. Die psychische Situation (des Klägers) sei maßgebender Faktor für die Leistungsfähigkeit. Aus hausärztlicher Sicht sollte er berentet werden. Eine strukturierte Therapieanleitung sei ihm nicht gelungen.
Im Auftrag des SG erstattete Prof. Dr. S., Leiter der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie des Zentrums für Psychiatrie W., das nervenärztlich-psychosomatische Gutachten vom 14. Mai 2010. Er diagnostizierte eine Dysthymia, ein Schmerzsyndrom der rechten Hand mit Funktionseinschränkung unklarer Ursache, einen Verdacht auf eine beginnende diabetische Polyneuropathie und ein Schlafapnoe-Syndrom sowie nach Vorbefunden und Unterlagen einen Diabetes mellitus Typ II, eine obstruktive Lungenerkrankung und eine beginnende Gonarthrose beidseits. Psychisch sei eine mürrisch-dysphorische Verstimmung und nachfühlbare Unzufriedenheit mit der Lebenssituation aufgefallen. Darüber hinaus sei ein eigentlicher psychopathologischer Befund nicht zu erheben gewesen. Körperlich hätten sich viele Klagen und gezeigte Funktionseinschränkungen ergeben, einen wirklich objektiven Befund habe er (der Sachverständige) jedoch nicht erheben können. Ein eindeutiger pathologischer Befund an der sich weitgehend gebrauchsunfähig darstellenden rechten Hand sei im Seitenvergleich nicht festzustellen gewesen, insbesondere nicht was man üblicherweise nach einer sympathischen Reflexdystrophie erwarten würde, eine deutliche Verschmächtigung der Muskulatur und so genannte trophische Störungen der Haut im Seitenvergleich. Nach dem mittlerweile über zehnjährigen Verlauf könne man feststellen, dass eine erhebliche Funktionsstörung vorhanden gewesen sein mag, die objektiven Zeichen aber stets relativ gering, bei seiner (des Sachverständigen) Untersuchung z.B. gar nicht festzustellen gewesen seien. Der gesamte Zustand scheine sich, vor allem auch nach den Angaben des Klägers, seit 1999 kaum geändert zu haben, weshalb die gutachterlichen Einschätzungen (der früheren Gutachten) auch als nach wie vor relevant gelten könnten. Die geschilderte Müdigkeit und die Gedächtnisstörungen ließen sich einerseits als Folge der vollständigen Entwöhnung von jeglicher Arbeit geistiger oder körperlicher Anstrengung erklären, andererseits mit einiger Wahrscheinlichkeit als Folge eines Schlafapnoe-Syndroms. Damit wären die Beschwerden einer entsprechenden Diagnostik und Therapie zugänglich und sicher nicht dermaßen ausgeprägt, dass daraus eine quantitative Leistungseinschränkung resultieren würde. Die auf seinem (des Sachverständigen) Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten keine wesentliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Mit den Vorgutachtern stimme er hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit überein.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2010 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Er könne zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr verrichten, wobei Tätigkeiten mit erhöhten geistigen Anforderungen und erhöhten Anforderungen an die rechte Hand vermieden werden sollten. Es liege weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen seien dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere dem Gutachten des Prof. Dr. S. zu entnehmen. Auch Dr. St. und Dr. K. hätten keine zeitliche Leistungsminderung beim Kläger bestätigen können. Die Einschätzung des Dr. W. sei durch das eingeholte Gutachten widerlegt. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers als Arbeiter sei als ungelernte anzusehen. Insoweit sei von einer breiten Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 23. Juni 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juli 2010 beim SG Berufung eingelegt. Er klage über eine Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden. Eigentlich sei kein Teil seines Körpers mehr ohne gesundheitliche Einschränkung. In dieser Überzeugung lebe er, auch wenn die objektiven Befunde diese subjektive Empfindungen nicht begründeten. Seine Erwerbsfähigkeit habe seit dem Arbeitsunfall nicht mehr wiederhergestellt werden können und er sei - schulmedizinisch gesehen - austherapiert. Gesundheitliche Einschränkungen bestünden seit 1994 mit Husten, Auswurf und Luftnot, verstärkt bei Staubbelastung, seit 1997 durch die Folgen der Handverletzung, später hinzugekommen seien eine Rotatorenmanschettedegeneration des rechten Schultergelenks mit endgradiger Funktionseinschränkung, eine Arthralgie beider Kniegelenke, ein Lumbalsyndrom von geringer Intensität, eine Polysinusitis chronica, eine Refluxkrankheit der Speiseröhre, ein Diabetes mellitus und ein Schlafapnoe-Syndrom. Eine stationäre Behandlung vom 10. bis 11. August 2010 zeige, dass er auch auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet erhebliche gesundheitliche Einschränkungen habe, die seine Leistungsfähigkeit herabminderten. Auch habe sich sein Sehvermögen auf dem linken Auge sehr verschlechtert. Ferner sei eine schwere Schädigung der Halswirbelsäule festgestellt worden, die sehr starke Beschwerden in seinem rechten Arm bedinge. Bei einem Verkehrsunfall im Juni 2011 habe er eine Distorsion der Halswirbelsäule erlitten, wodurch sich seine Beschwerden im Bereich des rechten Arms und der rechten Hand verschlimmert hätten. Die Angaben des Dr. W., der ihn (den Kläger) ca. ein Jahr betreut habe, zu seiner (des Klägers) gesundheitlichen Situation überzeugten weit mehr als die Ausführungen von Prof. Dr. S ... In das Gutachten von Prof. Dr. S. seien die Ausführungen des Dr. W. nicht in ausreichender Gewichtung eingeflossen. Der Kläger hat vorgelegt • den Entlassbericht des Prof. Dr. M., Leiter der HNO-Abteilung des B.-krankenhauses U., (ohne Datum) über die stationäre Behandlung vom 10. bis 11. August 2010 mit der Durchführung einer endoskopische Nasennebenhöhlenoperation links in Vollnarkose, • den Arztbrief des Neurologen Dr. Kr. vom 27. Juli 2011, der den Verdacht auf ein funktionelles Schmerzsyndrom der rechten Hand und einen medialen, etwas links betonten Bandscheibenprolaps mit deutlicher Einengung des Spinalkanals im Bereich der Halswirbelkörper 6/7 diagnostiziert und neben einer verordneten medikamentösen Behandlung weitere Behandlungsmaßnahmen empfohlen hat, • den Arztbrief der Neurochirurgin Dr. Th. vom 27. Oktober 2011, wonach beim Kläger eine Foramenosenstenose der Halswirbelkörper 5/6 rechts bestehe und zunächst die Fortführung der Krankengymnastik besprochen worden sei, • Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Bu. vom 19. Dezember 2011 und 12. Januar 2012 über Verordnungen bei Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule, • den Bericht des Dr. K. vom 22. Mai 2012 über die stationäre schmerztherapeutische Behandlung vom 7. bis 22. Mai 2012; es habe sich ein schweres chronisches Schmerzsyndrom gezeigt, das auf eine multimodale Schmerztherapie nur wenig anspreche, die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit sei nur schwer vorstellbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und hat die Stellungnahmen des Arztes für Sozialmedizin F. vom 11. Juni und 3. Dezember 2012 vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Arzt für Innere Medizin, Betriebsmedizin und Sozialmedizin Dr. Sc. das Gutachten vom 5. Februar 2011 erstattet. Er hat eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nach Arbeitsunfall 1997, einen Verdacht auf eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, einen schlecht eingestellten Diabetes mellitus, ein hyperreagibles Bronchialsyndrom sowie ein auswärts festgestelltes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom diagnostiziert. Bei der Untersuchung der rechten Hand sei im Hinblick auf die aktiven Bewegungsmöglichkeiten kein klares Bild zu erhalten, was an der Mitarbeitsabhängigkeit der Untersuchung liege. Passiv fänden sich im Bereich der Gelenke keine Einschränkungen. Die Muskulatur sei dort nicht verschmächtigt, der gesamte rechte Arm weise eine deutlich kräftigere Muskulatur auf als links, so dass davon auszugehen sei, dass er im Alltag normal gebraucht werde. Aufgrund der vorhandenen Narben sei eine gewisse Sensibilitätsstörung möglich, jedoch lasse sich kein Befund erkennen, welcher die vorgetragenen erheblichen Beeinträchtigungen objektiv begründen könne. Das Vollbild einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung scheine nicht gegeben zu sein und sei auch bei der bereits durchgeführten neurologisch-psychiatrischen Begutachtung nicht festgestellt worden. Die undifferenzierte Somatisierungsstörung sei in ihrer Ausprägung nicht so schwerwiegend, dass hiermit eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens zu begründen sei. Die angegebenen Schmerzmittel seien im Serum nicht nachweisbar gewesen. Inwieweit der Blutzucker bei korrekter Einnahme mit der bisher angesetzten Medikation sich einstellen lasse, sei bei der aktuellen Befundkonstellation nicht zu beurteilen. Möglicherweise sei der Einsatz von Insulin erforderlich. Dies heiße aber nicht, dass eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens, zumindest in zeitlicher Hinsicht, daraus abzuleiten wäre. Die Beschwerden seitens der Atemorgane seien jetzt eher nachrangig berichtet worden und schränkten das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht ein. Hinsichtlich des Schlafapnoe-Syndroms, das offensichtlich nicht behandelt werde, hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Der Kläger könne leichte Arbeiten an fünf Tagen sechs Stunden ausführen, welche nicht mit besonderen Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand verbunden seien sowie keine besondere Fremd- oder Selbstgefährdung und keine besondere Staubentwicklung oder Exposition gegenüber atemwegsreizenden Stoffen beinhalteten.
Der Kläger hat zu dem Gutachten eingewandt, Dr. Sc. hätte einen Arzt des neurologischen oder psychiatrischen Fachgebiets beiziehen müssen. Er und auch Prof. Dr. S. würden eine andere Beurteilung abgeben, wenn sie die weitere negative Entwicklung seines Gesundheitszustandes kennten.
Der Senat hat Dr. Bu. als sachverständigen Zeugen gehört (Auskunft vom 21. November 2012). Er hat seiner Auskunft mehrere Arztbriefe beigefügt und angegeben, zu einer vernünftigen Einstellung des Diabetes komme es wegen mangelnder Compliance nicht. Die obstruktive Atemwegserkrankung sei halbwegs stabil. Das chronische Schmerzsyndrom sei therapeutisch frustran. Die verzweifelte soziale Lage verleite zu weiteren somatoformen Beschwerden.
Auf Veranlassung des Senats hat Dr. Sc. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 28. Dezember 2012 an der Bewertung des Leistungsvermögens in seinem Gutachten festgehalten. Deutlich erkennbar werde, dass das laufende Rentenverfahren einen erheblichen Einfluss auf die Beschwerden des Klägers habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die Akten des LSG L 9 RJ 1129/04, L 7 U 92/03 und L 6 U 2923/03, die Akten des SG S 4 RJ 239/01 und S 8 R 1406/09 sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist statthaft. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat ab 1. Juli 2008 keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wegen teilweiser Erwerbsminderung (1.) und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (2.).
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 1. Juli 2008 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der in beiden Rechtszügen durchgeführten Beweisaufnahme fest.
a) Beim Kläger bestehen Folgen einer Handverletzung, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, ein Diabetes mellitus, eine möglicherweise beginnende diabetische Polyneuropathie, ein Schlafapnoe-Syndrom, eine Atemwegserkrankung mit allenfalls geringer restriktiver und obstruktiver Ventilationsstörung sowie eine Arthrose beider Kniegelenke. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Diese Gesundheitsstörungen bestätigt auch der Sachverständige Dr. Sc ... Diese Gesundheitsstörungen entsprechen im Wesentlichen denen, die das LSG bereits im Urteil vom 13. Dezember 2005 (L 9 J 1129/04) feststellte. Dass in den gesundheitlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung eintrat, bestätigt zuletzt auch Dr. Bu. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. November 2012. Insbesondere ist weiterhin der Diabetes nicht vernünftig eingestellt, weil es an der Compliance des Klägers fehlt. Das Bestehen einer Dysthymia hat Prof. Dr. S. nachvollziehbar unter Berücksichtigung der sozialen Situation des Klägers dargelegt. Weitere psychiatrische Erkrankungen, insbesondere ein höhergradiges depressives Syndrom oder eine chronische Depression, lassen sich nicht feststellen, wie sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. ergibt. Für das Fehlen psychiatrischer Erkrankungen spricht bereits, dass der Kläger nicht in entsprechender fachärztlicher Behandlung war und ist.
Ebenso wenig vermag der Senat ein höhergradiges Schmerzsyndrom, insbesondere Stadium III nach Gerbershagen festzustellen, wie es in den Arztbriefen des Dr. K. vom 13. Oktober 2009 und 22. Mai 2012 sowie des Dr. Locher vom 8. März 2012 als Diagnose angegeben ist. Dagegen spricht, dass Dr. Sc. bei seiner Untersuchung feststellte, dass die vom Kläger als regelmäßig eingenommen angegebenen Schmerzmittel im Serum nicht nachweisbar waren. Auch erfolgte und erfolgt keine fachärztliche schmerztherapeutische Behandlung, sondern nur die Gabe von Medikamenten durch Hausarzt Dr. Bu ...
Ferner erlitt der Kläger bei dem Verkehrsunfall im Juni 2011 ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule. An der Halswirbelsäule besteht ein linksbetonter Bandscheibenprolaps der Halswirbelkörper 6/7 mit deutlicher Einengung des Spinalkanals und des Neuroforamens sowie eine breitbasige Bandscheibenprotrusion der Halswirbelkörper 5/6 mit geringer Einengung des Spinalkanals und des Neuroforamens. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief des Dr. Kr. vom 27. Juli 2011.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Die dort genannten qualitativen Leistungseinschränkungen bestätigt auch der Sachverständige Dr. Sc ...
Wegen der bei dem Arbeitsunfall 1997 erlittenen Verletzung der rechten Hand, kann der Kläger keine Arbeiten mit voller Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand mehr verrichten. Die Hand kann nicht mehr vollwertig eingesetzt werden, sie ist jedoch keineswegs gebrauchsunfähig. Einen eindeutigen pathologischen Befund konnten Dr. R., Prof. Dr. S. und Dr. Sc. sowie auch Dr. St. bei seiner Untersuchung am 13. Februar 2009 (Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 27. Oktober 2009) nicht erheben. Sie konnten ihre Untersuchungen wegen mangelnder Kooperation des Klägers nur eingeschränkt durchführen und deshalb nicht die vom Kläger behaupteten Schmerzen und Funktionseinschränkungen objektivieren. Dr. R., Prof. Dr. S. und Dr. Sc. stellten übereinstimmend - wie auch schon Orthopäde Dr. Zwack in seinem im Klageverfahren S 4 RJ 239/01 erstatteten Gutachten vom 14. Februar 2002 - fest, dass es Zeichen für die vom Kläger behaupteten erheblichen Beeinträchtigungen der rechten Hand nicht gibt, insbesondere im Seitenvergleich keine deutliche Verschmächtigung der Muskulatur sowie keine Schwellungen, Farbveränderungen oder sonstige trophische Störungen der Haut vorhanden sind. Dr. Sc. beschrieb sogar im Bereich des gesamten rechten Arms eine deutlich kräftigere Muskulatur als links.
Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule bedingen allenfalls Einschränkungen beim Heben und Tragen von Lasten oder das Vermeiden von Zwangshaltungen der Wirbelsäule.
Aus der Atemwegserkrankung lassen sich Einschränkungen für Tätigkeiten mit Staubentwicklung und/oder der Exposition gegenüber atemwegsreizenden Stoffen ableiten.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Dr. Sc. bestätigt in seinem im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers erstatteten Gutachten sowie in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme diese quantitative Leistungsbeurteilung. Diese Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen sind für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Der Diabetes mellitus, das Schlafapnoe-Syndrom und die Atemwegserkrankung sind einer Behandlung zugänglich, so dass sich deren Folgen nicht auf die quantitative Leistungsfähigkeit auswirken können.
Dr. Sc. ist aufgrund der von ihm geführten Zusatzweiterbildung Sozialmedizin in der Lage und berechtigt, die quantitative Leistungsfähigkeit eines Versicherten auch unter Berücksichtigung von Erkrankungen außerhalb seines Gebiets der Inneren Medizin, hier hinsichtlich der Halswirbelsäule auf orthopädischem Gebiet, zu beurteilen. Im Übrigen hat der Kläger selbst Dr. Sc. als Sachverständigen benannt, so dass er selbst davon ausgegangen ist, dieser sei in der Lage, die erforderlichen Beurteilung seiner (des Klägers) Erwerbsfähigkeit vorzunehmen.
d) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R - in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). Dies ist nicht der Fall. Beim Kläger liegen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren soll etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - alle in juris). Nach diesen Grundsätzen ist bisheriger Beruf des Klägers seine zuletzt bis April 1999 ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker. Selbst wenn der Kläger diese Tätigkeit nicht mehr verrichten kann, ist er nicht berufsunfähig. Denn er kann zumutbar auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - ; beide in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).
Die bis April 1999 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker war allenfalls eine angelernte Tätigkeit im unteren Bereich. Denn der Kläger absolvierte keine Berufsausbildung, auch nicht für diese Tätigkeit. Die einzelnen von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten konnte er nach Einweisung und Einarbeitung, die deutlich unter zwölf Monaten lag, vornehmen. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 - in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juli 2008.
Der am 1953 in Pakistan geborene Kläger reiste im Jahre 1977 in das Bundesgebiet ein. Er erlernte keinen Beruf und war von 1978 mit Unterbrechungen als Arbeiter, zuletzt von 1991 bis April 1999 (Kündigung durch den Arbeitgeber) als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker versicherungspflichtig beschäftigt. Er verletzte sich am 15. April 1997 bei einem Arbeitsunfall die rechte Hand. Er stach sich an der Spitze eines Entgratungsmessers, nachfolgend kam es wegen einer Infektion zu einer Hohlhandphlegmone. Er bezog wegen dieses Arbeitsunfalles Verletztengeld, zuletzt vom 17. November 1998 bis 8. Februar 1999 und vom 16. April bis 6. Juni 1999. Die (damalige) Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik zahlte ihm wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles ab 1. November 1998 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H., die sie mit Bescheid vom 24. März 2006 auf seinen Antrag abfand. Sein Begehren, eine Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach Nrn. 4301 und 4302 der Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen, blieb erfolglos. Seit Mai 1999 ist er arbeitslos und bezieht seit 11. Juni 1999 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Der Antrag des Klägers vom 14. Oktober 1999, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu zahlen, blieb erfolglos (Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten [im Folgenden einheitlich Beklagte] vom 9. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2000, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz [SG] vom 26. Februar 2004 - S 4 RJ 239/01 -, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 13. Dezember 2005 - L 9 RJ 1129/04 -). Das LSG stellte fest, beim Kläger bestehe ein Kraft- und Beweglichkeitsdefizit des rechten Handgelenks nach einer Stichverletzung der rechten Hohlhand, ein Asthma bronchiale mit leichter chronischer Bronchitis auf der Grundlage eines hyperreagiblen Bronchialsystems mit multiplen Allergiesierungen, eine Arthralgie beider Kniegelenke, eine Degeneration der Rotatorenmanschetten des rechten Schultergelenks, ein oral behandelter, ungenügend eingestellter Diabetes mellitus sowie ein Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten ohne volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über zehn kg, ohne Überkopfarbeiten, ohne Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Arbeiten an gefährlichen Maschinen, ohne Einwirkung von inhalativen Reizstoffen, Kälte, Wärme und Nässe sowie ohne Akkord-, Fließband- und Schichtarbeiten vollständig zu verrichten. Auch den Antrag des Klägers vom 21. Dezember 2006 auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie zugleich auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lehnte die Beklagte mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 22 Februar 2007 ab.
Der Kläger beantragte am 15. Juli 2008 erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. R. nannte als Diagnosen in seinem Gutachten vom 8. September 2008 eine verminderte Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nach dem Arbeitsunfall, einen Diabetes mellitus, eine Schlafapnoe und eine somatoforme Störung. Weiter führte er aus, eine geordnete Untersuchung der rechten Hand sei nicht durchführbar gewesen. Der Kläger habe jedoch berichtet, die Verhältnisse hätten sich seit dem Arbeitsunfall 1997 nicht geändert. Auch der Diabetes sei wie in den früheren Gutachten wiederholt beschrieben unbefriedigend eingestellt. Eine Motivation, an dieser Situation etwas zu ändern, lasse sich nicht erkennen. Symptome, die bei aktuell entgleistem Diabetes auftreten könnten, lägen nicht vor. Hinweise für wesentliche Sekundärkomplikationen seien ebenfalls nicht festzustellen. Möglicherweise bestehe eine anfängliche periphere Polyneuropathie. Das in den früheren Gutachten festgestellte Leistungsvermögen gelte weiterhin. Der Kläger könne die letzte Tätigkeit als Montagearbeiter nur noch unter drei Stunden, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr ausüben. Mit Bescheid vom 10. September 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 29. April 2009). Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dem Kläger seien noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ohne die Notwendigkeit des Ersteigens von Treppen, Leitern und Gerüsten, ohne erhöhte Unfallgefahr, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe, Kälte und Nässe, ohne die Notwendigkeit der vollen Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sowie ohne regelmäßige Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Sein bisheriger Beruf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Montagearbeiter, die dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Der Kläger müsse sich auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen, die ihm noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien.
Der Kläger erhob am 19. Mai 2009 Klage beim SG. Wie im Wesentlichen bereits mit dem Widerspruch machte er geltend, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht in ausreichender Form gewürdigt. Seine Bemühungen, in eine Erwerbstätigkeit zurückzukehren, seien gescheitert, weil er seit der Verletzung im Jahre 1997 seine rechte Hand nicht mehr einsetzen könne. Zudem seien eine Vielzahl von zusätzlichen leistungsmindernden Erkrankungen aufgetreten, die eine regelmäßige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verböten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte den Kläger behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Neurologe und Psychiater Dr. St. berichtete in seiner Auskunft vom 27. Oktober 2009 über eine einmalige Untersuchung am 13. Februar 2009, wo bei eingeschränkter Mitarbeit keine sicheren motorischen Ausfälle objektivierbar und keine trophische Störungen im Bereich der rechten Hand vorhanden gewesen seien. Eine vorgeschlagene schmerztherapeutische Intervention habe der Kläger abgelehnt. Dr. K., Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin sowie Schmerztherapie des Krankenhauses Wangen, teilte mit (Auskunft vom 4. Dezember 2009), bei der Vorstellung des Klägers am 12. Oktober 2009 habe lediglich eine orientierende körperliche Untersuchung erfolgen können. Der Kläger habe einen Schmerzfragebogen nicht ausgefüllt sowie einen Termin zur Wiedervorstellung nicht wahrgenommen. Arzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Diabetologie Dr. W. gab an (Auskunft vom 7. Dezember 2009), den Kläger bis 9. Juni 2009 behandelt zu haben. Die psychische Situation (des Klägers) sei maßgebender Faktor für die Leistungsfähigkeit. Aus hausärztlicher Sicht sollte er berentet werden. Eine strukturierte Therapieanleitung sei ihm nicht gelungen.
Im Auftrag des SG erstattete Prof. Dr. S., Leiter der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie des Zentrums für Psychiatrie W., das nervenärztlich-psychosomatische Gutachten vom 14. Mai 2010. Er diagnostizierte eine Dysthymia, ein Schmerzsyndrom der rechten Hand mit Funktionseinschränkung unklarer Ursache, einen Verdacht auf eine beginnende diabetische Polyneuropathie und ein Schlafapnoe-Syndrom sowie nach Vorbefunden und Unterlagen einen Diabetes mellitus Typ II, eine obstruktive Lungenerkrankung und eine beginnende Gonarthrose beidseits. Psychisch sei eine mürrisch-dysphorische Verstimmung und nachfühlbare Unzufriedenheit mit der Lebenssituation aufgefallen. Darüber hinaus sei ein eigentlicher psychopathologischer Befund nicht zu erheben gewesen. Körperlich hätten sich viele Klagen und gezeigte Funktionseinschränkungen ergeben, einen wirklich objektiven Befund habe er (der Sachverständige) jedoch nicht erheben können. Ein eindeutiger pathologischer Befund an der sich weitgehend gebrauchsunfähig darstellenden rechten Hand sei im Seitenvergleich nicht festzustellen gewesen, insbesondere nicht was man üblicherweise nach einer sympathischen Reflexdystrophie erwarten würde, eine deutliche Verschmächtigung der Muskulatur und so genannte trophische Störungen der Haut im Seitenvergleich. Nach dem mittlerweile über zehnjährigen Verlauf könne man feststellen, dass eine erhebliche Funktionsstörung vorhanden gewesen sein mag, die objektiven Zeichen aber stets relativ gering, bei seiner (des Sachverständigen) Untersuchung z.B. gar nicht festzustellen gewesen seien. Der gesamte Zustand scheine sich, vor allem auch nach den Angaben des Klägers, seit 1999 kaum geändert zu haben, weshalb die gutachterlichen Einschätzungen (der früheren Gutachten) auch als nach wie vor relevant gelten könnten. Die geschilderte Müdigkeit und die Gedächtnisstörungen ließen sich einerseits als Folge der vollständigen Entwöhnung von jeglicher Arbeit geistiger oder körperlicher Anstrengung erklären, andererseits mit einiger Wahrscheinlichkeit als Folge eines Schlafapnoe-Syndroms. Damit wären die Beschwerden einer entsprechenden Diagnostik und Therapie zugänglich und sicher nicht dermaßen ausgeprägt, dass daraus eine quantitative Leistungseinschränkung resultieren würde. Die auf seinem (des Sachverständigen) Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten keine wesentliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Mit den Vorgutachtern stimme er hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit überein.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2010 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Er könne zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr verrichten, wobei Tätigkeiten mit erhöhten geistigen Anforderungen und erhöhten Anforderungen an die rechte Hand vermieden werden sollten. Es liege weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen seien dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere dem Gutachten des Prof. Dr. S. zu entnehmen. Auch Dr. St. und Dr. K. hätten keine zeitliche Leistungsminderung beim Kläger bestätigen können. Die Einschätzung des Dr. W. sei durch das eingeholte Gutachten widerlegt. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers als Arbeiter sei als ungelernte anzusehen. Insoweit sei von einer breiten Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 23. Juni 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juli 2010 beim SG Berufung eingelegt. Er klage über eine Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden. Eigentlich sei kein Teil seines Körpers mehr ohne gesundheitliche Einschränkung. In dieser Überzeugung lebe er, auch wenn die objektiven Befunde diese subjektive Empfindungen nicht begründeten. Seine Erwerbsfähigkeit habe seit dem Arbeitsunfall nicht mehr wiederhergestellt werden können und er sei - schulmedizinisch gesehen - austherapiert. Gesundheitliche Einschränkungen bestünden seit 1994 mit Husten, Auswurf und Luftnot, verstärkt bei Staubbelastung, seit 1997 durch die Folgen der Handverletzung, später hinzugekommen seien eine Rotatorenmanschettedegeneration des rechten Schultergelenks mit endgradiger Funktionseinschränkung, eine Arthralgie beider Kniegelenke, ein Lumbalsyndrom von geringer Intensität, eine Polysinusitis chronica, eine Refluxkrankheit der Speiseröhre, ein Diabetes mellitus und ein Schlafapnoe-Syndrom. Eine stationäre Behandlung vom 10. bis 11. August 2010 zeige, dass er auch auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet erhebliche gesundheitliche Einschränkungen habe, die seine Leistungsfähigkeit herabminderten. Auch habe sich sein Sehvermögen auf dem linken Auge sehr verschlechtert. Ferner sei eine schwere Schädigung der Halswirbelsäule festgestellt worden, die sehr starke Beschwerden in seinem rechten Arm bedinge. Bei einem Verkehrsunfall im Juni 2011 habe er eine Distorsion der Halswirbelsäule erlitten, wodurch sich seine Beschwerden im Bereich des rechten Arms und der rechten Hand verschlimmert hätten. Die Angaben des Dr. W., der ihn (den Kläger) ca. ein Jahr betreut habe, zu seiner (des Klägers) gesundheitlichen Situation überzeugten weit mehr als die Ausführungen von Prof. Dr. S ... In das Gutachten von Prof. Dr. S. seien die Ausführungen des Dr. W. nicht in ausreichender Gewichtung eingeflossen. Der Kläger hat vorgelegt • den Entlassbericht des Prof. Dr. M., Leiter der HNO-Abteilung des B.-krankenhauses U., (ohne Datum) über die stationäre Behandlung vom 10. bis 11. August 2010 mit der Durchführung einer endoskopische Nasennebenhöhlenoperation links in Vollnarkose, • den Arztbrief des Neurologen Dr. Kr. vom 27. Juli 2011, der den Verdacht auf ein funktionelles Schmerzsyndrom der rechten Hand und einen medialen, etwas links betonten Bandscheibenprolaps mit deutlicher Einengung des Spinalkanals im Bereich der Halswirbelkörper 6/7 diagnostiziert und neben einer verordneten medikamentösen Behandlung weitere Behandlungsmaßnahmen empfohlen hat, • den Arztbrief der Neurochirurgin Dr. Th. vom 27. Oktober 2011, wonach beim Kläger eine Foramenosenstenose der Halswirbelkörper 5/6 rechts bestehe und zunächst die Fortführung der Krankengymnastik besprochen worden sei, • Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Bu. vom 19. Dezember 2011 und 12. Januar 2012 über Verordnungen bei Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule, • den Bericht des Dr. K. vom 22. Mai 2012 über die stationäre schmerztherapeutische Behandlung vom 7. bis 22. Mai 2012; es habe sich ein schweres chronisches Schmerzsyndrom gezeigt, das auf eine multimodale Schmerztherapie nur wenig anspreche, die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit sei nur schwer vorstellbar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und hat die Stellungnahmen des Arztes für Sozialmedizin F. vom 11. Juni und 3. Dezember 2012 vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Arzt für Innere Medizin, Betriebsmedizin und Sozialmedizin Dr. Sc. das Gutachten vom 5. Februar 2011 erstattet. Er hat eine Minderung der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nach Arbeitsunfall 1997, einen Verdacht auf eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, einen schlecht eingestellten Diabetes mellitus, ein hyperreagibles Bronchialsyndrom sowie ein auswärts festgestelltes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom diagnostiziert. Bei der Untersuchung der rechten Hand sei im Hinblick auf die aktiven Bewegungsmöglichkeiten kein klares Bild zu erhalten, was an der Mitarbeitsabhängigkeit der Untersuchung liege. Passiv fänden sich im Bereich der Gelenke keine Einschränkungen. Die Muskulatur sei dort nicht verschmächtigt, der gesamte rechte Arm weise eine deutlich kräftigere Muskulatur auf als links, so dass davon auszugehen sei, dass er im Alltag normal gebraucht werde. Aufgrund der vorhandenen Narben sei eine gewisse Sensibilitätsstörung möglich, jedoch lasse sich kein Befund erkennen, welcher die vorgetragenen erheblichen Beeinträchtigungen objektiv begründen könne. Das Vollbild einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung scheine nicht gegeben zu sein und sei auch bei der bereits durchgeführten neurologisch-psychiatrischen Begutachtung nicht festgestellt worden. Die undifferenzierte Somatisierungsstörung sei in ihrer Ausprägung nicht so schwerwiegend, dass hiermit eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens zu begründen sei. Die angegebenen Schmerzmittel seien im Serum nicht nachweisbar gewesen. Inwieweit der Blutzucker bei korrekter Einnahme mit der bisher angesetzten Medikation sich einstellen lasse, sei bei der aktuellen Befundkonstellation nicht zu beurteilen. Möglicherweise sei der Einsatz von Insulin erforderlich. Dies heiße aber nicht, dass eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens, zumindest in zeitlicher Hinsicht, daraus abzuleiten wäre. Die Beschwerden seitens der Atemorgane seien jetzt eher nachrangig berichtet worden und schränkten das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht ein. Hinsichtlich des Schlafapnoe-Syndroms, das offensichtlich nicht behandelt werde, hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Der Kläger könne leichte Arbeiten an fünf Tagen sechs Stunden ausführen, welche nicht mit besonderen Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand verbunden seien sowie keine besondere Fremd- oder Selbstgefährdung und keine besondere Staubentwicklung oder Exposition gegenüber atemwegsreizenden Stoffen beinhalteten.
Der Kläger hat zu dem Gutachten eingewandt, Dr. Sc. hätte einen Arzt des neurologischen oder psychiatrischen Fachgebiets beiziehen müssen. Er und auch Prof. Dr. S. würden eine andere Beurteilung abgeben, wenn sie die weitere negative Entwicklung seines Gesundheitszustandes kennten.
Der Senat hat Dr. Bu. als sachverständigen Zeugen gehört (Auskunft vom 21. November 2012). Er hat seiner Auskunft mehrere Arztbriefe beigefügt und angegeben, zu einer vernünftigen Einstellung des Diabetes komme es wegen mangelnder Compliance nicht. Die obstruktive Atemwegserkrankung sei halbwegs stabil. Das chronische Schmerzsyndrom sei therapeutisch frustran. Die verzweifelte soziale Lage verleite zu weiteren somatoformen Beschwerden.
Auf Veranlassung des Senats hat Dr. Sc. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 28. Dezember 2012 an der Bewertung des Leistungsvermögens in seinem Gutachten festgehalten. Deutlich erkennbar werde, dass das laufende Rentenverfahren einen erheblichen Einfluss auf die Beschwerden des Klägers habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die Akten des LSG L 9 RJ 1129/04, L 7 U 92/03 und L 6 U 2923/03, die Akten des SG S 4 RJ 239/01 und S 8 R 1406/09 sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist statthaft. Denn der Kläger begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat ab 1. Juli 2008 keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wegen teilweiser Erwerbsminderung (1.) und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (2.).
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 1. Juli 2008 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der in beiden Rechtszügen durchgeführten Beweisaufnahme fest.
a) Beim Kläger bestehen Folgen einer Handverletzung, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia, ein Diabetes mellitus, eine möglicherweise beginnende diabetische Polyneuropathie, ein Schlafapnoe-Syndrom, eine Atemwegserkrankung mit allenfalls geringer restriktiver und obstruktiver Ventilationsstörung sowie eine Arthrose beider Kniegelenke. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Diese Gesundheitsstörungen bestätigt auch der Sachverständige Dr. Sc ... Diese Gesundheitsstörungen entsprechen im Wesentlichen denen, die das LSG bereits im Urteil vom 13. Dezember 2005 (L 9 J 1129/04) feststellte. Dass in den gesundheitlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung eintrat, bestätigt zuletzt auch Dr. Bu. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. November 2012. Insbesondere ist weiterhin der Diabetes nicht vernünftig eingestellt, weil es an der Compliance des Klägers fehlt. Das Bestehen einer Dysthymia hat Prof. Dr. S. nachvollziehbar unter Berücksichtigung der sozialen Situation des Klägers dargelegt. Weitere psychiatrische Erkrankungen, insbesondere ein höhergradiges depressives Syndrom oder eine chronische Depression, lassen sich nicht feststellen, wie sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. ergibt. Für das Fehlen psychiatrischer Erkrankungen spricht bereits, dass der Kläger nicht in entsprechender fachärztlicher Behandlung war und ist.
Ebenso wenig vermag der Senat ein höhergradiges Schmerzsyndrom, insbesondere Stadium III nach Gerbershagen festzustellen, wie es in den Arztbriefen des Dr. K. vom 13. Oktober 2009 und 22. Mai 2012 sowie des Dr. Locher vom 8. März 2012 als Diagnose angegeben ist. Dagegen spricht, dass Dr. Sc. bei seiner Untersuchung feststellte, dass die vom Kläger als regelmäßig eingenommen angegebenen Schmerzmittel im Serum nicht nachweisbar waren. Auch erfolgte und erfolgt keine fachärztliche schmerztherapeutische Behandlung, sondern nur die Gabe von Medikamenten durch Hausarzt Dr. Bu ...
Ferner erlitt der Kläger bei dem Verkehrsunfall im Juni 2011 ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule. An der Halswirbelsäule besteht ein linksbetonter Bandscheibenprolaps der Halswirbelkörper 6/7 mit deutlicher Einengung des Spinalkanals und des Neuroforamens sowie eine breitbasige Bandscheibenprotrusion der Halswirbelkörper 5/6 mit geringer Einengung des Spinalkanals und des Neuroforamens. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Arztbrief des Dr. Kr. vom 27. Juli 2011.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Die dort genannten qualitativen Leistungseinschränkungen bestätigt auch der Sachverständige Dr. Sc ...
Wegen der bei dem Arbeitsunfall 1997 erlittenen Verletzung der rechten Hand, kann der Kläger keine Arbeiten mit voller Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand mehr verrichten. Die Hand kann nicht mehr vollwertig eingesetzt werden, sie ist jedoch keineswegs gebrauchsunfähig. Einen eindeutigen pathologischen Befund konnten Dr. R., Prof. Dr. S. und Dr. Sc. sowie auch Dr. St. bei seiner Untersuchung am 13. Februar 2009 (Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 27. Oktober 2009) nicht erheben. Sie konnten ihre Untersuchungen wegen mangelnder Kooperation des Klägers nur eingeschränkt durchführen und deshalb nicht die vom Kläger behaupteten Schmerzen und Funktionseinschränkungen objektivieren. Dr. R., Prof. Dr. S. und Dr. Sc. stellten übereinstimmend - wie auch schon Orthopäde Dr. Zwack in seinem im Klageverfahren S 4 RJ 239/01 erstatteten Gutachten vom 14. Februar 2002 - fest, dass es Zeichen für die vom Kläger behaupteten erheblichen Beeinträchtigungen der rechten Hand nicht gibt, insbesondere im Seitenvergleich keine deutliche Verschmächtigung der Muskulatur sowie keine Schwellungen, Farbveränderungen oder sonstige trophische Störungen der Haut vorhanden sind. Dr. Sc. beschrieb sogar im Bereich des gesamten rechten Arms eine deutlich kräftigere Muskulatur als links.
Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule bedingen allenfalls Einschränkungen beim Heben und Tragen von Lasten oder das Vermeiden von Zwangshaltungen der Wirbelsäule.
Aus der Atemwegserkrankung lassen sich Einschränkungen für Tätigkeiten mit Staubentwicklung und/oder der Exposition gegenüber atemwegsreizenden Stoffen ableiten.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die Gutachten des Dr. R. und des Sachverständigen Prof. Dr. S ... Dr. Sc. bestätigt in seinem im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers erstatteten Gutachten sowie in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme diese quantitative Leistungsbeurteilung. Diese Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen sind für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Der Diabetes mellitus, das Schlafapnoe-Syndrom und die Atemwegserkrankung sind einer Behandlung zugänglich, so dass sich deren Folgen nicht auf die quantitative Leistungsfähigkeit auswirken können.
Dr. Sc. ist aufgrund der von ihm geführten Zusatzweiterbildung Sozialmedizin in der Lage und berechtigt, die quantitative Leistungsfähigkeit eines Versicherten auch unter Berücksichtigung von Erkrankungen außerhalb seines Gebiets der Inneren Medizin, hier hinsichtlich der Halswirbelsäule auf orthopädischem Gebiet, zu beurteilen. Im Übrigen hat der Kläger selbst Dr. Sc. als Sachverständigen benannt, so dass er selbst davon ausgegangen ist, dieser sei in der Lage, die erforderlichen Beurteilung seiner (des Klägers) Erwerbsfähigkeit vorzunehmen.
d) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R - in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). Dies ist nicht der Fall. Beim Kläger liegen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren soll etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - alle in juris). Nach diesen Grundsätzen ist bisheriger Beruf des Klägers seine zuletzt bis April 1999 ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker. Selbst wenn der Kläger diese Tätigkeit nicht mehr verrichten kann, ist er nicht berufsunfähig. Denn er kann zumutbar auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - ; beide in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).
Die bis April 1999 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Maschinenführer und/oder Maschinenbestücker war allenfalls eine angelernte Tätigkeit im unteren Bereich. Denn der Kläger absolvierte keine Berufsausbildung, auch nicht für diese Tätigkeit. Die einzelnen von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten konnte er nach Einweisung und Einarbeitung, die deutlich unter zwölf Monaten lag, vornehmen. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 - in juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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