L 9 AS 4649/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 3569/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 4649/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten (noch) streitig ist die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag zu machen.

Der 1964 geborene Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Amtsarzt der Agentur für Arbeit R. stellte unter dem 04.02.2009 im Rahmen einer Begutachtung nach Aktenlage fest, dass der Kläger voraussichtlich auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Der Kläger stellte daraufhin am 26.02.2009 einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (im Folgenden: DRV Bund).

Die Agentur für Arbeit R. bewilligte dem Kläger in der Folgezeit weiterhin - im Rahmen der getrennten Trägerschaft - Regelleistungen nach dem SGB II (Bescheide vom 10.11.2010 für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.05.2011 und vom 01.06. bis 30.11.2011); Leistungen für die Unterkunft wurden vom örtlichen Träger gewährt. Am 07.02.2011 informierte die DRV Bund die Agentur für Arbeit darüber, dass der Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 29.10.2009 abgelehnt und der dagegen erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2010 zurückgewiesen worden war.

Mit Bescheid vom 31.10/02.11.2011 bewilligte die Agentur für Arbeit dem Kläger (Regel-) Leistungen i.H.v. 364,- EUR mtl. für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.03.2012. Aus den der Agentur für Arbeit am 31.10.2011 übersandten Bescheiden der DRV Bund ergibt sich, dass der Antrag des Klägers auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente wegen fehlender Mitwirkung des Klägers (Nichtvorlage medizinischer Unterlagen) nach § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) abgelehnt worden war. Die Agentur für Arbeit R. forderte den Kläger daraufhin durch mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Schreiben vom 09.11.2011 auf, umgehend nochmals einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei der DRV Bund zu stellen. Hiergegen legte der Kläger am 21.11.2011 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2011 als unzulässig verworfen wurde mit der Begründung, in der Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages liege kein rechtsbehelfsfähiger Verwaltungsakt.

Am 19.12.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, er sei zur Rentenantragstellung aufgefordert worden. Er wolle aber nicht in Rente gehen, sondern einen Arbeitsplatz, bei dem er seinen Lebensunterhalt selbst erwerben könne. Er beantrage, dass die Agentur für Arbeit R. ihn nicht in Rente schicke, sondern ihm einen Arbeitsplatz anbiete. Seit dem 26.11.2004 habe er kein Stellenangebot von der Agentur für Arbeit R. erhalten, das seiner Qualifikation entspreche.

Durch Gerichtsbescheid vom 22.10.2012 hat das SG den Bescheid der Agentur für Arbeit R. vom 09.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2011 (Aufforderung zur Rentenantragstellung) aufgehoben mit der Begründung, die mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Aufforderung zur Rentenantragstellung stelle schon einen Formverwaltungsakt dar und enthalte zudem eine materiell-rechtliche Regelung. Die Aufforderung sei auch rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Agentur für Arbeit R. von ihrem Ermessen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II keinen Gebrauch gemacht habe.

Die - vom SG so verstandene - weitergehende Klage, gerichtet auf die Verurteilung des Beklagten, dem Kläger Vermittlungsvorschläge zu machen, hat das SG abgewiesen mit der Begründung, die Klage sei insoweit unzulässig, da der Kläger erstmals im Klageverfahren Arbeitsangebote begehre. Auch wenn man davon ausgehe, dass ein Vermittlungsvorschlag kein Verwaltungsakt sei (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2009 - L 1 AS 746/09 - (juris)), setze auch die dann statthafte reine Leistungsklage voraus, dass das Begehren zunächst vorgerichtlich an den Träger herangetragen worden sei. Sei dies - wie hier - nicht der Fall, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis für die unmittelbare Inanspruchnahme des Gerichts. Die Klage hinsichtlich der Verschaffung eines Arbeitsangebots sei jedenfalls unbegründet, wenn man nicht der Auffassung des Gerichts folgen wollte, dass insoweit bereits Unzulässigkeit vorliege. Ein subjektiv-öffentliches Recht bestehe nicht einmal auf das Sofortangebot nach § 15 a SGB II (vgl. Spellbrink in Eicher/SpeIlbrink, SGB II, Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 15 a Rn. 13 a. E.); vielmehr bestehe höchstens ein Anspruch auf Tätigwerden des Trägers im Sinne der Vermittlung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 35 SGB III). Form und Inhalt der konkreten Leistungen zur Arbeitsvermittlung stünden jedoch im Ermessen des Trägers (vgl. Brand in: Niesel/Brand, SGB II, Kommentar, 5. Aufl. 2010, § 35 Rn. 2). Halte der Amtsarzt der Agentur für Arbeit den Kläger für dauerhaft erwerbsunfähig, so erscheine es nicht fehlerhaft, zunächst hierüber eine Entscheidung herbeizuführen, um nicht einen möglicherweise Erwerbsunfähigen zu vermitteln. Hinsichtlich der Kosten hat das SG den Beklagten verurteilt, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Gegen den ihm am 24.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.11.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er stelle einen Antrag auf Gerichtskostenerstattung, die das Landratsamt ganz übernehmen müsse. Schließlich habe die Agentur für Arbeit ihn aufgefordert zu klagen. Er wolle keine Rente, da er sonst von Altersarmut betroffen wäre. Er sei seit dem 15.10.2012 bei der Fa. Zeller beschäftigt, womit das Gutachten des Amtsarztes hinfällig sei.

Der Kläger beantragt - zweckdienlich ausgelegt-,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Vermittlungsvorschläge zu machen und ihm seine außergerichtliche Kosten in vollem Umfang zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, der Kläger sei durch den stattgebenden Teil des Gerichtsbescheids nicht beschwert. Hinsichtlich des Begehrens, Vermittlungsangebote zu erhalten, sei die Klage unbegründet. Die Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid entspreche dem hälftigen Obsiegen und Unterliegen im erstinstanzlichen Verfahren.

Durch Verfügung des Gerichts vom 09.01.2013 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Hinsichtlich der ergangenen Aufforderung zur Rentenantragstellung habe er bereits erstinstanzlich vor dem SG obsiegt, so dass er insoweit nicht beschwert sei. Hinsichtlich der begehrten Verurteilung des Beklagten, ihm Vermittlungsvorschläge zu machen, sei er zwar erstinstanzlich unterlegen. Eine Erfolgsaussicht der Berufung könne insoweit aber nicht gesehen werden. Unabhängig davon sei mit Blick darauf, dass er offenbar zwischenzeitlich selber Arbeit gefunden habe, ein hierauf bezogenes Rechtsschutzinteresse nicht (mehr) erkennbar. Was die Kosten des Verfahrens anbelangt, ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass das Verfahren gerichtskostenfrei ist, er nach der Entscheidung des Sozialgerichts Konstanz also keine Gerichtskosten zu tragen habe. Allerdings seien die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten nach der Entscheidung des SG nur zur Hälfte erstattungsfähig, was nicht zu beanstanden sein dürfte.

Auf die Ladung zum Erörterungstermin am 05.02.2013 hat der Kläger beantragt, diesen auf den 19.02.2013 zu verlegen, nachträglich Zeugen zuzulassen und dem Kläger einen geeigneten Rechtsbeistand zu gewähren. Mit Verfügung des Gerichts vom 30.01.2013 ist der Kläger auf seine Verpflichtung, zum Erörterungstermin zu erscheinen, (nochmals) auf die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung sowie darauf hingewiesen worden, dass aus diesem Grund auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht kommt. Durch Beschluss vom 12.02.2013 hat der Senat den - so verstandenen - Antrag des Klägers, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, abgelehnt.

Nach telefonischer Mitteilung des Jobcenters Landkreis R. vom 25.02.2013 war der Kläger nach den dort vorliegenden Unterlagen (Lebenslaufeintrag der Arbeitsvermittlerin) lediglich in der Zeit vom 15.10. bis 21.10.2012 bei der Fa. Zeller (Zeitarbeit) beschäftigt. Ob er von dort Einkommen bezogen hat, ist nicht bekannt; das letzte Erwerbseinkommen ist beim Jobcenter für die Zeit vom 23.07. bis 29.09.2012 (Fa. Ago Personalvermittlung) vermerkt. Der Kläger bezieht weiterhin Leistungen vom Jobcenter; die derzeitige Leistungsbewilligung reicht bis 30.06.2013.

Trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens ist der Kläger weder zum Erörterungstermin noch zur mündlichen Verhandlung erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Wegen der weiteren Begründung verweist das Gericht gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angegriffene Entscheidung des SG, soweit der Kläger hierdurch beschwert ist. Die Entscheidung des SG ist sowohl in der Sache als auch hinsichtlich des Ausspruchs zu den außergerichtlichen Kosten nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Kläger als Arbeitsuchender gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 35 SGB III (nur) einen Anspruch auf Tätigwerden der Beklagten mit dem Ziel hat, eine Arbeitsstelle zu erhalten - wobei die Entscheidung über das Vermittlungsbegehren durch Ermessensausübung erfolgt -, nicht aber einen Anspruch auf einen bestimmten Vermittlungsvorschlag oder gar Vermittlung eines leistungsgerechten Arbeitsplatzes (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.01.2011 - L 8 AL 3586/10 - (juris)). Zu weitergehenden Ausführungen besteht anlässlich des Berufungsvorbringens des Klägers keine Veranlassung. Gerichtskosten fallen - worauf der Kläger hingewiesen wurde - im vorliegenden Verfahren nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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